Umsatzsteuer-News

Aktuelles rund um das Umsatzsteuerrecht
Ausgabe 02 / Februar 2017
Umsatzsteuer-News
Inhaltsverzeichnis
Aus der Rechtsprechung .................................................................................................. 2
Berichtigung einer Rechnung durch Abgabe einer Abtretungserklärung ................. 2
Ort der Lieferung bei Versendung über Konsignationslager ................................. 3
Umsatzsteuerliche Organschaft: organisatorische Eingliederung ohne Personalunion,
wirtschaftliche Eingliederung ......................................................................... 3
Aus dem Ausland ................................................................................................................ 5
China: Auszahlung des Vorsteuerguthabens wird auf weitere Fälle ausgeweitet ....... 5
Indien: Einführung der GST zum 1. Juli 2017 erwartet ........................................ 5
Russland, Taiwan: Neues zur Besteuerung elektronischer Dienstleistungen ............ 5
Ihre Ansprechpartner ....................................................................................................... 6
Bestellung und Abbestellung .......................................................................................... 6
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Aus der Rechtsprechung
Berichtigung einer Rechnung durch Abgabe
einer Abtretungserklärung
Die (britische) Klägerin vermietete in den Jahren 2007 bis 2009 im Zusammenhang mit
Messen und Ausstellungen Standflächen im Inland, die sie zuvor von den Veranstaltern
angemietet hatte – unter anderem auch an eine im Inland ansässige Firma (X). In den an
die X gerichteten Rechnungen wies die Klägerin deutsche Umsatzsteuer offen aus. Das
Finanzamt stellte fest, dass nicht die Klägerin, sondern die X als Leistungsempfängerin im
Reverse-Charge-Verfahren die Steuer schuldete. Die durch die Klägerin offen ausgewiesene Steuer wurde nach Auffassung des Finanzamts nach § 14c Abs. 1 Umsatzsteuergesetz
(UStG) geschuldet. Später machte die Klägerin geltend, dass sie diese Umsatzsteuer nicht
länger schulde, weil sie ihre Rechnungen berichtigt habe und auf diesen berichtigten
Rechnungen keine Umsatzsteuer mehr ausweise. Hinsichtlich des streitigen Falls der X
gelangte das Finanzamt aber zum Ergebnis, dass die Klägerin zwar die Rückzahlung durch
Abtretungsanzeige nachgewiesen habe, der Zugang der berichtigten Rechnungen durch
die X jedoch nicht bestätigt worden sei.
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) handelte es sich bei den von der Klägerin
gegenüber der X ausgestellten Rechnungen um Rechnungen im Sinne des § 14c Abs. 1
UStG. Weist der leistende Unternehmer in einer Rechnung Umsatzsteuer offen aus,
obwohl der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist, schulde der leistende Unternehmer
die Steuer. Die Klägerin habe den Steuerbetrag dieser Rechnungen jedoch berichtigt. Zur
Berichtigung müssten die fehlenden oder unzutreffenden Angaben in einem Dokument,
das spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist, berichtigt werden. Die Berichtigung des Steuerbetrags müsse durch den Leistenden gegenüber dem Leistungsempfänger erfolgen. Voraussetzung dafür sei lediglich, dass dem Leistungsempfänger eine hinreichend bestimmte, schriftliche Berichtigung der Rechnung zugeht. Die Rückgabe der
ursprünglichen Rechnung sei nicht erforderlich. Bei der Auslegung der Berichtigungserklärung seien die Bedürfnisse des Geschäftsverkehrs zu beachten. Deshalb genüge zum
Beispiel für eine wirksame Berichtigung eine Erklärung des Leistenden, dass der ursprüngliche Steuerausweis nicht mehr wirksam sein soll, oder eine „Korrekturmitteilung“
durch Angaben auf einem Überweisungsträger, wenn die Angaben zum Ausdruck bringen,
dass der in der Erstrechnung ausgewiesene Steuerbetrag berichtigt wird und die
Überweisung dem Empfänger zugeht.
Nach alldem sei eine Korrektur der Rechnung in der Abtretungsanzeige erfolgt. Aus ihr
habe sich spezifisch und eindeutig ergeben, dass die Klägerin bereit war, der X die zu
Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer im Wege der Abtretung eines Anspruchs der
Klägerin gegen das Finanzamt zurückzuerstatten, weil sie, die Klägerin, ihre Leistungen
nunmehr nur noch ohne Umsatzsteuer abrechnen wollte. Diese Auslegung wird nach
Meinung des BFH nicht zuletzt durch den engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen der Aufforderung der X, die Rechnungen zu berichtigen, und der drei Tage
später erfolgten Abtretung des nämlichen Betrags an die X bestätigt.
Der Rechnungsberichtigung der Klägerin kam nach Meinung des BFH aber keine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnungen an die X zu. Die Rechnungsberichtigung wirke erst für den Besteuerungszeitraum der Berichtigung ohne Rückwirkung auf den Besteuerungszeitraum der Rechnungserteilung. Jede andere Auslegung sei
mit dem Normzweck des § 14c UStG, einer Gefährdung des Steueraufkommens durch
einen unzutreffenden Steuerausweis in Rechnungen entgegenzuwirken, nicht zu
vereinbaren. Auch die jüngste Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache „Senatex“,
der sich der BFH bereits angeschlossen hat, führe zu keiner anderen Beurteilung.
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Für die Rechnungskorrektur gelten die gleichen Anforderungen an Form und Inhalt wie
in § 14 UStG, was aber nicht bedeutet, dass ein Korrekturdokument alle Angaben des § 14
Abs. 4 UStG enthalten muss. Der BFH hatte bisher die Frage offen gelassen, ob auch ein
Steuerausweis im Reverse-Charge-Verfahren als Steuerschuld im Sinne des § 14c Abs. 1
UStG anzusehen ist, schloss sich in diesem Urteil nun aber der Auffassung (insbesondere)
der Finanzverwaltung an. Das Finanzamt hatte außerdem geltend gemacht, eine Rückzahlung der Umsatzsteuer im Sinne des § 14c UStG könne nicht durch Abtretung, sondern
nur in bar oder durch Überweisung erfolgen. Der BFH hielt diese Auffassung für nicht
korrekt, ließ aber offen, ob auch im Falle des § 14c Abs. 1 UStG eine wirksame Berichtigung des Steuerbetrags gegenüber dem Finanzamt nicht nur die Berichtigung der Rechnung, sondern auch die Rückzahlung der Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger
voraussetzt – hier war sie in Form der Abtretung erfolgt.
Fundstelle: BFH XI R 43/14, Urteil vom 12. Oktober 2016, abrufbar unter
www.bundesfinanzhof.de
Ort der Lieferung bei Versendung über
Konsignationslager
Nach Auffassung der Finanzverwaltung führt die Beschickung eines im Inland gelegenen
Konsignationslagers aus dem EU-Ausland zu einer innergemeinschaftlichen Verbringung,
auf die bei Entnahme der Ware eine Inlandslieferung an den Abnehmer folgt. Dies sind
zwei verschiedene umsatzsteuerliche Vorgänge, die den ausländischen Lieferer zu einer
umsatzsteuerlichen Erfassung im Inland zwingen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun
unter gewissen Bedingungen die Möglichkeit eingeräumt, beide Transaktionen als eine
einzige Direktlieferung zu behandeln, womit im Einzelfall eine Registrierungspflicht im
Inland entfallen kann. Zu diesen Bedingungen zählen, dass der Abnehmer von Anfang an
feststeht und lediglich eine „kurze“ Unterbrechung des Versendungsvorgangs erfolgt.
Noch sind aber Einzelheiten unklar und die Verwaltung hat ihre Auffassung noch nicht
geändert. Nähere Informationen finden Sie in Ausgabe 2 unseres Newsflashs Umsatzsteuer aktuell vom Februar 2017.
Fundstelle: BFH V R 31/15, Urteil vom 20. Oktober 2016, abrufbar unter
www.bundesfinanzhof.de
Umsatzsteuerliche Organschaft:
organisatorische Eingliederung ohne
Personalunion, wirtschaftliche Eingliederung
Die Klägerin war eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Versorgung von Altenund Pflegeheimen mit Lebensmitteln und Dienstleistungen war. Vor 2005 waren ihre
Gesellschafter mit einem Anteil von 90 Prozent der Sohn S und mit einem Anteil von 10
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Prozent am Stammkapital dessen Mutter M. S hielt seinen Anteil im Innenverhältnis aber
lediglich als Treuhänder seines Vaters V. Vom Jahr 2005 an (dem Streitjahr) wurden die
Anteile an der Klägerin (und einer weiteren Gesellschaft) von der F-GmbH gehalten,
nachdem V (mit Einwilligung von S) und M. ihre Geschäftsanteile an den beiden Gesellschaften in die F-GmbH eingebracht hatten. Gegenstand dieses Unternehmens war das
einheitliche Halten und die einheitliche Verwaltung von Familienbeteiligungen unter
anderem an der Klägerin. Das Stammkapital der F-GmbH hielten zu 90 Prozent deren
einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer V und zu 10 Prozent M. S war einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin, wofür er kein festes Gehalt bezog. Er
hatte seinem Anstellungsvertrag zufolge Weisungen der Gesellschafterversammlung sowie
des V zu befolgen. Zur Vornahme von Handlungen, die über den „Abschluss von
Verträgen und Geschäften jeder Art, die im Einzelfall Verpflichtungen von mehr als 1.000
Euro für die Gesellschaft mit sich bringen oder welche die Gesellschaft ohne Rücksicht auf
den Wert länger als ein Jahr verpflichten“, bedurfte es der ausdrücklichen Einwilligung
der Gesellschafterversammlung der Klägerin, die aus der von V beherrschten F-GmbH
bestand. S kümmerte sich nicht um die Geschäfte des Firmenkomplexes der Familie,
sondern überließ diese „gänzlich und ohne Einschränkung“ V, der von der Klägerin als
Angestellter ein Gehalt bezog. Die Klägerin meinte, in das Unternehmen der F-GmbH als
Organträgerin eingegliedert zu sein. Das Finanzamt war der Auffassung, dass dies nicht
der Fall gewesen sei.
Der Bundesfinanzhof (BFH) fand hingegen, dass eine organisatorische Eingliederung der
Klägerin vorgelegen habe. Eine organisatorische Eingliederung liege regelmäßig vor, wenn
Personenidentität in den Leitungsgremien von Organträger und Organgesellschaft besteht. In Ausnahmefällen könne eine organisatorische Eingliederung aber auch ohne
personelle Verflechtung in den Leitungsgremien des Organträgers und der Organgesellschaft vorliegen. Voraussetzung dafür sei, dass institutionell abgesicherte unmittelbare
Eingriffsmöglichkeiten in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung der Organgesellschaft gegeben sind. Eine bloß faktische Geschäftsführung genüge dagegen nicht. Der
Organträger müsse durch schriftlich fixierte Vereinbarungen (zum Beispiel Geschäftsführerordnung, Konzernrichtlinie) in der Lage sein, gegenüber Dritten seine Entscheidungsbefugnis nachzuweisen und den Geschäftsführer der Organgesellschaft bei Verstößen
gegen seine Anweisungen haftbar zu machen.
Nach dem Gesamtbild der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse habe im vorliegenden Falle die F-GmbH mittels V die Klägerin durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrscht. Zwar sei S zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Klägerin bestellt worden, doch habe er Weisungen der Gesellschafterversammlung sowie des V
zu befolgen gehabt. In der Gesellschafterversammlung hätte S sich nicht durchsetzen
können, da die Geschäftsanteile der Klägerin zum größten Teil mittelbar von V gehalten
worden seien. V führte anstelle des nominell bestellten Geschäftsführers S die Geschäfte
der Klägerin. Außerdem sei die Klägerin wirtschaftlich in die F-GmbH eingegliedert
gewesen. Die F-GmbH habe unter anderem gegenüber der Klägerin Beratungsleistungen
erbracht. Die Annahme einer Organschaft erfordere nicht, dass alle drei Eingliederungsmerkmale gleichermaßen feststellbar sind. Ob tatsächlich eine Organschaft vorliegt,
konnte der BFH jedoch nicht abschließend entscheiden, weil unklar war, ob die F-GmbH
(um Organträgerin sein zu können) tatsächlich Unternehmerin war.
Eine Personalunion bestand hier also nicht – der nominelle Geschäftsführer der Tochtergesellschaft übte im Familienkonzern keine weitere Funktion aus. Kurz, hier hatte sich ein
faktischer Geschäftsführer an die Stelle des nominellen Geschäftsführers gesetzt, institutionell abgesichert zumindest durch ein Weisungsrecht. Der nominelle Geschäftsführer
konnte de facto keine bedeutenden Geschäfte tätigen. Das genügt dem BFH als institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeit in den Kernbereich der laufenden
Geschäftsführung der Organgesellschaft.
Die Unternehmereigenschaft war trotz der Beratungsleistungen nicht gesichert: Dies ist
offenbar dem Umstand geschuldet, dass die F-GmbH ihren Untergesellschaften erst nach
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dem Streitjahr über diese Leistungen Rechnungen erteilte und das Finanzamt deshalb die
Entgeltlichkeit infrage stellte. Den BFH scheint dieser Umstand aber eben nur in Hinblick
auf die Unternehmereigenschaft der F-GmbH, nicht aber in Bezug auf die wirtschaftliche
Eingliederung zu stören.
Fundstelle: BFH XI R 30/14, Urteil vom 12. Oktober 2016, abrufbar unter
www.bundesfinanzhof.de
Aus dem Ausland
China: Auszahlung des Vorsteuerguthabens
wird auf weitere Fälle ausgeweitet
Obgleich in China der Vorsteuerabzug grundsätzlich möglich ist, wird ein Guthaben nur in
bestimmten Fällen, etwa bei Ausfuhren, auch ausgezahlt. In den meisten anderen Fällen
wird ein Guthaben vorgetragen und gegen spätere Zahllasten aufgerechnet. Ein Erlass hat
nun für bestimmte Umsätze in Zusammenhang mit Passagierflugzeugen eine Auszahlung
des Vorsteuerguthabens genehmigt. Diese Maßnahme geht mit einer Absenkung des
Mehrwertsteuersatzes für diese Aufwendungen auf 5 Prozent einher, sodass Steuerguthaben wahrscheinlicher werden.
Indien: Einführung der GST zum 1. Juli 2017
erwartet
Das ehrgeizige Vorhaben, eine bundesweite Mehrwertsteuer (Goods and Services Tax,
GST) bereits zum 1. April 2017 einzuführen, ließ sich nicht umsetzen. Allerdings hält sich
die Verzögerung offenbar in Grenzen: Nachdem sich die indische Bundesregierung mit
den Bundesstaaten in mehreren wichtigen Punkten einig wurde, scheint eine Einführung
zum 1. Juli 2017 realistisch zu sein.
Russland, Taiwan: Neues zur Besteuerung
elektronischer Dienstleistungen
Unternehmer, die bestimmte elektronische Dienstleistungen an in Russland ansässige
Verbraucher erbringen, müssen sich seit Jahresbeginn 2017 dort umsatzsteuerlich
registrieren lassen. Die russische Finanzverwaltung hat ein elektronisches Portal in
russischer und englischer Sprache bereitgestellt, über das sich Unternehmer steuerlich
erfassen lassen können. Nach erfolgter Registrierung soll man über dieses Portal als
„elektronisches Finanzamt“ auch Steuererklärungen einreichen und Zahlungen
überblicken können. Steuererklärungen sind dem Vernehmen nach bis zum 25. Tag nach
Ende des betreffenden Quartals einzureichen.
In Taiwan wird ein geändertes Unternehmenssteuergesetz zum 1. Mai 2017 in Kraft
treten. Damit verbunden ist die Einführung der Besteuerung von in Taiwan erbrachten
elektronischen Dienstleistungen zum selben Datum. Unternehmer, die solche Leistungen
an taiwanesische Kunden erbringen, müssen sich registrieren und Steuern abführen.
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