31. Januar 2017

KINO VOR ORT
Stadthalle Hofgeismar
16:00 Uhr:
ROBBI, TOBBI UND DAS FLIEWATÜÜT
© Studiocanal
Der 1967 publizierte Kinderbuchklassiker „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ von Boy
Lornsen wurde schon 1972 als Puppenfilm-Serie des WDR adaptiert. Der im
Kinderfilmbereich versierte Wolfgang Groos, bekannt für die ersten beiden
„Vampirschwestern“-Teile und „Rico, Oskar und das Herzgebreche“, verfilmt die
Geschichte über die Freundschaft eines Jungen zu einem Roboter nun in einer
modernisierten Variante. Inhaltlich wandelt die Drehbuchadaption von Jan Berger
(„Wir sind die Nacht“) auf klassischen Kinderfilmpfaden, wenn der Außenseiter Tobbi
durch die Kraft der Freundschaft den Glauben an sich selbst findet. Die leicht
verständliche Botschaft verpackt Groos in ein kurzweiliges Abenteuer, das ein
Publikum ab fünf Jahren avisiert.
Der 10-jährige Außenseiter Tobbi Findteisen (Arsseni Bultmann) wird in der Schule
gemobbt. In seiner Freizeit erfindet er praktische Dinge wie einen Geschirrspüler, der
das Geschirr automatisch vom Tisch räumt und spült. Tobbis neuste Erfindung ist
das „Fliewatüüt“, ein Multifunktionsfahrzeug, das fliegen, im Wasser schwimmen und
als Auto (tüüt) über Land fahren kann. Zusammenbauen kann Tobbi das Gerät mit
seinen zwei linken Händen allerdings nicht, dafür wäre er auf die Hilfe seiner Mutter
(Jördis Triebel) angewiesen, die als Mechanikerin an Autos und Motorrädern
schraubt. Doch anders als sein Vater (Ralph Caspers) findet die Mutter, dass Tobbi
statt Sachen zu erfinden lieber Freunde finden soll. (Christian Horn)
Deutschland, Belgien 2016; Regie: Wolfgang Groos, nach dem Kinderbuch von Boy
Lornsen
Darsteller: Arsseni Bultmann, Friedrich Mücke, Sam Riley, Alexandra Maria Lara,
Jördis Triebel, Ralph Caspers, Melina Mardini, Bjarne Mädel, 105 Min., ab 0 J.
Eine wunderschöne und fantasievolle Neuverfilmung eines wahren Klassikers, die
alten und neuen Fans der Geschichte viel Vergnügen bereiten wird.
19:30 Uhr : PAULA – MEIN LEBEN SOLL EIN FEST SEIN
©Pandora
Das Drama über das kurze, wilde Leben der Paula Modersohn-Becker zeigt eine
lebenshungrige Frau, die gegen alle Konventionen um 1900 herum als Künstlerin
arbeitet.
Carla Juri liefert als Paula eine intensive Interpretation der Malerin als
leidenschaftliche, spontane Frau. Im Vordergrund steht ihre Beziehung zum Kollegen
und späteren Ehemann Otto Modersohn (Albrecht Abraham Schuch). .Christian
Schwochow inszeniert formgewandt und in teils wunderbaren Bildern (Kamera: Frank
Lamm) nach einem Drehbuch, das mit der heißblütigen Hauptfigur nicht mithalten
kann. Das Ergebnis ist ein Biopic mit Einblicken in eine spannende Epoche und ins
Leben einer Künstlerin, deren Werk bis heute strahlt.
Wenn etwas ungewöhnlich ist an diesem Film über eine ganz und gar ungewöhnliche
Frau, dann ist es Carla Juri und ihre intensive Spielweise: Sie vibriert förmlich vor
Lebensfreude und Lebenslust; ihre spontanen Gesten und Blicke, die manchmal
überraschend witzigen Kommentare, die sie mit liebenswerter, leicht rauer
Mädchenstimme hinwirft, und ihre ganze entschlossene, aufrechte Haltung machen
aus Paula eine intelligente, leidenschaftliche Frau auf der Suche nach Erfüllung,
sowohl in der Kunst als auch im Privaten. Carla Juri tut, was sie kann, und sogar ein
bisschen mehr, um das deutlich zu machen, doch das Drehbuch lässt ihr kaum eine
Chance. Zum einen war das Leben der Künstlerin nach allen Quellen deutlich
selbstbestimmter, als es hier dargestellt wird. Carla Juri wirkt zudem manchmal wie
ein ungezogenes Kind, was irgendwie unzeitgemäß ist. Vielleicht ist das die
Interpretation einer heutigen Zeiterscheinung, in der Kindlichkeit bei Erwachsenen
gelegentlich nicht nur geduldet wird, sondern auch als eine Art Qualitätsmerkmal gilt,
insbesondere bei Frauen. Zum anderen haben die Autoren offenbar versucht, einen
möglichst jugendfreien, aber dennoch feministisch irgendwie korrekten Film speziell
für den Leistungskurs Kunst der gymnasialen Oberstufe zu schreiben. So sind die
Dialoge des Öfteren ein bisschen lehrerhaft bemüht.
Dabei war die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert tatsächlich eine wilde Zeit, in der
ordentlich die Post abging, auch bei den Frauen und vor allem in der Kunstszene,
siehe Käthe Kollwitz, Alma Mahler und natürlich Paulas Freundin, Clara Westhoff. Da
wäre es gar nicht nötig gewesen, Paulas Rolle als Ehefrau und Mutter so sehr in den
Vordergrund zu stellen. Zusätzlich huscht hier und da auch noch
bildungsbürgerliches Wissen über die Leinwand, so wenn die (nicht genannte)
Camille Claudel auftaucht und sich die Kunstfans darüber freuen können, dass sie
sie erkennen.(Gabi Sikorski)
Deutschland, Frankreich 2016, Regie: Christian Schwochow, Darsteller: Carla Juri,
Albrecht Abraham Schuch, Roxane Duran, Joel Basman, Stanley Weber, Michael
Abendroth, Nicki von Tempelhoff, 123 Minuten, ab 12 J.