steuern_recht_aktuell_sonderausgabe_sept_2016gs

http://blogs.pwc.de/steuern-und-recht/
Wichtige Änderungen
in Recht und Gesetz
steuern+recht aktuell
Sonderausgabe
15. September 2016
Top-Meldung
Bundeskabinett beschließt Weiterentwicklung der
steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften
Die Bundesregierung plant die Neuausrichtung der steuerlichen Verlustverrechnung
von Körperschaften. Der vom Kabinett beschlossene Gesetzesentwurf liegt nun vor und
wurde gestern veröffentlicht. Im Kern soll eine antragsgebundene Ausnahme von den
bisher bestehenden Regelungen zum Verlustuntergang nach § 8c
Körperschaftsteuergesetz (KStG) geschaffen werden.
Nachdem das Bundesfinanzministerium den Entwurf eines Gesetzes zur
Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften
ausgearbeitet hatte (wir berichteten im Blog Steuern & Recht unter
http://blogs.pwc.de/steuern-und-recht/2016/09/12/referentenentwurf-zurweiterentwicklung-steuerlicher-verlustverrechnung/) wurde gestern, am 14. September
2016, der Gesetzentwurf der Bundesregierung veröffentlicht. Die bestehende Vorschrift
zum Verlustabzug bei Körperschaften (§ 8c KStG) regelt, dass nicht genutzte Verluste bei
Anteilserwerben unter bestimmten Voraussetzungen (sog. schädlicher
Beteiligungserwerb) wegfallen. Die angestrebte Neuausrichtung zielt darauf ab, dass
nicht genutzte Verluste trotz eines schädlichen Beteiligungserwerbs auf Antrag weiterhin
genutzt werden können, wenn derselbe Geschäftsbetrieb der Körperschaft später
erhalten bleibt und wenn eine anderweitige Verlustnutzung ausgeschlossen ist. Konkret
wird es dann neben der bisher geltenden Vorschrift des § 8c KStG einen neuen § 8d
KStG zum sog. fortführungsgebundenen Verlustvortrag geben.
Laut Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums ist die Bundesregierung zu den
Fragen des europäischen Beihilferechts mit der Europäischen Kommission im
Austausch.
Verlustnutzung unabhängig von schädlichem Beteiligungserwerb
Neben der Konzernklausel und der Stille-Reserven-Klausel soll eine Ausnahme von den
Rechtsfolgen des § 8c KStG für solche Unternehmen kodifiziert werden, bei denen für
die Unternehmensfinanzierung häufig die Neuaufnahme oder der Wechsel von
Anteilseignern notwendig wird.
Gemäß der vorgesehenen Regelung kann eine Körperschaft nach einem schädlichen
Beteiligungserwerb i.S.v. § 8c KStG zukünftig auf Antrag Verluste entgegen § 8c KStG
und § 10a Satz 10 GewStG nutzen, wenn sie seit ihrer Gründung oder zumindest seit dem
Beginn des dritten dem schädlichen Beteiligungserwerb vorausgehenden Wirtschaftsjahr
(Beginn des „Beobachtungszeitraums“) ausschließlich denselben Geschäftsbetrieb
ununterbrochen unterhält. Der gesamte zum Schluss des Veranlagungszeitraum, in den
der schädliche Beteiligungserwerb fällt, verbleibende Verlustvortrag wird zum
fortführungsgebundenen Verlust (fortführungsgebundener Verlustvortrag). Der
fortführungsgebundene Verlustvortrag ist in den Folgejahren vorrangig vor dem nach §
10d Abs. 4 EStG festgestellten Verlustvortrag im Rahmen der Mindestbesteuerung
steuern+recht aktuell – Sonderausgabe, 15. September 2016
2
abzuziehen, solange kein schädliches Ereignis nach § 8d Abs. 2 – neu – KStG eintritt
(Erfordernis der Fortführung des Geschäftsbetriebs).
Fortführungsgebundener Verlustvortrag
Der fortführungsgebundene Verlustvortrag nach § 8d – neu – KStG umfasst nicht nur
solche Verlustvorträge, die bei Anwendung von § 8c KStG ohne Antrag auf
Nichtanwendung untergangen wären. Eine vollständige Umqualifizierung zum
fortführungsgebundenen Verlustvortrag erfolgt auch dann, wenn § 8c KStG zu einem
lediglich teilweisen Verlustuntergang geführt hätte (schädlicher Beteiligungserwerb von
nicht mehr als 50% der Anteile oder Stimmrechte an einer Körperschaft, Verlusterhalt
aufgrund stiller Reserven). Verluste, die in späteren Wirtschaftsjahren entstehen, führen
wieder zu einem verbleibenden Verlustvortrag i.S.d. § 10d Abs. 4 EStG.
Erfordernis der Fortführung des Geschäftsbetriebs
Maßgebliche Veränderungen des Geschäftsbetriebs i.S.d. § 8d Abs. 2 – neu – KStG
lassen die fortführungsgebundenen Verlustvorträge untergehen, soweit nicht
verrechnungsfähige stille Reserven bestehen. Schädliche maßgebliche Veränderungen in
diesem Sinne sind folgende Szenarien:
•
der Geschäftsbetrieb wird eingestellt,
•
der Geschäftsbetrieb wird ruhend gestellt,
•
der Geschäftsbetrieb wird einer andersartigen Zweckbestimmung zugeführt,
•
die Körperschaft nimmt einen zusätzlichen Geschäftsbetrieb auf,
•
die Körperschaft beteiligt sich an einer Mitunternehmerschaft,
•
die Körperschaft wird körperschaftsteuerlicher Organträger, oder
•
es erfolgt eine Übertragung von Wirtschaftsgütern auf die Körperschaft, die zu
einem geringeren als dem gemeinen Wert angesetzt werden.
Tritt eines der schädlichen Ereignisse ein, entfällt der noch bestehende sog.
fortführungsgebundene Verlustvortrag zum Zeitpunkt des Eintritts.
Die Regelung ist zeitlich unbegrenzt, d.h. der Beobachtungszeitraum endet erst mit der
vollständigen Verrechnung des verlustgebundenen Verlustvortrags oder mit Eintritt
eines schädlichen Ereignisses.
Definition des Geschäftsbetriebs
Ein Geschäftsbetrieb umfasst nach § 8d Abs. 1 Sätze 2 und 3 – neu – KStG die von einer
einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragenen, nachhaltigen, sich gegenseitig
ergänzenden und fördernden Betätigungen der Körperschaft und bestimmt sich nach
qualitativen Merkmalen in einer Gesamtbetrachtung. Qualitative Merkmale sind
insbesondere die angebotenen Dienstleistungen oder Produkte, der Kunden- und
Lieferantenkreis, die bedienten Märkte und die Qualifikation der Arbeitnehmer.
Branchenwechsel oder Aufnahme eines weiteren Geschäftsbetriebs sind schädlich
Ein Branchenwechsel soll in jedem Fall dann vorliegen, wenn der satzungsmäßige
Unternehmensgegenstand geändert wird. Aber auch wenn sich die tatsächliche
wirtschaftliche Zweckbestimmung des Geschäftsbetriebs ändert, ist von einem Wechsel
der Branche auszugehen. Auch das nur zeitweise Ruhen des Geschäftsbetriebs ist
schädlich.
steuern+recht aktuell – Sonderausgabe, 15. September 2016
3
Antragserfordernis
Über die Anwendung des § 8d – neu – KStG entscheidet die Körperschaft selbst, indem
sie einen entsprechenden Antrag stellt. Der Antrag ist mit der Steuererklärung für die
Veranlagung des Wirtschaftsjahrs zu stellen, in das der schädliche Beteiligungserwerb
fällt. Ein nachträglicher Antrag zu einem späteren Zeitpunkt, z.B. in Folge der
Feststellungen einer Betriebsprüfung, wäre demnach nicht möglich. Der Antrag soll
erstmals für nach dem 31. Dezember 2015 erfolgende Beteiligungserwerbe gestellt
werden können.
Gewerbesteuer
§ 8d – neu – KStG ist auf die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge einer Körperschaft
entsprechend anzuwenden. D.h. auch für Gewerbesteuerzwecke ist die Nutzung der
Fehlbeträge fortführungsgebunden. Bei Eintritt eines schädlichen Ereignisses fallen die
fortführungsgebundenen Verluste weg.
Keine Anwendung findet § 8d – neu – KStG auf die Fehlbeträge einer
Mitunternehmerschaft, die einer Körperschaft nachgeordnet ist.
Laut Gesetzesbegründung ist der Antrag für körperschaftsteuerliche und
gewerbesteuerliche Zwecke einheitlich zu stellen.
Auswirkung auf die Zinsschranke
Bislang führt ein schädlicher Beteiligungserwerb im Sinne von § 8c KStG auch zu einer
entsprechenden Untergang eines Zinsvortrags. Ein Zinsvortrag wirkt wirtschaftlich
ähnlich wie ein Verlustvortrag. Daher soll die Antragsmöglichkeit nach § 8d – neu –
KStG auch für Zinsvorträge gelten.
Sie haben noch Fragen?
Dann sprechen Sie bitte Ihren PwC-Berater an oder senden Sie eine Mail
an [email protected] .
Die Beiträge sind als Hinweise für unsere Mandanten bestimmt. Für die Lösung
einschlägiger Probleme greifen Sie bitte auf die angegebenen Quellen oder die
Unterstützung unserer für Sie tätigen Büros zurück. Teile dieser
Veröffentlichung/Information dürfen nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung
durch den Herausgeber nachgedruckt und vervielfältigt werden. Meinungsbeiträge
geben die Auffassung der einzelnen Autoren wieder.
Redaktion
Gabriele Stein
PricewaterhouseCoopers AG WPG
Friedrich-Ebert-Anlage 35-37
60327 Frankfurt am Main
Tel.: (0 69) 95 85-5680
[email protected]
steuern+recht aktuell – Sonderausgabe, 15. September 2016
4
Bestellung und Abbestellung
Falls Sie "steuern+recht aktuell" nicht mehr erhalten möchten, senden Sie bitte eine
entsprechende E-Mail-Nachricht an:
[email protected]
Für neue Interessenten besteht die Möglichkeit, sich über unsere Homepage oder über
folgenden Link [email protected] als
Abonnent registrieren zu lassen.
© 2016. PricewaterhouseCoopers bezeichnet die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die anderen selbstständigen und rechtlich unabhängigen Mitgliedsfirmen der
PricewaterhouseCoopers International Limited.
www.pwc.de