Ermüdungsbemessung im Spannbetonbau - E

Ermüdungsbemessung im Spannbetonbau
Autor(en):
König, Gert / Sturm, Roland
Objekttyp:
Article
Zeitschrift:
IABSE reports = Rapports AIPC = IVBH Berichte
Band (Jahr): 57/1/57/2 (1989)
PDF erstellt am:
06.02.2017
Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-44255
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Ermüdungsbemessung im
Fatigue Design of Prestressed
Dimensionnement ä la fatigue de const
Gert KONIG
Prof. Dr.-Ing.
Technische Hochschule
Darmstadt, BR Deutschland
r\
#*&*'
,.,,!¦
Roland STURM
Dipl.-Ing.
Technische Hochschule
Darmstadt, BR Deutschland
ERMÜDUNGSBEMESSUNG IM SPANNBETONBAU
488
1. EINLEITUNG
In der Vergangenheit wurde bei der Bemessung von vorgespannten
Konstruktionen der Ermüdung nur wenig Bedeutung beigemessen, da
der Vorspanngrad in der Regel so gewählt wurde, daß die Konstruk¬
tion im Zustand I verbleibt. Eine Ermüdungsbemessung wurde ledig¬
lich für die Verankerungen und Kopplungen der Spannglieder für
notwendig erachtet, da an diesen Stellen die Ermüdungsfestigkeit
deutlich abfällt gegenüber derjenigen des Spannglieds auf freier
Strecke.
Untersuchungen in den letzten Jahren zeigten jedoch, daß nicht nur
Verankerungen und Kopplungen ermüdungsgefährdet sein können,
sondern auch die Spannglieder selbst.
Dieser Beitrag erläutert in kurzer Form zunächst einige Aspekte,
die insbesondere bei teilweise vorgespannten Konstruktionen zu
berücksichtigen sind. Anschließend erfolgt eine kurze Beschreibung
des
für
den
MC
90
vorgeschlagenen Nachweiskonzeptes.
2. EINFLUSS DES VORSPANNGRADES AUF DIE ERMÜDUNGSBEANSPRUCHUNG
Der prinzipielle Zusammenhang zwischen Vorspanngrad und Ermüdungs—
beanspruchung ist in Bild 1 dargestellt. Es verdeutlicht, daß bei
die unter Gebrauchslasten den
vorgespannten Konstruktionen,
Zustand II erreichen, die Schwingbreite der Spannungen deutlich
die im Zustand I
größer wird als bei solchen Konstruktionen
verbleiben.
M
1
A1
A2<1
"AM inf./
Verkehi
Mr
"X
Aa
Dekompr.
max M
AG
Bild
1: Zusammenhang zwischen Vorspanngrad x
und Ermüdungsbeanspruchung
Dies ist jedoch nicht nur bei planmäßiger teilweiser Vorspannung
der Fall.
Viele Konstruktionen die nach den Regeln der
beschränkten oder vollen Vorspannung bemessen wurden, weisen
infolge falscher Einschätzung der Temperatureinflüsse, der Eigen—
Spannungen oder der Setzungen Risse auf.
G.KÖNIG —R.STURM
489
3. REIBKORROSION
Ermüdungsverhalten von Spanngliedern in teilweise vorge¬
spannten Konstruktionen wurde in den letzten Jahren im Rahmen
mehrerer Forschungsvorhaben untersucht (1),(2),(3). Die Ergebnisse
zeigen eindeutig, daß die Ermüdungsfestigkeit durch Reibkorrosion
Das
deutlich reduziert wird. Reibkorrosion kann an solchen Stellen
auftreten, wo zwei metallische Partner hohem Querdruck ausgesetzt
sind und sich relativ zueinander bewegen.
In teilweise vorgespannten Konstruktionen bilden Spannstahl und
metallisches Hüllrohr die beiden Partner, der hohe Querdruck
entsteht in den Bereichen mit großen Spanngliedkrümmungen. Die
Relativbewegung erfolgt durch das öffnen und Schließen der Risse
in diesen Bereichen.
Die Versuchsergebnisse (Tabelle 1) zeigen, daß Reibkorrosion die
Ermüdungsfestigkeit bis zu 50% reduzieren kann.
Dauerschwingfestigkeit für
<r0
0, 55
•
ß,
nachV ersuchen mit
Spannstahlsorte
1
St 1080/12*0; 026,6 mm
bezogene
zulässige
nach
freien
Reibdauer-
Dauerschwing¬
Schwingbreite nach
Zulassung
Proben
beanspruchung
festigkeit
DIN 4227 Teil 2
l<r*z
2-<raJr
2<raÄ
^aRl^aF
2
S
4
5
6
[Nimm2]
[Nimm2]
[N/mm2]
H
[Nimm2]
240
286
Mü: 200
0,70
96
0,44
1*6
0,4-2<raZ <
140
Aa: -
rund, gerippt
St 1420/1570; 012,2 mm
540
*90
Aa: 170
vergütet, rund, glatt
St 1470/1670; 07,0 mm
565
350
kaltgezogen, rund, glatt
St 1570/1770; 015,* mm
Mü: 176
260
250
Spannstahllitze
Mü: -
140
Aa: 160
0,46
Mü: 150
0,64
104
Aa: 170
Mü: Ergebnisse von Versuchen an der TU München
Aa: Ergebnisse von Versuchen an der RWTH Aachen
Tabelle 1: Versuchsergebnisse (1),(2)
In einigen Versuchen (3) wurden anstatt der üblichen metallischen
Hüllrohre, Kunststoffhüllrohre verwendet, wodurch das Ermüdungs—
verhalten deutlich verbessert werden konnte.
ERMÜDUNGSBEMESSUNG IM SPANNBETONBAU
490
4.
SPANNUNGSUMLAGERUNG
BEI GEMISCHTER
BEWEHRUNG
Üblicherweise werden die
Spannungen
Querschnitt mit der Annahme ermittelt,
in
einem
gerissenen
die Dehnungen sich
proportional zum Abstand von der Nullinie verhalten. Dies
bei gemischter Bewehrung in der Regel nicht zu. Der Spannstahl mit
seinen meist schlechten Verbundeigenschaften erfährt im Riss
geringere Dehnungen als ein auf gleicher Höhe liegender
Betonstabstahl (Bild 2)
daß
trifft
- Einzelriss
£)&5_.£^
Betonstah! (s)
- abgeschlossene
Spannstahl (p)
Rissbildung
fßpi.
'V
V^p
Beziehung zwischen Verbund—
Spannung ix) und Schlupf (v)
Bild
2: Zusammenwirkung von Betonstabstahl
und Spannstahl bei Rissbildung (4)
Bei teilweiser Vorspannung können die tatsächlich auftretenden
Spannungen wie folgt ermittelt werden:
Zunächst muß die gesamte Zuggurtkraft Zg im Schwerpunkt der
Stahleinlagen bestimmt werden, wobei die Betonzugfestigkeit zu
vernachlässigen
ist (Bild 3).
-Hh^
£fc
7
Ac
3
:
d
-Sr
V
-* zP
s
ZG
Bild
M
N
T»
ÖSR'AS+ ÖÖPR'AP
Ermittlung der"Zuggurtkraft
Z«
am
gerissenen Querschnitt
G.KÖNIG —R.STURM
491
dieser Zuggurtkraft ergeben sich dann die Spannungen im
Betonstabstahl osr und der Spannungszuwachs im Spannstahl 5opr zu:
Aus
Osr
5opR
mit
-
Z,
+
As
AP
+ AP
As
fct
ii
Ab
ds
dp
+
+
0.3
°-3
As
ii
+
As
fc
•
•
+
li
i
i
•
•
A]p
As
jt
As
AP
7
+
l
•
A,
Ab-eff
(1)
A„,«ff
(2)
3«b- (h-d)
Durchmesser des Betonstahls
Durchmesser des Spannstahls
eff
(für Spannstahlbündel
i
ffit
L-^Jj,
As +
AP
AP
Betonzugfestigkeit
i • (d8 /dp
1.6 /Av mit
werden:
i
i
•
•
muß
ein Ersatzdurchmesser gewählt
Fläche des Spannstahlbündels)
Av
0,2 für glatte Spannstähle
0,4 für Litzen
0,6 für profilierte Spannstähle
0,6 für Litzen
0,8 für profilierte Spannstähle
1
Jf
1
>
für
Vorspannung
mit nachträglichem
Verbund
für Vorspannung
mit sofortigem
Verbund
Bei vollkommen gleichen Verbundeigenschaften von Betonstahl und
Spannstahl (ti=1 in Gl. 1 u. 2) erfährt der Spannstahl keine Ent¬
lastung. Dies kann in Spanngliedkrümmungen der Fall sein, wenn der
Querdruck für hohe Reibungskräfte sorgt.
-
KONZEPT DES MC 90
5. ERMÜDUNGSBEMESSUNG
Der Vorschlag sieht drei verschiedene Möglichkeiten vor, die im
folgenden für den Stahl beschrieben werden. Als Ausgangswert für
die Bemessung wird in allen 3 Fällen die unter Gebrauchslasten
ermittelte maximale Schwingbreite Ao benutzt. Sie ergibt sich aus
0.9 bzw. 1,1 f acher Vorspannung (je nach günstiger oder un¬
günstiger Wirkung der Vorspannung), aus den ständigen Lasten
(wirksamer Temperatureinfluß eingeschlossen) und dem ermüdungs—
wirksamen Verkehrslastanteil.
5.1 Dauerfestigkeitsnachweis
Ein detaillierter Ermüdungsnachweis
folgende Bedingung eingehalten ist:
max äo
wobei:
AG
max Ao
AOr
lfsd
r
ffM
:
•
ffs
d
muß
«$
nicht geführt werden,
Aor
wenn
/ tfM
maximale Schwingbreite der Stahlspannungen
unter Gebrauchslasten
vorgegebene Werte für die Dauerfestigkeit
Teilsicherheitsbeiwerte für Last bzw. Festigkeit
ERMÜDUNGSBEMESSUNG IM SPANNBETONBAU
492
5.2 Zeitfestigkeitsnachweis
Dieser Nachweis berücksichtigt die angestrebte Lebensdauer und ist
dadurch etwas präziser als der Dauerfestigkeitsnachweis. Für die
einzelnen Materialien und Verbindungen werden charakteristische
Wöhlerlinien vorgegeben, aus denen für eine gegebene Last—
wechselzahl n die ertragbare Schwingbreite Aor (n) ermittelt werden
kann. Es
ist
nachzuweisen daß:
max Ao • ffs
d
<:
aor (n)
/
ö~m
5.3 Betriebsfestigkeitsnachweis
Betriebsfestigkeitsnachweis berücksichtigt neben der ange¬
strebten Lebensdauer auch das tatsächlich einwirkende Last—
Spektrum. Ausgehend von der Palmgren-Miner Hypothese wird eine
Schädigung D ermittelt und mit einem zulässigen Wert verglichen:
Der
ns d
nRd i
1
D
Z
l
N<
Dl i
m
i
Bei diesem Nachweis wird die Belastung in verschiedene Klassen
eingeteilt mit den jeweiligen Lastwechselzahlen nsdi. Aus der
Spannungsschwingbreite jeder Klasse (Aoi) wird dann über die
Wöhlerlinie unter Berücksichtigung der Teilsicherheitsbeiwerte die
zugehörige ertragbare Lastwechselzahl nRdi ermittelt.
Es ist jedoch möglich, durch entsprechende Aufbereitung der Daten,
Bemessungshilfen zu erstellen, die eine einfache Durchführung des
Nachweises erlauben.
Für Kranbahnträger
ist eine derartige
Aufbereitung bereits erfolgt (5),(6), für Straßenbrücken wird sie
derzeit im Rahmen eines Forschungsvorhabens an der TH Darmstadt
durchgeführt.
LITERATUR
und TROST H., Investigation on the fatigue strength
of prestessing tendons under the special conditions of partial
prestressing. Research Workshop (A.R.W.) on Partial Pre¬
stressing, Paris 1984.
2. MÜLLER H.H., Prüfverfahren für die Dauerfestigkeit von Spann—
stählen. Bericht Nr. 1111 vom 2.5.1985, Lehrstuhl für
1.
CORDES H.
Massivbau,
TU München.
3. RIGON C. und THÜRLIMANN B., Fatigue Tests
Concrete Beams. Versuchsbericht Nr. 8101—1,
statik
on
Posttensioned
Institut für
Bau—
Zürich.
4. KÖNIG G. Berechnen und gezieltes Begrenzen von Rißbreiten im
Stahlbeton und Spannbeton. Vorträge Betontag 1985, Deutscher
Betonverein.
und
Konstruktion,
ETH
H.-CHR., Nachweis der Betriebsfestigkeit
"Kranbahnen aus Stahlbeton und Spannbeton;
Berechnung und Ausführung". Beton— und Stahlbetonbau, Heftl,
1982, S.12-19.
6. GERHARDT H.-CHR., Zur Betriebsfestigkeit im Stahlbeton- und
Spannbetonbau. Dissertation, Darmstadt, 1984.
5. KÖNIG G. und
gemäß
DIN
GERHARDT
4212