Audio mobil

Montag, 26. Dezember 2016 (14:05-15:00 Uhr) KW 52
Deutschlandfunk – Feature, Hörspiel, Hintergrund Kultur
GESCHICHTEN VOM RADIO – TEIL 5 von 7
Audio mobil
Eine kleine Kulturgeschichte des Autoradios
Von Roland Söker
Regie: Thomas Wolfertz
Redaktion: Klaus Pilger
Produktion: DLF 2012
Manuskript
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©
- ggf. unkorrigiertes Exemplar
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Interview Jan Hofer
Mein Vater hatte ein Autoradio mit einer Marke, die es heute nicht mehr gibt. Becker Mexico hieß
das. Mit dem ersten automatischen Suchlauf. Da musste man auf eine Taste drücken und dann
machte das Klack und dann kam der Sender und dann drückte man nochmal drauf und dann
machte es wieder Klack. Das war super toll. Und sie werden es nicht glauben, ich habe ja so eine
Zuneigung zu alten Autos und ich habe genau dieses Radio in einem meiner Autos.
Umfrage Sandra
Mein erstes Auto war ein gelber Käfer und in diesem gelben Käfer war ein uraltes Radio mit
Kassettenteil. Und das tolle war, wenn diese Kassette zu Ende war und man wollte, dass die
rauskam, dann sprang die einem entgegen. Das heißt, man musste die in der Luft fangen, sonst
lag die irgendwo auf dem Boden, was natürlich gefährlich war, während der Fahrt. Also konnte man
nur Musikwechsel an der Ampel machen oder wenn man stand. Ansonsten war das hochgefährlich.
Und deshalb weiß ich noch genau, wie ich auch unglaublich gut wurde im Fangen dieser Kassette
so zupp, hab ich die in der Hand gehabt.
Interview Pedersen
Mein erstes Autoradio war ein Telefunken. Das war ein sogenanntes Kombiradio, das man mit
einer Halterung in einen uralten VW Käfer von unten reinklemmen konnte und dieses Radio wurde
dann auch beleuchtet von dem Bordnetz. Das konnte man dann spielen lassen über eine Antenne.
Und wenn man es herausnahm, dann konnte man es mitnehmen, irgendwo an den Strand. Das
war das erste, das habe ich heute noch!. Das habe ich aufgehoben und das steht bei mir im
Badezimmer und läuft noch.
Musik: Kraftwerk – Autobahn (unterlegt)
Mod.
Erinnern Sie sich auch an ihr erstes Autoradio? An die Drehknöpfe, die mühsame Sendersuche
während der Fahrt? Die Musikcassette mit den Lieblingsliedern, die im Schlitz unter der UKWAnzeige verschwand? Oder zumindest an ihr erstes Autoradio-Erlebnis, vielleicht als Kind, hinten
im Fond, in Opas altem Ford Granada, irgendwo auf einer langen Fahrt zwischen Zuhause und
Italien, zwischen Frankfurt und Inntal-Dreieck ...
Musik: Kraftwerk – Autobahn
Spr. männl.
Audio mobil. Eine kleine Kulturgeschichte des Autoradios. Feature von Roland Söker.
2
Musik: Kraftwerk – Autobahn
Mod.
Das Auto: Mal Sehnsuchtsmaschine, mal Transportmittel auf dem täglichen Weg zur Arbeit. Mal
Kultobjekt, mal Ärgernis. Freiheitssymbol, wenn wir auf einer freien Autobahn der Sonne entgegen
in den Urlaub fahren. Freiheitskiller, wenn wir auf einer verstopften Straße im Stau stehen.
Musik: Daliah Lavi – Schalt dein Radio ein
Mod.
Das Radio: Draht zur Welt. Täglicher Begleiter. Das nach wie vor schnellste Informationsmedium.
Kino im Kopf. Entspannend, wenn der richtige Sender läuft. Nervig, wenn‘s der falsche ist.
Musik: Valentino – Radau, Radau, radadadada … (im Wagen vor mir)
Erst frei, dann unterlegt unter Mod, raus bei O-Ton
Mod.
Das Auto und das Radio. Zwei Erfindungen, die sich gefunden haben.
Interview Wengenroth
Die beiden kombinieren sich einfach zu einer der wunderbarsten Unterhaltungstechniken, die das
20. Jahrhundert erfunden hat. Nämlich: das durch die Landschaft fahren mit dem Auto – wir wissen
ja, dass die meisten Autofahrten nicht beruflich verursacht sind sondern private Fahrten sind und
dabei kann man dann Radio hören und das zu einem ganzen „Erlebnispackage“ werden lassen.
Insofern passen die beiden wunderbar zusammen. Es sind Erlebnistechniken, die sich perfekt
ergänzen.
Spot 50er
Was wünschen Sie zu hören? Mailand, Paris, London … weitreichend, scharf trennend,
klangschön … Was die Welt funkt, hör mit Blaupunkt.
Interview Wengenroth
Als die ersten Autoradios kamen, da konnte man durchaus noch Radio Moskau hören und London
hören und Rom hören. Und da kommen so zwei Abenteuer zusammen. Das eine Abenteuer ist, ins
Salzkammergut zu fahren und das wurde wochenlang geplant und dann dabei auch noch Radio
hören, das war der Gipfel des Genusses, das war ein Abenteuer.
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Mod.
Vor einer unscheinbaren alten Werkstatt in Haan bei Düsseldorf steht ein Porsche 911. Obwohl der
Wagen 25 Jahre alt ist, glänzt die diamantblaue Metallic-Lackierung, als ob der Wagen gerade erst
die Fabrik verlassen hat. Der Fahrer ist ein jugendlich wirkender älterer Herr mit sportlichem Cappi.
Interview Pedersen
Ja, das ist ein Super-Porsche. Das ist das berühmte Jubiläumsmodell von 87. Das wurde 875 Mal
gebaut und das ist ein echtes Sammlerauto. / Und jetzt geht es um das Autoradio? / Das Autoradio
ist nicht so ganz original, das ist ein gutes Becker-Radio – schauen Sie mal, wir haben hier eins
gefunden, wo Porsche drauf steht, wo oben die Kassetten reinkommen und der passt genau zum
Baujahr. / Die Porsche-Leute wollen halt auf dem Gerät Porsche stehen haben. Auch nichts anderes,
es muss Porsche drauf stehen. / Aber es ist eben ein gutes Becker-Radio, das ist in den Kontakten
innendrin mit Gold überzogen, super Qualität. Und alle anderen Radios, das ist immer nur so’n
Plastikzeug. Wir wollen das Richtige haben.
Mod.
Um das passende Autoradio für seinen seltenen Porsche zu finden, ist Ralf Schulz-Pedersen extra
zu Rainer Königs gekommen. Er ist der Spezialist für alte Autoradios.
Interview Königs
Ich hab die so nach und nach in den 30 Jahren aufgekauft – viele Firmen haben geschlossen, haben
mir das Material zur Verfügung gestellt. Es gibt eigentlich fast alles noch zu kaufen, auch alle
Ersatzteile, nur das Problem ist: es kann keiner mehr reparieren, man ist ja ein richtiger Exot
geworden. Weil die jungen Leute wissen nicht, wie eine Röhre funktioniert, also das ist wirklich
kritisch. Also, meine Mitarbeiter werden auch immer älter und ich habe ein bisschen Probleme mit
dem Nachwuchs.
Mod.
Und so muss Rainer Königs – ein gemütlicher Typ mit der beruhigenden Ausstrahlung eines
Teddybären – die meisten Autoradios allein restaurieren. Ein Gerät für Ralf Schulz-Pedersens
Porsche hat er zwar nicht auf Lager, aber nach ein paar Telefonaten bei einem befreundeten
Kollegen ganz in der Nähe aufgestöbert.
Dialog Pedersen & Königs
Ich hab alles geregelt: der ist Spezialist für die modernen Sachen, ich mach ja nur diese UraltSachen. Der ruft Dich an und dann fährst Du nach Baumberg. / Gut / Das Ding gibst Du ihm, das
ist die Code-Karte. / Und mehr braucht der nicht? / Mehr braucht der nicht, ich leg vorsichtshalber
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noch nen Steckersatz dabei, aber der ist Zuhause auch gut ausgerüstet. / Ich kann ja ihm alles da
lassen / Hm, und abrechnen tun wir später.
Mod.
Autosammler Ralf Schulz-Pedersen kennt Rainer Königs schon lange. Der braungebrannte
Sonnyboy mit deutsch-dänischen Wurzeln hat früher in Peru gelebt und dort mal einen Mercedes
300 restauriert – den Typ Staatskarosse, in der auch Konrad Adenauer in den 50er Jahren chauffiert
wurde. Mit dem kaputten Autoradio kam er damals allerdings nicht zurecht.
Interview Pedersen
Den hab ich mit hierhergeschleppt und da hat der dieses alte Ding wieder zum Laufen gebracht.
Das war unglaublich. Die Röhren unter dem Fahrersitz. Die brauchen immer so zwei Minuten, bis
die warm werden. Das ist auch das richtige Radio, was Mercedes dazu gebaut hat und das finde ich
großartig.
Interview Königs
Das sind hier die Radios, da hatte auch der Konrad Adenauer eins in seinem Auto, das Becker
Nürburg sogar mit magischem Auge, das ist die Anzeigeröhre, die die Feldstärke anzeigt. Das
kennt man von früher noch, das ist wie so’n kleiner Fächer drin. So’n Radio hat 1951 1150 Mark
gekostet.
Interview Königs
Also bei diesen Autos ist es so, dass die Radios noch vorhanden sind, weil man sonst ein riesiges
Loch im Armaturenbrett hätte. Bei anderen Autos, wo man es ausbauen und durch was anderes
ersetzen konnte, die sind meistens weggekommen. / Das sind dann jetzt eher die größeren
Raritäten? / Richtig, die Sachen, die man einfach so belanglos weggeworfen hat, weil sie keiner
reparieren konnte, die sind jetzt gesucht.
Mod.
Vor rund zwanzig Jahren hat Rainer Königs sein Fernsehfachgeschäft aufgegeben und macht
seither „in alten Autoradios“. Nebenbei hat er sich in einer früheren Textilwerkstatt ein privates
Autoradiomuseum eingerichtet. Bis unter die Decke türmen sich die Radiogeräte, manche
verschnörkelt und chromverziert, manche dezent und mattschwarz. Zum Teil zur Schau gestellt in
Glasvitrinen, zum Teil einfach in Regalen aufeinander gestapelt. An den Wänden leuchtende
Schriftzüge und bunte Plakate aus verschiedenen Epochen. Diese Halle ist der richtige Ort für eine
Zeitreise – bis zurück in die 30er Jahre …
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Spot 30er
Werbespot: Ist denn der Mond so blau geworden? … Ich heiße Blaupunkt.
Interview Königs
Und zwar ist das hier die Nummer 62, das AS 5 von Blaupunkt, das erste europäische Autoradio.
Besteht aus nem Fernbedienteil und nem Grundgerät. Und zwar arbeitet das noch mit nem
Umformer. Das ist ein Elektromotor der die Hochspannung erzeugt, die 300 Volt, die das Radio
braucht.
O-Ton Bericht Funkausstellung 1932
Unter den Superhet-Empfängern ist übrigens ein Automobil-Empfänger interessant, der dazu
bestimmt ist, in den Kraftwagen fest eingebaut zu werden. Die Stromlieferung für diesen von den
Idealwerken gebauten Autoempfänger übernimmt die in jedem Wagen befindliche Starterbatterie.
Mod.
Die Radios der damaligen Ideal-Werke kamen unter dem Markennamen Blaupunkt in den Handel.
Das erste Blaupunkt-Autoradio kostete ein Drittel eines Kleinwagens. Unter dem Sitz war ein
schwerer Kasten mit den Röhren versteckt. Vorn am Armaturenbrett war ein kleines Bedienteil
angebracht, das durch einen dicken Bowdenzug mit dem Empfänger verbunden war. Nur 400
Stück wurden vom ersten Autoradio gebaut. Es folgten weitere Hersteller und Modelle. Rainer
Königs hat gleich mehrere Autoradios aus der Frühzeit in seiner Sammlung.
Interview Königs
Das sind also noch Bedienteile von Vorkriegsradios der 30er Jahre – da sieht man mal die Vielfalt.
Zum Teil im Art Deco Stil, tropfenförmig, immer an das Auto angepasst, auch mal so
bonbonfarbende Knöpfe. Es muss ja zum Gesamtkunstwerk Auto passen.
Musik 30er: Ich sitz in meiner kleinen Limousine …
(kurz frei, dann leise unterlegt)
Interview Wengenroth
Bei den ersten Radios waren das noch mehr Abenteuer – das gilt aber auch für die ersten Autos,
das waren auch Abenteuerspielzeuge. Und das interessante am ersten Auto war es, das überhaupt
zum Laufen zu bringen. Das war der Triumph und dann fuhr man ein bisschen damit rum. Und
ähnlich muss man sich das mit den ersten Radios vorstellen. Es ging darum, irgendeinen Sender
zu kriegen und der Triumph war groß, wenn man ihn bekam und dann auch noch fahrend bekam.
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Mod.
Ulrich Wengenroth ist Technikhistoriker am Deutschen Museum in München. Das Büro des
schlacksigen Professors ist nicht weit entfernt von technischen Schaustücken aus aller Welt. Wann
aber das allererste Autoradio gebaut wurde, kann auch er nicht genau sagen. In den USA
verbreiteten sie sich in den 30er Jahren aber viel schneller als in Deutschland. Auch die Förderung
von Volksempfängern und Volksmotorisierung durch die Nationalsozialisten änderte daran
zunächst wenig.
Interview Wengenroth
Nein ich glaube der Nationalsozialismus hat zwar eine kräftige Radiopolitik gemacht, das ist ja
bekannt. Goebbels über das Radio: wenn wir die Leute am Radio haben, dann haben wir sie. Aber
das Autoradio spielte eigentlich keine Rolle. Das lag daran, dass Deutschland in der
Automobilisierung hoffnungslos zurücklag gegenüber Frankreich, gegenüber England, von den
USA gar nicht zu reden. Also die paar Hanseln, die ein Auto hatten und dann auch noch das Geld
für ein Autoradio, die lohnten die Propaganda nicht.
Interview Königs
In den dreißiger Jahren war es nicht so üblich, dass man ein Autoradio hatte in Deutschland, weil,
man konnte mit diesen Radios sehr weit entfernte Sender hören. Und Hitler wollte ja nicht, dass
die Leute gut informiert sind und deswegen hatte man das nicht, Man musste schon Beziehungen
haben, dass man 1939 so ein Radio im Auto hatte.
Mod.
Nur wenige dieser Vorkriegsradios haben bis heute überlebt – manche sogar länger als das
dazugehörige Auto.
Interview Königs
Hier unten hab ich sogar noch ein originalverpacktes Körting-Autoradio von 1939. Der Erstbesitzer
konnte es nicht mehr einbauen, weil das Auto im Krieg beschlagnahmt wurde. Der Horch wurde
beschlagnahmt und das Radio ist übrig geblieben. Und das ist im Karton drin, noch nie
rausgenommen worden. Und ist natürlich n tolles Ding, wenn man so was neu hat. Ja, dem
Besitzer ist es nicht mehr gelungen, dieses riesige Radio in seinem neuen Fahrzeug einzubauen –
sonst wäre es ja auch nicht mehr da.
Mod.
Nach dem Krieg begann die Fertigung von Autoradios nur ganz langsam, geradezu improvisiert.
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Interview Königs
Das ist das erste Becker-Radio, das Autophon. Ist also quasi noch handgefertigt, man hat
Kriegsmaterialien genommen und daraus Autoradios gezaubert. Man sieht, die Skala ist noch
handgezeichnet und das Gehäuse aus Alu gegossen – das waren wahrscheinlich mal Helme. Und
auch die Röhren, die da drin sind, die waren zuvor in irgendwelchen Panzerfunkgeräten. Also,
Recycling-Radios oder Notradios waren das.
Käfer-Motorgeräusch
Mod.
Doch schon bald darauf setzte das Wirtschaftswunder ein. Und als mit dem VW Käfer das erste
Massenauto in Deutschland im Minutentakt von den Bändern lief, begann auch bei den
Radioherstellern die Produktion in größeren Auflagen.
Interview Königs
Und dann haben wir hier 50 verschiedene Brezelkäferradios. Jeder deutsche Hersteller hat versucht,
bei VW Fuß zu fassen und hat Radios gebaut. Weil VW hat so viele Autos gebaut, die konnten gar
nicht so schnell die Sachen beschaffen. Und so hat Telefunken, Loewe Opta, Blaupunkt ,Becker,
Siemens , Phillips, alle haben mitgemischt und wollten große Geschäfte machen. Aber zum Teil
haben die ganz schnell wieder aufgehört. / Aber die haben immer die gleiche charakteristische
Form? / Richtig, die wurden hinter das Armaturenbrett gestellt, man sah nur dieses Oval
rausgucken. Zum Teil sind die auch, wie zum Beispiel das Becker und das Phillips Gerät, konnte
man die auch mit nem Griff raus nehmen. Und dann in die gute Stube stellen oder in die Küche,
weil die liefen auch mit 220 Volt. Man hatte ja nicht so viel Geld und so hatte man ein Küchenradio
und ein Autoradio und ein Urlaubsradio, also das waren die sogenannten Kombiradios, die 49/50
aufkamen. / Und teilweise haben die auch ein großes Instrument in der Mitte. / Richtig, beim
Becker hat man die Uhr in das Radio eingesetzt. Die war eh da und dann hat man die nur umbauen
brauchen, dann hat man ein Radio mit ner Uhr drin.
O-Ton „Gute Fahrt“ Titelmusik & Intro
(Musik unter Mod.)
Mod.
Verdrehte Welt: das Auto war einheitlich, das Radio ganz individuell. Als dann immer mehr Käfer
auf deutschen Straßen mit Radiogeräten umherkrabbelten, begannen auch die Radiosender die
neue Hörergruppe zu entdecken.
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O-Ton „Gute Fahrt“ Titelmusik & Intro
Ansagerin: Gute Fahrt wünschen wir den Autoradiohörern und denen die es werden wollen. Ihr
Beifahrer ist heute Fritz Benscher. Er unterhält Sie mit Musik und Plaudereien in unserer Sendung
Gute Fahrt.
(Anfang unterlegt unter vorhergehender Mod, dann Mod. 0’21-0‘34 frei, dann bei Musik wieder
unterlegt unter folgender Mod.)
Mod. (über Musik)
1959 startete zum Beispiel der Bayerische Rundfunk eine Sendung namens „Gute Fahrt und gute
Reise“. Das Urlaubs- und Transitland hatte schon sehr früh Probleme mit regelmäßigen
Straßenverstopfungen und Sonntagsfahrern. Und so gab es auch schon die ersten Reportagen von
Unfällen und Staus.
O-Ton Ansage „Gute Fahrt“
Moderator: Nimms Gas weg, lieber Autoradiohörer. Ein altes Sprichwort sagt: wer langsam fährt,
kommt auch zum Ziel. Ja, nun aber ein bisschen Musik – das heißt, vorher noch das Allerwichtigste:
wie sieht es zurzeit auf unseren Straßen aus?
O-Ton BR Reportage Unfall aus der Sendung Gute Fahrt
Sie sind Münchner? / Ja / Und was hatten Sie für einen Eindruck? / Vor uns war die Sicht frei, vor
uns war ein Omnibus von der Bundesbahn, dann ein BMW, eine forsche Fahrerin, die uns schon
vorher geschnitten hat, sauber und dann kam der Borgward, dieser Berliner Wagen. Ich hab noch
gesehen, wie der Bus raus fuhr rechts und eine Wandtafel umfuhr und in diesem Augenblick kam
der Borgward rein und der Bremsweg war zu kurz / also wie üblich immer wieder, dass ein Springer
da ist und dann müssen alle anderen bremsen und dadurch geschieht dann wieder der Unfall.
Herzlichen Dank, dass Sie bereit waren, uns eine Auskunft zu geben.
Interview Reindl
Zuvor war es noch so, dass immer ein Mitarbeiter des ADAC am Sonntag am Nachmittag bei der
Sendung „Gute Fahrt und gute Reise“ ins Funkhaus gegangen ist und dann Verkehrsprognosen
vorgelesen hat. Also es war wirklich Steinzeit des Verkehrsfunks.
O-Ton BR aus „Gute Fahrt“
Ja, wir können den Kraftfahrern einige Ratschläge geben: Unser erster Ratschlag wäre der: Fahren
sie nicht alle zwischen 16 und 20 Uhr nach Hause. Sie kommen dann in die Hauptverkehrszeit
hinein und gefährden sich und andere. Nehmen Sie doch das Abendbrot draußen ein und fahren
nach dem Abendbrot nach München. Sie kommen viel bequemer ans Ziel. Und ein sehr wichtiger
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Rat, den ich geben kann: benützen Sie nicht immer dieselben Straßen, wenn Sie ins Grüne fahren
wollen. Es gibt viele schöne Straßen, die nicht so bekannt sind. Sie kommen auf diesen Straßen viel
besser heim als auf den Hauptverkehrsstraßen.
Musik: 50er Jahre
O-Ton BR „mit Musik in den Süden“
Meine Damen und Herren, am kommenden Freitagabend hält der Bayerische Rundfunk auch an
diesem Jahr wieder an den fünf Wochenenden der Hauptreisezeit einen Sonderservice für Urlauber
bereit. Unser erstes Hörfunkprogramm schaltet sich aus dem üblichen ARD-Nachtprogramm aus
und bringt stattdessen zwischen Mitternacht und 5 Uhr 30 die Sendung „mit Musik in den Süden“.
Interview Reindl
Damals gabs ja auch noch die Sendung mit Musik in den Süden, wo man dann die ganze Nacht
von Freitag auf Samstag auch hier im ADAC gesessen ist und Verkehrsmeldungen, Verkehrslage an
den Grenzen nach Österreich gemeldet hat. Damals war das wirklich noch spannend auch wenn
man nach Italien gefahren ist. Heute fahre ich von München über den Brenner hinüber, ohne auch
nur stehen zu bleiben. Damals an jeder Grenze Pässe raus, Personalausweis, Stau ohne Ende –
und das ging damals auch während der ganzen Nacht.
O-Ton BR Intendant Zöller über „mit Musik in den Süden“
Die Tendenz dieser Sendung ist, den Autofahrer einmal vom Studio aus zu begleiten, vom Norden
in den Süden, zum anderen aber, ihn direkt zu begleiten. Es sind immer Reporter unterwegs, die im
Zug der Autofahrer mitfahren. Wir wollen also dem Autofahrer einen direkten Eindruck geben von
dem, was er selber erlebt.
Mod.
Sicher haben eine Menge Hörer Zuhause – und nicht in ihrem Fahrzeug – die ersten Programme
für Autofahrer gehört. Denn nur ein kleiner Teil der Autofahrer hatte ein Radio im Auto. Das wollte
man Ende der 60er Jahre ändern.
O-Ton SWF 1.Deutsche Autoradiowoche (1969)
Sicher bin ich mir aber, dass viele von Ihnen uns jetzt gerade im Auto hören, über Autoradio.
Wenn das der Fall ist gehören Sie zu den fortschrittlichen vier Millionen, denn nur vier von 12
Millionen Autofahrern besitzen ein Autoradio. Um die restlichen zwei Drittel geht es ab heute, denn
bis zum 10.Mai veranstaltet der ADAC in Zusammenarbeit mit dem Fachverband Rundfunk und
Fernsehen die erste deutsche Autoradiowoche. Herr Kaiser, was haben Sie sich im ADAC
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ausgedacht, um eine Woche lang im Radio Propaganda für das Autoradio zu machen? / Ja, weil wir
der Meinung sind, dass Autofahrer, die schon ein Autoradio im Wagen haben vielleicht das Radio
nicht immer an machen, haben wir uns eine Autoradiokarte ausgedacht, im Brieftaschenformat –
die kann man vorne hinkleben oder einstecken – wo alle deutschen Sender mit den KilohertzZahlen angegeben sind. Wenn einer von München nach Karlsruhe fährt, dann ist genau die Zahl
angegeben auf dem er diesen Sender empfangen kann.
Mod.
Ob die Autoradiowoche einschlägigen Erfolg hatte, ist nicht überliefert. Der heute kompliziert
anmutende Empfang der Radiosender war in Deutschland aber technisch sehr fortschrittlich. Das
Zauberwort lautete UKW, die Ultrakurzwelle.
Interview Wengenroth
Die schnelle Verbreitung des UKW-Radios in Deutschland ist eine listige Geschichte, denn
eigentlich wollten die siegreichen Alliierten Deutschland bestrafen nach dem zweiten Weltkrieg und
haben diesem neuen Land ganz wenig Mittelwellenfrequenzen zugeteilt und dadurch mussten die
deutschen Sender früher als andere auf das neue UKW ausweichen. Das war ein Segen für die
Radioindustrie in Deutschland, denn dadurch hatten die Hersteller sehr schnell leistungsfähige
UKW-Radios, denn der heimische Markt hat sie gekauft, und die Qualität war auch besser, während
die anderen Länder noch lange Mittelwelle hörten – die Qualität war gar nicht so gut.
Mod.
Etwa zeitgleich mit der Einführung flächendeckender UKW-Versorgung brachte dann eine weitere
technische Entwicklung den endgültigen Durchbruch des Autoradios.
Interview Wengenroth
Man brauchte einfach Transistorradios, denn mit einem Röhrenradio wurde man nicht glücklich.
das Ding braucht furchtbar viel Strom, sehr komplizierte Elektrik, das machte keinen Spaß. Aber
mit dem Transistorradio, das wir ja kennen als kleines Kofferradio – und in der Tat waren sehr viele
erste Autoradios keine Einbauradios, sondern Kofferradios, die mit einer kleinen Schnappkonsole
unter das Armaturenbrett geklemmt wurden. Also das sind die großen Hilfsmittel um das
allgemeine Autoradio überhaupt erst zu verbreiten.
Musik: Drive my car – Beatles
(frei, dann unterlegt unter Mod.)
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Mod.
Mit der Massenfertigung der kompakten Transistorradios konnte auch das Autoradio standarisiert
werden. Es verschwand im sogenannten „Normschacht“ im Armaturenbrett. Nicht mehr viele
Radiomodelle für einen Autotyp – wie zuvor beim Käfer - sondern ein Autoradiotyp für viele
Automodelle – nur noch die Blende an der Vorderseite des Radios wurde dem jeweiligen Wagentyp
angepasst.
Interview Königs
Blaupunkt hat mehr Radios gebaut, die man Allround verwenden kann, das heißt sie unterscheiden
sich nur durch die Blende, aber es ist immer das ein ähnliches Grundgerät. Und wenn man ne
Borgward-Blende draufmacht ist es ein Borgward-Radio und wenn man ne Mercedes-Blende
draufmacht, ist es ein Mercedes-Radio. Die haben auf Stückzahlen gesetzt / Und die Blenden sind
dann so entsprechend der Fahrzeuge / ja, bei Mercedes dann Chrom, schwarz, Holz und bei
Borgward elfenbeinfarben, also alles immer zum Interieur passend.
O-Ton Werbespot 50er (erst ab 0’06)
Mit Blaupunkt hört ihr ungestört aus aller Welt was Euch gefällt, ein kluges Wort vom fernsten Ort,
Spiel und Gesang mit schönem Klang, Musik betört Euch ungetrübt und ungestört – mit Blaupunkt
hört.
Interview Königs
Und dann haben wir hier die ersten Quick-Out-Radios. Das sind Radios, die man in so’ne
Halterung reinsteckt. Und man konnte die raus ziehen und es gab auch ne Ledertasche dazu, dass
man die so als Strandradio benutzen konnte. Die lagen so bei 150 Mark, das war also bezahlbar. Es
gab aber auch große Kofferradios, die musste man unter das Armaturenbrett bauen, nur das
wurden dann auch Radios, die zu Geschossen wurden bei nem Unfall. Die wurden dann denn auch
irgendwann verboten, weil die sich aus der Halterung gelöst haben und dann wurden sie zum
Wurfgeschoss.
Musik: I get around – Beach Boys
(erst frei, dann unterlegt unter Mod.)
Mod.
Radio reichte bald nicht mehr. Der moderne Autofahrer wollte seine Lieblingsmusik hören können.
Und so erhielten bald auch andere Geräte Einzug ins Auto:
Geräusch Plattenspielermechanik
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2
Damit fings an, der sogenannte Phillips Auto-Mignon, der Autoplattenspieler. Das war also ein
Plattenschlucker, kardanisch aufgehangen und konnte man an handelsübliche Autoradios
anschließen. / Da konnte man eine Single Schallplatte reinstecken? / Da konnte man die Heinz
Rühmann- oder die Rudolf Schock- Schallplatte einstecken und spielte normal ab mit nem hohen
Gewicht, also der Tonarm war relativ schwer. Dadurch gab es wenig Schwankungen. Nur die Platte
war natürlich für andere Geräte verdorben danach.
Mod.
Die empfindliche Vinylschallplatte entpuppte sich schnell als nicht so ganz optimaler Tonträger
fürs Auto – spätestens, wenn man die Lieblingsplatte einmal auf der Hutablage in der Sonne liegen
ließ und die gewellte Scheibe anschließend nicht mehr in den Schlitz des Auto-Mignon passte. In
den 70er Jahren lief ihr die neu entwickelte Compact-Cassette schnell den Rang ab. Schon bald war
der Kassettenrecorder in das Radio integriert und wurde zum Standard. Nicht durchsetzen konnte
sich dagegen – zunächst – der Bildschirm im Auto.
Interview Königs
Dann haben wir hier unten Autofernseher. Für die noblen großen Mercedes 600er und so weiter.
Die hatten hinten eine Halterung und da konnte man fernsehgucken. / Aber mit Bildschirmen, die
so groß sind, wie heute die iPods / Genau, mit dem klassischen 12-Zentimeterbildschirm.
Mod.
Nur die wenigsten hatten jedoch damals ein solches Mäusekino im Auto. Das Radio war dagegen
unverzichtbarer Stau-Begleiter. Und irgendwann kam der Gedanke auf: wenn fast alle eins haben,
kann man es vielleicht auch nutzen, um Staus zu verhindern.
O-Ton Verkehrshinweis mit Dlf-Kennung
Signal / Deutschlandfunk zur Verkehrslage meldet die Polizei. Hessen A 7 von Fulda in Richtung
Kassel zwischen Homburg und Melsungen 5 Kilometer Stau nach Unfall.
Interview Hinz
Der Verkehrsfunk wurde uns sozusagen hinterher geworfen. Es gab bereits in den 60ern
Verkehrsmeldungen – anfangs nur wenige, das verdichtete sich dann aber und für die ARDAnstalten war das ein unerwünschtes Programmstück. Es hat nach ihrer Meinung das Programm
zerstört. Und dann wollten sie das gerne loswerden und da haben sie dann an den
Deutschlandfunk gedacht, der ist ja 1963 gegründet worden und haben gesagt: das kann der
Deutschlandfunk machen.
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3
Mod.
Werner Hinz, in den 70er Jahren der technische Direktor des Deutschlandfunks, wurde damit
beauftragt, zusammen mit den Geräteherstellern ein akustisches Signal einzuführen, das die
Verkehrsmeldung kennzeichnet.
Interview Hinz
Dann schlug einer aus dem Deutschlandfunk nen Dreiklang vor und der Mann von Blaupunkt ging
dann mit der Idee nach Hause, kam aber nach zwei Wochen wieder zu mir und sagte, da sind die
Fehlmeldungen unglaublich, denn D-Dur Dreiklänge sind fast in allem drin, sogar in der Sprache
und dann spricht der Apparat dauernd an obwohl gar keine Verkehrsmeldungen da sind. Dann hab
ich mal kurz nachgedacht und dann hab ich ihm ein Frequenzgemisch empfohlen und das dauerte
nicht mehr als zehn Tage, da kam er mit so nem Empfangsteil zurück und sagte, dass Ding geht
dufte. Und so war es und so blieb es dann bis heute.
Mod.
Der „Hinz-Triller“ war erfunden, jener schrille Piepston der seit Jahrzehnten am Anfang und am
Ende jeder Verkehrsmeldung – egal in welcher Radiowelle – erklingt. Und damit die Übertragung
von ARI, der Autofahrer-Rundfunk-Information, die die entsprechend ausgerüsteten Geräte
veranlasst, die Lautstärke anzuheben oder von Cassette auf Radio umzuschalten, wenn wieder
einmal ein wichtiger Verkehrshinweis gemeldet wird.
O-Ton Verkehrshinweis
Deutschlandfunk. 13 Uhr 34, die Verkehrslage. Vorsicht auf der A 4 Köln Olpe. Zwischen Overath
und Untereschbach liegt: ein Bett auf der Fahr … Verzeihung, es muss Brett heißen, auf der
Fahrbahn.
Mod.
Der Hinz-Triller blieb ein deutschlandweiter Standard, auch als den regionalen Sendern allmählich
klar wurde, dass Verkehrsmeldungen die Hörer nicht vertrieben, sondern zusätzliche Hörer
brachten. Am konsequentesten setzte diese Erkenntnis wohl der Bayerische Rundfunk um, der am 1.
April 1971 die erste Autofahrer-Servicewelle in Betrieb nahm.
O-Ton BR Erstsendung Bayern 3
Signal / Hier ist der Bayerische Rundfunk mit seinem dritten Programm: Bayern 3, die Service-Welle
von Radio München. Guten Morgen meine Damen und Herren, ich darf sie begrüßen zur ersten
Sendung des Bayerischen Rundfunks auf seiner Servicewelle.
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Mod.
Generationen deutscher Familien dürften die markante Senderkennung …
O-Ton BR Signal
Mod.
… mit einer Urlaubsfahrt in Richtung Alpen oder Adria …
O-Ton BR Signal
Mod.
… in Verbindung bringen. Und selbst bei Deutschlands Komikern wurde das Erkennungszeichen
von Bayern 3 …
O-Ton BR Signal
Mod.
… in leicht abgewandelter Form zum Gestaltungselement im Sketch.
Sketch Hallervorden
Hier ist die Autoservicewelle mit aktuellen Meldungen über den Straßenverkehr. Auf dem Weg von
Asdereksteotlauzukabadüral ist die Straße von Gibraltar wegen Überschwemmung gesperrt. Dem
Autofahrer wird empfohlen, das Höhenruder einzuschalten.
Sketch Loriot
Sie hören Verkehrsnachrichten: wie der ADAC mitteilt, beträgt der Autorückstau nach München am
Wochenende zur Zeit etwa 25 Kilometer. Im Jahre 1990 seien es 150 Kilometer und für die
Jahrtausendwende müsse mit 800 Kilometern gerechnet werden. Für diesen Fall empfiehlt das
Bundesministerium für Verkehr die Nebenstraßen über Kalkutta.
Musik: Mike Krüger – Stauer
Wir ham im Radio immer nen Sender drin - wird ein Stau gemeldet, fahrn wir gleich hin…. wenn
man was erleben will, dann darf man nicht sparn, dann muss man Samstag fahrn, wenn alle fahrn.
Interview Wengenroth
Sehr bald haben Verkehrsforscher herausgefunden, dass viele Leute es gerade interessant fanden,
im größten Verkehrsstau des Urlaubsverkehrs zu stehen und lange darüber berichtet haben: warst
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Du auch dabei? Oder hingefahren sind, um zu gucken.
O-Ton Verkehrshinweis
Die nächste Verkehrsmeldung: kein Witz: … läuft bzw. hüpft ein Känguru auf der Fahrbahn.
Mod.
Durch den Erfolg von Bayern 3 angespornt, richteten auch die anderen Rundfunkanstalten nach
und nach Servicewellen ein. Allerdings waren aktuelle Verkehrsmeldungen anfangs ein mühsames
Geschäft, erinnert sich Alfred Zerban, der erste Leiter der Verkehrsredaktion von WDR 2.
Interview Zerban
Man kann es sich ja nicht mehr vorstellen, dass die Polizei mit den Verkehrsinfos gar nicht
rausrückte. Die haben die irgendwie als geheime Kommandosache behandelt. Ein Reporter des
WDR hatte dann die Idee den Polizeifunk abzuhören. Der setzte sich aufs Dach, wie man das
nannte, das war die oberste Etage des Funkhauses am Wallraffplatz, hörte den Polizeifunk ab und
machte daraus Meldungen. Dann schickte man Ü-Wagen an die Autobahn – die kamen immer an,
wenn der Verkehr weg war. Das ging auch nicht.
Mod.
Erst nach und nach wurde ein flächendeckendes Netz von Meldestellen eingerichtet. Durch die
technischen Entwicklungen wie dem beschriebenen ARI gelang es bald, akute Gefahren unmittelbar
zu melden. Was allerdings wieder unerfreuliche Auswirkungen auf das Radioprogramm hatte.
Interview Zerban
Die Geisterfahrer geisterten immer in Bayern rum und in der übrigen Republik wunderte man sich,
was haben die Bayern bloß mit ihren Geisterfahrern. Bis sich herausstellte, dass es die auch in
Nordrheinwestfalen gab und dass dadurch Unfälle entstanden. Und dann hieß es: ja, das müssen
wir doch dringend melden und das führte dann leider dazu, dass dauernd diese
Geisterfahrermeldungen – zum Teil machte sich das Publikum auch Spaß daran, uns zu
informieren, hier kommt mir einer auf der Autobahn entgegen. Dann stand alles still und jeder gab
sofort die Meldung frei. Es wurden Interviews unterbrochen – das war schlimm.
O-Ton Verkehrshinweis
WDR 2 Verkehrsservice. A2 Dortmund Richtung Hannover. Die Polizei bremst dort den Verkehr um
Geldscheine aufzusammeln, die Bankräuber auf ihrer Flucht aus dem Fenster geworfen haben
Musik: Wise Guys – Radio
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Interview Rötter
Wir haben Forschungen gemacht durch eine Fahrsimulation auf Strecken, die man sich so
vorstellen muss als würde man nachts auf der Autobahn fahren. Da neigt der Organismus, wenn so
wenig Reize auf einen einströmen doch eher dazu, schläfrig zu werden und wenn man in so einer
Situation Musik hört, kann man dann beim Versuch einer Vollbremsung eine Verkürzungen des
Bremsweg bis zu drei Meter bei 100 km/h feststellen. Die Musik erzeugt eine Aktivierung, so eine
größere Erregung des Körpers und die verbessert unsere Reaktionszeit.
Mod.
Günter Rötter, Musikwissenschaftler an der Uni Dortmund, erforscht seit Anfang der 80er Jahre die
Wirkung der Musik aufs Autofahren. Das Ergebnis seiner Forschung: Die Fahrsituation ist
entscheidend, wie sich die Musik auf das Fahrverhalten auswirkt.
Interview Rötter
Wenn die Verkehrssituation schon genug Reize aufweist, wie im hektischen Stadtverkehr, dann ist
unser Leistungsverhalten auf einem optimalen Niveau. Wenn dann die Musik noch hinzukommt,
dann wird Musikhören zu einer Gefahr. Die Reaktionszeit verlangsamt sich. Man ist überaktiviert
und das kann durchaus zu Unfällen führen durch Musik.
Musik: Spliff – Duett komplett, im roten Kadett …
Interview Rötter
Es ist öfter versucht worden, CDs zusammenzustellen mit idealer Musik zum Autofahren aber das
ist Unsinn. Fahrsituation und persönliche Präferenzen des Fahrers sind entscheidend, so dass es
keine ideale Musik zum Autofahren geben kann.
Musik: Henry Valentino – Im Wagen vor mir
Interview Rötter
Schlager ist ein sehr kritischer Fall, denn wir sind einmal mit der emotionalen Seite der Musik
befasst, und wenn dann noch das Verstehen von Text hinzukommt, dann wird noch mehr
Aufmerksamkeitskapazität vom Gehirn beschlagnahmt, so dass für die Verkehrssituation nur noch
wenig Platz ist. Nachrichten liegen so in der Wirkung dazwischen, da haben wir ja keine emotionale
Beteiligung aber immerhin müssen wir uns mit den Inhalten auseinandersetzen. Bei klassischer
Musik haben wir plötzlich längere Reaktionszeiten und merkwürdige Dinge gefunden. Das
schreiben wir aber nicht der klassischen Musik zu, sondern dass Klassikhörer ein anderer Typ von
Fahrer sind.
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Interview Rötter
Bei Klassik haben wir noch einen weiteren Faktor. Popmusik ist eine Musik, die immer gleich laut
ist. Klassische Musik hat mehr Dynamik. Die ist mal laut, mal leise, mal ist sie unter dem
Fahrgeräusch, mal übertönt sie es. Und dieses verfolgen wollen der Musik, einmal durch die
Komplexität und durch diese Dynamikschwankungen, das ist schon ein starker Ablenkungsfaktor.
Musik: Kraftwerk – Autobahn (unterlegt)
Interview Wengenroth
Im Auto brauchen wir natürlich diese Soundtapete. Und deswegen ist auch meistens der gleiche
Sender eingeschaltet, ohnehin etwas komprimierte Musik, dass es nicht so reizt. Und diese
Soundtapete trägt uns gefühlsmäßig durch den Verkehr. Das ist wie ein sanftes Beruhigungsmittel,
dass uns diesen Wahnsinn überstehen lässt.
Mod.
Das Bedürfnis der Autofahrer, leicht verdauliche Musik zu konsumieren, prägt bis heute die
Radioprogramme ganz entscheidend. Englischsprachige Popmusik schwappte nämlich vor allem
über die Autofahrerwellen nach Deutschland.
Interview Jan Hofer
Mir ist zum ersten Mal in den USA aufgefallen, wie toll Radio sein kann, wenn man das richtig
macht. Ich habe zum Beispiel die Country-Sender da sehr geliebt, weil die Musik gespielt haben,
die kannte ich gar nicht. Mir war deutsche Schlagerseligkeit nicht so mein Ding. Ich habe mich
mehr der Popmusik verbunden gefühlt und da fehlte mir schon was.
Mod.
Jan Hofer, heute Mr. Tagesschau im Fernsehen, begann seine Karriere als Radiomoderator bei der
Europawelle Saar. Er moderierte damals unter anderem eine Sendung, die sich an eine besondere
Gruppe der Kraftfahrer wendete.
O-Ton SR Titelmusik Brummerfunk von Truck Stop
(Ausschnitt)
Interview Jan Hofer
Zum Beispiel gab es eine Sendung für Trucker, für Fernfahrer. Abends um 11 lief die. Und da wurde
ganz gezielt die Problematik dieser Leute angesprochen mit Gästen. Wir haben immer live
gesendet von einer Raststätte für Fernfahrer. Es gab Trucker, die angerufen haben, die in den
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Raststätten vor Ort gewesen sind, es gab Experten, die darüber gesprochen haben, wie das ist,
wenn man zu lange sitzt oder was falsches isst. Also, das war ne Sendung rund um Fernfahrer.
Musik: Truck Stop – Fern der Heimat
Mod.
Gerade nachts um elf waren die Brummifahrer ein wichtiger Hörerkreis. Am Samstagmorgen war
dagegen halb Deutschland mit dem Auto unterwegs oder hatte bei weit geöffneten Fahrzeugtüren
das Radio beim wöchentlichen Autowaschen an.
Interview Zerban
Der WDR hatte damals irgendwo auch ein schlechtes Gewissen, weil wir auf 20.000 Verkehrstote
per Annum steuerten. Da musste was getan werden. So haben wir eine Quiz-Sendung entwickelt,
die das das vorausschauende Fahren proklamierte und es kam sehr gut an und dadurch entstand
dann die Idee, Samstagmorgen eine Sendung zu machen, in der die Begeisterung für das Auto, die
ja nun auch im Publikum vorhanden war, zum Ausdruck kam aber ebenso die Gefahren die mit
dem Autofahren verbunden sind.
O-Ton WDR Intro Freie Fahrt
(Musik unterlegt unter vorherigem O-Ton, Ansager frei, Musik dann wieder unterlegt unter Mod.)
Mod.
Zum verkehrspolitischen Höhepunkt der Sendung „Freie Fahrt ins Wochenend“ wurde ein
Kommentar von Alfred Zerban zum Thema Tempo 30 in den Städten. Er löste seinerzeit ein
gewaltiges Echo aus – überall in Nordrhein Westfalen gründeten sich Bürgerinitiativen und die
Sendung begleitete die Entwicklung verkehrsberuhigter Viertel im Sendegebiet dauerhaft.
Der akustische Höhepunkt der Sendung war aber jede Woche eine Testfahrt mit einem neuen
Automodell.
O-Ton WDR Intro Fahrbericht
O-Ton WDR Autotest
Passen Sie mal auf was wir jetzt machen, meine Damen und Herren. Von Null auf Hundert in 6,9
Sekunden und bald erreichen wir schon die Spitzengeschwindigkeit von über 200 Kilometer pro
Stunde.
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9
Interview Zerban
Das Auto wurde mit vier Mikrofonen ausgestattet und wir hatten einen Techniker hinten drin, so
dass man also ein richtig gutes, volles Raumgeräusch auch hatte. Also, man fühlte sich als Hörer
schon mitgenommen.
Mod.
Etwas mitgenommen klangen manchmal auch die Moderatoren, als es gegen Ende des
Fahrberichts auf die Marterstrecke ging …
O-Ton WDR Autotest
Wir haben alle möglichen Klappergeräusche, sehr geringe Bodenhöhe. Wir haben auch
Schwierigkeiten, die Spur überhaupt zu halten. Jetzt ist der Gang rausgesprungen. Oh ne, das ist
überhaupt nicht toll.
Interview Zerban
Leute im Ruhrgebiet hörten das beim Wagenwaschen und die Leute kamen darüber ins Gespräch.
Hatten wir ein bestimmtes Auto und sagten, das ist aber nicht besonders gut, dann sprach ein
Nachbar den anderen an und sagte: hast gehört? Das ist aber keine gute Karre, die du da hast.
Mod.
Eigentlich warteten die Hörer aber nicht auf das Testurteil, sondern einzig und allein auf das
akustische Radio-Erlebnis „Marterstrecke“ am Ende des Fahrberichts. Und die wurde auch für den
Tester schon mal zum Abenteuer.
Interview Zerban
Hier am Kölner Flughafen in Wahn hatten wir eine Stelle entdeckt, die von der belgischen Armee
als Panzerübungsplatz verwendet wurde und das durften wir eigentlich auch nicht befahren, aber
sie müssen sich vorstellen, der Fahrbericht dauerte fünf Minuten und davon war ne halbe Minute
diese Marterstrecke. Also, wir konnten da schnell rüberfahren und dann hatten wir das Geräusch.
Aber dann kam uns eines Tages eine Panzerkolonne entgegen und da ich so über wenig
militärische Ausbildung verfügte, habe ich die gar nicht so ernst genommen. Und mein armer
Kollege, der bei mir saß, bekam einen Alptraum als ich mit diesem Testauto in die Panzerkolonne.
O-Ton WDR
Französischer Komfort, Gernot Rötig / Ich sagte es ja schon – oh Gott, die Panzer! Ich sagte es ja
schon, der hat ein sehr aufwen … ne! / Ja, mach doch weiter! / Ich sagte es ja schon, er hat ein sehr
aufwendiges Fahr … gehen sie weg aus diesem Panzerbereich, die Dinger sind saugefährlich, Herr
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Zerban. Ich habe einen Bärenrespekt vor diesen Viechern. / Nun reden Sie doch weiter, wir wären
schon längst fertig / Nein / ich fahr doch hier rum, hier ist doch gar kein Panzer / Die Dinger sind
saugefährlich und der Junge ist auch schon ganz kribbelig … fahren sie bitte raus aus dem Gelände.
O-Ton WDR Jingle nach dem Autotest
Fahren Sie bitte vorsichtig … immer!
Mod.
Noch einen Schritt weiter in den Mittelpunkt rückt das Auto in einer Sendung des amerikanischen
National Public Radio.
O-Ton Car Talk
Hello, you are on Car Talk …
Mod.
Die Moderatorenbrüder Tom und Ray Magliozzi, genannt Click und Clack, mischen das Thema
Auto mit dem Format der unterhaltsamen Talksendung. Jede Woche rufen über eine Stunde lang
Autofahrer aus dem ganzen Land an, um sich mit dem Moderatoren-Duo über ihr persönliches
Autoerlebnis zu unterhalten.
O-Ton Car Talk
Problem: I‘ve got a Toyota Corolla …
Mod.
Car Talk zeigt, dass Auto und Radio noch immer zusammen funktionieren. Keine biedere
Servicesendung, sondern eine Art Comedy-Impro über den Alltagsgegenstand Auto.
O-Ton Car Talk
Tipp: take that shield off first …
Mod.
Einen Nachahmer hat Car Talk in Deutschland gefunden: bei radioeins in Berlin geht einmal
wöchentlich ein sogenannter Autopapst auf Sendung und gibt den Anrufern Tipps für ihr Fahrzeug.
Doch an die Leichtigkeit und Komik des Originals von Car Talk kommt er nicht heran.
O-Ton Car Talk
Verabschiedung, dann Musik …
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1
Mod.
Vielleicht ist die Zeit der speziellen Autofahrer-Radiosendungen aber auch einfach vorbei? Denn
auch die goldenen Zeiten der speziellen Autoradiogerätehersteller begannen sich einzutrüben.
Schon in den 80ern wurde das kleine Gerät im dafür vorgesehenen Normschacht den ersten
Autofahrern langsam zu spießig. Hauke Kerl, auch ein Sammler verrückter Autoradios hat in seiner
Kollektion ein ganz besonderes Exponat.
Interview Kerl
Das Gerät nennt sich Cockpit und das nicht ohne Grund, weil es wurde tatsächlich wie ein Cockpit
installiert. Die Piloten haben ja auch über sich diverse Hebelchen, Instrumente und Schalter. Und
genauso ist dieses Gerät konzipiert. Es wurde tatsächlich im Fahrzeug am Dachhimmel montiert.
Und dann war da eben ein vergleichsweise großes Gerät, was eben von der Windschutzscheibe bis
zu den Kopfstützen der Vordersitze reichte. Und in diesem Bereich verteilt hatte man eben
Kassettendeck, Digitalanzeige, bei diesem Gerät eben auch noch einen Equalizer und einen
Balancefader, sieht aus wie ein Joystick mit dem sie steuern können, wo der Klang hörbar sein soll.
Und manche Fahrzeuge hatten im Dachhimmel die Innenleuchte und damit die eben nicht wegfiel
ist die Innenleuchte auch noch in dieses Gerät integriert.
O-Ton Werbespot 80er
Planen sie die Zukunft ein … wie neu wird ihr neues Autoradio morgen noch sein? … die ganze
Faszination modernster Elektronik … auf immer mehr Spaß beim Fahren. Blaupunkt – Zukunft
eingebaut.
Mod.
Allen Zukunftsvisionen zum Trotz: der Niedergang der renommierten Autoradiomarken lässt sich
nicht mehr stoppen. Die Autohersteller möchten jetzt nur noch ihr eigenes Signet auf dem
Armaturenbrett haben. Der Kunde erkennt nicht mehr, ob es ein Becker, ein Blaupunkt oder ein
japanisches Gerät ist. Und um die Jahrtausendwende setzt dann noch eine technische Entwicklung
ein, deren Ende auch heute nicht absehbar ist: Autoradio, Hifi-Anlage, Bordcomputer, Mobiltelefon
und Navigationssystem verschmelzen zu einem komplexen Panel im Armaturenbrett. Aus Hifi wird
Hi-Tech.
Interview Wengenroth
Das Fahren wurde einfach immer langweiliger. Wenn man fährt in einem Stau oder mit konstanter
Geschwindigkeit auf der Autobahn hinter den anderen her, das ist furchtbar langweilig. Und dann
muss im Inneren des Autos was passieren. Wenn Sie sich das Armaturenbrett eines Käfer
anschauen, da ist so gut wie nichts zu sehen, ein Geschwindigkeitsmesser, ein Kilometerzähler, ein
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grünes Lämpchen warnt vor Überhitzung des Motors, ein rotes vor dem Ausfall der Lichtmaschine,
ein blaues zeigt, dass sie Fernlicht haben und dann haben sie noch nen Schalter für den
Scheibenwischer und einen fürs Licht – fertig! Aber wenn sie sich heute ein Armaturenbrett
anschauen, das ist ja grandiose Unterhaltungselektronik, die sich vor uns ausbreitet. Wir kriegen ja
viel mehr Informationen über das Wohlbefinden des Autos angezeigt und das liegt nicht daran,
dass unsere Autos heute so viel unzuverlässiger und anfälliger sind, dass man viel mehr
kontrollieren muss. Das bekämpft einfach die Langeweile. Man muss doch was zu gucken haben,
wenn es draußen so öde ist. Und dazu gehört auch das Radio und das Navi, das viele Leute auch
anschalten, wenn sie den Weg kennen, damit einfach was passiert.
Interview Kirk
Das Radio ist ein integraler Bestandteil dieses Systems, die Funktionalität ist aber deutlich erweitert
worden. Das heißt es sind Navigationssystem, Telefonie, Sprachverarbeitung integriert worden in
ein System und damit ist es sowohl möglich geworden, eine einheitliche Bedienung zu schaffen als
auch die Technologie gut zu vernetzen, also: die Systeme arbeiten zusammen.
Mod.
Edgar Kirk ist beim Autohersteller BMW der leitende Ingenieur für den „Fahrererlebnisplatz“ –
genau so steht es auf seiner Visitenkarte. Und das Autoradio ist für den Fahrer nur noch ein
Erlebnis von vielen …
Interview Kirk
Das Fahrzeug ist ja mittlerweile einer der Orte geworden, wo man noch in Ruhe Musik hören kann,
wo viele Menschen auch einen großen Teil ihrer Zeit verbringen. Deswegen ist es uns wichtig, dass
sie im Fahrzeug auch eine hochwertige Musikwiedergabe haben, damit sie diese Zeit sinnvoll
nutzen können.
Mod.
Man hört aber nicht mehr nur Radio und Musik oder die freundliche Stimme aus dem Navi. Heute
kann die Entertainmentanlage im Armaturenbrett noch mehr. Zum Beispiel das Geräusch des
Motors, das durch Lärmvorschriften gedrosselt wurde, innen im Fahrzeug wieder satter klingen
lassen. Allen Ernstes arbeiten Soundingenieure daran, dass die Musikanlage das Motorengeräusch
nicht mehr überlagert – sondern erzeugt. Das Ziel: sattes Brabbeln aus den Boxen!
Interview Kirk
Unsere Fahrzeuge werden immer effizienter und dadurch wird der Motorklang immer schlanker. Je
effizienter der Motor wird, desto weniger Schallenergie geben wir auch ab. Und um den Fahrspaß
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auf einem gleichen Niveau zu halten, wird das Geräusch, was der Motor natürlich erzeugt, ergänzt.
Beim M5 ist das Gesamtergebnis der Akustik zum Teil durch vom Motor zum Teil durch das
Entertainmentsystem erzeugt worden. Das nennen wir Active Sound Design.
Musik: Cars – Gary Numan (instr.)
(kurz frei, dann unterlegt)
Mod. (darüber)
Während das Autoradio sich zum Entertainmentsystem entwickelt hat, wird das Auto selbst immer
mehr zum “fahrbaren Endgerät”, zum Smartphone auf Rädern.
Interview Schierbaum
Ich glaube schon, dass es immer wichtiger wird für die Autofahrer und damit auch für die
Fahrzeugindustrie dass man diesen Informationshunger stillt. Wir haben heute über das Internet
die Möglichkeit, uns überall zu informieren und auch im Fahrzeug wird das zukünftig wichtig sein.
Mod.
Thomas Schierbaum vom Institut für Rundfunktechnik tüftelt gemeinsam mit der Autoindustrie
und den Rundfunk- und Mobilfunkbetreibern an neuen Techniken für die Zukunft des Autoradios.
Im Testlauf befindet sich gerade TPEG, sozusagen der Nach-Nach-Nachfolger des ARI, des
Autofahrer-Rundfunksystems aus den 80ern. TPEG wird die Funktionalität des
Infotainmentsystems weiter erhöhen.
Interview Schierbaum
Bei TPEG ist es so, dass Sie intermodale Informationen übertragen können. Natürlich auch
Verkehrsinformationen aber sie können auch Reisezeiten übertragen, Parkplatzinformationen,
wieviele Parkplätze sind in dem und dem Parkhaus noch frei. Sie können die Fahrpläne von ÖPNVAngeboten übertragen. Und daher kommt auch der Begriff intermodal, das heißt verschiedene
Informationen greifen dann ineinander und sie können sich überlegen, wenn Sie irgendwo in der
Stadt im Stau stehen, dass Sie das nächste Parkhaus anfahren, dort das Fahrzeug abstellen und Sie
wissen genau, in wieviel Minuten dann die U-Bahn abfährt.
Musik: Cars – Gary Numan (instr.)
(kurz frei, dann unterlegt)
Mod.
In Zukunft wird uns also das Gerät, was einmal das Autoradio war, mitteilen, wo die nächste
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Batterieaufladestation für unser Elektroauto steht, wo das nächste Leihfahrrad uns die Weiterfahrt
ermöglicht, wo wir mit der U-Bahn schneller vorankommen und wo gerade der sonnigste
Biergarten erreichbar ist.
Interview Schierbaum
Vielleicht gibt’s ja dann die Facebook-App, die uns zeigt, wo die Freunde im Stau stehen.
Mod.
Fragt sich, ob das nicht alles auch ein Smartphone übernehmen kann. Selbst die Übertragung des
Radioprogramms könnte über Mobilfunk stattfinden, wenn sich der Digitalfunk DAB+ nicht
durchsetzen sollte. Braucht es also überhaupt noch ein Gerät, speziell fürs Auto?
Interview Wengenroth
Ich glaube nicht, dass die speziellen Autogeräte obsolet werden, denn es ist eine Designfrage.
Vorne diese Unterhaltungselektronik, die muss hübsch aussehen, die muss einen Spielwert haben.
Das ist eine Spielkonsole. Das Auto ist eine Spielkonsole, mit der man zur Arbeit fahren kann. Im
Grunde wollen sie ein unterhaltsames Gehäuse haben, aus dem sie hin und wieder hinausschauen,
um nicht in den Vordermann zu fahren.
Musik: Rodgau Monotones - Autoradio
Alles was ich brauch, das bist Du und mein Autoradio …
(dann über instrumental:)
Sprecher
Das war: Audio mobil. Eine kleine Kulturgeschichte des Autoradios. Ein Feature von Roland
Söker.
Es sprachen: Janina Sachau und Matthias Luehn
Ton & Technik: Gunther Rose
Regie: Thomas Wolfertz
Redaktion: Klaus Pilger.
Produktion: Deutschlandfunk 2012.
Musik: Rodgau Monotones – Autoradio
Ende: … und ich kroch aus dem Schrott und was lief – mein Autoradio.
ENDE
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