USA AKTUELL Trump!

Helaba Volkswirtschaft/Research
USA AKTUELL
9. November 2016
Trump!
AUTOR
Patrick Franke
Telefon: 0 69/91 32-47 38
[email protected]
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REDAKTION
Dr. Stefan Mitropoulos

HERAUSGEBER
Dr. Gertrud R. Traud
Chefvolkswirt/
Leitung Research
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Helaba
Landesbank
Hessen-Thüringen
MAIN TOWER
Neue Mainzer Str. 52-58
60311 Frankfurt am Main
Telefon: 0 69/91 32-20 24
Telefax: 0 69/91 32-22 44

Donald Trump wird der 45. Präsident der Vereinigten Staaten.
Die kommenden Monate dürften eine Phase der Verunsicherung und Nervosität bringen,
bevor sich klarer abzeichnet, was für eine Politik in den nächsten Jahren zu erwarten ist.
Wir gehen davon aus, dass auch bei Trump nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht
wurde. Manche Wahlkampfaussagen werden in der Versenkung verschwinden.
Die Republikaner kontrollieren wohl beide Häuser des Kongresses – die politische Blockade der letzten Jahre sollte damit weitgehend der Vergangenheit angehören.
Auch wenn der Kongress Präsident Trump grundsätzlich unterstützen wird, dürfte er ihn in
einigen Fragen von seinen wilderen Plänen abhalten.
So never mind the darkness
We still can find a way
'Cause nothin' lasts forever
Even cold November rain
Guns N‘ Roses, November Rain
International sind die ersten Reaktionen auf den Wahlausgang Kopfschütteln und viele denken
wohl an den Comic-Gallier Obelix, der seine Verständnisprobleme mit anderen Völkern regelmäßig
auf den Punkt „Die spinnen, die…!“ bringt. An der Tatsache, dass Donald Trump am 20. Januar
sein Amt antreten wird, ändern aber weder Verwunderung noch psychologische Ursachensuche
etwas. Als extremer Außenseiter ist die Unsicherheit über seine Politik überdurchschnittlich hoch.
Äußerungen aus dem Wahlkampf geben vielfach konkreten Anlass zur Sorge. Wenn Donald
Trump alles, was er in den vergangenen Monaten angekündigt hat, eins zu eins umsetzen würde,
wäre das sicher problematisch. Dies ist allerdings nicht zu erwarten.
Die Publikation ist mit größter
Sorgfalt bearbeitet worden.
Sie enthält jedoch lediglich
unverbindliche Analysen und
Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen
Marktverhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen,
die wir für zuverlässig halten,
für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir
aber keine Gewähr übernehmen können. Sämtliche in
dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht
als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden werden.
Erstens ist es üblich, dass Wahlversprechen nach dem Urnengang mehr oder weniger schnell
vergessen werden, wenn sie nicht mehr ins Umfeld passen. Bei Trump ist dies relativ wahrscheinlich, da er in vielen Fragen keine klaren Positionen hat – oder sie erst während des Wahlkampfes
entwickelte. Entsprechend leicht wird es ihm fallen, seine Meinung zu ändern. Zweitens sind die
USA, entgegen anderslautenden Vorurteilen, eine funktionierende Demokratie mit Gewaltenteilung. Die Handlungsspielräume des Präsidenten hängen von der Unterstützung im Kongress ab.
Die NAFTA und China sind praktisch ein integrierter Wirtschaftsraum
Warenhandel der USA mit den zehn wichtigsten Partnerländern, Mrd. Dollar (2015)
Exporte
Kanada
Mexiko
Kanada
China
Mexiko
Japan
Japan
UK
Deutschland
Deutschland
Südkorea
Südkorea
UK
Insgesamt:
1.500 Mrd. Dollar
Niederlande
Singapur
Importe
China
Insgesamt:
2.248 Mrd. Dollar
Frankreich
Indien
Belgien
Italien
0
100
200
300
400
500
600
0
100
200
300
400
500
600
Quellen: Bloomberg, Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
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USA AKTUELL
Trump: Höhere Defizite und mehr Schulden
% am BIP
Ein Lichtblick: Wende im Regulierungszyklus?
% am BIP
12
Staatsschulden*
(Bund, RS)
10
90
Trump
80
70
8
6
Haushaltsdefizit (Bund, LS)
60
Trump
4
2
-4
15
0
1966
1976
1986
1996
2006
2016
2026
Basisprojektion des CBO vom August 2016 und „Trump-Effekt“. * “debt held by the public”
Quellen: Congressional Budget Office, Helaba Volkswirtschaft/Research
30
Absatzprobleme
25
40
10
35
30
50
20
-2
35
20
30
0
NFIB-Umfrage: Größtes Problem, % der teilnehmenden Unternehmen (geglättet)
25
?
10
15
10
Regulierung/Bürokratie
5
0
2001
20
5
0
2003
2005
2007
2009
2011
2013
2015
2017
NFIB: National Federation of Independent Business
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Zunächst mal: Unsicherheit!
Wir haben dies schon ausführlicher in unseren anderen Publikationen zu diesem Thema darge1
stellt: Die Handlungsbefugnisse des Präsidenten sind vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik umfangreich. Innen- und wirtschaftspolitisch wird sein Einfluss hingegen gerne überschätzt.
Insbesondere die Haushaltspolitik wird in erheblichem Umfang vom Kongress bestimmt. Zusammen mit den zum Teil (absichtlich?) vagen Wahlkampfaussagen Trumps ergibt sich aus dieser
Konstellation Potenzial für Überraschungen – nach oben wie nach unten.
Längere Phase der
Unsicherheit
In den kommenden Wochen wird daher zunächst die spürbare Unsicherheit über den zukünftigen
Kurs der US-Regierung im Vordergrund stehen. Wie schnell Donald Trump diese Verunsicherungsphase beenden kann (und will), ist offen. Eine wirklich handlungsfähige Regierung wird wohl
frühestens im Laufe von Februar und März entstehen, da nicht nur die Kabinettsposten, sondern
(u.a. wegen des Wechsels der Regierungspartei) auch zahllose leitende Beamtenstellen neu besetzt werden.
Welche (wirtschafts-)politischen Maßnahmen sind zu erwarten?
Die Kernpunkte unseres Basisszenarios „Präsident Trump“ in Stichworten:


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


1
Protektionistische Handelspolitik: Marktzugang für ausländische Güter wird erschwert,
insbesondere aus China und Mexiko, Gegenmaßnahmen der Handelspartner führen dazu, dass der globale Warenhandel real stagniert oder sogar schrumpft
Wende in der Energiepolitik: Abkehr von erneuerbaren Energien, Unterstützung für fossile Brennstoffe (Kohle und Öl)
Expansivere Haushalts- und Steuerpolitik: maßvolle steuerliche Entlastung der privaten Haushalte, Unternehmenssteuerreform und höhere Staatsausgaben führen insgesamt
zu etwas höheren Defiziten und schneller steigenden Staatsschulden
Restriktivere Einwanderungspolitik: Zuwanderung wird eingeschränkt, illegalen Einwanderern wird das Leben erschwert, tendenzielle Verknappung des Arbeitskräfteangebots
Deregulierung: Ende des Regulierungskurses seit der Finanzkrise, tendenzielle Schritte
zum Abbau von Bürokratie und „red tape“
Sozialpolitik: Rückabwicklung der Gesundheitsreform Barack Obamas, keine Reform
der sozialen Sicherungssysteme
Siehe unsere USA Aktuell "Wer die Wahl hat..." und "Und jetzt noch Präsident Trump?".
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USA AKTUELL
Auswirkungen auf die US-Wirtschaft
Wie sich all dies auf die amerikanische Konjunktur auswirkt, ist ziemlich ungewiss, denn es hängt
davon ab, was die neue Regierung wann konkret macht und wie viel Trump durch den Kongress
bringen kann. Wir haben in unserem Basis-Szenario unterstellt, dass Donald Trump sich zwar von
der politischen Stoßrichtung her treu bleibt, in vielerlei Hinsicht aber relativ zu seinen sehr vollmundigen Wahlkampfversprechen Abstriche machen wird. Vor allem in der Handelspolitik hat er
jedoch sehr klar Stellung bezogen und hier sind seine protektionistischen Positionen auch nicht
erst im Wahlkampf entwickelt worden. Seiner grundsätzlichen Abneigung gegen das Prinzip der
internationalen Arbeitsteilung verleiht er schon seit Jahrzehnten öffentlich Ausdruck – auch wenn
sich diese Haltung nicht sichtbar in seinen Entscheidungen als Unternehmer niedergeschlagen
hat.
Die Einführung von Handelshemmnissen gegen Importe aus Ländern mit „unfairen“ Praktiken (zu
denen Trump neben China und Mexiko übrigens auch Deutschland zählt) wird negative konjunkturelle (und mittelfristig strukturelle) Auswirkungen haben, nicht nur im Ausland, sondern auch in den
USA. Dies gilt auch wenn – wovon wir ausgehen – ein „echter Handelskrieg“ mit China vermieden
werden kann. Eine expansivere Fiskalpolitik wird dies wohl nicht überkompensieren können, zumal
ein Großteil der steuerlichen Entlastung den einkommensstärksten Haushalten zugutekommen
wird. Zölle und Handelsrestriktionen werden zudem inflationstreibend wirken, was die unteren
Einkommensschichten tendenziell am meisten belastet (eine Schätzung für das Jahr 2013 siedelt
die Importe aus China allein durch Walmart bei 49 Mrd. Dollar an). Eine nennenswerte Rückverlagerung von Stellen in die USA ist unwahrscheinlich. Eher wird die Produktion zur Umgehung von
Zöllen in Drittmärkte abwandern – zumindest so lange die Regierung Trump nicht gegenüber allen
Handelspartnern Zollmauern hochzieht. Seine im Wahlkampf immer wieder thematisierten Umverteilungsziele wird Trump so nicht erreichen.
Etwas weniger
Wachstum 2017
Die Arbeitsteilung innerhalb der NAFTA und durch den Handel mit China ist für viele USUnternehmen ein wichtiger Faktor im globalen Wettbewerb geworden. Zur Verunsicherung hinsichtlich der zukünftigen Politik kommt mit höheren Kosten noch ein weiterer potenziell negativ
wirkender Effekt hinzu. Investitionen in den USA werden durch diese Politik wohl kaum attraktiver.
Per saldo haben wir daher ein geringeres Wachstum angesetzt. Im Jahr 2017 dürfte die USWirtschaft um 2,2 % expandieren (bisher: 2,5 %). Dies ist immer noch ein Tempo oberhalb des
Trends von rund 2 % und besser als die anämischen rund 1,5 % im Vorjahr.
Fed: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!
Bremst die Unsicherheit
die Fed aus?
Für die US-Notenbank ändert sich beim Ausblick für Wachstum und Teuerung materiell nicht viel.
Das Wachstum fällt etwas niedriger aus, aber am Zustand der Vollbeschäftigung wird sich nichts
ändern. Bei der Teuerung stehen tendenziell etwas niedrigere Ölpreise (inflationsdämpfend) einem
schwächeren Dollar, einer Verknappung des Arbeitskräfteangebots und den Effekten möglicher
Einfuhrzölle (inflationstreibend) gegenüber. Im nächsten Jahr dürften sich die Faktoren in etwa die
Waage halten. Vor allem die gestiegene Unsicherheit an den Finanzmärkten und bei den Wirtschaftsakteuren dürfte die Fed aber zu einem weiter sehr vorsichtigen Agieren bewegen. Wir rechnen bis Ende 2017 nun nur noch mit zwei Zinsschritten à 25 Basispunkten (bisher: drei). Eine
Zinserhöhung auf der FOMC-Sitzung am 13./14. Dezember ist nicht vom Tisch – sie ist aber etwas
weniger wahrscheinlich geworden. Unsere aktualisierten Finanzmarktprognosen veröffentlichen wir
im Wochenausblick am Freitag. 
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