BuB-Monatsbrief - Bankrecht und Bankpraxis

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Nr. 12 • Dezember 2016
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines Bankrecht
BGH, 18.3.2016
Allgemeines Leistungsstörungsrecht – Eigentümer-Besitzverhältnis –
Konkurrenz
OLG Frankfurt, 3.5.2016 Gewerbliches Immobilienrecht – Finanzierung – Abgrenzung zum
Verbraucherrecht
BGH, 21.10.2016
3
4
Verjährte Grundschuldzinsen – Vollstreckungsabwehrklage –
Rechtsschutzbedürfnis
5
Gesellschaftsrecht – rechtliche Einheit eines Treuhand- und
Anteilskaufvertrages
7
Gesellschaftsrecht
BGH, 22.9.2016
Insolvenzrecht
BGH, 16.6.2016
Insolvenzanfechtung – Deckungsanfechtung
BFH, 16.3.2016
Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle
9
11
Wertpapier- und Kapitalmarktrecht
BGH, 25.2.2016
Impressum
8
BGH 12.7.2016
Kapitalmarktrecht – Marktmanipulation – Einwirkung auf
den Börsenpreis
12
Derivate – Negativer Marktwert – Aufklärungspflicht –
Anlageberatungsvertrag – Kausalität 14
Autoren: P. Berger, Dr. M. Brass, H. Dunker, Dr. S. Fackler, A. Gelmroth, S. Herz, Dr. T. Kamm, M. Kaufmann,
M. Kern, Dr. S. Straßburger; Dr. C. Wulfers
FOTONACHLESE | ZAHLUNGSVERKEHR
PSD II in der Praxis
Technischer Wandel – und in dessen Folge die EU-Gesetzgebung – revolutioniert auch das fundamentalste Produkt des Bankgewerbes: das Girokonto. Neue Anbieter drängen an den Markt mit
Angeboten, deren Risiko im Moment noch der Kunde allein trägt. Für mehr Sicherheit soll hier in
naher Zukunft die Payment Service Directive (PSD II) sorgen. In diesem Spannungsfeld bewegte
sich die 6. Fachtagung „Bankrecht und Bankpraxis“.
Ilka Brian,
Commerzbank AG.
Thorsten Höche,
Bundesverband
deutscher Banken.
Markus Tak,
Kobil Systems.
Uwe Schneiders,
Landgericht Bonn.
www.bub-fachtagung.de
Prof. Dr. Sebastian
Omlor, Universität
Marburg.
Prof. Dr. Stefan Perner,
Universität Linz.
Allgemeines Bankrecht
Allgemeines Leistungsstörungsrecht – EigentümerBesitzerverhältnis – Konkurrenz
Der Eigentümer einer Sache kann, wenn der bösgläubige oder verklagte Besitzer seine
Herausgabepflicht nach § 985 BGB nicht erfüllt, unter den Voraussetzungen der § 280 Abs. 1
u. 3, § 281 Abs. 1 u. 2 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen.
(BGH, Urt. v. 18.3.2016, Az. V ZR 89/15, WM 2016, S. 2227 ff.)
Der BGH befasst sich in dieser Entscheidung
mit der in Rechtsprechung und Literatur streitigen Frage, ob die Vorschriften des allgemeinen
Leistungsstörungsrechts auf Schadensersatz
aus den §§ 280, 281 BGB auch auf den dinglichen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB anwendbar sind. Während dies in Teilen der Literatur aus grundsätzlichen Erwägungen verneint
wird, da der dingliche Herausgabeanspruch nur
bezwecke, Eigentum und Besitz zusammenzuführen, das Eigentum jedoch nicht wie ein sonstiger Erfüllungsanspruch zugunsten der Wahl
von Schadensersatz wegfallen könne, spricht
sich die Gegenansicht für eine vorbehaltlose
Anwendbarkeit der Vorschriften der §§ 280, 281
BGB auf den Herausgabeanspruch aus § 985
BGB aus.
Der BGH schließt sich in obiger Entscheidung
der vermittelnden herrschenden Auffassung an,
wonach die Anwendbarkeit der §§ 280, 281
BGB auf den Herausgabeanspruch des § 985
BGB nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
der §§ 987 ff. BGB in Betracht komme. Um die
vom Gesetzgeber im Rahmen des EBV beabsichtigte Privilegierung des gutgläubigen, unverklagten Besitzers nicht zu unterlaufen, komme ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280
Abs. 1 u. 3, § 281 BGB nur gegenüber einem
verschärft haftenden Besitzer, also im Falle der
Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs
oder der Bösgläubigkeit des Besitzers, in Betracht. Unter dieser Maßgabe bestehe jedoch
ein praktisches Bedürfnis für den Eigentümer,
der gleichermaßen wie ein obligatorischer Herausgabegläubiger ein Interesse an der Möglichkeit eines rechtssicheren Übergangs vom
Herausgabe zum Schadensersatzanspruch
habe. [MB]
Dr. Michael Brass, UniCredit Bank AG
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ISBN 978-3-86556-480-1
250 Seiten, gebunden
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BuB-Monatsbrief • Nr. 12 • Dezember 2016
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Allgemeines Bankrecht
Gewerbliches Immobilienrecht – Finanzierung – Abgrenzung
zum Verbraucherkredit
1. Der Unternehmer, der sich für das konkrete Rechtsgeschäft auf die Schutzvorschriften des
Verbraucherrechts beruft, genügt seiner Darlegungslast nicht, sofern er nur zu der inneren
Tatsache des mit dem Rechtsgeschäft subjektiv verfolgten Zwecks ausführt.
2. […]
(OLG Frankfurt, Urt. v. 3.5.2016, Az. 10 U 152/15, WM 2016, S. 2217 ff.)
Der Entscheidung des OLG Frankfurt lag folgender Fall zu Grunde: Der Kläger, der ein umfangreiches Immobilienvermögen besitzt, eine Immobilienverwaltung betreibt und für die insoweit
anfallenden Bürotätigkeiten einen Mitarbeiter
beschäftigt, verklagte die Bank auf Rückzahlung
einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von ca.
20.000 €.
Dieser Anspruch resultierte nach Ansicht des
Klägers aus einem Baufinanzierungskreditvertrag
aus dem Jahr 2008 über 00.000 €, der mit Grundschulden auf dem finanzierten Objekt sowie zwei
weiteren Liegenschaften besichert wurde. Zeitgleich nahm der Beklagte bei der beklagten Bank
zwei weitere Darlehen zur Finanzierung zweier
weiterer Objekte auf. Im Jahr 2011 veräußerte der
Kläger eines der Beleihungsobjekte zu dem verfahrensgegenständlichen Baufinanzierungskreditvertrag und führte das Darlehen unter Zahlung
einer Vorfälligkeitsentschädigung in der o.g. Höhe
vorzeitig zurück. Im Jahr 2014 widerrief der Kläger schließlich seine Willenserklärung zum Abschluss des Baufinanzierungskreditvertrags mit
der Begründung, er habe bei Abschluss dieses
Kreditvertrages mit einer verbraucherrechtlichen
Zwecksetzung agiert und das Objekt zur langfristigen Pflege seines Vermögens sowie als Altersvorsorge erworben.
Das OLG Frankfurt hatte hier im Wesentlichen zu
entscheiden, ob die vom Kläger geltend gemachte und in der 1. Instanz mit einem Beweisangebot
versehene verbraucherrechtliche Zwecksetzung
ausreichend ist, um ihn als Verbraucher i.S.d. § 13
BGB zu qualifizieren.
Das OLG Frankfurt erkennt den Kläger in seinem
Urteil nicht als Verbraucher an. In seiner Urteilsbegründung führt das OLG Frankfurt zunächst
aus, dass nach den allgemeinen prozessualen
Grundsätzen im Zivilverfahren derjenige die Darlegungs- und Beweislast trage, der sich auf den
Schutz einer ihm günstigen Rechtsnorm beruft.
Deshalb müsse grundsätzlich derjenige, der sich
auf seine Verbrauchereigenschaft beruft, darlegen und beweisen, dass er das Rechtsgeschäft
zu einem Zweck abgeschlossen hat, der weder
seiner gewerblichen noch seiner selbständigen
beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden könne
(so die Legaldefinition des Verbrauchers in § 13
BGB), sondern dass er mit dem Geschäft objektiv
einen privaten Zweck verfolgt habe. Bei etwaigen
Zweifelsfällen sollen die Schutzvorschriften des
Verbraucherrechts nicht anzuwenden sein (vgl.
BGH, Urteil v. 11.7.2007, Az.: VIII ZR 110/06).
Das OLG Frankfurt zitiert in seiner Urteilsbegründung den BGH, wenn es festhält, dass über die
Zuordnung zum privaten oder unternehmerischen
Bereich nicht der innere Wille des Handelnden
entscheide, sondern die objektiv zu bestimmende
Zweckrichtung seines Verhaltens. Diese objektive
Zweckrichtung ist – wie üblich – auch unter Berücksichtigung der Begleitumstände zu ermitteln
(BGH, Urteil v. 15.11.2007, Az.: III ZR 295/06).
Im hiesigen Fall, so das OLG Frankfurt, habe der
Kläger im Jahr 2008 unstreitig als Unternehmer
mit der Beklagten über die Finanzierung von Anlageobjekten verhandelt. Der Kläger habe weiterhin unstreitig zwei Objekte im Rahmen seiner
selbständigen beruflichen Immobilientätigkeit
finanziert. Da er zeitgleich auch den verfahrensgegenständlichen Baufinanzierungskreditvertrag
abgeschlossen hatte, musste es sich zum damaligen Zeitpunkt objektiv so darstellen, dass er auch
insoweit in Verfolgung seiner unternehmerischen
Tätigkeit handelte. Letzteres werde nach Auffassung des OLG Frankfurt auch dadurch belegt,
dass der Baufinanzierungskredit nicht alleine über
das finanzierte Objekt, sondern über zwei weitere
Liegenschaften gesichert wurde und damit nicht
als singuläres Geschäft, sondern als in seine Immobilientätigkeit eingewoben erscheine. [Wu]
Dr. Christian Wulfers, UniCredit Bank AG
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Allgemeines Bankrecht
Verjährte Grundschuldzinsen – Vollstreckungsabwehrklage –
Rechtsschutzbedürfnis
Erhebt der Schuldner während eines laufenden, aufgrund einer Sicherungsgrundschuld
betriebenen Zwangsversteigerungsverfahren eine Vollstreckungsabwehrklage, die er auf
die Verjährung eines Teils der Grundschuldzinsen stützt, kann das Rechtsschutzbedürfnis
ausnahmsweise zu verneinen sein. Dies setzt voraus, dass der Gläubiger nicht wegen der
verjährten Zinsen vollstreckt; ferner müssen Indizien vorliegen, die in einer Gesamtwürdigung
den sicheren Schluss erlauben, dass die Vollstreckungsabwehrklage ausschließlich prozesszweckfremden Zielen dient.
(BGH, Urt. v. 21.10.2016, Az. V ZR 230/15)
In seinem Urteil hatte sich der BGH mit der Zulässigkeit einer Vollstreckungsabwehrklage, insbesondere dem Rechtsschutzbedürfnis, zu befassen. Hintergrund war eine von der beklagten Bank
aus zwei Sicherungsgrundschulden betriebene
Zwangsversteigerung, wobei die Bank die bereits
verjährten, auf den Zeitraum vor dem 1.1.2008
entfallenden Grundschuldzinsen ausdrücklich
von ihrem Vollstreckungsauftrag ausgenommen
hatte und später – nach dann bereits erhobener
Vollstreckungsabwehrklage – zudem auf die verjährten Grundschuldzinsen verzichtet hatte. Unmittelbar vor Klageerhebung hatte sich die Klägerin, die der Bank zusammen mit ihrem Ehegatten
die beiden streitgegenständlichen Grundschulden gestellt hatte, mit Schreiben vom September
2013 erstmals auf die Verjährung der bis Ende
2007 entstandenen Grundschuldzinsen berufen
und dies kurz vor dem bereits anberaumten Versteigerungstermin. Das LG hatte die Klage als
unbegründet abgewiesen, die Zulässigkeit jedoch
bejaht. Die gegen die Klageabweisung gerichtete
Berufung der Klägerin hat das OLG als unzulässig verworfen. Kurz zuvor war am 29.1.2015 der
Zuschlag erteilt und der Verteilungstermin für den
26.3.2015 anberaumt worden. Mit der vom OLG
zugelassenen Revision will die Klägerin unverändert erreichen, dass die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der vor dem 1.1.2008 fällig gewordenen
Grundschuldzinsen für unzulässig erklärt wird.
auf die unverjährten Grundschuldzinsen noch ein
Verzicht auf dieselben für sich genommen geeignet seien, das Rechtsschutzbedürfnis für eine
Vollstreckungsabwehrklage entfallen zu lassen,
sondern dieses grundsätzlich so lange fortbestehe, wie der Gläubiger den Vollstreckungstitel noch
in Händen hält. Dies gelte, so der Senat unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung selbst
dann, wenn zwischen dem Gläubiger und dem
Schuldner Einigkeit darüber besteht, dass eine
Zwangsvollstreckung aus dem streitgegenständlichen Titel nicht mehr in Betracht kommt. Dies
entspreche der Rechtsnatur der Vollstreckungsabwehrklage, die sich nicht gegen eine einzelne
Vollstreckungsmaßnahme richte, sondern dazu
diene, einem Vollstreckungstitel die Vollstreckungsfähigkeit schlechthin zu nehmen. Infolgedessen könne die Zulässigkeit einer Vollstreckungsabwehrklage auch nicht davon abhängen,
ob aktuell Vollstreckungsmaßnahmen drohen. Vor
einer aus Sicht des Gläubigers überflüssigen Vollstreckungsabwehrklage könne dieser sich durch
ein sofortiges Anerkenntnis hinreichend schützen. Benötigt der Gläubiger den Titel weiter, um
im Übrigen rechtmäßig zu vollstrecken, könne er
auch eine weitere – beschränkte – vollstreckbare
Ausfertigung nach § 733 ZPO erwirken und dem
Schuldner den weitergehenden ursprünglichen
Titel aushändigen, so dass es ggfs. nicht zu einer
Vollstreckungsabwehrklage kommt.
Der BGH wies die Vollstreckungsabwehrklage als
unzulässig ab und bestätigte damit die Entscheidung des Berufungsgerichts. In der Urteilsbegründung stellte der BGH heraus, dass weder die
bloße Einschränkung des Vollstreckungsauftrags
Ein Rechtsschutzbedürfnis sei nur dann ausnahmsweise zu verneinen, wenn eine Vollstreckung unzweifelhaft nicht mehr droht. Dem wäre,
so der BGH weiter, nach den vorgenannten
Grundsätzen nicht der Fall gewesen, da die be››
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Allgemeines Bankrecht
Verjährte Grundschuldzinsen – Vollstreckungsabwehrklage –
Rechtsschutzbedürfnis
klagte Gläubigerin den Titel unverändert in Händen hielt. Auch wenn die Zwangsversteigerung
zwischenzeitlich beendet gewesen sein sollte,
hätte dies nichts daran geändert, dass die Gläubigerin hinsichtlich der bereits verjährten Grundschuldzinsen aus dem Titel vollstrecken könnte,
da die Klägerin für das Grundschuldkapital nebst
Zinsen im Rahmen der Grundschuldbestellungsurkunde auch die persönliche Haftung übernommen hatte. Grundsätzlich sei es daher erforderlich,
so der BGH, dass sich der Schuldner in solchen
Fällen nicht nur auf die Einrede der Verjährung berufen kann, sondern auch eine darauf gestützte
Vollstreckungsabwehrklage erheben dürfe.
Im Besprechungsfall sah der BGH das Rechtsschutzbedürfnis jedoch ausnahmsweise als nicht
gegeben an, da einerseits der Grundschuldgläubiger nicht wegen der verjährten Zinsen vollstreckte und andererseits Indizien vorlagen, die in
einer Gesamtwürdigung den sicheren Schluss erlaubten, dass die Vollstreckungsabwehrklage ausschließlich prozesszweckfremden Zielen diente.
Ausschließlich prozesszweckfremde Ziele verfolge der Schuldner dann, so der Senat, wenn er die
Vollstreckungsabwehrklage nicht erhebt, um die
Abgabe eines Anerkenntnisses durch den Grundschuldgläubiger oder aber eine Herausgabe des
Titels zu erreichen, sondern um die Zwangsvollstreckung aus dem Kapital und den unverjährten
Grundschuldzinsen zu behindern. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn die Vollstreckungsabwehrklage zur Unzeit erhoben wird, also die
Klageerhebung letztlich nur der Verhinderung
des Versteigerungstermins betreffend die Vollstreckung wegen Kapital und unverjährter Grundschuldzinsen dienen soll. Dies deshalb, da der
Gläubiger dem Ansinnen des Schuldners freiwillig
nur dadurch nachkommen kann, indem er vom
Versteigerungsgericht den Titel herausverlangt
und damit eine erhebliche Verzögerung des Versteigerungsverfahrens in Kauf nimmt. Der vollstre-
ckende Gläubiger muss dann nämlich eine weitere – beschränkte – vollstreckbare Ausfertigung
des Titels erwirken, um die Zwangsvollstreckung
aus dem Kapital und den unverjährten Grundschuldzinsen weiter betreiben zu können. Kurz
vor einem bereits anberaumten Versteigerungstermin wird dies, so der BGH, rein tatsächlich
nicht möglich sein, da beim Versteigerungstermin
und bei Erteilung des Zuschlags die neu erlangte Teilausfertigung nebst Zustellungsnachweis
bereits vorliegen muss. Daher sei es aufgrund
des resultierenden Zeitdrucks nicht zumutbar,
den Schuldner solchermaßen freiwillig klaglos zu
staellen. Ebenso, so der BGH, könne der Gläubiger auch nicht darauf verwiesen werden, dass er
stattdessen ein Anerkenntnis betreffend die Vollstreckungsabwehrklage abgeben könne, da dies
mit erheblichen Kosten verbunden ist.
Jedoch ließ der BGH allein die Klageerhebung zur
Unzeit als Indiz für eine ausschließlich prozesszweckfremden Zielen dienende Vollstreckungsabwehrklage nicht genügen. Dies könne sich jedoch
in der Zusammenschau mit weiteren Indizien
ergeben, etwa daraus, dass der zu erwartende
Vollstreckungserlös nicht annähernd die Summe
aus Kapital und unverjährten Grundschuldzinsen erreicht und die Verhältnisse des Schuldners
auch im Übrigen eine erfolgreiche Vollstreckung
nicht erwarten lassen. Ausreichend könne es aber
auch sein, wenn der Gläubiger – so hier – gemäß
§ 1178 Abs. 2 BGB auf die verjährten Grundschuldzinsen verzichtet bzw. in Bezug auf eine
etwaige mit übernommene persönliche Haftung
einen Erlass gemäß § 397 BGB anbietet. Liegt
eines dieser weiteren Indizien vor, so ergibt sich
nach Auffassung des BGH aus der Zusammenschau mit einer Klageerhebung zur Unzeit in der
Regel, dass es dem Schuldner ausschließlich um
die Verzögerung der Zwangsversteigerung geht.
Entsprechend verneinte der BGH im vorliegenden
Fall das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin. [TK]
Dr. Thomas Kamm, UniCredit Bank AG
BuB-Monatsbrief • Nr. 12 • Dezember 2016
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Gesellschaftsrecht
Gesellschaftsrecht – rechtliche Einheit eines Treuhand- und
eines Anteilskaufvertrages
Eine rechtliche Einheit im Sinne von § 139 BGB zwischen einem Geschäftsanteilsübertragungsvertrag und einem hiermit wirtschaftlich verknüpften Treuhandvertrag kann zu verneinen sein, wenn die Beteiligten von der erforderlichen Beurkundung des Treuhandvertrages
bewusst absehen, den Geschäftsanteilsübertragunsvertrag aber gleichwohl – in Kenntnis der
Formnichtigkeit des Treuhandvertrages – ordnungsgemäß beurkunden lassen. In diesem Fall
berührt die Formnichtigkeit des Treuhandvertrages die Wirksamkeit des Geschäftsanteilsübertragungsvertrages nicht.
(BGH, Urt. v. 22.9.2016, Az. III ZR 427/15, NZG 2016, S. 1312 ff.)
Der BGH hat sich in seinem Urteil mit der Frage
der rechtlichen Einheit zweier Verträge nach §
139 BGB und dem Durchschlagen der Formnichtigkeit eines der beiden Verträge auf die Wirksamkeit des anderen Vertrages befasst. Nach § 139
BGB führt die Unwirksamkeit eines Teils eines
Rechtsgeschäfts zur Nichtigkeit des gesamten
Rechtsgeschäfts, wenn nicht anzunehmen ist,
dass dieses auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden wäre (m.a.W.: wenn beide Teile
eine „rechtliche Einheit“ darstellen).
Hintergrund war folgender Fall: Ein Treuhänder
hatte im Auftrag seines Treugebers als Alleingesellschafter eine GmbH gegründet. Als der Treuhänder schwer erkrankte, wurde der Geschäftsanteil an der GmbH auf Bitten des Treugebers
vom Treuhänder durch notariell beurkundeten Anteilsübertragungsvertrag auf einen Dritten übertragen. Beim Beurkundungstermin war auch der
Treugeber anwesend. Es wurde einvernehmlich
festgelegt, dass der Dritte den Geschäftsanteil
ebenfalls lediglich treuhänderisch für den Treugeber halten sollte. Obwohl der Notar darauf hinwies,
dass auch der Treuhandvertrag wegen § 15 Abs. 4
GmbHG einer Beurkundung bedarf (weil darin unter bestimmten Voraussetzungen eine Pflicht zur
Rückübertragung des Anteils an den Treugeber
vorgesehen war), verzichteten alle Beteiligten auf
eine Beurkundung des (neuen) Treuhandvertrages. Der Treugeber äußerte, er vertraue dem neuen Treuhänder aufgrund der jahrelangen guten
Zusammenarbeit. Nach Anteilsübertragung bestellte sich der neue Treuhänder zum Geschäftsführer und übertrug Vermögen und Grundstücke
der GmbH auf sich und seine Frau. Die Verträge
wurden später angefochten; die GmbH hat zudem
Haftungsansprüche gegen den beurkundenden
Notar geltend gemacht.
Der BGH hat in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen eine „rechtliche Einheit“ zwischen dem
Anteilsübertragungsvertrag und dem (neuen)
Treuhandvertrag verneint.
Der Anteilsübertragungsvertrag sei beurkundet
worden und deshalb (bis zu seiner Anfechtung)
wirksam gewesen. Die neue Treuhandvereinbarung zwischen dem Treugeber und dem neuen
Treuhänder sei mangels Beurkundung nach § 15
Abs. 4 Satz 1 GmbHG, § 125 Satz 1 BGB wegen
Formmangels unwirksam. Die Formunwirksamkeit des Treuhandvertrages schlage jedoch nicht
auf die Wirksamkeit des Anteilsübertragungsvertrages durch, da beide Verträge keine rechtliche
Einheit im Sinne des § 139 BGB darstellten.
Für ein „einheitliches Rechtsgeschäft“ im Sinne
des § 139 BGB sei ein Einheitlichkeitswille nötig,
der vorliege, wenn das eine Geschäft nicht ohne
das andere gewollt sei und also beide Geschäfte
„miteinander stehen und fallen“ sollten. Entscheidend sei ein rechtlicher Zusammenhang und nicht
lediglich eine wirtschaftliche Verknüpfung. Ein einheitliches Rechtsgeschäft könne auch dann vorliegen, wenn einzelne Rechtsgeschäfte in mehreren
Urkunden niedergelegt seien, unterschiedlichen
Geschäftstypen angehörten und an ihnen zum
Teil verschiedene Personen beteiligt seien.
Im entschiedenen Fall habe zwar eine wirtschaftliche Verknüpfung zwischen den Verträgen bestanden. Diese korrespondiere jedoch nicht mit einem
rechtlichen Zusammenhang, weil es an einem
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BuB-Monatsbrief • Nr. 12 • Dezember 2016
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Gesellschaftsrecht
Gesellschaftsrecht – rechtliche Einheit eines Treuhand- und
eines Anteilskaufvertrages
diesbezüglichen Parteiwillen gefehlt habe. Alle
Beteiligten seien geschäftserfahren gewesen und
hätten trotz Belehrung durch den Notar ausdrücklich auf eine Beurkundung der Treuhandvereinbarung verzichtet. Sie seien sich bewusst gewesen,
dass die Treuhandvereinbarung formnichtig und
deshalb rechtlich unverbindlich gewesen sei. Der
Treugeber habe zum Ausdruck gebracht, dass er
dem neuen Treuhänder vertraue, er deshalb „auf
eine rechtliche Verbindlichkeit der Treuhandvereinbarung verzichten könne und ihm eine gleichsam nur ‚moralische’ Verpflichtung genüge“.
Da die Beteiligten nach den objektiv erkennbaren
Umständen in dem Bewusstsein der Formnichtigkeit der Treuhandvereinbarung handelten und
dennoch den rechtswirksamen Übergang des
GmbH-Geschäftsanteils vom alten auf den neuen
Treuhänder erklärtermaßen herbeiführen wollten,
sei der Schluss gerechtfertigt, dass die Beteiligten
eine rechtliche Einheit zwischen beiden Verträgen
nicht beabsichtigten. Die Formunwirksamkeit des
Treuhandvertrages führe daher nicht auch zur Unwirk-samkeit des Anteilsübertragungsvertrages
nach § 139 BGB. [SFa]
Dr. Stephan Fackler, UniCredit Bank AG
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BuB-Monatsbrief • Nr. 12 • Dezember 2016
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Insolvenzrecht
Insolvenzanfechtung – Deckungsanfechtung
Kündigt der Schuldner dem Gläubiger einer in den Vormonaten deutlich angewachsenen
fälligen Forderung an, im Falle des Zuflusses neuer Mittel die Verbindlichkeit nur durch
eine Einmalzahlung und zwanzig folgende Monatsraten begleichen zu können, offenbart
er dem Gläubiger seine Zahlungsunfähigkeit.
(BGH, Urt. v. 16.6.2016, Az. IX ZR 23/15, ZIP 2016, S. 1388 ff.)
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom
6.9.2011 am 1.11.2011 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH
(Schuldnerin). Die Schuldnerin, ein Tiefbauunternehmen, stand mit der Beklagten, die Spezialtiefbaugeräte herstellt und vermietet, in
langjähriger Geschäftsbeziehung. Spätestens
ab Anfang 2011 geriet die Schuldnerin in stetig
anwachsende wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Ende Juni 2011 betrug ihr Zahlungsrückstand
bei der Beklagten mind. 200.000 €, weshalb
die Beklagte am 11.7.2011 einen Lieferstopp
gegen die Schuldnerin verhängte, die fristlose
Kündigung bestehender Mietverträge androhte und einzelne Mietverträge fristlos kündigte.
Die Schuldnerin erklärte daraufhin gegenüber
der Beklagten mit Schreiben vom 27.7.2011,
gegen Erfüllung nicht näher bezeichneter Auflagen für das Geschäftsjahr 2012 weiter finanziert
zu sein, und kündigte an, auf ihre Rückstände
bei der Beklagten nach einem Liquiditätszufluss eine Einmalzahlung i.H.v. 50.000 € und
monatliche Ratenzahlung i.H.v. je 40.000 €
zu erbringen. Mitte August 2011 benötigte die
Schuldnerin, deren Zahlungsrückstände bei der
Beklagten sich auf inzwischen rd. 800.000 €
erhöht hatten, die Auslieferung eines Kraftdrehkopfes durch die Beklagte, wozu sich diese nur
gegen eine – von der Schuldnerin geleisteten –
Abschlagszahlung von 200.000 € und Stellung
einer Bankbürgschaft bereit erklärte. Mit seiner
Klage begehrt der Kläger unter dem Aspekt der
Deckung- und Vorsatzanfechtung Erstattung
des an die Beklagten überwiesenen Abschlagsbetrages. Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das OLG hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Hiergegen
richtet sich mit Erfolg die Revision des Klägers.
Die vom Berufungsgericht zur Kenntnis der
Zahlungsunfähigkeit getroffenen Feststellungen
halten nach Auffassung des BGH einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand. Mit seiner
Würdigung, der 2011 eingetretene sich stetig
erhöhende Zahlungsrückstand sei mit dem in
früheren Jahren aufgetretenen Zahlungsverzug
vergleichbar, habe das Berufungsgericht ebenso gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze
verstoßen wie mit der Außerachtlassung des
Umstandes, dass die Schuldnerin im Schreiben
vom 27.7.2011 ihre dauernde Zahlungsunfähigkeit ausdrücklich eingestanden habe.
Das der Beklagten bekannte sprunghafte Anwachsen der Zahlungsrückstände in den Monaten Juni bis August 2011 trotz einzelner Zahlungen stelle schon für sich gesehen ein wichtiges
Indiz für die Kenntnis der Zahlungseinstellung
dar und lasse nur den Schluss zu, dass Mitte
2011 eine deutliche Liquiditätsverschlechterung
eintrat, die sich aus der Sicht der Beklagten von
früheren Zahlungsengpässen bei der Schuldnerin grundlegend unterschied. Für die Beklagte
habe sich das Bild einer am Rande des wirtschaftlichen Abgrundes handelnden Schuldnerin ergeben.
Dem Umstand, dass die Beklagte die Bitte der
Schuldnerin um Auslieferung des Kraftdrehkopfes genutzt habe, um die nachträgliche Besicherung ihrer Forderungen und eine Abschlagszahlung, die weit über dem von der Schuldnerin
angekündigten Teilzahlungsbetrag lag, zu erzwingen, komme ebenfalls indizielle Bedeutung
für die Kenntnis der Zahlungseinstellung zu.
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Insolvenzrecht
Insolvenzanfechtung – Deckungsanfechtung
Ein Gläubiger, dem der Schuldner nach Eintritt
der Zahlungseinstellung Ratenzahlungen zur
Abwendung der allein aus seiner Forderung
herzuleitenden Insolvenz anbietet, könne regelmäßig nicht davon ausgehen, dass die Forderungen anderer Gläubiger, mit denen bei einem
gewerblich tätigen Schuldner immer zu rechnen
sei, in vergleichbarer Weise bedient werden wie
seine eigenen. Diese Grundsätze gelten auch
für den hier gegebenen Fall einer erzwungenen
einmaligen Abschlagszahlung in erheblicher
Höhe, welche aber den bestehenden Zahlungsrückstand längst nicht abdeckt. [PB]
Patricia Berger, UniCredit Bank AG
8. überarbeitete Auflage
Bankgeheimnis und Bankauskunft
in der Praxis
Artikel-Nr. 22.116-1600
ISBN 978-3-86556-477-1
260 Seiten, gebunden
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Insolvenzrecht
Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle
Ist ungewiss, ob eine angemeldete Forderung besteht oder nicht, kann der Insolvenzverwalter sie nicht als „auflösend bedingt“ zur Insolvenztabelle feststellen.
(BFH, Beschl. v. 16.3.2016, Az. V B 41/15, ZIP 2016, S. 1393 ff.)
Die spätere Insolvenzschuldnerin und das Finanzamt stritten sich darüber, ob eine Leistung
der Umsatzsteuer unterlag oder nicht. Gegen
den vom FA unter Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Umsatzsteuer-Jahresbescheid erhob
die Schuldnerin Einspruch. Am 1.6.2012 wurde
das Insolvenzverfahren über das Vermögen der
Schuldnerin eröffnet. Der Verwalter lehnte eine
Aufnahme des anhängigen Einspruchsverfahren
wegen seines Erachtens mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses ab und stellte vielmehr die
vom Finanzamt angemeldete USt-Forderung
wie folgt zur Tabelle fest: „Festgestellt: als auflösend bedingt i.H.v. … € aufgenommen“.
Der BFH lehnte eine Zulassung der Revision
ab. Die Frage, „ob eine Forderung als auflösend
bedingt zur Insolvenztabelle festgestellt werden
kann“, sei nicht von grundsätzlicher Bedeutung,
weil sie sich unmittelbar aus dem Gesetz beantworten lasse und sich zudem im Streitfall nicht
stelle.
Gemäß § 42 InsO werden im Insolvenzverfahren
auflösende Bedingungen, solange die Bedin-
gung nicht eingetreten ist, wie unbedingte Forderungen berücksichtigt. Da der Gläubiger einer
auflösend bedingten Forderung die Leistung vor
Eintritt der Bedingung wie eine unbedingte verlangen kann, werden sie im Insolvenzverfahren
als unbedingte Forderungen angemeldet und
auch unbedingt festgestellt.
Im Übrigen gehe es dem Kläger vorliegend nicht
um die Feststellung einer „auflösend bedingten“
Forderung i.S.d. § 42 InsO i.V.m. § 158 BGB,
der voraussetzte, dass der Fortbestand einer
Forderung von einem ungewissen zukünftigen
Ereignis abhängt. Hierunter falle nicht die Ungewissheit, ob die Forderung selbst überhaupt
bestehen. Nach Anmeldung einer Forderung zur
Insolvenztabelle müsse sich der Insolvenzverwalter im Rahmen seiner Prüfungspflicht entscheiden, ob er die Forderung uneingeschränkt
feststellt oder ob er sie bestreitet und zur Beseitigung der Unsicherheit ein nicht abgeschlossenes Einspruchs- oder Klageverfahren aufnimmt.
Er kann die Klärung nicht durch einen Feststellungsvermerk „als auflösend bedingt“ offen lassen. [PB]
Patricia Berger, UniCredit Bank AG
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Wertpapier- und Kapitalmarktrecht
Kapitalmarktrecht – Markmanipulation – Einwirkung auf
den Börsenpreis
1. Das Tatbestandsmerkmal „sonstige Täuschungshandlungen“ im Sinne des § 20a Abs.
1 Satz 1 Nr. 3 WpHG entspricht bei einer am Inhalt der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und
Marktmanipulation (Marktmissbrauch) sowie der Durchführungsrichtlinie 2003/124/EG
vom 22. Dezember 2003 orientierten Auslegung dem Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes.
2. Zur Feststellung einer Einwirkung auf den Börsenpreis im Sinne des § 38 Abs. 2 Nr. 1
WpHG.
(BGH, Beschl. v. 25.2.2016, Az. 3 StR 142/15, NJW 2016, S. 3459 ff.)
Das Landgericht Kleve hatte die Angeklagten
wegen Marktmanipulation gemäß der §§ 38 Abs.
2, 39 Abs. 1 Nr. 2, 20 a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpHG
verurteilt. Die diesbezügliche Revision hat der
BGH zurück gewiesen – lediglich soweit sich
die Revision auf die Anordnung des Verfalls von
Wertersatz gerichtet hat, hat der BGH das Urteil
aufgehoben und an eine andere Strafkammer
des Landgerichtes zurück verwiesen.
Nach den Feststellungen des Landgerichtes organisierten die Angeklagten für Dritte die Gründung einer Aktiengesellschaft und erhielten im
Gegenzug hierfür einen Teil der Aktien. Später
bewarben die Angeklagten die im Freiverkehr
unter anderem der Frankfurter Börse gehandelten Wertpapiere in der Absicht, für diese einen
Markt zu schaffen und dadurch – wenn möglich
– eine Kurssteigerung hervorzurufen, um einen
möglichst großen Gewinn bei deren Verkauf zu
erzielen. Dies geschah zum einen durch den
Versand von Mitteilungen über elektronische
Börsenbriefe, zum anderen durch Telefonmarketing seitens einer Finanzgesellschaft, deren
Vorstand einer der Angeklagten angehörte. Die
Börsenbriefe enthielten ein Impressum, in dem
dargelegt war, dass der Herausgeber Positionen an der fraglichen Aktie halten könne. Im
Nachgang zu diesen Maßnahmen tätigten die
Angeklagten Verkäufe der von ihnen gehaltenen
Aktien.
Das Landgericht ist, unbeanstandet vom BGH,
zum Ergebnis gekommen, dass die Angeklag-
ten durch eine „sonstige Täuschungshandlung“
i.S.d. § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG auf den
Börsenpreis im Sinne des § 38 Abs. 2 Nr. 1
WpHG eingewirkt haben.
Hinsichtlich § 20 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG hat
der BGH keine Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit dieser Norm, insbesondere ist das
Tatbestandsmerkmal der „sonstige Täuschungshandlung“ nach seiner Auffassung ausreichend
bestimmt im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG.
Zumindest im Wege der richtlinien-konformen
Auslegung der RL 2003/6/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 28.1.2003 über
Insider-Geschäfte und Markmanipulation erlangt
die Vorschrift die erforderliche Klarheit, insbesondere aus den in der Durchführungsrichtlinie
aufgeführten Beispiele. Als Beispiel nennt die
Richtlinie ausdrücklich die Ausnutzung eines gelegentlichen oder regelmäßigen Zugangs zu den
traditionellen oder elektronischen Medien durch
Abgabe einer Stellungnahme zu einem Finanzinstrument, wobei zuvor Positionen bei diesem
eingegangen wurden, ohne dass der Öffentlichkeit gleichzeitig dieser Interessenkonflikt auf
ordnungsgemäße und effiziente Weise mitgeteilt
wird, unabhängig davon, ob die Empfehlung für
sich betrachtet sachgerecht war.
Auch die Feststellungen des erforderlichen Taterfolges – die Einwirkung auf den Börsenpreis
– gemäß § 38 Abs. 2 Nr. 1 WpHG sind nach Ansicht des BGH rechtsfehlerfrei. Entscheidend ist
nach dem BGH, dass die manipulative Handlung
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Wertpapier- und Kapitalmarktrecht
Kapitalmarktrecht – Markmanipulation – Einwirkung auf
den Börsenpreis
kausal für die weitere Preisentwicklung ist. Für
die tatrichterliche Überzeugungsbildung gilt §
261 StPO, hiernach ist die rechtsfehlerfreie richterliche Überzeugung die subjektive Gewissheit
auf hinreichender Tatsachengrundlage. Auf deren Basis müssen die vom Tatgericht gezogenen
Schlüsse möglich, nicht dagegen zwingend sein.
Die diesbezügliche Argumentation des Landgerichts ist nach Ansicht des BGH ohne weiteres
nachvollziehbar. Sie beruht auf der Überlegung,
dass die empfohlenen Aktien weitgehend unbekannt waren und somit nur in geringem Umfang
gehandelt wurden. Nachdem in unmittelbarer
zeitlichen Folge zu den Werbemaßnahmen für
die Aktie Umsatz und Käuferzahlen um mindestens das Doppelte anstiegen, ist der Schluss auf
einen Zusammenhang mit den Tätigkeiten der
Angeklagten und den Preisentwicklungen nicht
nur möglich, sondern auch naheliegend. Dies
umso mehr, als dass das Landgericht dargelegt
hatte, dass andere Ursachen für eine solche
Preisentwicklung nicht zu erkennen waren. [HD]
Heike Dunker, UniCredit Bank AG
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Wertpapier- und Kapitalmarktrecht
Derivate – Aufklärungspflicht über anfänglich negativen
Marktwert bei Swaps – Anlageberatungsvertrag als Voraussetzung und mögliche Anhaltspunkte für fehlende Kausalität
1. Nur bei Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages trifft die zum Abschluss eines
Swap-Vertrages im Zweipersonenverhältnis ratende Bank aus dem Gesichtspunkt des
schwerwiegenden Interessenkonflikts eine Verpflichtung, die Einpreisung einer Bruttomarge und deren Höhe zu offenbaren. Es handelt sich nicht um eine Nebenpflicht aus dem mit
dem Swap-Vertrag begründeten Austauschverhältnis.
2. Die Kenntnis des Klägers von der Tatsache, dass die Bank eine Bruttomarge in die Bedingungen eingepreist hat, kann im Rahmen der Kausalität und im Rahmen von § 199 I Nr. 2
BGB eine Rolle spielen.
3. Ebenso kann für die Frage der Kausalität entscheidend sein, ob ein vom Kunden gewünschtes Anlageziel nur mit dem empfohlenen Produkt oder auch mit anderen Anlagen mit
vergleichbar eingepreister Bruttomarge erreicht werden kann. In letzterem Fall kann das
Einpreisen eines anfänglich negativen Marktwertes mangels vorhandener Alternativen für
eine Anlageentscheidung unmaßgeblich sein.
(BGH, Urt. v. 12.7.2016, Az. XI ZR 150/15; davor OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 12.3.2015, Az. 16 U
228/13; LG Frankfurt am Main, Urt. v. 20.11.2013, Az. 2-12 O 155/12)
Die Klägerin hatte eine ständige Geschäftsverbindung mit der Beklagten. Mit dieser schloss
die Klägerin am 29.7.2007 einen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte. Die Klägerin war
Darlehensnehmerin einer mit der Beklagten im
genossenschaftlichen Kreditverbund stehenden
Bank. Am 3.9.2008 vereinbarten die Klägerin
und die beklagte Bank einen Zinssatzswap für
die Laufzeit vom 01.09.2009 bis zum 1.9.2018.
Die Klägerin verpflichtete sich zur halbjährlichen
Zahlung von Zinsen in Höhe 4,65 % p.a. auf den
Bezugsbetrag in Höhe von zunächst € 5 Mio. Die
Beklagte leistete im Gegenzug auf den gleichen
Bezugsbetrag Zinsen in Höhe des 6-MonatsEuribors.
Außerdem vereinbarten die Parteien am gleichen Tag einen Zins-und Währungsswap mit einer Laufzeit vom 5.9.2008 bis zum 31.12.2012.
Die Klägerin sollte insgesamt ca. CHF 5,3 Mio.
in halbjährlichen Raten und Zinszahlungen in
Höhe von 3,25 % an die Beklagte zahlen, während die Beklagte gesamt ca. € 3,3 Mio. und Zinsen hierauf in Höhe des 6-Monats-Euribors an
die Klägerin zahlen sollte.
In beide Swap-Verträge preiste die beklagte
eine Bruttomarge ein, so dass aus Sicht der Klägerin die Swaps anfänglich negative Marktwerte
aufwiesen. Jedenfalls über die Höhe dieses anfänglichen negativen Marktwertes belehrte die
Beklagte die Klägerin nicht. Der Zinssatz-Swap
wurde am 22.12.2011 vorzeitig gegen eine
Ausgleichszahlung der Klägerin in Höhe von €
751.000 aufgelöst. Der Zins- und Währungsswap lief am 31.12.2012 mit einem negativen Saldo zu Lasten der Klägerin aus. Diese macht nun
Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte
in Höhe von gesamt € 2.352.047,45 geltend.
Ob die Swap-Verträge auf Empfehlungen der
Bank im Rahmen einer Anlageberatung beruhten, ist streitig. Das Berufungsgericht ging
davon aus, dass diese Frage irrelevant sei, da
eine Pflicht zur Aufklärung über die Höhe des
anfänglich negativen Marktwertes unabhängig
davon bestanden hätte, ob ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen sei. Eine solche Pflicht bestünde schon als „Nebenpflicht zur
Empfehlung des eigenen Produkts im Rahmen
der Finanzdienstleistung“. Dieser Feststellung
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Wertpapier- und Kapitalmarktrecht
Derivate – Aufklärungspflicht über anfänglich negativen
Marktwert bei Swaps – Anlageberatungs-vertrag als Voraussetzung und mögliche Anhaltspunkte für fehlende Kausalität
ist das Revisionsgericht entgegengetreten. Über
den anfänglich negativen Marktwert ist nur bei
Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages aufzuklären, da die Pflicht gerade aus
dem Gesichtspunkt des schwerwiegenden Interessenskonflikts resultiert.
Nachdem der BGH nicht in der Sache selbst
entscheiden konnte, hob er das Urteil des Berufungsgerichtes auf und verwies die Sache
zur neuen Verhandlung und Entscheidung an
das Berufungsgericht zurück. Hierbei gab es in
Bezug auf den Anlageberatungsvertrag zu bedenken, dass nach ständiger Rechtsprechung
in Fällen, in denen der Kunde an die Bank oder
die Bank an den Kunden herantritt, um über
den Abschluss von Swap-Verträgen beraten zu
werden bzw. zu beraten, das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrags
stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen wird.
Der BGH stellte weiter fest, dass das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft zur Frage der Kausalität einer Pflichtverletzung entscheidungserhebliches Vorbringen der Beklagten übergangen hat,
unterstellt es lag eine Beratungspflichtverletzung
vor. Die Beklagte hatte vorgebracht, dass die
Klägerin Kenntnis davon gehabt habe, dass die
Bank eine Bruttomarge in die Bedingungen des
Swap-Vertrages einpreise. Ist dies der Fall, kann
dies nach den Umständen des Einzelfalls den
Schluss zulassen, dass wenn der Kunde auch
ohne Kenntnis des Umfangs der Bruttomarge das
Geschäft dennoch geschlossen hat, er auch im
Falle einer Unterrichtung über die Höhe des eingepreisten anfänglich negativen Marktwertes den
Swap abgeschlossen hätte. Die Beklagte hatte
dies vorgetragen und hierfür Beweis angeboten.
Mit diesem Vorbringen hat sich das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht auseinandergesetzt.
Schließlich hat das Berufungsgericht sich fälschlicherweise nicht mit dem Vortrag der Beklagten
befasst, dass das von der Klägerin gewünschte
Anlageziel nur mit dem empfohlenen Produkt
oder anderen Anlagen mit vergleichbar eingepreister Bruttomarge erreicht werden konnte, so
dass das Einpreisen eines anfänglich negativen
Marktwertes mangels vorhandener Alternativen
für die Anlageentscheidung unmaßgeblich war.
Für das weitere Verfahren wies der BGH neben
den Ausführungen zu den Voraussetzungen des
Anlageberatungsvertrages u.a. darauf hin, dass
vorliegend die Aufklärungspflicht nicht aufgrund
eines konnexen Gegengeschäfts entfalle. Ein
solches hätte allenfalls vorliegen können, wenn
auch das Darlehen der Klägerin mit der Beklagten abgeschlossen worden wäre, nicht nur der
Swap-Vertrag. Darlehensgeber war hier aber
eine andere Bank.
Außerdem kann die Beklagte der Klägerin nicht
den Einwand der Mitschuld im Sinne von § 254 I
BGB entgegenhalten, weil sie Kenntnis von der
Einpreisung einer Bruttomarge hatte. Dies kann
nur im Rahmen der Kausalität oder hinsichtlich
§ 199 I Nr. 2 BGB relevant sein. [MK]
Martina Kern, UniCredit Bank AG
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BuB – für alle Fälle
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