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Rede von Andrej Hunko zu Protokoll gegeben
am 15.12.2016
Rede von Andrej Hunko, 15. Dezember 2016
Die Welt scheint aus den Fugen geraten, und auch die Europäische Union befindet sich in einer
tiefgreifenden Krise. Die schwelende Euro-Krise wurde nicht gelöst, sondern durch die maßgeblich
durch die Bundesregierung erzwungene Austeritätspolitik verschärft – mit verheerenden unsozialen
Folgen vor allem im Süden Europas.
In vielen Mitgliedstaaten der EU haben rechte Parteien und Bewegungen Zulauf. In Großbritannien
hat sich eine Mehrheit der Menschen dafür entschieden, der EU den Rücken zu kehren, und auch
sonst wächst die Skepsis gegenüber dem europäischen Integrationsprozess. Zuletzt hat der Sieg von
Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen in den USA für Aufsehen gesorgt.
Die Reaktion in der EU auf diese Entwicklungen könnte falscher nicht sein. Ein Weiter-so in
wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen soll nun ergänzt werden durch einen Militarisierungsschub
in allen Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene. Ich habe doch sehr den Eindruck, dass hier einige den
Knall nicht gehört haben. Sie wollen doch nicht ernsthaft Aufrüstung und Militarisierung als Kitt für
die, wie es Kommissionspräsident Juncker genannt hat, „Polykrise“ der EU verwenden? Das wird
nicht nur nicht funktionieren; es ist auch brandgefährlich.
Seit dem Fall der Mauer war die Gefahr einer militärischen Konfrontation mit Russland nicht so
groß wie heute. Das ist zweifelsohne nicht die alleinige Verantwortung der EU. Aber es war
insbesondere der Erweiterungsprozess von NATO und EU nach Osten, der die historische Chance
der Neunzigerjahre zunichte gemacht hat, eine friedliche Neuordnung Europas nach dem Ende der
Sowjetunion zu erreichen. Heute rüstet die NATO an den Grenzen zur Russischen Föderation auf,
und auch Russland beteiligt sich an der Eskalationsspirale. Es scheint, als hätten einige aus den
Verwüstungen des 20. Jahrhunderts nichts gelernt.
Nun soll im Rahmen der EU-Globalstrategie und der misslicherweise „Verteidigungsunion“
genannten Militarisierungspläne die EU noch weiter für die Sicherheits-, Militär- und
Rüstungspolitik eingespannt werden. Schon der Lissabon-Vertrag verpflichtet die Mitgliedstaaten
bekanntlich zur Aufrüstung. Doch was uns nun erwartet, stellt alles Dagewesene in den Schatten.
Unter offenem Bruch von Artikel 41 des EU-Vertrages sollen nun sogar EU-Haushaltsmittel für die
Anschaffung von Waffen und vor allem Drohnen verwendet werden. Ein Verteidigungsfonds soll
weitere Milliarden für die Rüstungsindustrie mobilisieren, und der Aufbau einer EU-Armee soll den
imperialen Anspruch der EU als „global Player“ untermauern. Durch das Zwei-Prozent-Ziel der
NATO würden sich die Rüstungsausgaben in Deutschland nahezu verdoppeln.
Ist das ernsthaft Ihre Antwort auf Trump, Brexit und Le Pen? Nicht nur werden diese
Milliardensummen an allen Ecken und Enden für wesentlich sinnvollere Projekte gebraucht –
beispielsweise für ein so dringend nötiges sozial-ökologisches Investitionsprogramm zur
Überwindung der Wirtschaftskrise in Europa. Sie spielen zugleich außenpolitisch mit dem Feuer.
Wir brauchen eine grundlegend andere Antwort auf die Krisen unserer Zeit. Angesichts des
Scherbenhaufens, den die Politik der Östlichen Partnerschaft in Osteuropa hinterlassen hat, ist eine
neue Entspannungspolitik unerlässlich. Die Frage von Krieg und Frieden ist nach Europa
zurückgekehrt, und die falschen Weichenstellungen können fatale Folgen haben. Nutzen wir den
Moment der Krise jedoch richtig, so können wir heute den Weg für eine friedliche und soziale
Entwicklung ebnen.
Wir brauchen ein Europa des Friedens und der Abrüstung, der Entspannung und der Kooperation.
Die Alternative dazu bekommen wir derzeit vorgeführt.
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Andrej Hunko
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