Predigt von 5. März - Hoffnungskirche zu Pankow

Evangelische Hoffnungskirchengemeinde Berlin-Pankow
PREDIGT im Gottesdienst am 05.03.2017 in der Hoffnungskirche
(Textgrundlage: Gen 3,1-19 – Gottesdienst mit Goldener und Diamantener Konfirmation)
von Pfarrer Matthias Motter
Liebe Gemeinde,
ohne Entscheidungen geht es nicht im Leben.
Sie, liebe Konfirmationsjubilare, haben sich vor 50 bzw. 60 Jahren entschieden: Ja, ich
will konfirmiert werden. Ich weiß nicht, wie leicht oder schwer Ihnen diese
Entscheidung gefallen ist oder wie leicht oder schwer sie Ihnen gemacht wurde – es
waren ja Zeiten, in denen die Konfirmation zumindest in diesem Teil Deutschlands
nicht mehr selbstverständlich war. Aber Sie haben diese Entscheidung für die
Konfirmation getroffen. Und Sie wären wohl heute nicht hier, wenn Sie nicht die
Erfahrung gemacht hätten, dass es eine gute Entscheidung war.
Oft genug aber, liebe Gemeinde, wenn wir uns in unserem Leben entscheiden können
oder müssen, wissen wir nicht gleich, was gut und richtig ist.
Wie groß ist da die Versuchung, denen zu glauben, die die Welt einteilen in gut und
böse, denen zu glauben, die genau wissen, was richtig und falsch, wer Freund und
wer Feind ist, wer dazugehören darf und wer hinter der Grenze zu bleiben hat.
Wie groß die Versuchung, sein zu wollen wie Gott.
Und die Schlange sprach: Wenn ihr von diesen Früchten esset, werden eure Augen
aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.
Es ist eine dieser Geschichten ganz vorne in unserer Bibel. Eine dieser Geschichten,
die uns so viel über uns als Menschen und über Gott erzählen.
Im 3. Kapitel des 1. Buches Mose, des Buches Genesis, da sind sie auf der Erzählbühne:
Adam und Eva – ich sage mal: Menschen, wie wir. Und die Schlange – die wir
vielleicht schon gut kennen, weil sie unsere Gedanken so oft umzingelt.
Und dann geht es los auf dieser Bühne. Die Schlange spricht zu Eva: Ja, sollte Gott
gesagt haben: ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten? Da sprach die Frau zu der
Schlange: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; aber von den Früchten des
Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rühret sie auch nicht an,
dass ihr nicht sterbet! Da sprach die Schlange zur Frau: Ihr werdet keineswegs des Todes
sterben, sondern Gott weiß: an dem Tage, da ihr davon esset, werden eure Augen
aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.
Nun, viele von uns kennen wohl diese Erzählung und wissen, wie es weitergeht.
Mann und Frau essen von den Früchten dieses einen besonderen Baumes und sie
verlieren – ja was verlieren sie eigentlich genau?
Und sie hörten Gott den HERRN, wie er im Garten ging, als der Tag kühl geworden war.
Und Adam versteckte sich mit seiner Frau vor dem Angesicht Gottes des HERRN unter den
Bäumen im Garten. Und Gott der HERR rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? Und
Adam sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich;
Ich fürchtete mich, sagt Adam. Das ist der traurige Verlust des Paradieses: Die
Menschen verlieren ihr Vertrauen. Sie verstecken sich vor Gott, sie haben Angst.
Ja, das wäre das Paradies, wenn wir keine Angst hätten. Keine Angst davor, dass uns
oder anderen etwas Schreckliches passiert, keine Angst davor, dass wir nicht geliebt
werden, keine Angst davor, etwas falsch zu machen.
Aber wir leben nicht im Paradies. Immer wieder ist da diese Angst. Auch, weil wir
Menschen fähig sind, Gutes aber auch Böses zu tun. Weil wir uns entscheiden
können und müssen immer wieder im Leben.
Ohne Entscheidungen geht es eben nicht. Aber, wer aus Angst entscheidet,
entscheidet sich leider oft für das Böse.
Wir leben nicht im Paradies. Menschen haben Angst. Das ist die grundlegende und
tragische aber eben auch ehrliche Erkenntnis, von der diese Erzählung noch ziemlich
am Anfang der Bibel spricht.
Aber diese Erzählung, diese Erkenntnis ist eingebettet in eine größere Botschaft. Noch
zuvor, ganz am Anfang der Bibel ist es ein Satz, der immer wiederkehrt: Und Gott sah,
dass es gut war. So heißt es nämlich immer wieder in der Erzählung vom Anfang der
Welt. Und es klingt eine Hoffnung mit in diesem Satz: Was gut war, wird auch wieder
gut werden.
Und nach den Erzählungen vom Anfang, nach den Geschichten von dem, das niemals
war, sondern immer ist: Adam und Evas Angst, Kains Hass auf seinen Bruder, die
scheinbar aussichtslosen, sintflut-schrecklichen Momente und der Regenbogen
danach, der Größenwahn des Babel-Towers – nach all dem, das niemals war, sondern
immer ist, dann ein Satz, der sich durch die ganze Bibel zieht:
Fürchte dich nicht!
Gott spricht diese Worte zu Abraham, zu Jakob, zu Josef und vielen, vielen anderen,
von denen uns das Alte Testament erzählt. Und nahtlos spricht Jesus diese Worte
weiter. Immer wieder. Fürchte dich nicht!
Und dann dieser Satz, mit dem Jesus in der Überlieferung des Johannes-Evangeliums
unseren Paradies-Verlust aufnimmt:
Jesus spricht: In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt
überwunden. (Joh 16,33)
Getrost dürfen wir sein. Was auch immer kommt. Die Welt ist nicht alles.
Getrost und mutig dürfen wir sein. Mutig zur Entscheidung. Eine Ahnung davon, was
gut und böse ist, haben wir ja – den Geschmack der verbotenen Frucht noch auf der
Zunge. Entscheiden ist nicht immer einfach. Aber Gott sagt: Fürchtet euch nicht!
Amen.
Es gilt das gesprochene Wort.