NDR 2 Moment mal Montag bis Freitag 18:15 Uhr, Samstag und Sonntag 9:15 Uhr Julia Heyde de López, Evangelische Radiokirche Sonntag, 26. Februar 2017 „Nehmen Sie Platz. Stört die Musik?“ Die Musik störte nicht. Ganz im Gegenteil. Es war Stefan Weillers erster Besuch in einem Hospiz. Der Journalist plante, eine Frau zu interviewen, die nicht mehr lange zu leben hatte. „Die Tür zu dieser Frau wurde mir geöffnet und es erklang „Immer wieder sonntags“ von Cindy und Bert. Und ich hab gemerkt, dass diese leichte Schlagermusik die ganze Traurigkeit und die Angst weggerissen hat. Und es folgten dann circa zwei Stunden Gespräch mit sehr viel Tiefgang, aber eben auch mit sehr viel Heiterkeit und Leichtigkeit.“ Anschließend war sich Stefan Weiller sicher: Das hier hat das Zeug, was Größeres zu werden. „Letzte Lieder“ nennt er sein Projekt: Sterbende erzählen von sich und ihrer Lieblingsmusik. Die reicht von Johann Sebastian Bach bis zu den Rolling Stones, von Adriano Celentano bis Sido. Der Soundtrack eines Lebens. Einer meinte auch: „Das Schönste ist die Stille. Wenn man sie aushält.“ Und eine Frau habe den Spieß einfach umgedreht und ihm Fragen gestellt, so Stefan Weiller: „Das Spannende war, sie hat selbst auch die Antworten gegeben. Sie hat mich zum Beispiel gefragt: Hassen Sie Ihren Job? Dann kündigen Sie ihn. Sie hat gesagt: Gibt’s Menschen, die Ihnen nicht bekommen? Dann trennen Sie sich von diesen Menschen. Und sie hat mich auch gefragt, ob es Orte gibt, die ich immer mal sehen wollte, und dann meinte sie: dann reisen Sie!“ Das tat Stefan Weiller. Arm, aber glücklich kehrte er von seiner großen Reise zurück. Mittlerweile hat er schon über 120 Menschen in Hospizen in ganz Deutschland getroffen und interviewt. Manche Sterbende wagen in dieser letzten Lebensphase die Auseinandersetzung mit Gott, sagt er. Sie finden Trost in den Versen von Paul Gerhardt oder Dietrich Bonhoeffer. Eins sei ihm dabei aufgefallen, so Weiller: „Ich finde es sehr spannend, dass ich tatsächlich bestätigen kann, Menschen, die daran glauben, dass dieses Leben hier nicht alles gewesen sein muss, sondern es gibt noch etwas anderes, auch wenn man es nicht beschreiben und benennen kann, die sterben leichter. Das ist ja auch so Stand der Forschung.“ Aus all seinen Gesprächen ist nun ein Buch entstanden und eine Konzertreihe. „Beim allerersten Konzert sind Menschen nicht gekommen, weil sie dachten: Herrje, das ist ein Höllenritt, wie soll man das ertragen? Aber (…) die Konzerte sind ein großes Lebensfest, so nehme ich das wahr. Es gehen viele Menschen aus den Konzerten und sagen: Ich bin seltsam glücklich, ich versteh das gar nicht.“ Am 28. Februar kann man in Hamburg die "Letzten Lieder" live erleben. Der Erlös kommt dem Hospiz Hamburg Leuchtfeuer zugute. Es soll ein Abend voller Lebensfreude werden, sagt Weiller, gerade, weil es auch um Abschied geht. Beides gehört zusammen. Eine Frau im Hospiz sagte es ihm so: "Wenn meine Besucher aus der Tür gehen, verabschiede ich sie mit einem alten Gruß: lebt wohl, ihr Lieben!“ Darauf kommt es an. Evangelische Kirche im NDR – www.ndr.de/kirche 1
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