LÄNDERBERICHT „Israels bester Freund?“ - Konrad

LÄNDERBERICHT
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
ISRAEL
DR. MICHAEL BORCHARD
14. November 2016
www.kas.de/israel
„Israels bester Freund?“
R EA K T I O N E N A U F D I E W A H L D O N A L D T R U M PS I N I S R A E L
„Der
erste
Trump
amerikanische
gewonnen
hat,
ist
Staat,
den
Israel“,
so
gierungspartei Likud sind die Reaktionen
hingegen durchaus gespalten und reichen
scherzte der Wahlbeobachter und Demo-
von offener Begeisterung bis hin zur vor-
skop Mitchell Barak noch am Wahltag mit
sichtigen Distanzierung. Während der
Blick
Netanjahu-Vertraute und gemäßigte Likud-
auf
die
Einstellungen
derjenigen
Amerikaner, die in Israel leben, arbeiten
Minister Tzachi Hanegbi seine eigene Regie-
und von hier aus ihre Stimme abgegeben
rung warnte, irgendeinen vorschnellen
1
haben.
Er verband seine Bobachtung je-
Kommentar zur Wahl des US-Präsidenten
doch gleich mit dem Hinweis darauf, dass
abzugeben, bevor die offiziellen Ergebnisse
das „Rennen“ in Israel noch nie so knapp
der Wahl vorliegen würden und klarstellte,
gewesen sei und ein Republikaner selten
dass die Wahlentscheidung vor allem auf
so wenige Stimmen von den in Israel lebenden Amerikanern erhalten habe. Die
Reaktion des „offiziellen Israels“ zeigt
diese Zurückhaltung allerdings nicht. Im
Gegenteil ist die Haltung des politischen
Israel zur Wahl Trumps von unerwartet
innenpolitischen Themen beruhe und nichts
mit Israel oder dem Nahen Osten zu tun
habe, freute sich der Likud-Minister Ofer
Akunis darüber, dass mit dieser Entscheidung die Beziehungen stark blieben.3
Die stellvertretende Außenministerin Tzipi
wenig Kritik und deutlicher Genugtuung
Hotovely vom Likud mahnt Trump, sein Ver-
geprägt,
sprechen einzulösen, die amerikanische
wie
ein
Überblick
über
die
Stimmen nach der Wahl zeigt. Dabei spielt
Botschaft nach Jerusalem zu verlegen.4 Der
die Enttäuschung über die Regierungszeit
frühere Innenminister und Gegenspieler von
Obamas, die sich durch beinahe alle poli-
Netanjahu, Gideon Sa´ar, dem schon seit
tischen Lager zieht, die entscheidende
langem politische Ambitionen außerhalb des
Rolle.
Likud nachgesagt werden, geht noch weiter
Ein wahrer Freund Israels
„Window of Opportunity“.5 Es sei diplomati-
und spricht von einem einzigartigen
scher Druck aus Washington gewesen, der
Premierminister Netanjahu würdigt den ge-
Israel davon abgehalten habe, in Jerusalem
wählten Präsidenten Trump als „wahren
[gemeint ist Ostjerusalem sic.] neue Bauten
Freund Israels“, der mit Sicherheit alles da-
zu errichten. Trump werde sicherlich weni-
für tun werde, „die einzigartige Allianz zwi-
ger Druck ausüben, so dass man umgehend
schen Israel und den Vereinigten Staaten zu
mit der Bautätigkeit in der unteilbaren
neuen Höhen zu führen“.2 In „seiner“ Re-
Hauptstadt Israels beginnen solle.
1
3
Zitiert nach Katie Glueck:
http://www.politico.com/story/2016/11/trumpbattleground-israel-230659 (Abruf: 9. November 2016).
2
Politico Staff:
http://www.politico.com/story/2016/11/netany
ahu-trump-israel-true-friend-231094 (Abruf:
10. November 2011).
Gil Hofmann: http://www.jpost.com/USElections/Donald-Trump/Likud-MKs-react-toTrumps-victory-in-US-Presidential-Election472088 (Abruf: 9. November 2016).
4
Ebd.
5
Gil Hoffman: Israeli Right celebrates Trump
win, declares end to era of “Palestinian State”.
Jerusalem Post (Print), 10. November 2016.
2
Der Likud-Abgeordnete und Tempelberg-
rückzuweisen, weil diese Idee unsere Si-
Aktivist Yehuda Glick betont: Es scheint,
cherheitsinteressen und unsere „gerechte
ISRAEL
dass das amerikanische Volk der Heuchelei
Sache“ beschädige. Das sei die Position des
DR. MICHAEL BORCHARD
und der Political Correctness müde sei und
gewählten US-Präsidenten und das sollte
eine klare Sprache bevorzuge. Er wünsche
auch die Politik Israels sein, so Bennett.
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14. November 2016
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sich, dass Trump zum Tempelberg aufsteige
und „von der Quelle des Lichts aus einen
Sein Parteikollege Bezalel Smotrich geht so-
Dialog des Friedens und der Versöhnung
gar noch weiter, indem er nicht nur fest-
führe.“6 Glick krönt seine Eloge mit einer
stellt, dass der palästinensische Staat damit
Einladung an Trump: Er möge Israel und
ad Acta gelegt sei, sondern den Premiermi-
Judäa und Samaria besuchen, um sich
nister und die ganze Regierung mit dem
selbst ein Bild davon machen zu können,
Wahlsieg Trumps dazu auffordert, „sich voll
dass die Siedlungen ein Beitrag zum Frieden
und ganz hinter alle Siedlungen in Judäa
seien.
und Samaria zu stellen und heute die Konstruktion von Tausenden neuen Wohnein-
Sein ganz eigenes Süppchen aus Anlass der
heiten, ebenso wie die Konstruktion von
Wahl Trumps kocht der Likud-Abgeordnete
neuen Dörfern und Städten bekannt zu ge-
Oren Hazan, der unter dem Verdacht steht,
ben.“9 Man müsse nun den Satz aus allen
in Bulgarien Zuhälterei und Drogengeschäf-
Verlautbarungen tilgen, dass die Siedlungen
te betrieben zu haben und deshalb von Par-
ein Hindernis auf dem Weg zum Frieden
lamentspräsident Yuli Edelstein seiner Auf-
seien.
gabe als Knesset-Vizepräsident enthoben
worden war. Er nutzt die Wahl Trumps für
Reaktion der Linken
einen Rundumschlag gegen die Medien. Die
Wahl Trumps zeige, dass die Medien reali-
Sehr kritisch wird die Wahl Trumps erwar-
sieren müssten, dass es als Bumerang zu-
tungsgemäß am linken Rand des Spektrums
rückkomme, wenn man andere mit Schimpf
gesehen. Die Parteivorsitzende der Meretz-
7
Partei, Zehava Galon, beklagt, dass Trump
und Schande belege.
seine Kandidatur darauf aufgebaut habe,
Ende der Zweistaaten-Lösung?
Angst und Hass zu entfachen.10 Das habe
sich für ihn ausgezahlt, aber solche Kam-
Besonders lauter Jubel kommt zunächst von
pagnen hätten immer problematische Aus-
der ganz rechten Seite des politischen
wirkungen: „Wir werden über Gruppierun-
Spektrums in Israel. Der Vorsitzende der
gen hören, die Hass verbreiten und die aus
nationalreligiösen Partei Ha BayitYehudi und
diesem Wahlergebnis ihre Legitimität bezie-
gegenwärtige Bildungsminister Naftali Ben-
hen werden.“
nett nutzt Trump als Apologet seiner politi-
tische Prozess und das System von „Checks
schen Agenda und interpretiert den Sieg
und Balances“ in den USA stark ausgeprägt
Trumps als Sieg derjenigen, die eine Zwei-
und die amerikanische Demokratie werde
8
Staaten-Lösung ablehnen. In der Jerusalem
11
Allerdings sei der demokra-
auch Trump „überleben“.
Post betont er: „Die Ära eines palästinensischen Staates sei vorbei“. Der Sieg Trumps
Eine der wenigen weiteren verhalten kriti-
böte eine gute Gelegenheit, unverzüglich
schen Stimmen kommt von der Co-
den Gedanken eines palästinensischen
Vorsitzenden der Zionistischen Union, Tzipi
Staates „im Herzen unseres Landes“ zu-
Livni, die darauf hofft, dass der Präsident
Trump sich mehr mäßigen wird als der Prä-
6
Gil Hofmann: http://www.jpost.com/USElections/Donald-Trump/Likud-MKs-react-toTrumps-victory-in-US-Presidential-Election472088 (Abruf: 9. November 2016).
7
Ebd.
8
Dan Eisenbud: http://www.jpost.com/USElections/Donald-Trump/Likud-MKs-react-toTrumps-victory-in-US-Presidential-Election472088 (Abruf: 10. November2016).
9
Gil Hofmann: http://www.jpost.com/USElections/Donald-Trump/Likud-MKs-react-toTrumps-victory-in-US-Presidential-Election472088 (Abruf: 9. November 2016).
10
Jonathan Lis und Barak Ravid:
http://www.haaretz.com/israel-news/1.752088
(Abruf: 10. November 2016).
11
Ebd.
3
sidentschaftskandidat Trump das getan hat:
Nachman Shai, der Vorsitzende der israe-
„Ich hoffe für die Vereinigten Staaten und
lisch-deutschen Parlamentariergruppe und
ISRAEL
für die Welt, dass Donald Trump die Ver-
Abgeordneter der Zionistischen Union, der
DR. MICHAEL BORCHARD
sprechen seiner „Acceptance Speech“ und
einem breiten israelischen Publikum im
nicht die Versprechen seiner Wahlkampagne
Golfkrieg als derjenige Sprecher des Mili-
wahrmachen wird.“12
tärradios in Erinnerung geblieben ist, der
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
14. November 2016
nach jedem irakischen Raketenangriff mit
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Ihr Mitstreiter und Parteivorsitzender Isaac
ruhiger Stimme die erlösende Entwarnung
„Buji“ Herzog hingegen versucht das Phä-
gab, rät auch hier nicht ohne Lakonie zur
nomen Trump auf seine eigene Situation zu
Besonnenheit: Das Resultat der Wahl sei
beziehen. Die Kampagne sei eine Fortset-
nicht das Ende der Welt.16
zung des globalen Trends der Abscheu gegenüber den alten Eliten und der Wunsch
Auffällig ist dass sich in diesem Konzert der
nach einem unmittelbaren Wandel. Die Wahl
Stimmen jene Partei mit Wortäußerungen
Trumps sei ein „social, economic and lea-
jedweder Natur besonders bedeckt hält, von
dership tsunami“, der sicher auch in Israel
der – zumindest, was die Ausrichtung ihrer
unmittelbare Auswirkungen haben müsse.13
Wählerinnen und Wähler angeht, die deutlichsten Lobeshymnen zu erwarten gewesen
Dov Henin vom arabischen Parteienbündnis
wären. Die Umfrage der Konrad-Adenauer-
„Joint List“ geht in eine ähnliche Richtung
Stiftung zum schwierigen Beziehungsge-
und betont, dass die Wut über das Estab-
flecht zwischen den USA, Deutschland, Isra-
lishment, die bei der Wahl zum Ausdruck
el und den Palästinensischen Gebieten vom
gekommen sei, nicht nur verständlich, son-
Frühjahr 2016 hat eine Bevölkerungsgruppe
dern im Lichte der Ungleichheit und der
ausgewiesen, die sich ganz besonders hinter
aufgehenden Kluft zwischen arm und reich
Donald Trump gestellt hat.17 Die Rede ist
14
auch gerechtfertigt sei.
Das müsse auch in
von der Gruppe der russischen Zuwanderer.
Israel eine Lehre sein. Die Menschen seien
Sie bildet den größten Anteil des Elektorates
auch hier gewillt, eine solche Bewegung für
von Israel Beitenu, der Partei des gegen-
den Wandel zu unterstützen, man müsse sie
wärtigen Verteidigungsministers Avigdor
nur bilden.
Lieberman.
Fatalistischer sieht das sein Parteifreund
Zusammenfassend kann man sagen, dass
Basel Ghattas, der sagt, dass die Wahl an
viele derjenigen, die die Wahl Trumps be-
der Situation der Palästinenser überhaupt
grüßen, zwar seine rassistischen und frau-
nichts ändern werde.15 Die Zweistaaten-
enfeindlichen Aussagen zur Kenntnis ge-
Lösung sei schon mit der Wahl Netanjahus
nommen haben, aber im gleichen Atemzug
und nicht erst mit der Wahl Trumps beerdigt
betonen, dass man sicher sei, dass die Wahl
worden. Er gab allerdings der Hoffnung
Trumps positive Auswirkungen auf das ame-
Ausdruck, dass die amerikanischen Institu-
rikanisch-israelische Verhältnis habe. Für
tionen, die die Macht des Präsidenten be-
Israel sei die Wahl Trumps ein Gewinn. Ob
schränken, ihn daran hindern mögen, Un-
sich diese Erwartung erfüllen wird, bleibt
sinn zu machen.
fraglich.
Nicht das Ende der Welt
16
12
Gil Hofmann: http://www.jpost.com/USElections/Donald-Trump/Likud-MKs-react-toTrumps-victory-in-US-Presidential-Election472088 (Abruf: 9. November 2016).
13
Ebd.
14
Ebd.
15
Gil Hoffman: Israeli Right celebrates Trump
win, declares end to era of “Palestinian State”.
Jerusalem Post (Print), 10. November 2016.
Gil Hofmann: http://www.jpost.com/USElections/Donald-Trump/Likud-MKs-react-toTrumps-victory-in-US-Presidential-Election472088 (Abruf: 9. November 2016).
17
Michael Borchard, Lars Hänsel und Marc
Frings: Ein schwieriges Beziehungsgeflecht.
Umfrage: Die USA, Deutschland, Israel und die
Palästinensischen Gebiete in der Gesamtsicht.
http://www.kas.de/wf/doc/kas_44521-544-130.pdf?160314172739 (Abruf 10. November
2016)
4
Hauptgewinn für Israel sei.22 Er schreibt:
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
Der neutrale Typ im Konflikt?
ISRAEL
Donald Trump hat sich erst in der Endphase
unbeschriebenes Blatt, ein Platzhalter.23 Es
DR. MICHAEL BORCHARD
seiner Kampagne uneingeschränkt hinter
sei eben nicht dasselbe, einmal der „Grand
Israel gestellt. Noch im Februar 2016 hatte
Marshall“ der „Israel Day Parade“ in Man-
Trump betont, er wolle der „neutrale Typ“
hattan gewesen zu sein oder sich jahrelang
(„the neutral guy“) im Konflikt zwischen den
mit dem mühsamen Klein-Klein des Nahost-
„He is a blank slate, a wild card“ – er sei ein
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18
Palästinensern und Israelis sein.
Diese Äu-
konfliktes beschäftigt zu haben.
ßerung war vor der Nominierung als Kandidat der Republikaner insbesondere bei sei-
Hoffnungen werden indes auf den „running-
nen Mitbewerbern auf erhebliche Kritik ge-
mate“ Trumps gesetzt. Der künftige Vize-
stoßen. Insbesondere Ted Cruz hatte ent-
präsident Mike Pence ist - und das wird in
gegnet, ein US-Präsident könne nicht neut-
Israel durchaus wahrgenommen - kein „un-
ral sein und er habe nicht die Absicht neut-
beschriebenes Blatt“, wenn es um die Un-
ral zu sein, wenn er Präsident werden wür-
terstützung Israels geht.24 Der früherer
de.19 Zweifel an seiner Verbundenheit – so-
Gouverneur von Indiana hat sich als evan-
wohl mit dem jüdischen Volk als auch mit
gelikaler Christ schon seit langem politisch
Israel – hatte zudem die Tatsache genährt,
deutlich zum Konflikt und zur Haltung der
dass sich Trump ohne klare Distanzierung
USA geäußert. Erst zuletzt hatte er diese
von David Duke, einem der „Masterminds“
Haltung mit den Worten bekräftigt, dass er
des ultrarassistischen und antisemitischen
Israel als den Verbündeten der USA be-
Ku-Klux-Klan hat unterstützen lassen,20 der
trachte, den man am stärksten schätze.
seinerseits unmittelbar nach der Wahl deut-
Trump und er stünden hinter Israel: „Isra-
lich gemacht hat, dass kein Zweifel daran
el`s fight is our fight, because Israel´s
bestünde, dass der Erfolg Trumps auch in
cause is our cause.“25
hohem Maße auf die Unterstützung seiner
Organisation zurückzuführen sei.21
Allgemein wird von vielen Kommentatoren
erwartet, dass Netanjahu zumindest kurz-
Der öffentliche politische Jubel über die
fristig durchaus auch Profit aus der Wahl
Wahl Trumps und die Hoffnung, dass Israel
Trumps schlagen könne. Dabei steht nicht
von seiner Präsidentschaft profitieren wird,
zuletzt die Tatsache im Vordergrund, dass
wird interessanterweise dementsprechend
„Bibi“ es zum ersten Mal als Regierungschef
von einigen journalistischen und wissen-
Israels nicht mit einem demokratischen Prä-
schaftlichen Beobachtern nicht geteilt. Hier
sidenten, sondern einem Republikaner zu
überwiegt die Unsicherheit – selbst bei den-
tun hat, die traditionell deutlicher hinter Is-
jenigen, die auf der rechten Seite des politi-
rael stehen.
schen Spektrums stehen. Herb Keinon, einer der außenpolitischen Kolumnisten der
Eine große Unsicherheit liegt für viele Be-
rechten Jerusalem Post, ist am Tag nach der
obachter darin, dass im Gegensatz zu einer
Verkündung des Wahlergebnisses sehr
möglichen Präsidentin Clinton bis zur Wahl
skeptisch, ob Trump wirklich der erwartete
völlig offen ist, wem Trump außenpolitische
Verantwortung übertragen wird. Einige der
Namen, die gerüchtweise kursieren, würden
Israel allerdings Nutzen bringen. Das trifft
nicht zuletzt für den früheren Sprecher des
18
Eugene Scott:
http://edition.cnn.com/2016/02/18/politics/do
nald-trump-israel-palestinian-neutral/ (Abruf
10. November 2016).
19
Ebd.
20
Bradley Burston:
http://www.haaretz.com/world-news/u-selection-2016/1.752064 (Abruf 10. November
2016)
21
Adam Cancryn:
http://www.politico.com/story/2016/11/davidduke-trump-victory-2016-election-231072
(Abruf 10. November 2016)
Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, wie
für den früheren UN-Botschafter John Bolton zu, deren Position zu Israel der Haltung
22
Herb Keinon: Trump and Israel – now what?
Jerusalem Post (Print), 10. November 2016.
23
Ebd.
24
Ebd.
25
Ebd.
5
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
des israelischen Premierministers sehr na26
würden und malt eine „Trump-Intifada“29 an
hekommt.
die Wand.
DR. MICHAEL BORCHARD
Erwartungen an Präsident Trump
Für die Inkonsistenz des Trump-Teams
14. November 2016
Welche Erwartungen richten sich im politi-
der Wahl Streit darüber ausgebrochen ist,
schen Israel an den neuen Präsidenten?
ob dieser Schritt wirklich umgesetzt werden
Vom stramm rechten Lager bis in die gemä-
soll. Sein außenpolitischer Berater Walid
ßigten parteipolitischen Zonen, von Ayelet
Phares sagt gegenüber der BBC, dass
Shaked bis zu Tzachi Hanegbi, gibt es zwei
Trump an seiner Absicht, festhalte, dies
übereinstimmende Erwartungen an Donald
aber nur im Konsens tun würde.30 Seine Is-
Trump. Er hatte erstens bei einem Gespräch
rael-Berater David Friedman und Jason
mit Netanjahu angekündigt, dass er die US-
Greenblatt beeilten sich hingegen, zu be-
ISRAEL
spricht, dass innerhalb des Teams kurz nach
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Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem ver-
kräftigen, dass man dieses Versprechen in
legen wolle. Das haben auch bereits andere
jedem Falle umsetzen wolle.31
Präsidentschaftskandidaten vor ihm angekündigt, eine Umsetzung des Versprechens
Die zweite Erwartung geht ebenfalls quer
hat es hingegen niemals gegeben. Von Bill
durch die politischen Lager und diese Erwar-
Clinton bis Barack Obama haben alle Präsi-
tung hängt mit der Tatsache zusammen,
denten auf die Umsetzung des 1995 durch
dass Trump über eine komfortable Mehrheit
den Kongress verabschiedeten Gesetzes,
im Repräsentantenhaus verfügt. Diese
das die Umsiedlung der Botschaft vor-
Mehrheit verschaffe ihm die Möglichkeit, das
schreibt, mit ihren präsidentiellen Sonder-
Nuklearabkommen mit dem Iran zu revidie-
rechten verzichtet.
ren. Trump selbst hat dieser Erwartung verschiedentlich Nahrung gegeben. Auf der AI-
Dieser Schritt der Botschaftsumsiedelung
PAC-Konferenz im März 2016 hatte er die
wäre zweifellos dazu geeignet, langjährige
weitgehende Rücknahme des Deals gar als
Verbündete der USA, wie Ägypten, Jordani-
„Priorität Nummer eins“ bezeichnet.32
en und auch Saudi Arabien vor den Kopf zu
stoßen. Auch die Frage, welche Auswirkun-
Schon Monate vor der Wahl hatte sich sein
gen ein solcher Schritt auf die lokalen arabi-
Berater Walid Phares aber bereits wieder
schen Friedensinitiativen hat, die Umfragen
von diesem Versprechen distanziert.33
der Adenauer-Stiftung zufolge auf beiden
Trump verfolge nicht die Absicht, das Ab-
Seiten Unterstützung finden würden,27 liegt
kommen zu zerreißen. Er sei ein Mann der
auf dem Tisch. Amir Oren fragt in Haaretz,
Institutionen und als solcher werde er nicht
ob man wirklich glauben könne, dass beina-
die Tatsache ignorieren, dass das Abkom-
he sieben Jahrzehnte amerikanischer Politik
men die „institutionelle Unterschrift“ der
über Nacht revidiert würden und Jerusalem
USA trage. Möglich sei aber, dass Trump
als Hauptstadt von Israel anerkannt würde,
das Abkommen – gemeinsam mit einer Rei-
verbunden mit dem Umzug der Botschaft
he von Alliierten – mit dem Iran nachver-
von Tel Aviv nach Jerusalem?28 Noch be-
handeln werde. In der Tat wäre eine einsei-
sorgter fragt Oren, ob die Palästinenser darauf nicht mit Gewaltausbrüchen reagieren
29
Ebd.
Tovah Lazaroff:
http://www.jpost.com/Israel-News/PoliticsAnd-Diplomacy/Trump-advisors-divided-overmoving-US-embassy-to-Jerusalem-472368
(Abruf 14. November 2016).
31
Ebd.
32
Yeganeh Torbatti:
http://www.reuters.com/article/us-usaelection-trump-iran-idUSKBN13427E (Abruf
10. November 2016).
33
Yonathan Haggerty:
http://dailycaller.com/2016/07/05/trumpadviser-reveals-plans-for-iran-deal/ (Abruf 10.
November 2016)
30
26
Ebd.
Adam Rasgon: http://www.jpost.com/ArabIsraeli-Conflict/Majority-of-IsraelisPalestinians-still-support-two-state-solution464748 (Abruf 10. November 2016).
28
Amir Oren: http://www.haaretz.com/worldnews/u-s-election-2016/1.752087 (Abruf 10.
November 2016)
27
6
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
tige Aufkündigung des Abkommens durch
salem Post-Kolumnist Herb Keinon, dann
die USA kaum möglich,
hätte Obama sicherlich jede Intervention
mit ihr abgesprochen, um ihr nicht in die
ISRAEL
DR. MICHAEL BORCHARD
14. November 2016
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Der Haaretz-Autor Zvi Bar´el spekuliert so-
Parade zu fahren.35 Insofern läge der
gar – nicht ohne jede Grundlage – ob Iran
Schluss nahe, dass Obama diese Rücksicht-
nicht am Ende der große Gewinner der Prä-
nahme im Falle Trump nicht zeigen wird.
sidentschaft von Donald Trump werden
Obama selbst hat allerdings, das würdigt
34
könnte.
Er basiert seine Argumentation
auch die israelische Presse, in seiner Rede
auf der Devise „America First“, die ganz
nach der Wahl im Rosengarten des Weißen
prominent auf dem Wahlkampfbanner von
Hauses diesen Spekulationen eine Absage
Donald Trump gestanden habe. Die Frage
erteilt und betont, wie außerordentlich wich-
sei, ob Trump trotz seiner Ankündigung den
tig aus seiner Sicht nun eine geordnete
Deal mit dem Iran zu beenden, wirklich be-
Übergabe der Macht an den gewählten Prä-
reit sei, dem Machtstreben der Mullahs in
sidenten Donald Trump sei. Dahinter steht
Teheran entgegen zu treten. Es möge zwar
auch die Erkenntnis, dass jeder Schritt, den
sein, dass die EU sich angesichts des un-
Obama ergreifen würde, durch die kom-
vorhersagbaren Verhaltens Trump dazu ent-
mende Administration revidierbar wäre. Der
schlösse, die Rolle des „vernünftigen Er-
politische Direktor von AIPAC, Rob Bassin,
wachsenen“ zu spielen und eine aktivere
weist dennoch daraufhin, dass die beiden
Rolle in der Nahostpolitik einzunehmen. Man
kommenden Monate spannend werden
dürfe allerdings die Kraft der EU nicht über-
könnten, weil die 3,8 Milliarden Dollar Mili-
schätzen. Sowohl Saudi Arabien als auch
tärhilfe, immer noch der Bestätigung durch
Israel hätten zweifellos Recht, wenn sie
den Kongress bedürfen. Ebenso müsste der
nicht auf die „strafende Kraft“ der EU ver-
Sanktionsmechanismus gegen den Iran er-
trauen, wenn es darum geht, Machtansprü-
neut durch den Kongress autorisiert wer-
che Irans zurückzuweisen. Das wiederum
den, damit Iran umgehend mit Sanktionen
spiele in die Karten des iranischen Religi-
belegt werden könne, wenn es den Vertrag
onsführers Ayatollah Ali Khamenei, seiner
verletze.
Revolutionsgarden und der konservativen
Elemente in Teheran.
Interessant ist nicht nur der israelische Blick
auf die USA, sondern auch der amerikani-
Tatsächlich steht auch Staatspräsident Ro-
sche Blick darauf, wie Donald Trump die Is-
hani angesichts der anstehenden Wahlen im
rael-Politik verändern wird. Daniel Kurtzer,
kommenden Jahr, und angesichts der wach-
der in der Zeit von George W. Bush ameri-
senden Enttäuschung im Iran über eine
kanischer Botschafter in Israel war und bei-
ausbleibende Verbesserung der wirtschaftli-
leibe kein Vertreter der amerikanischen Lin-
chen Situation für die Menschen unter
ken ist, zeichnet in einem „Skype-Talk“ mit
Druck. Er dürfte seinerseits wenigstens ge-
dem Institute for National Security Studies
genwärtig kein sehr großes Interesse daran
(INSS) der Universität Tel Aviv ein eher
verspüren, die Beziehungen mit den USA zu
düsteres Bild der Zukunft.36 Die Geister, die
eskalieren.
Trump bei dieser Kampagne mit seinen
fragwürdigen Unterstützern befreit hätte,
Eine letzte Intervention von Obama?
Geister des „Antisemitismus, der Vorurteile
gegen Menschen mit anderer Hautfarbe, La-
Spekuliert wird in Israel freilich auch, ob
tinos, Frauen, Migranten“,37 die seien nur
Präsident Obama in den mehr als zwei Mo-
schwer wieder in die Kiste zu zwängen.
naten bis zur Amtsübergabe im Januar noch
Kurtzer fürchtet, dass amerikanische Unter-
eine mehr oder weniger dramatische Initiative in Sachen „Naher Osten“ ergreifen wird.
Hätte Hillary Clinton gewonnen, so der Jeru-
35
Herb Keinon: Trump and Israel – now what?
Jerusalem Post (Print), 10. November 2016.
Tovah Lazaroff: Trump presidency will put
Middle East on edge, former US envoy tells
Israeli think tank. Jerusalem Post (Print), 10.
November 2016.
37
Ebd.
36
34
Zvi Bar´el: Iran could be big winner of U.S.
election. Haaretz (Print), 10. November 2016.
7
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
stützung für die Verlegung der Botschaft
ebenfalls abzuwarten, vor allem was die po-
und für verstärkte Siedlungsaktivitäten die
litische Substanz dieser Aussage angeht.38
ISRAEL
amerikanische Außenpolitik zu sehr in eine
DR. MICHAEL BORCHARD
Linie mit dem rechten Flügel der israeli-
Zu beobachten bleibt auch, welche Auswir-
schen Politik bringen würde.
kungen die gegenwärtige Begeisterung für
die Wahl Donald Trumps für das Verhältnis
14. November 2016
www.kas.de/israel
Wenig thematisiert wird in Israel, die ent-
zwischen Israel und der Europäischen Union
scheidende Frage, welches Ausmaß an
haben werden. Die Frage ist, ob Politiker
„friendly fire“ Trump aus den eigenen Rei-
des rechten Randes in Israel die neue Ad-
hen zu erwarten hat und wieviel Spielraum
ministration und ihre bisherigen Äußerun-
ihm diejenigen Republikaner im Kongress
gen zu Israel zum Anlass nehmen werden,
erlauben werden, die alles daran gesetzt
um die bereits bestehende Selbstisolierung
haben, einen Präsidenten Trump zu verhin-
gegenüber der EU weiter zu vertiefen. In
dern. Bei den Republikanern hat nicht nur
„Arutz Sheva“ schreibt mit Gil Weinreich ei-
die Verbundenheit mit Israel Tradition, son-
ner der Advokaten und intellektuellen
dern durchaus auch das Drängen auf eine
Stichwortgeber dieser Selbstisolierung dem-
ausgleichende Haltung, die den Weg zu ei-
entsprechend deutlich: „Israel sollte diese
ner Friedenslösung nicht endgültig verbaut.
Gelegenheit nutzen, den Friedensprozess
offiziell für tot zu erklären. Und es sollte die
Fazit und Ausblick
kommenden vier, vielleicht acht Jahre, dazu
nutzen, den Weg des jüdischen Staates zur
Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Die
vollen Unabhängigkeit schneller zu beschrei-
in Israel deutlich spürbare Sympathie für
ten.“39 Israelis wollten gerne daran glauben,
die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten
dass sie die „Exil-Mentalität“, die für die
der USA kontrastiert ebenso deutlich mit
Diaspora-Juden so charakteristisch sei, hin-
dem Unwissen über seine Positionen. Die
ter sich gelassen hätten, aber die Abhängig-
Widersprüche und Inkonsistenzen seiner
keit ihrer politischen Führer von ausländi-
Äußerungen zur amerikanischen Israelpolitik
schen Mächten, würde diese Einschätzung
sind in Israel in den Tagen nach der Wahl so
Lügen strafen.
gut wie gar nicht zur Kenntnis genommen
worden. Die Enttäuschung, die sich trotz der
Eine besondere Gefahr besteht dement-
beispiellos hohen Militärhilfe in Israel ge-
sprechend neben dieser Isolierung von Eu-
genüber der Obama-Administration – auf-
ropa darin, dass die Parteien der äußersten
grund des Atomabkommens mit dem Iran -
Rechten, dass Populisten wie Naftali Ben-
breit gemacht hat, fühlen viele Israelis
nett, den Premierminister Netanjahu auch
durch die Wahl Trumps „aufgefangen“.
weiterhin unter Druck setzen werden, sich
endgültig vom Gedanken einer Zweistaaten-
Diese Sichtweise verdrängt auch zu großen
Lösung zu verabschieden und die Sied-
Teilen in der öffentlichen Debatte in Israel
lungspolitik weiter zu intensivieren. Die
die Frage, wie verlässlich die wiederholten
empfindliche Reaktion Netanjahus, wenige
Bezeugungen der Zuneigung, die Trump
Tage nach der Wahl, der seine Minister öf-
nach Israel gesandt hat, wirklich sind. Sollte
fentlich davor warnt, die Israelpolitik
Trump seine Versprechungen wahrmachen,
Trumps vorherzusagen, spricht in diesem
dann dürften diese (einseitigen) Entschei-
Zusammenhang Bände.40
dungen – wie die Verlegung der Botschaft
nach Jerusalem - keine neuen Impulse für
einen Friedensprozess im israelischpalästinensischen Konflikt setzen, sondern
die Lage eher erschweren. Wie in diesem
Zusammenhang seine Ankündigung - gleich
nach der Wahl - zu sehen ist, im Konflikt
den „ultimate deal“ anzustreben, bleibt
38
Barak Ravid: Trump aiming at „ultimate
deal“ for Mideast conflict. Haaretz (Print), 13.
November 2016.
39
Gil Weinreich:
http://www.israelnationalnews.com/Articles/Ar
ticle.aspx/19767 (Abruf 13. November 2016).
40
Tovah Lazaroff:
http://www.jpost.com/Israel-News/PoliticsAnd-Diplomacy/Netanyahu-warns-ministers-
8
Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
Spannend ist ferner die Frage inwiefern die
israelische Öffentlichkeit und die israelische
ISRAEL
politische Elite Trump einheitlich beurteilen.
DR. MICHAEL BORCHARD
Mitchell Barak, Demoskop und politischer
Beobachter, sagt auf der Basis seiner empi-
14. November 2016
rischen Erkenntnisse dazu, dass die Israelis
bei der Betrachtung der amerikanischen
www.kas.de/israel
Präsidenten und ihrer jeweiligen Außenpolitik besonders wichtig sehen: 1. Stabilität, 2.
Berechenbarkeit und 3. Erfahrung.41 Da Donald Trump alle drei Eigenschaften nicht
verkörpert, ist nicht ausgeschlossen, dass
die anfängliche Zuneigung der Israelis
schnell erkalten und der Enttäuschung Bahn
brechen wird.
Eines bleibt jedenfalls richtig, auch wenn die
Äußerungen aus den verschiedensten politischen Lagern schon fast wie Beschwörungen
klingen: Den hohen Grad der Verbindung
zwischen den beiden Ländern wird Donald
Trump zumindest in negativer Hinsicht
kaum beeinflussen können. Die USA werden
ein verlässlicher Partner Israels bleiben.
Auch eine aktivere Rolle deutscher Außenpolitik im Konflikt könnte, die Bedeutung
der USA für Israel nicht wirklich ersetzen.
Ob die USA allerdings bei einer Friedenslösung mit der neuen Administration eine
konstruktive Rolle spielen werden, bleibt
nach den nebulösen Ankündigungen von
Trump vielleicht mehr denn je abzuwarten.
against-predicting-Trumps-Israeli-policy472461 (Abruf 14. November 2016).
41
Gespräch mit dem Autor am 10. November
2016