Die Anfrage und Antwort als PDF

Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage Nr. 2047
der Abgeordneten Birgit Bessin, Andreas Galau und Thomas Jung
Fraktion der AfD
Landtagsdrucksache 6/4933
Zwangs-, Viel- und Kinderehen im Land Brandenburg
Namens der Landesregierung beantwortet der Minister des Innern und für Kommunales die Kleine Anfrage wie folgt:
Vorbemerkungen der Fragesteller
In Deutschland sind immer häufiger „Kinderehen“ festzustellen. Dabei handelt es sich um Eheschließungen, bei
denen in der Regel ein Ehegatte – zumeist die Frau – minderjährig ist. Obwohl solche Verbindungen nach deutschem Recht rechtswidrig sind, hat ein deutsches Gericht nun erstmals die Wirksamkeit einer Kinderehe bestätigt.
In diesem Zusammenhang hat das OLG Bamberg mit Beschluss vom 12. Juni 2016 die Ehe einer 14-jährigen Syrerin mit ihrem volljährigen Vetter für rechtens befunden und damit das Urteil des Familiengerichts Aschaffenburg
aufgehoben, das noch zu dem Schluss gelangt war, die Ehe mit Verweis auf das Alter der Ehegattin nicht anerkennen zu können und deshalb das zuständige Jugendamt zum Vormund des Mädchens bestellt hatte.
Vorbemerkung der Landesregierung
Soweit die Fragesteller in ihrer Vorbemerkung auf den Beschluss des OLG Bamberg vom 12.05.2016 –
2 UF 58/16 Bezug nehmen, wird darauf hingewiesen, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde
eingelegt wurde. Demnach ist der Beschluss noch nicht rechtskräftig.
Frage 1:
Wie viele Minderjährige mit dem Familienstand „verheiratet“ leben derzeit im Land Brandenburg? [Die Angaben bitte aufschlüsseln nach Alter (unter 14 Jahren, 14 bis unter 16 Jahren, 16 bis unter 18 Jahren), Geschlecht und
Staatsangehörigkeit der minderjährigen verheirateten Personen sowie der volljährigen Ehepartner, Land der Eheschließung.]
a)
Wie viele dieser Kinderehen sind nach dem am Heiratsort geltenden Zivilrecht geschlossen worden?
b)
Wie viele dieser Kinderehen sind nach religiösem Recht geschlossen worden? (Bitte in der Antwort das
jeweilige religiöse Recht und die jeweiligen Religionsgemeinschaften angeben.)
c)
In wie vielen Fällen sind beide Ehegatten minderjährig, ist der Ehegatte minderjährig, ist die Ehegattin
minderjährig?
Frage 2:
Welcher Nachweis wurde für die Eheschließung jeweils erbracht (bitte je Ehe nach Geburtsjahr, Geschlecht und
sämtlichen, auch vorherigen Staatsangehörigkeiten der Partner aufschlüsseln)?
zu den Fragen 1 und 2:
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Dok.-Nr.: 2016/139175
Der Landesregierung liegen Angaben über derzeit sechs Fälle von verheirateten minderjährigen Ausländerinnen vor. Alle sind über 16 Jahre alt. Über das Herkunftsland und das Land der Eheschließung
sowie das Eheschließungsrecht liegen keine Angaben vor.
Im Übrigen wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1558 „Kinderehen im Land
Brandenburg“ der Abgeordneten Birgit Bessin und Steffen Königer vom 22.04.2016 (Drucksache
6/3979) verwiesen.
Weitere Daten liegen der Landesregierung nicht vor.
Frage 3:
Wie viele minderjährige verheiratete Asylsuchende, bzw. anerkannte Flüchtlinge halten sich seit Beginn des Jahres
2015 in Brandenburg auf (bitte nach Monaten aufschlüsseln und jeweils Geburtsjahr, Geschlecht und sämtliche,
auch vorherige, Staatsangehörigkeiten angeben)?
Frage 4:
Wie viele minderjährige Verheiratete kamen im Rahmen von Familiennachzügen nach Brandenburg und wie viele
reisten selbständig ein (bitte seit Januar 2015 nach Monaten aufschlüsseln und jeweils Geburtsjahr, Geschlecht
und sämtliche, auch vorherige, Staatsangehörigkeiten angeben)?
zu den Fragen 3 und 4:
Die Fragen 3 bis 4 werden auf der Grundlage der statistischen Auswertungen des Ausländerzentralregisters (AZR) zusammen beantwortet. Da der Familienstand in der statistischen Auswertung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nicht erfasst wird, kann lediglich eine Übersicht der im Land
Brandenburg aufhältigen Minderjährigen insgesamt - unterteilt nach den Altersgruppen 0 - 16 und 17
Jahre - übermittelt werden. Die entsprechenden tabellarischen Auflistungen sind in der als Anlage beigefügten Übersicht enthalten.
Frage 5:
Wie wird im Land Brandenburg verfahren, wenn eine Kinderehe festgestellt wird?
a) Werden die im Ausland geschlossenen Kinderehen im Land Brandenburg geduldet?
b) Falls ja, auf welcher Rechtsgrundlage?
zu Frage 5:
Es wird auf die Antwort der Landesregierung zu den Fragen 3, 4 und 5 der Kleinen Anfrage 1558 „Kinderehen im Land Brandenburg“ der Abgeordneten Birgit Bessin und Steffen Königer vom 22.04.2016
(Drucksache 6/3979) verwiesen.
Frage 6:
In wie vielen Fällen sind die Ehegatten von als Kinderehen identifizierten Verbindungen während ihres Aufenthalts
in Deutschland voneinander getrennt worden?
zu Frage 6:
Der Landesregierung liegen hierüber keine Daten vor.
Frage 7:
Von welchen Möglichkeiten macht die Landesregierung Gebrauch, um zu prüfen, ob eine Ehe unter Zwang geschlossen worden ist?
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zu Frage 7:
Wird der Polizei des Landes Brandenburg ein Tatbestand angezeigt, der die Nötigung zur Eingehung
der Ehe (§ 237 StGB/Zwangsheirat) erfüllen könnte, werden alle rechtlich erforderlichen polizeilichen
Maßnahmen – auch zum Schutz der Opfer – getroffen.
Frage 8:
In Bezug auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1327 „Zwangsehen in Brandenburg“, Drucksache 6/4584, bestehen weiterhin Fragen:
a) Bezugnehmend auf die Antwort der Landesregierung auf Frage 1 fragen wir, ob und wenn ja, wie die Erhebung der nicht vorhandenen statistischen Angaben zukünftig erfolgen wird; wenn nein, weshalb keine entsprechenden Daten erhoben werden sollen, bzw. können?
b) Bezugnehmend auf die Antwort der Landesregierung auf Frage 4 fragen wir erneut, ob und welche Maßnahmen die Landesregierung zwischenzeitlich in Bezug auf die Erarbeitung eines bundesweit gültigen Regelwerkes ergriffen hat? Wie hat sich die Landesregierung konkret in die Ausarbeitung von o.g. Regelwerk eingebracht? Welche Impulse hat sie gegeben, worauf hat sie sich fokussiert? Wie sieht der Zeitplan für die Fertigstellung des Regelwerkes aus und welche ersten Ergebnisse kann die Landesregierung bekanntgeben?
c) Bezugnehmend auf die Antwort der Landesregierung auf Frage 5 fragen wir erneut nach dem aktuellen Sachstand der von der Landesregierung erwähnten „Erarbeitung einer polizeilichen Konzeption für die Bearbeitung
von herausragenden Gefährdungssachverhalten eingeschlossen von Fällen der Zwangsheirat“? Wie sieht der
aktuelle Zwischenstand der Arbeit der Bund-Länder-Projektgruppe aus? Wie hat sich die Landesregierung
konkret in die Ausarbeitung des o.g. Konzeptes eingebracht? Welche Impulse hat sie gegeben, worauf hat sie
sich fokussiert? Wann ist mit einem Arbeitsergebnis der Bund-Länder-Projektgruppe zu rechnen?
zu Frage 8:
Die polizeiliche Kriminalstatistik stellt auf Grundlage bundeseinheitlicher Richtlinien die der Polizei bekannt gewordenen Fälle dar. Bedarfe für tiefergehende statistische Auswertungen werden nicht gesehen.
Die Vertretung und Mitarbeit in der Bund-Länder-Projektgruppe ist durch die Teilnahme eines Vertreters
des Landes Brandenburg gewährleistet.
Der durch die Projektgruppe erarbeitete Entwurf der „Richtlinie Operativer Opferschutz“ wird unter Federführung des Bundes im Rahmen der zuständigen Gremien weiter bearbeitet.
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