Vorabfassung - wird durch die lektorierte Fassung ersetzt.

Deutscher Bundestag
Drucksache 18/11176
18. Wahlperiode
15.02.2017
Antrag
der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Thomas Gambke, Renate
Künast, Dieter Janecek, Dr. Julia Verlinden, Ekin Deligöz, Anja Hajduk,
Britta Haßelmann, Dr. Tobias Lindner, Beate Müller-Gemmeke, Lisa Paus,
Brigitte Pothmer, Claudia Roth (Augsburg), Dr. Gerhard Schick, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Mehr für das Gemeinwohl – Steuerabzug für Managergehälter deckeln
Der Bundestag wolle beschließen:
I.
Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Es ist nicht gelungen, mit den freiwilligen Empfehlungen des Corporate Governance
Kodex überhöhte Managerbezüge wirksam zu begrenzen und am langfristigen Erfolg
des Unternehmens auszurichten. Die „Goldene Betriebsrente“ von Ex-VW-Vorstandchef Martin Winterkorn und die zweistellige Millionenabfindung an die VW-Vorständin Christine Hohmann-Dennhardt belegen dies prominent, sind aber keine Einzelfälle.
Die Vergütungen von Vorständen sind in den vergangenen Jahren nicht nur absolut,
sondern auch in Relation zu den Vergütungen der Beschäftigten erheblich gestiegen.
Einige Unternehmen zahlen ihren Vorstandsmitgliedern das Über-100fache des durchschnittlichen Lohns eines Facharbeiters. Diese überzogenen Bezüge haben zurecht
eine breite gesellschaftliche Debatte um die Angemessenheit von Vorstands- und Ruhegehältern ausgelöst.
Es handelt sich nicht nur um eine Vereinbarung zwischen einem Unternehmen und
einem Betriebsangehörigen. Vielmehr gehen solche Vereinbarungen auch zu Lasten
der Allgemeinheit, weil diese Zahlungen als Betriebsausgaben absetzbar sind und damit das Steueraufkommen schmälern. Öffentliche Gelder sollten für öffentliche Güter
eingesetzt werden und nicht überzogene Managerbezüge finanzieren. Der Gesetzgeber
muss deshalb umgehend seiner Steuerverantwortung nachkommen und ein klares
Stoppsignal setzen, damit solche exorbitanten Vertragskonditionen künftig nicht mehr
von der Allgemeinheit der Steuerzahlenden mitfinanziert werden.
Ein weiteres ungelöstes Problem sind Fehlanreize in den Vergütungssystemen. Wenn
Erfolge mit hohen Boni belohnt werden, Misserfolge aber auf die Allgemeinheit verlagert werden können, dann fördert dies kurzfristiges, risikoreiches Denken und Handeln in den Führungsetagen der Unternehmen. Das lehnen wir ab. Denn für die Risiken
zahlt auch hier am Ende der Steuerzahler. Wir wollen deshalb Chancen und Risiken
wieder stärker zusammenbringen. Dafür braucht es ein Gleichgewicht der Anreize. Die
Anreize in den Vergütungssystemen müssen so ausgerichtet werden, dass sie die nach-
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
haltige Wertsteigerung des Unternehmens und nicht kurzfristige Aktienkursentwicklungen belohnen. Flexible Gehaltsbestandteile müssen begrenzt und so ausgestaltet
werden, dass einer Beteiligung an den Erfolgen eines Unternehmens auch eine Verlustbeteiligung gegenübersteht.
Eine wirkliche Trendwende für angemessene und am langfristigen Unternehmenserfolg ausgerichtete Managerbezüge können nur verbindliche Regelungen bewirken.
II.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
gesetzliche Regelungen vorzulegen,
1. um die Mitfinanzierung von überhöhten Gehältern, Abfindungen und Versorgungszusagen durch die Bürgerinnen und Bürger zu begrenzen. Dazu soll
a) der Betriebsausgabenabzug von Abfindungen auf 1 Mio. Euro pro Kopf begrenzt werden. Verschiedenste Gestaltungsmöglichkeiten wie z. B. Übergangsgelder oder Aktienoptionen sollen in diese Grenze umfassend einbezogen werden;
b
der Betriebsausgabenabzug von Gehältern auf 500.000 Euro jährlich pro
Kopf begrenzt werden. Die Begrenzung gilt für alle fixen und variablen Gehaltsbestandteile;
c) die steuerliche Abzugsfähigkeit von Versorgungszusagen auf die gesetzlichen Rentenversicherungsbeiträge (Höchstsatz) von aktuell 76.200 Euro
jährlich pro Kopf begrenzt werden;
2. welche die Gehälter stärker am langfristigen Erfolg des Unternehmens orientieren. Dazu soll
a) das Gesamtgehalt höchstens zu einem Viertel variabel, also an den Erfolg
geknüpft sein. Davon sollten alle variablen Bestandteile wie z. B. Boni, Tantiemen und Aktienoptionen erfasst sein;
b) eine Erfolgsbeteiligung künftig grundsätzlich an den langfristigen Erfolg des
Unternehmens anknüpfen. Das bedeutet z. B., dass Aktienoptionen erst nach
fünf Jahren ausgeübt werden dürfen und dass der Bezugswert nicht unter
dem Aktienkurs zum Zeitpunkt der Ausgabe der Aktienoptionen liegen darf;
c) einer Erfolgsbeteiligung auch eine Beteiligung an den Verlusten des Unternehmens gegenüberstehen;
d) der Aufsichtsrat bei der Bemessung der Vorstandsgehälter ausdrücklich
dazu verpflichtet sein, das Verhältnis der Vorstandsgehälter zum oberen
Führungskreis und der gesamten Belegschaft in angemessener Weise zu berücksichtigen. Zudem soll diese Relation im Anhang des Jahresabschlusses
einer Kapitalgesellschaft veröffentlicht werden, um für mehr Transparenz
zu sorgen.
Berlin, den 14. Februar 2017
Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
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