Tiergesundheit Salmonellen an der Wurzel packen Um Salmonellenprobleme in der Mast zu vermeiden, sollten auch die Sauenund Ferkelaufzuchtbetriebe in das Monitoring einbezogen werden, wie Erfahrungen aus Sachsen zeigen. Neben Sockentupfern lässt sich auch mittels Wischproben an verschiedenen Stellen im Stall die Salmonellenbelastung feststellen. WW Die zugekauften Ferkel zählen zu den Haupteintragsquellen für Salmonellen in die Mast. WW Daher ist es ratsam, auch die Sauenund Aufzuchtbetriebe in das Monitoring einzubeziehen, wie Erfahrungen aus Sachsen zeigen. WW Mithilfe von Sockentupferproben können Bestandsprofile hinsichtlich der Salmonellenbelastung erstellt werden. WW Dieser „Salmonellenlageplan“ ist die Grundlage für gezielte Bekämpfungsmaßnahmen im Betrieb. 36 dlz primus Schwein August 2015 D as Thema Salmonellen steht vor allem für Schweinemäster nach wie vor ganz oben auf der Tages ordnung. Betriebe der Kategorie III – deren Anteil liegt derzeit bei um die fünf Prozent – werden von einigen Schlachtunternehmen wie Tönnies oder Danish Crown bereits finanziell sank tioniert. Außerdem müssen diese stark mit Salmonellen belasteten Betriebe einen Maßnahmenplan zur Reduzierung der Salmonellenprävalenz erstellen und um setzen. Dabei sind bakteriologische und epidemiologische Untersuchungen durch zuführen, um die Ursache des Eintrags zu ermitteln. Neben Schadnagern und Vögeln gehören die zugekauften Mast ferkel zu den Haupteintragsquellen. Aus diesem Grund sollten sinnvollerweise nicht nur die Mastbestände untersucht, sondern produktionsstufenübergreifend ein gemeinsames Ziel gesteckt werden: die Reduktion der Salmonellenverbrei tung in der Erzeugerkette von der Sau enhaltung über die Aufzucht und die Mast bis hin zum Lebensmittel. Monitoring schon im Sauenbetrieb Um diese Strategie zu unterstützen, haben die Schweinegesundheitsdienste (SGD) der Tierseuchenkassen (TSK) der Länder Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen 2008 ein Programm zum Salmonellen Fotos: Werkbild, Vergara (2) Von Dr. Helga Vergara und Daniela Haser 1 2 1 Ausgangsmaterialien für die Sockentupferproben sind saubere Stiefel, Überzieher, sterile Handschuhe und Sockentupfer sowie eine Tüte mit Flüssigkeit zum Anfeuchten. 2 Die angefeuchteten Sockentupfer werden im zu beprobenden Stall übergezogen. monitoring in Schweinezucht-, Ferkel produktions- und spezialisierten Ferkelaufzuchtbetrieben entwickelt. Es soll zu einer Reduzierung der Salmonel lenbelastung in Schweine haltenden Be trieben führen. Im Vordergrund dieses Programms steht die regelmäßige blutserologische Überwachung der Alt- und Jungsauen sowie der Ferkel (in der zehnten Lebens woche). Pro Jahr werden in der Regel 2 x 30 oder 4 x 15 Blutproben gleichmäßig verteilt innerhalb der entsprechenden Altersgruppen auf Salmonellenantikörper untersucht. Dadurch sollte für Sauenhal ter und spezialisierte Ferkelaufzuchtbe triebe eine gewisse Risikoabschätzung bezüglich der Gefahr des Salmonellen eintrags in die nachfolgende Produkti onsstufe ermöglicht werden. Da bislang Erfahrungen fehlten, wie sich solche Betriebe anhand serologischer Befunde einstufen lassen, erfolgte dies zunächst analog zur QS-Bewertung (po sitiv ab einem Cut-off-Wert von OD 40) sowie entsprechend der Schweine-Salmo nellen-Verordnung (Kategorisierung). Die im Verlauf der Jahre gewonnenen Erkenntnisse führten jedoch zur der Ein sicht, dass eine solche Bewertung nicht sensibel genug ist, um die Gefahr des Salmonelleneintrags in die nachfolgende Haltungsstufe hinreichend beurteilen zu können. Etwa zum gleichen Zeitpunkt wurde auch in der QS-Arbeitsgruppe „Salmo nellen-Monitoring“ diskutiert, die Cut-off-Werte von OD 40 auf OD 20 bei Mastschweinen zu senken, allerdings ohne dass man sich einigen konnte. Denn QS-Auswertungen zeigten, dass dadurch ein großer Teil der Mastbetriebe in die Kategorie III abrutschen würde. Das Ab senken der OD-Werte wurde daher bis auf Weiteres verschoben. Dennoch ist es sehr wichtig, die Salmonellensanierung weiterzuentwickeln und Bewertungen zu hinterfragen, wie der plötzliche Anstieg der Kategorie-III-Betriebe in den Jahren 2012/2013 zeigte. Mit Sockentupfern Salmonellen nachweisen In sächsischen Sauen- und spezialisier ten Aufzuchtbetrieben, die sich dem freiwilligen Salmonellenmonitoring der TSK angeschlossen haben, werden die serologischen Ergebnisse durch den SGD intern ab einem OD-Wert von 20 als positiv eingestuft. Aufgrund dieser Neu Salmonellennachweis per Sockentupfer* Kennzahl Sockentupfer Kotproben 2011 2012 2013 2014 2011 2012 2013 2014 Anzahl untersuchter Proben 356 530 657 1198 305 305 263 374 Anzahl positiver Befunde 90 114 118 186 19 19 22 6 Anteil positiver Befunde (%) 25,3 21,5 18 15,5 6,2 6,2 8,4 1,6 Anzahl untersuchter Betriebe 18 17 22 43 17 17 22 6 Anteil positiver Betriebe (%) 77,8 64,7 63,6 58,1 58,8 59,8 50 33,3 * Salmonellennachweise in Sockentupfern im Vergleich zu den Nachweisen aus Kotproben im Rahmen des Salmonellenmonitorings der Sächsischen Tierseuchenkasse. Quelle: SGD Sachsen August 2015 dlz primus Schwein 37 Tiergesundheit 20.3.2012 FD 1/2 20.11.2012 FD 1/4 leer FD 1/3 FD 1/5 FD 2/4 FD 3/1 FD 3/2 FD 3/3 FD 3/4 FD 4/1 FD 4/2 FD 4/3 FD 4/4 FD 1/2 19.3. FD 1/3 19.3. FD 1/4 12.3. FD 2/5 Verladerampe FD FD 1/6 1/5 24.4. leer Zentraler VB Futterhaus FD 2/1 24.4. FD 2/2 24.4. FD 2/3 16.4. FD 2/4 16.4. FD 3/1 9.4. FD 3/2 2.4. FD 3/3 25.3. FD 3/4 25.3. FD 4/1 leer, rein FD 4/2 5.5. FD 4/3 5.5. FD 4/4 5.5. Futterhaus FD 2/3 Sozialtrakt Verbinder Stall 2 Verbinder Stall 1 Sozialtrakt FD FD 1/5 1/6 7.11. 31.10. Verbinder Stall 2 Verbinder Stall 2 Verladerampe FD 1/4 7.11. Verbinder Stall 1 FD 2/2 FD 1/1 FD FD FD 1/1 1/2 1/3 Selek14.11. 7.11. tion Verbinder Stall 1 FD 2/1 5.6.2014 FD 1/6 Zentraler VB Verladerampe Zentraler VB Futterhaus Sozialtrakt FD 1/1 FD 2/1 31.10. FD 2/2 24.10. FD 2/3 24.10 FD FD 2/4 2/5 17.10. 17.10. FD 3/1 3.10. FD 3/2 26.9. FD 3/3 26.9. FD 3/4 Rein, Desi FD 4/1 10.10. FD 4/2 10.10. FD 4/3 10.10. FD 4/4 3.10. Legende: untersucht/ negativ S. Typhimurium S. Derby nicht beprobt Serologische Ergebnisse: FD 2/5 9.4. Jahr Anteil positiver Befunde ab OD % 40 in Prozent Anteil positiver Befunde ab OD % 20 in Prozent 2011 16,0 40,5 2012 0 6,7 2013 0 2,2 2014 0 0 * Bestandsprofile in einem Ferkelaufzuchtbetrieb vor und nach erfolgreicher Salmonellenbekämpfung; rechts unten: serologische Ergebnisse der Jahre 2011 bis 2014; Quelle: SGD Sachsen bewertung spiegelt sich letztendlich in den Betrieben eine ähnliche Situation wider, wie sie von der QS-Arbeitsgruppe für die Mastbetriebe berechnet wurde. Jedoch konnte man in umfangreichen bakteriologischen Untersuchungen mit tels Sockentupfern nachweisen, dass die tatsächliche Salmonellenbelastung in den Betrieben sehr gut mit der neuen Bewer tung (positiv ab OD 20) übereinstimmt. Sockentupfer dienen dem Salmonel lennachweis in der Umgebung der Tiere und sind in klinisch gesunden Beständen effektiver als Kotproben (siehe Tabelle „Salmonellennachweis per Sockentupfer“). Kotproben eignen sich gut bei klinisch kranken Tieren und zur Kontrolle zuge kaufter Tiere direkt nach dem Transport. Über den Kot werden Salmonellen bei gesunden Tieren nur sporadisch ausge schieden, halten sich aber in der Umge bung und im Stallstaub über einen langen Zeitraum und können sich anreichern. An den angefeuchteten Sockentupfern, die über einen zusätzlichen Stiefelschutz 38 dlz primus Schwein August 2015 gezogen werden (siehe Fotos auf Seite 37) bleiben beim Durchlaufen eines Stallab teils Staub, Kot und Verschmutzungen hängen. Vor dem Verlassen des betreffen den Stallabteils werden die Sockentupfer ausgezogen, in eine Tüte verpackt und zusammen mit weiteren Proben im Labor auf Salmonellen untersucht. Das Durchlaufen jeder Stalleinheit mit jeweils einem neuen Paar Sockentupfern dient dem Ziel, die Verbreitung der Sal monellen innerhalb des betreffenden Be stands zu ermitteln und ein Bestandspro fil zu erstellen. Damit können Schwerpunkte der Ausscheidung und Anreicherung sowie Schwachstellen der Reinigung, Desinfektion und Schadna gerbekämpfung genauso ermittelt werden wie die so genannten Gefahrenquellen, von denen aus die Salmonellen immer wieder im Bestand verbreitet werden. Die ser so genannte Salmonellenlageplan hilft, das Problembewusstsein bei den Mitar beitern zu fördern und nach der Umset zung von Bekämpfungsmaßnahmen den Erfolg sichtbar darzustellen. Er hat sich in Sachsen als Instrument zur systematischen Risikoabschätzung und Schwachstellen analyse sowie zur Erfolgs- und Nachhal tigkeitskontrolle etabliert. Verschiedene Stämme gefunden An der Spitze der nachgewiesenen Sal monellenstämme bei latenten Infektionen steht Salmonella Typhimurium, gefolgt von Salmonella Derby. Die Anteile ande rer Salmonellen unterliegen zeitlichen und räumlichen Schwankungen. Aber auch diese selteneren Stämme haben durchaus ein zoonotisches Potenzial (zum Beispiel Salmonella Muenchen, Salmonella Infantis oder Salmonella Bovismor bificans), wie in den letzten beiden Jahren leider in der lokalen Vermarktung zu erleben war. Die isolierten Salmonellenstämme werden außerdem auf ihr Resistenzver halten gegenüber den am häufigsten ein gesetzten Antibiotika getestet. Dadurch wird dem betreuenden Tierarzt die Wahl eines geeigneten Antibiotikums bei der oralen Therapie von im Bestand auftre tenden Infektionskrankheiten erleichtert. In der Grafik „Bestandsprofile zur Salmonellenkontrolle“ ist beispielhaft de monstriert, wie mittels Bestandsprofilen und Bewertung der serologischen Er gebnisse die Situation in einem Fer kelaufzuchtbetrieb dargestellt werden kann. Nachdem der Mäster den Anstieg positiver Fleischsaftergebnisse am Schlachthof bemerkte, wurden im Auf zuchtbetrieb die serologischen Befunde überprüft. Bei der Kategorisierung nach der bis her üblichen Vorgehensweise (OD-Wert 40)lag der Betrieb in der Kategorie I (16 Prozent positive Befunde) – also mit einem geringen Risiko, Salmonellen in die Mast zu verbringen. Nach erneuter Bewertung der gleichen Proben unter Beachtung der positiven Befunde ab OD 20 musste der Betrieb der Kategorie III (40,5 Prozent) zugeordnet werden. Die Ergebnisse der Sockentupfer vom 20. März 2012 (oben links) bestätigten eine hohe Salmonellenbelastung. Nach umfangreichen Desinfektions maßnahmen, der Säuerung des Tränk wassers und den Verzicht auf den Einsatz von Tetracyclinen bei der Bekämpfung verschiedener Infektionen konnte die Salmonellenbelastung in diesem Bestand nachhaltig reduziert und eine Weitergabe in den Mastbestand minimiert werden. Die Bestandsprofile vom 20. November 2012 und vom 6. Mai 2014 zeigen die Verbesserungen. In den Sauen haltenden Betrieben und in der Ferkelaufzucht er Foto: Werkbild Bestandsprofile zur Salmonellenkontrolle* gänzen die Bestandsprofile die serologi schen Ergebnisse hinsichtlich der Aussa ge über ein mögliches Risiko der Weiterverbreitung in die Mast. Auch für Mäster können durch diese regelmäßig und systematisch erstellten Profile wert volle Aussagen über den Eintrag oder die Verbreitung von Salmonellen getroffen werden. Fettlösende Mittel und heißes Wasser Im Mittelpunkt der Salmonellenbekämp fung in der Mast sollte der Zukauf von Tieren aus möglichst gering mit Salmo nellen belasteten Herkünften stehen. Das ist für die Sauenhalter zwar eine große, aber keinesfalls unmögliche Herausforde rung. Gerade in diesem Bereich wird im Gegensatz zur Mast ein Großteil der Stäl le nicht im Rein-Raus-Verfahren bewirt schaftet (Warte- und Besamungsställe). Das sind auch die Ställe, in denen am häufigsten Salmonellen nachgewiesen werden. Trotz allem ist es auch hier erforderlich, durch gezielte Reinigung und Desinfekti on der leeren Plätze die Salmonellenbe lastung zu senken. In solchen Ställen muss mit fettlösenden Reinigungsmitteln vor gearbeitet werden. Der Einsatz eines Hochdruckreinigers bei vollem Druck mit rotierender Düse sollte tabu sein. Abferkelställe und Flatdecks lassen sich in der Serviceperiode optimal reinigen und desinfizieren. Grundlage jeder Rei nigung müssen auch hier fettlösende Rei nigungsmittel und heißes Wasser (mög lichst 70 °C) sein. Dadurch werden die Salmonellen bereits erheblich reduziert. Wichtig: Das Desinfektionsmittel wirkt nur in der richtigen Dosierung und in ausreichender Menge. Bei der Berechnung der erforderlichen Desinfektionsmittel menge sind Wände und Einrichtungsge genstände einzubeziehen. Vor jedem Stallabteil muss eine Stiefel desinfektion stehen. Um den Desinfekti onseffekt zu verbessern, müssen ver schmutzte Stiefel öfter gereinigt werden. Das Gleiche trifft auch auf die Hände zu. Neben den Maßnahmen der allgemei nen Hygiene und der intensiven Schad nagerbekämpfung spielt die Stabilisierung der Darmgesundheit eine entscheidende Rolle. Hier sind vor allem der Säureeinsatz und die Futterstruktur im Sauen- und Ferkelfutter zu nennen. Bei im Bestand auftretenden Infektionskrankheiten sollte möglichst die Resistenzlage der nachge wiesenen Salmonellen berücksichtigt werden. Mit Geduld zum Bekämpfungserfolg Mit diesen Maßnahmen ist es gelungen, in verschiedenen sächsischen Sauenbe trieben die Salmonellenbelastung so weit zu senken, dass in den Abferkelställen und Flatdecks keine Salmonellen mittels So ckentupfern nachgewiesen werden. Gleichzeitig liegen die serologischen Er gebnisse bei allen Tieren in der zehnten Lebenswoche unter OD-Werten von 20. Allerdings gilt das nur unter der Vor aussetzung einer sehr hohen und stabilen Tiergesundheit. Die Impfung ist dort an gebracht, wo es über Fütterungs-und Hy gienemaßnahmen allein nicht gelingt, die Salmonellenprävalenz auf ein Minimum zu senken. Letztendlich sind alle Bekämp fungsmaßnahmen betriebsspezifisch zu Auch die Impfung der Ferkel und/oder Sauen ist in gefährdeten Betrieben eine Option. erarbeiten. Einzelmaßnahmen bringen oft nur kurzzeitige Erfolge. Alle Maßnahmen müssen konsequent, umfassend (Aus scheider und Umgebung) sowie kontinu ierlich über einen langen Zeitraum durch geführt werden. Nachweisbare Erfolge treten frühestens nach einem halben Jahr auf. Der Erfolg ist wesentlich davon ab hängig, wie intensiv alle Mitarbeiter auf geklärt werden. Sie müssen von der Be deutung der einzelnen Maßnahmen überzeugt sein und diese auch kompro misslos umsetzen. br Dr. Helga Vergara und Daniela Haser, Schweinegesundheitsdienst Sachsen
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