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Neue Hoffnung bei Speiseröhrenkrebs:
Genom-Analyse weist Weg zu neuen Therapien
Berlin, Oktober 2016 – In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 7000 Menschen an Krebs der
Speiseröhre, davon etwa die Hälfte am sogenannten Adenokarzinom. Nur knapp ein Viertel
überlebt die Krankheit. Jetzt haben Erbgut-Analysen eine Reihe von genetischen Merkmalen bei
Adenokarzinomen entdeckt, die Angriffspunkte für eine wirksame Chemotherapie sein könnten.
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
(DGVS) hofft auf Fortschritte bei einem besonders schwer zu behandelnden Krebsleiden.
Adenokarzinome befallen die untere Speiseröhre, kurz vor dem Übergang zum Magen. Denn sie sind
oft eine Folge der Refluxkrankheit, bei der Magensäure in die Speiseröhre gelangt. Die Betroffenen
spüren dies als Sodbrennen. Die ätzende Säure schädigt die Schleimhaut der Speiseröhre und
verändert die Zellstruktur bis Krebs entsteht. Reflux tritt häufig bei übergewichtigen Menschen auf
und das Körpergewicht der Deutschen steigt kontinuierlich. „Die Erkrankungszahlen sind in den
letzten Jahrzehnten um mehr als das Vierfache gestiegen“, berichtet DGVS-Experte Professor Dr.
med. Rainer Porschen. Hinzu kommt, dass Adenokarzinome rasch wachsen. Eine Operation komme
leider oft zu spät, so Porschen, der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Klinikum Bremen-Ost
ist. Viele Patienten sterben innerhalb eines Jahres. Die Effektivität der aktuellen palliativen
Chemotherapien sollte daher dringend verbessert werden.
In der Fachzeitschrift „Nature Genetics“ veröffentlichte Studienergebnisse könnten nun dazu
beitragen, wirksame Behandlungsstrategien zu entwickeln: Das Forscherteam um Rebecca Fitzgerald
von der Universität Cambridge untersuchte das gesamte Erbgut von jeweils 129 Adenokarzinomen.
„Im Genom jedes Tumors fanden sie eine Vielzahl genetischer Veränderungen“, erläutert Porschen.
Diese erklärten nicht nur, warum die Tumore sich so rasch ausbreiten. Die Studie zeigte auch, warum
moderne Medikamente wie „Tyrosinkinase-Hemmer“ den Tumor nicht bremsen können:
„Tyrosinkinase-Hemmer schalten gezielt bestimmte Treibergene aus“, so Porschen, der auch
Koordinator der S3-Leitlinie „Speiseröhrenkrebs“ der DGVS ist. „Adenokarzinome verfügen aber
meist über mehrere Treibergene. Um erfolgreich zu sein, müssten wir mehrere TyrosinkinaseHemmer einsetzen und zudem bei jedem Patienten unterschiedliche. Eine Gen-Analyse könnte
zeigen, welche Medikamente zu kombinieren wären.“
Die Forscher fanden zudem drei genetische Typen des Ösophagus-Adenokarzinoms, die sich etwa in
ihren Reparaturmechanismen unterscheiden. Diese Merkmale bieten weitere Ansätze für
Medikamente. „Die britische Genom-Studie liefert uns eine Fülle von neuen Hinweisen“, berichtet
DGVS-Vorstandsmitglied Professor Dr. med. Christian Trautwein, Direktor der Klinik für
Gastroenterologie, Stoffwechselerkrankungen und Internistische Intensivmedizin am
Universitätsklinikum Aachen. Dennoch werde es einige Zeit dauern, bis die Ergebnisse für Patienten
bedeutsam werden. Das liegt auch daran, dass Genom-Analysen teuer sind, wenn auch die Preise
zurzeit fallen. „Es liegt eine große Hoffnung auf den Genom-Analysen, allerdings liefern sie aktuell
keine Garantie, ob Medikamente wirken“, betont Trautwein. „Ob die gezielte Therapie eines
Adenokarzinoms aufgrund einer Erbgut-Analyse funktioniert, werden wir erst wissen, wenn weitere
Studien abgeschlossen sind.“
Quelle: Secrier M und das Oesophageal Cancer Clinical and Molecular Stratification (OCCAMS) Consortium.
Mutational signatures in esophageal adenocarcinoma define etiologically distinct subgroups with therapeutic
relevance. Nature Genetics 2016; doi: 10.1038/ng.3659
URL: http://www.nature.com/ng/journal/v48/n10/full/ng.3659.html
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913
als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie
mehr als 5 000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr
erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt
aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards
und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum
Wohle des Patienten. Die DGVS im Internet: www.dgvs.de