«Das ist ein sehr radikaler Ausdruck des Tessiner Unbehagens über den Lastwagenverkehr» Marina Carobbio Guscetti, Vizepräsidentin Alpen-Initiative «Die Bedeutung des Schwerverkehrs zeigt sich darin, dass dieser für 33% des Stickoxid-Ausstosses auf den Transitachsen im Alpenraum verantwortlich ist.» So steht es im Bericht des Bundesamts für Umwelt (BAFU) zur Situation beim alpenquerenden Güterverkehr auf der Strasse. Stickoxide schädigen nachweislich die Gesundheit der Menschen. Kinder, die im Kanton Uri nahe der Gotthard-Autobahn aufwachsen, leben unter Bedingungen, wie sie in einem Raucherhaushalt herrschen. So beschreibt das BAFU die Situation. Es geht uns nicht ums Lastwagenzählen, wie das uns gelegentlich vorgeworfen wird. Es geht uns um die Gesundheit der Menschen, denn insbesondere Kinder und Betagte leiden an den Folgen der schlechten Luft. Es geht uns auch um den Schutz des knappen Lebensraums in den Alpen, es geht um die Zukunft eines ökologisch sensiblen und in Europa einzigartigen Gebiets. Die Umfrage hat nicht nur schweizweit analysiert, sondern auch gezielt geschaut, wie die Leute in den vom alpenquerenden Schwerverkehr am stärksten betroffenen Kantonen denken, also Uri und Tessin. Im südlichen Tessin atmen die Menschen die schweizweit schlechteste Luft. Die Ozongrenzwerte werden regelmässig überschritten, der Feinstaub lagert sich unerbittlich in den Lungen der Menschen ab. Im Januar wurde der maximal erlaubte Wert für Feinstaub im Südtessin um mehr als das Doppelte überschritten. Ich wundere mich deshalb nicht wirklich, dass die Tessinerinnen und Tessiner überdeutlich, ich wiederhole, überdeutlich die Verlagerung des Schwerverkehrs von der Strasse auf die Schiene fordern. Schauen Sie die Zahlen an. In Uri und im Tessin sind es rund 90 Prozent, die das Verlagerungsziel von maximal 650'000 alpenquerenden Lastwagen pro Jahr erreichen oder sogar noch verschärfen wollen! Fast ein Viertel der Tessinerinnen und Tessiner verlangt, dass die Zahl sogar unter die 650‘000 gesenkt wird! Das ist ein sehr radikaler Ausdruck des Tessiner Unbehagens über den Lastwagenverkehr auf der A2. Das Tessin hat lange auf die Eröffnung des Gotthard-Basistunnel hin gefiebert. Es höchste Zeit, mit zusätzlichen Massnahmen die Güter auf die Bahn zu bringen. Abwarten, dass dies automatisch geschieht, ist nicht einfach blauäugig. Es grenzt an behördliche Arbeitsverweigerung. Sie hat zur Folge, dass die Menschen entlang der Transitachsen weiterhin übermässig unter den Abgasen leiden müssen. Weniger Lastwagen aber würde bedeuten, dass die Menschen aufatmen können. Die Politik offen ablehnend oder sehr zögerlich, wenn es um neue Massnahmen zur Erreichung des Verlagerungsziels geht? Der letzte Verlagerungsbericht des Bundes hat dies sehr deutlich gezeigt. Die Bevölkerung aber ist schon viel weiter, gerade in den Gotthardkantonen. Gemäss Umfrage begrüssen 68 Prozent weitergehende Massnahmen, um die Gütertransporte von der Strasse weg auf die Schiene zu verlagern. In Uri sind es sogar 71 Prozent, im Tessin 82 Prozent. Es befürworten auch 80 Prozent Grenzwerte für den CO2-Ausstoss von Lastwagen – man spricht auch von Flottenzielen für Lastwagen. Im Tessin stellen sich sogar 90 Prozent der Befragten hinter die Forderung, dass die Lastwagen weniger Klima schädliches CO2 ausstossen. Ich rufe Bundesrat und Parlament auf, neue Massnahmen zu beschliessen, um das Verlagerungsziel zu erreichen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Mit jedem Lastwagen, der weniger durch unsere Alpen fährt, wird die Atemluft besser. Das muss unser aller Ziel sein. Bern/Lumino, 23. Februar 2017
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