Manuskript Beitrag: Parteiensponsoring – “Rent-a-Sozi“ und die Folgen Sendung vom 29. November 2016 von Christian Esser und Birte Meier Anmoderation: Vor einer Woche hatte Frontal 21 aufgedeckt, dass Konzerne und Lobbygruppen für bis zu 7000 Euro SPD-Spitzenpolitiker für Gespräche und Essen buchen können. Sogar Minister wurden serviert. Solche Geschäfte haben mehr als ein Geschmäckle. Und sie wären nicht möglich, wenn das Parteisponsoring gesetzlich klar geregelt wäre. Doch das wurde bislang blockiert. Christian Esser und Birte Meier über “Rent-a-Sozi“ und die Folgen. Text: Eine Woche “Rent-a-Sozi“-Affäre – Stoff auch für Satiriker: O-Ton Jan Böhmermann, NEO MAGAZIN ROYALE, am 24. November 2016: Da schalte ich auf einmal bei Frontal 21 rein, unserer investigativen Sendung im ZDF, und ein halbstündiger Beitrag über die Machenschaften der SPD. Zielscheibe des Spotts: Justizminister Heiko Maas – hier auf dem Weg zu einem gesponserten Essen. O-Ton Jan Böhmermann, NEO MAGAZIN ROYALE, am 24. November 2016: Bei Heiko Maas kommt natürlich nochmal die gleiche Summe obendrauf für das Outfit - als Spesen - und für Haargel, 8000 Euro für Haargel. Man kann ihn auch mieten für Junggesellenabschiede. Oder wenn ich Andrea Nahles als Weihnachtsmann haben möchte, kann ich das auch machen, ist doch auch eine tolle Idee? Sigmar Gabriel kann man auch mieten, dann holt der einem für 7000 Euro die Kinder aus der Kita ab mit dem Helikopter. Die Häme tut weh. Die Partei zog Konsequenzen aus dem Skandal, stellte die über eine SPD-Agentur vermittelten Gespräche ein. Vielen Genossen reicht das nicht. Bundeskongress der Jusos am vergangenen Wochenende in Dresden: O-Ton Annika Klose, Jusos-Landesvorsitzende Berlin: Zum einen müssen wir ganz transparent machen, um welche Gespräche es sich da handelt und welche Personen da involviert waren. O-Ton Yannick Scharf, Jusos Heidelberg: Ich denke, bei uns muss gerade bei sowas das Gleichheitsprinzip gelten, wenn es darum geht, mit wem man den Dialog sucht. OTon Johanna Uekermann, Jusos-Bundesvorsitzende: Ich glaube schon, dass das Schaden für die Partei nach sich trägt, weil es natürlich den Eindruck hinterlässt, als wären wir käuflich, als wäre unsere Zeit käuflich. Und dieser Eindruck darf auf gar keinen Fall entstehen und deshalb braucht es jetzt auch dringend Aufklärung. Doch die Partei-Oberen mauern, wollen offenbar keine vollständige Transparenz. O-Ton Christina Deckwirth, LobbyControl: Die SPD muss auf jeden Fall die Listen der Gespräche offenlegen. Das heißt, es muss wirklich der Öffentlichkeit ersichtlich sein, wer an diesen Gesprächen teilgenommen hat und vor allem, wer sie gesponsert hat und auch wer wie viel dafür gezahlt hat. Doch das passiert nicht. Trotzdem sickern immer neue Namen mit neuen Gesprächen und neuen Sponsoren durch - Beispiel Niedersachsen: O-Ton Olaf Lies, SPD, Wirtschaftsminister Niedersachsen, am 24.11.2016: Ich distanziere mich von dem ganz eindrücklich, was dort passiert ist und was wir dort sehen mussten. Und wenn erkennbar gewesen wäre, dass diese Einladung und diese Veranstaltung in einem Zusammenhang mit dem steht, was wir dort gesehen haben, hätte ich die Teilnahme dort abgelehnt und hätte auch nicht teilgenommen. Sponsor seines Treffens: HanseWerk, eine Tochter des Energiekonzerns E.ON. O-Ton Christian Dürr, FDP, Fraktionsvorsitzender Landtag Niedersachsen, am 24.11.2016: Spätestens als klar war, dass dort HanseWerk als Unterstützer auftritt, hätte ich von einem Regierungsmitglied erwartet, das er fragt, wer diesen Abend bezahlt, meine Damen und Herren. Das gehört zum Handwerk dazu, da kann man sich ja nicht rausreden mit Nichtwissen. Unglaublich. Auch im Bundestag Häme und Spott für die SPD, sogar vom Koalitionspartner. O-Ton Klaus-Dieter Gröhler, CDU, MdB, am 22. November 2016: An dieser Stelle, Herr Minister Maas, müsste ich mich mal bei Ihnen um einen Gesprächstermin bemühen - müsste ihn sozusagen buchen. Ich hoffe, ich muss da nichts zahlen. Und die SPD? Die sieht auch die CDU in der Pflicht, endlich das Parteisponsoring transparenter zu regeln. O-Ton Katarina Barley, SPD, Generalsekretärin: Die SPD hat immer die Position vertreten, dass Sponsoring transparent gemacht werden muss. Das haben wir auch gesetzlich schon vorgeschlagen. Wir sind nach wie vor dieser Meinung, dass das gesetzlich so verankert werden müsste und werden viel Überzeugungsarbeit bei unserem Koalitionspartner einsetzen müssen. Denn die sind bisher diejenigen, die sich da verweigern. Und die CDU? Auf Nachfrage lässt sie mitteilen: Sie sehe „keinen Veränderungsbedarf“ beim Thema Sponsoring. O-Ton Christina Deckwirth, LobbyControl: Bei der CDU herrscht Schweigen im Walde. Das ist schon sehr auffällig. Die CDU hat mehrfach solche Initiativen zur Regelung des Parteisponsorings blockiert. Sie hat immer wieder gesagt, das sind ja nur Einzelfälle. So etwas passiert nicht. Insofern trägt die CDU hier die Mitverantwortung, dass solche Skandale passieren. Die Grünen wollen noch diese Woche im Bundestag einen Antrag einbringen. O-Ton Britta Haßelmann, B‘90/GRÜNE, MdB, Parlamentarische Geschäftsführerin Grüne: Die Zeit ist reif, es ist überfällig. Wir haben darüber seit 2010 diskutiert und wir verstehen nicht, warum Union und SPD blockieren, dass es eine Transparenzpflicht für Sponsoring ähnlich wie für Geldspenden im Parteiengesetz gibt. Das würden uns Parteien insgesamt helfen, für mehr Transparenz zu sorgen. Und nach 2010 “Rent-a-Rüttgers“ und jetzt “Renta-Sozi“ ist doch vollkommen klar, dass hier Handlungsbedarf besteht. Am Donnerstag können alle Parteien im Bundestag zeigen, wie ernst sie es meinen beim Sponsoring. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.
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