Salmonellen-Bekämpfung auf dem Prüfstand

Tiergesundheit
Salmonellen-Bekämpfung
auf dem Prüfstand
Fotos: Heil
Sind wir nach zehn Jahren Salmonellen-Sanierung noch auf dem richtigen Weg? Dr. Jürgen
Harlizius und Dr. Theodor Schulze-Horsel vom Schweinegesundheitsdienst NRW fassen die
Ergebnisse einer Expertenrunde zusammen, die sich kürzlich in Münster traf.
Für das Salmonellen-Monitoring werden im Schlachthof aus dem Zwerchfellpfeiler der Tiere Fleischproben entnommen.
Wie gefährlich sind Schweine-Salmonellen?
Für die Schweine selbst
stellen Salmonellen meist
kein großes Problem dar. Die
Tiere leben mit dem Erreger,
der fast überall vorkommen
kann, ohne selbst ernsthaft
zu erkranken. Sie können
ihn aber auf den Menschen
übertragen. Wobei die Anzahl der Salmonellen-Infektionen bei Menschen bereits
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seit mehreren Jahren rückläufig ist. Gefährdet sind in
erster Linie ältere Menschen
sowie Personen mit geschwächtem Immunsystem.
In den 90er-Jahren ging
die größte Übertragungsgefahr von Geflügelfleisch und
Eiern aus. Schweinefleisch
spielte zu der Zeit eine
untergeordnete Rolle. Die
Salmonellen-Sanierung bei
Mast­
geflügel und Legehennen war in den Folgejahren
sehr erfolgreich. Der Anteil
der durch Geflügel ausgelösten Salmonelleninfektionen
beim Menschen ging daher
kontinuierlich zurück.
Im Gegenzug gewann der
Anteil der durch Salmonellen vom Schwein (überwie-
gend Salmonella typhimurium) ausgelösten Infektionen
dadurch an Bedeutung –
zumindest relativ gesehen.
Objektiv betrachtet ist die
Gefahr, dass sich Menschen
durch den Verzehr von
Schweinefleisch anstecken,
das mit S
­ almonellen belastet
ist, in den letzten Jahren aber
ebenfalls zurückgegangen.
Jetzt auf bakteriologischen Nachweis umstellen?
Aufgrund der guten Erfolge bei der
Salmonellensanierung wird diskutiert,
jetzt das Monitoring zu intensivieren
und vom serologischen (Blut- oder
Fleischsaft) auf den bakteriologischen
(Erreger-) Nachweis umzustellen. Im
Geflügelbereich wurde das im Verlauf
der Sanierung gemacht. Und auch in
England und Belgien denkt man über
einen Wechsel nach.
Für die deutsche Schweinehaltung
dagegen scheint ein Wechsel wenig
sinnvoll. Für das laufende Screening und
eine Klassifizierung der Betriebe hat
sich die Serologie bestens bewährt. Die
Probennahme am Schlachthof lässt sich
mit der Trichinenuntersuchung kombinieren, ist ausgereift und kostengünstig.
Der bakteriologische Nachweis hingegen eignet sich eher, um einzelne Salmonellenträger ausfindig zu machen
oder die Einschleppungsursache zu klä-
ren. Ein bakteriologisches Screening
würde insbesondere die kleineren
Schlachthöfe vor enorme finanzielle
Probleme stellen. Außerdem ist unklar,
wo man anschließend mit den positiv
getesteten Schweinen bleibt. Denn laut
Fleischhygienerecht darf das Fleisch
positiv gestesteter Tiere nicht mehr in
Verkehr gebracht werden.
In England und Belgien ist die geplante Umstellung auf das bakteriologische
Nachweisverfahren eher aus der Not
geboren. Denn hier ist die Befallsrate so
hoch, dass man bei nahezu jeder untersuchten Fleischprobe Antikörper findet.
Serologische Tests haben daher hier
kaum Aussagekraft.
Im Labor wird aus den Proben Fleischsaft gewonnen und auf Antikörper gegen
Salmonellen untersucht.
Plötzlicher Anstieg der
­Kategorie III-Betriebe
Die Qualität und Sicherheit GmbH
(QS) startete im Jahr 2004 mit dem Salmonellen-Monitoring bei Mastschweinen. Die Sanierung war am Anfang sehr
erfolgreich. Von 2006 bis 2011 konnte
der Anteil der Kategorie III-Betriebe
von 5,4 auf 3,0 % reduziert werden (siehe
Übersicht 1). Ab 2012 erhöhte sich der
Anteil jedoch wieder bis auf 6,6 % im
Jahr 2013. Als Auslöser werden u. a. der
Anstieg der Futtermittelpreise bzw.
das Ausweichen auf billigere Futterkomponenten, die Umstellung auf die
Gruppenhaltung bei Sauen und ein
Per Fütterung
gegensteuern?
häufiger Wechsel der Sauenherkunft
vermutet. Herkünfte mit hohem
Zunahmeniveau sind eventuell stärker
gefährdet.
Neuere Auswertungen zeigen, dass
der Anteil Kategorie III-Betriebe aktuell wieder rückläufig ist. Zurzeit liegt er
bei 4,6 %. Unklar ist allerdings, welchen
Einfluss hier der Zeitpunkt der Probennahme hat. Denn einige Tierärzte sind
dazu übergegangen, statt der üblichen
Fleischsaftproben nach dem Schlachten
bereits während der Mast Blutproben
zu ziehen.
Übersicht 1: Aktuell sinkt der Anteil der
Kategorie III-Betriebe wieder
7
Anteil Kategorie III-Betriebe, %
5
4
3
2
1/06 1/07 1/08 1/09 1/10 1/11 12/12 10/13 3/14 11/14
Monat/Jahr
Quelle: QS 2014
Grafiken: Orb
6
In 2012 und
2013 stieg der
Anteil der
Kategorie IIIBetriebe
plötzlich
wieder an.
Auch über die Fütterung lässt
sich der Salmonellendruck im
Betrieb kontrollieren. Dazu gibt es
drei Ansatzpunkte:
• Das Futter muss eine gute Qualtität aufweisen. Es darf keine Eintragsquelle für Salmonellen sein.
• Die „Magenbarriere“ lässt sich
durch diätetische Maßnahmen
unterstützen. Dadurch können
weniger Salmonellen bis zum
eigentlichen Infektionsort vordringen, dem Übergang vom Dünnzum Dickdarm.
• Das Anhaften und Vermehren
im Schwein muss den Salmonellen
erschwert werden.
Die Magenbarriere lässt sich
unter anderem durch die Futterstruktur und durch den Zusatz
organischer Säuren beeinflussen.
Mehlförmiges, grob vermahlenes
Futter eignet sich besser als Pellets,
denn es verbleibt länger im Magen.
An den entscheidenden Stellen
herrscht dadurch ein saures Milieu.
Als Säurezusatz eignen sich
Ameisen- und Propionsäure, Natriumformiat oder Kombinationen
dieser Säuren. Sie können dem
Futter in einer Konzentration von
0,9 bis 1,5 % zugemischt werden.
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Tiergesundheit
Wann lohnt sich die Impfung?
Bei den Kategorie III-Betrieben
gibt es ein deutliches Nord-Südbzw. Ost-West-Gefälle. Bis Ende des
dritten Quartals 2014 gab es in
Sachsen-Anhalt mit 11,1 % den
höchsten Anteil von Kategorie IIIBetrieben. Auf Rang zwei und drei
rangieren Schleswig-Holstein (8,9 %)
und Niedersachsen (7,9 %), gefolgt
von Mecklenburg-Vorpommern
(7,5 %) und Brandenburg (7,4 %).
Den geringsten Anteil von Kategorie III-Betrieben fand man in Sachsen (0,9 %) und in Bayern (1,1 %).
Als Ursache wird auch hier der
unterschiedlich starke Einsatz leistungsfähiger Genetik gesehen. Zudem wird im Norden mehr Fertigfutter eingesetzt, während man im
Süden mehr Eigenmischer findet.
Auffallend ist aber auch, dass die
Betriebe länger in Kategorie III bleiben als früher. Heute benötigt ein
Mäster im Schnitt fünf bis sechs
Quartale, bis er wieder in Kategorie II aufsteigt. Mögliche Erklärung:
Die leichten Fälle sind inzwischen
saniert. Jetzt sind häufig Betriebe
betroffen, in denen sich das Problem nicht allein durch Fütterungsoder Hygienemaßnahmen lösen
lässt. Zudem muss häufiger auch
der Ferkelerzeuger in die Sanierung
einbezogen werden.
Die Ferkelimpfung
gegen
Salmonellen
erfolgt mit
einem
Drencher
direkt ins
Maul der
Tiere.
Foto: Werkbild
Nord-SüdGefälle
Die Impfung gegen Salmonellen ist
dort angebracht, wo es über Fütterungsund Hygienmaßnahmen allein nicht
gelungen ist, das Problem in den Griff
zu bekommen. Die Impfung kann die
Hygiene- und Fütterungsmaßnahmen
jedoch nicht ersetzen, sie kann sie nur
ergänzen.
Sauen scheiden besonders nach der
Geburt intensiv Salmonellen aus. Um
zu verhindern, dass sich die Saugferkel
bereits an der Mutter infizieren, macht
es unter Umständen Sinn, die Sauen im
Wartestall zu impfen. Die Grundimmunisierung erfolgt durch zwei Impfungen unter die Haut (subkutan) im
Abstand von drei Wochen jeweils in der
6. und 3. Woche vor der Geburt. Die
Wiederholungsimpfungen erfolgen jeweils drei Wochen vor dem erwarteten
Geburtstermin.
Drei Labore,
drei Ergebnisse?
Von Praktikern wird häufig kritisiert, dass die Salmonellen-Untersuchungsergebnisse ganz unterschiedlich ausfallen können, je nachdem, welches Labor
beauftragt wird. Tatsache ist, dass zurzeit drei Testsysteme für den Herdencheck zugelassen sind: LDL,
IDEXX und Prionics. Bei allen drei Verfahren handelt
es sich um biologische Systeme, und die weisen immer
eine gewisse Varianz auf. Hinzu kommt, dass selbst
von Testcharge zu Testcharge noch Abweichungen
auftreten können.
Das ist unter dem Strich jedoch unerheblich. Denn
die Serologie dient nur zur Bewertung bzw. Rangierung der Schweine haltenden Betriebe. Solange man
die Testsysteme wie vorgesehen für den Herdencheck
verwendet, liefern sie auch sehr zuverlässige Ergebnisse. Für die Bewertung eines Einzeltieres oder zum Aufklären der Einschleppungsursache eignet sich jedoch
die bakteriologische Untersuchung besser.
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Um den Infektionsdruck in der Herde
zu verringern und Dauerausscheider in
der Mast zu verhindern, können vor­
übergehend auch die Ferkel geimpft
werden. Es erfolgen zwei orale Impfungen im Abstand von drei Wochen mit
einem Drencher. Die Ferkel können ab
dem 3. Lebenstag geimpft werden.
Die Impfantikörper werden normalerweise bis zum Schlachttermin wieder abgebaut und stören dadurch das
Salmonellen-Screening nicht. Doch
Vorsicht: Wenn geimpfte Ferkel später
noch einmal Kontakt mit dem Felderreger bekommen, kann es zu einem Booster-Effekt kommen.
Das heißt: Im Blut bzw. Fleischsaft
werden dann besonders hohe Antikörpertiter nachgewiesen, die sich nicht
von einer Feldinfektion unterscheiden
lassen!
Die OD-Werte absenken?
Vor zweieinhalb Jahren
wurde laut darüber nachgedacht, aufgrund der Fortschritte bei der Salmonellensanierung die Cut Off-Werte von
OD 40 auf OD 20 zu senken.
Die Mitglieder der QS-Arbeitsgruppe „Salmonellen-Monitoring“ konnten sich in diesem
Punkt jedoch nicht einigen.
Denn QS-Auswertungen zeigen, dass dadurch mehr als
30 % aller QS-Mastbetriebe
schlagartig in Kategorie III
abrutschen würden.
Das Absenken der OD-Werte wurde daher bis auf Weiteres verschoben. Dennoch ist es
wichtig, die Salmonellen-Sanierung weiterzuentwickeln.
Die Mäster sollten z. B. nicht
erst warten, bis sie tatsächlich
in Kategorie III gelandet sind,
bevor sie Gegenmaßnahmen
ergreifen.
Sinnvoller ist es, sich bereits
bei der Einstufung in Kategorie II gemeinsam mit dem Hoftierarzt oder dem Schweinegesundheitsdienst (SGD) Gedanken darüber zu machen, welche
betrieblichen Abläufe sich noch
verbessern lassen. Die SGDs
bieten hier ihre Hilfe an, unter
anderem auch in Form eines
Salmonellen-Leitfadens.
Hinken wir international hinterher?
Ein EU-Vergleich der serologischen
Ergebnisse, also der Blut- und Fleischsaftuntersuchungen, ist leider nicht
möglich. Denn es werden in den Ländern unterschiedliche Testsysteme eingesetzt. Und bei der Berurteilung der
Proben werden verschiedene Cut offWerte benutzt.
Deshalb lassen sich nur die Ergebnisse
bakteriologischer Untersuchungen miteinander vergleichen. Hier liegen die
letzten Erbebungen aber bereits sechs
Jahre zurück. Eine Studie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicher-
heit EFSA aus dem Jahr 2008 (s. Übersicht 2) zeigt, dass die skandinavischen
Länder Finnland, Norwegen und
Schweden den geringsten Salmonellendruck in ihren Beständen haben.
Deutschland liegt im Mittelfeld, unmittelbar hinter den Niederlanden und
Dänemark. Bei Lichte besehen sind
unsere dänischen Nachbarn also nicht
viel weiter als wir, sie verkaufen sich nur
besser. Der höchste Salmonellendruck
herrscht laut EFSA-Studie in Spanien
und Portugal, unmittelbar gefolgt von
Großbritannien und Frankreich.
Übersicht 2: Deutschland liegt im Mittelfeld
Quelle: EFSA 2008
Finnland
Norwegen
Schweden
Österreich
Polen
Tschechien
Dänemark
Niederlande
Ungarn
Deutschland
Belgien
Irland
Italien
Bulgarien
Frankreich
Großbritannien
Portugal
Spanien
0
5
10
15
20
Anteil Salmonellen-pos. Schweine, %
25
30
In Deutschland ist der Salmonellendruck kaum größer als in Dänemark oder Holland.
Schnell gelesen
• Die Salmonellen-Bekämpfung
Außerdem ist es wichtig, die Sauenhalter und Züchter bei Bedarf mit
in die Sanierung einzubinden. Denn
mitunter liegt das Problem bereits
beim Sauenhalter oder seinem
Jungsauenlieferanten. Auf keinen
Fall sollte sich der eine oder andere
Mäster dazu verleiten lassen, lang­
jährige Partnerschaften mit einem
Ferkelerzeuger nur wegen eventueller Salmonellenprobleme vorschnell
zu kündigen. Denn auch die Ferkel
des neuen Lieferanten können sich
als S
­ almonellenträger entpuppen.
Mitunter treten mit der neuen Herkunft sogar alte Gesundheitsprobleme wieder auf, die man in der festen
Partnerschaft längst im Griff hatte.
war bislang erfolgreich, lässt
sich aber noch verbessern.
• Die OD-Werte werden vorerst
nicht gesenkt. Die Landwirte
sollten aber bereits ab Kategorie II aktiv werden.
• Bei Bedarf müssen auch die
Zuchtstufe und der Ferkelerzeuger mit in das Sanierungskonzept eingebunden werden.
• Für ein Monitoring eignet sich
der serologische Test besser,
für das Aufspüren von Eintragsquellen dagegen eher
die Bakteriologie.
• Bei Salmonellenproblemen
sind diätetische und Hygienemaßnahmen entscheidend.