Glaubenskurs, 2. Impuls | Michael Kafka Ich schreibe hier einen

Ich schreibe hier einen Glaubenskurs über Weihnachten. Aber
wie bin ich ausgerechnet auf die Schöpfung als Thema
gekommen?
Nun, Weihnachten und Schöpfung haben sehr viel miteinander
zu tun, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint.
Im Hymnus am Anfang des Weihnachtsgottesdienstes wird die
Geburt Jesu zum Mittelpunkt der Geschichte und damit zum
Mittelpunkt von Gottes Schöpfung. Es werden wichtige Daten
der Weltgeschichte aufgezählt bis hin zu den Ereignissen rund
um Christi Geburt. Du findest diesen Text auf einer extra Seite
am Ende dieser Datei.
Die ganze Weltgeschichte hat sich auf diesen Tag zubewegt und
findet in diesem Tag den Höhepunkt ihrer Entwicklung.
Warum das?
Schauen wir zurück in das Alte Testament, ganz am Anfang. Dort haben wir zwei Versionen, wie Gott
die Welt geschaffen hat. Dabei in die Einzelheiten zu gehen, wäre einen eigenen Glaubenskurs wert.
Wichtig ist für uns im Zusammenhang mit Weihnachten die zweite Geschichte. Da macht Gott den
Menschen Adam. Dieser Adam begeht eine Sünde.
Hier müssen wir einmal innehalten und für kurze Zeit alles vergessen, was wir von dieser Geschichte
zu wissen glauben.
Das Wort „Adam“ ist hebräisch und ist abgeleitet von „Adama“. Das bedeutet Erde. Adam ist also
„der von der Erde genommene, der Erdling“. Die Geschichte berichtet ja, dass Gott den Menschen
aus Ton, also aus Erde, geformt hat (Genesis 2, 7). Adam ist nicht ein beliebiger Mensch, schon gar
nicht eine historische Persönlichkeit, sondern der Mensch schlechthin.
Und er handelt so, wie der Mensch schlechthin immer in der Gefahr ist zu handeln:
er will sein wie Gott.
Hier braucht es eine kleine Erklärung über den Menschen. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das
über eine wörtliche Sprache verfügt. Ja, auch Hunde können sprechen, sie tun das mit dem
Hundeblick und mit Bellen und Winseln. Aber sie können keine Worte sprechen.
Glaubenskurs, 2. Impuls | Michael Kafka
Der Mensch kann nun mit seiner Sprache allen Dingen der Welt Namen geben (Genesis 2, 19). Er
kann erkennen und beschreiben, wie die Dinge beschaffen sind, z.B. dass ein Löwe andere Tiere frisst
und eine Antilope hingegen nur Gras und Blätter.
Auch kann der Mensch nach vorne und zurück denken. Er kann sich vorstellen, was vor zehn,
hundert, ja tausend Jahren war.
Mit dieser Fähigkeit denkt der Mensch natürlich auch bis ganz zum Anfang der Welt und überlegt
sich, wie die Welt entstanden ist. Und so kam der Mensch schon sehr früh auf ein höheres Wesen,
das alles das gemacht haben musste, was immer schon da war.
Wenn der Mensch nun aber sein will wie Gott, dann glaubt er, seine Eigenschaften seien identisch
mit denen Gottes.
Schwierig wird es bei einer weiteren Fähigkeit des Menschen. Der Mensch kann Dinge bewerten. Er
kann sagen, das Fleisch ist schlecht, denn mir wird übel davon.
Mit dieser Fähigkeit jedoch verwechselt er oft eine Eigenschaft Gottes, nämlich dass dieser darüber
urteilen kann, was Gut und Böse ist. Der Mensch kann nämlich eigentlich nur sagen, was für ihn gut
oder schlecht ist. Das Fleisch, das für den Menschen schlecht ist, frisst die Hyäne ohne Probleme.
Was für den Menschen schlecht ist, kann für andere Lebewesen gut sein.
Gott allein kann demnach über Gut und Böse urteilen. Tut das
der Mensch, dann hält er sich selbst für Gott. Und genau das
will Adam, wenn er vom Baum der Erkenntnis von Gut und
Böse essen will (Genesis 3, 5)(Es handelt sich übrigens nicht
um einen Apfel, womit sämtlicher Unsinn, den Maler aller
Jahrhunderte dieser Geschichte angetan haben, überwunden
werden kann).
Als er allerdings dann tatsächlich isst, erkennt er nur, dass er nackt ist. Der Mensch kann eben von
sich aus nicht werden wie Gott.
Diese Spannung zwischen Gott und Mensch besteht, seit es Menschen gibt. Immer wieder wollen sie
über andere urteilen, verurteilen sie ganze Religionen oder Menschengruppen (siehe auch Lukas 6,
34-40).
Gott löst diese Spannung auf seine Art: er wird Mensch. Damit schlägt er eine Brücke zwischen sich
und uns Menschen, gibt uns einen Weg vor, wie wir mit Ihm in Kontakt treten können. Wenn der
Mensch also sein will wie Gott, dann muss er es machen wie Gott und Mensch werden.
Frage des Tages: Wo begegnen Dir Menschen, die wie Gott sein wollen? Wo handelst Du selber
manchmal so? Was heißt für Dich ganz Mensch werden?
Glaubenskurs, 2. Impuls | Michael Kafka
Das große Martyrologium
Milliarden Jahre waren vergangen, seit Gott im Anfang Himmel und Erde geschaffen;
Millionen Jahre, seit er den Menschen gebildet;
Jahrtausende seit der großen Flut.
Zweitausend Jahre waren vergangen seit der Berufung Abrahams;
1500 Jahre, seit Mose das Volk Israel aus Ägypten herausgeführt;
1000 Jahre seit der Salbung Davids zum König.
In der 65. Jahrwoche nach der Weissagung Daniels;
in der 194. Olympiade;
752 Jahre nach Gründung der Stadt Rom:
im 42. Regierungsjahr des Kaisers Octavianus Augustus,
als auf dem ganzen Erdkreis Friede war;
im sechsten Zeitalter der Welt;
vor zweitausend Jahren:
Da wollte Jesus Christus, ewiger Gott und Sohn des ewigen Vaters,
Gott von Gott und Licht vom Licht,
die Welt heiligen durch seine liebevolle Ankunft.
Durch den Heiligen Geist empfangen
und nach neun Monaten von Maria der Jungfrau
zu Bethlehem in Juda geboren, wird er Mensch.
Er, das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.
Heute feiern wir den Tag seiner Geburt, das hochheilige Weihnachtsfest.
Heute singen wir mit allen, die glauben:
"Christus ist uns geboren: Kommt, wir beten ihn an."
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