Frauen global

Nr. 125 | März 2017
Das außenpolit ische J o ur n al
Frauen global
Frauen übernehmen Macht
Proteste in Polen
Journalistinnen weltweit
Gleichstellung in Ostasien
Konservatismus in Russland
WeltBlick
Wechsel im Auswärtigen Amt
Syriengespräche in Astana
Wahlen in Frankreich
David McAllister
Schottland und der Brexit
ISSN 0944-8101 | 4,80 €
ISBN 978-3-945878-51-4
Inhalt
4
WeltBlick
4
Gabriel als Antwort auf Trump?
Erhard Crome
8
Syriengespräche in Kasachstan
Bulat Sultanov
11
16
Briefe aus …
Wahlen in Frankreich
Yann Wernert
22
London, Washington und Manama
Thema: Frauen global
24
Frauen übernehmen Macht
Farida Jalalzai, Catherine Bolzendahl, Amy Alexander
29
Proteste gegen Abtreibungsverbot in Polen
Joanna Gwiazdecka
34
Zur Stellung der Frauen in Nordostasien
Sook-Young Ahn
42
Frauenrechte in Russland
Jelena Besrukowa
47
Journalistinnen weltweit unter Druck
Anne Renzenbrink
WeltTrends • Das außenpolitische Journal • 116 • Juni 2016 • 24. Jahrgang • S. 2–3
Impressum
53
Historie: Bismarck und Russland
54
Achim Engelberg
Nachruf auf Haschemi Rafsandschani
60
Heinrich Schulz
Bücherschau
64
Brief an die Redaktion
68
Kommentar: Schottland und der Brexit
70
David McAllister
Wort und Strich
72
Kommentar
Schottland und der Brexit
David McAllister
E
s ist und bleibt sehr bedauerlich, dass sich die Abstimmungsberechtigten am 23. Juni 2016 mit einer knappen Mehrheit von 52 Prozent für einen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen
Union entschieden haben. Die Situation Schottlands ist hierbei eine
besondere, da hier mit einer großen Mehrheit von 62 Prozent für „Bremain“ gestimmt wurde. Es zählt jedoch das britische Gesamtergebnis.
Die Entscheidung für den Brexit respektiere ich, allerdings halte ich sie
nach wie vor für einen schwerwiegenden Fehler.
Am 17. Januar 2017 hat die britische Premierministerin eine weitere
Grundsatzrede zum angestrebten Austrittsprozess gehalten. Ihre Aussagen
waren in dieser Form zu erwarten, nachdem es hierzu in den Wochen
zuvor seitens der Londoner Regierung zahlreiche Andeutungen gab. Frau
May hat in ihrer Rede inhaltliche Schwerpunkte im Zusammenhang mit
dem bevorstehenden Brexit und der weiteren Zusammenarbeit des Vereinigten Königreiches mit der Europäischen Union erläutert. Zumindest
haben jetzt alle Beteiligten mehr Klarheit und wissen, worauf London
konkret hinauswill. Es zeichnet sich ein „hard Brexit“ ab – also ein Austritt, der dazu führt, dass das Vereinigte Königreich nicht mehr Teil des
Binnenmarktes und auch nicht in einer Zollunion mit uns sein wird.
Die Premierministerin hat zugleich betont, dass sie weiterhin eng mit der
Europäischen Union zusammenarbeiten möchte und dass ihr eine stabile
und handlungsfähige EU als Partner wichtig sei.
Schottland hat nachvollziehbar mit großer Sorge auf die Pläne der britischen Regierung reagiert. First Minister Nicola Sturgeon schließt ein
weiteres Unabhängigkeitsreferendum nicht aus. Entsprechende Pläne hat
die schottische Regierung in einem Positionspapier erläutert, das sie im
Dezember 2016 veröffentlichte. Die Regierung in Edinburgh vertritt dabei
eine mehrstufige Strategie, die jeweils auf die verschiedenen Austrittsmöglichkeiten abgestimmt ist. Wie klar aus dem Ergebnis des Referendums hervorgeht, wären die Schotten am liebsten Teil der EU geblieben.
Dies wurde auch als erste Strategie dargestellt. Die zweite Variante der
schottischen Regierung wäre der Verbleib des Vereinigten Königreichs in
WeltTrends • Das außenpolitische Journal • 125 • März 2017 • 25. Jahrgang • S. 70–71
Kommentar
Gänze im Binnenmarkt. Diese Möglichkeit ist nach der Rede von Frau
May unwahrscheinlich geworden. Die dritte von Edinburgh vorgeschlagene Option ist, zu prüfen, ob und wenn ja wie Schottland einen differenzierten Zugang zum Binnenmarkt erhalten könnte. Auf diesem Wege
könnte das Vereinigte Königreich den Binnenmarkt verlassen, Schottland
würde jedoch im Binnenmarkt bleiben. Diesen Vorschlag halte ich zwar
politisch für nachvollziehbar, rechtlich aber schwierig umzusetzen. Denn
diese Möglichkeit würde eine schottische EFTA-Mitgliedschaft voraussetzen. Bislang sind mit Norwegen, Liechtenstein, Island und der Schweiz
nur souveräne Staaten Mitglieder der EFTA. So bliebe nur eine staatliche
Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich als Möglichkeit, um Mitglied der EU und ebenso des Binnenmarktes zu bleiben. Dafür müsste
Schottland jedoch, wie andere Länder auch, durch einen regulären Beitrittsprozess die EU-Mitgliedschaft erhalten.
Ob es dazu kommt? Das wird in Edinburgh und London entschieden.
Das letzte Unabhängigkeitsreferendum vor drei Jahren war zwar eine
relativ knappe Entscheidung, jedoch haben sich die Werte in Umfragen
seitdem nicht wesentlich verändert. An der schottischen Unabhängigkeitsdebatte beteilige ich mich grundsätzlich nicht. Das ist eine innerbritische bzw. innerschottische Angelegenheit.
Für die Europäische Union gilt nun – allerdings erst nachdem London
offiziell sein Austrittsgesuch nach Artikel 50 EU-Vertrag übermittelt
hat –, mit den Verhandlungen über den Brexit zu beginnen. Die EU ist
dafür gut aufgestellt. Unser gemeinsames Ziel muss ein geordneter Austritt des Vereinigten Königreichs unter Gewährleistung des Zusammenhalts der EU-27 sein. Wir wollen ein bestmögliches Abkommen für die
Bürger und für die Wirtschaft erreichen, das auf einem ausgewogenen
Verhältnis von Rechten und Pflichten beruht.
David McAllister
geb. 1971, Rechtsanwalt, CDU, 2010–2013 Ministerpräsident von Niedersachsen, seit 2014 Abgeordneter des Europäischen Parlaments (EP), seit
2015 Vizepräsident der Europäischen Volkspartei, seit Januar 2017 Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des EP
[email protected]
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