Neuregelung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften

Neuregelung der steuerlichen Verlustverrechnung
bei Körperschaften
[11.10.2016]
Von: Heike Schwab
Im Zuge der Unternehmensteuerreform 2008 wurden die in § 8c KStG normierten steuerlichen Regelungen für Körperschaften zur Aufrechterhaltung und weiteren Verwertung
von Verlustvorträgen bei einem Anteilseignerwechsel neu konzipiert. Als schädlich gilt
seitdem ein Anteilseignerwechsel innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren, wobei die
Verlustvorträge bei einem Erwerb zwischen 25 % und 50 % anteilig und bei einem Erwerb von über 50 % vollständig untergehen. Ausgenommen von den Beschränkungen
des § 8c KStG sind bestimmte Übertragungen im Konzern sowie Fallkonstellationen, bei
welchen im Zeitpunkt des Erwerbs stille Reserven vorhanden sind. Von diesen Ausnahmen profitieren entsprechend Unternehmen, die über eine entsprechende Konzernstruktur verfügen oder die aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit mit ausreichend hohen stillen
Reserven ausgestattet sind. Soweit es sich allerdings um Unternehmen handelt, welche
diese Voraussetzungen nicht erfüllen, gleichzeitig jedoch die Unternehmensfinanzierung
eine Neuaufnahme oder den Wechsel von Anteilseignern erforderlich macht, verlieren
diese die bisher nicht genutzten Verluste. Vor diesem Hintergrund wurde am
14.09.2016 nun der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften verabschiedet.
Das Gesetzesvorhaben soll über die Regelung eines neuen § 8d KStG Körperschaften die
Möglichkeit eröffnen, nicht genutzte Verluste trotz eines qualifizierten Anteilseignerwechsels weiterhin gegenzurechnen und somit steuerliche Hemmnisse bei der Unternehmensfinanzierung durch den Neueintritt oder den Wechsel von Anteilseignern zu
beseitigen. Vorausgesetzt wird, dass die Körperschaft seit ihrer Gründung oder zumindest seit drei Wirtschaftsjahren ausschließlich denselben Geschäftsbetrieb unterhält und
keine Untergangsgründe nach § 8d Abs. 2 neu KStG vorliegen. Diese sollen dann nicht
vorliegen, wenn die Körperschaft im Wesentlichen folgende Bedingungen erfüllt:
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Der Geschäftsbetrieb wird nicht ruhend gestellt.
Der Geschäftsbetrieb wird keiner andersartigen Zweckbestimmung zugeführt.
Die Körperschaft nimmt keinen zusätzlichen Geschäftsbetrieb auf.
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Die Körperschaft beteiligt sich nicht an einer Mitunternehmerschaft.
Die Körperschaft nimmt nicht die Stellung eines Organträgers ein.
Auf die Körperschaft werden keine Wirtschaftsgüter übertragen, die zu einem geringeren als dem gemeinen Wert angesetzt werden.
Der Geschäftsbetrieb soll dabei anhand qualitativer Merkmale zu bestimmen sein und
umfasst die von einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragenen, nachhaltigen,
sich gegenseitig ergänzenden und fördernden Betätigungen der Körperschaft. Als qualitative Merkmale sind dabei insbesondere die angebotenen Dienstleistungen und Produkte,
der Kunden- und Lieferantenkreis, die bedienten Märkte sowie die Qualifikation der Arbeitnehmer in Betracht zu ziehen.
Soweit keine verrechnungsfähigen stillen Reserven bestehen, führt eine maßgebliche
Veränderung des Geschäftsbetriebes, z. B. dessen Einstellung oder ein Branchenwechsel,
dazu, dass die fortführungsgebundenen Verlustvorträge untergehen. Ein Geschäftsbetrieb
wird z. B. dann eingestellt, wenn er nach den Grundsätzen der Betriebsaufgabe beendet
wird. Dabei soll es genügen, wenn die verbleibende Tätigkeit im Vergleich zur bisherigen Tätigkeit nur noch unwesentlich ist bzw. die Körperschaft nicht weiter werbend tätig
ist. Ebenso schädlich ist ein Branchenwechsel oder die Aufnahme eines weiteren Geschäftsbetriebes. Ein Branchenwechsel soll in jedem Fall dann vorliegen, wenn der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand geändert wird. Anhaltspunkte für einen Branchenwechsel oder die Aufnahme eines weiteren Geschäftsbetriebes können zudem Änderungen in der Produkt- und Dienstleistungspalette, im Kunden- und Lieferantenkreis,
in den vom Unternehmen bedienten Märkten bzw. das Qualifikationsprofil der Arbeitnehmerschaft sein. Auch ein zeitweises Ruhendstellen des Geschäftsbetriebes führt zum
Untergang des Verlustvortrages.
Final soll über die mögliche Fortführung des Verlustvortrages auf Antrag entschieden
und der sogenannte „fortführungsgebundene Verlustvortrag“ gesondert festgestellt werden. Dabei sind die Antragsvoraussetzungen bis zu drei Jahre in die Vergangenheit sowie die Voraussetzungen für die Fortführung des Verlustvortrages unter Umständen über
viele Jahre hinweg zu prüfen.
Der Ansporn für die Neuregelung des § 8d neu KStG bestand darin, Fälle abzumildern,
in denen ein durch einen Anteilseignerwechsel indizierter Verlustuntergang aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht gerechtfertigt und aus steuersystematischer Sicht nicht
erforderlich erschien. Dies ist aus der Praxis begrüßenswert, wurde doch die Regelung
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des § 8c KStG bereits seit jeher als zu restriktiv angesehen, wenn die zugrunde liegenden gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen in erster Linie dazu dienen sollten, einem vorhandenen Geschäftsbetrieb in volkswirtschaftlich sinnvoller Weise neues Kapital zuzuführen. Allerdings bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung mit der Prüfung der Antragsvoraussetzungen Augenmaß bewahrt und kein weiteres fiskalisches Bürokratiemonster in die Welt setzt. Das Gesetz soll mit Wirkung vom 01.01.2016 in Kraft treten,
wobei § 8d neu KStG dabei erstmals auf schädliche Beteiligungserwerbe im Sinne des
§ 8c KStG anzuwenden sein soll, die nach dem 31.12.2015 erfolgen.
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