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Kolumbien auf dem Weg zum Frieden
Nachricht von Heike Hänsel, 19. Dezember 2016
Der Friedensvertrag zwischen Regierung und FARC-Guerilla in Kolumbien ist nach einem über 50
Jahre währenden bewaffneten Konflikt ein großer Fortschritt – das war Konsens bei einer gut
besuchten Veranstaltung der Fraktion DIE LINKE am Donnerstagabend im Bundestag im Berlin. In
den Vorträgen der Gäste aus Kolumbien und Deutschland wurde aber auch deutlich: Vom
Friedensvertrag zum Frieden ist noch ein langer Weg zurückzulegen.
Tom Koenigs, Sonderbeauftragter der Bundesregierung für den Friedensprozess in Kolumbien,
würdigte das Abkommen als historisch. Die Übergangsjustiz mache den Tätern die Mitarbeit an der
Wahrheitsfindung zur Bedingung, das sei etwa in den Nazi-Prozessen von Nürnberg nie erreicht
worden. Nun müssten noch die Verhandlungen mit der ELN (Ejército de Liberación Nacional)
vorankommen, denn nach 52 Jahren Krieg hätten die Kolumbianer den Frieden verdient.
Enrique Santiago Romero, Anwalt der Delegation der FARC bei den Friedensgesprächen in
Havanna, betonte ebenfalls den Gedanken der Versöhnung und Wiedergutmachung im neuen
Friedensabkommen. Vorrangiges Ziel müsse sein, den FARC-Mitgliedern einen Wiedereinstieg ins
zivile Leben zu ermöglichen. Heftige Kritik übte der spanische Jurist an der Staatsanwaltschaft
Kolumbiens: "Sie ist ihren Verpflichtungen bisher kaum nachgekommen". So seien Haftbefehle für
FARC-Mitglieder immer noch nicht aufgehoben worden.
In einer historischen Video-Liveschaltung aus der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá wandten sich
die FARC-Kommandanten Victoria Sandino und Iván Márquez an die Referenten und rund 140 Gäste
der Veranstaltung. "Die Guerilleros begeben sich aus allen Teilen des Landes zu den vereinbarten
Sammelstellen, um ihre Waffen abzugeben", sagte Márquez. Seine Organisation halte an dem
Zeitplan fest, auch wenn die Regierung bisher noch nicht für die notwendige Infrastruktur an den
Sammelpunkten gesorgt habe. Die FARC sehen zudem mit Sorge, "dass seit Unterzeichnung des
Friedensvertrages rund 50 soziale Aktivisten ermordet wurden". Eine kritische Begleitung der
internationalen Gemeinschaft – neben der UNO auch von der EU und Deutschland – sei daher nötig.
Die andauernde Gewalt gegen soziale Organisationen und Minderheiten betonte auch Danilo Rueda
von der ökumenischen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden. Der Friedensvertrag gebe
ausdrücklich vor, dass der Staat über neu einzurichtende Gremien gegen paramilitärische
Organisationen vorgehen muss, so Rueda. Er forderte die Teilnehmenden daher auf, "den Vertrag in
Gänze zu lesen". Denn der Widerstand in Kolumbien gegen das Abkommen erkläre sich zum großen
Teil aus der Unkenntnis des Textes. Gegen Rueda hatte es in seinem Heimatland wiederholt
Morddrohungen gegeben.
Die Botschafterin Kolumbiens, Maria Lorena Gutierrez Botero, zeigte sich zuversichtlich. Es sei ein
großer Fortschritt, "dass wir heute so offen miteinander reden können", sagte sie auch mit Blick auf
die Videokonferenz mit FARC-Mitgliedern im Bundestag. Wichtig sei ihr, die Perspektive der bis zu
acht Millionen Betroffenen des Konfliktes immer im Auge zu behalten.
Daniel Kriener, Leiter des Referats für bilaterale und EU-Beziehungen zu den Anden-Staaten im
Auswärtigen Amt, sagte weitere Hilfen der Bundesregierung zu, die schon jetzt bilaterale Fonds
eingerichtet hat und sich an EU-Hilfen beteiligt. Berlin gehe es vor allem um Rechtsstaatsförderung
und humanitäre Hilfe.
"Die FARC gibt ihre Waffen ab, doch die anhaltende Gewalt gegen soziale Aktivistinnen und
Aktivisten durch rechte Paramilitärs gefährden den Friedensprozess", sagte Heike Hänsel,
stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. "Die kolumbianische Staatsanwaltschaft muss
die paramilitärische Gewalt als systematisch anerkennen und konsequent bekämpfen. Die
historische Chance des Friedens für Kolumbien darf nicht vertan werden."
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