SWR2 MANUSKRIPT
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE
SWR2 Musikstunde
Barockmusik zwischen Anden und
Amazonas (3)
Von Ines Pasz
Sendung:
Donnerstag, 06. Oktober 2016
Redaktion:
Ulla Zierau
9.05 – 10.00 Uhr
Bitte beachten Sie:
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere
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„Musikstunde“ mit Ines Pasz
Südamerikanischer Barock Teil 3
SWR 2, 04. Oktober - 07. Oktober 2016, 9h05 – 10h00
Hallo und willkommen sagt Ines Pasz zum 3.Teil dieser Musikstundenwoche über
die Barockmusik in Südamerika. Nach dem Vizekönigreich Peru mit seiner
Hauptstadt Lima geht es heute und morgen in die Missionsstationen der Jesuiten,
im heutigen Bolivien, Paraguay und im Amazonasgebiet von Brasilien.
Titelmusik
„Utopia“, „Land ohne Übel“, „christlich-kommunistische Republik der Gleichheit“,
„versunkenes Paradies“.
Was ist das für ein wundersames Staats-Gebilde, das so viele Superlative auf sich
vereint? Wo steht oder stand es? Und warum ist es untergegangen?
Und was hat das alles mit Musik zu tun?
Viele Fragen, die die SWR2 Musikstunde heute und morgen zu beantworten
versucht.
Es gibt dazu einen Schlüsselbegriff und der lautet „Missionsstation“ oder auch
„Jesuiten-Reduktionen“ und da denken wir, vor allem wenn es um Südamerika
geht, reflexartig eher an alles andere als ein Paradies.
Eher an Ausbeutung, Kolonialisierung, an Vernichtung von indigenem
Lebensraum.
Tatsächlich aber können die Jesuiten in einem begrenzten Zeitraum einen
Schutzraum bieten, Sicherheit, materielles Wohlbefinden und Kultur.
150 Jahre lang, von 1609 bis 1767 führen die Jesuiten in ihren Missionsstationen
Hunderttausende von Indigenen zusammen und können sie so bewahren, vor
Versklavung, vor Misshandlung und Tod.
Dafür müssen die wiederum Christen werden, was die meisten sogar freiwillig tun,
ein sesshaftes Leben führen, Lesen und Schreiben lernen und europäische Musik.
Erstaunlicherweise haben die Jesuiten in den Guaranis, den Chiquitos und Moxos
mehr als nur gelehrige Schüler. Schon bald komponieren die Inidigenas selbst,
bauen sich Instrumente wie Geigen und Orgeln und schreiben ihre eigene Musik,
in einer merkwürdigen Mischung aus europäischer Kunstmusik und
südamerikanischem Lebensgefühl, wie dieses Villancico auf den heiligen
Franziskus mit Flöten, Trommeln und Vogelstimmen.
2„10
3
Musik 1:
Anon.: Sagrado
CD: Canichanas & Moxos
Capilla de Indias
Label: K617
Nr: 147
3‟40
Ein Villancico auf den heiligen Franziskus, von dem in Südamerika behauptet wird
er sei der gewiefteste Heilige, und „el valenton más divino“, der göttlichste Rüpel.
Es spielte die Capilla de Indias unter Tiziana Palmiero, gefunden wurden diese
Noten eines unbekannten Komponisten im Archiv der Jesuitenmission bei den
Chiquitos.
Zu ihnen, den Chiquitos kommen die Jesuiten erst später, ihre erste und ihre
wichtigste Mission gründen sie bei den Guaranis. Viele weitere werden folgen,
man nennt sie später zusammenfassend „Indianer –Republiken“ oder auch
„Jesuitenstaat“, bis 1767 die Portugiesen und Spanier alles zerstören.
Aber der Reihe nach. Wie geht es los? Wie und wann landen die Jesuiten in der
neuen Welt?
Erstmals 1549 in Brasilien, angeführt vom Jesuiten- Missionar Jose de Anchieta.
Geschickt hat ihn die portugiesische Krone. König Manuel weiß eigentlich nicht so
recht, was er mit dem riesigen neu entdeckten Land anfangen soll. Es gibt nur
Dschungel und Sümpfe und leider kein Gold. Erst später entdeckt man das
wertvolle Pernambuk-Holz, noch später Kautschuk. Aber erst mal ist es sicher gut
die Tupi, die dortigen „Wilden“ zu bekehren, aus ihnen „anständige Untertanen“
zu machen. Jose de Anchieta, einer seiner, wie er glaubt fähigsten Männer soll es
richten. Aber es kommt alles ganz anders.
1„25
Musik 2:
Anon.: Take 2 A la villa voy
CD Mil Suspiros Dio Maria
RIC 246 LC 08851
3„26
Musik, die die ersten Jesuiten nach Südamerika, in diesem Fall nach Brasilien
mitbrachten, „A la villa voy“ von einem unbekannten Komponisten aus dem 16.
Jahrhundert mit dem Ensemble Contines Paradisi aus der Sammlung des Jesuiten
Jose de Anchieta, Missionar, Ethnologe und Sprachforscher.
Als er in Brasilien landet soll er im Auftrag seines Königs eigentlich die Tupi, die so
genannten „Wilden“ bekehren. Aber es läuft nicht so wie geplant. Der
aufgeweckte Jesuit entwickelt nämlich Verständnis für die Seelen der Tupi, will sie
überzeugen und nicht zwangschristianisieren. Er lernt ihre Sprache, erforscht ihren
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Glauben, isst ihre Speisen, singt ihre Lieder und spielt ihre Musikinstrumente. Und
nicht nur Jose de Anchieta praktiziert diese aktive Völkerverständigung, sondern
seine Glaubensbrüder gleich mit. Weil die Tupi die Begriffe Teufel Engel, Seele
und Sünde nicht kennen entwickeln die Jesuiten für sie ein allegorisches
Königreich, in dem katholische Heilige die Rolle der Tupi-Dämonen übernehmen.
Tupan, das Wort für Donner wird zu Gott, Tupansy zur christlichen Maria. „Salve
Rainha, heilige Königin, Mutter unserer Seele, unserer Hoffnung“, gesungen auf
Tupi.
1„15
Musik 3:
Salve Rainha
CD Mil Suspiros Dio Maria
RIC 246 LC 08851
1‟52
Salve Rainha, ein Gebet in der Tupi-Sprache, gesungen von Witte Weber aus der
Sammlung des Jesuiten Jose de Anchieta.
Irgendwann wird das Treiben der Jesuiten in Brasilien dem Bischof in Lissabon zu
bunt. Seine Mönche scheinen selbst alle Heiden zu werden. Also schifft
Monsignore sich ein, um den ungehörigen Glaubensbrüdern in ihre Schranken zu
weisen. Doch die Sache geht für ihn denkbar schlecht aus: das Schiff des Bischofs
erleidet Schiffsbruch, er wird an die Nordostküste Brasiliens geschwemmt, dort
von Caeté-Indianer aus dem Stamm der Tupi entdeckt und verspeist. Die
Jesuiten können ihre Arbeit erst mal fortsetzen.
40
Musik 4:
Anon.: Take 8. Que he o que vejo
CD Mil Suspiros Dio Maria
RIC 246 LC 08851
2„52
„Que he o que vescho“, ein sehr weltliches Lied über die irdische Liebe aus der
Sammlung des Jesuiten Missionars Jose de Anchieta mit dem Ensemble Contines
paradisi.
Während Jose de Anchieta in Brasilien schon eine erste religiöse Verständigung
aufbaut, befinden sich seine Glaubensbrüder weiter westlich im Vizekönigreich
Peru noch ganz auf Linie mit der katholischen Kirche.
Sie benehmen sich dort erst mal auch nicht anders als andere Ordensvertreter
auch. Augustiner, Benediktiner, Franziskaner, einstimmig verdammen sie die
indigenen Kulte.
Alle so genannten „Wahrsagereien“, „Dämonenbeschwörungen“, oder andere
rituelle Praktiken werden verboten, bei Missachtung drohen drastische Strafen.
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Die Jesuiten sind dabei ganz vorne, werden zu Wortführern und sehen für die
Erlösung der Indigenen nur eine Möglichkeit: die Beichte.
Doch ganz allmählich beginnt gerade durch dieses Sakrament eine wunderbare
Wandlung. Während der Beichte leihen die Jesuiten den Inkas ihr Ohr und
erfahren dabei interessante Dinge: die angeblichen Wilden erzählen von ihrem
Glauben, ihren Hoffnungen, ihren Nöten. Von allem, was ihnen wichtig ist, denn
das ist ja jetzt verboten.
Innerhalb kurzer Zeit werden die Jesuiten so zu wahren Kennern der inkaischen
Weltsicht, vom privaten und öffentlichen Leben der indigenen Bevölkerung.
Später wird ihnen das dann noch große Dienste leisten.
1„30
Musik 5:
Araujo: Ay andar
CD: “Moon, Sun,&all things”
Hyperion KC 7533
A67524
4„51
„Ay andar“ von Juan de Auraujo mit dem Ensemble Ex catehdra unter Jeffrey
Skidmore.
Wild, fast ekstatisch feiert Südamerika hier die Geburt Jesu, bis zu einem
frenetischen Höhepunkt, von der pastoralen Sanftmut der europäischen
Weihnacht ist nicht viel übrig.
Auch eine Methode das Temperament der Indigenas zu kanalisieren.
Die animalische Kraft ihres Glaubens in christliche und damit richtige Bahnen zu
lenken, ihnen ihre Huacas, ihre Dämonen auszutreiben.
Diese Huacas sind das große Reizwort für die katholischen Glaubenseiferer, allen
voran die Jesuiten. Noch Anfang des 17. Jahrhunderts verfassen sie komplette
Dokumentationen über die andinen Kulte und entwickeln daraus eine
systematische Verfolgungsstrategie. Doch dann ändern sie ihre Einstellung zu den
Inidgenen.
Überzeugen statt gewaltsam bekehren heißt die neue Devise, ganz im Geiste des
Ordensgründers Ignatius von Loyola. Eindringlich erzählen die Jesuiten ihren
unfreiwilligen Schäflein von den Herrlichkeiten des Christentums, von den
Wundertaten der Heiligen, schildern ihnen all die bunten anschaulichen
Geschichten der Bibel.
Immer deutlicher distanzieren sie sich jetzt vom komplexen Bestrafungssystem der
katholischen Kirche, das sie einst mit ausgetüftelt hatten. Man weiß bis heute
nicht genau woher der Sinneswandel der Jesuiten eigentlich genau kam, aber
ganz offensichtlich wollten sie irgendwann nicht mehr zerstören und verbieten,
sondern das Gegenteil. Vielleicht weil sie einsahen, dass alles nichts nützt. Die
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Indigenen ließen sowieso nicht ab von ihren Kulten. In den Anhörungsprotokollen
der Diözese in Lima sind alle heidnischen Utensilien aufgelistet: Coca-Blätter,
Lama-Fett, Meerschweinchenfleisch, gelbe und schwarze Maiskörner.
Damit betete man zu den Huacas, oder zum lieben Gott oder klagt über das
Schicksal der armen Jungfrau Maria, die den Tod ihres Sohnes beweint. „Ane
nupaqsuima Suchetana“, in der Sprache der Chiquitos.
2„00
Musik 6:
Anon: Ane nupoasqima
CD: Tupasi Maria
Ensemble Louis Berger
Label K617 Nr.141
5„59
„ Ane nupaqsuima Suchetana“ von einem unbekannten Komponisten, eine
Klage über das Leiden der Gottesmutter Maria in der Sprache der Chiquitos, mit
dem Ensemble Louis Berger.
Eine unserer verlässlichsten Quellen über die inkaische und indigene Kultur in
Südamerika ist die „Historia del nuevo mundo“, die Geschichte der Neuen Welt
von einem Jesuiten namens Bernabé Cobo. Er sammelt im 17. Jahrhundert vierzig
Jahre lang Material und Informationen über das Wissen der Inkas und über die
Natur Perus und experimentiert sogar selbst. Wie wirken Coca-Blätter auf die
Gesundheit der Zähne? fragt er sich. Also kaut er sie. Welche Heilkraft haben
Kräuter und Pflanzen der Inkas?
Cobo probiert sie aus und beschreibt anschließend die Wirkung.
Es ist ein eigener Weg, den die Jesuiten in der Neuen Welt da beschreiten. Sie
beschäftigen sich mit der indigenen Kultur, zeigen Interesse an den Menschen
und gewinnen allmählich ihr Vertrauen.
Aber Peru und das Andengebiet gelten missionstechnisch bald als abgegrast. Zu
viele christliche Orden sind hier unterwegs. So ziehen die Jesuiten immer weiter
nach Osten, ins heutige Bolivien, nach Paraguay, nach Argentinien und im
Norden bis nach Brasilien.
Hier endlich wollen sie das verwirklichen, wovon schon im fernen Europa ein
englischer Humanist in seinem „Utopia“ träumt, den idealen Staat.
Aber erst mal müssen die Guarani, die Chiquitos und Moxos überzeugt werden
von den Vorteilen des Christentums.
Und wie kann man das geschickter anstellen als mit Musik, merken die
Glaubensbrüder bald, denn die Indigenen Stämme, auf die sie im tiefsten
Dschungel stoßen, lieben die Musik. Und damit kann man sie nicht nur locken,
sondern auch halten. So wie mit dieser Sonata chiquitana, die sehr europäisch
klingt und nur darum so heißt, weil sie in einem Jesuitenorchester gespielt wurde,
von eben chiquitanischen Musikern.
7
Musik 7:
Anon.:Sonata Chiquitanas
CD Florilegium und Bolivian Baroque
Channel classics CCs Sa 22105 LC 04481
3„01
Klassische Musik im Südamerikanischen Dschungel, der 1. Satz der
Sonata Chiqutana mit dem Ensemble Florilegium.
Viele Noten der Jesuiten Missionen bei den Chiquitos sind erhalten, deshalb
kennen wir das Repertoire und wir kennen auch die Geschichte dieser geistigen
und auch freiwilligen Eroberung, denn so muss man es trotzdem wohl nennen. Als
die Jesuiten anrücken siedeln die Chiquitos im heutigen Bolivien bis zu den
Grenzen des nördlichen Brasilien, im Süden bis Paraguay und Argentinien. Sie sind
Nomanden und zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr frei. 1557 hatte
Spanien ihr Gebiet annektiert, seitdem befinden sich die Chiquitos im Krieg mit
den Eroberern, mal mehr, mal weniger.
Dann werden sie Mitte des 17. Jahrhunderts im Norden auch noch von
Mameluckenstämmen bedrängt. Ihre einzige Chance zu überleben, sind
Friedensverhandlungen mit Spanien und so bitten sie die Jesuiten um Hilfe, was
diese gerne tun, aber nur, wenn die Chiquitos Christen werden.
In einer feierlichen Versammlung wird geklärt, ob der Stamm die neue Religion
annehmen soll.
Es beginnt mit einem traditionellen Tanz. „In Gruppen zu sechs oder sieben
versammelten sich die Indianer um einen Musiker, der eine Art Hirtenflöte blies“,
beschreibt ein anwesender Jesuit später das Fest. „Andere Musiker verwendeten
hohle Kürbisse, in die kleine Steine gefüllt waren. Die übrigen summten einen
gleich bleibenden Ton. Der Tanz bestand aus einem langsamen Stampfen, einer
mechanischen Bewegung, die für die Zuschauer eher erschreckend als
anziehend war.“
Dann tragen die Kaziken, also die Häuptlinge das Problem vor. Es beginnt eine
Diskussion, währenddessen geht der Tanz weiter. Dann brechen alle gemeinsam
auf und steigen in den Fluss.
Als sie wieder herauskommen stecken sie ihre schönsten Federn an, bemalen ihre
Gesichter und danach den ganzen Körper.
Alle setzten sich in einem Kreis zusammen und nach geraumer Zeit verkünden die
Kaziken ihren einmütigen Beschluss: sie wollen das Christentum annehmen, unter
zwei Bedingungen: diejenigen, die nicht mitmachen, dürfen im Land bleiben und
ihre Söhne müssen keine Altardienste verrichten, denn das empfinden die
Chiquitos als unmännlich.
Wenige Tage später gründen die Jesuiten ihre erste Mission bei den Chiquitos
und bald sprechen sie auch schon deren Sprache. Man kann sie hier hören in
diesem Mariengebet, in einer Sprachmelange, spanisch und chiquito immer
abwechselnd.
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Musik 8:
CD: Tupasi Maria
Ensemble Louis Berger
Label K617 Nr.141
Anon: Hay Jesuchristo Take 20
6‟22
„Hay Jesuchristo“ von einem unbekannten Komponisten, abwechselnd
gesungen auf spanisch und chiquito mit dem Ensemble Louis Berger
Wenn die Jesuiten eine Missionsstation mitten im Dschungel gründen, ist das aber
immer erst der Anfang. Von da aus beginnt dann die Eroberung, auch wenn die
Jesuiten es so natürlich nicht nennen. Missionierung heißt bei ihnen und sie sehen
es als Heilbringung für die Indigenen.
Paarweise durchdringen die mutigen Patres das sumpfige Gebiet, dann wieder
hohe Berge, undurchdringlicher Dschungel.
Aber sie führen keine Waffen mit sich, sondern nur ihre christliche Lehre und ihre
Überzeugung das Gute und Richtige zu tun.
Mit dabei sind Chiquitos, sie weisen den Patres den Weg und sie dolmetschen.
„Die Anfänge waren glücklich“, schreibt ein Pater, „wir wurden von den
Indianern gut aufgenommen und mit Früchten reich beschenkt. Als Gegengabe
erhielten die Indianer Glasperlen, kleine Glocken, Nadeln und Hängematten.“
Dieser Austausch geht sogar zurück auf ein indigenes Ritual. Wenn ein Chiquito
beim Fischen Glück hat, ein anderer beim Jagen, dann tauscht man die
Überschüsse aus, damit zuletzt jeder gleichviel bekommt.
Außer Glasperlen und Glöckchen bringen die Jesuiten aber vor allem Werkzeuge
zu den Indigenen. Eisen, Beile und Messer, Und sie garantieren ihnen Sicherheit
vor Überfällen ihrer Feinde, vor allem damit locken die Jesuiten die Chiquitos in
ihre Missionen. 1692 sind es insgesamt schon zehn in einem Gebiet von 40.000
qkm. Wald wird gerodet, ein großer Platz freigelegt, auf dem werden Häuser
gebaut in Reih und Glied. In der Mitte eine Kirche, eine Schule und die
Werkstätten.
Warum geben die Ciquitos und andere indigene Stämme ihre Freiheit auf, um in
diesen Siedlungen zu leben? Freiwillig und ganz offensichtlich auch zum Teil
gerne?
Angst ist sicherlich ein großer Motor, Angst vor feindlichen Stämmen und Angst
vor der Versklavung durch die Spanier.
Und es geht den Indigenen vordergründig sehr gut in den Missionen. Ihr Stamm
wächst, innerhalb von dreißig Jahren in den zehn Missionen um fast das Doppelte
auf knapp 24.000. Hier in den Missionsstationen, oder auch Reduktionen haben
sie genug zu essen, leben in Frieden und in Gleichheit.
2‟20
9
Musik 9:
Zipoli: Ausschnitt aus „Te Deum“
CD: “Moon, Sun,&all things”
Hyperion KC 7533
A67524
6„21
Ein Ausschnitt aus dem te Deum von Domenico Zipoli mit dem Ensmeble ex
Cathedra unter Jeffrey Skidmore.
Um ihn, Domenico Zipoli geht es morgen in der SWR2 Musikstunde, dann um das
Leben in den Missionsstationen der Jesuiten und um ihren kreativen Umgang mit
Musik.
Bis dahin, wenn Sie mögen, verabschiedet sich Ines Pasz.