IKB-Kapitalmarkt-News – Ausblick Italien: Die EZB wird’s schon richten 5. Dezember 2016 Dr. Klaus Bauknecht [email protected] Daniel Schönekäs [email protected] Das italienische Volk hat sich mit deutlicher Mehrheit gegen eine Änderung des Grundgesetzes ausgesprochen und damit auch gegen die Möglichkeit einer schnellen Umsetzung von Reformen. Wie angedroht, hat Ministerpräsident Renzi daraufhin seinen Rücktritt angekündigt, und es ist wahrscheinlich, dass eine Übergangsregierung eingesetzt wird, bevor es 2018 Neuwahlen geben wird. Das Ergebnis des Verfassungsreferendums ist keine Überraschung, da Umfragen im Vorfeld bereits eine Ablehnung andeuteten. Was bedeutet nun der Wahlausgang und welche Risiken könnten sich entwickeln? Konjunkturausblick unverändert schlecht Infolge des Wahlausgangs wird es kurzfristig keine effektiven Reformimpulse geben, die den Wachstumspfad Italiens mittelfristig verbessern könnten. Der Status quo einer nur moderat wachsenden und von Wettbewerbsverlusten geplagten Volkswirtschaft wird somit auf Sicht anhalten. Die Hoffnung, dass Italien aus dem nun schon seit Jahrzehnten anhaltenden Rückgang seines Potenzialwachstums ausbrechen könnte, bleibt bis auf Weiteres Wunschdenken. Somit ist die Hoffnung, dass das Wachstum die Schuldentragfähigkeit in Italien sicherstellt, auch weiterhin Illusion. Die italienische Wirtschaft steckt seit der Finanzkrise vor neun Jahren in einer Wirtschaftskrise. Das gegenwärtige BIP entspricht gerade einmal der Wirtschaftsleistung des Jahres 2000. Geringes Wachstum bedingte die Zunahme notleidender Kredite, die aufgrund fehlender positiver Konjunkturimpulse weiter zugenommen haben. Der dadurch geschwächte und zunehmend fragile Bankensektor wurde zu einem weiteren Belastungsfaktor für die ohnehin schwache italienische Volkswirtschaft. Denn für Unternehmen ist es schwierig, Kredite zu erhalten, da die italienischen Banken nur bedingt in der Lage sind, selbst die durch die lockerere EZB-Geldpolitik geschaffenen günstigen Finanzierungsbedingungen weiterzureichen. Dieser Zustand wird sich mit dem „Nein“ des Referendums auf Sicht nicht ändern, was den Druck auf die EZB hoch halten sollte. Die IKB erwartet 2017 ein BIP-Wachstum von ca. 0,7 % in Italien. Abb. 1: Reales BIP Italiens in Mrd. €* 430 +1,3 % 420 +2,1 % -1,1 % 410 +0,7 % +1,2 % +1,7 % 400 -2,9% +0,7 % -5,5 % 390 +0,6 % +0,9 % +0,2 % 380 2005 -1,7 % 2007 2009 2011 2013 2015 2017 * Zahlen geben die jährliche Veränderung in % an Quellen: Eurostat; IKB-Prognose Schuldentragfähigkeit benötigt auch weiterhin eine unterstützende EZB-Geldpolitik Die hohe Staatsverschuldung bleibt Kernproblem Italiens. Das Land hat weder Fortschritte in seiner Fiskal- noch Wirtschaftspolitik gemacht, um eine nachhaltige Stabilisierung bzw. Reduzierung der Schuldenquote sicherzustellen. So liegt es vor allem an einer nachhaltigen Senkung der Zinslast, die eine stabile bzw. auf Sicht sinkende Schuldenquote sicherstellen Kapitalmarkt News muss (siehe auch IKB-Studie zur Schuldendynamik). Im kommenden Jahr hat Italien mit über 300 Mrd. € den höchsten jährlichen Refinanzierungsbedarf seiner aktuellen Tilgungsstruktur. Zu einem Szenario wie 2011, als die Renditen deutlich zulegten und das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit hoch war, sollte es jedoch nicht kommen. Abb. 2: Fälligkeiten Italiens bis 2022 in Mrd. € 400 350 300 250 200 150 100 50 0 2017 2018 2019 Tilgung 2020 2021 2022 Zinsen Quelle: Banca d`Italia Dies ist in erster Linie auf die EZB-Geldpolitik zurückzuführen. Denn sie hat bereits angekündigt zusätzlich am Markt zu intervenieren, um einen massiven Renditeanstieg zu unterbinden. Das auch nach März 2017 aller Voraussicht nach fortgeführte Anleiheaufkaufprogramm der EZB wird weiterhin ein extrem unterstützendes Zinsumfeld garantieren, dass Italiens Schuldentragfähigkeit bzw. eine erfolgreiche Refinanzierung sicherstellt. In Anbetracht dessen kann Italien mit einer anhaltenden Senkung der effektiven Zinsrate aufgrund der zukünftigen Renditeentwicklung und der Refinanzierungsstruktur des Staates rechnen. Bankenproblematik weiterhin nicht gelöst Das wohl momentan drängendste Problem ist der angeschlagene italienische Bankensektor. Wie die EZB erst am vergangenen Dienstag bekannt gab, summiert sich das Volumen leistungsgestörter Kredite auf 271,3 Mrd. €, das sind rund 16 % des gesamten Kreditbestandes. Gemessen an dem Gesamtvolumen notleidender Forderungen von 937 Mrd. € in der EuroZone, entfallen somit knapp 30 % auf Italien. Einige Banken stehen unmittelbar vor wichtigen Kapitalerhöhungen, um Abschreibungen auf faule Kredite auszugleichen. Die nun herrschende politische Instabilität könnte solche Maßnahmen noch erschweren. Grundsätzlich steigt das Risiko, dass sich auch weiterhin keine nachhaltige Lösung für die systematische Bankenproblematik in Italien abzeichnet. Dies wiederum belastet die Konjunkturaussichten. Die Marktreaktion sollte überschaubar sein, doch Unsicherheit hat sich erhöht Solange Italien Teil der Euro-Zone ist, wird die Schuldentragfähigkeit durch die EZB-Zinspolitik gesichert. Diese wird extreme Entwicklungen auf den Finanzmärkten einfangen bzw. verhindern. Doch bei bestimmten politischen Entwicklungen, die sich durch Neuwahlen ergeben könnten, mag auch die EZB hilflos sein. Denn auch wenn Neuwahlen erst in 2018 anstehen sollten, so bleibt die Sorge, dass sich die Stimmung im Land nicht nachhaltig verbessert, da das Wachstum niedrig und die Arbeitslosenquote anhalten hoch sind. Deshalb mag eine Verschiebung von Wahlen nicht unbedingt vorteilhaft sein, um populistischen Tendenzen entgegenzuwirken. Denn es bleibt unwahrscheinlich, dass, wie in Spanien der Fall, eine Konjunkturaufhellung bei den Menschen ankommt. Anders als in Italien, hat Spaniens BIP sein Vorkrisenniveau von 2007 wieder erreicht. Kapitalmarkt News Abb. 3: Renditeaufschläge italienischer zehnjähriger Staatsanleihen zu deutschen Pendants, in Basispunkten 520 470 420 370 320 270 220 170 120 70 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quellen: EZB Fazit: Italiens Wähler haben ihre Chance nicht genutzt, aus dem anhaltend niedrigen Potenzialwachstum sowie der systembedingten politischen Blockade des Landes auszubrechen. So bleiben die Aussichten für Italien weiterhin trüb. Dies erhöht die Bedeutung der EZB für die Sicherstellung der italienischen Schuldentragfähigkeit und lässt keinen Zweifel an einer notwendigen Verlängerung des EZB-Aufkaufprogramms, um möglichen Renditekorrekturen im nächsten Jahr entgegentreten zu können. Das Ergebnis des italienischen Verfassungsreferendums bestätigt die Erwartungen, dass die Euro-Zone auch mittel- bis langfristig niedrige Zinsen benötigt, um ihre Schuldenlast tragen zu können. Länder wie Italien haben weiterhin, trotz größtmöglicher Unterstützung durch die EZB, Schwierigkeiten, ihre Bevölkerung für notwendige Reformen zu gewinnen, die für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone dringend erforderlich sind. 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