Faire Besteuerung: Kommission startet Erstellung der ersten

Europäische Kommission - Pressemitteilung
Faire Besteuerung: Kommission startet Erstellung der ersten gemeinsamen
EU-Liste nicht kooperativer Steuergebiete
Brüssel, 15. September 2016
Die Europäische Kommission arbeitet mit Hochdruck an der Erstellung einer ersten
gemeinsamen EU-Liste nicht kooperativer Steuergebiete und legt hierzu die Ergebnisse
einer auf Schlüsselindikatoren beruhenden Voruntersuchung für alle Drittländer
(„Scoreboard“) vor.
Nun ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten zu entscheiden, welche Länder in den nächsten Monaten
genauer überprüft werden sollten, um gezielt jene Länder zu ermitteln, die sich nicht an die Regeln im
Steuerbereich halten.
Im Januar 2016 startete die Kommission im Rahmen ihrer umfassenderen Agenda zur Bekämpfung von
Steuerhinterziehung und Steuervermeidung einen dreistufigen Prozess zur Erstellung der gemeinsamen
EU-Liste. Eine gemeinsame EU-Liste nicht kooperativer Steuergebiete wird im Umgang mit
Drittländern, die sich weigern, internationale Standards für verantwortungsvolles Handeln im
Steuerbereich einzuhalten, sehr viel mehr Gewicht haben als der derzeitige Flickenteppich nationaler
Listen. Außerdem werden durch eine EU-Liste aggressive Steuerplaner davon abgehalten, die
Inkongruenzen zwischen den verschiedenen nationalen Regelungen zu missbrauchen.
Ziel ist die Veröffentlichung einer endgültigen Liste nicht kooperativer Steuergebiete bis Ende des
Jahres 2017. Die Mitgliedstaaten haben bereits ihre Unterstützung für dieses Verfahren signalisiert, das
auch vom Europäischen Parlament nachdrücklich befürwortet wird.
Der für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll zuständige Kommissar Pierre
Moscovici erklärte: „ Die EU nimmt ihre internationalen Verpflichtungen für verantwortungsvolles
Handeln im Steuerbereich sehr ernst. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass wir dies auch von unseren
internationalen Partnern erwarten. Wir wollen mit ihnen faire und offene Diskussionen zu jenen
Steuerfragen führen, die uns in einer globalisierten Welt alle betreffen. Mit dieser EU-Liste werden wir
ein Mittel im Umgang mit Ländern in der Hand haben, die sich nicht an die Regeln halten.“
Wie das Scoreboard entwickelt wurde
Durch das Scoreboard der Kommission sollen die Mitgliedstaaten einfacher diejenigen Drittländer
bestimmen können, mit denen die EU einen Dialog über Fragen des verantwortungsvollen Handelns im
Steuerbereich einleiten sollte. Es dient dazu, diesem Dialog den Weg zu ebnen und den Mitgliedstaaten
fundierte Entscheidungen darüber zu ermöglichen, welche Länder zuerst überprüft werden sollten.
Alle Länder und Steuergebiete außerhalb der EU wurden analysiert, um das jeweilige Risiko der
Begünstigung von Steuervermeidung zu ermitteln. Diese Voruntersuchung basierte auf einem breiten
Spektrum neutraler und objektiver Indikatoren, darunter Daten zu Wirtschafts- und Finanztätigkeiten,
institutionellen und rechtlichen Strukturen sowie den grundlegenden Standards für
verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich.
In einem ersten Schritt bietet das Scoreboard unter den drei neutralen Rubriken „wirtschaftliche
Beziehungen zur EU“, „ Finanztätigkeiten“ und „Stabilitätsfaktoren“ Sachinformationen zu jedem Land.
Jene Gebiete, die in diesen drei Rubriken häufig vertreten sind, werden anschließend anhand von
Risikoindikatoren – hierzu zählen etwa ihr Transparenzgrad oder die Möglichkeit der Gewährung von
Steuervergünstigungen – geprüft.
Die Voruntersuchung stellt weder eine Beurteilung der Drittländer noch eine vorläufige EU-Liste dar.
Verschiedene Länder können aus unterschiedlichen Gründen bei den Indikatoren des Scoreboards weit
oben liegen, auch wenn sie keinerlei Bedrohung für das Steueraufkommen der Mitgliedstaaten
darstellen. Durch das Scoreboard können die Mitgliedstaaten jedoch gezielter Länder für eine
eingehendere Überprüfung unter dem Aspekt des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich
auswählen. Diese Überprüfung stellt den nächsten Schritt bei der Erstellung der EU-Liste dar. Die EU
wird bei der Erstellung der Liste eng mit der OECD zusammenarbeiten und dabei auch die OECDBewertung der Transparenzstandards für Steuergebiete berücksichtigen.
Nächste Schritte
Die Voruntersuchung wurde den Experten aus den Mitgliedstaaten in der Gruppe „Verhaltenskodex
(Unternehmensbesteuerung)“ des Rates am 14. September vorgelegt. Auf der Grundlage der
Ergebnisse wird die Gruppe „Verhaltenskodex“ die zu überprüfenden Steuergebiete auswählen. Diese
Auswahl sollte vor Ende des Jahres von den Finanzministerinnen und Finanzministern gebilligt werden.
Die Überprüfung der ausgewählten Länder wird voraussichtlich im Januar nächsten Jahres beginnen,
damit eine erste EU-Liste nicht kooperativer Steuergebiete bis Ende des Jahres 2017 erstellt werden
kann.
Hintergrund
Die Erstellung einer neuen EU-Liste ist Teil der EU-Kampagne gegen Steuerhinterziehung und
Steuervermeidung und dient der Förderung einer gerechteren Besteuerung innerhalb der EU und
weltweit. Sie wurde im Januar 2016 von der Kommission in der externen Strategie für effektive
Besteuerung vorgeschlagen und im Mai von den EU-Finanzministerinnen und -ministern gebilligt. Auch
das Europäische Parlament hat wiederholt seine Unterstützung für eine Listenerstellung auf EU-Ebene
zum Ausdruck gebracht.
Die externe Strategie bietet ein klar definiertes, faires und objektives EU-Verfahren zur
Listenerstellung, das auf drei Schritten beruht:
- 1. Scoreboard: Die Kommission erstellt ein neutrales Scoreboard mit Indikatoren, anhand derer
sich bestimmen lässt, wie hoch das mögliche Risikolevel der Steuervermeidung in den
Steuersystemen der verschiedenen Drittländer ist. Die Kommission legt den Experten der
Mitgliedstaaten die Ergebnisse des Scoreboards im Rahmen der Gruppe „Verhaltenskodex“ im Rat
vor.
- 2. Screening: Auf der Grundlage der Ergebnisse des Scoreboards entscheiden die Mitgliedstaaten,
welche Drittländer offiziell von der EU überprüft werden sollten. Die Überprüfung der Standards
dieser Drittländer für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich wird von der Kommission
und der Gruppe „ Verhaltenskodex“ durchgeführt. Gleichzeitig kann das jeweilige Land in einem
Dialogverfahren auf Bedenken reagieren oder eine intensivere Kooperation mit der EU in
Steuerfragen erörtern.
- 3. Listenerstellung: Sobald die Überprüfung abgeschlossen ist, sollten jene Drittländer, die eine
Mit- oder Zusammenarbeit mit der EU in Bezug auf verantwortungsvolles Handeln im
Steuerbereich verweigert haben, auf die EU-Liste gesetzt werden.
Die gemeinsame EU-Liste ist als „letztes Mittel“ gedacht. Sie wird als Instrument im Umgang mit
Drittländern dienen, die sich weigern, die Grundsätze des verantwortungsvollen Handelns im
Steuerbereich einzuhalten, und bei denen alle Versuche des Dialogs gescheitert sind.
Weitere Informationen finden Sie unter:
MEMO/16/2997
Auf Indikatoren basierendes Scoreboard
IP/16/2996
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