Nationalrat, XXV. GP 1. Februar 2017 162. Sitzung / 1 16.18 Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Eingangs möchte ich festhalten, dass es sehr zu begrüßen ist, wenn sich Bürgerinnen und Bürger politisch engagieren und sich der Möglichkeit unserer direkten Demokratie bedienen. Selbstverständlich wird auch jedes erfolgreiche Volksbegehren hier im Nationalrat fair und seriös behandelt. Lassen Sie mich nun aber zur Dringlichen Anfrage kommen. Hier wird, wie es Kollege Kogler auch ausgeführt hat, der Bundesregierung ein Rechtsbruch vorgeworfen. Dieser Vorwurf lässt sich leicht entkräften. In der im Ständigen EU-Unterausschuss beschlossenen Stellungnahme wurden Bedingungen für eine CETA-Zustimmung aufgestellt, und diese wurden erfüllt. Vizekanzler Mitterlehner hat sich auf EU-Ebene erfolgreich dafür eingesetzt, dass CETA als gemischtes Abkommen eingestuft wird, sodass auch die nationalen Parlamente CETA zustimmen müssen. Zudem hat er erreicht, dass die in der Stellungnahme abgelehnten privaten Schiedsgerichte nicht kommen, sondern durch ein Investitionsgericht ersetzt werden, Herr Kollege Kogler! Dieses neue internationale Gericht zeichnet sich dadurch aus, dass seine Richter nicht wie bisher durch die Vertragsparteien – ich korrigiere –, nicht wie bisher durch die Streitparteien – Entschuldigung! –, sondern durch die Vertragsparteien, nämlich Kanada und die EU, auf Zeit bestellt werden sowie unabsetzbar und unabhängig sind. Gerade an die Unabhängigkeit der Richter werden hohe rechtsethische Anforderungen gestellt. Zudem gibt es erstmals auch eine Berufungsinstanz. In der vorliegenden Dringlichen Anfrage werden auch die Sonderklagerechte für ausländische Konzerne kritisiert. Dass ausländische Unternehmen andere Möglichkeiten haben, um sich gegen staatliche Diskriminierungen zu wehren, ist aber nichts Neues. Betrachten Sie etwa die EU-Regelungen! Ein ausländisches Unternehmen kann sich gegen Diskriminierungen, zum Beispiel durch eine österreichische Behörde, vor dem EuGH zur Wehr setzen. (Abg. Kogler: Ja, das ist richtig so!) Ein österreichisches Unternehmen, das in Österreich in gleicher Weise diskriminiert wird, kann sich hingegen nicht an den EuGH wenden. Das ist geltendes Recht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Kogler: Es ist trotzdem ein Schiedssystemverfahren!) Version vom 08. März 2017, 10:15 nach § 52(2) GOG autorisiert Nationalrat, XXV. GP 1. Februar 2017 162. Sitzung / 2 Herr Kogler, Sie haben auch kritisiert, dass das Vorsorgeprinzip durch CETA obsolet wird. Zu Recht haben Sie auch darauf hingewiesen, dass dieses Prinzip im EUPrimärrecht verankert ist. Daher kann es nicht durch einen völkerrechtlichen Vertrag wie CETA abgeschafft werden. (Abg. Kogler: Eben doch!) Was den vom Kollegen Kogler erhobenen Vorwurf eines Alleingangs einzelner Bundesminister betrifft, dazu möchte ich Folgendes festhalten: Seit dem 18. Oktober 2016 gibt es bezüglich der Zustimmung zu CETA ein Einvernehmen der Bundesregierung. Von einem Alleingang kann hier also keine Rede sein! Die am 28. Oktober 2016 erteilte schriftliche Zustimmung des österreichischen Botschafters erfolgte auf Basis dieses Einvernehmens der Bundesregierung. Zudem erging die Weisung an den Botschafter über das Außenministerium in Akkordierung mit dem Bundeskanzleramt. (Abg. Kogler: Das ist richtig!) In der vorliegenden Dringlichen Anfrage ist auch davon die Rede, dass durch CETA hohe Standards in sensiblen Bereichen gefährdet werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, vergessen Sie bitte nicht, dass es bei CETA um ein Handelsabkommen mit Kanada geht – also somit mit einem Land, das uns sehr ähnlich ist, das auch von seinen Standards her keineswegs hinter Europa herhinkt! (Zwischenruf des Abg. Pirklhuber.) Ganz im Gegenteil: Die kanadischen Standards liegen teilweise sogar über den unsrigen! Zudem bestätigt der Text des Abkommens, dass unsere hohen Qualitätsstandards, etwa für Produktsicherheit, Daten-, Verbraucher-, Gesundheits-, Umwelt- und Tierschutz, auch in Zukunft gesichert sind. Auch das staatliche Regulierungsrecht ist ausdrücklich festgeschrieben. Die Vertragsparteien können daher das Schutzniveau, insbesondere für Gesundheit, Sicherheit, Konsumenten-, Arbeits- und Umweltschutz, nach eigenem Ermessen festlegen. (Abg. Kogler: Das ist eine Selbstverständlichkeit!) Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist daher unseriös und unverantwortlich, so zu tun, als würde ein Handelsabkommen mit Kanada eine große Bedrohung für uns darstellen. Vor allem muss man bedenken: Wenn wir schon mit Kanada ein Problem haben, ja mit welchem Land wollen wir denn dann Handelsabkommen abschließen?! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Brunner.) 16.23 Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klinger. – Bitte. Version vom 08. März 2017, 10:15 nach § 52(2) GOG autorisiert
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