Erntejagden – nur von oben!

BJV-Tipp zur Unfallverhütung
Der Mais steht allerorts hoch, höchste Zeit
also, sich Gedanken über die anstehenden
Erntejagden zu machen. Denn einfach mit
ein paar Jägern ein Feld zu umstellen genügt
nicht. Die Erntejagd ist die am meisten
unterschätzte Form der Gesellschaftsjagd
bezüglich Sicherheit und Rechtskonformität.
Maximilian Sedlmair hat für uns die
wichtigsten Punkte zusammengestellt.
1. Kommunikation mit den
Landwirten
Ohne vorherige Absprache ist eine Erntejagd sinnlos. Wenn zum Beispiel erst
bei Einbruch der Nacht die letzten Bahnen gemäht, gehäckselt oder gedroschen werden, bringt das Umstellen
des Ackers keinen Erfolg.
Weit im Vorhinein sollten mit den
Landwirten des Revieres mögliche
„Sauenschläge“ besprochen werden.
Die Revierpächter sollten kundtun, wo
sie beabsichtigen, während der Ernte
eine Gesellschaftsjagd durchzuführen.
2. Unfallverhütung und
Sicherheit
Jede Form der Jagd mit mehr als vier
Teilnehmern zählt als Gesellschaftsjagd. Folgende Anforderungen müssen
deshalb erfüllt sein:
 Ein Jagdleiter muss bestimmt werden.
 Der Jagdleiter hat jeden Jäger in seinen Stand einzuweisen, auf mögliche Gefahren hinzuweisen und ihm
gegebenenfalls die verwendeten
Signale (Jagdhorn) mitzuteilen.
 Der Jagdleiter hat jedem Schützen
Schuss- und Gefahrenbereiche
aufzuzeigen.
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 Es muss signalfarbene Bekleidung
beziehungsweise Bekleidung, die
den Teilnehmer farblich deutlich
von seiner Umgebung abhebt, getragen werden.
 Waffen dürfen nur auf dem Stand
geladen werden.
 Der Stand darf erst nach „Hahn in
Ruh“ beziehungsweise nach vorheriger Information durch den Jagdleiter verlassen werden.
 Es darf nicht in den „Kessel“ geschossen werden. Ausnahme: Der
Jagdleiter erlaubt es ausdrücklich,
wenn er eine Gefährdung sicher
ausschließen kann – was bei Erntejagden kaum möglich ist.
3. Kugelfang
Der Kugelfang ist das heikelste Thema
bei jeder Gesellschaftsjagd, besonders bei der Erntejagd. Allgemein gilt,
dass eine Schussabgabe nur nach vorheriger Kontrolle und Herstellung von
Sicherheit erfolgen darf. Als Kugelfang
muss gewachsener Boden vorhanden
sein, und man muss sich vergewissern, dass in der Richtung, in die man
schießt, niemand joggt, fährt, reitet
oder sich sonstwie aufhält.
Die Themen Eintritts- beziehungsweise Auftreffwinkel und die Wirkung der
Bodenbeschaffenheit wurden bereits
ausführlich behandelt (s. JiB 10/2015).
Jedem Planer einer Erntejagd sollte bewusst sein, dass bei am Boden stehenden Schützen die Wahrscheinlichkeit
für einen ausreichenden Kugelfang äußerst gering ist. Es ist daher zu empfehlen, zur Vorbereitung einer Erntejagd
Drückjagdstände mit ausreichender
Höhe zu organisieren und passend aufzustellen. Dies hat folgende Vorteile:
 Der Schütze sieht von oben in den
Maisschlag hinein, wodurch er sich
früher auf ein Auswechseln der
Sauen einstellen und dafür bereitmachen kann.
D
ie Schützen sehen sich untereinander, wodurch eine direkte
Verständigung möglich wird.
D
ie Wahrscheinlichkeit eines adäquaten Kugelfanges steigt, was
einige Schüsse erst möglich macht.
4. Benötigte Schützen
Für eine Erntejagd sollte man sich lange
im Voraus Gedanken machen, welche
Schützen teilnehmen sollen. Ungeeignet
sind:
Foto: LJV RLP, G. Klein
Erntejagden –
nur von oben!
Bitte beachten Sie die BJVGrundsätze zur Bewegungsjagd.
Sie sind zu finden auf der
BJV-Homepage unter
www.jagd-bayern.de,
Menüpunkt „Jagdpraxis“,
„Grunds. zur Bewegungsjagd“.
Für jede Erntejagd muss ein qualifizierter Ersthelfer vor Ort sein, so wie
es die UVV für alle Formen der Gesellschaftsjagd vorschreibt. Zudem sollten
die nächstgelegenen Rettungspunkte
bekannt sein.
Es sollten gemäß Gesetz ausreichend
brauchbare Hunde zur Verfügung stehen. Mindestens jedoch muss ein
Nachsuchengespann verfügbar sein,
da eine zeitnahe adäquate Nachsuche
durch ein geeignetes und geprüftes Gespann gesetzlich vorgeschrieben ist.
7. Klare Kommunikation
mit dem Ernteteam
Die Verständigung mit dem Ernteteam
während der Jagd entscheidet über Erfolg und Misserfolg. Art und Tempo des
Erntens, die Ecken, an denen zuerst
viel abgeerntet wird, und der Bereich,
der als letztes noch steht, haben direkten Einfluss auf das Auswechseln des
Wildes.
© 2016
Für die Erntejagd ist jede Jagdeinrichtung geeignet, die die Sicherheitsaspekte der UVV Jagd erfüllt und den
Schützen auf eine Abschusshöhe von
mindestens drei bis vier Metern bringt.
Die Abschusshöhe ist die Höhe vom Boden bis zur Laufmündung im Anschlag.
Das heißt, bei einer Körpergröße von
1,80 Metern und einer daraus folgenden
Abschusshöhe im Anschlag von circa
1,70 Metern sollte der Schütze auf einer
Erhöhung von mindestens etwa zwei
Metern stehen. Dies entspricht in etwa
den allgemein am Markt angebotenen
Drückjagdständen. Als Faustformel
kann man sich merken: Ein Jäger am Boden mit Abschusshöhe von 1,70 Metern
6. Ersthelfer und Hunde
Präzisionswerkzeug
Blaser Carbon BiPod
Maximilian Sedlmair
ist hauptberuflich Rettungsassistent beim Roten Kreuz und Inhaber
der Firma Forst- & Jagdmanagement Sedlmair. Er bejagt eine
Eigenjagd in Fürstenfeldbruck und
ist bestätigter Nachsuchenführer.
Maximale Stabilität für den perfekten Schuss auf große Distanz.
Ultraleicht, dank der Kombination
aus hochfestem Carbon und Flugzeugaluminium. Der magnetische
Vorderschaftabschluss ermöglicht
eine äußerst schnelle, einfache und
geräuschlose Montage. Die perfekte
Nachrüstlösung für die Blaser R8
Professional Success.
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5. Benötigte Jagdeinrichtungen
erreicht den „sicheren“ Aufprallwinkel
von zehn Grad (s. JiB 10/2015) nach circa
zehn Metern. Das heißt, jeder zusätzliche Meter Abschusshöhe ermöglicht es
dem Jäger, im ebenen Gelände 5,50 Meter weiter zu schießen.
Abgabe von Waffen nur an Inhaber einer Erwerbserlaubnis.
 Jäger mit locker sitzendem Finger,
die schnell einmal vom Jagdfieber
gepackt werden.
 Jungjäger ohne ausreichende Erfahrung auf Bewegungsjagden.
 Jäger, die keine passende Ausrüstung haben (Repetierer oder Halbautomat mit Reflex-, Rotpunkt- oder
Drückjagdvisierung).
 Jäger, die auf Grund von Alter oder
körperlicher Gebrechen nicht in der
Lage sind, die zeitliche Herausforderung einer Erntejagd zu überstehen.
Allgemein lässt sich eine sinnvolle Anzahl
an Schützen aus der Höhe der genutzten
Jagdeinrichtungen ableiten. Habe ich
circa drei Meter Standhöhe und somit
eine Abschusshöhe von circa 4,7 Metern,
ist es sinnvoll, alle 45 bis 50 Meter eine
Jagdeinrichtung aufzustellen und zu besetzen. Außerdem sollten die Bereiche
mit der kürzesten Distanz zum nächsten
Einstand stärker abgesetzt werden als
die Bereiche zum offenen Feld.