Makro Research Volkswirtschaft Aktuell

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Volkswirtschaft Aktuell
Donnerstag, 9. Februar 2017
Deutschland: Ein starkes Quartal mit fadem Ausklang
‡ Man hatte es sich anders vorgestellt und auch anders erwartet. Zum Jahresausklang waren die meisten Konjunkturindikatoren schwach.
‡ Mit Ausnahme der Auftragseingänge enttäuschten alle Industrieindikatoren. Auch die Bauproduktion zeigte sich schwach,
ebenso die Warenausfuhr und der Einzelhandelsumsatz.
‡ Nahezu alles spricht für eine Sondersituation. So waren und sind die deutschen Frühindikatoren in einer starken Verfassung,
die globale Konjunktur erholt sich. Möglicherweise waren im Dezember negative Arbeitstageffekte am Werk.
‡ Die Gesamtbilanz des Schlussquartals 2016 bleibt gut, doch die deutsche Volkswirtschaft startet mit einem statistischen Unterhang in das neue Jahr.
1.
Entgegen der allgemeinen Unternehmensstimmung entwickelte sich der Dezember zu einem kleinen „Katastrophenmo-
nat“. Dabei begann der Reigen der Konjunkturindikatoren mit den Auftragseingängen der Industrie sogar recht hoffnungsvoll. Diese legten um 5,2 % gegenüber dem Vormonat (mom) zu, immerhin das höchste Plus seit Sommer 2014. Doch
man musste gar nicht so genau hinschauen, um sich ein realistischeres Bild zu machen. Zum einen schwankten die Auftragseingänge in den letzten Monaten extrem stark: So folgten auf ein Minus im September ein 5 %-iger Anstieg im Oktober, ein 3,6 %-iger Rückgang im November und nun schließlich besagtes Plus. Ferner fällt die Bilanz schon recht nüchtern
aus, wenn man die schwankungsanfälligen Großaufträge herausrechnet. Dann verbleibt nur noch ein Anstieg um
0,4 % mom. Immerhin haben sich die Auftragsbücher über das gesamte Quartal gesehen so gut wie seit Jahren nicht mehr gefüllt, und das mit und ohne Großaufträge.
2.
Am gleichen Tag wurden auch die Industrieumsätze gemeldet, und sie deuteten mit einem deutlichen Rückgang um
2,7 % mom schon an, was am Folgetag die Produktionsdaten nachvollziehen sollten. Vor allem die Auslandsumsätze gingen
deutlich um 4,5 % mom zurück, trotz der hervorragenden globalen Frühindikatoren.
3.
Die Industrieproduktion sank dann auch prompt um 3,4 % mom – immerhin der stärkste Rückgang seit der globa-
len Finanzkrise. Am deutlichsten ging die Ausbringung bei den Investitionsgüterproduzenten zurück (-5,4 % mom), was in
erster Linie einer schwachen Auslandsnachfrage geschuldet war. Doch mit Ausnahme der Gebrauchsgüterproduzenten wurden
auch für alle anderen industriellen Hauptgruppen rote Zahlen gemeldet. Möglicherweise war ein paradoxer Arbeitstageeffekt am Werk. Normalerweise geht man davon aus, dass in feiertagsbedingt kurzen Arbeitswochen an den Brückentagen
Urlaub genommen wird. Dieses Mal lagen die Weihnachtsfeiertage zwar sehr ungünstig dafür. Denkbar ist aber, dass dennoch
wegen Weihnachten sehr viele Arbeitnehmer Urlaub genommen haben, sodass die Betriebe sogar länger als sonst an Weihnachten geschlossen blieben. Das würde den ungewöhnlich schwachen Produktionswert erklären.
Übersicht über die Oktober-Indikatoren (mom, qoq, in%)
0,8
2,0
60
1,1
1,5
4,0
2,9
3,4
3,9
6,0
0,3
6,7
Indexpunkte
65
6,1
8,0
Deutscher Einkaufsmanagerindex Industrie
55
Über-/Unterhang für Q1
Quellen: Destatis, DekaBank
Dez
-0,9
-1,2
45
Einzelhandelsumsatz
Industrie-2,7
umsatz
Auftragseingang
Ausland
-2,0
-1,4
-0,7
50
Auftragseingang
Inland
Industrie-3,4
produktion
-4,0
-2,1
-2,0
Bauproduktion
-0,2
0,0
40
35
30
derzeitiger Stand Q4
06
07
08
09
Quellen: Markit, DekaBank
10
11
12
13
14
15
16
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4.
Auch die Bauproduktion gab im Dezember nach (2,0 % mom), dennoch konnte die Bauwirtschaft das vierte Quartal
mit einem soliden Plus von 1,5 % qoq abschließen. Es steht allerdings zu befürchten, dass die äußerst kalte Witterung im Januar deutliche Bremsspuren hinterlassen wird. Das produzierende Gewerbe insgesamt drosselte seine Produktion im Dezember
um 3,0 % mom.
5.
Mit den Außenhandelszahlen gingen die schlechten Nachrichten im Dezember weiter. Wie schon die Auslandsumsätze
der Industrie angedeutet hatten, sank die Warenausfuhr deutlich um 3,0 % mom, während die Einfuhr stagnierte. Damit
bremste der Außenbeitrag nicht nur im Dezember, sondern auch im Gesamtquartal die konjunkturelle Entwicklung.
6.
Enttäuschend war auch das derzeitige Paradepferd der Konjunktur – der Einzelhandel. Trotz guter Berichte vom
Weihnachtsgeschäft sanken die Umsätze der Einzelhändler nicht nur im November (-1,7 % mom), sondern auch im Dezember
(-0,9 % mom). Dass es dennoch zu einem leichten Plus im Quartalsvergleich kam, lag vor allem an dem starken Oktober. Man
sollte in diesem Zusammenhang aber auch die Revisionsanfälligkeit der Einzelhandelsumsätze berücksichtigen. Es ist
nicht das erste Mal, dass die Einzelhändler von einem guten Weihnachtsgeschäft, die Statistiker dagegen von sinkenden Umsätzen berichteten. Zumeist wurden die Umsatzzahlen später deutlich nach oben revidiert.
7.
Insgesamt haben die zumeist sehr schwachen Konjunkturindikatoren im Dezember das Bild eines guten Quar-
tals zwar getrübt, aber nicht gekippt. Dafür waren die Nachrichten in den Vormonaten zu gut. Wir gehen daher weiter von
einem gesamtwirtschaftlichen Wachstum von ½ % qoq aus. Allerdings startet die deutsche Konjunktur mit angezogener
Handbremse in das neue Jahr. Der statistische Unterhang, der auf Basis der Konjunkturindikatoren ebenfalls ½ % qoq beträgt, muss erst einmal ausgeglichen werden. Das könnte durchaus gelingen, denn die konjunkturellen Rahmenbedingungen
sind trotz der gestiegenen Unsicherheit nach wie vor gut.
Autor:
Dr. Andreas Scheuerle
Tel.: 069/7147-2736, E-Mail: [email protected]
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