Freifläche – Platz für Gedanken

Freifläche – Platz für Gedanken
18. November 2016, VHS Frankfurt am Main, Sonnemannstraße 13, Raum 4001
Was die Welt im Innersten zusammenhält…
Seit Jahrtausenden sind sich Menschen angesichts des Universums ihrer Unwissenheit bewusst.
Unsicherheit, Verwundbarkeit und Zufälligkeit sind grundlegende Erfahrungen menschlichen Lebens.
Zu allen Zeiten sind die seelischen, körperlichen und sozialen Zustände des Menschen bedroht und der
Verletzlichkeit preisgegeben. Ist es dennoch möglich, sich in der Schöpfung sicher aufgehoben und zu
Hause zu fühlen?
Stets war die Menschheit auf der Suche waren nach letzten Gründen des Daseins, stabilen
Gesetzmäßigkeiten und absoluten Gewissheiten. Aus welchem Grund sind wir hier? Wohin gehen wir?
Wie ist das Universum entstanden und wie das Leben? Können wir Kategorien vor dem Urknall
annehmen? Oder endet hier die menschliche Erkenntnisfähigkeit und der Glaube beginnt?
„Das naturwissenschaftliche Instrumentarium versagt bei der Frage nach dem letzten Woher unserer
Wirklichkeit“, formulierte Theologe Hans Küng. „Deshalb sollte die Forschung Gott zumindest als
Hypothese zulassen.“
So sehr sich Mythos und Logos auch unterscheiden mögen, das Bedürfnis ist stets das Gleiche: Ordnung
ins Chaos zu bringen und damit Sicherheit in eine unsichere Welt. Der Mensch möchte ganz im
faustischen Sinne erkennen, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ - sei es durch rationales
Verstehen, theologisches Glauben oder durch Gefühl und Intuition. Aber was, wenn auch diese
Gewissheiten erschüttert werden? Ist es überhaupt sinnvoll eine Ordnung anzunehmen in dieser
chaotischen Welt, die vielleicht auch recht gut ohne die menschliche Vorstellung von Ursache und
Wirkung auskommen kann?
Begleiten Sie uns auf eine Reise zu den unterschiedlichsten Erklärungsmodellen unserer Existenz!
Eintritt frei
Bitte Anmeldung bis 10. November per Mail an:
[email protected] - die Platzzahl ist begrenzt!
Bitte beachten Sie, dass die Veranstaltung zum Zwecke der Berichterstattung auf Video dokumentiert wird. Mit Ihrer Anmeldung erklären
Sie dazu Ihr Einverständnis.
„Was die Welt im Innersten zusammenhält…“ ist eine Begleitveranstaltung zum hr Info Funkkolleg
18.00 Uhr Einführungsvortrag
Prof. Dr. Marcus Willaschek: Gibt es Gewissheit, Sinn und Ordnung in einer Welt des
Wandels?
Prof. Dr. Marcus Willaschek erläutert die grundlegenden Fragen menschlichen Ringens um Erkenntnis.
Welchen Zugang haben wir zur Welt? Wie können wir über eine von Erkennen und Denken
unabhängige Wirklichkeit Wissen erlangen? Können wir uns im Denken überhaupt auf sie beziehen?
Prof. Marcus Willaschek lehrt und forscht am Institut für Philosophie an der Goethe-Universität
Frankfurt.
19.30 Uhr Tischgespräche Runde I
In zwei Gesprächsrunden mit insgesamt sechs Tischgesprächen diskutieren wir aus unterschiedlichen
Blickwinkeln wichtige Aspekte an die Erklärung unserer Existenz und Lebensweise.
Dr. Jürgen Behre: Erlöst die Vernunft von Unmündigkeit und Barbarei?
Von der Unmündigkeit befreit, ausgestattet mit instrumentellem Wissen über die Natur und dem
Willen zur Verrechtlichung sozialer Beziehungen steht der bürgerliche Mensch im Zentrum
gesellschaftlicher Entwicklung. Das Ende der selbstverschuldeten Unmündigkeit sollte auch das Ende
von Barbarei und Willkür bedeuten. Aber kann eine vernunftbasierte Lebensweise dies leisten?
Dr. Jürgen Behre ist Soziologe, Philosoph und Buchautor; langjähriger Referent des Studium Generale
der vhs Frankfurt am Main.
Sven Lichtenecker: Ist Religion eine intellektuelle Erfindung?
Für viele Menschen ist Religion als die erlebnishafte Begegnung mit dem Heiligen definiert. Andere
begreifen sie als intellektuelle Erfindung der Moderne und als Weg zur Sozialisation des Individuums.
Kann heute noch verantwortbar von Religion gesprochen werden? Gibt sie Antworten auf existenzielle Fragen? Und was hat Religion mit Gott zu tun?
Sven Lichtenecker lehrt am Institut für Evangelische Theologie und Religionspädagogik an der JuliusMaximilians-Universität Würzburg und ist Mitarbeiter des Bibelhauses Frankfurt.
Sabine Rittner: Wie wirklich ist die andere Wirklichkeit?
Trance und veränderte Bewusstseinszustände lassen sich aktiv herbeiführen. Mit historisch
überlieferten und modernen Methoden der aktiven Bewusstseinsveränderung können andere
Facetten der Wirklichkeit wahrgenommen werden. Im Tischgespräch erläutert Sabine Rittner die
Wirkungen der therapeutischen Arbeit mit Klang und Trance. Zudem wird die Methode der „Rituellen
Körperhaltungen und ekstatischen Trance“, die die Bewusstseinsforscherin Prof. Felicitas Goodman
wiederentdeckt hat, vorgestellt. Eine praktische Übung lässt die ZuhörerInnen im Anschluss an einer
kurzen eigenen Erfahrung teilhaben, um das heilsame Potenzial für ressourcenorientiertes Arbeiten
mit Trancezuständen nachvollziehbar zu machen.
Sabine Rittner arbeitet mit veränderten Bewusstseinszuständen und körperorientierter Therapie. Sie
ist Psychotherapeutin (approb.), Musiktherapeutin, Hypnotherapeutin und Traumatherapeutin mit
eigener Praxis. Sie lehrt und forscht am Institut für Medizinische Psychologie der Universitätsklinik
Heidelberg (Psychotherapie, Trance-Forschung).
20.15 Uhr Tischgespräche Runde II
Axel Klaudius: Steht die Wahrheit in den Sternen?
Die Erforschung des Sternhimmels ist auf das Engste mit der Geschichte und den Mythen der
Menschheit verbunden. Zu allen Zeiten suchte man mit dem nächtlichen Blick ans Firmament nach
Antworten. Aus ethnologischen Quellen lässt sich schließen, dass Menschen schon früh begannen, den
Himmel zeitlich zu strukturieren und den Aufgängen von Sterngruppen im periodischen Jahresverlauf
einen Bezug zu irdischen Ereignissen zuzuordnen. Dabei ging es um naturwissenschaftliche
Erkenntnisse im weitesten Sinne. Prähistorische Völker haben nicht „geglaubt“, sondern in einer
phantasievollen Weise die schwer zu begreifenden Naturvorgänge mit dem Mythos beschrieben.
Axel Klaudius unterrichtete am Institut für Geschichte der Naturwissenschaften in Frankfurt zum
Mythos als protowissenschaftliche Fachsprache archaischer Kulturen. Er kommt von der Physik,
studierte jedoch auch Germanistik und Romanistik.
Prof. Dr. Annette Werner: Wie erklärt die Mathematik die Welt?
Wie verhalten sich Mathematik und „Realität“ zueinander. Sind die mathematischen Objekte Abbilder
realer Objekte oder Produkte des menschlichen Geistes. Welchen Ursprungs ist das mathematische
Wissen? Und schließlich: Was macht Mathematik eigentlich zu so einem erfolgreichen Welterklärungsmodell?
Prof. Annette Werner lehrt und forscht am Institut für Mathematik der Goethe-Universität Frankfurt.
Prof. Dr. Rolf Verres: Welche Bedeutung haben Kunst und Musik für die Erfahrung von Resonanz?
Es gibt Augenblicke, da fühlen Menschen sich mit sich selbst und der Welt im Einklang. Ein resonantes
Weltverhältnis ist geprägt von Authentizität. Mit unseren sozialen Kontaktfähigkeiten, mit Empathie
und Intuition sind wir in der Lage, uns in andere hineinzuversetzen. Wir sind dann am glücklichsten,
wenn sich eine Art Zwiesprache ergibt, wenn uns etwas antwortet und berührt.
Prof. Rolf Verres, Facharzt für psychotherapeutische Medizin, Musiker, Buchautor und Fotograf, stellt aus
heilkundlicher Sicht einige Versuche dar, wie Prinzipien von Resonanz auf verschiedenen Bedeutungsebenen metaphorisch ausgeleuchtet werden können.
21.15 Uhr Abschlussvortrag
Prof. Dr. Hannah Petersen: Warum existiert nicht einfach nichts?
Wenn der Mensch vom Beginn der Schöpfung spricht, benötigt er dafür die Vorstellung, dass etwas
außerhalb unseres Systems existiert, aus dem heraus ein Anfang möglich war. Wir wünschen uns eine
Ursache, deren Wirkung sich bis zu unserer eigenen Existenz hin fortgesetzt hat und die sich mit dem
notwendigen Wissen auch wieder an ihren Ursprung zurückverfolgen lässt.
Prof. Dr. Hannah Petersen versucht die 13 Milliarden Jahre zurückliegenden Vorgänge bei der
Entstehung des Universums in mathematischen Modellen abzubilden. Wie ist der aktuelle Stand der
Forschung? Was kann die theoretische Physik zur Entstehung unserer Welt erklärend beitragen und
wo sind ihre Grenzen? Stehen wir bei aller Forschung am Ende buchstäblich vor dem Nichts?
Prof. Hannah Petersen lehrt und forscht am Institut für theoretische Physik der Goethe-Universität
Frankfurt und ist am Frankfurt Institute for Advanced Studies (FIAS) tätig.