Dies ist mein erster Bericht

auf dem Weg von Massaya nach Managua
Der Mann der einen Berg abtrug, war derjenige der anfing kleine Steine wegzuwerfen.
(chin. Sprichwort)
Damit möchte meinen ersten Erfahrungsbericht beginnen.
Die Ereignisse lassen sich nur schwer ordnen aber ich versuch es einmal, ich beginne
chronologisch mit dem Flug. Nachdem ich meinen mühsam zugebundenen Seesack aufreißen
durfte, um einem Sprengstofftest zuzusehen, ging es auch schon los. Über Santo Domingo
(Dominikanische Republik) flogen wir Freiwilligen nach San José (Costa Rica). Dort wurden
wir von den Altfreiwilligen abgeholt, und fuhren mit dem Tica Bus 9 Stunden weiter nach
Massaya (Nicaragua). Dort begann das On Arrival Training mit den Altfreiwilligen in dem
dortigen Bildungsprojekt. Nach 5 Tagen fuhren wir nach Nueva Guinea, wo die dortigen 2
Altfreiwilligen Patrick Jost und Stefan Baschel uns das Projekt und die Stadt zeigten. Wir
begannen mit dem Spanischkurs und besuchten den Unterricht der Beiden.
Ich fing also an mich mit meinen zukünftigen Schülern zu unterhalten und erspürte
Ungerechtigkeit die mir manchmal den Atem raubte. Anier ein ziehmlich unruhiger, weil
unterforderter Schüler des tercer Año (die Ältesten) erklärte mir z.B. er wolle
Automobildesigner werden, am liebste im Ausland. Ich weiß aber, dass die meisten
Nicaragüense in Amerika als Parkwächter o.ä. arbeiten, oft auch als illegale Einwanderer.
Oft schicken Sie Ihr Geld an Ihre Familie und leben am Minimum.
Doch, ich glaube dass das Land Nicaragua sehr viel Potenzial inne hat, die junge Bevölkerung
(in Nicaragua ist die Hälfte der Bevölkerung unter 15 Jahre alt) kann sehr viel schaffen. Stück
für Stück entwickelt sich das Land weiter, soweit ich das nach geringer Zeit beurteilen kann,
es werden Straßen gebaut (z.B. die zur Schule) und die allgemeine Schulpflicht wurde von der
neuen linken Regierung eingeführt. Aber dabei gibt es auch immer viele Probleme, so sind die
Klassen der öffentlichen Schulen nun oft überfüllt.
Auch die Qualität des Unterrichts ist haarsträubend, wir besuchten mehrere Stunden in einer
öffentlichen Schule, die sehr frontal abliefen. Aber besonders auffällig wurde die
Unwissenheit bei der Unterhaltung mit Schülern, sie lernen nur auswendig und können auch
in höherem Alter zum Beispiel nicht auf einfachste englische Fragen antworten.
Die
Montessorischule
„Escuela
experimental Jan
Amos Comenius“
versucht ein anderes
Konzept zur
Bildung. Die
Leitsätze orientieren
sich dabei an den
Pädagogen Maria
Montessori und Jan
Amos Comenius.
Die Schule befindet
sich im letzten
verbliebenen Wald
Nuevas Guineas,
sodass wir die
kleinen Klassen
Der erste Schultag an der Montañita.
auch in der Natur unterrichten können (wozu das Wetter momentan aber noch nicht einlädt).
Der Unterricht wird integrativ gestaltet und soll soviel Sinne wie möglich ansprechen. Wir
machen dafür z.B. Experimente, arbeiten mit Features etc. Features, von denen Stefan Baschel
sehr begeistert ist, sind kleine einlaminierte
ansprechend gestaltete Zettel mit Informationen. Jeder Schüler überträgt in Eigenregie die für
ihn wichtigen Informationen in das Heft. Jedes Feature ist nur einmal vorhanden, was die
Kommunikation unter den Kindern fördert.
Nun ein wenig zu meiner Eingewöhnung: ich habe gestaunt wie schnell mir Nicaraguas
Auffälligkeiten unscheinbarer werden, die Natur, der verbrannte Müll, der Stacheldraht der
eine Wäscheleine ersetzt (dann fliegt die Wäsche nicht weg) usw.
Auch das Essen ist eigentlich gewöhnungsbedürftig, es gibt morgens, mittags und abends oft
Reis mit Bohnen oder Gallo Pinto (Reis und Bohnen –fritiert). Die Beilagen sind, wenn es
welche gibt, Hühnchen oder etwas seltsamer Käse. Dazu gibt es frische Säfte die mit
Unmengen Zucker vermengt sind – sogenanntes Fresco.
Wir leben und essen hier also sehr nährreich.
Trotz der Umstellung auf die neue Kultur, Klima etc. ist die Sprachbarriere das
Problematischste. Um dies zu ändern wollten wir es nicht beim Spanischunterricht belassen,
sondern gingen in Gastfamilien. Ich kam so zu Dany Riviera, der Sportlehrer der Montañita
(Montessorischule). Ich lebe nun also in einem ziemlich großen Haus, das neben der Schule,
mitten im Wald steht. Unter anderem aufgrund der Waldnähe durfte ich ein komplettes
Ökosystem in meinem Zimmer beobachten: Insekten(Ameisen, Kakerlaken, Moskitos) aber
auch Kröten, kleinere Nagetiere und sogar Fledermäuse. Aber mein Moskitonetz (umgenähte
Gardine) beschützt mich vor allem!
Mein Spanisch wird allerdings besser – poco a poco…
Und auch an Anekdoten mangelt es nicht…. dass ich einmal sagte das mir die
Bananenpflanzen vor meinem Fenster (klappbare Bretter) gefielen, sorgte z.B. für Gelächter.
Für die Nicaragüense sind Bananenpflanzen in etwa so attraktiv wie für uns die
Kartoffelpflanzen….
An anderen Punkten wird die zunehmende Entfernung der Nicaragüense zur Natur noch
extremer, so mähen Sie z.B. regelmäßig das Graß mit der Machete damit sich da keine
Schlangen verstecken…
Auch das Müllproblem ist verherrend, alles wird mit dem Gedanken „meine Plastikflasche
verrottet schon bald“ auf die Straße oder in den Garten geworfen. Die Landwirtschaft ist sehr
umweltfeindlich, um Feldern Platz zu machen wurde fast der gesamte Regenwald gerodet.
Wenn die Rodung in gleichem Tempo voranschreitet gibt es in 15 Jahren in Nicaragua keinen
Baum mehr. Bereits jetzt ist es billiger sein Haus aus Stein als aus Holz zu bauen!
Um eine umweltfreundliche Alternative zur jetzigen Landwirtschaft zu zeigen wurde die
Biobauernhof „Esperanzita“ gegründet. Dort werden Bauernbildungsprojekte durchgeführt
und eine große Fläche in ökologischer Permakultur bewirtschaftet. Wir haben diesen Hof
bereits besichtigt als dort eine Lehrerversammlung stattfand. Ich werde dort einen Tag der
Woche mitarbeiten. Zu den genauen Umständen schreibe ich also in dem nächsten
Erfahrungsbericht mehr, wenn ich dort bereits gearbeitet habe.
Momentan liegt der Fokus beim Spanisch lernen, Schulstunden vorbereiten und geben.
Ich gebe im tercer Año (Schüler sind 15 alt)Englisch und Mathematik, im segundo Año (14
jährige Schüler)Physik und im primer(7 Jahre) und segundo(8 Jahre)Grado Englisch.
Das Niveau ist sehr niedrig, mein Schulwissen reicht meist aus, aber die Stunde in eine noch
ziemlich fremden Sprache zu geben ist eine große Herausforderung (ich verstehe nicht einmal
eventuelle Beleidigungen). Auch der Übergang von den alten Freiwilligen birgt
Schwierigkeiten in sich. Doch bald beginnen für die Schüler die Prüfungen(am Ende des
Jahres), sodass wir reibungslos weitermachen müssen.
Rein körperlich konzentrieren sich die Gefahren auf den Straßenverkehr. Alles hupt und fährt
wirr durcheinander nach dem Darwin Prinzip(der Stärkste überlebt). Das ist für mich als
Radfahrer gefährlicher als alle Schlangen, Jungendbanden und Hurricanes zusammen…
(Bei einem Unfall würde mir auch mein schickes Diamantfahrrad leid tun.)
Wir besuchten auf dem OAT einen Müllplatz.
Auffällig ist auch, dass die Nicaragüense sehr auf ihr Äußeres achten. Bei einem Blick in die
Straße fragt man sich wer in den alten Wellblech- und Holzhütten lebt. Viele tragen Hemden
und lange Hosen, dies wird von uns Lehrern dann natürlich auch erwartet. Die Kleidung wird
mindestens täglich gewechselt, und es wird sich auch mindestens täglich geduscht. Außerdem
sind sehr viele Nicas von einer „atemberaubenden“ Parfümwolke umgeben.
Das Bild der Europäer ist hingegen, dass sie ungepflegt sind und riechen… man bekommt als
„Chele“ (Weißer) nicht unbedingt das Beste hinter hergerufen. Wir ändern diesen Ruf
natürlich!
Wir ändern denke ich sehr viel am Bild des Weißen… die meisten Weißen sind „Gringos“
(welche den schlechten Ruf haben sie wären arrogant etc.)- also US Amerikaner.
Die große Übersicht über diverse Auswirkungen unseres Daseins habe ich natürlich nach der
kurzen Zeit noch nicht.
Mit meinem Mitzivi Pedro nach einem ganz normalen Nueva-Regen (Das ist eine Straße zur
Esperanzita).
Es lässt sich jedenfalls auf jeden Fall sagen, dass es mir gut geht.
Ich sehe den täglichen tropischen Regenguss als besonders intensive Luftfeuchtigkeit an und
versuche mich so gut wie möglich zu akklimatisieren.
Ich freue mich über jede Reaktion, auch wenn ich vielleicht nicht gleich antworten kann.
Liebe Grüße, Mit freundlichen Grüßen oder auch ganz einfach Tschö
Marius
Beziehungsweise Mario, so heiß ich hier… viele Nicas
dachten bei Marius an mehrere Mario`s…
meine Jüngsten, bei den Ältesten ist es nicht so friedlich….
Es wäre sehr nett wenn Sie/Ihr diesen Erfahrungsbericht mit ein paar Worten weiterleiten
könnten. Vielleicht findet sich ja noch ein Spender. Zur Erinnerung:
Ich leiste ein Freiwilliges Soziales Jahr als Freiwilliger der
weltweiten initiative für soziales engagement e.V.
mein Freiwilligenjahr wird über Spenden finanziert, spenden ist möglich an:
Wise e.V.
Konto: 861 1300
BLZ: 550 20 500 (Bank für Sozialwirtschaft)
Betreff: „Spende wise e.V. + 70018“
Bitte sonst nichts in den Betreff schreiben!
Die Nummer ist wichtig, sie gibt mein Freiwilligenjahr an.
Vielen Dank
Kleiner Nachtrag: wir waren heute aufn einem Schulausflug auf einem Bauernhof, beim
baden in einem Dschungelfluss und Kokosnussernten wurde mir mal wieder klar: Nicaragua
ist das Paradies!