zurück zum Inhaltsverzeichnis zurück zum Inhaltsverzeichnis Jüdische Gemeinden Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger, SSK Köln/2015 vom 24.02.2015, S.32 (Tageszeitung / täglich ausser Sonntag, Köln) 100.336 Max Grönert (Fotos) Auflage Autor 189.635 QS Reichweite Quellrubrik 32 QUER DURCH KÖLN Das Alcazar, Kantine des Veedels Dienstag, 24. Februar 2015 Kölner Stadt-Anzeiger Joschi Chang (r.) führt den Fisch-Hof. Attila Cakar (r.) berät für die Aids-Hilfe. Volker Beck posiert am Brüsseler Platz. Ein Erinnerungsfoto im Fisch-Hof Heimat zwischen Sushi und Synagoge SERIE Der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck lebt seit den frühen Neunzigern im Belgischen Viertel MEIN VEEDEL Mit Charlie-Hebdo-Bleistift am Revers: Volker Beck nimmt zum Frühstück im Heilandt Kaffeeladen einen Latte Macchiato. staufe nring Wohnung voller Erinnerungen Damals zog Beck ins Belgische Viertel, in die Wohnung seines späteren Mannes. 16 Jahre lang waren die beiden ein Paar, bevor sie sich 2008 das Ja-Wort gaben. Ein Jahr später verstarb Jacques Teyssier, der einstige Generaldirektor von Madaus France, der Krebs war stärker gewesen als er. An der Wohnung hält Beck dennoch fest, der gemeinsamen Zeit mit Teyssier und des Veedels wegen, wie er sagt. Es sind viele Erinnerungen, die dort lebendig bleiben. „Manchmal“, erzählt er auf dem Weg zum Brüsseler Platz, „da schaue ich mir an, wie sich das Viertel verändert. Es ist über die Jahre deutlich schicker gewor- Hohen Anders kann man es nicht ausdrücken: Volker Beck ist Überzeugungs-Kölner. Denn zunächst verband den grünen Bundespolitiker rein gar nichts mit der Stadt. Geboren in Stuttgart, aufgewachsen in Sindelfingen, Vater aus dem Sudetenland, Mutter aus Sachsen – und das Parlament tagt in Berlin. Immerhin: Die Arbeit als Mitarbeiter der Grünen-Bundestagsfraktion ließ ihn 1987 ins Rheinland ziehen – nach Bonn. Von da an zog Köln ihn in seinen Bann. Schon damals habe er gedacht: „Das Beste an Bonn ist die Nähe zu Köln.“ Seit 1992 lebt Beck ohnehin in der Stadt. „Der Liebe wegen“ zog er her, erinnert er sich, und dabei verzieht er sein Gesicht so typisch, wie er das immer tut, wenn er an etwas Schönes denkt: Dann unterstreichen die Lachfältchen seine blauen Augen. den.“ Kleine Handwerksbetriebe leicht Zeit für eine Strecke, aber hätten geschlossen, sein Liebspätestens bei der Parkplatzsuche lingsschuster an der Antwerpener verliert man die Zeit auch wieder.“ Straße etwa. „Der hat sein HandIn Zukunft werde nicht jeder ein werk noch verstanden“, schwärmt eigenes Auto brauchen, nur eben Beck, „der hat alle Schuhe wieder Zugang dazu – bei Bedarf. hingekriegt: geschustert, nicht einIn die Vergangenheit blickt r. fach geklebt. Aber wie so viele anBeck, als er Attila Cakar bei t s rck dere kleine Geschäfte konnte auch der Aids-Hilfe an der Beetma s i B der die Miete irgendwann nicht hovenstraße 1 besucht. Der mehr zahlen.“ Dafür habe die Sexualpädagoge sitzt im Brüsseler Zahl der Friseure, Boutiquen fünften Stock – ohne AufPlatz Innenstadt und Cafés zugenommen. zug. Beck ist kein bisschen „Die Entwicklung betrachte außer Atem, als er oben anAachener Str. Str Hahnen str.r ich auch mit Sorge“, sagt er kommt. „Hallo, ich bin der und legt – ganz Polit-Profi – Aachener Volker“, grüßt er mit ausgeWeiher eiher eine Sorgenfalte auf die Stirn. streckter Hand und einem Ro „Für mich als Café-Nutzer ist Lächeln. Cakar sitzt heute in on str das natürlich einerseits positiv“, dem Büro, das Becks war, als . tr. s n ve findet er, „andererseits sehe ich er kurz nach der Wende den ho et aber auch, dass gewisse GeschäftsSchwulenverband mit aufbaute. Be segmente hier herausgedrängt „Der Verein war in der DDR gewerden.“ Und manchmal, wenn er gründet worden“, erzählt Beck, so über die Änderungen im Veedel „hier in Köln haben wir die erste nachdenke, „dann ertappe ich West-Dépendance geführt.“ mich bei dem Gedanken: Das hat Im Nachbarzimmer habe damals Jacques so nicht mehr gesehen. ein grünes Plüsch-Sofa gestanden. Und dann überkommt es mich.“ „Da haben wir mit den ersten DisDas Beste an Bonn ist kussionen über die Öffnung der Dann packt ihn die Trauer. Eine Weile läuft er schweigend die Nähe zu Köln Ehe den Grundstein fürs Lebensweiter, zieht an seiner Zigarette. partnerschaftsgesetz gelegt“, erinUnd die mindert seine Geschwin- Volker Beck nert sich Beck. „Anfangs wollten digkeit nicht ein bisschen, man das nicht mal unsere eigenen Leumuss sagen: Er läuft. Vielleicht, te, es war ihnen zu spießig. Und sie weil er ja gewöhnt ist, zu Fuß zu dachten auch nicht, dass das in der gehen? Als er am Brüsseler Platz Seit 30 Jahren ist Volker Beck (54) Gesellschaft angenommen würangekommen ist, argumentiert er ein Grüner. Der gebürtige Stuttgar- de.“ Aber dann hätten es die Dänen jedenfalls sehr grün: „Ich finde ja, ter ist Witwer, er lebt in Köln und vorgemacht und 1989 ein Lebenswenn das Parken hier besser gere- Berlin. Der frühere Friedensaktivist partnerschaftsgesetz eingeführt. gelt wäre, hätte der Platz deutlich ist innenpolitischer Sprecher sei„Das hat mir Mut gemacht, und mehr Möglichkeiten für Lebens- ner Bundestagsfraktion, dazu Spre- nach anfänglichen Widerständen qualität.“ Wo die Autos dann hin cher für Religionspolitik und Vorsind heute bei den Lesben und sollten? „Ich glaube“, orakelt er, sitzender der deutsch-israelischen Schwulen fast alle für die Gleich„dass die Zukunft bei der KVB Parlamentariergruppe. stellung.“ Am 1. August 2001 wurliegt, beim Taxi, beim Car Sharing, de sie in Deutschland Gesetz. Was beim Fahrrad. Denn wenn man in Beck nicht ruhen, sondern den Däder Innenstadt wohnt und arbeitet, nen, inzwischen auch den Franzospart man mit dem Auto zwar vielsen, Spaniern und Briten weiter Brüsseler Str. Str. VON VERENA KOLL (TEXT) UND MAX GRÖNERT (FOTOS) 24.02.2015 zurück zum Inhaltsverzeichnis Besuch bei Abraham Lehrer (links) Der Rathenauplatz nacheifern lässt: Dort ist die Ehe für homosexuelle Paare anerkannt. „Daran arbeiten wir immer noch“, sagt Beck – und hat für den 26. Februar den nächsten Gesetzentwurf zum Thema in den Bundestag eingebracht. Auch bei seinem nächsten Halt geht es um Bundespolitik: Beck besucht Abraham Lehrer, der ist Vorstandsmitglied der Kölner Synagogengemeinde an der Roonstraße. Das Thema, über das die beiden in der Synagoge im Herzen des Viertels beraten, ist eine Rente. Die soll ausgezahlt werden an die sogenannten Kontingentflüchtlinge, Juden, die seit 1991 aus einstmals sowjetischen Staaten nach Deutschland eingewandert sind. Beck und Lehrer wünschen sich, dass diese Flüchtlinge in Bezug auf die Rente gleichgestellt werden mit Spätaussiedlern. „Das ist bisher nicht der Fall“, sagt Beck, er setzt sich aber dafür ein. Wie Lehrer den Politiker in den gemeinsamen Gesprächen erlebt? „Als einen sehr offenen, einen sehr ehrlichen Menschen“, antwortet der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. „Vor allem ist er jemand, der mir im Vier-AugenGespräch offen die Meinung sagt, ich höre auch kritische Töne von ihm. Das schätze ich sehr, das ist mir persönlich wichtig.“ Ein Lob, das ankommt: Beck strahlt. Sushi-Pionier Und beinahe ausgelassen wirkt er, als er im Fisch-Hof an der Brüsseler Straße 46 steht. Kölns vielleicht erster Sushi-Bar, in der es die japanischen Köstlichkeiten schon seit 1996 gibt. Mit Inhaber Joschi Chang schaut sich Beck die Foto-Wand an und deutet auf ein Bild, das ihn mit seinem verstorbenen Mann zeigt. „Das muss noch in der Anfangszeit gewesen sein“, meint Chang. „Ja“, stimmt Beck zu, „mein Mann hat hier schon Fisch gekauft, als das noch gar kein Restaurant war.“ Changs Vater Jae-In hatte zunächst ein FischGeschäft eröffnet. „Nur essen die Kölner zu wenig Fisch“, beklagt sein Sohn. „Da war es ein Glück, dass Vater Sushi gleich mit im Angebot hatte und dass das eigentlich jeder mag.“ Sogar so viele, dass Sohn Joschi sein Sportstudium aufgab, um das Restaurant fortzuführen, als der Vater das gesundheitlich nicht mehr konnte. Eine Sushi-Bar mit Tradition und für Beck ein Grund mehr, Überzeugungs-Kölner zu sein, denn: „Solche Institutionen, genauso wie meine Kantine, das Alcazar, die machen für mich auch Heimat aus.“ Adressen Aids-Hilfe Köln, Beethovenstraße 1 www.aidshilfe-koeln.de Fisch-Hof, Brüsseler Straße 46 www.fisch-hof.de Sankt Michael, Brüsseler Platz 1 www.stgereon.de Synagoge, Roonstraße 50 www.sgk.de Heilandt Kaffeeladen Bismarckstraße 41 www.heilandt.de 1/1 4 zurück zum Inhaltsverzeichnis
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