Berechnung der Kosten aus Investitionsmaßnahmen

BDEW Bundesverband
der Energie- und
Stellungnahme
Berechnung der Kosten aus
Investitionsmaßnahmen
Festlegungsverfahren der Bundesnetzagentur
BK4-12-656A01 vom 28. September 2016
zu § 23 ARegV
Berlin, 26. Oktober 2016
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1. Zusammenfassung
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) beabsichtigt, die Vorgaben zur Berechnung der Eigenkapitalverzinsung bei Investitionsmaßnahmen anzupassen, um die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Mittelwertbildung zu berücksichtigen.
Der BDEW unterstützt die angestrebte Korrektur inhaltlich und die Umsetzung durch die Anpassung der Festlegung BK4-12-656 vom 2. Mai 2012. Aus Sicht des BDEW muss die kostenwirksame Anwendung aber bereits vor 2017 erfolgen, zumindest zum 1. Januar 2016.
Dies wäre ohne zusätzlichen Abwicklungsaufwand möglich. Zu prüfen wäre im Rahmen des
behördlichen Ermessens überdies, inwieweit auch die Vorjahre (ab 2012 bei Gas, ab 2013
bei Strom) in den Anwendungsbereich der angepassten Festlegung einzubeziehen sind.
Weiterhin empfiehlt der BDEW eine Klarstellung im Tenor der Festlegungsänderung.
2. Hintergrund
Die Beschlusskammer 4 der BNetzA hat am 28. September 2016 ein Verfahren zur Änderung
der Festlegung BK4-12-656 vom 2. Mai 2012 zur Berechnung der sich aus genehmigten Investitionsmaßnahmen ergebenden Kapital- und Betriebskosten eingeleitet. Die Änderung
betrifft die Berechnung der Eigenkapitalverzinsung bei den gemäß § 23 ARegV genehmigten
Investitionsmaßnahmen. Entsprechend der Rechtsprechung des BGH vom 10. November
2015 (EnVR 42/14, EnVR 43/14) zur Mittelwertbildung bei der Erlösobergrenzenbestimmung
soll nun auch bei Investitionsmaßnahmen im Aktivierungsjahr nicht mehr ein Anfangsbestand
von null, sondern in Höhe der vollen Anschaffungs- und Herstellungskosten angesetzt werden. Die Festlegung soll für alle genehmigten Investitionsmaßnahmen mit Kostenwirksamkeit
ab 2017 gelten.
3. Anpassung der Kostenberechnung für Investitionsmaßnahmen richtig
Die BNetzA beabsichtigt, die bestandskräftige Festlegung BK4-12-656 anzupassen, um die
Rechtsprechung des BGH bezüglich der Mittelwertbildung auch bei der Genehmigung von
Investitionsmaßnahmen umzusetzen. Der BDEW hatte bereits im damaligen Festlegungsverfahren auf die fehlerhaften BNetzA-Vorgaben zum Anfangsbestand hingewiesen und eine
Korrektur angemahnt (Stellungnahme vom 30. März 2012). Das aktuelle Festlegungsverfahren wird somit vom BDEW grundsätzlich unterstützt.
Das OLG Düsseldorf hatte bereits im Sommer 2013 das Vorgehen der BNetzA bei der Ermittlung der Eigenkapitalverzinsung für Investitionsmaßnahmen als rechtswidrig eingestuft und
die Festlegung BK4-12-656 aufgehoben (Beschluss vom 11.09.2013, VI-3 Kart 198/12). Im
anschließenden BGH-Verfahren wurden die Beschwerden zurückgenommen und somit nicht
vom BGH entschieden, die BNetzA-Festlegung erlangte Bestandskraft. Der BNetzA war aber
gleichwohl bekannt, dass ihre Vorgabe hinsichtlich der Mittelwertbildung bei der Ermittlung
der Eigenkapitalverzinsung bei Investitionsmaßnahmen fehlerhaft ist. Spätestens mit der
rechtskräftigen Entscheidung des BGH vom 10. November 2015 (EnVR 42/14, EnVR 43/14)
BDEW-Stellungnahme zur BNetzA-Festlegung § 23 ARegV
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im übertragbaren Fall der Mittelwertbildung bei der Erlösobergrenzenfestlegung war klar,
dass die Vorgaben in Bezug auf Investitionsmaßnahmen rechtlich nicht mehr tragbar sind.
Die Anpassung der Festlegung BK4-12-656 gemäß § 29 Abs. 2 EnWG ist somit richtig und
wird begrüßt.
4. Umsetzung bereits für 2016 notwendig
Spätestens mit der Entscheidung des BGH vom 10. November 2015 war ein Festhalten der
BNetzA an den Regelungen zur Mittelwertbildung nicht mehr verhältnismäßig und eine Anpassung der Festlegung BK4-12-656 geboten. Die Umsetzung sollte somit in jedem Fall bereits für alle Investitionsmaßnahmen mit Wirksamkeit zum 1. Januar 2016 erfolgen.
Die BNetzA leitet ihre Änderungsbefugnis aus § 29 Abs. 2 S. 1 EnWG ab und verweist dabei
auf einen Beschluss des BGH vom 12. Juli 2016 (EnVR 15/15); ihre Einschätzung der
Rechtslage habe sich nachträglich geändert. Nach Ansicht des BGH müsse es in solch einem
Fall angesichts der Zielsetzung von § 29 Abs. 2 S. 1 EnWG möglich sein, zumindest für die
Zukunft einen mit dem Gesetz in Einklang stehenden Zustand herbeizuführen, auch wenn die
maßgeblichen Rechtsvorschriften unverändert geblieben sind. In diesem Fall bestehe eine
Änderungsbefugnis unabhängig davon, ob sich im Lichte der neuen Erkenntnisse bereits die
ursprüngliche Entscheidung nachträglich als rechtswidrig erwiesen habe.
Der BNetzA war erstmals durch die Entscheidung des OLG Düsseldorf im September 2013
bekannt, dass ihre Rechtsauffassung hinsichtlich der Ermittlung der Eigenkapitalverzinsung in
Bezug auf die Mittelwertbildung rechtswidrig ist. Auch wenn dieses Ergebnis nicht durch den
BGH bestätigt worden ist, lag schon zum damaligen Zeitpunkt die Erkenntnis über die Fehlerhaftigkeit der rechtlichen Einschätzung bei der BNetzA vor. Spätestens allerdings mit den
rechtskräftigen Entscheidungen des BGH im November 2015 (EnVR 42/14, EnVR 43/14), in
denen die Mittelwertbildung ebenfalls Gegenstand war, ist das Vorliegen dieser Fehleinschätzungserkenntnis zu bejahen. Insofern war es ab diesem Zeitpunkt zwingend, die Entscheidungspraxis der BNetzA unverzüglich an die Rechtsprechung des BGH anzupassen und die
entsprechende Festlegung nach § 29 Abs. 2 EnWG zu ändern. Ein Ermessen der BNetzA
hinsichtlich der Anpassung der Regulierungspraxis war insoweit spätestens ab diesem Zeitpunkt auf null reduziert. Demzufolge ist der Festlegungsentwurf in jedem Fall dahingehend
abzuändern, dass die Anpassung der Erlösobergrenze aufgrund von genehmigten Investitionsmaßnahmen ab dem 1. Januar 2016 nach Maßgabe dieser Festlegung zu erfolgen hat.
Die von der BNetzA vorgetragenen Gründe, die Änderung erst ab 2017 anzuwenden, überzeugen nicht. Eine Anwendung der angepassten Festlegung ab 1. Januar 2016 führt zu keinem maßgeblichen Rückabwicklungsaufwand. Erlösobergrenzen werden zum 1. Januar eines Kalenderjahres angepasst. Zu einer Anpassung der Netzentgelte ist der Netzbetreiber
nur dann verpflichtet, soweit sich daraus eine Absenkung der Netzentgelte ergibt. Die Anpassung bei der Kostenberechnung ist spätestens bei der Erlösobergrenze des Jahres 2016 zu
berücksichtigen. Sofern dies nicht zum 1. Januar 2016 in den Netzentgelten umgesetzt wurde, sind die Differenzbeträge dem Regulierungskonto gutzuschreiben. Da die Differenzbeträge aus 2016 durch die Netzbetreiber ermittelt und die Anpassung des Kontos gemäß § 4 Abs.
4 Satz 1 Nr. 1a ARegV erst zum 30. Juni 2017 beantragt werden muss, entsteht hieraus weBDEW-Stellungnahme zur BNetzA-Festlegung § 23 ARegV
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der zusätzlicher Aufwand noch ist das Regulierungskonto für das Jahr 2016 bereits abgeschlossen. Die vorgetragenen Rechtsunsicherheiten bei einer Öffnung des abgeschlossenen
Regulierungskontos bestehen somit nicht. Voraussetzung wäre hierfür allerdings, dass das
Verfahren zur Anpassung der Festlegung BK4-12-656 spätestens zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen sein muss.
5. Sachgerechte Ausübung des Ermessens: Umsetzung ab 2012 (Gas) bzw.
2013 (Strom)
Darüber hinaus sollte die BNetzA den ihr zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum in
Hinblick auf die vor 2016 liegenden Jahre nutzen und ihr Ermessen auch diesbezüglich ordnungsgemäß ausüben. Im Zuge dessen wären folgende Erwägungen zu berücksichtigen.
Zu prüfen wäre, ob sich der Anwendungsbereich der angepassten Festlegung nicht auch auf
die noch offenen, von den Netzbetreibern im Antragsverfahren nach § 5 ARegV aktuell noch
abzuarbeitenden Kalenderjahre für das Regulierungskonto ausdehnen müsste. Eine Anpassung bei noch nicht abgeschlossenen Ist-Kostenabrechnungen aus den Vorjahren ist in dem
Festlegungsentwurf nicht vorgesehen. Jedoch sind die o.g. Entscheidungen des BGH auch
bei allen noch offenen Verfahren zu berücksichtigen. Eine Änderung der Festlegung für alle
Kapital- und Betriebskostenabrechnungen erst ab 2017 würde insoweit die Frage aufkommen
lassen, ob dadurch nicht auch die neue, angepasste Festlegung den rechtlichen Anforderungen an die Mittelwertbildung genügt.
Bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen wäre aber auch der Umstand, dass auch
kein höherer Aufwand bei der Abrechnung früherer Jahre auf dem Regulierungskonto entstünde. Da das Regulierungskonto erst zum 30. Juni 2017 saldiert wird, wäre eine (nachträgliche) Umsetzung einer angepassten Festlegung auch für bereits genehmigte Investitionsmaßnahmen im Gas ab 2012 bzw. im Strom ab 2013 ohne zusätzlichen Abwicklungsaufwand
für die BNetzA möglich. Dazu wäre auch kein rückwirkender Eingriff in abgeschlossene
Sachverhalte erforderlich, vielmehr würde sich die konsultierte Änderung auch in Bezug auf
die Jahre ab 2012 erst zukünftig auswirken. Denn maßgeblich für den Anwendungsbereich ist
der Zeitpunkt des Plan-Ist-Abgleichs im Zuge der Saldierung des Regulierungskontos in
2017. Insoweit trifft die Annahme der BNetzA, dass eine weitergehende Erstreckung des Anwendungsbereiches eine Rückwirkung darstelle, nicht zu. Die Netzbetreiber würden die Differenzbeträge der Plan-Ist-Abgleiche seit den Jahren 2012 (Gas) bzw. 2013 (Strom) erst jetzt
ermitteln und auf das Regulierungskonto buchen, um diese abschließend zum 30. Juni 2017
zu saldieren. Damit entstünde auch keinerlei zusätzlicher Aufwand für die BNetzA.
6. Klarstellung des Geltungsbereichs im Tenor notwendig
Aufgrund der rechtlichen Bindung des Tenors sollte darin klargestellt werden, dass die Festlegung mit Wirkung ab dem 1. Januar 2016 anzuwenden ist und für alle, auch in der Vergangenheit genehmigten Investitionsmaßnahmen gilt.
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