SWR2

SWR2 MANUSKRIPT
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE
SWR2 Tandem
Der Stimmakrobat
Ein Porträt des US-Künstlers Al Jarreau
Sendung: Freitag, 17. Februar 2017, 19.20 Uhr
Redaktion: Bettina Stender
Autorin:
Christiane Rebmann
Sprecher: Peter Binder
Bitte beachten Sie:
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede
weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des
Urhebers bzw. des SWR.
Service:
SWR2 Tandem können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter
www.swr2.de oder als Podcast nachhören:
http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/tandem.xml
Mitschnitte aller Sendungen der Redaktion SWR2 Tandem sind auf CD erhältlich beim
SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden zum Preis von 12,50 Euro.
Bestellungen über Telefon: 07221/929-26030
Bestellungen per E-Mail: [email protected]
Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2?
Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen
Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen.
Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen
Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert.
Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de
1
Der Stimmakrobat – zum Tod des US-Sängers Al Jarreau
Autorin: Christiane Rebmann
Sprecher: Christiane Rebmann, Peter Binder
Als besten lebenden Jazzsänger bezeichnete das Time Magazine einst den US
Musiker Al Jarreau. Der farbige Künstler wurde zwar schon früh in die Musik
eingeführt, studierte aber Psychologie und arbeitete als Rehabilitationshelfer unter
anderem mit Behinderten, bevor er sich ganz auf seine Musikerkarriere konzentrierte.
Ab seiner ersten Veröffentlichung 1975 widmete er sich vor allem dem Jazz, aber
auch dem R&B und dem Pop. Er verkaufte seine Alben millionenfach und wurde mit
sieben Grammies ausgezeichnet - in vier unterschiedlichen Kategorien.
Er wurde schnell für seinen Scatgesang berühmt und dafür, dass er mit seiner
Stimme sehr beeindruckend Instrumente wie Saxofon, Percussion, Gitarre und Bass
imitieren konnte. Er kombinierte diese Geräusche mit Seufzen und Flüstern und
verwendete die Beatbox Technik, lange bevor sie als angesagt galt.
Anlässlich seines Todes am 12. Februar beschäftigen wir uns mit seiner Vita und
seinem musikalischen Werk.
Der Stimmakrobat – Ein Portrait des US Künstlers Al Jarreau.
Eine Sendung von und mit Christiane Rebmann.
Take Five
“Take Five “ aus dem Album „Look to the Rainbow“, das Al Jarreau 1977 einspielte
und das als eines seiner besten gilt.
Al Jarreau kam 1940 als Alwyn Lopez Jarreau in Milwaukee im US Bundesstaat
Wisconsin zur Welt. Er war das fünfte von sechs Kindern.
Seine Mutter war Pianistin, sein Vater Priester in der protestantischen Freikirche
Siebenten Tags Adventisten. Allerdings erlebte der kleine Al ihn nie aktiv auf der
Kanzel.
O-Ton
Mein Papa war Priester. Aber ich habe ihn nie predigen hören. Er hat nicht mehr
gepredigt, als ich alt genug gewesen wäre, eine Predigt zu hören. Da waren ein paar
unangenehme Dinge in der Kirche geschehen, die ihm das Herz gebrochen hatten.
Keine physische Gewalt. Eher Kreuzzüge. Und zwar von der brutalen Sorte. Die
religiösen Kriege sind oft die härtesten. Die Kirche bringt manchmal die schlimmste
Seite in Menschen hervor.
Mein Dad machte ein paar schlimme Dinge durch mit der Kirche, deshalb warf er den
Job hin. Aber er sorgte dafür, dass wir in die Kirche gingen. Er wusste, dass das
wertvoll war, obwohl er nicht mit den Leuten dort klar kam. Zur Kirche gehen – das
war also Teil meiner Erziehung.
2
Und dazu gehörte auch, dass Al häufig neben seiner Mutter, die in der Kirche als
Organistin arbeitete, auf der Orgelbank sitzen durfte und im Kirchenchor sang. Bald
stellte sich heraus, dass er eine ungewöhnlich gute Stimme hatte.
O-Ton
Ich wusste gar nicht, was ich da tat. Ich tat es einfach. die anderen nannten es
singen. Erst später erfuhr ich, was das war, was ich da tat. Ich habe viel gesungen,
lange bevor ich vier war. Und wenn ich heute überlege, wo ich das wohl her hatte,
muss ich sagen: Vielleicht aus einem früheren Leben.
Nur so sei schließlich das Phänomen zu erklären, dass Komponisten wie Mozart
schon sehr früh ausgereifte Werke schrieben, meinte er.
O-Ton
Man lernt doch so etwas nicht in drei oder vier Jahren. Man nennt das Wunderkind.
Aber ich bin mir nicht sicher. Vielleicht kann man nur so früh so gut sein, weil man
etwas aus einem früheren Leben mitbringt. Ich weiß nicht. Naja. Letzten Endes ist ja
alles nur Rock’n’Roll.
We got Telepathy
Mit fünf Jahren gab er im Garten eines Gemeindemitglieds sein erstes
Benefizkonzert. Er sammelte damals Geld für ein neues Kirchenklavier. Die nächsten
öffentlichen Auftritte absolvierte er eher aus eigennützigen Gründen.
O-Ton
Im Alter von vier bis neun trat ich bei Talentshows auf. Die gab es damals in
Milwaukee. Da wurden zwei Filme gezeigt, und zwischen den beiden Filmen lief der
Wettbewerb. Das hatte ein Deutscher namens Ralph Krause organisiert. Der
Gewinner bekam 25 oder 50 Dollar. Mein Vater schleppte mich dauernd dorthin.
Mein Vater trat auch dort auf. Er hatte einen wunderbaren lyrischen Tenor. Ich
wünschte, ich hätte seine Stimme geerbt. Mit sieben, acht, neun kam ich auf den
zweiten oder dritten Platz und gewann 15 Dollar, und wenn ich auf den ersten Platz
kam, vielleicht 50 Dollar.
Auch sein Vater verdiente so Geld für die Familie dazu, der es in finanzieller Hinsicht
nicht sehr gut ging.
O-Ton
In Milwaukee gab es damals eine große deutsche Gemeinde. Und das Publikum bei
diesen Shows bestand nicht aus Schwarzen, sondern eher aus Weißen, aus
Deutschen. Deshalb sang mein Vater immer Polkas. Das Publikum war begeistert.
Und er gewann fast immer. Er bekam dann eine goldene Armbanduhr oder 100
Dollar oder 150 Dollar. Ich habe dann auch irgendwann Polkas gesungen.
3
Seine größeren Geschwister sangen im Wohnzimmer Bebop. Und er konnte schon
mit vier Jahren Lieder aus Gershwins Oper „Porgy and Bess“ nachsingen.
Später trat er mit verschiedenen Schulbands auf und gründete dann am College in
Iowa seine erste Band. 1962 absolvierte er seinen Bachelor in Psychologie, später
schloss er sein Masterstudium ab. Er zog nach San Francisco und arbeitete dort vier
Jahre als Rehabilitationshelfer mit Behinderten. Das war tagsüber. Abends trat er mit
dem Keyboarder und Sänger George Duke in dessen Jazz Trio auf.
1967 traf er in Cedar Rapids den Saxofonisten J.R. Monterose, der ihm beibrachte,
Saxofonlinien zu singen und zu scatten.
1968 tat er sich mit dem brasilianischen Gitarristen Julio Martinez zu einem Duo
zusammen, das sehr erfolgreich die Bars im kalifornischen Sausalito bespielte und
auch für kleinere Fernsehauftritte gebucht wurde.
Ende der 60er Jahre zogen Jarreau und Martinez nach Los Angeles um, und Al fing
an, eigene Songs zu schreiben. Bald war er allein oder in Begleitung ein gern
gesehener Gast auf den Musikclubbühnen Hollywoods, auf denen er hin und wieder
neben aufstrebenden Kollegen wie John Belushi oder Bette Midler sang.
1975 machte er mit einem Konzert im Vorprogramm der schwarzen Soul Jazz
Legende Les McCann im Troubadour Club die Plattenfirma Warner Music auf sich
aufmerksam.
Ein Jahr später erschien dort sein Debütalbum „We Got By“.
Der große Erfolg kam 1981 mit seinem Album „Breakin Away“, das ihn nicht nur in
den USA, sondern auch in Europa zum Star machte.
We’re in this love together
“We’re in this love Together” aus Al Jarreaus Album “Breakin Away”.
Ich habe Al Jarreau seit Anfang der 90er Jahre mehrfach interviewt. In unserem
ersten Gespräch wirkte er anfangs ein wenig großspurig und dadurch unnahbar.
Nach einiger Zeit ist er aufgetaut und hat sehr lebendig und gestenreich aus seinem
Leben erzählt. Offensichtlich musste er zuerst einmal die Unsicherheit, die ihn
hemmte, überwinden.
Seine mangelnde Selbstsicherheit sei immer ein wichtiger Motor in seiner Karriere
gewesen, verriet er.
O-Ton
Wer immer es gesagt hat – er hatte Recht: Unsicherheit ist die Quelle für Kreativität
und für Produktivität. Eine gewisse Portion Unsicherheit ist gut gesund. Sie tut uns
allen gut. Wir strengen uns mehr an, weil wir unsicher sind und nicht scheitern
wollen. Wir wollen, dass es gut wird. Und deshalb arbeiten wir hart.
Auch Jahrzehnte Bühnenerfahrung sorgten nicht dafür, dass er sein Lampenfieber
vor Liveauftritten ablegen konnte.
4
O-Ton
Mein Herz schlägt immer bis zum Anschlag, bevor ich auftrete. Egal, ob ich mit
einem 85köpfigen Orchester und 100 Sängern auf die Bühne gehe oder mit einem
Trio oder mit einem Gitarristen. Immer schlägt mir das Herz bis zum Halse. Ich bin
dann total nervös. Ich will gut sein, ich will besser sein als beim besten Mal.
Einerseits nervte ihn das. Andererseits hielt ihn das auf Trab. Diese Unsicherheit
machte ihn auch offen für das, was von den Zuschauern kam. Das Publikum
verändert mich, sagte er, und er meinte damit nicht nur die Tatsache, dass er
während seiner Konzerte gern mit improvisierten Bemerkungen auf die Reaktionen
seiner Zuschauer einging.
O-Ton
Es gibt diesen Aspekt. Es kann sein, dass mich die Zuschauer so verbunden mit
meiner Musik sehen, dass es ihnen hilft, auch einzusteigen. Andersherum
funktioniert es auch: Dass ich sehe, wie sehr das Publikum mitgeht. Und ich singe
dann anders. Es verändert etwas bei mir.
Er hatte ein sehr inniges Verhältnis zu seinem Publikum, von dem er sagte: Es
besteht zum großen Teil aus Menschen, die hart arbeiten und bei denen das Geld
nicht gerade locker sitzt. Mit dem Preis für eine Konzertkarte geben sie oft schon
einen beträchtlichen Teil ihres Monatsbudgets aus. Ich habe ein sehr gemischtes
Publikum, das aus allen gesellschaftlichen und kulturellen Schichten stammt.
Den deutschen Musikliebhabern fühlte er sich besonders verbunden. Mit seinen
Auftritten im Hamburger Onkel Pö’s in den 70er Jahren zog er die internationale
Aufmerksamkeit auf sich. Und er erhielt zweimal den Jahrespreis der deutschen
Schallplattenkritik, bevor er 1977 seinen ersten Grammy in den USA gewann.
Er hatte sich sogar eine Zeitlang überlegt, nach Deutschland zu ziehen, aber seine
Frau Susan sei dagegen gewesen, verriet er vor einigen Jahren der Süddeutschen
Zeitung.
Roof Garden
Für Al Jarreau waren seine Shows die Fortsetzung seiner Gebete. „Ich feiere
praktisch jeden Tag, den ich auf Tournee bin, Erntedankfest. Meine Kirche ist die
Bühne“, sagte er.
In den 80er Jahren wandte sich Jarreau vom Jazz ab- und dem Soul und Pop zu. Bei
den Jazzkritikern kam das nicht gut an. Im Popbereich war er zeitweilig, doch nicht
anhaltend erfolgreich.
1992 war Jarreau verunsichert durch die Veränderungen in den
Musikhörgewohnheiten. Der R&B sei in eine merkwürdige Richtung abgebogen,
beklagte er sich. Weil er diejenigen unter seinen Fans abholen wollte, denen seine
Platten zu altmodisch klangen, wandte er sich für die Aufnahmen zu seinem Album
„Heaven and Earth“ an den Produzenten Narada Michael Walden. Die beiden
kannten sich zu dem Zeitpunkt schon eine ganze Weile.
5
O-Ton
Ich hatte Narada 1978 oder 79 an einer Hotelrezeption getroffen. Und von da an
sagte er immer wieder: „Al, wir sollten miteinander arbeiten.“ – „Al, wir müssen
unbedingt was miteinander machen.“
Er spricht unglaublich schnell. Er bewegt sich auch sehr schnell. Ich bin ja sehr
langsam. Wir beide zusammen - das war also völlig abgedreht.
Narada Michael Walden, der unter anderem durch seine Arbeit für Aretha Franklin
und Diana Ross bekannt geworden war, spornte Jarreau an, mit seiner Stimme neue
Bereiche zu erkunden.
O-Ton
Er brachte mich dazu, Dinge zu singen, die ich nie zuvor gesungen hatte. Meine
Güte! Hör dir Al an, wie er im Falsett singt!
Ich sagte: „Ich kann kein Falsett!“ Aber Narada sagte: „Al! du musst das singen! Du
kannst es. Komm, sing! Komm, trau dich! Komm, das Wasser ist warm!“
Blue Angel
„Blue Angel“ aus dem Album „Heaven & Earth“, für das Al Jarreau mit einem
Grammy als bester R&B Sänger ausgezeichnet wurde.
In den 90er Jahren trat er in Europa im Rahmen der Night of the Proms Serie an der
Seite von Künstlern anderer Stilrichtungen auf. Es machte ihn neugierig, einen ganz
anderen Bereich zu erleben. Er war nicht nur von Gospel, R&B, Soul und Jazz
beeinflusst. Sein Interesse ging weiter.
O-Ton
Ich habe immer klassische Musik gemocht. Ich denke, dass es einen Ort gibt, wo
sich alle Musikarten treffen, vor allem wenn die Musik gut und mit Gefühl gespielt
wird.
Ich mag Ravel, ich mag Satie. Ich mag die romantischen Komponisten, ich mag
Vivaldi und Puccini. Ich singe hin und wieder Passagen aus klassischen Werken in
meinen Konzerten (singt).
Mich inspirieren alle möglichen Arten von Musik. Die Leute wissen meistens nicht,
was sie von einem neuen Al Jarreau Album erwarten sollen. Weil ich mir gern jedes
Mal eine neue musikalische Umgebung schaffe. Das hält das Ganze frisch. Das sorgt
dafür, dass ich jedes Mal etwa anders singen muss.
Bei den Aufnahmen zum Live Album „Tenderness“ von 1994 stand ihm die US
Sopranistin Kathleen Battle zur Seite.
Al Jarreau + Kathleen Battle: My favourite things
Al Jarreau und Kathleen Battle mit “My favourite things”
Zu den Songwritern, die Jarreau immer am meisten verehrt hat, gehört sein britischer
Kollege aus dem Popbereich, Elton John.
6
O-Ton
„Your Song“ und „Boarder Song“ waren die ersten Lieder, die ich von Elton John
hörte. Ich habe sie dann lange Zeit live gespielt und sie später für ein Album
aufgenommen.
Your Song
Al Jarreau lebte in Los Angeles, gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau, dem Ex
Model Susan Player, Mutter des gemeinsamen Sohnes Ryan.
Weil er besessen war von der Musik, verband er in seiner Freizeit Privates mit
Beruflichem. Die besten musikalischen Ideen fallen mir ein, wenn ich abwasche, Auto
fahre oder im Garten arbeite, verriet er. Ich muss meine Hände beschäftigen. Es gibt
ja sogar eine wissenschaftliche Begründung dafür, dass das Gehirn dann besser
kreativ funktioniert. Und immerhin hat das Beten eines Rosenkranzes einen
ähnlichen Hintergrund.
Er war bis zuletzt als Musiker aktiv. Erst direkt vor seinem Tod ließ er kurzfristig den
Rest seiner laufenden Tournee absagen. Er war hart im Nehmen. 2010 war er wegen
einer Herzkrankheit bei einem Konzert in Frankreich auf der Bühne
zusammengebrochen. Aber er ließ sich davon nicht beirren. Damals schrieb er direkt
nach der OP noch im Krankenhausbett einen Song. Direkt nach der Entlassung ging
er ins Studio und nahm ihn auf. Und einen Tagspäter stand er schon wieder für ein
90 Minutenkonzert auf der Bühne.
Er trug schon lange ein Hörgerät, aber das hinderte ihn nicht daran, weiterhin live zu
singen.
Auf die Frage, wie man seiner Erfahrung nach am besten seine Stimme schont,
pflegte er mit einem Witz zu antworten: „Indem man gar nicht singt.“ Etwas
Schlimmeres als den Sängerberuf gäbe es für die Stimme nicht. Die Reisen, der
Mangel an Ruhe das alles sei extrem stressig für die Stimme.
Deshalb bemühte er sich, das, was man als Rahmenbedingungen bezeichnen
könnte, zu verbessern. Er achtete darauf, dass er vor Konzerten ausschlief, trank
wenig Alkohol und sang sich drei Stunden lang ein.
Und er hielt sich in Schuss. Er hatte in jungen Jahren als Halbprofi Basketball
gespielt und war ein ausgezeichneter Läufer. Ein Sänger sei ein Athlet, der ständig
trainieren muss, sagte er. Und so absolvierte er in all den Jahren sein tägliches
Fitnessprogramm. Doch es gab tatsächlich auch Zeiten, in denen er entspannte.
O-Ton
Ich habe am liebsten Ruhe. Oder ich suche mir aus meiner Videosammlung etwas
aus und sehe mir einen Dokumentarfilm an.
Er interessierte sich für viele Themen.
7
O-Ton
Alles – angefangen bei historischen Dokumentarfilmen über archäologische Dokus
bis zu Filmen über UFOS – Ich finde es interessant, wenn jemand erzählt, dass er
mit Außerirdischen gesprochen hat. Ich ziehe zwar nicht los auf UFO-Jagd. Aber ich
bin sicher, dass wir nicht allein im All sind. Bei 400 Milliarden Sternen allein in
unserer Galaxie ist die Wahrscheinlichkeit doch sehr hoch, dass es noch mehr
intelligentes Leben da draußen gibt.
Mit diesem Themenbereich beschäftigte er sich auch auf einer anderen Ebene. So
ließ er sich beispielsweise gern in Wissenschaftsdokus erklären, wie das Universum
entstanden ist.
Und er schätzte Bücher.
O-Ton
Ab und zu lese ich ganz gern einen Roman. Aber eigentlich lese ich lieber Bücher, in
denen beschrieben wird, warum bestimmte Leute bestimmte Dinge getan haben.
Richtig interessant fand ich zum Beispiel die Biographie von Miles Davies. Das Buch
hat mir ganz neue Erkenntnisse verschafft.
Das Thema Miles Davis lag ihm am Herzen. Anfang der 90er Jahre hatte er eine
eigene Version des Davies Klassikers „Blue in Green“ aus dessen Album „Kind of
Blue“ aufgenommen. An dem Text hatte Jarreau über Jahre gearbeitet.
Blue in Green Part 1
2009 brachte die Schriftstellerin Carmen Rubin das Kinderbuch „Ashti meets Birdman
Al“ heraus, zu dem sie von Al Jarreaus Musik inspiriert worden war. Er unterstützte
die Autorin mit Lesungen und setzte sich auch für bessere Bildungsprogramme ein.
Diese sollte man ruhig auch den Politikern im US Kongress angedeihen lassen,
witzelte er kürzlich in einer US TV Sendung. Es täte ihnen sicher gut, wenn sie ihren
Horizont erweiterten.
Als Rehabilitationshelfer hatte er in den 70er Jahren versucht, körperlich versehrte
Menschen in die Arbeitswelt einzugliedern. Wünschte er sich manchmal in diesen
Beruf zurück?
Nein, sagte er. Und ich denke auch, dass ich heute ein besserer Sozialarbeiter bin,
als ich es in meiner aktiven Zeit in dem Beruf je war.
O-Ton
Sie sollten mal meine Mails lesen. „Vielen Dank, Al, diesen Song konnte ich gut
gebrauchen.“ „Danke, Al, dein Song hat mich letztes Jahr durch eine wirklich
schwierige Phase gerettet.“ „Danke Al, bitte schreib weiter! Wir brauchen deine
Musik!“
Insofern gäbe es eine Parallele zwischen beiden Jobs, sagte er. Er habe immer den
Drang gehabt, Menschen zu helfen. Und auch mit Musik könne man schließlich
heilen.
8
Cold Duck
„Cold Duck„ aus dem Album „Accentuate the positive“, das Jarreau 2004
veröffentlichte und auf dem er sich nach langer Zeit wieder dem Jazz zuwandte. Er
schrieb auch den Text zu diesem Song.
2014 brachte er die CD „My Old Friend: Celebrating George Duke“ heraus, die in den
USA Platz Eins der Jazz Charts erreichte. Damit schloss sich der Kreis, der 1965 mit
einer von Duke mitgeschnittenen Aufnahme eines gemeinsamen Konzertes in San
Francisco begonnen hatte. Duke starb 2013. Jarreau schätzte ihn als Menschen und
als sehr vielseitigen Musiker.
Zwar habe ihn der Tod seines Freundes sehr getroffen. Aber Angst vor dem eigenen
Tod plage ihn nicht sehr, versicherte er. Schließlich sei ja mit dem Tod nichts zu
Ende. Er war sich sicher: Wenn wir sterben, gehen wir nur in einen anderen Zustand
über. Gott verliert nichts.
Alles kommt von irgendwo und geht irgendwo hin. Und unsere Mission ist es, aus
dem, was uns das Leben bringt, zu lernen und das Beste draus zu machen.
Das war SWR2 Tandem – mit einer Sendung anlässlich des Todes des US Musikers
Al Jarreau - von und mit Christiane Rebmann.
Unser Podcast-und Newsletter-Angebot und die Liste der gespielten Musiktitel finden
sie im Internet unter SWR2.de/ Tandem.
Brazilian Love Affair
9