CETA und darüber hinaus

Sigmar Gabriel
Chrystia Freeland
Gemeinsame Erklärung
Berlin, 18. September 2016
Fortschrittliche Handelspolitik –
CETA und darüber hinaus
Wir haben eine sehr hilfreiche und produktive Diskussion zu CETA geführt.
Nach diesem Austausch halten wir an den folgenden Kernprinzipien, die auch während der CETA-Verhandlungen
berücksichtigt wurden, fest:
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Unser Hauptziel ist es, die Globalisierung zu gestalten. Moderne Handelsabkommen müssen dazu einen Beitrag
leisten, indem sie bei der Schaffung einer Handelspolitik des 21. Jahrhunderts unseren gemeinsamen Werten und
Wünschen Rechnung tragen.
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Handel kann zu Wachstum und Beschäftigung beitragen und KMU neue Chancen eröffnen.
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Fairer Handel benötigt vorhersehbare Regeln und Standards. Eine Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammen­
arbeit sollte mit Bestimmungen zur Förderung gemeinsamer Werte, z. B. der hohen Bedeutung des Staates im
Leben unserer Bürger, der Relevanz von Gewerkschaften oder der kulturellen Vielfalt einhergehen. Wir möchten
auch betonen, dass fairer Handel einen Beitrag zu Wachstum und Beschäftigung leistet.
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Wir sind uns einig darin, dass sich ein modernes Handelsabkommen an einem hohen Schutzniveau für Verbraucher, Arbeitnehmer und Umwelt orientieren sollte.
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Eine Modernisierung des Investitionsschutzes ist unumgänglich. Eine Verbesserung der Transparenz der Verfahren
zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten sowie die Bekräftigung des Regulierungsrechts nationaler Parlamente
ist von entscheidender Bedeutung.
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Eine Handelspolitik, die hohe Standards unterstützt, muss auch die Rolle der öffentlichen Daseinsvorsorge berücksichtigen und darf nicht zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen verpflichten. Wir glauben fest an die
Bedeutung des Staates beim Schutz und Erhalt von Sozial- und Umweltstandards und lehnen in dieser Hinsicht
einen Dumpingwettbewerb ab.
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Wir erkennen an, dass die Handelspolitik der gesamten Gesellschaft dienen und von ihr akzeptiert werden sollte.
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Die neue, progressive kanadische Regierung hat den Weg für ein modernes Abkommen für fairen Handel zwischen
der EU und Kanada und für hohe Standards für Verbraucher, Arbeitnehmer und Umwelt geebnet. Ohne das
Engagement und die Offenheit der neuen kanadischen Regierung, wäre CETA nicht möglich gewesen. Auf Grundlage der gemeinsamen Werte, die uns mit der neuen kanadischen Regierung verbinden, ist es uns auch gelungen ein
neues Investitionsschutzsystem einzuführen, welches in Zukunft als Referenz für internationale Investitionsschutzregeln dienen kann.
Vor dem Hintergrund der oben genannten Punkte ist CETA eine große Errungenschaft, stellt es doch ein modernes
und ehrgeiziges Freihandelsabkommen dar.
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Wir sind überzeugt davon, dass CETA zu einer Verbesserung des freien und fairen Handels zwischen der EU und
Kanada führen wird.
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Durch CETA wird ein neuer globaler Standard für die Nachhaltigkeitskapitel in Handelsabkommen eingeführt.
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Durch CETA werden die bisherigen, privaten Schiedsgerichte abgelöst, und rechtsstaatliche Gerichtsverfahren
eingeführt. Durch die Verfahrensänderungen wird ein transparentes, unabhängiges und objektives System zur
Beilegung von Investitionsstreitigkeiten geschaffen, bei dem es auch die Möglichkeit gibt Berufung einzulegen.
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Durch CETA werden Handelshemmnisse abgebaut; gleichzeitig wird ein hohes Schutzniveau für Verbraucher,
Arbeitnehmer und die Umwelt garantiert.
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Durch CETA profitieren KMU, Verbraucher, Arbeitnehmer und Bürger gleichermaßen.
Wir sind uns bewusst, dass einige der in CETA enthaltenen Bestimmungen noch immer Teil einer intensiven
öffentlichen Debatte sind. Daher haben wir im Rahmen einer konkreten Diskussion versucht, ein gemeinsames
Verständnis dazu zu entwickeln, wie wir im laufenden Verfahren mit diesen Themen umgehen, bevor CETA in Kraft
tritt.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir die vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und dem Canadian Labour
Congress (CLC) vorgelegten Vorschläge, die für uns einen wichtigen Beitrag zur Präzisierung, insbesondere bei den
Themen Investitionsschutz, Arbeitnehmerrechte, öffentliche Daseinsvorsoge sowie öffentliches Beschaffungswesen
und Vorsorgeprinzip darstellen.
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Durch die in CETA enthaltenen Investitionsschutzbestimmungen werden die bisherigen, privaten Schiedsgerichte
abgeschafft und ein rechtsstaatlich organisierter Investitionsgerichtshof geschaffen. Dies ist eine wesentliche Verbesserung, denn durch das neue System werden genaue Definitionen eingeführt; gleichzeitig bleibt das Regulierungsrecht der Parlamente gewahrt. Wir haben uns zum Beispiel darauf verständigt, dass es enorm wichtig ist, dass es
unabhängige Richter, die von den CETA-Vertragsparteien nominiert werden, gibt, und dass dies durch Durchführungsvorschriften absolut wasserdicht gemacht werden muss.
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Das Nachhaltigkeitskapitel in CETA sieht bereits umfangreiche Bestimmungen zum Schutz von Arbeitnehmerrechten vor. Wichtig erscheint uns, dass die ILO-Kernarbeitsnormen vollständig ratifiziert und angewendet werden. Die
kanadische Regierung hat eine der beiden, seitens Kanadas noch offenen, ILO-Normen bereits ratifiziert und ist dabei,
die ausstehende Norm zu ratifizieren. Daher haben wir unser gemeinsames Interesse an einer Fortsetzung des Ratifizierungsverfahrens noch vor Inkrafttreten von CETA bekräftigt. Wir haben uns auch die im Nachhaltigkeitskapitel
enthaltenen Streitbeilegungsbestimmungen angesehen und vereinbart, weitere Untersuchungen zu unterstützen, um
so herauszufinden, ob weitere Verbesserungen ratsam sind.
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Der Erhalt der hohen Qualität der öffentlichen Daseinsvorsorge ist von essentieller Bedeutung und wird deshalb in
CETA vorgesehen. Wir sind überzeugt, dass die Bestimmungen von CETA den sensiblen Punkten Rechnung tragen,
unterstützen aber dennoch eine weitere Klarstellung der bestehenden Regeln und Ausnahmetatbestände unter CETA
dahingehend, dass betont wird, dass die Kommunen entsprechende Dienstleistungen wieder in Eigenregie durchführen können.
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Wir sind auch der Ansicht, dass die in CETA enthaltenen Bestimmungen zum öffentlichen Beschaffungswesen das
Recht der Vertragsparteien, Arbeits- und Sozialaspekte in ihre Beschaffungsverfahren zu integrieren, achten sollten
und wären hier über eine Präzisierung dankbar.
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Wir stimmen in Bezug auf unsere Verpflichtungen, die wir bezüglich der Vorsorge in internationalen Vereinbarungen
wie der WTO und internationalen Umweltabkommen, einschließlich der Konvention zur biologischen Diversität eingegangen sind, überein und werden diesen weiter nachkommen.
Wir unterstützen die Bemühungen der kanadischen Regierung und der Europäischen Kommission, noch vor der
Entscheidung des Europäischen Rates zu CETA und vor der Unterzeichnung des Abkommens am 27./28. Oktober
sowie vor dem Beginn der parlamentarischen Ratifizierungsphase eine Einigung auf weitere Klarstellungen zu
diesen wichtigen Bereichen zu erzielen. Wir teilen miteinander die Ansicht, dass solche weiteren Klarstellungen zu
den genannten sensiblen Themen dem Prozess dienlich wären und verschreiben uns dem Ziel, eine entsprechende
rechtsverbindliche Erklärung Kanadas und der EU-Kommission abzugeben.
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