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Baurecht Schleswig- Holstein
A. Klausurkonstellationen:

im ersten Staatsexamen sind insbesondere 3 Konstellationen in einer Klausur denkbar:
o
Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung
o
Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Bauordnungsmaßnahme
o
Prüfung der Rechtmäßigkeit von Bauleitplänen, insbesondere B-Pläne
B. Bauordnungsrecht
I. Wirkungen der Baugenehmigung:
 § 73 LBO begründet grds. präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt
1. Feststellende Wirkung
2. Gestaltende Wirkung:
3. Sachbezogener VA:
4. VA mit Doppelwirkung:
5. VA mit Schutzwirkung
 beachte § 67 V LBO
II. Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung
(P2) Prüfungsschema
(P3) Vereinfachtes Genehmigungsverfahren (§ 69 LBO als Regelverfahren)
III. Sonderformen:
1. Bauvorbescheid
2. Teilbaugenehmigung
IV. Bauordnungsmaßnahmen:

Differenziere zwischen formeller und materieller Illegalität

(P) Verfahrensfreie Vorhaben
RAuN Christian Pope
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1. (P1) Prüfungsschema einer Bauordnungsmaßnahme, § 59 I 2, II LBO:
2. (P2) Materieller Bestandsschutz

aktiver Bestandschutz aus Art 14 GG wird grds. abgelehnt
o

Ausnahme: einfachgesetzliche Regelungen, z.B. § 35 IV BauGB
allgemein anerkannt ist passiver Bestandschutz aus Art 14 GG
o
(P2a) Inhalt des passiven Bestandsschutzes?
o
Voraussetzungen für passiven Bestandschutz

bereits errichtete bauliche Anlage

Anlage muss zu irgendeinem Zeitpunkt genehmigungsfähig gewesen sein
(P2b) Dauer des Zeitraums
OVG Lüneburg (BRS 17, Nr. 150):
Ausreichend ist bereits eine Genehmigungsfähigkeit von einer logischen Sekunde
Arg: keine Abgrenzungsprobleme
hM. (ua. OVG Münster):
Anlage muss einen nicht völlig unerheblichen Zeitraum materiell rechtmäßig gewesen
sein, dieser liegt in der Regel bei 3 Monaten, vgl. § 75 S. 2 VwGO
o
Der passive Bestandsschutz endet mit der endgültigen Nutzungsaufgabe, nicht jedoch
notwendig mit der faktischen Beendigung der Nutzung.
(P2c) Ab Ablauf welchen Zeitraums kann von einer endgültigen Nutzungsaufgabe
ausgegangen werden?
o
(P2d) Hat der Bauherr einen Anspruch darauf, dass die Behörde das Vorliegen von
Bestandsschutz feststellt?
VGH München BayVBl. 2002, 737:
Ein Bauherr hat keinen Anspruch auf einen feststellenden Verwaltungsakt
Arg.:

VA mit diesem Inhalt ist durch Rechtsordnung nicht vorgesehen

Gefahr der Umgehung der Vorschriften über den Bauantrag und die Baugenehmigung
bedeuten.
VGH Kassel BRS 57 Nr. 259:
Es
besteht
gegenüber
der
Bauaufsichtsbehörde
ein
Anspruch
auf
Erlass
eines
Duldungsverwaltungsakts jedenfalls dann, wenn Umgehung nicht droht
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Folgeprobleme:
1. Ist für diesen VA eine RGL erforderlich?
2. Soweit RGL erforderlich, wo ist diese zu finden?
3. (P3) Anspruch des Nachbarn auf Erlass einer Beseitigungsanordnung?

§ 59 I 2 LBO räumt der Behörde grds. Ermessen ein
 Anspruch auf Einschreiten nur, wenn
Ermessensreduktion auf Null

Das BVerwG/ OVG Lüneburg möchte eine Verdichtung des behördlichen Ermessens nur bei hoher
Intensität der Störung anerkennen

Anders aber OVG Münster:
Im Regelfall führt allein die Verletzung nachbarschützender Vorschriften zu einer Pflicht zum
bauaufsichtsrechtlichen Einschreiten.
4. (P4) Ordnungsverfügung gegen Miteigentümer

Fehlt Duldungsverfügung an Miteigentümer, dann ist die Bauordnungsmaßnahme i.d.R. weder nichtig, noch
rechtswidrig, sondern wegen der fehlenden rechtlichen Möglichkeit allein nicht vollstreckbar.
C. Bauplanungsrecht
 problematisch ist regelmäßig die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit den §§ 29 ff. BauGB
I. bauliche Anlage, § 29 BauGB:
o
o
bauliche Anlage i.S.d. § 29 BauGB wird durch drei Merkmale gekennzeichnet:

in einer auf Dauer gedachten Weise

künstlich mit dem Erdboden verbunden

und von bodenrechtlicher Relevanz
Beispiele aus der aktuellen Rechtsprechung:
(P1) Spannposter an Hauswand (VGH München BayVBl. 2003, 83):

Bauliche Anlage iSd. § 29 BauGB liegt vor

auch eine mittelbare Verbindung der Anlage mit dem Erdboden, etwa die Befestigung an einer
Gebäudewand, genügt.

Die städtebauliche Relevanz hat das BVerwG bereits für eine 2,70 x 3,70 m große Werbetafel an
einer Hauswand bejaht.
(P2) Mobilfunkantenne auf Hausdach (OVG Münster, NVwZ- RR 2003, 637)

bauliche Anlage iSd. § 29 BauGB liegt vor, da Ortsbild der Gemeinde berührt
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(P3) Abgrenzung Nutzungsänderungen iSd. § 29 BauGB/ bloße Nutzungsintensivierung
II. Gebietstypen:
1. Beplanter Innenbereich (§ 30 BauGB):


Differenziere 3 Arten des B- Plans:

qualifizierter B- Plan, § 30 I BauGB (besonders klausurrelevant)

vorhabenbezogener B- Plan, § 30 II BauGB

einfacher B-Plan, § 30 III BauGB
Qualifizierter B- Plan

maßgeblich sind bezüglich der Art und des Maß der baulichen Nutzung zunächst die
ausdrücklichen Festsetzungen des B- Plans

regelmäßig wird durch den B- Plan jedoch auf die BauNVO Bezug genommen
(P1) Bestimmung der anwendbaren Fassung der BauNVO (BVerwG NVwZ 2004, 343, 344):

Bei der Festsetzung von Baugebieten in Bebauungsplänen ist auf die Fassung der
BauNVO abzuheben, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Plans galt
 statische
Verweisung  Schutz der Planungshoheit der Gemeinden
(P2) §§ 13, 14 BauNVO
(P3) Besteht für Baugenehmigungsbehörde/ Widerspruchsbehörde Verwerfungskompetenz hinsichtlich
des B- Plans?
eA (OVG Münster, NW VBl 1998, 60, 62):
(-), bis zur Aufhebung des unwirksamen B- Plans gilt die uneingeschränkte Anwendbarkeit
aA (OVG Lüneburg, NVwZ 2000,1061):
(-), aber die Behörde darf den B-Plan im Falle seiner Rechtswidrigkeit unangewendet lassen
2. Ausnahmen und Befreiungen, § 31 BauGB:

Unterschied Ausnahmen/ Befreiung

Befreiung darf gerade nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle
anführen lassen  Charakter der Härtefallsituation muss erhalten bleiben

(P) Ermessensentscheidung bei § 31 II BauGB?
o
wenn Voraussetzungen erfüllt, besteht wenig Raum für Ermessen
o
allerdings nicht zwingend Reduzierung auf Null
 ggf. Form des (S) intendierten Ermessens (str.)
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3. Vorhaben im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB)

Einfügen bedeutet, dass sich das Vorhaben in dem aus der näheren Umgebung ergebenden Rahmen hält.
 keine Uniformität, aber Vermeidung von bodenrechtlichen Spannungen

im Zusammenhang bebauter Ortsteil
 erforderlich ist ein (S) organisch gewachsener Siedlungskomplex, der den Eindruck der Geschlossenheit
verleiht.

(P) Ortsteil
o
o
jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde

muss dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen

(P) Ferienwohnungen
der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt
(P) Abgrenzung zu bloßen Ansammlung
 4 Häuser genügen nicht
 6 Häuser können ausreichen
o
und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist.
(P) Splittersiedlung
o

maßgeblich ist dabei nur die Bebauung im jeweiligen Gemeindegebiet
(P) Bebauungszusammenhang
o
Maßgeblich für den Bebauungszusammenhang ist, inwieweit die aufeinander
folgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung
den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur
Bebauung vorgesehene Fläche selbst diesem Zusammenhang (noch) angehört.

o
(P) Ist auch die auf dem Grundstück vorhandene Bebauung zu berücksichtigen? (+)
o
(P) Gebiet ist durch Abriss in Auflösung
§ 34 II BauGB enthält eine dynamische Verweisung auf die BauNVO
4. Vorhaben im Außenbereich (§ 35 BauGB)

differenziere:
o

privilegierte Vorhaben
↔
sonstige Vorhaben
(P) Schutz der Nachbargemeinde?
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o
problematisch gerade, wenn für Vorhaben im Außenbereich Baugenehmigung erteilt wird
o
BVerwG: (FOC  NVwZ 2003, 86)

Schutz hat über § 35 III BauGB zu erfolgen

interkommunales Abstimmungsgebot gem. § 2 II BauGB ist ungeschriebener Belang
 dort wo Interessen der Nachbargemeinde betroffen sein können, darf keine
Baugenehmigung für Errichtung des Vorhabens im Außenbereich erteilt werden, sondern
besteht das Erfordernis eines förmlichen Planverfahrens
 gemeindliche Belange dürften ab ca. 10 % Kaufkraftabfluss betroffen sein.
5. § 36 BauGB: Das Einvernehmen der Gemeinde

Zweck des § 36 BauGB
o
Das gemeindliche Einvernehmen sichert die Planungshoheit der Gemeinde und damit die
Verwirklichung der Selbstverwaltungsgarantie

Einvernehmen wird erst mit Zugang bei der Baugenehmigungsbehörde wirksam erteilt
 allein die
Entscheidung der Gemeinde genügt nicht

Beachte: Fiktion des Einvernehmens gem. § 36 II 2 BauGB möglich

(P) Planungsbehörde und Baugenehmigungsbehörde sind identisch
o
Baugenehmigung darf nicht wegen fehlendem Einvernehmen verweigert werden
 nach hM
(BVerwG NVwZ- RR 2005, 83) ist Einvernehmen nicht erforderlich
o
allein materielle Gründe können zur Verweigerung der Baugenehmigung führen
 Frist des § 36 II 2 BauGB gilt dann nicht

Ersetzung des Einvernehmens, § 36 II 3 BauGB
o
(P) Rechtsnatur der Einvernehmensersetzung
e.A.: (OVG Lüneburg NVwZ- RR 2005, 90)
Anfechtungsklage, da VA gegenüber der Gemeinde  (S) relativer VA
a.A.: (Kopp/ Schenke, VwGO, § 44a, Rdnr. 6)
Anfechtungsklage ist unzulässig, da Fall des § 44 a VwGO (+)
 möglich ist nur Drittanfechtungsklage gegen die Baugenehmigung

Rücknahme des Einvernehmens
Eine Rücknahme oder ein Widerruf des erteilten Einvernehmens ist ausgeschlossen. Dies gilt auch für das
fingierte Einvernehmen nach § 36 II 2 BauGB.
6. Zulässigkeit gem. § 33 BauGB

Regelung ist streng subsidiär
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findet nur Anwendung auf Vorhaben, die nicht nach einer anderen Vorschrift bauplanungsrechtlich zulässig
sind

Der Bauherr, der bereit ist, sich bereits hinreichend verlässlich abzeichnende Festsetzungen zu akzeptieren,
soll nicht durch die regelmäßig längere Dauer eines Planfeststellungsverfahrens benachteiligt werden.
D. Rechtmäßigkeit von B- Plänen
I. Prüfungsschema B- Plan

Flächennutzungsplan

Bebauungsplan
II. (P) Fehlerfolgenregelung gem. §§ 214, 215 BauGB
D. Rechtsschutz im Baurecht
I. Rechtsschutz für den Nachbarn
1. Nachbarbegriff:
Nachbar im BauR ist jeder, der in der durch die Rechtsnorm geschützten Position von dem Vorhaben
beeinträchtigt wird.
 Nachbar ist der Eigentümer des unmittelbaren Nachbargrundstücks
 Nachbar kann auch der Eigentümer eines Grundstücks im gleichen Plangebiet sein
(P1) Mieter
o
Mieter kann seine Rechte nur vom Eigentümer herleiten
 er ist kein Nachbar im Sinne des Baurechts
 ggf. Rechte aus dem Mietvertrag geltend machen
o
Eigentümer kann sich auch nicht gegen Baugenehmigung für seinen Mieter wehren
 ggf. Rechte aus dem Mietvertrag geltend machen.
(P2) Wohnungseigentum
o
keine ÖR- Nachbaransprüche innerhalb der WEG  nur zivilrechtliche Ansprüche
o
Nachbarrechte der WEG selbst können nur durch WEG in ihrer Gesamtheit geltend gemacht
werden (VGH München, NVwZ-RR 2004, 248)
2. (P) Drittschutz:
(P1) Vorliegen einer (S) drittschützenden Norm
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(P2) Gebietsübergreifender Nachbarschutz
 fraglich ist, ob Angrenzer zu einem Plangebiet ebenfalls den Gebietserhaltungsanspruch für das angrenzende
Plangebiet geltend machen können
 grds. kein Drittschutz über Gebietsfestsetzungen
 Drittschutz lediglich über § 15 I 2 BauNVO iVm. dem Gebot der Rücksichtnahme möglich
OVG Münster (NWVBl. 1999, 338):
Der Anspruch auf Wahrung der Gebietsart steht grundsätzlich nur den Grundeigentümern desselben
Baugebiets zu.
OVG Lüneburg (NVwZ- RR 2007, 7, 8):
gebietsübergreifender Drittschutz dann, wenn sich aus der Planrechtfertigung ergibt, dass
nachbarschützende Wirkung nicht auf Plangebiet selbst beschränkt sein soll.
II. Der vorläufige Rechtsschutz im Baurecht

Klage des Nachbarn gegen die Baugenehmigung hat gem. § 212a BauGB keine aufschiebende Wirkung
 Antrag gem. §§ 80a, 80 V VwGO dürfte erforderlich sein

(P) Vorheriger Antrag bei der Behörde erforderlich?
o
hM sieht die Verweisung in § 80 a III 2 VwGO als Redaktionsversehen an
 Rechtsgrundverweisung  Antrag nur bei Abgaben- und Kostenbescheiden
o
a.A. stellt auf den Wortlaut des § 80 a III 2 VwGO ab, der auf § 80 VI VwGO verweist
 Rechtsfolgenverweisung  vorherige Antragstellung bei der Behörde immer erforderlich.
III. Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- / Rechtslage bei Anfechtungsklage

grds. ist maßgeblich der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung

(P) Nachbarklagen
o
differenziere:

Rechtslage ändert sich während des laufenden Verfahrens zu Lasten des Bauherrn
 alte Rechtslage

Rechtslage ändert sich während des laufenden Verfahrens zu Gunsten des Bauherrn
 neue Rechtslage
 maßgeblich ist somit letztlich immer die für den Bauherrn günstige Rechtslage
IV. Normenkontrolle gem. § 47 VwGO:
(P) Anwendbarkeit auf Flächennutzungspläne
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