Tutorium 13 - Lucas Kunz

HM II Tutorium 13
Lucas Kunz
20. Juli 2016
Inhaltsverzeichnis
1 Theorie
1.1 Singularitäten . . . . . . . . . . . .
1.2 Laurentreihen . . . . . . . . . . . .
1.3 Residuensatz . . . . . . . . . . . .
1.4 Gebietstreue und Maximumsprinzip
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2
2
2
3
3
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3
3
4
4
5
3 Aufgaben
3.1 Aufgabe 76 a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
5
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2 Theorie über das Tutorium hinaus
2.1 Wege um Singularitäten . . . . . . .
2.2 Riemann’scher Hebbarkeitssatz . . .
2.3 Argument, Wurzel und Logarithmus .
2.4 Harmonische Funktionen . . . . . . .
1
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1
Theorie
1.1
Singularitäten
Ist G ein Gebiet, z0 ∈ G und f ∈ H(G \ {z0 }), dann heißt z0 eine isolierte Singularität
von f . Diese unterteilt man in 3 Kategorien:
• Falls eine Funktion g ∈ H(G) existiert, die auf G \ {z0 } mit f übereinstimmt, dann
heißt z0 eine hebbare Singularität (HS).
• Gilt |f (z)| → ∞ für z → z0 , dann heißt z0 ein Pol von f .
• Falls diese beiden Begriffe nicht anwendbar sind nennt man z0 eine wesentliche
Singularität der Funktion f .
Pole haben dabei die spezielle Eigenschaft, dass man ihnen eine natürliche Zahl m ∈ N
zuordnen kann, welche man als Ordnung des Pols bezeichnet. Dies ist die einzige Zahl
für die gilt, dass lim (z − z0 ) · f (z) in C existiert und ungleich 0 ist.
z→z0
1.2
Laurentreihen
Ist (an )n∈Z eine Folge in C, dann heißt eine Reihe der Form
∞
X
n
an (z − z0 ) =
n=−∞
∞
X
|n=0
n
∞
X
}
|n=1
an (z − z0 ) +
{z
Nebenteil
a−n
(z − z0 )n
{z
}
(1.1)
Hauptteil
eine Laurentreihe um z0 . Die einzelnen Folgenglieder lassen sich in Abhängigkeit der
Funktion berechnen, welche durch die Reihe dargestellt wird (ähnlich zu Taylorreihen).
Ist G ein Gebiet, z0 ∈ G und f ∈ H(G \ {z0 }) , dann existiert eine eindeutig bestimmte
Folge an Koeffizienten (an )n∈Z ∈ C mit
f (z) =
∞
X
an (z − z0 )n ∀z ∈ U̇R (z0 ) ∩ G.
(1.2)
n=−∞
Die Koeffizienten nehmen dabei in Abhängigkeit von der Art der Singularität unterschiedliche Werte an. Grundsätzlich gilt:
• Ist z0 eine hebbare Singularität (HS), dann sind a−n = 0 ∀n ∈ N.
• Ist z0 ein Pol der Ordnung m, dann ist a−m 6= 0 und a−n = 0 ∀n > m.
• Ist z0 eine wesentliche Singularität, dann sind unendlich viele der a−n von 0 verschieden.
Den Koeffizienten a−1 (f, z0 ) bezeichnet man als Residuum der Funktion f an der Stelle
z0 (res(f, z0 )). Um dessen besondere Eigenschaft einzusehen sei an Kapitel 2.1 erinnert.
Das Wegintegral einer Funktion f (z) über den Weg γ(t) = z0 + r · eit ergibt sich als
Z
Z X
Z
∞
∞
X
n
f (z) dz =
an (z − z0 ) dz =
an (z − z0 )n dz = a−1 · 2πi.
γ
γ n=−∞
n=−∞
γ
In analoger Weise lassen sich auch Wegintegrale über beliebige geschlossene Wege berechnen, auch wenn im Inneren der Kurve (Int(γ)) mehrere Singularitäten liegen.
2
1.3
Residuensatz
Die eben angedeutete Verallgemeinerung geschlossener Wegintegrale auf beliebige Kurven
findet in diesem Satz ihren Ausdruck. Es sei G erneut ein Gebiet und f sei holomorph
auf G bis auf die Stellen z1 , ..., zn ∈ G, in denen es Singularitäten besitzt. Weiterhin sei γ
eine Kurve in G \ {z1 , ..., zn } wobei z1 , ..., zn ∈ Int(γ). Dann gilt:
Z
n
X
1
f (z) dz =
res(f, zj ).
(1.3)
2πi γ
j=1
Das Integral über die Kurve γ hat also nur durch die Singularitäten Beiträge, welche sich
durch die Residuen berechnen lassen. Da diese wiederum bekanntlich a−1 der zugehörigen
Laurentreihe entsprechen lassen sie für Pole z0 von Grad 1 sich berechnen als
res(f, z0 ) = lim (z − z0 ) · f (z).
z→z0
(1.4)
Bei einem höheren Grad m nutzt man hingegen die allgemeinere Formel
res(f, z0 ) =
1
lim ((z − z0 ) · f (z))(m−1) ,
(m − 1)! z→z0
(1.5)
was im Falle m = 1 wieder die Darstellung aus Gleichung 1.4 ergibt. Es ist zu beachten,
dass die Ableitung durchgeführt werden muss, bevor man den Grenzwert betrachtet.
1.4
Gebietstreue und Maximumsprinzip
Ist G ein Gebiet und die Funktion g ∈ H(G) nicht konstant, dann gelten zwei Dinge:
• g(G) ist ein Gebiet.
• |g| hat auf G kein lokales Maximum.
Ist G wie beschrieben ein Gebiet, dann ist G = G ∪ ∂G abgeschlossen. Ist G weiterhin
beschränkt, dann ist G sogar kompakt und der Betrag einer Funktion g ∈ H(G) muss in
G ein Maximum annehmen. Da dieses offenbar nicht in G selbst liegen kann, muss es sich
auf dem Rand ∂G befinden. Weiterhin gilt, dass in {z ∈ G|g(z) 6= 0} eine Funktion f = g1
definiert werden kann und das Minimum von |g| dort liegt, wo |f | sein Maximum hat. Die
Minima von |g| liegen also auch auf dem Rand ∂G, sofern g in G keine Nullstellen besitzt.
2
2.1
Theorie über das Tutorium hinaus
Wege um Singularitäten
Aus der einfachen Analysis im R kennt man bereit Beispiele von Funktionen, die an
einigen Stellen nicht auswertbar bzw. nicht definiert sind. Derartiges gibt es im Komplexen
natürlich auch. Im Folgenden sein z0 ∈ C, r > 0 und die Kurve γ(t) := z0 + r · eit definiert
auf t ∈ [0, 2π]. γ ist dementsprechend stetig differenzierbar und einfach geschlossen, sodass
man einfach ein Wegintegral darüber definieren kann. Hierzu sei f (z) = (z−z0 )n mit einem
n ∈ Z, dann gilt:
Z 2π
Z
Z 2π
it
n+1
it n
ei (n+1) t dt.
(2.1)
f (z) dz =
(r · e ) · i r · e dt = i r
|
{z
}
|
{z
}
γ
0
0
=f (γ(t))
=γ 0 (t)
3
An dieser Stelle bedarf es nun einer Fallunterscheidung. Zunächst betrachtet man den
einfachen Fall n = −1:
Z 2π
Z
n=−1
0
f (z) dz = i r
e0 dt = 2πi.
(2.2)
γ
0
Für alle anderen möglichen ganzzahligen Werte des Parameters n ergibt sich
2π
Z
1
n6=−1
n+1
i (n+1) t
f (z) dz = i r
=0
e
i (n + 1)
γ
t=0
(2.3)
wegen der 2π-Periodizität der komplexen Exponentialfunktion.
2.2
Riemann’scher Hebbarkeitssatz
Sei wie eben G ein Gebiet, z0 ∈ G und f ∈ H(G\{z0 }). Weiterhin definiert man U̇R (z0 ) :=
UR (z0 ) \ {z0 }. Mit diesen Voraussetzungen sind die folgenden Aussagen äquivalent:
• f hat in z0 eine hebbare Singularität (HS).
• ∃r > 0 : Ur (z0 ) ⊆ G und f ist auf U̇R (z0 ) beschränkt.
• lim f (z) existiert in C.
z→z0
2.3
Argument, Wurzel und Logarithmus
Sei ω ∈ C \ {0}, dann lass es sich darstellen als ω = |ω| · eiϕ mit dem Betrag |ω| und
dem Argument ϕ. Hierbei können für ϕ unendlich viele passende Werte gefunden werden, weil die Exponentialfunktion im komplexen 2π-periodisch ist. Man bezeichnet daher
ϕ ∈ (−π, π] als den Hauptwert des Arguments oder kurz als Arg(ω) und verwendet
üblicherweise diesen Wert zur Darstellung von ω. In dieser Schreibweise der komplexen
Zahl ω lassen sich nun Wurzeln und Logarithmen ähnlich du denen im R definieren.
Sei z n = ω, dann ist z die n-te Wurzel aus ω. Diese ist definiert als
p
Arg(ω)+2kπ
n
, k ∈ {0, 1, . . . , n − 1}.
zk := n |ω| · ei
(2.4)
Für die n-te Wurzel einer komplexen Zahl erhält man also immer n verschiedene Werte.
Dass diese Definition sinnvoll ist merkt man, wenn man sie mit n potenziert. Dann folgt
2ikπ
zkn = |ω| · ei Arg(ω) · e|{z}
= ω ∀k ∈ N0 .
(2.5)
=1
Da sich allerdings für k = n das selbe z ergibt wie für k = 0 (und analog auch für n+1 und
1 etc.) schränkt man k wie beschrieben auf k ∈ {0, 1, . . . , n − 1} ein, um nicht mehrfach
die selbe Zahl z als Wurzel zu deklarieren. Anschaulich liegen alle Wurzeln der Zahl ω in
der komplexen Zahlenebene auf einem Kreis mit Radius |ω| und haben voneinander den
Winkelabstand 2π
, sodass sich ein gewissermaßen rotationssymmetrisches Muster ergibt.
n
Sei ez = ω, dann heißt z ein Logarithmus von ω. Dieser ist definiert als
z = ln(|ω|) + i Arg(ω) + 2ikπ , k ∈ Z.
4
(2.6)
Auch hier wird die Sinnhaftigkeit dieser Definition schnell durch Nachrechnen klar:
ez = eln(|ω|) · ei Arg(ω) · e2ikπ = |ω| · ei Arg(ω) · 1 = ω.
(2.7)
In diesem Fall ist eine Einschränkung des Parameters k nicht möglich, da sich für jedes
neue k auch tatsächlich ein neues z ergibt. Geometrisch gesprochen liegen alle Logarithmen
von ω auf einer Geraden in der komplexen Zahlenebene, die parallel zur komplexen Achse
bei Realteil ln(ω) verläuft. Der Abstand benachbarter Punkte beträgt 2π.
2.4
Harmonische Funktionen
Ist G ⊆ C erneut ein Gebiet, z = x + iy und u ∈ C 2 (G, R), dann heißt u harmonisch,
wenn ∆u = ∂x2 u + ∂y2 u = 0 auf G. Ist g ∈ G(H) und es seien u := <(g) und v := =(g),
dann sind u und v harmonisch auf G (dies folgt direkt aus der Erfüllung der CRD).
Umgekehrt gilt für einfach zusammenhängende Gebiete G, dass zu jeder harmonischen
Funktion u : G → R eine Funktion g ∈ H(G) existiert mit u = <(g).
3
Aufgaben
Die Musterlösungen der Tutoriumsaufgaben 74, 76 und 78 finden sich nach Ablauf der
zugehörigen Semesterwoche auf der Internetseite der Vorlesung unter http://www.math.
kit.edu/iana3/lehre/hm2phys2016s/. Insbesondere zu Aufgabe 76 ist allerdings eine
kürzere und auch etwas einfachere Herangehensweise möglich.
3.1
Aufgabe 76 a
Gegeben war eine rationale Funktion R, welche sich als Quotient zweier Polynome P und
P
. Weiterhin existiert eine Funktion f , welche definiert ist als
Q ergibt, also R = Q
1
1
1
1
1
f (z) = · R
· z+
, · z−
.
(3.1)
z
2
z
2i
z
Man erkennt in den beiden Komponenten der Funktion R Terme, die sehr ähnlich zur
komplexen Darstellung von Sinus und Cosinus sind. Um diese Ähnlichkeit nutzen zu
können wählen wir z = eit und werten f an dieser Stelle aus. Es ergibt sich
1
1
it
−it
it
−it
it
−it
· e +e
, · e −e
= e−it · R (cos(t), sin(t)) .
(3.2)
f (e ) = e · R
2
2i
Entsprechend lässt sich das in der Aufgabe zu berechnende Integral darstellen als
Z 2π
Z 2π
Z
1
it
it
R (cos(t), sin(t)) dt =
f (e ) · e dt =
f (z) dz
i γ
0
0
(3.3)
entlang des Weges γ(t) = eit , denn f (γ(t)) · γ 0 (t) = f (eit ) · i eit . Da γ eine geschlossene
Kurve ist lässt sich auf das Kurvenintegral ganz rechts der Residuensatz anwenden:
Z
Z 2π
n
n
X
X
f (z) dz = 2πi ·
res(f, zk ) ⇒
R (cos(t), sin(t)) dt = 2π ·
res(f, zk ) (3.4)
γ
k=1
0
k=1
mit den insgesamt n Polstellen von f im inneren der Kurve γ, also in U1 (0).
5