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Gott der Herr rief: Adam, wo bist du? Der
sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtete
mich; denn ich bin nackt. Und er sprach: Wer
hat dir gesagt, dass du nackt bist?
1. Mose 3, 9-11a
Urtümlich und tiefberührend
klingt das: „Adam, wo bist du?“ Jeder
von uns ist gemeint, natürlich auch
eine jede von uns. Der Adam - das ist
der Mensch schlechthin. Er lebt - wie
schön. Aber dann diese Frage, eine
In-Frage-Stellung: „Wo bist du?“
Das pure Lebendig sein - Gott
sei Dank dafür: wir sind sein Werk,
wunderbar geschaffen - das pure, ja
reine Leben entwickelt sich weiter.
Immerhin heißt es vor der Sündenfallgeschichte: „Gott der Herr setzte
den Menschen in den Garten Eden,
dass er ihn bebaute und bewahrte“.
Sich bewegen und Wachsen gehören
dazu, bestimmt auch das Ausprobieren und Versuchen. So ist es nicht
weit zur Versuchung.
In dem „Adam, wo bist du?“ erklingt auch das „Wer bin ich?“, die
Frage eines jeden Menschen auf dem
Weg vom Kind zum Erwachsenen.
Meisterhaft schildert die Bibel: „Ich
fürchte mich, denn ich bin nackt.“
Wo Gott begegnet oder wo ich auch
nur von ihm höre, spüre ich den Unterschied: Mein Dasein verdanke ich
seinem guten großen Willen, aber
das, was ich vermag, bleibt immer
dahinter zurück. „Nichts hab ich zu
bringen, alles, Herr, bist du!“
Der Adam im Garten Eden hat
Angst. Seine Bedürftigkeit zu verbergen, hilft aber nicht weit. Vielmehr
geht die Infragestellung weiter:
„Wer hat dir gesagt, dass du nackt
bist?“ Der Mensch tut sich nicht
leicht, zu sich selbst zu finden: „Die
anderen sind schuld!“ ist auch unsere übliche Reaktion. Adam verweist auf die Frau, und die sagt: Die
Schlange hat mich betrogen.
Die verbotene Frucht haben sie
gegessen, die Menschen. Ihren Willen haben sie gegen Gottes Gebot gestellt und müssen nun selbständig
werden - hinaus aus dem Garten
Eden. Neugeborene leben zumeist
wie im Paradies, erst später entfalten sich bewusstes Wollen und damit die eigene Verantwortung.
„Adam, wo bist du?“ - unser Defizit
vor Gott führt nach „Jenseits von
Eden“. Aber Gott hilft den Menschen
weiter, fürs erste mit einfachen Kleidern - so erzählt die Geschichte vom
Sündenfall.
Aufs Ganze gesehen aber hilft
Gott persönlich: er tritt an die Seite
der Menschen in Jesus von Nazareth.
Dieser, nackt als Kind geboren,
wurde am Kreuz seiner Kleider beraubt. Doch welch ein Wunder:
Durch Jesus Christus müssen wir
nicht mehr sagen „Ich fürchte mich“.
Wenn Gott uns ruft, können wir um
Christi willen
Antwort geben: „Vater,
in
deine
Hände
befehle ich meinen Geist; du
hast mich erlöst, Herr, du
treuer Gott!“
Christian Holler,
Pfarrer i.R., Augsburg