Die Zukunft ist programmiert

S A M S TAG , 2 8 . F E B RUA R 2 015
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D I E W E LT
S E I T E 19
BILDUNG
NINA TRENTMANN/NINA TRENTMANN
In der Tufnell Park
Primary School in London
haben Schüler ab der
ersten Klasse CodingUnterricht
Die Zukunft ist
programmiert
NINA TRENTMANN
E
LONDON
der programmieren können, was sie
wollen.
So will die britische Regierung sicherstellen, dass aus ihren Schülern die Internet-Unternehmer von morgen werden.
„Mit dem Coding-Unterricht führen wir
die Kinder an die digitale Arbeits- und
Lebenswelt heran“, sagt Koordinatorin
Del Pozo. Nicht dass alle ihre Schüler
später im Beruf programmieren werden
müssen, das glaubt Del Pozo nicht. „Es
ist aber gut, wenn die Kinder möglichst
früh digitale Arbeitsprozesse verstehen
lernen“, sagt die Pädagogin.
Viele Schulen begrüßen deshalb die
Lehrplanänderung. Auch in Deutschland
gibt es vereinzelt ähnliche Initiativen,
oft getragen von Technologiefirmen.
Doch der deutsche Bildungsföderalismus und der Reformbedarf bei der Lehrerausbildung wiegen nach Einschätzung
des Verbandes Bildung und Erziehung
An britischen Schulen lernen schon
Kinder den Umgang mit Quellcode
und Computersprache. Sie sollen die
Digital-Unternehmer von morgen werden
in Donnerstagnachmittag,
halb zwei. Lehrerin Elena
Del Pozo begrüßt ihre Schüler in der Tufnell Park Primary School in London. Sie
fragt einzeln die Namen ab, die Kinder
schnipsen mit den Fingern. Es dauert eine Weile, bis sie still sind, dann geht der
Unterricht los. Doch es ist keine Stunde
wie jede andere: Zwei weiße Würfelschränke gehen auf, die Unterrichtsassistentin verteilt Laptops, auf jeden der
runden Tische drei. Sie schaltet sie ein,
während Lehrerin Del Pozo die Aufgabenstellung erklärt.
Ihre Schüler besuchen die dritte Klasse der Grundschule und sind zwischen
acht und neun Jahre alt. Sie sollen mit
dem Programmierprogramm Scratch einen interaktiven Zeitstrahl basteln,
der die Geschichte der roten Londoner Busse erklärt. „Das veröffentlichen wir dann später in unserem Blog“, sagt die Lehrerin.
„Aber wo fangen wir an? Wie starten wir noch mal das Programmierprogramm?“ Einige Kinder
zeigen auf, rufen die Tastenkombination in den Raum.
Martin Scarborough, Schulleiter
Wenige Minuten später sitzen
sie über die Tastaturen gebeugt,
Del Pozo geht von Tisch zu Tisch,
um die Programmierfortschritte der
Schüler zu begutachten. Die 44-jährige (VBE), eines der größten LehrervertreKlassenlehrerin ist gleichzeitig Koordina- tungen hierzulande, so schwer, dass an
torin für die Coding-Klassen an der bundesweit verpflichtenden ProgramGrundschule im Nordosten Londons.
mierunterricht in Deutschland vorerst
Ihr Fach ist deutlich wichtiger gewor- nicht zu denken ist.
den: Programmieren ist seit September
Die Ausbildung der Lehrer ist auch in
2014 für Grundschüler und Mittelschü- Großbritannien eine Herausforderung.
ler verpflichtend, britische Schulen „Elena bildet neben ihrem Unterricht anmüssen es bereits in der ersten Klasse dere Lehrer aus, sonst hätten wir nicht
unterrichten. Ab der sechsten Klasse genug Coding-Lehrkräfte“, sagt Martin
steht dann die Programmiersprache Scarborough, Schulleiter der Tufnell Park
HTML auf dem Stundenplan in Tufnell Primary School. Zehn bis zwölf CodingPark. Dazu kommen viele freiwillige Ar- Lehrer hat er bereits, sie unterrichten albeitsgemeinschaften, in denen die Kin- le 300 Kinder der Schule mindestens ein
„Wir müssen unseren
traditionellen
Unterricht hinterfragen“
Mal pro Woche. „Wir müssen unseren
traditionellen Unterricht hinterfragen“,
sagt Scarborough. „Sind unsere Lehrinhalte wirklich noch relevant?“ Der Schulleiter glaubt, dass es seinen Schülern
hilft, wenn sie schon früh lernen, dass sie
Webseiten programmieren können und
dass hinter all den Quellcodes, Zahlen
und Buchstaben ein logisches System
steckt. „Wer programmieren lernt, der
lernt logisch zu denken“, sagt Scarborough. Der Stadtteil Islington
sei ein sehr fortschrittlicher. „Wir
sind nicht in der Vergangenheit
stecken geblieben“, sagt er. „Wir
müssen unsere Kinder auf die Zukunft vorbereiten.“
Es ist gleichwohl eine sehr ungewisse Zukunft, auf die er und
seine Kollegen die Kinder der Tufnell Park Primary School vorbereiten. Wie wird der Arbeitsmarkt
in zehn oder 20 Jahren aussehen?
Welche Fähigkeiten und Kenntnisse
werden erforderlich sein, um eine erfolgreiche berufliche Karriere zu absolvieren?
Auch Bill Mitchell, Bildungsdirektor
der britischen Computergesellschaft,
kann diese Fragen noch nicht beantworten. „Es geht nicht darum, dass unsere
Kinder alle Programmierer werden, sondern darum, dass sie strukturiert denken
lernen und sich an eine digitale Arbeitswelt gewöhnen.“ Schließlich, so argumentiert der Brite, basiert praktisch jede
Geschäftstätigkeit letztendlich auf Algorithmen. Mit denen kommen britische
Kinder nun schon wenige Wochen nach
der Einschulung in Kontakt.
Lehrerin Del Pozo verwendet hierfür
kleine Roboter, sogenannte Beebots, um
anschaulicher zu erklären, was hinter
dem steckt, was ein Computer so macht.
„Die Kinder kennen häufig von zu Hause
Geräte wie zum Beispiel das iPad“, sagt
die Lehrerin. „Wir zeigen ihnen, dass
man damit nicht nur Spiele spielen kann,
sondern dass sie ihre eigenen Spiele programmieren können.“ Solange es Spaß
mache, seien die Kinder bei der Sache,
glaubt sie.
Das trifft an diesem Februarnachmittag auf ihre Klasse nur bedingt zu. Während einige Schüler fleißig Busse animieren und sie auf ihrem Zeitstrahl hin und
her bewegen, basteln andere lieber kleine
Monster oder tuscheln mit ihren Nachbarn. „Order“, ruft die Lehrerin, Ordnung! Wie in herkömmlichen Unterrichtsstunden auch muss eine Schülerin
zur Strafe den Klassenraum verlassen.
Pädagogin Del Pozo eilt von Tisch zu
Tisch, um ihren Schülern zu helfen und
das Klassenzimmer unter Kontrolle zu
halten. Archie, ein fülliger kleiner Junge
mit ernstem Gesicht, geht an die digitale
Tafel und trägt dort die Koordinaten für
die Positionierung der Busse auf dem Zeitstrahl an. „Genau, gut so“, lobt die Lehrerin. Heute haben ihre Schüler gelernt, was
die x- und die y-Achse ist und dass sie, um
einen Punkt zu bestimmen, die Koordinaten angeben müssen. „Vieles von dem, was
wir hier lehren, kommt auch in anderen
Fächern vor“, sagt Del Pozo.
Es sind in Großbritannien nicht nur
die Grundschüler, die das Programmieren lernen. Auch Erwachsene besuchen
zunehmend sogenannte Coding-Classes,
die Firmen wie Decoded – Code in a Day
veranstalten – pro Tag für mehr als 1000
Euro. „Eine digital ausgebildete Bevölkerung ist sehr wichtig für die britische
Wirtschaft“, sagt Kathryn Parsons, Mitgründerin von Decoded. „Der Bedarf ist
groß.“ Wie das Silicon Valley in den
USA, so soll auch die Gründerszene im
Londoner Osten dabei helfen, das Bruttoinlandsprodukt zu steigern. „Das fängt
schon in der Schule an“, sagt Bill Mitchell von der britischen Computergesellschaft. „Wir müssen früh die Grundlagen
legen.“ Die Programmierklassen haben
bislang in Großbritannien große Zustimmung gefunden, fundamentale Kritik
blieb aus.
In Deutschland dagegen gibt es sehr
unterschiedliche Auffassungen darüber,
ob Programmieren in der Schule unterrichtet werden sollte – und wenn ja, welche anderen Schulfächer dafür weichen
könnten. „Es gibt immer die Forderung,
neue Inhalte in den Unterricht zu bringen“, sagt Rolf Busch, stellvertretender
Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung. „Gleichzeitig darf nichts weggelassen werden.“
So gebe es in Deutschland
die Forderung nach mehr
Sportunterricht, nach Lebensmittelkunde, nach Medienkunde und nach Technikunterricht. „Alles ist aber
nicht in den Stundenplan zu
bekommen“, sagt der Gewerkschafter. Ihm zufolge
fehlt es an geeigneten Lehrkräften, die Programmierunterricht geben könnten, wie
auch an der passenden Ausstattung in den Schulen. „Sie
kommen in Deutschland
sehr schnell zur Grundsatzfrage, was Schule eigentlich
vermitteln soll. Und da stoßen Sie auf Widerstand.“
Von Josef Kraus, dem Präsidenten des Deutschen Lehrerverbandes, ist Ähnliches
zu hören.
Einige Firmen lassen sich dennoch
nicht abbringen und bieten Coding-Unterricht an. Samsung zum Beispiel lässt
polnische Schulkinder unterrichten, stattet deutsche Schulen mit Computerräumen aus und fördert die Lehrerausbildung. Deutsche Pädagogen gingen jedoch
zurückhaltender an das Thema heran,
sagt Frank Bolten, Leiter des Bereichs
Corporate Citizenship bei Samsung. „Ich
würde mir bei der Digitalisierung der
Wirtschaft die vierfache Geschwindigkeit
wünschen“, sagt er. Dafür braucht es jedoch auch digitalere Schulen.
Großbritannien scheint an dieser Stelle schon etwas weiter zu sein. Del Pozos
Schüler haben eine Version des ScratchProgramms auf ihrem Heimrechner, sie
müssen auch zu Hause Programmieraufgaben lösen. Am Ende der Stunde verteilt die Lehrerin kleine digitale Noten.
Sie lässt dafür die Klasse abstimmen,
wer in diesen anderthalb Stunden besonders gut mitgearbeitet hat. Hinter jeden Namen trägt die Lehrerin online ein
Symbol ein, die Eltern können mit einer
Smartphone-App auf diese Daten zugreifen und sehen so, wie ihr Kind heute abgeschnitten hat. „Damit sind auch die
Eltern viel eingebundener“, sagt Schulleiter Scarborough.
Inzwischen ist es kurz vor drei am
Nachmittag. Die Schule ist für heute vorbei. Die Kinder ziehen ihre Jacken an,
drängen nach draußen. Dort warten
schon ihre Eltern – so wie früher, als es
noch keine Apps und keinen Programmierunterricht gab.
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Private staatlich anerkannte Hochschule
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HOSPITANZ
Quereinstieg als Lehrer
sollte keine Notlösung sein
Mathe, Naturwissenschaften und Informatik: In diesen Fächern herrscht vielerorts Lehrermangel. Quereinsteiger sind
daher in vielen Bundesländern gesucht,
sagte Ilka Hoffmann. Sie ist Leiterin des
Vorstands Schule in der Gewerkschaft
Erziehung und Wissenschaft (GEW).
Doch die Entscheidung, Lehrer zu werden, sollte nie aus der Not heraus getroffen werden. Dafür sei der Lehrerberuf zu fordernd. Wer sich dafür interessiert, macht am besten vorab eine Hospitanz in der Schule. So merken
Berufstätige am ehesten, ob die Arbeit
mit Kindern ihnen liegt.
AUSBILDUNG
Bei Lehrlingen ist
die Probezeit ein Muss
Jugendliche sollten sich nicht wundern,
wenn ihr Ausbildungsvertrag eine Klausel enthält, die eine Probezeit vorsieht.
Letztere ist gesetzlich vorgeschrieben,
sagt Fin Mohaupt. Er ist Leiter der Ausbildungsberatung der Handelskammer
Hamburg. Die Probezeit muss bei Lehrlingen mindestens einen Monat und darf
maximal vier Monate dauern. In dieser
Zeit können beide Seiten ohne Angabe
von Gründen kündigen. Das muss
schriftlich geschehen, erläutert Mohaupt. Nicht ausreichend ist, eine Textnachricht oder E-Mail zu schreiben.
Dann ist die Kündigung unwirksam.
JOBCHANCEN
Lehrstellensuche ist im
Süden und Osten einfacher
Jugendliche sollten sich die Lehrstellensuche 2015 nicht zu leicht vorstellen.
Zwar brauchen viele Betriebe händeringend Auszubildende. „Der Mangel an
Bewerbern gilt jedoch nicht für alle
Berufe und Regionen“, sagte Andreas
Pieper vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). So wird es zum Beispiel
in Norddeutschland und NordrheinWestfalen voraussichtlich auch 2015
wieder mehr Bewerber als freie Ausbildungsplätze geben. Besser sind die
Aussichten für Jugendliche etwa in
Brandenburg, Thüringen, Bayern und
Baden-Württemberg.
STUDIENPLATZ
Restplatzbörse
öffnet am 1. März
Die Studienplatzbörse der Hochschulrektorenkonferenz öffnet am 1. März.
Wer noch keinen Studienplatz hat, kann
sich hier informieren, wo und in welchen Fächern noch etwas frei ist. Das
teilt die Hochschulrektorenkonferenz
mit. Das Angebot steht unter freie-studienplaetze.de kostenlos zur Verfügung.
Studierende finden dort freie Plätze in
zulassungsbeschränkten Studiengängen,
die nach dem Vergabeverfahren noch
unbesetzt sind.
WEITERBILDUNG
Neues Infotelefon des
Bildungsministeriums
Wer auf der Suche nach einer Weiterbildung ist, kann ein neues Infotelefon
des Bildungsministeriums nutzen. Es ist
werktags zwischen 10 und 17 Uhr unter
030/20 17 90 90 zu erreichen. Darauf hat
die Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung hingewiesen. Weiterbildungsberater helfen Anrufern etwa dabei,
ihren Fortbildungswunsch zu konkretisieren. Die Beratung ist kostenlos –
Nutzer zahlen die Festnetzgebühr.
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