Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Hilbert Meyer: Was ist eine guter Lehrerin/ein guter Lehrer? DIDACTA 2014 Punkt 3: Tandemgespräch: „Meine persönliche Theorie einer guten Lehrperson“ 1.) Was halten Sie persönlich für ein Merkmal einer sehr guten Lehrperson? Und was für ein Kennzeichen einer fatal schlechten? 2.) Was müsste sich an Ihrer Schule ändern, damit Sie Ihr Potenzial für gute Berufsarbeit besser entfalten können? Frage für die MEINUNGSLINIE: Wie hoch ist nach Ihrer Einschätzung der durchschnittliche Anteil der Lehrperson am unterrichtlichen Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler? Gründe für den Hattie-Hype im deutschsprachigen Raum: (1) Komplexitätsreduktion: Hatties Wirkungsanalysen schaffen einen guten Überblick und eine Fokussierung auf Kernbotschaften. (2) Einfache Antworten auf komplexe Fragen – aber nur beim selektiven Lesen! (3) Emotionale Bestärkung – (fast) jeder findet, was er sucht. (4) Aufbau einer Droh-Kulisse: Man kann reformwillige KollegInnen mit dem Hinweis auf einen falsch verstandenen Hattie bremsen! Hatties Daumenregel zur Bewertung von Effektstärken: d = 0.00 bis 0.19 ein sehr kleiner Effekt – forget it! d = 0.20 bis 0.39 ein kleiner Effekt d = 0.40 bis 0.59 ein aussagekräftiger Effekt d = 0.60 und größer ein starker Effekt d = 1.00 und größer ein sehr starker Effekt Tabelle 1: Oberflächen-Merkmale erfolgreichen Unterrichts (aus: Hattie 2012, pp. 251-254) Direkte Instruktion Kooperatives statt konkurrenzorientiertem Lernen d = 0.59 d = 0.54 Konsequente Klassenführung (classroom management) d = 0.52 Einfluss des Elternhauses (home environment) Kleingruppenarbeit „ability grouping“ – leistungshomogene Differenzierung d = 0.52 d = 0.49 d = 0.30 Effekte der Inklusion für die inkludierten Schüler Individualisierender Unterricht Klassengröße Lernen in jahrgangsgemischten Klassen d = 0.28 d = 0.22 d = 0.21 d = 0.04 Tabelle 2: Tiefenstruktur-Merkmale erfolgreichen Lehrens und Lernens (Hattie 2012, pp. 251-254) Glaubwürdigkeit des Lehrers/der Lehrerin bei den Schülern „formative assessment“ (im Unterrichtsprozess gegebene Rückmeldungen an die Schüler) Schülerdiskussionen im Unterricht Klarheit und Verständlichkeit der Lehrersprache Regelmäßiges Schüler-Feedback Reziprokes Lernen (die Schüler helfen sich gegenseitig beim Lernen) Positive Lehrer-Schüler-Beziehung (lernförderliches Klima) „meta-cognitive strategies“ (Metaunterricht - gemeinsames Nachdenken von Schülern und Lehrperson über den Lernprozess) Herausfordernde (an der oberen Kante des Leistungsvermögens angesiedelter) Ziele Peer-tutoring (gegenseitiges Helfen der Schüler) Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Schüler (self-concept) Erwartungshaltung der Lehrperson d = 0.90 d = 0.90 d = 0.82 d = 0.75 d = 0.75 d = 0.74 d = 0.72 d = 0.69 d = 0.56 d = 0.55 d = 0.47 d = 0.43 -1- Zehn Merkmale einer guten Lehrperson 1.) Eine gute Lehrperson versteht es, ein Arbeitsbündnis mit ihren Schülerinnen und Schülern herzustellen. 2.) Sie beherrscht ihr didaktischmethodisches Handwerkszeugs. 3.) Sie verknüpft ein vertieftes fachwissenschaftliches Wissen mit hoher fachdidaktischer Kompetenz. 4.) Sie versucht, im Klassenzimmer eine demokratische Unterrichtskultur zu entwickeln. Technical College, Alavanyo – Ghana Oktober 2013 -1- Merkmale 8 – 10: 8.) Die gute Lehrerin arbeitet gern im Team und versteht sich als Mitglied einer professionellen Gemeinschaft. 9.) Sie betreibt Weiterbildung und setzt sich selbst Entwicklungsaufgaben. 10.) Sie entwickelt ein politisches Berufsverständnis (im Sinne Klafkis). -1- Stefania Wilczynska, die vergessene Mitarbeiterin von Janusz Korczak, schrieb: "Wenn Du die Kinder erziehen willst, musst Du dein eigenes Leben reich gestalten. Lies, gehe ins Theater, liebe die Natur, versuche dich selbst zu fühlen, soweit und so viel Du nur kannst. Alles, was in dir selbst geschieht, was in dir selbst lebendig werden kann, kommt schließlich der Pädagogik zugute."
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