Psychologie und Denk-Muster für EntwicklungsBegleitung Richtungen der EntwicklungsBegleitung im Zusammenhang Systemdynamisch-dialektisches Denken für Entwicklungs-Begleitung Psychologie der EntwicklungsBegleitung Richtungen der Entwicklungs-Begleitung im Zusammenhang (REB) Haupt-Psychotherapie-Richtungen Richtlinien-Verfahren oder nicht? Tiefenpsychologische Verfahren Verhaltenstherapeutische Verfahren Humanistische Verfahren Systemische Verfahren Akzente der Entwicklungs-Begleitung Matrix der Aufmerksamkeits-Bereiche Haupt-Psychotherapie-Richtungen Tiefenpsychologische Verfahren (TP) IchPsychologie (A. Freud, Hartmann, Ferenczi) ObjektBeziehungsTheorie (Klein, Winnicott) SelbstPsychologie (Kohut) BindungsTheorie (Bowlby, Ainsworth) intersubjektive und relationale Psychologie (Bauriedl u. a.) PsychopharmakoTherapie IndividualPsychologie (IP) (Adler) Paar Integrative Psychotherapie (Petzold) Gruppe Team Organisation Logotherapie und Existenz-Analyse (Frankl) psychologische Psychotherapie (Grawe) Transaktions-Analyse (Berne) Rational-emotive Verhaltens-Therapie (REVT) (Ellis) Körper-Psychotherapie (Reich, Gindler) Psychodrama (Moreno) und szenischdialogisches Vorgehen Kognitive Therapie (Beck) Verhaltenstherapeutische Verfahren (VT) Familie Interpersonelle, systemische Therapie Psychodynamische Psychotherapien (PP) (S. Freud) Analytische Psychologie (AP) (Jung) REB Dialektischbehaviourale Therapie (Lineham) SchemaTherapie (Young) Personenzentrierte GesprächsTherapie (Rogers) EFT (Greenberg) GestaltTherapie (Perls) Humanistische Psychotherapie (HP) Richtlinien-Verfahren oder nicht? Es werden vier psychotherapeutische Verfahrens-Familien unterschieden: 1. tiefenpsychologsche Verfahren 2. Verfahren der Verhaltens-Therapie 3. Verfahren der systemischen Therapie 4. Verfahren der humanistischen Therapie In Deutschland sind die beiden ersten Verfahrens-Familien als Richtlinien-Verfahren anerkannt. Psychotherapie nach diesen Verfahren wird von der Krankenkasse erstattet, wenn der Psychotherapeut oder die Psychotherapeutin eine Kassen-Zulassung oder Geleichwertiges vorzuweisen hat und beim Patienten eine behandlungswürdige psychische Störung entsprechend einem vorgegebenen Diagnose-Katalog (ICD 10 gegenwärtig) nachgewiesen werden kann. REB G Tiefenpsychologische (TP) Verfahren Tiefen-Psychologie Psychodynamische Psychotherapie Analytische Psychotherapie Individualpsychologie Ich-Psychologie Selbst-Psychologie Objekt-Beziehungs-Theorie Bindungs-Theorie REB Tiefen-Psychologie TP Die tiefenpsychologischen Verfahren werden so genannt, weil in ihnen das Unbewusste, unsere seelische Tiefe als Wirk-Instanz der Psyche anerkannt wird und Methoden zur Aufdeckung unbewusster Persönlichkeits-Anteile verwendet werden wie Traum-Deutung, freies Assoziieren, Umgang mit Versprechern und Deutung von Symbolen. Als Ausgangs-Form gilt die Psychoanalyse Sigmund Freuds, die zu den Psychodynamischen Psychotherapien (PP) gerechnet wird. Als interne Weiterentwicklungen der Psychoanalyse sind anzusehen die Ich-Psychologie (Anna Freud, Heinz Hartmann, Sandor Ferenczi) die Selbst-Psychologie (Heinz Kohut) die (Objekt-) Beziehungs-Theorie (Melanie Klein, Winnicott) und daraus abgeleitet die Bindungs-Theorie (Bowlby, Robertson, Ainsworth), die sich von der Psychoanalyse entfernt und Elemente der Kognitiven Therapie (Beck) und der systemischen Therapie in sich aufgenommen hat. die intersubjektive und Relationale Psychologie (Bauriedl u.a.) Abtrünnige Tiefen-Psychologen sind C. G. Jung mit seiner Analytischen Psychologie (AP) und A. Adler mit seiner Individual-Psychologie (IP). G Psychodynamische Psychotherapie (PP) Grundannahme 1 Grundannahme 2 Methoden Techniken 1 Techniken 2 Techniken 3 TP Grundannahmen 1 Eine zentrale theoretische Grundannahme der psychodynamischen Psychotherapie ist, dass das menschliche Denken, Handeln und Fühlen durch unbewusste Prozesse entscheidend beeinflusst wird. unbewusste Prozesse Denken Psyche Fühlen bewusste Prozesse PP Handeln Das psychodynamische Unbewusste wird insbesondere durch frühkindliche und kindliche Beziehungs-Erfahrungen geprägt. Diese wesentlichen Beziehungs-Erfahrungen führen zu verinnerlichten und persönlichkeitstypischen Verhaltens- und Erlebens-Mustern mit konflikthaften motivationalen Themen (Konflikte entstehen, wenn gleichzeitig zwei sich widersprechende Strebungen von vitaler Bedeutung aktiv sind) individuellem Aufbau bzw. individueller Verfügbarkeit struktureller psychischer Funktionen lebensgeschichtlich verankerten innerpsychischen Regulierungs-Prozessen. Grundannahmen 2 Es werden die Ursachen eines auffälligen Verhaltens erforscht. Über die Anfälligkeit für psychische Erkrankungen entscheiden sowohl der Umgang mit allgemeinen Lebens-Themen wie persönliche Autonomie Kontrollierbarkeit sozialer Beziehungen Angewiesensein auf soziales Eingebundensein, Regulierung des Selbst-Wertes, Anerkennung und Geltung in der geschlechtlichen Identität als auch die Art der traumatischen Erfahrungen. Weitere Krankheits-Ursache kann nach psychoanalytischer Persönlichkeits-Theorie die mangelnde Verfügbarkeit über basale psychische (strukturelle) Funktionen sein, wie z. B. Fähigkeit zur Selbst- und Objekt-Wahrnehmung, Fähigkeit zur Steuerung von Impulsen, Toleranz von Ambiguität. Die mangelnde Verfügbarkeit kann Folge sein früher bzw. anhaltender deprivierender und /oder traumatisierender LebensUmstände von Entwicklungs-Defiziten von biologischen Faktoren. PP Methoden Psychoanalyse Psychoanalytisch-interaktionelle Psychotherapie Psychodynamische Fokaltherapie Psychodynamische Kurztherapie Supportive Psychotherapie Supportiv-expressive Psychotherapie (SET) Übertragungsfokussierte Psychotherapie panikfokussierte psychodynamische Psychotherapie Mentalisation Based Treatment Dynamic Deconstructive Psychotherapy PP Cognitive analytic therapie (CAT) nach Toni Ryle Psychodynamisch imaginative TraumaTherapie Intensive psychodynamische KurzzeitTherapie Mehrdimensionale psychodynamische Trauma-Therapie Körperintegrierende tiefenpsychologische Psychotherapie Katathym-imaginative Methoden (z. B. katathym-imaginative Psychotherapie) Dynamische Psychotherapie Strukturbezogene Psychotherapie der Persönlichkeits-Störung Niederfrequente Therapie in einer längerfristigen, Halt gewährenden therapeutischen Beziehung Conversational Model nach Hobson und Meares Kognitiv-psychodynamische Psychotherapie nach M. Horrowitz Niederfrequente Langzeit-Psychoanalyse nach S. O. Hoffmann Techniken1 PP 1. ein vorwiegend konfliktzentriertes Vorgehen mit Fokussierung der zentralen inneren Konflikte 2. gezielte Bearbeitung struktureller Defizite 3. Nutzung erlebnisaktivierender Techniken zur Förderung der Bearbeitung der fokussierten Konfliktthematik und/oder der strukturellen Defizite 4. Das therapeutische Beziehungs-Angebot kann je nach Indikation und Therapie-Ziel variiert werden von aktiv-anleitend und unterstützend bis passiv-übertragungsfördernd 5. Systematische Gestaltung und Nutzung der therapeutischen Beziehung auch über multimodale Techniken (Körper-Erleben, Imagination, Gestaltungen); 6. Anregung und Nutzung von Inszenierungen, eingebettet in ein psychodynamische Gesamtkonzept (Rollen-Spiele) 7. Variation des Beziehungs-Angebots: Durch Steuerung des Beziehungs-Angebots wird eine hinreichend veränderungswirksame Bearbeitungs-Tiefe erreicht und aufrechterhalten 8. Nutzung regressiver Prozesse von fokussierter Regressions-Steuerung bis hin zur Förderung und Intensivierung regressiver Prozesse. Zur Förderung regressiver Prozesse kann auch eine höhere Sitzungs-Frequenz bzw. als Setting-Variante das Liegen verwendet werden 9. Techniken der freien Assoziation (Alles erzählen, was in den Sinn kommt (inkl. Meinungen und Kritik zum Therapeuten), egal ob passend oder unpassend, und Deutung von Träumen und Fehlleistungen (um unbewusste Anteile ins Bewusstsein zu holen) – dabei Einhaltung der Abstinenz-Regel durch Therapeuten (nicht urteilen) Techniken 2 PP 10. Analyse (Deutung) der Übertragungs-Reaktionen (Bearbeitung überwiegend kindlicher Konflikte mit Hilfe der Übertragung Übertragungs-Neurose: Teile der infantil bedingten Neurose werden auf den Therapeuten projiziert) und Gegenübertragungs-Reaktionen (Gefühle, die beim Therapeuten durch Klient ausgelöst werden) in der Patient-Therapeut-Beziehung sowie der aktuellen realen Beziehung des Patienten 11. Sorgfältige Beobachtung und systematische Handhabung der Therapeut-PatientInteraktion durch Nutzung des Übertragungs- und Gegenübertragungsgeschehens und von Abwehr und Widerstand bei reflektierender Berücksichtigung des eigenen Anteils des Therapeuten 12. Fokussierte Übertragungs- und Widerstands-Analyse mit einer Arbeit „in und mit“ der Übertragung vorwiegend im „Hier und Jetzt“ 13. Analyse (Deutung) von Abwehr und Widerstand (Widerstände sind Bestrebungen des Patienten, die er dem Fortschreiten der Therapie entgegenstellt. Sie können sich äußern im Zuspätkommen, dringenden unerwarteten Erledigungen, Schweigen bei der Aufforderung zum Assoziieren, unentschuldigten Fernblieben von der Therapie) 14. Flexibler, reflektierter Umgang mit therapeutischer Neutralität unter strikter Wahrung der Abstinenz 15. Der Zugang zu psychodynamischen Prozessen erfolgt auf sehr unterschiedlichen Wegen. Neben den verbalen Kommunikations-Formen, der Technik der „Freien Assoziation“ und den Inszenierungen werden z. B. auch kreative und körperintegrierende Interventionen eingesetzt. Techniken 3 PP 16. Entwicklungsfördernde, Ressourcen mobilisierende und handlungsaktivierende Interventionen (besonders bei Patienten mit strukturellen Störungen und EntwicklungsDefiziten) 17. Selbst-Beobachtung 18. Nutzung von Selbst-Verbalisierungen zur Emotions- und Handlungs-Steuerung 19. Fokussierung der Emotions-Regulation und Emotions-Steuerung 20. Entspannungs-Techniken einschließlich progressiver Muskel-Relaxation, autogenem Training, Atem-Training 21. Psycho-Edukation 22. Achtsamkeits-Übungen 23. Katharsis, d. h. emotionales Nacherleben vergangener verdrängter Situationen und deren Auflösung durch nochmaliges Anschauen und Hineingehen 24. Einblicke in die eigene Gefühls-Welt - verdrängte Gefühle ans Tages-Licht holen 25. verschüttete Persönlichkeits-Anteile wieder zusammenfügen 26. Verwertung nachprüfbarer Informationen (echt oder Deckerinnerung) 27. Nutzung subjektiver Situations- und Erlebnis-Schilderungen (plus der dabei erlebten Gefühle), 28. Nutzung der Gegenübertragungs-Gefühle des Analytikers (denen man nicht entspricht – Abstinenz-Regel), 29. Zulassen und Einbeziehen der Reaktionen des Patienten auf Probe-Deutungen des Analytikers (Patient akzeptiert oder berichtigt) G Analytische Psychotherapie (AP) Zuordnung Grundannahmen Methodik TP Zuordnung Analytische Psychologie (AP) oder auch Komplexe Psychologie ist eine psychotherapeutische und psychologische Schule, die von Carl Gustav Jung nach dem Bruch mit Sigmund Freud im Jahre 1913 gegründet wurde. Die Analytische Psychologie beschäftigt sich, ähnlich wie die Psychoanalyse, mit den unbewussten Einflüssen auf die Psyche des Menschen. Jung und seine Nachfolger haben insbesondere die symbolischen AusdrucksMöglichkeiten dieses Unbewussten hervorgehoben und versucht, diese psychotherapeutisch zu nutzen. In Deutschland wird sie vertreten durch die Deutsche Gesellschaft für Analytische Psychologie (DGAP), international durch die International Association for Analytical Psychology (IAFAP). Die AP zählt zu den so genannten Einsichts- oder Klärungs-Therapien, die darauf ausgelegt sind, der Rat suchenden Person Einsicht in sein psychisches Leiden zu vermitteln und durch diese Einsicht Veränderungen im Handeln und Erleben zu ermöglichen. Auch wenn der Einsicht dabei eine große Rolle zugeschrieben wird, so kommt doch der im Verlauf der Therapie entstehenden Beziehung sowie deren Analyse eine wichtige Bedeutung zu, um den Prozess der Auseinandersetzung sowohl einzuleiten als auch im Sinne des Patienten voranzutreiben. AP Grundannahmen Eine der Grundannahmen der analytischen Psychologie ist, dass psychische Störungen, ähnlich wie in der Psychoanalyse und der Individualpsychologie, durch einen Konflikt zwischen Erfüllung und Abwehr des Triebes wie bei Sigmund Freud sowie der Überkompensation von Minderwertigkeits-Gefühlen wie bei Alfred Adler entstehen. Somit setzt auch die AP den Beginn einer psychischen Störung hauptsächlich in der Kindheit an. Darüber hinaus kann der Beginn auch in der Mitte des Lebens liegen, wo im Zuge des fortschreitenden Individuations-Prozesses neue Lebens-Ziele zu Konflikten führen. Die AP sieht sich als prospektiv ausgerichtete Therapie, d. h. die Symptome einer psychischen Krankheit sind nicht nur schädliche Warn-Zeichen, sondern enthalten auch ein Streben auf etwas Positives hin. Daraus leiten sich auch die Methoden ab, die zur Heilung einer psychischen Erkrankung führen sollen. AP Methodik Der Therapeut gewährt dem Patienten den Raum und unterstützt ihn durch Traum-Analyse, Auseinandersetzung mit den Phänomenen von Übertragung und Gegenübertragung sowie aktive Imagination, damit verdrängte oder aus anderen Gründen unbewusste Persönlichkeits-Anteile bewusst werden können. Die nachfolgende Auseinandersetzung kann dazu führen, dass die Patienten diese in ihre Gesamtpersönlichkeit integrieren und in der Folge für neue Handlungs- und Erlebens-Möglichkeiten offen werden. Die Beziehung zwischen Patient und Analytiker ist vor allem durch den Passus der Dialektik und der Synthese geprägt. Der Analytiker bezieht den Patienten vermehrt ein und versucht mit ihm eine Beziehung aufzubauen, die eine Begegnung ermöglicht, ohne die Unterschiede in den Realitäten der Beziehung (Patient/Therapeut etc.) zu verleugnen. Dies steht im Gegensatz zu den Methoden der Psychoanalyse, die (in der klassischen Ausprägung) eine distanzierte Beziehung als Ideal der Behandlung ansieht. AP G Individualpsychologie (IP) Begriff Minderwertigkeit und Kompensation Individuum und Gemeinschaft Arbeit, Liebe und Gemeinschaft Erforschung der Persönlichkeit Erziehungs-Lehre Charakter-Kunde Psychopathologie Psychotherapie TP Begriff Als Individualpsychologie wird eine von Alfred Adler begründete Schule der Tiefen-Psychologie bezeichnet. Umgangssprachlich meint der Terminus auch eine Abgrenzung zur Sozial-Psychologie oder Massen-Psychologie. Adler nannte seine Lehre Individual-Psychologie, und meint damit das unteilbare Ganze eines jeden Menschen. Jeder Mensch ist ein „Unteilbares“, ein „Individuum“, Körper und Psyche sind ganzheitlich zu sehen. Die Individual-Psychologie interpretiert den Einzelnen, wie die Sozial-Psychologie, in einer wechselseitigen Abhängigkeit von der Gesellschaft und als Teil sozialer Prozesse. IP Minderwertigkeit und Kompensation Mit seiner frühen Studie über die Minderwertigkeit von Organen (1907) zeigte Adler den Zusammenhang zwischen Organ-Minderwertigkeit und Lebens-Schicksal auf und legte damit die Grundlage für das Verständnis von körperlicher und psychischer Kompensation, Überkompensation und für die spätere Psychosomatik. Das beim menschlichen Säugling aufgrund seiner Hilflosigkeit vorhandene Minderwertigkeits-Gefühl sah Adler als positiven Antrieb für Wachstum und Entwicklung und er führte die Erziehbarkeit des Menschen darauf zurück. Erst negative Faktoren in seiner Entwicklung verändern das positive Minderwertigkeits-Gefühl zu einem entwicklungshemmenden Minderwertigkeits-Komplex. Das überhöhte Geltungs-Streben oder der Wille zur Macht stellt nach Adler bereits eine seelische Überkompensation eines verstärkt erlebten Minderwertigkeits-Gefühls dar und gilt für ihn als seelische Krankheits-Erscheinung. IP Individuum und Gemeinschaft IP Die individualpsychologische Lehre ist von demokratischen Idealen und einem humanistischen Sozialismus inspiriert und begreift den Menschen stets als soziales Lebewesen. Für Adler war der Mensch eingebettet in die Gemeinschaft der Mitmenschen, aus der sowohl die Fragen seines Lebens als auch die heilenden Antworten erwachsen. Die Höhe der Beitrags-Leistung eines Menschen zur allgemeinen Wohlfahrt, die Art wie er seine Lebens-Fragen löst, war für Adler der Grad-Messer für seine psychische Gesundheit. Lebens-Angst und Minderwertigkeits-Gefühl könnten nur durch eine tragfähige zwischenmenschliche Beziehung überwunden werden. Adler sah die menschliche Persönlichkeit als unteilbares Ganzes, die als souveräne und selbstbestimmende Macht, mit einem relativen Maß an Freiheit die LebensUmstände stilvoll verwertet ohne dabei biologisch oder durch ihr Milieu determiniert zu sein. Alle Lebens-Äußerungen haben nicht kausalen, sondern finalen Charakter und sind auf die Zukunft gerichtet. Adler nannte diese unbewusste Ausrichtung (unbewusste Fiktion) auf ein Ziel auch Lebens-Stil, Lebens-Plan, Persönlichkeits-Ideal oder personale Finalität. Kultur, Kunst, Wissenschaft, Philosophie und Menschen-Würde sah er als Produkt des evolutionären Vollkommenheits-Strebens des Menschen. Arbeit, Liebe und Gemeinschaft Das Gemeinschafts-Gefühl bildet den Grundpfeiler der Individualpsychologie, alle übrigen individualpsychologischen Begriffe können nur im Zusammenhang mit ihm verstanden werden. Das Gemeinschafts-Gefühl hat seinen Ursprung in der frühen Beziehung zwischen Mutter und Kind. Es wird in den ersten Lebens-Jahren geprägt und wird zum unbewussten, relativ konstanten Persönlichkeits-Anteil. Gemeinschaft Das Gemeinschafts-Gefühl ist zur Lösung der drei von Adler genannten Lebens-Aufgaben Arbeit – Liebe – Gemeinschaft von zentraler Bedeutung. Im wachsenden Gemeinschafts-Gefühl und mitmenschlicher Verbundenheit sah Adler die Wurzel zur Förderung der Gesamtheit und zur Verhinderung von vom Menschen gemachten Katastrophen. Adlers positives Menschen-Bild kommt im folgenden Zitat zum Ausdruck: „Der Mensch ist von Natur aus nicht böse. Was auch ein Mensch an Verfehlungen begangen haben mag, verführt durch seine irrtümliche Meinung vom Leben, es braucht ihn nicht zu bedrücken; er kann sich ändern. Er ist frei, glücklich zu sein und andere zu erfreuen.“ IP Erforschung der Persönlichkeit Die Aufgabe der psychologischen Wissenschaft ist, dem Menschen den wahren Sinn des Lebens aufzuzeigen, der nach Adler darin liegt, dass der Mensch einen möglichst großen Einklang mit den Mitmenschen und der Umwelt anstrebt. Adlers Bestreben war, die Menschen-Kenntnis lehrbar und zum Allgemeingut zu machen. Er wollte dem Einzelnen aufzeigen, wo er in seiner Beurteilung des Mitmenschen gefehlt hat, weil Irrtümer in der Menschen-Kenntnis oft Ursache für unsägliche Not und Verstrickungen sind. Menschen-Kenntnis sollte nicht nur Theorie, sondern als Instrument der gegenseitigen Hilfe in der Lebens-Praxis werden. Adler ging wie Freud von einer Deutbarkeit der ersten Kindheits-Erinnerungen aus, aber nicht im Sinne der Freud'schen Verdrängungs-Theorie (Deckerinnerungen), sondern abgeleitet aus seinem Begriff der Funktion von Gedächtnis. Nach Adler nimmt das Gedächtnis Eindrücke und Empfindungen subjektiv wahr und verarbeitet sie als Bestätigung des früher gewählten Lebens-Stils. Aus den frühen Kindheits-Erinnerungen soll deshalb der Individualpsychologe Rückschlüsse auf den Lebens-Plan ziehen. Die psychotherapeutische Menschen-Kenntnis der Individualpsychologie soll einerseits auf Intuition beruhen, zum anderen aber durch einen wissenschaftlichen Leitfaden auf der Grundlage einer tiefgründigen Kenntnis über die menschliche Natur abgestützt sein. IP Erziehungs-Lehre Für Adler war die erzieherische Praxis der wertvollste Prüfstein für jede psychologische Theorie. Aufgrund seiner Neurosen-Lehre waren die Bedingungen bekannt, die in der Kindheit seelische Fehlentwicklungen bewirkten und folgerichtig ergaben sich die Grundsätze für die psychische Prophylaxe in der Erziehungs-Arbeit. Die individualpsychologische Erziehung zur Freiheit beinhaltet die planmäßige Förderung von Selbstständigkeit, Mut, Verantwortungs- und GemeinschaftsGefühl. Als Ergebnis seines Studiums des nervösen Charakters führte Adler CharakterZüge und Intelligenz des Menschen auf seine Kindheits- und Jugend-Situation zurück und lehnte deshalb die Annahme einer Vererbung seelischer Eigenart grundsätzlich ab. Die Aufgabe der Erziehung fällt nach Adler in erster Linie der Familie zu. Sie bietet das beste Milieu, in dem sich ein werdender Mensch entfalten kann. Eine wichtige Entdeckung Adlers ist der Einfluss der Stellung in der GeschwisterReihe auf die spätere seelische Entwicklung. Adler erkennt in der traditionellen Erziehung vor allem zwei Fehlhaltungen – die Verwöhnung und die Härte und Strenge –, die zur Quelle psychischer Fehlentwicklungen werden. Der Erwachsene sollte Freund und Förderer des Heranwachsenden sein. Fehlhaltungen müssen als Irrtümer, nicht als böser Wille aufgefasst werden. IP Charakter-Kunde Die Adlersche Charakter-Lehre ist bemüht, den Charakter als Grundlage aller seelischen Reaktionen zu verstehen. GeltungsStreben Die Charakter-Züge sind für den Menschen Leitlinien, auf denen er sich im Leben mit einem Gemisch von GeltungsStreben und Gemeinschafts-Gefühl vorwärts bewegt. CharakterZüge Adler hat das Phänomen des nervösen Charakters erstmals grundsätzlich beleuchtet und ihm ein ganzes Buch (Der nervöse Charakter 1912) gewidmet. GemeinschaftsGefühl Das Minderwertigkeits-Gefühl findet sich im nervösen Charakter in verschärfter Weise, als MinderwertigkeitsKomplex und führt zu Charakter-Ausprägungen wie Ehrgeiz und Überempfindlichkeit. Bei dieser Entwicklung wird das Gemeinschafts-Gefühl zu wenig ausgebildet, was sich in einer Vorsicht, einer zögernden Attitüde gegenüber den Mitmenschen äußert. Adler beschreibt den nervösen Charakter als Übergang zwischen Normal- und Neurosen-Psychologie. IP Psychopathologie In seiner Neurosen-Lehre beschreibt Adler die Neurose als eine Weiterführung des nervösen Charakters unter verschlechterten psychischen Bedingungen, wobei die neurotischen Symptome immer im Rahmen der Gesamtpersönlichkeit verstanden werden. Für Adler manifestiert sich in der Neurose eine durch missliche KindheitsEinflüsse (Verzärtelung usw.) entstandene Lebens-Angst und Pessimismus. Adler vertrat den Gesichtspunkt von der Einheit von Neurose und Psychose, welche beide eine irrtümliche Antwort auf die Anforderungen des Lebens darstellen. So wie Adler in der Neurose eine übersteigerte Form der Normalpsyche sah, war für ihn die Psychose eine verschärfte Neurose. Deshalb war aus seiner Sicht die Psychose auch für die psychologische Analyse zugänglich und er konnte von Fällen berichten, deren Heilung ihm gelang. IP Psychotherapie Adler und seine Schüler leiteten aus der Neurosenlehre eine ErziehungsProphylaxe ab, die bald als psychologischen Pädagogik und KinderPsychotherapie weit herum bekannt wurde. 1913 zeigten Adler und seine Schüler in Heilen und Bilden die Entwicklung der Individualpsychologie in der Erziehungsarbeit auf. Nach dem Ersten Weltkrieg richtete Adler im Rahmen der Wiener Schul-Reform dreißig Erziehungs-Beratungs-Stellen, die Vorläufer der child guidance clinics, ein. Die Adler'sche Psychotherapie zeichnete sich durch eine aktive Wechselwirkung in der Form eines psychologischen Gesprächs zwischen Therapeut und Patient aus. Die Verantwortung für seine Heilung trug der Beratene, als Resultat seiner Bemühungen und seiner inneren Wandlung. Adler entwickelte schon in der Zwischenkriegs-Zeit die ersten GruppenTherapien, in dem er Erziehungs-Beratung und Eltern-Schulung in Gruppen durchführte. Die Gruppe sollte den nervösen Menschen aus seiner Isolierung befreien und ihm ein Gemeinschafts-Erlebnis vermitteln. IP G Ich-Psychologie (Ich) Zur Idee des Ichs 1 Zur Idee des Ichs 2 Grafik zum Ich Das Ich und die Abwehr-Mechanismen Abwehr-Mechanismen Ich-Funktionen Ich-Funktionen nach Hartmann Ich-Funktionen nach Bellak und Meyers TP Zur Idee des Ichs 1 Ich Die Ich-Psychologie ist eine psychologische Theorie. Sie ergänzt die klassische Psychoanalyse um Aspekte der IchEntwicklung, der Abwehrmechanismen sowie der Funktionen des Ichs. Anforderungen der Realität (RealitätsPrinzip) Ich als Mittler (KompromissBildung) Triebe Eros Thanatos Als Begründer der Ich-Psychologie werden häufig Anna Freud (Das Ich und die Abwehrmechanismen, 1936) und insbesondere Heinz Hartmann (Ich-Psychologie und Anpassungsproblem, 1939) genannt. Aber schon Sigmund Freud hat einige Aspekte der Ich-Psychologie vorweggenommen. Sigmund Freud entwickelte die Trieb-Theorie, die Triebe letztlich als die bestimmenden Kräfte in der Psyche ansah. Seine Konflikt-Theorie beschreibt ursprünglich die Entstehung von psychischen Störungen durch das gegensätzliche Wirken von Trieben und Anforderungen der Realität (Realitäts-Prinzip), welche das Ich auszugleichen habe. Hierbei nehme das Ich lediglich den Raum eines Mittlers zwischen Trieb-Forderungen und Realität ein. Eine Psychopathologie entstehe, wenn eine Kompromiss-Bildung zwischen den Anforderungen des Antriebs und dessen Abwehr misslinge. Der Kompromiss zeige sich als Symptom Zur Idee des Ichs 2 Ich Alfred Adler hatte in seinem Hauptwerk Über den nervösen Charakter, erschienen 1912 kurz nach der Trennung von Freud, den Weg in Richtung einer Ich-Psychologie eingeschlagen. Adlers Ich ist nicht hilflos zwischen Trieben und Gewissen eingeklemmt, sondern ein scheinbar selbständiger, mit einem Willen ausgestatteter Akteur. Für Adler ist das Ich die ganze Psychologie – ohne weitere innere Instanzen. Diesem Ich geht es um Anerkennung, sozialen Status und auch um aggressive Selbst-Behauptung. Psyche ÜberIch Es Bedeutsam für die Entwicklung der psychoanalytischen Ich-Psychologie ist Freuds Abkehr vom „ersten topischen Modell“, das die Psyche in Bewusst, Vorbewusst und Unbewusst einteilt. 1923 entwirft er in Das Ich und das Es ein zweites topisches System, das Strukturmodell der Psyche, das die seelische Struktur als Kräftespiel von Es, Ich und Über-Ich beschreibt. Umwelt Ich Sándor Ferenczi schrieb 1913 den Aufsatz Entwicklungs-Stufen des Wirklichkeits-Sinns, der als erste Arbeit zur Ich-Psychologie innerhalb der Psychoanalyse gilt. Freud weist dem Ich nun zwei aktive Funktions-Komplexe zu: Die Auseinandersetzung mit der Umwelt und die Auseinandersetzung mit den intrapsychischen Instanzen des ÜberIchs und des Es. Das Ich hat die Möglichkeit, Trieb-Impulse zu unterdrücken und sie in der Phantasie zu befriedigen oder sie abzuwehren. Grafik zum Ich Ich Das Ich und die Abwehr-Mechanismen Ich Anna Freud beschreibt in Das Ich und die Abwehr-Mechanismen (1936) einleitend die Abkehr von der gängigen Auffassung der Psychoanalyse als reiner Tiefenpsychologie (Psychologie des Unbewussten) und Rückbesinnung auf das ursprüngliche therapeutische Ziel der „Wiederherstellung der Intaktheit des Ich“. gewährleisten das Funktionieren der Psyche AbwehrMechanismen verhindern die Entwicklung der Persönlichkeit Abwehr-Mechanismen zielen darauf ab, negative Gedanken und Affekte zu vermeiden. Sie haben eine besondere Stellung in der Ich-Psychologie. Anna Freud gruppiert diese Mechanismen in Fortentwicklung der Vorgaben ihres Vaters neu und formuliert sie in Hinsicht einer Psychologie des Ichs um. Kern der psychoanalytischen Ich-Psychologie sind hier die kreativen Abwehr-Leistungen des werdenden Ich gegen bedrohliche Eindrücke. Die sogenannten Abwehr-Mechanismen stellen eine wichtige Funktion des kindlichen Ich dar und sind zunächst nicht als neurotisch oder pathogen zu betrachten: Sie haben die Aufgabe, das Funktionieren der Psyche zu gewährleisten. Dies ist besonders mit der Fähigkeit verbunden, das Funktionieren des Ichs und seiner Funktionen aufrechtzuerhalten. Hierzu ist es notwendig, das Ich vor allzu heftigen Affekten zu schützen. Allerdings können die Abwehr-Mechanismen auch die Einsicht in konflikthafte Zusammenhänge verwehren, da die Einsicht in diesen Konflikt zu schmerzlich wäre. Dadurch kann die Entwicklung der Persönlichkeit verhindert werden. Abwehr-Mechanismen Ich Verschiebung: Impulse und Affekte werden auf leichter erreichbare Objekte verschoben. Schutz-Behauptung: Faule Ausrede zur Konflikt-Vermeidung. Identifikation (Introjektion): Von anderen was übernehmen, um Konflikt zu vermeiden. Projektion: Bei anderen Dinge sehen, die man bei sich nicht wahrhaben will. Affekt-Isolierung: Situation und Gefühl werden voneinander getrennt. Verdrängung: Man weiß nicht mehr, dass da was war. Verleugnung: Nicht-Wahrhaben-Wollen: „Die lügen doch alle, wenn sie behaupten, dass…“ Regression: Rückzug auf frühkindliche Verhaltenseisen, z. B. Rauchen Wendung ins Gegenteil/Reaktions-Bildung: Für Menschen, die man nicht mag, alles tun. Sublimierung: Trieb-Konflikt wird in gesellschaftlich erwünschte Bahnen gelenkt. Perversion: Normale genitale Sexualität wird ersetzt durch ritualisierte Inszenierungen (suchtartiger Charakter – Festigung des instabilen Ich) als: Exhibitionismus, Voyeurismus, Pädophilie, Sadismus/Masochismus, Internet-Sex-Sucht Konversion: Psychischer Konflikt wird in Körper-Störung übersetzt. Bei der Borderline-Störung (F60.31) herrschen sogenannte unreife Abwehr-Mechanismen vor, wie z. B. Spaltung (Dissoziation). Ich-Funktionen Ich Das Hauptinteresse der Ich-Psychologie gilt dem, was eine Person tatsächlich tut, sowie dem, was sie wünscht und fürchtet. Wichtige Aspekte der Ich-Psychologie wurden von Heinz Hartmann eingeführt. Er beschrieb die gesunden Ich-Funktionen durch angeborene Potentiale des Ichs, die sich in einer „konfliktfreien Ich-Sphäre“ entwickeln können. Durch die Einführung einer spezifischeren Theorie der Entwicklung des Ichs, die frei von jeglichen Konflikten vonstatten geht, konnte die Aufmerksamkeit der Psychoanalyse weg von der reinen Trieb-Psychologie hin zu einer Psychologie der EntwicklungsStörungen gelenkt werden. Hartmanns Theorien schufen die Voraussetzungen, die zur Entwicklung der ObjektBeziehungs-Theorie und der Selbst-Psychologie notwendig waren. Die These, dass angeborene Ich-Funktionen existieren, die schon im Säuglings-Alter vorhanden sind, schuf die Voraussetzung für die Kleinkind-Beobachtung von René A. Spitz oder Margaret Mahler. Die Behandlungs-Technik der Psychoanalyse wurde hauptsächlich dahingehend beeinflusst, dass die Autonomie-Entwicklung des Patienten im Vordergrund der Behandlung steht. Nach Hartmann kann das Ich als System von Funktionen betrachtet werden. Das Ich existiert demnach, da es ja nur eine konstruierte Instanz ist, die der Vereinfachung der Erklärung der Psyche dient, nur wenn es funktioniert. Dabei ist die wichtigste Funktion, sich selbst zu organisieren, d. h. die Funktionen werden differenzierter und genauer durch die Erfahrungen im Laufe der Entwicklung. Ich-Funktionen nach Hartmann Ich Kognitive Funktionen: Hierbei sind die wichtigsten die Wahrnehmung, das Denken, das Urteilen, das Beurteilen, das Erinnern, das Überprüfen der Realität und das Aufrechterhalten der Realitäts-Wahrnehmung. Vermittelnde Funktionen: Hierbei vermittelt es zwischen dem Es und dem Über-Ich sowie der äußeren Realität. Es passt also die Trieb-Wünsche und Trieb-Ansprüche an die gesellschaftlichen Normen und Werte, Gebräuche und Rituale an. Auch die verinnerlichten Normen und Werte des Über-Ichs sind in dem VermittlungsProzess einbegriffen. Angst-Entwicklung: Hierbei entwickelt das Ich eine Sensibilität für beängstigende Signale. Diese Signal-Angst entsteht, wenn Trieb-Impulse zu heftig werden und negative Auswirkungen auf das Individuum haben können. Auch Über-Ich Impulse können eine solche Angst auslösen, wenn das Über-Ich zu streng entwickelt ist und von ihm strafende Impulse ausgehen. In solchen Fällen werden Schutz-Mechanismen aktiviert. Schutz-Funktionen – Abwehr-Mechanismen: Diese Funktionen dienen der innerpsychischen Steuerung. Sie helfen unerträgliche Affekte, die mit Angst, Scham, Schuld oder MinderwertigkeitsGefühlen gekoppelt sind, zu vermeiden. Diese Schutz-Funktionen sind bei allen Menschen vorzufinden, und dienen der Aufrechterhaltung des psychischen Funktions-Niveaus. Ich-Funktionen nach Bellak und Meyers 1 Ich 1. Realitäts-Prüfung: Unterscheiden können zwischen inneren und äußeren Reizen und Bildern. 2. Urteilen: Antizipieren können von Konsequenzen, logisch schlussfolgern, Ursache-WirkungZusammenhänge. 3. Realitäts-Sinn: Reales Erleben von äußeren Ereignissen und denen des eigenen Körpers, und das Erleben der Konstanz und der Kohärenz des eigenen Selbst, sowie das unterscheiden können zwischen Selbst- und Objekt-Repräsentanzen. 4. Regulation und Kontrolle von Trieb-Impulsen und Affekten: Hier wird der Grad der Unmittelbarkeit des Trieb- und Affekt-Ausdruckes bzw. der Grad der Frustrations-Toleranz beschrieben, und wie hoch die Regulations- und KontrollFähigkeit im Gegensatz zum Ausagieren der Impulse ist. 5. Objekt-Beziehungen: Hier wird der Grad der Objekt-Konstanz beschrieben, sowie der Grad und die Art der Bezogenheit auf Andere. Hierbei ist auch wichtig, inwieweit Menschen in ihren guten und negativen Eigenschaften wahrgenommen werden können (Ambivalenz-Fähigkeit) 6. Denken: Fähigkeit zum klaren Denken inklusive der Sprache, Konzentrations-Fähigkeit und des Gedächtnisses Ich-Funktionen nach Bellak und Meyers 2 7. Adaptive Regression im Dienste des Ichs: Hier wird die Fähigkeit zu fantasieren und sich Tag-Träumen zu überlassen beschreiben, sowie die Fähigkeit, sich wieder in einen normalen Realitäts-Bezug zu bringen. 8. Defensives Funktionieren: Grad der Abwehr von dysphorischen Affekten (alltäglichen Verstimmungen wie Angst, und Depression), sowie die dazu verwendeten Abwehr-Mechanismen. 9. Stimulus-Schranke: Ausmaß der Funktions-Bereitschaft gegenüber inneren und äußeren Reizen. Hierbei weist ein rasches Überflutetwerden von inneren und äußeren Reizen auf eine Einschränkung dieser Ich-Funktion hin. 10. Autonomes Funktionieren: Hierzu gehören in Anlehnung an H. Hartmann Perzeption, Intention, Motilität, Erinnerungs-Fähigkeit, Sprache, Affekt-Regulation, Kognition. Hierbei ist eher das konfliktfreie Funktionieren der autonomen Funktionen im Zusammenspiel gemeint. 11. Synthetisch-integrative Funktionen: Fähigkeit, potentiell diskrepante oder widersprüchliche und nicht widersprüchliche Erfahrungen zu integrieren. 12. Bewältigungs-Kompetenzen: Subjektives Gefühl von Kompetenz und Übereinstimmung zwischen tatsächlicher Leistung und Leistungs-Erwartung Ich G Selbst-Psychologie (Sel) Entdeckung des Selbst 1 Entdeckung des Selbst 2 Selbst und Ich im Vergleich Selbst-Erkenntnis 1 Selbst-Erkenntnis 2 TP Entdeckung des Selbst 1 Die Selbst-Psychologie ist eine psychoanalytische Theorie, die von Heinz Kohut in den 1970-er Jahren begründet wurde. Sie beschäftigt sich mit der Organisation und Aufrechterhaltung des Selbst in Abhängigkeit zu den Objekten der Umwelt, also den bedeutendsten Personen für das Individuum. Das Selbst wurde zuerst von dem psychoanalytischen Ich-Psychologen Heinz Hartmann eingeführt. Es ergänzt das Struktur-Modell der Psyche von Sigmund Freud. Dieser stellte das Modell der Psyche bestehend aus Es, Ich und Über-Ich auf. In der Objekt-Beziehungs-Theorie und der Selbst-Psychologie wird das Selbst in Beziehung zu einem Objekt verstanden, also das Selbst in Relation zu einer anderen Person. Daniel N. Stern, ein bekannter Selbst-Psychologe und Säuglings-Forscher, schreibt hierzu: „Auch wenn niemand recht weiß, was das Selbst eigentlich ist, haben wir doch als Erwachsene ein sehr reales Selbst-Empfinden.“ Das Selbst wird als einzelner, abgegrenzter, integrierter Körper wahrgenommen wird als Handlungs-Instanz (in der wir selbst handeln) gesehen empfindet unsere Gefühle erfasst unsere Absichten schmiedet unsere Pläne setzt unsere Erfahrungen in Sprache um und teilt unser persönliches Wissen mit. Sel Entdeckung des Selbst 2 Selbst Ich VermittlungsFunktion Es ÜberIch soziale Umwelt SelbstErkenntnis Selbst-Definition (psycho-soziale Identität) SelbstVerwirklichung Sel Dass das Ich realitätsgerecht zwischen den Ansprüchen des Es, des Über-Ich und der sozialen Umwelt zu vermitteln hat, besagt, dass es orientiert ist an seinen eigenen psychischen Fähigkeiten und Möglichkeiten und an den möglichen und realen Gegebenheiten der Naturwelt und der Kulturwelt. Den Wissens-Erwerb über die eigenen psychischen Fähigkeiten, Möglichkeiten und Realitäten und die Möglichkeiten von Natur- und Kultur-Welt nennt man Selbst-Erkenntnis: Erkenne dich selbst! (Wahlspruch in der griechischen Philosophie) Selbst-Erkenntnis ist also Voraussetzung nahezu jeder glückenden Selbst-Verwirklichung. – „Glück“ soll ganz allgemein bedeuten, dass ein Mensch am Ende seines Lebens von sich sagen kann, sein Leben sei ihm geglückt: sinnstiftend, produktiv, erfahrungsreich gewesen. Das Ich benötigt also für seine Vermittlungs-Funktion realitätsgerechte Vorstellungen über sich selbst, die »Selbst« bzw. »Selbst-Repräsentanzen« heißen. Aus den Selbst-Repräsentanzen bezieht ein Mensch seine Selbst-Definition, seine psycho-soziale Identität. Selbst und Ich im Vergleich Sel Das Selbst ist im Gegensatz zum Ich eine übergreifende Instanz in der Persönlichkeit (wird aber auch teilweise als ein Teil des Ichs beschrieben), die alle Instanzen wie Über-Ich und Es sowie auch alle Objekte, also die Vorstellung von den nahestehenden Personen einschließt. Seine Funktionen sind die Selbst-Wahrnehmung, Selbst-Steuerung, Kommunikation und Bindung. Das Selbst wird nur erfahrbar, indem es ein Gefühl des Wohlbefindens und des Selbst-Wert-Gefühls vermittelt. Auf den ersten Blick scheint es, dass zwischen dem Ich und dem Selbst kaum Unterschiede bestehen. Der Schein trügt aber. Denn das Selbst, als die strukturierten Bilder über sich selbst, ist nicht reflexionsund kritikfähig. Nur das Ich mit seinen Funktionen des Wahrnehmens, Denkens und des Gedächtnisses vermag zu reflektieren und selbstkritisch zu sein. Die Ausbildung eines kritischen Selbst ist eine der Hauptfunktionen des Ich. Ein Selbst kann man dann kritisch nennen bzw. die Selbst-Repräsentanzen sind dann vom Ich kritisch erfasst und ausgebildet worden, wenn sie die Grenzen des Selbst (der Person) zureichend realistisch erfassen und dem Bewusstsein widerspiegeln können. Dass man sich realistisch wahrnimmt, setzt Selbst-Erkenntnis voraus. Selbst-Erkenntnis und Selbst-Verwirklichung 1 Anforderung der Umwelt SelbstVerwirklichung = Werde, wer du bist Sel Selbst-Erkenntnis im tiefenpsychologischen Sinne ist die oft demütigende und schmerzhafte Erkenntnis der realen Grenzen des Selbst. Schmerzhaft ist diese Erkenntnis, weil wir uns alle gerne ungefährdeter, bedeutender, sicherer etc. sehen, als wir in Wahrheit sind. Diesen Sachverhalt bezeichnet man als Narzissmus. Erwachsene sollten ein realistisches Bild von sich haben – am besten eines, das ihrer Realität am nächsten kommt. sich lieben und annehmen lernen so wie sie sind – und nicht, wie ein unrealistisches Über-Ich - Ich-Ideal sie gerne hätte. sich nicht kleiner sehen, als es ihren Möglichkeiten entspricht, sonst können sie nicht der werden, der sie sein könnten und sein sollten. Das uns selbst verwirklichende „Werde, der du bist“ (= von deinen Fähigkeiten und Möglichkeiten her, von deinen WesensAnlagen und Wesens-Möglichkeiten her) ist zunächst scheinbar ein Anspruch, der nur von der erzieherischen Umwelt einer Person angetragen und durch Belohnungs- und BestrafungsMechanismen ins Über-Ich hinein sozialisiert wird. Selbst-Erkenntnis und Selbst-Verwirklichung 2 Anforderung der Umwelt Sel Aber dieses „Werde-wer-du-Bist“ ist auch ein mehr oder weniger unbewusster Anspruch aus dem Es: Der psychosomatische Bewegungs-Drang, der Neugierdrang (Wahrnehmungs-Interesse) und Bestätigungs-Drang (Primär-Narzissmus) führen unbewusst – also wie automatisch – dazu, sich zu erproben, zu behaupten und Probleme lösen zu wollen. Das Ich muss jedoch die Handlungs-Impulse und HandlungsAnsprüche aus dem Es, dem Über-Ich und aus der sozialen Umwelt Selbstkritisch und vor allem selbstkritisch prüfen und dann Verwirklichung = handlungsleitend einsetzen, sodass man sagen kann: „Werde, der du Werde, wer du bist“ ist ein Anspruch des ichfunktional gebildeten Gewissens. bist Die Herausbildung des Selbst ist ein Vorgang der KompromissBildung, insofern das Ich bei der Selbst-Verwirklichung zwischen den Ansprüchen des Es, des Über-Ich und des Sozialaußen (Feedback) vermittelt. Anspruch des Es Das optimale Ziel der Kompromiss-Bildung ist die Findung eines stabilen, d. h. konfliktfähigen Selbst: eines Selbst, das menschliches Handeln in einem konflikthaften Leben lebensentfaltend (konfliktauflösend und konfliktminimierend) zu organisieren vermag. Diese Kompromiss-Bildung des Selbst ist mitunter ein schwer zu lösendes Lebens-Problem. Die Frage ‚Wer bin ich‘ stellt sich oft manifest als Sinn-Krise. G Objekt-Beziehungs-Theorie (OT) Objekte für das Kind Objekt-Beziehungen Bedürfnis nach Beziehungen 1 Bedürfnis nach Beziehungen 2 TP Objekte für das Kind Die Objekt-Beziehungs-Theorie ist eine ursprünglich auf Melanie Kleins Arbeiten zurückgehende Weiterentwicklung der psychoanalytischen Theorie. Unter dem Begriff Objekt-Beziehungs-Theorie werden unterschiedliche Ansätze zusammengefasst, denen gemeinsam ist, dass sie die zentrale Bedeutung der frühen Mutter-Kind-Beziehung und der Vorstellungen des Kindes über sich und seine Bezugspersonen für die spätere Beziehungs-Gestaltung und für die Persönlichkeits-Entwicklung herausstellen. Ein weiteres gemeinsames Merkmal ist die Hervorhebung von Übertragung und Gegenübertragung in der Anwendung des psychotherapeutischen Konzeptes. Der Begriff Objekt hat im psychoanalytischen Sprachgebrauch einen deutlichen Wandel erfahren: In der orthodoxen Psychoanalyse gilt es als eine Person oder ein Gegenstand, der eine Trieb-Regung aufheben kann (z. B. eine Person, die sexuelle Befriedigung verschafft). In der Objekt-Beziehungs-Theorie bezeichnet der Begriff einen reagierenden Partner, also eine Person, die auf die Äußerungen des Subjekts eingeht. Der Begriff erhält somit eine stark gefühlsbetonte Bedeutung und wird nur noch sekundär als Ziel der Trieb-Regungen verstanden. OT Objekt-Beziehungen Objekt-Beziehung bezeichnet dabei die Beziehung des Subjektes zu seiner Welt. Er bezeichnet die phantasierte bzw. vorgestellte Beziehung zu einer Person, die durchaus von der realen Interaktion abweichen kann. Die Einführung und Anerkennung der Objekt-Beziehungs-Theorien ist eine der bedeutendsten Entwicklungen innerhalb der Entwicklung der Psychoanalyse. Während die Psychoanalyse Freuds einen Schwerpunkt auf das Konzept der Trieb-Theorie legte und den Menschen dadurch (tendenziell) als Einzelwesen betrachtete, lenkte Melanie Klein die Aufmerksamkeit der Psychoanalyse verstärkt auf die frühkindliche Entwicklung und die Auswirkungen der frühen Beziehungen zu Bezugs-Personen. Sie folgte damit der Tradition ungarischer Psychoanalytiker wie Sándor Ferenczi und Michael Balint. Klein vertrat den Gedanken, dass die Art und Weise, wie ein Mensch die Welt wahrnimmt und mit welchen Erwartungen er an sie herantritt, durch seine Beziehungen zu wichtigen frühen Bezugs-Personen („Objekten“) geprägt wird. Diese Objekte können, nach dem Prinzip der Idealisierung und Entwertung, entweder geliebt oder gehasst werden. OT Bedürfnis nach Beziehungen 1 OT Zwischen Melanie Kleins objekttheoretischem Ansatz und der dominierenden Schule Anna Freuds bildete sich eine weitere Strömung, die ideengeschichtlich zwischen diesen beiden Polen zu verorten ist. Eine zentrale Rolle spielte die sogenannte „Britische Objekt-Beziehungs-Theorie“ um William R. D. Fairbairn (1889-1964), Harry Guntrip (der Freuds Theorien als biologistisch und inhuman kritisierte), John D. Sutherland und Donald Winnicott. Fairbairn stellte sich anders als Klein auch gegen Freuds dualistisches Trieb-Konzept (Eros - Lust-Trieb, Thanatos - Todes-Trieb). Die von ihm eingeleitete radikale Wendung vom Trieb zu Objekt-Beziehungen wurde auch als „Kopernikanische Wende“ der psychoanalytischen Persönlichkeits-Forschung bezeichnet. Auf Fairbairn bauten auch die Arbeiten von Daniel Stern und Otto F. Kernberg auf, die ein angeborenes Bedürfnis nach Beziehung und Bindung als grundlegend sowohl für die frühe Entwicklung als auch für die Therapie anerkennen. Im Zuge dieser Erkenntnis betonen sie die wichtige Bedeutung des BeziehungsGeschehens innerhalb der Therapie gegenüber der bloßen Deutung unbewusster Inhalte, die noch bei Freud im Zentrum der psychoanalytischen Tätigkeit stand. Auch Donald W. Winnicott folgte Klein in ihren Annahmen, betonte aber, wie auch Fairbairn, die realen Umwelt-Erfahrungen für die Entwicklung des Kindes gegenüber den Projektionen und phantasiemäßigen „Besetzungen“, wie sie bei Freud noch im Zentrum der Betrachtung stehen. Bedürfnis nach Beziehungen 2 OT Eine bedeutende Stellung in Winnicotts Theorie nimmt dabei das sogenannte Übergangs-Objekt ein, mit dessen Hilfe das Kind die Entwöhnung von der Mutter-Brust und den Ausgang aus der engen symbiotischen Beziehung zur Mutter im Säuglings-Alter verarbeitet und auffängt. Ein typisches Beispiel für ein Übergangs-Objekt ist ein Kuscheltier oder eine Schmusedecke, die das Kind nicht mehr aus der Hand gibt. Heinz Kohut entwickelte Kleins Ansatz zur Selbst-Psychologie weiter. Diese untersucht, inwieweit ein Mensch Selbst-Objekte (unterstützende Menschen, wichtige Gegenstände) benötigt, um die psychische Funktions-Fähigkeit seines Selbst zu bewahren bzw. überhaupt erst aufzubauen. Auch Theorien aus dem Gebiet der Ich-Psychologie (Joseph Sandler, EntwicklungsModell von Margaret Mahler, Jacobson u.a.) haben die Objekt-Beziehungs-Theorie stark beeinflusst und werden ihr häufig zugerechnet. Die Ergebnisse moderner empirischer Säuglings-Forschung belegen nachträglich wichtige Annahmen der Objekt-Beziehungs-Theorie. Eine Verbindung zwischen diesen Theorien und der empirischen Forschung schafft auch die Bindungs-Theorie von John Bowlby. Insgesamt stellt die Objekt-Beziehungs-Theorie innerhalb der psychoanalytischen Theorie fast einen paradigmatischen Kurs-Wechsel dar. Michael Balint kritisierte die orthodoxe Psychoanalyse mit ihrer Fokussierung auf das Phänomen der Triebe als eine „One-Body-Psychologie“. Mit der Hinwendung zur Erforschung der frühen Mutter-Kind-Interaktion wurde demgegenüber eine Umkehrung oder mindestens bedeutsame Erweiterung der Perspektive vollzogen. G Bindungs-Theorie (BT) Bindung Bindungs-Verhalten 1 Bindungs-Verhalten 2 inner working model Interaktion Entstehung der Bindungs-Beziehung Fremde Situation und Bindungs-Typen Bindungs-Typen Sichere Bindung Unsicher-vermeidende Bindung Unsicher-ambivalente Bindung Desorganisierte Bindung 1 Desorganisierte Bindung 2 Auswirkung der Bindungs-Erfahrungen Bindungs-Theorie und Entwicklungs-Begleitung TP Bindung BT Die Bindungs-Theorie ist eine psychologische Theorie, die auf der Annahme beruht, dass Menschen ein angeborenes Bedürfnis haben, enge und von intensiven Gefühlen geprägte Beziehungen zu Mitmenschen aufzubauen. Sie wurde von dem britischen Kinderpsychiater John Bowlby, dem schottischen Psychoanalytiker James Robertson und der aus den USA stammenden Psychologin Mary Ainsworth entwickelt. Ihr Gegenstand ist der Aufbau und die Veränderung enger Beziehungen im Laufe des Lebens. Die Bindungs-Theorie basiert auf einer emotionalen Sichtweise der frühen Mutter-KindBeziehung. Sie verbindet ethologisches (Verhaltens-Biologie), entwicklungspsychologisches, psychoanalytisches und systemisches Denken. Eines der ursprünglichen Anliegen Bowlbys war es, eine wissenschaftliche Basis für den psychoanalytischen Ansatz der Objekt-Beziehungs-Theorien herzustellen und psychoanalytische Annahmen empirisch überprüfbar zu machen. Dabei entfernte er sich im Laufe seiner Forschungs-Arbeit von der Psychoanalyse. Die Bindungs-Theorie weist Verbindungen zur System-Theorie und zur kognitiven Psychologie auf und hat einen großen Beitrag zur Familien-Therapie, kognitiven Therapie sowie zur Psychoanalyse, Entwicklungs-Psychologie und zu den Grundlagen der Pädagogik geleistet. Bindungs-Verhalten 1 BT Bindung (engl.: attachment) ist die Bezeichnung für eine enge emotionale Beziehung zwischen Menschen. Das Neugeborene entwickelt eine spezielle Beziehung zu seinen Eltern oder anderen relevanten Bezugspersonen. Die Bindung veranlasst das Kleinkind, im Falle objektiv vorhandener oder subjektiv erlebter Gefahr (Bedrohung, Angst, Schmerz) Schutz und Beruhigung bei seinen Bezugs-Personen zu suchen und zu erhalten. Bezugs-Personen bzw. Bindungs-Personen sind die Erwachsenen oder älteren Personen, mit welchen das Kind den intensivsten Kontakt in seinen ersten LebensMonaten hatte. Das Bindungs-Verhalten besteht aus verschiedenen beobachtbaren VerhaltensWeisen wie Lächeln, Schreien, Festklammern, Zur-Mutter-Krabbeln, Suchen der Bezugsperson usw. Diese Verhaltens-Weisen werden als ein Verhaltens-System beschrieben. Es ist genetisch vorgeprägt und bei allen Primaten-Kindern zu finden, besonders beim Menschen. Konkretes Bindungs-Verhalten wird bei Wunsch nach Nähe oder in „Alarm-Situationen“ aktiviert. Letztere werden von emotionalem Stress begleitet, beispielsweise bei zu großer Distanz zur Bezugs-Person, bei Unwohlsein, Schmerz und Angst. Abgewiesene Bindungs-Wünsche verstärken bindungssuchendes Verhalten, das ebenfalls bei Wiederkehr einer Bezugs-Person beobachtet werden kann. Bindungs-Verhalten 2 BT Nähe zur Bindungs-Person mit Blick- und/oder körperlichem Kontakt über eine kurze Zeit beenden i. d. R. bindungssuchendes Verhalten. Das Kind fühlt sich sicher und kann neugieriges Explorations-Verhalten (ErkundungsVerhalten) zeigen. Hierbei zeigt die häufige Rückversicherung durch Blick-Kontakt zur Bindungs-Person bei jungen Kindern, wie wesentlich sichere Bindung für die Erforschung der Welt und die spätere Aussteuerung beider Pole im Sinne gesunder Autonomie ist. Bindungs-Verhalten verändert sich im Laufe des Lebens. Bei älteren Kindern und Erwachsenen ist das „ursprüngliche“, direkt beobachtbare Bindungs- und Explorations-Verhalten im Sinne von Annäherung und Entfernung von Bindungs-Personen nicht mehr so offensichtlich. Dennoch hat die Forschung auf Basis der Bindungs-Theorie Zusammenhänge zwischen frühem Bindungs-Verhalten und dem Verhalten älterer Kinder, Jugendlicher und Erwachsener gefunden. Durch die individuellen Unterschiede in der Eltern-Kind-Interaktion in den ersten LebensJahren werden nach Bowlby die inner working models (engl. für „innere Wirkungs-/ Arbeits-Modelle“) gebildet. Diese werden im Verlauf der Entwicklung in der Psyche eines Menschen relativ stabil repräsentiert (also abgebildet). inner working model BT Das inner working model beinhaltet die individuellen frühen Bindungs-Erfahrungen sowie die daraus abgeleiteten Erwartungen, die ein Kind gegenüber menschlichen Beziehungen hegt. Sie dienen dazu, das Verhalten der Bindungs-Person zu interpretieren und ihr Verhalten vorherzusagen. Nach der Entwicklung im ersten Lebens-Jahr werden die inner working models zunehmend stabiler. Sie bilden sich zu Bindungs-Repräsentationen (Abbildungen) aus. Während der Begriff der Bindungs-Repräsentanz eher auf die psychoanalytische Tradition zurückgeführt werden kann, würden Kognitions-Psychologen hier eher von Schemata, also Bindungs-Schemata sprechen. Wesentlich ist, dass die sich entwickelnden Bindungs-Typen aus der Eltern-KindBeziehung hervorgehen und somit eine zwischenmenschliche Qualität spiegeln, in die das Verhalten beider Seiten einfließt. Dabei ist für die spätere Bindungs-Qualität die Feinfühligkeit der Bezugs-Personen entscheidend. Unter Feinfühligkeit wird situationsangemessenes und promptes Reagieren erwachsener Bezugs-Personen auf die Äußerungen und Bedürfnisse des Säuglings verstanden. Insofern ist das spätere Bindungs-Verhalten des Kindes weniger Spiegel-Bild seines Temperaments oder Charakters, sondern primär Ausdruck der erlebten Interaktion mit der Bezugs-Person. Interaktion BT Der Begriff Interaktion (synonym: Wechsel-Wirkung) ist eine Bezeichnung zwischenmenschlichen wechselseitigen Verhaltens. In der Sozialpsychologie steht der Begriff heute für jede Art der Wechsel-Wirkung oder wechselseitigen Bedingtheit im sozialen Kontext. John Bowlby hatte den Interaktions-Begriff zuerst in seinem Aufsatz Über das Wesen der Mutter-Kind-Bindung im Zusammenhang mit dem Sozialverhalten verwendet. Der auf Basis der Bindungs-Theorie entstandenen empirischen Forschung ist es gelungen, das zum Bindungs-Verhalten führende frühe Interaktions-Verhalten mittels des „Fremde-Situations-Tests“zu operationalisieren und somit empirisch fassbar zu machen. Dabei interessiert besonders die Feinfühligkeit seitens der Bezugs-Person, auf Seiten des Kindes das sich entwickelnde Bindungs-Verhalten sowie der Zusammenhang zwischen beidem. Bindungs-Verhalten entwickelt sich im ersten Lebens-Jahr. Bis zur sechsten LebensWoche kann hierbei die Bindungs-Person beinahe beliebig wechseln. Dann entsteht – etwa gleichzeitig mit dem ersten personenbezogenen Lächeln – eine zunehmend festere Bindung zu einer oder mehreren Personen (bspw. Mutter, Vater, Geschwister oder Pflege-Mutter). Sobald das Kind sich fortbewegen kann (Lokomotion), ist es ab dem siebten bis achten Monat fähig, sich entweder aktiv in die Nähe der Bezugs-Person zu bewegen oder von dieser weg die Umgebung selbstständig zu erkunden (Individuations-Phase). Dies wird möglich auf Grund der jetzt wachsenden Objekt-Permanenz, welche dem Kind die innere Vorstellung eines Objekts ermöglicht, ohne dass ein solches direkt anwesend ist. Ab etwa dem dritten Lebens-Jahr versucht das Kind das Verhalten des anderen je nach Situation zu beeinflussen. Entstehung der Bindungs-Beziehung Der Neurobiologe und Psychologe Allan N. Schore sieht die Entstehung der Bindung vor allem als Regulations-Prozess zwischen der Mutter und ihrem Kleinkind an. Er sieht die Entwicklung der rechten Hirn-Hälfte, die in den ersten Lebens-Jahren dominant ist, als wichtigen Entwicklungs-Bereich, der von Qualität der RegulationsProzesse von der Mutter beeinflusst wird. Hier sieht er vor allem die Entwicklung des orbitofrontalen Kortex beeinflusst, der eine wichtige Steuerungs-Funktion von Affekten und dem Verständnis von Interaktion, aber auch dem Verständnis von Affekten, die von einem Gegenüber gezeigt werden, einnimmt. Für die Reifung dieser Gehirn-Regionen ist die frühe Interaktion mit der Bezugs-Person bedeutsam. Die Responsivität, also die Reaktionen der Mutter auf ihr Kind, sind entscheidend für die Entwicklung einer sicheren oder unsicheren Bindung. BT Fremde Situation und Bindungs-Typen BT Mary Ainsworth und ihre Kollegen entwickelten 1969 mit der sogenannten Fremden Situation ein Setting zur Erforschung kindlicher Bindungs.Muster. Mary Ainsworth gelang es, individuelles kindliches Bindungs-Verhalten im Sinne von Bowlbys Theorie in einer qualitativen Test-Situation beobachtbar zu machen. Hierbei finden 11 bis 18 Monate alte Kinder die typischen Gegebenheiten in einer annähernd natürlichen Situation vor, die nach Bowlbys Theorie sowohl Bindungs- als auch exploratives Verhalten aktivieren. Wesentlich für die Analyse des Bindungs-Musters ist das Verhalten des Kindes bei Anbzw. Abwesenheit der Mutter sowie bei deren Rückkehr. Dieses wird mittels Video-Kamera aufgezeichnet und hinsichtlich der Verhaltens- bzw. Bewältigungs-Strategien des Kindes bei Trennungs-Stress analysiert. Heute ist es möglich, die Bindung bis zu einem Alter von 5 Jahren durch das TestVerfahren zu bestimmen. Zunächst wurden lediglich drei Ausprägungen von Bindungs-Typen festgestellt, die sich innerhalb der Interaktion mit der Bindungs-Person entwickeln können: sicher (B), unsicher-vermeidend (A) und unsicher-ambivalent (C). Später kam im Zuge der Untersuchung schwer vernachlässigter Kinder die Kategorie desorganisiert (D) hinzu; das kindliche desorganisierte Verhalten konnte mit der Unmöglichkeit, Bindungs-Verhalten aufzubauen, in Verbindung gebracht werden. Bindungs-Typen Bindungs AbkürBeschreibung -typen zung BT Verhalten in der Testsituation Sichere B-Typ Bindung Sie sind kurzfristig irritiert und weinen ggf., wenn die Bezugs-Person den Raum verlässt, lassen sich jedoch Solche Kinder können Nähe und von der Testerin trösten und beruhigen sich schnell Distanz der Bezugs-Person wieder; sie spielen im Raum auch mit der Testerin; laufen angemessen regulieren. der Bezugs-Person bei deren Wiederkehr entgegen und begrüßen diese freudig. Unsicher vermeiA-Typ dende Bindung Kinder zeigen eine Pseudounabhängigkeit von Sie wirken bei der Trennung von der Bezugs-Person Bezugs-Person mit auffälligem unbeeindruckt; sie spielen auffallend oft für sich allein; bei Kontakt-Vermeidungs-Verhalten der Wiederkehr der Bezugs-Person bemerken sie diese und beschäftigen sich primär mit kaum oder zeigen Ablehnung durch Ignorieren. Spielzeug als StressKompensations-Strategie. Unsicher ambiC-Typ valente Bindung Sie wirken bei der Trennung massiv verunsichert, weinen, laufen zur Tür, schlagen gegen diese und sind durch die Diese Kinder verhalten sich Testerin kaum zu beruhigen. Bei Wiederkehr der Bezugswidersprüchlich-anhänglich Person zeigen sie abwechselnd anklammerndes und gegenüber der Bezugs-Person. aggressiv-abweisendes Verhalten und sind nur schwer zu beruhigen. DesorganiD-Typ sierte Bindung Die Kinder zeigen deutlich desorientiertes, nicht auf eine Bezugs-Person bezogenes Verhalten. Hauptmerkmal solcher Kinder sind bizarre VerhaltensWeisen wie Erstarren, Im-Kreis-Drehen, Schaukeln und andere stereotype Bewegungen; daneben treten (seltener) Mischformen der anderen Bindungs-Muster wie beispielsweise gleichzeitiges intensives Suchen nach Nähe und deren Ablehnung auf. Sichere Bindung BT Für die sichere Bindung hat sich die Bezeichnung B-Bindung etabliert. Sicher gebundene Kinder entwickeln aufgrund von elterlicher Feinfühligkeit eine große Zuversicht in die Verfügbarkeit der Bindungs-Person. Die Feinfühligkeit der Mütter ist gekennzeichnet durch die prompte Wahrnehmung der kindlichen Signale, der richtigen Interpretation dieser und einer angemessenen sowie prompten Reaktion auf diese Signale, die keine starke Frustration beim Kind hervorruft. Diese Kinder weinen durchaus innerhalb der Fremden Situation. Sie zeigen die Gefühle deutlich, akzeptieren den Trost einer fremden Frau (einer zum Test gehörenden Untersucherin) im Raum sogar zum Teil. Obwohl die Trennung bei solchen Kindern also mit negativen Gefühlen verbunden ist, vertrauen sie darauf, dass die Bindungs-Person sie im Bedarfs-Fall nicht im Stich lassen oder in irgendeiner Weise falsch reagieren wird. Die Bindungs-Person erfüllt in einer derartigen Bindung die Rolle eines „sicheren Hafens“, der immer Schutz bieten wird, wenn das Kind dessen bedarf. Die Kinder sind traurig, dass die Bindungs-Person nicht bei ihnen ist – und gehen davon aus: „Sie kommt zurück.“ Erscheint die Bindungs-Person im Raum, freuen sich die Kinder. Sie suchen Nähe und Kontakt, wenden sich kurz danach wieder der Exploration des Raumes zu. Unsicher-vermeidende Bindung BT Kinder vom Typ A-Bindung reagieren scheinbar unbeeindruckt, wenn ihre BindungsPerson hinausgeht. Sie spielen, erkunden den Raum und sind auf den ersten Blick weder ängstlich noch ärgerlich über das Fortgehen der Bindungs-Person. Durch zusätzliche Untersuchung der physiologischen Reaktionen der Kinder während der Situation wurde jedoch festgestellt, dass ihr Cortisol-Spiegel im Speichel beim Fortgehen der Bindungs-Person höher ansteigt als der sicher gebundener Kinder, welche ihrem Kummer Ausdruck verleihen – was auf Stress schließen lässt. Auch ihr Herzschlag beschleunigt sich. Kommt die Bindungs-Person zurück, wird sie ignoriert. Die Kinder suchen eher die Nähe der fremden Person und meiden ihre eigentliche Bindungs-Person. Unsicher-vermeidenden Kindern fehlt die Zuversicht bezüglich der Verfügbarkeit ihrer Bindungs-Person. Sie entwickeln die Erwartungs-Haltung, dass ihre Wünsche grundsätzlich auf Ablehnung stoßen und ihnen kein Anspruch auf Liebe und Unterstützung zusteht. Ein solches Bindungs-Muster ist bei Kindern zu beobachten, die häufig Zurückweisung erfahren haben. Die Kinder finden einen Ausweg aus der belastenden bedrohlichen Situation des immer wieder Zurückgewiesen-Seins nur durch Beziehungs-Vermeidung. Unsicher-ambivalente Bindung BT Diese Bindungs-Form wird auch ängstlich-widerstrebende, resistente, ambivalente Bindung oder auch C-Bindung genannt. Kinder, die hier beschrieben werden, zeigen sich ängstlich und abhängig von ihrer Bindungs-Person. Geht die Bindungs-Person, reagieren die Kinder extrem belastet. Eine fremde Frau wird ebenso gefürchtet wie der Raum selbst. Schon bevor die Bindungs-Person hinausgeht, zeigen die Kinder Stress. Da sie die ungewohnte Situation fürchten, wird ihr Bindungs-Verhalten schon von Beginn an aktiviert. Die Kinder reagieren so auf das korrelierende Bindungs-Verhalten der Bezugs-Person: Die Bindungs-Person reagiert für das Kind nicht zuverlässig, nachvollziehbar und vorhersagbar. Der ständige Wechsel von einmal feinfühligem, dann wieder abweisendem Verhalten führt dazu, dass das Bindungs-System des Kindes ständig aktiviert sein muss. Es kann schwer einschätzen, wie die Bindungs-Person in einer bestimmten Situation handeln oder reagieren wird. Das Kind ist somit permanent damit beschäftigt, herauszufinden, in welcher Stimmung sich die Bindungs-Person gerade befindet, was sie will und was sie braucht, damit es sich entsprechend anpassen kann. Dies führt zu einer Einschränkung des Neugier- und Erkundungs-Verhaltens des Kindes, welches sich nicht auf die Exploration des Raumes konzentrieren kann. Die Kinder können keine positive Erwartungs-Haltung aufbauen, weil die Bindungs-Person häufig nicht verfügbar ist – meist auch dann nicht, wenn sie in der Nähe ist. Dementsprechend erwarten sie keinen positiven Ausgang der Situation und reagieren extrem gestresst und ängstlich innerhalb der Fremden Situation. Desorganisierte Bindung 1 BT Bei diesem Bindungs-Typ hat sich die Bezeichnung Desorganisierte Bindung oder DBindung etabliert. Der desorganisierte Bindungs-Typ wurde erst wesentlich später festgestellt. Mary Main, die auch Erwachsene mit dem AAI (Adult Attachment Interview) untersuchte, Judith Solomon und Berry Brazelton, führten die Klassifikation ein. Es gab immer auch Kinder, deren Verhalten sich nicht eindeutig in eine der drei Hauptreaktions-Schemata einordnen ließen. Ainsworth und auch nachfolgende Kollegen stuften solche Kinder meist innerhalb der sicheren Kategorie ein, und einige wenige als vermeidend. Einen großen Anteil dieser Kinder klassifizierte man, nach Einführung des 4. Bindungstyps (der D-Bindung), schließlich als desorganisiert/desorientierten Bindungstyp. Kinder, deren Verhalten diesem Bindungs-Typ zugeordnet wird, zeigen äußerst unerwartete, nicht zuzuordnende Verhaltensweisen. Dazu gehören Stereotypien und unvollendete oder unvollständige Bewegungs-Muster. Desorganisiert gebundene Kinder erschrecken oft, wenn ihre Eltern den Raum nach kurzer Trennung wieder betreten, und zeigen eine Mischung von Strategien, wie unsicher-vermeidendes und unsicherwidersetzendes Verhalten. Einige der desorganisiert eingestuften Kinder schreien nach ihren Bindungs-Personen nach der Trennung, entfernen sich aber bei der Wiedervereinigung von ihnen. Andere reagieren wie gelähmt mit einem benommenen Gesichts-Ausdruck für 30 Sekunden, und/oder drehen sich im Kreis und/oder lassen sich auf den Boden fallen, wenn sie sich an den jeweiligen Eltern-Teil wenden. Wieder andere desorganisierte Kleinkinder erscheinen ängstlich in der Fremden Situation mit geängstigtem Gesichts-Ausdruck, hochgezogenen Schultern und/oder einem Einfrieren aller Bewegungen. Desorganisierte Bindung 2 BT Die Bindungs-Theorie geht davon aus, dass ein Kind auf jeden Fall eine Bindung zu seiner Bindungs-Person aufbauen muss. Die Bindungs-Verhaltens-Weisen werden aktiviert, sobald es Schutz und Unterstützung bedarf oder die Bindungs-Person nicht in der Nähe ist. Allerdings konnte das Kind keine einheitliche Bindungs-Strategie entwickeln, um Schutz und Trost zu bekommen: Wenn die Bindungs-Person – der Mensch, der Schutz bieten soll – zugleich der Auslöser für das Bindungs-Verhalten ist, somit selbst die Bedrohung darstellt, gerät das Kind in eine sogenannte Double BindSituation, aus der es für das Kind keinen Ausweg gibt. Eine andere Ursache für dieses Bindungs-Verhalten zeigt sich bei Kindern, deren Bindungs-Personen unter den Folgen eigener Psychotraumata leiden. Die traumatischen Erfahrungen zeigen sich den Kindern im verängstigten Verhalten ihrer Bindungs-Personen. Die Angst, die sich im Gesicht einer Bindungs-Person spiegelt, welche unter Intrusionen (hartnäckiges Eindringen von den traumatischen Bildern und Gefühlen in die Gedanken/Vorstellungen) leidet, ist für ein Kind erschreckend und aktiviert sein Bindungs-System. Die Quelle der Angst ist für das Kind nicht nachvollziehbar. Die Bindungs-Person kann in einer solchen Situation zumeist nicht adäquat auf die Versorgungs-Bedürfnisse ihres Kindes eingehen. So zeigten manche Mütter beispielsweise das beinahe eine Minute lange Einfrieren aller Bewegungen, oder zeigten sich durch neutrale Verhaltens-Weisen ihrer Kinder in Angst versetzt. Das Kind erlebt schließlich die Welt ständig als einen bedrohlichen Ort, dessen Schrecken sich in der Bezugs-Person widerspiegelt. Untersuchungen von Ainsworth und Crittenden legen eine ähnliche Klassifizierung nahe, die sie als ambivalent-vermeidend (A/C-Bindung) bzw. unstabil-vermeidend bezeichneten. Auswirkung der Bindungs-Erfahrungen BT Durch die Bindungs-Theorie konnten langfristige Effekte der frühen BindungspersonKind-Beziehung nachgewiesen werden. Aus der Qualität der Bindung, die beim Fremde-Situations-Test bei den 12 bis 18 Monate alten Kindern festgestellt wurde, lassen sich einige zutreffende Vorhersagen ableiten: Sicher gebundene Kinder zeigen später adäquateres Sozialverhalten im Kinder-Garten und in der Schule, mehr Phantasie und positive Affekte beim freien Spiel, größere und längere Aufmerksamkeit, höheres Selbst-Wert-Gefühl und weniger depressive Symptome. In anderen Studien zeigten sie sich offener und aufgeschlossener für neue Sozialkontakte mit Erwachsenen und Gleichaltrigen, als vermeidende und oder ambivalent gebundene Kinder. Sicher gebundene Jungen zeigten mit sechs Jahren weniger psychopathologische Merkmale als die unsicher gebundenen. Auch könnten frühe Bindungs-Erfahrungen einen neurophysiologischen Einfluss ausüben. Hierbei konnte ein Einfluss von Bindungs-Erfahrungen auf die Ausbildung der Rezeptoren des Hormons Oxytocin gefunden werden, welches wiederum das Bindungs-Verhalten beeinflusst.. Bindungs-Theorie und Entwicklungs-Begleitung BT Bowlbys therapeutischer Ansatz für Erwachsene, die den Verlust einer wichtigen Bindungs-Person zu beklagen hatten, unterschied sich deutlich von der klassischen Psychoanalyse. Er bestand darin, den sich entwickelnden Trauer-Prozess mit den auftauchenden ambivalenten Gefühlen im Beisein eines verständnisvollen Psychotherapeuten zu durchleben. Bowlby sah auch den Therapeuten dabei als Bindungs-Person. Allerdings wurde Bowlbys Ansatz bislang kaum in die Therapie umgesetzt. Bowlby vermutete u. a., dass seine Beobachtung von Verhalten zu behavioristisch waren, als dass sie von psychotherapeutischem Interesse wären. Parallel zur Bindungs-Theorie entwickelte sich aber auch die psychoanalytische Therapie weiter, indem sie sich von einer Ein-Personen-Therapie hin zu einer Therapie entwickelte, die Gegenseitigkeits-Beziehungen nicht nur in der Entwicklung, sondern auch in der Therapie als bedeutsam ansah. Diese Sichtweise stützt sich auf die empirische Säuglings- und Kleinkind-Forschung sowie auf die Psychotherapie-Forschung, die jeweils die Wechselseitigkeit in menschlichen Beziehungen untersuchen. In einer Psychotherapie, die Erkenntnisse der Bindungs-Theorie einschließt, würde die therapeutische Beziehung eine neue Bindungs-Erfahrung ermöglichen. Durch die Bearbeitung von Beziehung, Veränderung der Affekte, der Kognitionen und des Verhaltens können auch Objekt-Beziehungen verändert werden. G Verhaltenstherapeutische Verfahren (V) Verhaltens-Therapie Rational-emotive Verhaltens-Therapie Kognitive Therapie Schema-Therapie Dialektisch-behaviorale Therapie REB G Verhaltens-Therapie (VT) Verhaltens-Therapie allgemein Techniken 1 Techniken 2 Techniken 3a Techniken 3b Techniken 4 V Verhaltens-Therapie allgemein VT Verhaltens-Therapie umfasst Therapie-Verfahren, die vorwiegend entwickelt worden sind auf Basis der Lernpsychologie, der Sozialpsychologie, der klinisch-psychologischen Psychopathologie-Forschung und der Neurowissenschaften. Unter den Begriff „Verhalten“ fallen dabei beobachtbare Verhaltensweisen sowie seit den neunzehnhundertzachtziger Jahren auch kognitive, emotionale, motivationale und physiologische Vorgänge, obwohl diese hauptsächlich durch Innensicht (Introspektion) erfasst werden können. Introspektion war lange bei den Verhaltens-TherapieTheoretikern (Behaviouristen) verpönt, weil eigentlich nur mit beobachtbarem Material gearbeitet werden sollte. Die Verfahren der Verhaltens-Therapie negieren unbewusste Persönlichkeits-Anteile und befassen sich schwerpunktmäßig mit Fragen des Lernens und Verlernens (Entlernens, Umlernens) von nützlichen und störenden Verhaltens-Weisen. Bei Verhaltens-Therapie handelt es sich um eine Gruppe von Interventions-Methoden, die jeweils auf spezifische Modifikations-Ziele gerichtet sind. Dabei wird stets die Hilfe zur Selbsthilfe für die Patienten betont. Es wird Wert auf ein systematisiertes Vorgehen auf Grundlage prototypischer Bedingungs-Modelle und der sich darauf stützender Behandlungs-Manuale gelegt. Verhaltens-Therapie ist symptomorientiert (mess- bzw. beschreibbares Verhalten oder Denk-Strukturen) arbeitet mit störenden Symptomen und fehlerhaften Gedanken-Gängen (kognitive VT) – Erkennen und Verändern negativer Denk-Schemata betreibt lerntheoretisch fundierte Modifikation des Verhaltens, u. a. systematische Desensibilisierung. führt Training sozialer Kompetenz durch Techniken 1 VT Klassisches Konditionieren: Neutraler Reiz wurde auf eine angstbesetzte Situation konditioniert, d. h. die Angst wurde auf den neutralen Reiz übertragen. Immer wird mit physiologischen Reflexen gearbeitet. Als Gegenkonditionierung: angenehme bis neutrale Gefühle (z. B. Entspannung) beim Anblick des Reizes positive Verstärkung, z. B. durch Token-Economy, Münzverstärkungsprogramm, Biofeedback negative Verstärkung, Tabletten gegen Kopf-Schmerzen – durch Wegfall des Schmerzes wird Einnahme der Tabletten verstärkt Diskriminations-Lernen, Reize in ihrer Wichtigkeit unterscheiden lernen Antizipations-Lernen: Wenn … dann … Bei Konditionierung höherer Ordnung werden klassische Konditionierungen (z. B. MäusePhobie) durch operante Konditionierungen (z. B. Vermeidung von Gängen in den Keller) verstärkt. Verhaltens-Analyse (z. B. nach dem SORKC-Modell (auch SORCK-Modell, SORKModell oder SORC-Modell) Dies Modell ist eine Erweiterung des operanten Konditionierens (S: Stimulus → R: Reaktion → C: Konsequenz) nach Skinner von Kanfer um kognitive Elemente O (Organismus) und K (Kontingenz = Übereinstimmung). Es ist ein Verhaltensmodell, das fünf Bestimmungs-Stücke als Grundlage von Lern-Vorgängen beschreibt. Das SORKC-Schema gilt in der Psychologie mittlerweile als Standard für die Erklärung des Zustandekommens von pathopsychologischem Verhalten in ätiologischer Hinsicht, aber auch des Ablaufs dieses Verhaltens in der konkreten Situation. Techniken 2 VT Kontingenz-Management als systematischer und kontrollierter Verstärker-Einsatz (z. B. Management positiver Verstärkung, Selbst-Verstärkung, Token-Systeme, StimulusKontrolle, Veränderung in der äußeren Umgebung als Abbau von Belastungs-Faktoren, Selbst-Bestrafungs-Techniken, Bestrafungs- und Aversions-Verfahren) Rückfall-Prävention und Rückfall-Management Modell-Darbietung Löschung Aktivierung, Aufbau positiver Aktivitäten, Tages-Strukturierung und Tages-Pläne Kommunikations-Training und Rollen-Spiele, Training sozialer Kompetenz, Selbstsicherheits-Training, Training sozialer Skills, interpersonelles Problem-Lösen Konfrontations- und Expositions-Techniken massierte Reiz-Konfrontation in vivo und/oder in sensu (Reizüberflutung, Expositionsbehandlung, flooding): überschwemmen mit neutralem Reiz, durch die Angst hindurchgehen, wenn Patient gesund, hoch motiviert, einzelnes Symptom, effizienter als Systematische Desensibilisierung graduierte Reiz-Konfrontation in vivo/Reaktions-Management und/oder in sensu systematische Desensibilisierung (insbesondere bei Phobien): langsam und dosiert mit dem phobischem Objekt zusammen bringen, sich entspannen bei Angstreiz – Entspannen und Angst gehen nicht zusammen, Entspannungs-Verfahren wie progressive Muskel-Relaxation nach Jacobsen und Angst-Hierarchie – Konfrontation mit körperlichen Reizen (z. B. Hyperventilations-Test, „Reaktions-Konfrontation“) Reduzierung von Schonverhalten [z. B. bei Patienten mit somatoformen Störungen (F45)] Reaktions-Verhinderung [z. B. bei Patienten mit Zwangsstörungen (F42)] Sonstige Konfrontations-Techniken im Rahmen spezifizierter Behandlungs-Programme (z. B. Körper-Bild-Expositionen, Sorgen-Exposition, „Shame-Attacking“, Rückfall-RisikoSituationen) Techniken 3a Habit-Reversal-Training (Das HRT beinhaltet das Erlernen adäquater SelbstWahrnehmung und Unterbrechung von Verhaltens-Ketten durch konkurrierende Verhaltens-Weisen, Aufbau von Veränderungs-Motivation sowie Maßnahmen zur Generalisierung der Fortschritte auf den Alltag. Praktisches Vorgehen 1. Beschreibung des Problem-Verhaltens: Zuerst soll der Patient eine adäquate Selbst-Wahrnehmung entwickeln, da der Ausführung der Verhaltens-Gewohnheiten in der Regel keine Beachtung geschenkt wird. Die Beobachtung des eigenen Verhaltens dient sowohl dazu, die auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen bestimmen zu können, als auch den Klienten für frühe Anzeichen der VerhaltensGewohnheiten zu sensibilisieren, um Verhaltens-Ketten möglichst frühzeitig unterbrechen zu können. Dies kann durch direkte VerhaltensBeobachtungen, systematische Protokollierung (z. B. in Form von Tagebüchern) oder auch Video-Aufzeichnungen geschehen. Die Patienten sollen für gewöhnlich die Häufigkeit, die Dauer und die RahmenBedingungen des Verhaltens aufzeichnen. 2. Aufbau von Veränderungs-Motivation: Im zweiten Schritt soll eine Veränderungsmotivation aufgebaut werden, da ambivalente Einstellungen oder Verschleierungsversuche des Problemverhaltens häufig auftreten. Dies geschieht vor allem durch das Durchsprechen der negativen Auswirkungen des Verhaltens und häufige Rückmeldung und Verstärkung von Fortschritten. VT Techniken 3b 3. Competing Response Training: Die zentrale Komponente des HRT ist das Competing Response Training (dt. Training inkompatibler Reaktionen): Hier werden schließlich Verhaltens-Weisen eingeübt, die mit dem Problem-Verhalten inkompatibel sind. Welche VerhaltensWeisen das sind, hängt vom Problem-Verhalten und dem sozialen Kontext ab. Bei Nägelkauen wäre eine inkompatible oder konkurrierende Verhaltens-Weise beispielsweise das Ballen der Hände zur Faust. Diese Verhaltens-Weisen werden erst im Therapie-Setting eingeübt und sollen dann auf den Alltag übertragen werden. Fortschritte und Probleme werden in der Regel täglich besprochen, was auch telefonisch geschehen kann. Wichtig ist häufige Verstärkung des erwünschten Verhaltens, sowie der Anstrengungen und Fortschritte auf dem Weg dorthin. 4. Generalisierungs-Training: Anschließend sollen die Fortschritte auf viele verschiedene Situationen übertragen werden. Dies kann dadurch geschehen, dass der Therapeut dem Patienten die Situationen bewusst macht, in denen das Problem-Verhalten verstärkt auftritt, und der Patient die Anwendung der konkurrierenden Verhaltens-Weisen in der Vorstellung übt und anschließend auf die Realität überträgt. VT Techniken 4 VT Entspannungs- und körperbezogene Techniken Progressive Muskel-Relaxation (nach Jacobson) Angewandte Entspannung Atemtraining Entspannungs-Feedback Biofeedback Neurofeedback Psychoedukative und sonstige Techniken Psychoedukation (z. B. Teufels-Kreis der Angst, Entstehung und Aufrechterhaltung von Psychosen) Kognitives Differenzierungs-Training Training der sozialen Wahrnehmung Achtsamkeits- und emotionsregulationsorientierte, euthyme (stimmungsausgleichende) Verfahren Achtsamkeitsübungen akzeptanzbasierte Übungen (Wahrnehmung des Augenblicks) Üben von Fertigkeiten zur Stress-Toleranz Emotions-Regulations-Training Euthyme Verfahren (z. B. Genuss-Training) Ressourcen-Aktivierung G Rational-emotive Verhaltens-Therapie (REVT) Eine humanistische Psychotherapie 1 Eine humanistische Psychotherapie 2 ABCDE V Eine humanistische Psychotherapie 1 REVT Die Rational-Emotive Verhaltens-Therapie (REVT) gehört zu den psychologischen Verfahren und ist sowohl gesprächs- als auch verhaltensorientiert. Sie gehört nach einem langen Entwicklungs-Prozess heutzutage zu der Gruppe der Verhaltens-Therapien und speziell zu den kognitiven Verhaltens-Therapien. Mittelpunkt ist der Mensch als zielorientiertes und soziales Wesen, das daran leidet, von blockierenden Einstellungen und Gefühlen an der Erreichung von Zielen gehindert zu werden. Dabei wird durch Veranschaulichung veränderter Attributionen aufgezeigt, dass man diesem Leiden nicht hilflos ausgeliefert ist, sondern dass mit Hilfe der eigenen geistigen Kräfte gelernt werden kann, Gefühle und Verhalten aktiv zu verändern. Die Therapie setzt an (gegenwärtigen und vergangenen) Konflikten auf der Einstellungs-, Gefühls- und Verhaltens-Ebene an. REVT ist eine umfassende, integrative, aktiv-direktive, philosophisch und empirisch fundierte Psychotherapie, die auf die Lösung emotionaler Probleme und VerhaltensStörungen fokussiert, und die damit Menschen ermöglicht, ein zufriedeneres und erfüllteres Leben zu führen. Durch die Begrifflichkeit rational und emotiv wird bereits deutlich, dass es sich um eine emotionsfokussierte und erlebnisorientierte Psychotherapie handelt. Auch wenn REVT heute (methodisch korrekt) unter die Verhaltens-Therapie subsumiert wird, liegt die Betonung darauf, dass die REVT (wie z. B. die Gesprächs-Psychotherapie und die Gestalt-Therapie) v. a. eine humanistische Psychotherapie ist. Eine humanistische Psychotherapie 2 REVT Die Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT, vormals RET) ist die älteste und erste der heutigen Kognitiven Verhaltenstherapien, begründet 1955 von Albert Ellis. Die RET entwickelte sich zwar unabhängig von der Kognitiven Verhaltens-Therapie (KVT), ihre Ideen wurden jedoch etwa zehn Jahre später nach der „kognitiven Wende“ von der Verhaltens-Therapie aufgenommen. Die REVT-Methoden stellen heute neben Becks Kognitiver Therapie eine wichtige Grundlage der KVT dar. Darüber hinaus verfügt die REVT aber in besonders ausgeprägtem Maße über einen explizit formulierten philosophischen Hintergrund (Stoa, Epikureismus, Skeptizismus, Existenzphilosophie, Konstruktivismus und Sprachphilosophie). Auch das originäre REVT-Konzept der Selbst- und Fremd-Akzeptanz unterscheidet sie von anderen Formen der Kognitiven Verhaltens-Therapie (z. B. Multimodale Therapie nach Arnold A. Lazarus oder Self-Management Therapie nach Frederick Kanfer), wenngleich diese Grundhaltung der REVT auch von einigen Vertretern neuerer Entwicklungen der KVT rezipiert wurde, so z. B. in der der Acceptance and Commitment Therapy (ACT) nach Hayes und der „Dialektisch-behavioralen Therapie“ nach Marsha Linehan. REVT ist ein ganzheitlicher handlungsorientierter humanistischer Psychotherapie-Ansatz mit dem Ziel emotionalen Wachstums: die Klienten werden ermutigt, ihre Gefühle bewusst zu erleben und auszudrücken, wobei der Zusammenhang von Denken, Fühlen und Handeln betont wird. ABCDE REVT G Kognitive Therapie V nach Beck Die Kognitive Therapie wurde ursprünglich zur Behandlung von Depressionen entwickelt. Ihre Wirksamkeit bei leichten und mittelschweren Depressionen ist gut belegt. Therapie-Schritte: krankmachende, zumeist automatisch ablaufende Gedanken identifizieren Gedanken werden einer ausführlichen Überprüfung unterzogen (sokratischer Dialog) Beim Sokratischen Dialog werden durch gezieltes Fragen und Gegenfragen den Gesprächs-Partnern Freiheiten und Gestaltungs-Möglichkeiten bewusster. Das Ziel ist es, den Gesprächs-Partner bestimmte Werte-Begriffe definieren und reflektieren zu lassen, um danach zu leben. Kognitive Verhaltens-Techniken: Re-Attributierung: Neubewertung der Ursachen einer Krankheit in Richtung auf Selbst-Verantwortung ((Kausal-) Attribuierung ist die Idee des Klienten, wodurch Krankheit verursacht ist – meist Verantwortungs-Delegation) Eigeninstruktionen sind Selbst-Motivationen (selbst Ziele setzen und sich Kontroll- und BelohnungsMechanismen überlegen) Gedanken-Stopp gegen unerwünschte Gedanken und sich aufdrängende Verhaltens-Weisen Antizipation als Vorwegnahme von Ereignissen, Handlungen, Denk-Prozessen aufgrund individueller Erwartungen G Schema-Therapie (ST) Entstehung Schemata Frühe maladaptive Schemata 18 maladaptive Schemata Gültigkeit Bewältigungs-Reaktionen und -Stile 1 Bewältigungs-Reaktionen und -Stile 2 3 maladaptive Bewältigungs-Stile Schema-Modi 10 Schema-Modi Therapie 1 Therapie 2 Reparenting 1 Reparenting 2 Reparenting 3 Reparenting bei speziellen Problemlagen 1 Reparenting bei speziellen Problemlagen 2 Reparenting bei speziellen Problemlagen 3 V Entstehung ST Die Schema-Therapie wurde von Jeffrey E. Young aus der „kognitiven Therapie für Persönlichkeits-Störungen“ nach A. Beck entwickelt. Young war jahrelang in der Gruppe um Beck tätig. Die Schema-Therapeut/-innen sind großenteils in der International Society for Schema Therapy (ISST) zusammengeschlossen. Die Schema-Therapie geht davon aus, dass es bestimmte erlernte Grundschemata gibt, die darauf abzielen, die seelischen Grundbedürfnisse zu befriedigen und hierzu das Verhalten von Menschen steuern. Von Krankenkassen seit 2007 bezahlt. Die Schema-Therapie baut auf verschiedenen psychologischen und psychotherapeutischen Ansätzen auf, u.a.: kognitive Therapie (Aaron T. Beck) Verhaltens-Therapie Stress-Verarbeitung Bindungs-Theorie (Bowlby) Gestalt-Therapie (Perls) klientenzentrierte Psychotherapie (Rogers) Transaktions-Analyse (Berne) Abwehr-Mechanismen (Psychoanalyse) Individualpsychologie (Adler) Schemata ST Das wohl meistverbreitete Konzept des Schemas in der Psychologie stammt von Jean Piaget, der es seiner konstruktivistischen Erkenntnis-Theorie zu Grunde legte (schème d’assimilation). Die Schema-Therapie ist ein Erklärungs- und Behandlungs-Modell für Patienten insbesondere mit schweren Persönlichkeits-Störungen (F60) - aber auch andauernde Persönlichkeits-Veränderung nach Extrembelastung (F62.0), schizotype Störung (F21), anhaltende wahnhafte Störung (F22) und Dysthymia (F34.1). Sie geht davon aus, dass in der Kindheit und im Verlauf des Lebens Schemata erworben werden, die weitgesteckte Muster aus Erinnerungen, Emotionen, Kognitionen und KörperEmpfindungen beinhalten und das Verhalten steuern. Diese Schemata können mit der eigenen Persönlichkeit unvereinbar sein, ihr entgegenstehen und hinderlich, also ich-dyston sein. Der Schema-Begriff der Schema-Therapie darf jedoch nicht mit dem tiefenpsychologischen Begriff „Konflikt-Schema“ aus den Psychodynamischen Psychotherapien verwechselt werden. Dort beschreibt ein Konflikt-Schema im Gegensatz zum stabilen innerpsychischen Schema der Schema-Therapie „kein umschriebenes stabiles Konflikt-Muster“, wie es bei sog. strukturellen Störungen typisch ist. Schemata ähneln jedoch dem psychodynamischen Konzept des Introjekts, sind aber umfassender konzipiert, indem die aus Normen und Werten resultierenden Emotionen und Körper-Empfindungen sowie die daran geknüpften Erinnerungen in das Konzept integriert wurden, womit auch gleichzeitig ihre Resistenz gegen Änderungen erklärt wird. Frühe maladaptive Schemata ST Young bezeichnet früh erworbenen hinderlichen Schemata als „frühe maladaptive Schemata“. Dabei handelt es sich nach Young um „ein weitgestrecktes, umfassendes Thema oder Muster, das aus Erinnerungen, Emotionen, Kognitionen und KörperEmpfindungen besteht, die sich auf den Betreffenden selbst und seine Kontakte zu anderen Menschen beziehen, ein Muster, das in der Kindheit oder Adoleszenz entstanden ist, im Laufe des weiteren Lebens stärker ausgeprägt wurde und stark dysfunktional ist.“ Problematische (dysfunktionale) Verhaltens-Weisen entstehen dabei als Reaktion auf ein Schema, sind jedoch selbst kein Teil des Schemas. Ein maladaptives Schema entsteht durch schädliche Kindheits-Erlebnisse, die auf der Verletzung menschlicher Grundbedürfnisse basieren. Dabei werden traumatische Erlebnisse, die Erfahrung der Nichterfüllung wesentlicher Grundbedürfnisse durch die frühen Bezugs-Personen, aber auch deren Übererfüllung durch „Zuviel des Guten“ oder selektive Internalisierung bzw. Identifikation mit wichtigen Bezugs-Personen unterschieden. Somit entstehen fast alle Schemata durch schädigende (jedoch nicht unbedingt traumatische) Erlebnisse, die sich während der Kindheit und Adoleszenz regelmäßig wiederholen und gemeinsam zur Ausprägung des Schemas führen. Schemata werden aufrechterhalten aufgrund des menschlichen Strebens nach Konsistenz. Obwohl es Leiden verursacht, fühlt sich das Schema aufgrund seiner Vertrautheit „richtig" an. Dadurch fühlt man sich durch Ereignisse angezogen, die das eigene Schema aktivieren. Darin überschneidet sich der Schema-Begriff der SchemaTherapie mit dem Begriff des unbewussten neurotischen Konflikts der psychodynamischen Therapien, der sich in repetitiv-dysfunktionalem Beziehungs-Verhalten zeigt. 18 maladaptive Schemata ST Bisher wurden 18 maladaptive Schemata festgestellt, von denen meistens mehrere bei einem Patienten auftreten, und die von Young fünf Schema-Domänen zugeordnet wurden: 1. Schema-Domäne Abgetrenntheit und Ablehnung (Disconnection and Rejection) a. b. c. d. e. Verlassenheit/Instabilität (Abandonment/Instability) Misstrauen/Missbrauch (und Misshandlung) (Mistrust/Abuse) Emotionale Entbehrung (Emotional Deprivation) Unzulänglichkeit/Scham (Defectiveness/Shame) Soziale Isolierung/Entfremdung (Social Isolation/Alienation) 2. Schema-Domäne Beeinträchtigung von Autonomie und Leistung (Impaired Autonomy and Performance) a. b. c. d. Abhängigkeit/Inkompetenz (Dependence/Incompetence) Anfälligkeit für Schädigungen oder Krankheiten (Vulnerability to Harm or Illness) Verstrickung/Unterentwickeltes Selbst (Enmeshment/Undeveloped Self) Versagen (Failure) 3. Schema-Domäne Beeinträchtigungen im Umgang mit Begrenzungen (Impaired Limits) a. b. Anspruchs-Haltung/Grandiosität (Entitlement/Grandiosity) Unzureichende Selbst-Kontrolle/Selbst-Disziplin (Insufficient Self-Control/Self-Discipline) 4. Schema-Domäne Fremdbezogenheit (Other-Directedness) a. b. c. Unterwerfung (Subjugation) Selbst-Aufopferung (Self-Sacrifice) Streben nach Zustimmung und Anerkennung (Approval-Seeking/Recognition-Seeking) 5. Schema-Domäne Übertriebene Wachsamkeit und Gehemmtheit (Overvigilance and Inhibition) a. b. c. d. Negativität/Pessimismus Emotionale Gehemmtheit (Emotional Inhibition) Überhöhte Standards/übertrieben kritische Haltung (Unrelenting Standards/Hypercriticalness) Bestrafen (Punitiveness) Gültigkeit Bei den genannten Schemata unterscheidet Young zwischen bedingungslos gültigen und bedingt gültigen Schemata, wobei die bedingungslos gültigen Schemata im Allgemeinen diejenigen sind, die am frühesten entstehen und am zentralsten sind. Später entstehende Schemata sind dagegen bedingt gültig. So entsteht z. B. das Schema Überhöhte Standards häufig als Reaktion auf das Schema Unzulänglichkeit/Scham. Bedingt gültige Schemata sind: Unterwerfung (4a), Selbst-Aufopferung (4b), Streben nach Zustimmung und Anerkennung (4c), Emotionale Gehemmtheit (5b) und überhöhte Standards/übertrieben kritische Haltung (5c). Alle anderen Schemata aus der obigen Liste sind nach Young bedingungslos gültig. ST Bewältigungs-Reaktionen und -Stile 1 Schemata betreffen den Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen. Ihre Entstehung bewirkt, dass der Mensch dem Schema entsprechende Bewältigungs-Stile und Bewältigungs-Reaktionen entwickelt. Im Menschen entsteht beispielsweise das Schema der eigenen „Unzulänglichkeit“, wenn er als Kind das Gefühl hatte, er sei es nicht wert, geliebt zu werden. Daraus entwickelt er als Erwachsener beispielsweise die BewältigungsReaktion, sich vor Liebe zu fürchten, weil er es kaum glauben kann, dass man ihn schätzen kann (Bewältigungs-Reaktion entsprechend einer Form der „Flucht“ im Rahmen der drei Bewältigungs-Stile „Kampf“, „Erstarrung“ oder „Flucht“). Wurde der Mensch als Kind nicht zur Selbstständigkeit erzogen, so dass er sich inkompetent fühlt, entsteht das Schema der „Abhängigkeit“. Die entsprechende Bewältigungs-Reaktion könnte sein, sich als Erwachsener vom Partner abhängig zu machen und dominieren zu lassen („Erdulden“/„Erstarrung“). ST Bewältigungs-Reaktionen und -Stile 2 Wurde der Mensch als Kind durch inkonsequentes Verhalten der Eltern verzogen und ihm keine Grenzen gesetzt, entsteht das Schema der „Anspruchs-Haltung“. Die daraus entwickelte Bewältigungs-Reaktion könnte sein, dass der Mensch als Erwachsener schnell wütend wird, wenn er nicht bekommt, was er will („Angriff“). Wurde der Mensch als Kind oftmals allein gelassen oder zurückgewiesen, entsteht das Schema der „Verlassenheit“. Die daraus entwickelte Bewältigungs-Reaktion könnte sein, dass der Mensch als Erwachsener sich an andere Menschen anklammert, aus Angst verlassen zu werden. Die Form des Bewältigungs-Stils und der Bewältigungs-Reaktion kann sich manifestieren als Verhalten oder als Gedanke/ Kognition oder als Gefühl/Affekt. Bewältigungs-Reaktionen und Bewältigungs-Stile können sich für einen Menschen in unterschiedlichen Lebens-Phasen und Lebens-Situationen ändern, auch wenn das Schema bleibt. Deshalb werden Schemata und Bewältigungs-Reaktionen voneinander getrennt beschrieben. ST 3 maladaptive Bewältigungs-Stile Schema BewältigungsStil BewältigungsReaktion ST Young unterscheidet drei maladaptive Bewältigungs-Stile, die die Betroffenen schon früh im Leben entwickeln, um sich den Schemata (und den damit zusammenhängenden schwer erträglichen Gefühlen) anzupassen. Sich-Fügen: Die betroffene Person fügt sich in ihr Schema, übernimmt die Rolle des „Kindes" und wählt z. B. Partner, die sie so behandeln, wie es der verletzende Elternteil getan hat. Überkompensation: Die betroffene Person versucht, sich möglichst entgegengesetzt zum Schema zu verhalten (z. B. beim Schema 'Unzulänglichkeit' der Versuch, Perfektion zu erreichen; beim Schema „Unterwerfung“ der Versuch, andere zu unterwerfen). Vermeiden: Die betroffene Person versucht sich so zu verhalten, dass ihr Schema möglichst nicht aktiviert wird (unterdrückt Gefühle, trinkt Alkohol, sucht den Kick in immer neuer Erregung, entwickelt einen Reinlichkeits-Zwang, vermeidet vertrauliche Beziehungen oder berufliche Herausforderungen etc.). Ein Bewältigungs-Stil eine Ansammlung von Bewältigungs-Reaktionen, die ein Mensch anwendet, um sich zu fügen, zu überkompensieren oder zu vermeiden. Eine Bewältigungs-Reaktion ist ein bestimmtes Verhalten oder eine Strategie (z. B. Bier trinken), die zu einem Bewältigungs-Stil gehört (z. B. Vermeiden), der bei der Bewältigung eines bestimmten Schemas (z. B. Verlassenheit) in einer bestimmten Situation (z. B. Streit mit der Freundin) eingesetzt wird. Schema-Modi Schema-Modi sind nach Young „Schemata oder SchemaOperationen, die bei einem Menschen in einem konkreten Augenblick aktiv sind". Schema-Modi können funktional oder dysfunktional sein. Dysfunktionale Schema-Modi sind „Teile des Selbst, die in mehr oder minder starkem Maße von anderen Aspekten des Selbst abgeschnitten" (dissoziiert) sind. Bei der Arbeit mit Patienten mit Borderline-Persönlichkeits-Störung (F60.31) stellten Young und Mitarbeiter/-innen fest, dass bei diesen eine unüberschaubar große Zahl von Schemata und Bewältigungs-Reaktionen vorlagen, die zudem ständig wechselten. Das Konzept der Schema-Modi wurde daher entwickelt, um ständig wechselnde Zustände zu erklären und mit diesen zu arbeiten. Young beschreibt 10 Schema-Modi, die vier Kategorien zugeordnet sind. In der Therapie können für die folgenden Benennungen auch individuelle Namen gefunden werden, die vom Patienten als besser passend empfunden werden. ST 10 Schema-Modi ST Kind-Modi: 1. verletzbares (auch: verlassenes, missbrauchtes, misshandeltes, Entbehrung erlebendes, zurückgewiesenes) Kind 2. verärgertes Kind (ist wegen Nichterfüllung seiner Bedürfnisse verärgert; handelt, ohne an die Folgen zu denken) 3. impulsives/undiszipliniertes Kind (handelt im Sinne seiner Wünsche, folgt rücksichtslos seinen natürlichen Neigungen, ebenfalls ohne an die Konsequenzen zu denken) 4. glückliches Kind (zentrale emotionale Bedürfnisse sind im Moment erfüllt) Dysfunktionale Bewältigung (entsprechend den drei Bewältigungs-Stilen): 5. bereitwillig Sich-Ergebender (unterwirft sich dem Schema, wird zum passiven, hilflosen Kind, das anderen nachgibt) 6. Überkompensierender (wehrt sich, indem er andere schlecht behandelt oder andere extreme Verhaltensweisen zeigt, um das Schema zu widerlegen) 7. distanzierter Beschützer (löst sich emotional vom Schema, praktiziert SuchtMittel-Missbrauch, meidet andere oder praktiziert andere Formen der Flucht) Dysfunktionale Eltern-Modi 8. strafender Elternteil (straft den Kind-Modus, weil dieser angeblich „böse" ist) 9. fordernder Elternteil (drängt das Kind ständig, übertrieben hohen Anforderungen zu genügen) 10. gesunder Erwachsener (soll in der Therapie gestärkt werden) Therapie 1 ST Um die vom Patienten gewünschte Veränderung in seinem Leben erreichen zu können, müssen in einer ersten Phase der Einschätzung und Edukation die Schemata bzw. Modi identifiziert werden, die bewirken, dass er bestimmte unerwünschte Verhaltensweisen immer wieder ausführt. Dabei wird der Patient über die Grundannahmen und das Vorgehen der Schema-Therapie informiert, es erfolgt eine Einschätzung der aktuellen Probleme und eine ProblemAnamnese und der Therapie-Ziele. Mithilfe von Fragebögen werden die maladaptiven Schemata identifiziert und im Gespräch mit dem Patienten überprüft. Dabei wird dieser auch informiert über die Annahmen des Therapeuten. Dieser erstellt daraufhin ein FallKonzept. Als klärungsorientierter Bestandteil der Therapie ist es für den Patienten bedeutsam, zu verstehen, wie es zur Entwicklung der einzelnen Schemata kam, um sie zu verändern. Danach tritt die Therapie in die zweite Phase der Veränderung ein. Für diesen Veränderungs-Prozess werden bestimmte Behandlungs-Strategien angewendet, die erst durch auch erlebnis- und handlungsorientierte Anteile verhaltensändernd wirksam werden. In den beiden Therapiephasen kommen fünf Interventions-Prinzipien zum Einsatz: 1. 2. 3. 4. 5. Einschätzung und Edukation über Schemata, Kognitive Interventionen, Erlebnisbasierte Interventionen, Unterbrechung maladaptiver Verhaltens-Muster, bei der auch mit Hilfe bewährter Methoden aus Verhaltens-Therapie die Überwindung der unerwünschten Verhaltens-Muster erreicht werden soll. Auch die Beziehung zwischen dem Therapeuten und dem Patienten wird als Mittel zur Veränderung eingesetzt. Es dem Prozess der therapeutischen Beziehung eine zentrale Bedeutung zu, durch den der Patient nachträglich seitens des Therapeuten begrenzt elterliche Fürsorge erleben kann, die seine Kern-Bedürfnisse erkennt und erfüllt. Therapie 2 ST Damit das unerwünschte Verhalten nicht automatisch wieder ausgeführt wird, erarbeitet der Patient innerhalb der Therapie Wege, eine „innere Distanz“ zu seinen eingefahrenen Verhaltensmustern herzustellen. Dazu erhält er den Auftrag, das eigene Verhaltensrepertoire wertfrei aus einem Abstand zu beobachten und zu analysieren. Die wertfreie Beobachtung soll Selbst-Erkenntnis und Verstehen der Ursachen der vom Patienten unerwünschten Verhaltens-Weisen ermöglichen. Aus der Selbst-Erkenntnis heraus kann der Patient in der nächsten entsprechenden Situation bewusster handeln, der „Falle alter Verhaltens-Muster“ entgehen und für diese Situationen neue, von ihm erwünschte Handlungs-Muster entwerfen. Als Hilfs-Mittel für eine Distanzierung zu den eigenen Gefühlen, zum Verstehen der alten sowie zum Erarbeiten der neuen Verhaltens-Muster, wird die therapeutische Spaltung/ Dissoziation eingesetzt. Das ist eine therapeutisch erwünschte und bewusst herbeigeführte Aufspaltung in verschiedene Aspekte der eigenen Persönlichkeit, die bildhaft vorstellbar/Imagination sind, beispielsweise das Innere Kind in unterschiedlichen Erscheinungs-Formen/Modi wie: verletztes, verärgertes, undiszipliniertes oder glückliches Kind. Das Ziel der therapeutischen Arbeit besteht darin, entsprechend dem Vorbild des Therapeuten den Schema-Modus „gesunder Erwachsener“ zu verinnerlichen. Mit dessen Hilfe soll der Patient zukünftig die Wirkung maladaptiver Schemata erkennen und gesunde Verhaltens-Weisen entwickeln können, also erlernte Automatismen durch zielgerichtete, bewusste und angemessene Handlungen ersetzen. Der zugehörige therapeutische Prozess arbeitet mit innerer Distanzierung, bewusster Wahrnehmung, sehr detaillierter Betrachtung und Benennung der verschiedenen Aspekte der Verhaltens-Grundmuster. Reparenting 1 ST Innerhalb der Behandlung leitet der Therapeut Imaginationen an, und übernimmt beispielsweise im imaginativen Rollenspiel einen Part der Eltern. Dabei bietet er dem Patienten über das sogenannte „Reparenting“ die elterlichen Qualitäten an, die fehlten. Je nach Problematik und bestehenden Schemata kann dies elterliche Fürsorge sein, Stärkung des Vertrauens, Vermittlung von Stabilität, emotionale Zuwendung, Fördern der Unabhängigkeit. Reparenting (englisch parents – Eltern; re- – wieder-) bzw. Neubeelterung oder Wiederbeelterung oder Nachnährung: Es beschreibt eine Haltung der Entwicklungs-Begleitung, die der Entwicklung suchenden Person gezielt nachträgliche, elterliche Fürsorge zukommen lässt, die innerhalb des Rahmens einer Entwicklungs-Begleit-Beziehung angemessen ist. Das Konzept der „Nachnährung“ als Alternative zu Freuds eher versagender Nacherziehung stellte Sándor Ferenczi 1931 zu Freuds 75. Geburtstag in Wien vor. Nach seiner Theorie sei es nicht die Übertragung, sondern das „Gegenmilieu“, das die Heilung bringe. Anstatt der nötigen Zuwendung und Geborgenheit erlebten viele Neurotiker eine Mischung aus Strenge und Sexualisierung in der Kindheit. „Solche Neurotiker müsste man förmlich adoptieren und erstmalig der Segnungen einer normalen Kinder-Stube teilhaftig werden lassen.“ Das Reparenting ist ein Konzept der Integrativen Therapie und der Gestalt-Therapie, die 1969 von Hilarion Petzold im Konzept der progredierenden Analyse (spiralförmig fortlaufende und sich rückbeziehende Analyse) entwickelt wurde. Es basiert auf vorausgehenden Theorien von beispielsweise Ferenczi oder Michael Balint. Reparenting 2 ST In den frühen und späteren Phasen menschlicher Entwicklung bilden sich innere Haltungen heraus, die bei ungünstigem Verlauf zur Entstehung neurotischer Konflikte und neurotischer Störungen führen. Mentzos nennt dies 1982 übereinander liegende Schichten von Abwehr-Systemen, die den sogenannten „Zentralen Konflikt“ verdecken, wobei diese Abwehr-Systeme häufig zu einem Problem werden. Die grundlegenden Konflikte, die zur notwendigen Entwicklung dieser problematischen Abwehr-Mechanismen führten, sollen in einer Psychotherapie wiederbelebt werden, um verarbeitet werden zu können. Die schädigende Wirkung der verinnerlichten elterlichen Bilder/Repräsentanzen kann mittels einer korrektiven Atmosphäre zwischenmenschlichen Kontaktes verändert werden, wobei das Reparenting eine mögliche Herangehensweise darstellt. Bei der Behandlung von Defiziten stellt das Reparenting jene Beziehungs-Qualitäten zur Verfügung, die zur Ausbildung einer starken Persönlichkeits-Struktur notwendig gewesen wären. Die entwicklungsbegleitende Person hat die Aufgabe, das zu verkörpern, was vorher gefehlt hat. Reparenting 3 ST Die „Nachbeelterung“ als therapeutische Strategie ist eine schwierige GratWanderung, weil ein wirklicher Ersatz für die frühen und unbefriedigenden Eltern- und Beziehungs-Erfahrungen nicht möglich ist. Die vergangene reale Lebens- und Entwicklungs-Geschichte des einzelnen Menschen ist nicht veränderbar, jedoch die Auswirkungen, die sie auf seine heute möglichen Beziehungen hat. Die verantwortungsvolle Einschätzung der Grenzen des Reparenting ist Aufgabe des Therapeuten. Alle Formen der Zuwendung in Worten, Blicken oder Berührungen müssen innerhalb des therapeutischen Rahmens liegen und dürfen keinerlei missbräuchlichen Charakter annehmen. Es sind immer therapeutische, elterlich gefärbte Zuwendungen, die nicht egoistische Wünsche des Therapeuten befriedigen dürfen und ebenso eventuelle missbräuchliche Wünsche des Patienten ausgrenzen müssen. Dies ist speziell beim Reparenting in körper- und berührungs-orientierten Psychotherapien, die ein großes Maß an Nähe voraussetzen, von wesentlicher berufsethischer Bedeutung. Damit das Reparenting wirksam werden kann, muss es genau an die Problematik der Rat suchenden Person angepasst werden. Wichtig ist dabei die Berücksichtigung des jeweiligen Modus, in dem sich die Person gerade befindet, wann er den Modus wechselt und ob mehrere Schemata parallel wirksam sind. Reparenting bei speziellen Problem-Lagen 1 ST maladaptives Sch. Erforderliche Atmosphäre für das Reparenting Verlassenheit / Der Therapeut bietet Stabilität und Struktur und unterstützt den Patienten dabei, stabile Instabilität Beziehungen im Alltags-Leben zu finden. Den Befürchtungen des Patienten, mit hoher Wahrscheinlichkeit verlassen zu werden, setzt er eine realistische Einschätzung entgegen. Der Patient soll lernen, vorübergehende Trennungen zu akzeptieren, ohne sich zu verschließen oder sich selbstzerstörerisch zu verhalten. Misstrauen / Der Therapeut verhält sich vertrauenswürdig und aufrichtig und spricht den Patienten auf Missbrauch eventuelle negative Gefühle oder Erwartungen dem Therapeuten gegenüber an. Emotionale Therapeut schafft eine Atmosphäre emotionaler Wärme, Empathie und bemühten Helfens. Entbehrung Er verdeutlicht die Rechte des Patienten auf emotionale Bedürfnisse und deren Befriedigung und ermutigt ihn, um die jeweils gebrauchte emotionale Zuwendung zu bitten. Er unterstützt den Patienten dabei, Gefühle der Entbehrung auszudrücken, ohne aggressiv zu werden oder sich in Schweigen zurückzuziehen. Der Patient soll lernen, Entbehrungen zu ertragen und eigene Unvollkommenheit zu akzeptieren. Unzulänglichkeit / Therapeut demonstriert Akzeptanz und nicht-urteilendes Verhalten gegenüber dem Scham Patienten. Er unterstreicht, wie wichtig das Wohl des Patienten unabhängig von seinen Mängeln ist, und macht ihm aufrichtige Komplimente, die der Realität entsprechen. Der Therapeut steht selbst zur eigenen Unvollkommenheit und kann persönliche Schwächen zugeben. Soziale Isolierung/ Therapeut führt vor, inwieweit sich die Persönlichkeiten von Patient und ihm ähneln und in Entfremdung welchen Punkten sie sich unterscheiden, und verdeutlicht, dass trotzdem fruchtbare Kommunikation möglich ist. Abhängigkeit / Therapeut wehrt die Versuche des Patienten ab, sich von ihm abhängig zu machen. Inkompetenz Er fordert selbstständige Entscheidungen, lobt aber auch explizit Fortschritte und gute Einschätzungen des Patienten. Reparenting bei speziellen Problem-Lagen 2 maladaptives Sch. Anfälligkeit für Schädigungen oder Krankheiten Verstrickung / unterentwickeltes Selbst Verstrickung / unterentwickeltes Selbst Versagen/ fehlendes DurchhalteVermögen AnspruchsHaltung / Grandiosität Selbstkontrolle und -disziplin unzureichend Unterwerfung ST Erforderliche Atmosphäre für das Reparenting Patient soll lernen, sich von allgemeinen Ängsten und Gefahren-Vorstellungen zu lösen. Der Therapeut bringt sein Vertrauen zum Ausdruck, dass der Patient in der Lage sein wird, angsterzeugende Situationen sowie gefürchtete Erkrankungen zu bewältigen. Therapeut setzt eindeutige Grenzen, die ein angemessenes Verhältnis von Nähe und Distanz ermöglichen. Er unterstützt den Patienten darin, ein Empfinden für die eigene Unabhängigkeit zu entwickeln. Therapeut setzt eindeutige Grenzen, die ein angemessenes Verhältnis von Nähe und Distanz ermöglichen. Er unterstützt den Patienten darin, ein Empfinden für die eigene Unabhängigkeit zu entwickeln. Der Therapeut unterstützt den Patienten in dessen Bestreben nach schulischen, akademischen und beruflichen Erfolgen. Der Patient soll mit Hilfe des Therapeuten Bewältigungs-Strukturen aufbauen und Grenzen für sich selbst definieren. Der Therapeut unterstützt die verletzbare Seite des Patienten, nicht die Anspruchs-Seite. Der Patient soll lernen, seiner Anspruchs-Seite Grenzen zu setzen und sich um emotionale Verbundenheit zu bemühen, statt nach Status oder Macht zu streben. Therapeut setzt massiv Grenzen und lebt Selbst-Disziplin und angemessene SelbstKontrolle eindeutig vor. Er ermutigt und lobt den Patienten, wenn dieser die Fähigkeiten allmählich selbst entwickelt. Der Therapeut bezieht den Patienten in viele Entscheidungen bei der Gestaltung des Therapie-Plans mit ein, wobei das Verhalten des Therapeuten möglichst wenig direktiv ist. Der Therapeut weist den Patienten auf eventuelles ehrerbietiges oder rebellisches Verhalten hin und fördert ihn dabei, eigenen Ärger angemessen auszudrücken. Der Patient soll lernen, eigene, unabhängige Entscheidungen zu treffen. Reparenting bei speziellen Problem-Lagen 3 ST maladaptives Sch. Erforderliche Atmosphäre für das Reparenting Selbstaufopferung Der Therapeut unterstützt den Patienten dabei, sich selbst angemessene Grenzen zu setzen und sich für eigene Rechte und die Erfüllung eigener Bedürfnisse einzusetzen. Negativität / In konkreten Fragen vermeidet es der Therapeut, der negativen Einschätzung des Pessimismus Patienten eine eigene positive Einschätzung entgegenzusetzen. Vielmehr fordert der den Patienten auf, sich nacheinander selbst in beide Rollen hinein zu versetzen. Ansonsten zeigt der Therapeut gesunden Optimismus. Emotionale Der Therapeut ermutigt den Patienten zum spontanen Ausdruck von Gefühlen in der Gehemmtheit Sitzung und zeigt den angemessenen Ausdruck eigener Affekte. Überhöhte Der Therapeut lebt eine ausgewogene Einstellung zu Arbeit und Privatleben vor. Er Standards / bestärkt den Patienten im spielerischen Umgang mit den Dingen und dem Mut zur Übertrieben eigenen Unvollkommenheit. kritische Haltung Der Patient soll lernen, sich selbst und andere weniger ernst und streng zu bewerten. Bestrafen Der Therapeut demonstriert eine vergebende Haltung sich selbst und dem Patienten gegenüber, und zollt dem Patienten Anerkennung, wenn dieser anderen vergibt. Streben nach Der Therapeut hebt das Kern-Selbst des Patienten hervor und unterstützt den Patienten Zustimmung und durch Wohlwollen und Wertschätzung. Der Patient soll lernen, sich von oberflächlichen Anerkennung Kriterien wie Status, äußerer Erscheinung oder Reichtum zu lösen. G Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) nach Marsha Lineham Einordnung Innere Achtsamkeit Zwischenmenschliche Fertigkeiten Umgang mit Gefühlen Stress-Toleranz Selbst-Wert V Einordnung Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) ist eine von der amerikanischen Psychologin Marsha M. Linehan in den 1980er Jahren entwickelte Psychotherapie-Form zur Behandlung von stark suizidalen Frauen und kommt heute zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung (F60.31) zum Einsatz. Die DBT basiert auf der kognitiven Verhaltens-Therapie, umfasst aber auch Elemente anderer Therapierichtungen sowie fernöstliche Meditations-Techniken. Im Sinne der DBT betrachtet Dialektik scheinbare Gegensätze in der Welt des Patienten, um sie aufzulösen und schrittweise zu integrieren. DBT Innere Achtsamkeit Mit innerer Achtsamkeit werden dem Patienten Techniken vermittelt, sich selbst besser zu spüren und wahrzunehmen und seiner Wahrnehmung zu vertrauen. Er soll sich in einer Situation sicher fühlen können, ohne sie zu bewerten oder entwerten zu müssen, und das rechte Maß finden, an der Situation teilnehmen zu können oder Distanz zu ihr zu bewahren. Hier fließen die Ansätze des Zen ein. Ziele sind, mehr Bewusstheit im Alltag zu gewinnen, mehr Steuerungs-Möglichkeiten über sich selbst zu bekommen und Gefühle und Verstand in Einklang zu bringen. DBT Zwischenmenschliche Fertigkeiten DBT Das Modul Zwischenmenschliche Fertigkeiten soll dazu befähigen, Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen. Dabei geht es darum, in der Begegnung mit anderen abzuwägen, ob es in der jeweiligen Situation wichtiger ist die Beziehung aufrechtzuerhalten, oder den eigenen Willen durchzusetzen. Faktoren, die die Sozialkompetenz des betreffenden Teilnehmers beeinträchtigen, werden herausgearbeitet, sowie Faktoren, die seine Kompetenz fördern. Zu den jeweiligen Bereichen werden förderliche Selbst-Aussagen erarbeitet (z. B. „Ich kann mir selbst vertrauen. Ich darf mich selbst achten. Ich bin es wert, geachtet zu werden. Ich bin berechtigt, dafür zu sorgen, dass es mir gut geht.“) Es soll dem Menschen möglich werden, auf eigenen Wünschen, Zielen und Meinungen bestehen zu können, ohne die Beziehung zum anderen zu gefährden, dabei von anderen Menschen respektiert zu werden und die eigene Selbst-Achtung aufrechtzuerhalten. Dieses Modul ist verwandt mit dem sozialen Kompetenz-Training. Es geht um die Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse, deren Äußerung, Durchsetzung und Abgrenzung gegenüber anderen. Soziale Selbstsicherheits-Strategien werden vermittelt und entsprechende Verhaltens-Weisen trainiert, mit dem Ziel, die Kompetenz im Umgang mit anderen zu stärken. Beispielsweise: „Wie kann ich fragen, wenn ich etwas brauche. Wie kann ich nein sagen oder mich besser durchsetzen. Wie kann ich mit Konflikten mit anderen Menschen angemessen und effektiv umgehen. Wie kann ich eine Beziehung pflegen.“ Umgang mit Gefühlen Im Umgang mit Gefühlen lernen die Patienten ihre unterschiedlichen Gefühle zu erkennen, zu benennen und ihre Bedeutung für ihr Handeln zu begreifen. Gefühle sind Signale, die dem Menschen Orientierung geben, beispielsweise darüber, ob ihn etwas gerade wütend macht, und es ist wichtig auch unangenehme Gefühle auszudrücken. Besprochen und geübt werden Fertigkeiten wie Beobachten, Beschreiben und Verstehen von Gefühlen, Verwundbarkeit verringern, Schritte in Richtung angenehmer Gefühle tun, emotionales Leiden loslassen. Ziel ist, Gefühle in ihren Bedeutungen und Auswirkungen verstehen und akzeptieren zu lernen und das Vertrauen in die eigenen Gefühle zu stärken. DBT Stress-Toleranz Bei der Stress-Toleranz ist der erste Schritt das Akzeptieren der Tatsache, in dem Moment im Stress zu sein. Als Möglichkeit bleiben in diesen Momenten das Abstandnehmen (innerlich einen Schritt zurücktreten), das Denken auf das Jetzt und die nächsten Minuten zu beschränken, und der Einfluss eines starken Sinnesreizes, um die Situation durchzustehen. Die Patienten lernen, Krisen auszuhalten und Spannung zu reduzieren durch Techniken wie: sich durch starke sensorische Reize ablenken (z. B. Eis-Würfel), durch verschiedene Techniken „den Augenblick verbessern“, „Pro und Contra“ (welche Argumente sprechen für selbstverletzendes Verhalten, welche dagegen), Akzeptieren der Realität, Atem-Übungen, „leichtes Lächeln“ und Achtsamkeits-Übungen. Ein weiteres Ziel ist, zu lernen, unangenehme Ereignisse und Gefühle zu ertragen, solange sich die Situation nicht verändern lässt („Radikale Akzeptanz“). DBT Selbst-Wert Beim Modul Selbst-Wert soll der Betroffene erlernen, dass auch er etwas wert ist. Die Haltung zu sich selbst soll verbessert werden, es soll erlernt werden, auf sich zu achten, sich selbst zu lieben und sich um sich selbst zu sorgen. Ziel der Übung ist der Aufbau eines gesunden Selbst-Vertrauens und Selbst-Akzeptanz. Die Patienten werden angeleitet, sich einen individuellen „NotfallKoffer“ einzurichten, in dem wichtige Hilfsmittel für Stress-ToleranzFertigkeiten aufbewahrt werden. Kärtchen, auf denen die hilfreichsten Fertigkeiten eingetragen sind, sollten die Patienten bei sich tragen. Die Patienten erhalten außerdem Formulare, auf denen die gelernten Fertigkeiten eingetragen sind, und protokollieren, welche Fertigkeiten sie mit welchem Erfolg geübt haben. DBT G Humanistische Verfahren (H) Hauptrichtungen Wachstum und Menschlichkeit Humanistische Psychotherapie Beziehungen und Methoden Personenzentrierte Gesprächs-Therapie Gestalt-Therapie REB Hauptrichtungen Von der Psychoanalyse sind Einflüsse zu verzeichnen zu Verfahren, die sich heute der humanistischen Psychotherapie zurechnen wie die Transaktions-Analyse (E. Berne), die Körper-Psychotherapie (W. Reich, E. Gindler), das Psychodrama (J. Moreno) und die Gestalt-Therapie (F. und L. Perls, P. Goodman), die ihrerseits viele Elemente der systemischen Therapie beinhaltet Ausgenommen sind die Logotherapie (V. Frankl) und die personenzentrierte Gesprächs-Therapie (C. Rogers) Die Integrative Psychotherapie (H. Petzold) vereint in sich Konzepte der ich-psychologisch orientierten Psychoanalyse, des Psychodrama, der Gestalt-Therapie und der allgemeinen Verhaltens-Therapie Drei E: Humanistische Psychotherapie versteht sich allgemein als experientiell, weil sie sich an der unmittelbaren Erfahrung orientiert, experimentell, weil der psychotherapeutische Prozess als Ergebnis kooperativer Kreativität gesehen wird, und existentiell, weil Themen wie Fragen nach dem Sinn, Werten und Zielen einen zentralen Stellen-Wert im therapeutischen Prozess einnehmen. H Wachstum und Menschlichkeit H Die Humanistische Psychotherapie (HP) stellt das psychische Wachstum (im Sinne persönlicher Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung in sozialen Kontexten) durch Aktivierung und Entfaltung spezifisch menschlicher Ressourcen (Potenziale) auf ein von Sinn getragenes, selbstverwirklichendes, authentisches Leben hin in den Mittelpunkt. Der Mensch wird als Subjekt in seinen biologischen, biografischen, sozialen und ökologischen Bezogenheiten und Bedingtheiten gesehen, dessen Erleben introspektiv bzw. intersubjektiv (selbstempathisch bzw. empathisch) erfasst werden kann. ist fähig zu kreativem Wachstum und konstruktiver Veränderung. wird holistisch in seiner bio-psycho-kulto-sozialen Ganzheit gesehen. trägt die für die Befreiung aus psychischem Leid erforderlichen Ressourcen in sich. Diese werden durch die Gestaltung der psychotherapeutischen Beziehung und durch psychotherapeutische Interventionen aktiviert und können auf zu bewältigende Lebens-Probleme angewandt werden. In der Humanistische Psychotherapie steht im Mittelpunkt, was beim Menschen spezifisch menschlich ist und damit eine Dimension über die animalisch, neurochemische Trieboder Reflexdeterminiertheit und auch über vergangene lebensgeschichtliche Prägungen hinausgeht, insbesondere das Bedürfnis nach Sinn, das intentional, also zukunftsorientiert ist, die Bewusstheit und das Gewahrsein, die Fähigkeiten zur Introspektion und zu reflexivem Denken, die existenzielle Wahl-Freiheit des menschlichen Willens, die die persönliche Verantwortung für die eigenen Entscheidungen und ihre Folgen impliziert, die Kreativität des Menschen zur schöpferischen Lebens-Gestaltung und zur Co-Kreation sozialer Prozesse, die Liebe, die die andere Person als Person meint, das bewusste und aktive, engagierte Sich-Einsetzen für oder gegen, das Sich-Auseinandersetzen mit bzw. das Ringen um etwas, das nicht auf Aggression im biologischen Sinn reduziert werden kann. Humanistische Psychotherapie Humanistische Psychotherapie (HP) als Kranken-Behandlung fokussiert auf dem nur dem Menschen eigene Verschränkung von organismischen (somatischen) und psychosozialen Prozessen mit der besonderen Perspektive einer selbstregulativen, sinnorientierten, intentional-motivierten, selbstverantwortlichen, auf die Zukunft ausgerichteten Aktualisierung kreativer Potenziale in Adaptation (Anpassung) an diese Gesamtgegebenheiten. Nosologisch gesehen, also unter dem Gesichtspunkt der Entstehung (Ätiologie) und Klassifikation von Krankheiten, der Krankheits-Lehre, können diese Gesamtgegebenheiten in der Entwicklung des Menschen auf materieller, somatischer, psychischer und interaktioneller Ebene zur Herausbildung von Mustern in Lebens-Prozessen (wozu auch Erleben und Verhalten gehören) geführt haben, die besonders für neue EntwicklungsAufgaben und Bedingungen nicht adaptiv sind, d. h. keine kreative, die LebensQualität sichernde und steigernde Neuausrichtung des Lebens ermöglichen. H Beziehungen und Methoden Die Methoden sind primär erlebens- und erfahrungs-zentriert einschließlich deren Symbolisierung, wobei aber auch psychoedukative und übende Vorgehens-Weisen im Rahmen der Grundorientierung der Humanistischen Psychotherapie einbezogen werden können. Der Mensch wird als verkörpert gesehen. Daher ist die psychotherapeutische Arbeit mit dem Körper (z. B. dem Körper-Erleben und/oder dem Körper-Ausdruck) ein zentraler Aspekt der Humanistischen Psychotherapie. Zentral für die Humanistische Psychotherapie ist die Unterstützung von intensiven selbstexplorativen Erfahrungen körperlicher, emotionaler, kognitiver und interaktiver Prozesse im Rahmen einer spezifischen therapeutischen Beziehung (nach Rogers). Beziehungs-Gestaltung und das Spektrum therapeutischer Methoden der Humanistischen Psychotherapie dienen dazu, dass die hinterfragend-verstehende Konfrontation der Patienten mit seinen eigenen Sinn-, Wert- und Ziel-Vorstellungen in ihren Inkongruenzen ausgehalten werden kann, ausgesparte, ungelebte Bereiche seiner Existenz seinem eigenverantwortlichen Entscheidungs-Bereich wieder unterstellt werden und somit eine selbstregulative, ressourcenaktivierende Aktualisierung an die realen Lebens-Bedingungen und Entwicklungs-Aufgaben möglich wird. H G Personenzentrierte Gesprächs-Psychotherapie (GT) Rogers Gendlins Focusing H Rogers GT Psychische Störungen entstehen nach Rogers als Folge einer Inkongruenz zwischen Selbst-Konzept und neuen Erfahrungen. Nach Rogers ist ein Vorgehen bei leichten psychischen Störungen und bei KrisenIntervention wirksam mit Ansprechen von Gefühlen (Verbalisierung emotionaler Erlebens-Inhalte - VEE), Förderung der Introspektion Akzeptanz/Wertschätzung/Wärme, die nicht an Bedingungen gebunden ist (Respekt für Individualität und Einmaligkeit) Eingehen auf und Verstehen der Patienten (einfühlendes Verständnis, Empathie versteht, ohne zu urteilen) Echtheit des Therapeuten (Authentizität als Vorbild-Funktion incl. Spannungen und eigene Gefühle) Varianten: Ziel- und klärungsorientierte Gesprächs-Therapie, prozessorientierte Gesprächs-Therapie, gesprächspsychotherapeutische differentielle inkongruenzbezogene VorgehensWeisen (spezifisch störungsbezogen) Gendlins Focusing GT Focusing wurde im Rahmen der Klientenzentrierten Psychotherapie (Carl Rogers) seit den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts von Eugene T. Gendlin, Professor für Philosophie und Psychologie an der Universität Chicago entwickelt und hat inzwischen weltweite Verbreitung gefunden. Die erste englische Ausgabe erschien 1978. Seitdem wurde Focusing von Gendlin und seinen Schülern auch für den Einsatz in der psychotherapeutischen Praxis weiterentwickelt. Es ist eine Technik der Selbsthilfe bei der Lösung persönlicher Probleme, wie der Untertitel seines Hauptwerkes lautet. Ausgangs-Punkt des Gendlinschen Entwurfs ist sein überraschendes und ernüchterndes Eingeständnis, dass die eigentliche Arbeit nicht der Therapeut leistet, sondern der Klient. Zu dieser Erkenntnis kam er durch die sorgfältige Beobachtung erfolgreicher Patienten. Als gemeinsames Merkmal fiel ihm die Art und Weise auf, wie sie unabhängig vom Therapeuten über ein Problem sprachen und sich dabei in immer neuer Hinwendung ihrer körperlichen Empfindungen vergewisserten. Diese Rückkoppelung ist für Gendlin der Schlüssel zum Erfolg und bildet die Grundlage des Focusing. Eine Folge dieses neuartigen Ansatzes ist die geänderte Rollen-Verteilung. Nach Gendlin besitzt der Klient bei der Lösung seiner persönlichen Probleme die alleinige Autorität, die alleinige Kompetenz und das alleinige Wissen. Er ist sein eigener Therapeut. Aus dem Klienten wird der Focuser, der den Prozess autonom beginnt, steuert, beendet. Der Therapeut wird zum Begleitenden. Ein Abhängigkeits-Verhältnis entsteht nicht. Begleitender kann nach Gendlin jeder focusing-kundige Laie sein. Die Begleitung im Focusing-Prozess muss lediglich darauf bedacht sein, "nicht im Weg zu stehen", womit Gendlins wichtigste Regel genannt ist. Jede Form von Störung durch ungebetene Kritik, Interpretation oder gar Intervention ist ausgeschlossen. Analysen und Ratschläge gehören ebenso nicht zum Focusing G Gestalt-Therapie Wurzeln Gestalt-Begriff Gestalt-Begriff und Gestalt-Therapie Gewahrsein Das dialogische Prinzip Kontakt-Funktionen Ganzheit, Feld, Prozess 4 zentrale Therapie-Methoden 1 4 zentrale Therapie-Methoden 2 Techniken H Wurzeln Gestalt Die Gestalt-Therapie ist ein phänomenologisches, erfahrungs- und erlebnisorientiertes psychotherapeutisches Verfahren mit dem Ziel der Stimmigkeit, der Integration und der differenzierenden Reifung nach innen und außen. Sie gilt als hermeneutisch ausgerichtete erlebensaktivierende Psychotherapie, die zur humanistischen Psychologie gezählt wird. Begründer der Gestalt-Therapie sind Fritz Perls, Laura Perls und Paul Goodman. Die Gestalt-Therapie hat sich zu weiten Teilen aus der Psychoanalyse, deren Kritik und aus einer Abgrenzung zu ihr entwickelt. So findet die Vorstellung von unbewussten, mentalen Prozessen, die alle Psychotherapien begleitet, auch hier ihre Ausprägung. Quellen der Entwicklung sind außerdem die Gestalt-Psychologie sowie das holistische, phänomenologische und existenzielle Denken des 20. Jahrhunderts. Diesen philosophischen und psychotherapeutischen Konzepten beigeordnet werden weitere Konzepte wie Humanismus, Feld-Theorie (Kurt Lewin) und Organismische Theorie (Kurt Goldstein) sowie Ansätze wie der Konstruktivismus und die Kybernetik. Das Werk von Perls, Hefferline, Goodman Gestalttherapie bildet die theoretische Grundlage der Gestalt-Therapie. Darin wird die Position der frühen Gestalt-Therapie gegenüber der damaligen Psychologie und Psychoanalyse dargestellt, und ein eigenes Profil wird entwickelt. Hier wird deutlich, dass die Gestalt-Therapie einen deutlichen Bruch zur Psychoanalyse vornimmt, der rechtfertigt, sie als eigenständige, unabhängige Therapierichtung zu verstehen und sie nicht wie die Objekt-Beziehungs-Theorie oder Selbst-Psychologie der Analyse unterzuordnen. Gestalt-Begriff Gestalt Der Gestalt-Begriff kommt aus dem deutschen Verb gestalten und meint das Formen eines sinnvollen Ganzen. Eng verbunden sind mit diesem Begriff die Wörter Sinn und Struktur, die beide ebenfalls eine Gesamtheit beschreiben, die in sich kohärent ist. Das Bilden von Gestalten entsteht auf einem sogenannten Hintergrund, von dem sich die eigentliche Gestalt oder Figur abhebt. Diesen Prozess beschreibt die Gestalt-Therapie analog zu der Erklärung der Bildung von Wahrnehmung innerhalb der Gestaltpsychologie. Die Gestalt-Psychologien unterschiedlicher Richtung leiten sich historisch aus einer einzigen Arbeit aus dem Jahre 1890 her, in der der Philosoph Christian von Ehrenfels seine Erkenntnis berichtete, die Wahrnehmung enthalte Qualitäten, die sich nicht aus der Anordnung einfacher Sinnes-Qualitäten ergeben. So sei die Melodie eine solche Gestalt-Qualität, denn die Töne als Elemente der Melodie könnten durch ganz andere Töne ersetzt werden, und es wäre dennoch dieselbe Melodie, wenn nur die Anordnungs-Beziehung zwischen den Tönen erhalten bliebe. Wahrnehmung, soziales Leben, Eigenexistenz sind immer Ausdruck einer komplexen Sinngebung. Das „Ganze“ ist mehr bzw. anders als die Summe seiner Einzelelemente. In diesem Punkt besteht die größte Differenz der Gestalt-Therapie zu den empiristisch fundierten Therapien. Dieser Punkt kann als der eigentliche Paradigmen-Wechsel benannt werden. Gestalt-Begriff und Gestalt-Therapie Gestalt Fritz und Lore Perls sahen in dem Begriff Gestalt den zentralen Grundgedanken ihrer Therapie-Richtung wiedergegeben. Den Begriff Gestalt auf die Psychotherapie übertragen zu haben, ist das Verdienst von Fritz und Laura Perls. Analog zur Gestalt-Bildung in der Wahrnehmung - die Gestalt formiert sich im Vordergrund vor einem Hintergrund - geht die Gestalt-Therapie davon aus, dass sich beim einzelnen Menschen das jeweils wichtigste Bedürfnis in den Vordergrund des Bewusstseins rückt. Dies wiederum wird als Figur/Grund-Geschehen bzw. Gestalt-Bildungs-Prozess bezeichnet. In gestalttheoretischer Sprache ausgedrückt, taucht mit dem entstehenden Bedürfnis eine offene Gestalt aus dem (Hinter-) Grund auf und wird im Vordergrund zur Figur, und zwar solange, wie sie nicht geschlossen ist. Die abgeschlossene Gestalt kann wieder in den Grund eintauchen und einer neuen Gestalt Platz machen. Dies versteht die Gestalt-Therapie als Fähigkeit des Organismus zur SelbstRegulierung. Gewahrsein (awareness) Gestalt Im Mittelpunkt des gestalttherapeutischen Vorgehens steht die Entwicklung und Verfeinerung des Gewahrseins (deutsche Übersetzung oft auch: Bewusstheit; der englische Begriff lautet „awareness“) aller gerade vorhandenen und zugänglichen Gefühle, Empfindungen und Verhaltens-Weisen der Entwicklung suchenden Person. Die Person soll dadurch in die Lage versetzt werden, ihre Kontakt-Störungen, die sie daran hindern, mit seiner Umwelt in einen befriedigenden Austausch zu treten, als solche zu erkennen und zu erleben. Über die Reaktivierung emotionaler Bedürfnisse und die Wahrnehmung derselben soll es den Rat-Suchenden ermöglicht werden, ihre Kontakt-Störung zu überwinden. Bewusstheit bzw. Gewahrsein kann sowohl eine absichtslose, aktive, innere Haltung der Aufmerksamkeit/Achtsamkeit als auch eine mehr gerichtete Form der Aufmerksamkeit/Achtsamkeit bezeichnen und sich auf alle Phänomene der Wahrnehmung und des Erlebens richten. Daraus folgt eines der wichtigsten Arbeits-Prinzipien der Gestalt-Therapie, das Prinzip des Hier-und-Jetzt: Die gegenwärtige Situation, auch die zwischen Klient und Therapeut, wird als der entscheidende „Ort“ betrachtet, wo Veränderung geschieht. Vergangenheit und Zukunft kommen auch in dieser gegenwärtigen Situation ins Spiel, z. B. als Erinnerung oder als Planung. Methodisch geschieht die Förderung des Gewahrseins u. a. durch die direkte Rückmeldung des Therapeuten oder durch den Einsatz von Übungen oder von Experimenten, die aus der konkreten Therapie-Situation heraus entwickelt werden. Das dialogische Prinzip Gestalt Durch die direkte und konkrete Arbeit an aktuellen Situationen und an der Beziehung zwischen Klient und Therapeut soll der Kontakt des Patienten zu sich selbst und zu seiner Umwelt gefördert und unterstützt, sollen bestehende Kontakt-Störungen überwunden werden. Auf diese Weise werden die Selbst-Heilungs-Kräfte des Patienten freigelegt und neue Einsichten, Erfahrungen und Verhaltens-Möglichkeiten erschlossen. Die Gestalt-Therapie betrachtet die Selbst-Heilungs-Kräfte als Teil der organismischen Selbstregulation, also der Fähigkeit des Organismus, sich in seiner Umgebung zu erhalten. Durch verschiedene Übungen und methodische Grundhaltungen soll die Selbstregulation gefördert werden. Die therapeutische Beziehung in der Gestalt-Therapie – verstanden als Dialogische Gestalt-Therapie – orientiert sich an den Grundsätzen der existentiellen BeziehungsPhilosophie Martin Bubers, der ‚dialogischen Haltung‘. Buber unterscheidet zwischen dem Handeln aus einer sog. Ich-Es-Haltung („sachlich“, auf ein Objekt bezogen, auch wenn das Gegenüber ein Mensch ist) und dem Handeln aus einer sog. Ich-Du-Haltung heraus, einer Hinwendung zum anderen Menschen auf gleicher Ebene, bei der die Person in ihrer Einzigartigkeit wertgeschätzt wird, ohne einen Zweck zu verfolgen. Beide Haltungen stehen in einem Wechselverhältnis zueinander und werden je nach Erfordernis der Situation gewählt. Diese Haltung, in der die Therapie-Situation als eine besondere Begegnung im Sinne Bubers verstanden wird, die ein hohes Maß an Authentizität und Wahrhaftigkeit erfordert, ist grundlegend für die Gestalt-Therapie. Kontakt-Funktionen Gestalt Zu den Kontakt-Funktionen gehören Projektion, Introjektion, Retroflektion und Konfluenz. Diese Funktionen haben zwei Seiten: eine eher störungsschaffende, die auch als „Kontakt-Störungen“ oder als „KontaktUnterbrechungen“ begriffen wird, und eine „normale“, die u. a. zumindest zeitweise Problem-Lösungs-Charakter besitzt oder schlichtweg Teil der organismischen Selbst-Regulierung ist. Insbesondere das Konzept der „Introjektion“ ist nicht identisch mit der psychoanalytischen Definition. Fritz und Laura Perls setzen die Assimilation der Introjektion entgegen. Bei der Assimilation verwandelt der Organismus (als Gesamtheit von Körper, Geist und Seele) Neues aus der Umwelt in Eigenes, das er zur Selbst-Erhaltung und zum Wachstum benötigt. Dabei wird das Neue an der Kontakt-Grenze des Organismus mit der Umwelt geprüft, „zerstört“ und umgewandelt, so dass es assimiliert werden kann. Dazu ist positiv verstandene Aggression notwendig. Nicht-brauchbares Material wird nicht übernommen. Fritz und Laura Perls sehen dies in Analogie zum „Kauen“ beim Prozess der Nahrungs-Aufnahme. Bei der Introjektion wird das Neue aus der Umwelt ohne Prüfung und Umwandlung als Ganzes in den Organismus aufgenommen, da an der Kontakt-Grenze u. a. die Bewusstheit herabgesetzt ist oder völlig fehlt, und „aggressives“ Zerstören und Überprüfen daraufhin, was für den Organismus sinnvoll ist und was nicht, nicht geschieht. Das so entstandene Introjekt bleibt im Organismus ein Fremdkörper. Dieser Prozess wird analog zum Saugen bzw. Schlucken bei der Nahrungs-Aufnahme verstanden. Ganzheit, Feld, Prozess Gestalt Der ganzheitliche Ansatz der Gestalt-Therapie besteht nicht nur darin, den Menschen (als Organismus) als untrennbare Einheit von Körper, Geist und Seele zu betrachten, sondern er bezieht sich auch auf die Ganzheit des Organismus im Feld, d. h., dass das Individuum nie isoliert von seiner Umgebung gesehen und verstanden werden kann. Die Gestalttherapie spricht hier vom „Organismus-Umwelt-Feld“ als grundlegender Kategorie. Zwischen Organismus und Umwelt befindet sich die „Kontakt-Grenze“, die sowohl trennt als auch verbindet. Genau genommen bewegt sie sich im konkreten Kontakt des Organismus mit der Umwelt. Kontakt und Kontakt-Grenze sind Prozesse, mit denen der Organismus, d. h. der einzelne Mensch, im Austausch mit der Umwelt sich erhält, Neues assimiliert und wächst. Im Kontakt fließen Bewusstheit/Gewahrsein, Bewegung, Handeln, Denken, Fühlen usw. zusammen zur Orientierung im Feld. Auch das „Selbst“ wird in der Gestalt-Therapie als umfassender Prozess verstanden. Perls, Hefferline und Goodman definieren es als „das System der ständig neuen Kontakte“. Das „Ich“ stellt dabei nur eine Teil-Funktion des „Selbst“ dar: Es unterscheidet zwischen „zu mir gehörend“ und „fremd“. Damit hebt sich die Gestalt-Therapie grundlegend von der Psychoanalyse ab, die die Psyche eher als einen „Apparat“ begreift, mit dinghaften Einzelteilen. 4 zentrale Therapie-Methoden 1 Gestalt Dialogisch: Eine Technik kann nur eine Form sein, in der die authentische, persönliche Antwort des Therapeuten auf die momentane Situation seines Klienten ihren Ausdruck findet. Da sich der Therapeut selbst als partnerschaftlichen Begleiter (und nicht als Produzent der Veränderung seines Klienten) sieht, werden die Techniken mit dem Klienten zusammen entwickelt oder diesem als Angebot und Vorschlag unterbreitet. Außerdem machen die Therapeuten transparent, was sie mit einer bestimmten Technik erreichen wollen, sie reflektieren die Techniken gemeinsam mit dem Klienten und verändern die Techniken gegebenenfalls oder ziehen sie sogar zurück. Feldtheoretisch: Der Mensch befindet sich in einem kontinuierlichen Austausch mit seiner Umwelt in Form einer ständigen wechselseitigen Anpassung. Er kann nicht ohne sein jeweiliges Feld gedacht und verstanden werden, dessen Teil er ist. Gestalttherapeutische Techniken haben die Aufgabe, den Klienten dabei zu unterstützen, seine Anpassungs-Prozesse an sein jeweiliges (Um)- „Feld“ bzw. seine Anpassungen des Umfelds an seine eigenen Bedürfnisse zu erforschen, indem sie ihm helfen, seinen Blickwinkel immer wieder zu wechseln. Sie fördern die Bewusstwerdung automatisierter Verhaltens-Muster, um den Klienten in die Lage zu versetzen, sich bewusst für oder gegen eine bestimmte Verhaltens-Weise zu entscheiden, und gegebenenfalls zu untersuchen, welche Art von innerer Unterstützung, welche inneren oder äußeren Ressourcen er dafür benötigt, und wie er sie erhalten/lernen etc. kann. 4 zentrale Therapie-Methoden 2 Gestalt Phänomenologisch: In der Gestalt-Therapie gilt es für den Therapeuten, alle Vorannahmen, Vermutungen und Erwartungen über den Gegenstand der Untersuchung zurückzustellen, um sich unvoreingenommen und mit offenen Sinnen der Erfahrung stellen zu können. Wahrnehmung und Beschreibung des offensichtlich Wahrnehmbaren geht vor Interpretation oder Spekulation. Gleichzeitig regen die Gestalt-Therapeuten auch ihre Klienten auf die eine oder andere Weise immer wieder zum aufmerksamen und möglichst ganzheitlichen Wahrnehmen und Erleben sowie zur Beschreibung der von Moment zu Moment ablaufenden Prozesse an. Dieser Strategie liegt die Erfahrung zugrunde, dass Bewusstheit (Achtsamkeit) per se heilsam sein kann. Existentialistisch: Gestalt-Therapie als existentialistische Methode: Menschen sind – aus gestalttherapeutischer Sicht - verantwortlich dafür, wie sie die Welt sehen (ihre Bedeutungs-Zuschreibungen) und wie sie darauf reagieren, wie sie handeln (ihre Lebens-Führung), selbst wenn sie sie so sehen, als hätten sie keine Verantwortung. Dies bedeutet allerdings nicht, dass ein Mensch für alles verantwortlich ist oder sein könnte. Ein großer Teil seines Umfelds ist durch ihn kaum oder gar nicht beeinflussbar. Verantwortung stellt hier keine moralische Kategorie da, sondern weist lediglich daraufhin, dass wir, ob wir wollen oder nicht, auf die „Forderungen“ des Feldes antworten müssen, und dass unsere Antworten, unsere Entscheidungen und Handlungen Konsequenzen haben, für die wir „verantwortlich“ sind. Diese Verantwortlichkeit ist aus gestalttherapeutischer Sicht eine existentielle Tatsache. Techniken Gestalt Die beschriebenen zentralen Methoden der Gestalttherapie müssen in allen Techniken zum Ausdruck kommen. Es haben sich fünf verschiedene Typen von Techniken etabliert: 1. Übungen: Unter Übungen werden vorsätzlich hergestellte Situationen verstanden, die durch bestimmte Vorgaben strukturiert sind. Übungen sollen die Bewusstheit der Beteiligten davon fördern, wie sie sich im gegeben „Feld“ selbst gestalten, anstatt ihnen per Instruktion vorzugeben, wie sie durch eifrige Bemühungen werden sollten. Sie fördern bewusstes Wahrnehmen, Erleben und Handeln. 2. Experimente: Bei den Experimenten geht es um „ausprobieren“, „erleben“, und „erforschen“. Ein Experiment ist z. B. die praktische Erfahrung einer neuen Situation oder Verhaltensweise oder die Überprüfung einer Erfahrung. Im Unterschied zu einer Übung wird ein Experiment speziell auf die Situation bzw. die Person zugeschnitten. Am Ende des Experiments steht weder „richtig“ oder „falsch“ oder „gut“ oder „schlecht“, sondern neue, u. U. sehr bedeutsame Information, und eine Lernerfahrung. 3. Hausaufgaben: Unter Hausaufgaben werden Experimente verstanden, deren Design zwar während der Therapiesitzung von Therapeut und Klient gemeinsam entworfen wird, die jedoch von den Klienten außerhalb des therapeutischen Settings durchgeführt werden sollen. 4. Situationsbezogene Interventionen: Die Mehrzahl gestalttherapeutischer Techniken besteht in kurzen, auf die jeweilige Situation bezogenen Aussagen oder Fragen des Therapeuten innerhalb des Dialogs mit dem Klienten. Diese Techniken lassen sich als Rückmeldungen oder als Mitteilungen persönlicher Resonanzen, der persönlichen Reaktion oder des Eindrucks des Therapeuten bezeichnen. 5. Medien und Modalitäten: Die gestalttherapeutischen Techniken bedienen sich jedoch nicht ausschließlich des Mediums der Sprache. Auch das Medium des Körpers ist von hervorragender Bedeutung. Dabei sind vielfältige Modalitäten möglich: Gestalt-Therapeuten geben ihren Klienten z. B. häufig Rückmeldung über ihre Atmung, den Klang oder die Lautstärke ihrer Stimme, ihre Körper-Bewegungen und -Haltungen oder fordern sie auf, ihrer Körper-Wahrnehmung Beachtung zu schenken oder mit Körper-Ausdruck zu experimentieren. G Emotionsfokussierte Therapie (EFT) Die Emotionsfokussierte Therapie entstand durch Integration von Gestalt- und Gesprächs-Therapie. Emotionsfokussierte Therapie sieht Emotionen als eine Quelle von Information, Orientierung, Bedeutung und therapeutischer Veränderung. basiert auf aktuellsten Erkenntnissen der psychologischen und neurowissenschaftlichen Emotions-Forschung sowie der Psychotherapie-Prozessund Ergebnis-Forschung. ist ein prozessorientiertes Verfahren. Sie integriert empathische BeziehungsGestaltung und prozessdirektive therapeutische Interventionen (z. B. Stuhl-Arbeit) zur Verbesserung der emotionalen Verarbeitungs-Fähigkeit der Patienten. ist im therapeutische Vorgehen „markergeleitet“ - spezifische Marker (ProzessDiagnosen für das Vorliegen emotionaler Verarbeitungs-Probleme) zeigen Therapeuten an, an welcher Stelle des Prozesses, welche therapeutischen Interventionen am erfolgversprechendsten sind. unterscheidet verschiedene Typen emotionalen Erlebens, die ein jeweils unterschiedliches therapeutisches Vorgehen erfordern. Am wichtigsten ist die Unterscheidung zwischen primären und sekundären sowie zwischen adaptiven und maladaptiven Emotionen. formuliert empirisch fundierte Prinzipien emotionaler Veränderung. Im Zentrum stehen Akzeptanz von Emotionen und Emotionale Transformation (Emotionen mit Emotionen verändern). H G Psychodrama H Psychodrama (von griechisch psyche „Seele“, und drama „Handlung, Vorgang“) ist eine Methode der Psychotherapie, Beratung und Sozialforschung, entwickelt vom österreichischen Arzt Jacob Levy Moreno (1890–1974). Ursprünglich konzipiert als handlungsorientierter Gegenentwurf zur Psychoanalyse von Sigmund Freud hat sich der psychodramatische Ansatz weltweit vor allem als Methode der Gruppen- und Einzel-Psychotherapie und Beratung etabliert und Einfluss auf zahlreiche andere Psychotherapie-Schulen wie die Gestalt-Therapie, TransaktionsAnalyse oder Familien-Therapie genommen. Das Psychodrama entstand als „Therapie in der Gruppe, durch die Gruppe, für die Gruppe und der Gruppe“[ aus dem Stegreif-Theater und war die erste Form der GruppenPsychotherapie. Der Klient (Protagonist) gestaltet als Hauptdarsteller des psychodramatischen Spiels im Hier und Jetzt einer Psychodrama-Bühne sein therapeutisches Thema. Als Mitglied der Gruppe erhält der Protagonist mit deren Erlaubnis die Möglichkeit, seine eigene Thematik oder diejenige der Gruppe mit der Unterstützung des Spielleiters und ausgewählten Hilfs-Ichs zu bearbeiten. Die Zuschauer lassen sich vom Spiel des Protagonisten berühren, greifen mit Unterstützung des Spiel-Leiters ein und geben zu guter Letzt wie alle anderen Mitspieler eine empathische und, wo notwendig, kritische Rückmeldung. Allerdings kann es auch bei nicht oder kaum ins Spiel integrierten Zuschauern zu einer heilsamen Erschütterung, einer Katharsis, kommen. Ziel des Psychodramas ist die Aktivierung und Integration von Spontaneität und Kreativität. Konstruktives spontanes Handeln ist zustande gekommen, wenn der Protagonist für eine neue oder bereits bekannte Situation eine neue und angemessene Reaktion findet. Dieses Ziel wird auch für den Gruppen-Prozess als Ganzen angestrebt. G Logotherapeutisches und existenzanalytisches Vorgehen (LE) Sinn-Suche im Sein Die Stellung des Geistigen 1 Die Stellung des Geistigen 2 Wille zum Sinn Begleit-Praxis H Sinn-Suche im Sein LE Logotherapie (von griech. lógos „Sinn, Gehalt“ und therapeúein „pflegen, sorgen“) und Existenz-Analyse (von lat. exsistere „hervor-, heraus- oder gegenübertreten, vorhanden sein“ und griech. analysis „Zerlegung“ im Sinne von Untersuchung) bezeichnen als eng miteinander verwobene Begriffe eine anthropologische Theorie und psychologische Behandlungsform, deren Entstehung auf den österreichischen Neurologen, Psychiater und Holocaust-Überlebenden Viktor E. Frankl (1905–1997) zurückgeht. Dieser begründete in den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts einen eigenständigen Ansatz, der in besonderer Weise die geistige Dimension des Menschen in den Blick nimmt und sein existenzielles Streben nach Sinn im Leben als dessen primäre Motivationskraft betrachtet. Neben der Psychoanalyse Sigmund Freuds und der Individualpsychologie Alfred Adlers wird die Logotherapie und Existenz-Analyse vielfach auch als die „Dritte Wiener Schule der Psychotherapie“ bezeichnet. Paradigmatisch wird sie der Familie humanistisch-existenziell orientierter Verfahren zugeordnet. Viktor Frankls originäres Konzept der Logotherapie und Existenz-Analyse umfasst eine grundlegende Theorie über die Möglichkeiten und Bedingungen für ein menschenwürdiges Dasein. Abgeleitet aus der Existenzphilosophie formulierte Viktor Frankl mit seiner Anthropologie ein Existenz-Verständnis, das der besonderen Eigenart des Menschseins gerecht zu werden versucht. So spezifiziert er das Wesen von Existenz dahingehend, dass diese „eine Seinsart ist, und zwar das menschliche Sein, das dem Menschen arteigene Sein, dessen Eigenart darin besteht, dass es sich beim Menschen nicht um ein faktisches, sondern um ein fakultatives Sein handelt, nicht um ein Nun-einmal-so-und-nicht-anderssein-Müssen [...], vielmehr um ein Immer-auch-anders-werden-Können“. Die Stellung des Geistigen 1 LE Die menschliche Existenz ist das einzige Sein, das nach dem Sinn konkreter Fakten und ihres eigenen Seins fragt. Diese spezifische Seins-Art des Menschen ist gekennzeichnet durch das Zusammentreffen dreier voneinander verschiedener Seins-Aspekte, wonach der Mensch 1. physisch (leiblich), 2. psychisch (seelisch) und 3. geistig (noetisch) zugleich sei. Alle drei Dimensionen menschlichen Daseins sind verwoben und stehen in einem besonderen Verhältnis zueinander. Während die physische und die psychische Dimension in engem Zusammenhang stehen (psychophysischer Parallelismus), kann sich der Mensch kraft seiner geistigen Dimension über sein Psychophysikum erheben. So setzt sich der Mensch nicht aus den drei Seins-Aspekten zusammen, wohl aber setzt sich das Geistige im Menschen mit dem Psychophysikum auseinander. Da die geistige Dimension von den anderen beiden verschieden und unabhängig ist, kann nicht unmittelbar vom Zustand des Psychophysikums auf jenen des Geistigen geschlossen werden. So muss beispielsweise etwas, das auf der leiblichen oder psychischen Ebene entlastend oder lustvoll sein mag, nicht unbedingt auch auf der geistigen Ebene als sinnvoll erfahren werden. Umgekehrt muss, was dem Menschen wert- und sinnvoll erscheint, ihm in psychischer oder körperlicher Hinsicht nicht immer angenehm sein oder unmittelbare Befriedigung erzeugen. Die Stellung des Geistigen 2 LE Frankl ersann mit der Logotherapie und Existenz-Analyse somit einen Ansatz, der in besonderer Weise auf die hervorgehobene Stellung der geistigen Dimension des Menschen abzielt. Diese geistige Dimension erlaubt es dem Menschen, in Distanz zu sich selbst zu kommen (Selbst-Distanzierung) und dadurch der Welt in Freiheit und eigener Verantwortung offen gegenüber zu stehen (Selbst-Transzendenz). Die existenzanalytische Anthropologie betrachtet den Menschen somit als grundsätzlich entscheidungs- und willensfreies Wesen, das befähigt ist, sich gegenüber seinen inneren und äußeren Bedingtheiten zu verhalten und über sich selbst hinaus auf Sinn und Werte auszurichten. Durch diese potentielle Willens-Freiheit und Eigenverantwortlichkeit ist der Mensch aufgefordert, über sich selbst und seine eigene Begrenztheit hinaus zu gelangen: Zwar ist der Mensch nie frei von Bedingtheiten und Prägungen persönlicher, typologischer, biologischer, sozialer und kultureller Art, doch innerhalb dieser Gegebenheiten trifft er täglich auf unzählige Situationen, die ihn herausfordern, mit ihnen in für ihn bestmöglicher Weise gestaltend umzugehen. Indem der existenzanalytische Ansatz weniger nach determinierenden Prägungen und Anlagen, sondern vielmehr nach der Unmittelbarkeit im eigenen Erleben und der Lebens-Gestaltung fragt, wird er dem (Aufforderungs-) Charakter gerecht, den das Leben für den Menschen hat. Wille zum Sinn Kann der Mensch seinen Willen zum Sinn in der Lebens-Praxis nicht zur Geltung bringen, entstehen bedrückende Sinn- und Wertlosigkeits-Gefühle. Die existentielle Frustrierung des Sinn-Bedürfnisses kann psychische Erkrankungen auslösen oder verstärken. So spielt in der angewandten Logotherapie und Existenz-Analyse das Herausheben der geistigen Dimension eine zentrale Rolle, etwa indem sie dem leidenden Menschen existenzielle Handlungs- und Erlebens-Freiräume gegenüber somatischen oder psychischen Erkrankungen aufzuschließen versucht und ihm durch die Differenzierung von (psychophysischem) Symptom und (geistiger) Person einen entscheidenden Teil seiner SelbstBestimmungs-Fähigkeit und Würde zurückgibt. Vor diesem Hintergrund meint die Existenz-Analyse stets eine Analyse „auf Existenz hin“, nicht eine abstrakte Untersuchung von Existenz an sich, sondern jener konkreten existenziellen Bedingungen, die zu einem wertvollen und eigenverantworteten Leben führen. Durch die Rückbesinnung auf dieses eigene Welt-Erleben gibt Frankl der Sinn-Frage eine kopernikanische Wendung, wonach es das Leben selbst ist, das dem Menschen Fragen stellt. Nicht er hat zu fragen, er ist vielmehr der vom Leben her Befragte, der dem Leben zu antworten, das Leben zu verantworten hat. LE Begleit-Praxis In der Beratung und psychotherapeutischen Behandlung steht nach existenzanalytischer Auffassung die Bewusstmachung und Stärkung des Geistigen im Fokus, die den Menschen (wieder) befähigen soll, die individuellen und einzigartigen Sinn-Möglichkeiten, die in jeder Situation verborgen liegen, aufzuspüren und in sich und der ihn umgebenden Welt zur Geltung zu bringen.). Die zentralen Behandlungs-Ziele des originären Ansatzes bestehen in der Wiedererlangung eines sinn- und wertvoll empfundenen Lebens sowie im sinnvollen Umgang mit Schuld, Leid und Erfahrungen unabänderlichen Schicksals. Damit wird im Wesentlichen der Wille des Menschen zum Sinn aktiviert und jene gesunden Anteile der menschlichen Persönlichkeit und seines Umfeldes unterstützt, die zur Heilung und Linderung von Krankheits-Symptomen sowie zur Sinn-Orientierung und Neuorganisation des Erlebens und Verhaltens beitragen. Mittels der Techniken der Paradoxen Intention, der Dereflexion, der Einstellungs-Modulation nach Lukas sowie des Sokratischen Dialogs als grundlegende Gesprächsmethode sollen die intuitiven, sozialen, kognitiven und kreativ-geistigen Fähigkeiten des Menschen beim Erkennen und Umsetzen sinnvoller Lösungen in den jeweiligen konkreten Lebens-Situationen gestärkt und entwickelt werden. LE G Körperpsychotherapeutisches Vorgehen (KP) Entwicklung Ausgewählte Methoden Bioenergetik: Entwicklung Bioenergetik: Charakter-Strukturen Bioenergetik: schizoid und oral Bioenergetik: narzisstisch und masochistisch Bioenergetik: rigide Bioenergetik: Grounding Bioenergetik: Vorgehen Biodynamik: Entstehung Biodynamik: festgehaltene Gefühle Hakomi 1 Hakomi 2 Konzentrative Bewegungs-Therapie 1 Konzentrative Bewegungs-Therapie 2 Konzentrative Bewegungs-Therapie 3 Konzentrative Bewegungs-Therapie 4 Funktionelle Entspannung 1 Funktionelle Entspannung 2 H Entwicklung KP Körper-Psychotherapie, gleichbedeutend mit „körperorientierter Psychotherapie“, ist die Bezeichnung für unterschiedliche Psychotherapie-Methoden, die die psychischen und körperlichen Dimensionen menschlichen Erlebens gleichwertig behandeln. Sie teilen die Annahme, dass Körper und Psyche eine nicht trennbare Einheit bilden. Fast alle Körper-Psychotherapie-Methoden sind tiefenpsychologisch orientiert und nutzen die Körper-Wahrnehmung als Möglichkeit, unbewusste psychische Prozesse aufzudecken, also ins Bewusstsein zu bringen. Körper-Psychotherapie-Methoden arbeiten erfahrungsorientiert, was bedeutet, dass das momentane und vor allem körperlich empfundene Erleben während des TherapieProzesses im Fokus der Aufmerksamkeit steht. Die Ursprünge der Körper-Psychotherapie zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehen vor allem auf die Psychoanalyse und die Reform-Bewegungen in Gymnastik und Tanz zurück. Aus den Reform-Bewegungen heraus hatte vor allem Elsa Gindler mit ihrem „Seminar für Harmonische Körper-Ausbildung“ starken Einfluss auf die Körper-Therapie und die KörperPsychotherapie. Der stärkste Einfluss kam von Wilhelm Reich, einem Psychoanalytiker, den Sigmund Freud vor allem wegen seiner Abkehr von der reinen „Rede-Kur“ aus der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung ausschließen ließ. Reich legte mit seiner ab 1934 entwickelten Vegetotherapie einen Grundstein für die Körper-Psychotherapie. In der Folge wurden über 20 Körper-Psychotherapie-Schulen gegründet, die unterschiedlich stark von der Psychoanalyse, der Körper-Therapie, der humanistischen Psychologie, der Reform-Pädagogik, vom Ausdrucks-Tanz, vom Theater, von westlicher und/oder östlicher Philosophie geprägt sind. Ausgewählte Methoden KP Vegetotherapie begründet von Wilhelm Reich; modifiziert von Ola Raknes, Björn Blumenthal, Federico Navarro u. a. Biodynamische Psychologie und Körperarbeit von Gerda Boyesen Bioenergetische Analyse (auch: Bioenergetik) von Alexander Lowen Biosynthese von David Boadella Core Energetic Therapy von John C. Pierrakos Hakomi von Ron Kurtz Integrative Körperpsychotherapie (IBP) Jack Lee Rosenberg Klientenzentrierte Gesprächs- und Körperpsychotherapie GFK: Integration von Gesprächs-Psychotherapie (Carl Rogers), Focusing (Eugene Gendlin) und Körper-Psychotherapie (Wilhelm Reich und weitere körperorientierte Verfahren). Tiefenpsychologisch fundierte Körperpsychotherapie nach George Downing Bonding nach Dan Casriel Initiatische Therapie nach Karlfried Graf Dürckheim Formative Psychologie nach Stanley Keleman Integrative Bewegungstherapie nach Hilarion Petzold Psychoanalytische Tanztherapie nach Elaine von Siegel Funktionelle Entspannung nach Marianne Fuchs Konzentrative Bewegungstherapie nach Helmut Stolze Posturale Integration nach Jack Painter Analytische Körper-Psychotherapie Bioenergetik: Entwicklung KP Die bioenergetische Analyse ist ein körperpsychotherapeutisches Verfahren, das der USamerikanische Arzt Alexander Lowen ab 1947 entwickelte. Lowen war Patient und später Schüler von Wilhelm Reich. Die Bioenergetische Analyse beruht auf Bestandteilen der Psychoanalyse von Sigmund Freud und der Charakter-Analyse Wilhelm Reichs (1933), sowie auf Lowens eigenen Beobachtungen und Weiterentwicklungen. Reich geht in seiner „Charakter-Analyse“ bei der Differenzierung von Charakter-Typen (der Begriff „Charakter“ ist heute weitgehend identisch mit dem Begriff der Persönlichkeit) von der Voraussetzung aus, dass der Charakter seiner Grundfunktion nach in jeder Form Panzerungen gegen die Reize der Außenwelt und die inneren verdrängten Triebe darstellt. Die äußere Form aber, in der diese Panzerung sichtbar wird, sei jeweils historisch bestimmt. Reich und in seiner Nachfolge auch Lowen entwickelten Konzepte und Verfahren, um die körperlichen Analogien seelischer Vorgänge („Haltungen“) sowohl diagnostisch als auch therapeutisch nutzbar machen zu können. Die von Lowen vorgelegten Beschreibungen von Charakter-Strukturen sind ein Ansatz, emotionale Einstellungen und die korrespondierenden körperlichen Spannungs-Mmuster im Begriff der „Haltung“ zu erfassen und zu verstehen. Bioenergetik: Charakter-Strukturen KP Charakter-Strukturen stellen Bewältigungs-Formen und Sicherungs-Systeme dar, die das Individuum notgedrungen zur Wahrung der eigenen Integrität im Spannungs-Feld der eigenen Bedürfnisse und den Reaktionen seiner Umwelt bzw. seines Bezugs-Systems entwickelt. Auf der körperlichen Ebene beinhaltet dies im Kern die Einschränkung der Lebendigkeit in Form von chronischen Verspannungen, die den Atem und die Beweglichkeit beeinträchtigen. Basis der Bioenergetischen Analyse ist das psychoanalytische Widerstands- und Übertragungs-Modell (tiefenpsychologischer Ansatz). Wie in der Psychoanalyse wird ein begleiteter und unterstützter Bewusstwerdungs-Prozess als „heilsam“ verstanden, wobei dem körperlichen Bewegen, Fühlen und Wahrnehmen als Basis der emotionalen Bewegung eine zentrale Rolle zukommt. Die Phänomene wie Haltung, muskuläre (Ver-) Spannung, Gefühls-Ausdruck in der körperlichen Bewegung, Atmungs-Muster in Bezug auf ihre Funktion und Entstehung in der Kindheit und inneres seelisches Erleben wurden von Lowen in fünf Charakter-StrukturTypen unterteilt. Die Charakter-Strukturen zeichnen sich aus durch typische Verhaltens-Weisen, typisches inneres seelisches Erleben, charakteristische körperliche Haltungs-Muster Die Charakter-Strukturen der bioenergetischen Analyse sind nicht immer deckungsgleich mit den Persönlichkeits-Strukturen anderer zeitgenössischer psychologischer Klassifikationen. Sie sind ergänzt durch charakteristische leibliche Muster. Bioenergetik: schizoid und oral KP Im Folgenden werden diese idealtypischen Strukturen dargestellt. Der konkrete Patient wird niemals identisch mit diesen Strukturen sein. Sie können aber dem Therapeuten im therapeutischen Prozess als eine diagnostische und therapeutische Orientierungslinie dienen: 1. Schizoide Charakter-Struktur: Die schizoide Charakterstruktur kennzeichnet nach Lowen eine Tendenz zur Spaltung der ganzheitlichen Funktion der Persönlichkeit – z. B. durch die Neigung, Denken und Fühlen zu trennen. Was der Schizoide denkt, scheint häufig keinen Zusammenhang damit zu haben, was er fühlt, oder wie er sich verhält. Der Schizoide zieht sich nach innen (insbesondere in den Kopf und ins Denken) zurück, was mit einer Unterbrechung oder einem Verlust des Kontaktes zur Außenwelt oder zur Realität einhergeht. Die schizoide Persönlichkeit verfügt nur über ein begrenztes Selbst-Gefühl, ein schwaches Ich und einen deutlich reduzierten Kontakt zum Körper und dessen Gefühlen. Schizoide haben eine schwache Ich-Abgrenzung, sind dementsprechend (über)empfindlich und meiden gefühlsbetonte Beziehungen. 2. Orale Charakter-Struktur: Menschen mit einer oralen Struktur weisen nach Lowen viele Merkmale der oralen LebensPhase (Baby-Alter) auf: Mangelnde Selbständigkeit, Neigung zum Anklammern an andere, verminderte Aggressivität und die Erwartung, von anderen gehalten, gestützt und behütet zu werden. Orale Menschen leiden unter innerer Leere und haben starke Sehnsuchts-Gefühle. Sie leiden oft unter starken Schwankungen der Stimmungs-Lage. In der kompensierten Form verhalten sich diese Menschen übertrieben selbständig. Bioenergetik: narzisstisch und masochistisch KP 3. Psychopathische bzw. narzisstische Charakter-Struktur: Lowen beschreibt als typisches Merkmal der psychopathischen Struktur das Leugnen von Gefühlen, besonders sexueller Gefühle. Der psychopathische Charakter strebt nach Macht und möchte andere Menschen steuern oder beherrschen. Als Mittel setzt er dabei Druck oder Manipulation (Verführung) ein. Diese Menschen sind auffallend bemüht, „alles unter Kontrolle“ zu haben. Meist verdrängen, leugnen und kompensieren sie ihre Erlebnisse von Machtlosigkeit und Hilflosigkeit, durch die sie sich latent bedroht fühlen. 4. Masochistische Charakter-Struktur: Menschen mit dieser Struktur leiden unter erheblichen Minderwertigkeits-Gefühlen, geben sich anspruchslos, verhalten sich unterwürfig und sind um Anpassung und Unterordnung bemüht. Sie zeigen jedoch eine starke latente trotzige und beharrliche passive Abwehr, die sie bei genügend starkem äußerem Druck offenbaren. Im Inneren hegt der masochistische Charakter Hass-, Negativismus- und Überlegenheits-Gefühle. Eine starke Muskelstruktur dämmt die drohende emotionale Explosion ein. SelbstDurchsetzung und Aggression sind bei diesem Charakter-Typus stark gehemmt. Stattdessen herrschen Klagen und Jammern in der Außendarstellung und die Tendenz zur Übernahme von Opfer-Rollen vor. Bioenergetik: rigide KP 5. Rigide Charakter-Struktur: Rigidität ist nach Lowen gekennzeichnet durch eine steife, unnahbare Haltung, die im Wesentlichen durch Verletzungen des gegengeschlechtlichen Eltern-Teils verursacht werden. Der Begriff der Rigidität bezieht sich bei Lowen entwicklungspsychologisch auf die ödipale Konflikt-Situation des Kindes. Der rigide Charakter ist ständig auf der Hut, nicht verletzt zu werden. Er hat die Hoffnung, durch Leistungs-Orientierung die Liebe und Anerkennung seiner Umgebung zu gewinnen und zu sichern. Rigide Menschen sind kompetitiv, willensbetont und widerstandsfreudig. Varianten des rigiden Charakters sind der phallische und der hysterische Charakter. a. Phallisch: Das Verhalten ist kämpferisch, rivalisierend-dominant und mitunter aggressivverletzend. Dies geht besonders auch in die erotische Beziehungs-Gestaltung ein. b. Hysterisch: Das Seelen-Leben und Verhalten dieser Menschen ist emotional übertrieben, Aufmerksamkeit erheischend und dramatisierend. Sie neigen zu übersteigerten gefühlsmäßigen Reaktionen, deren Aufruhr sich im vegetativen Körper-Geschehen widerspiegelt. Sie sexualisieren den Kontakt bei gleichzeitiger Abwehr gegen tiefes Sich-Einlassen. Bioenergetik: Grounding KP Ein zentrales Konzept in der Bioenergetischen Analyse ist das „Erden” oder „Grounding”. Lowen begann in den 50-er Jahren des letzten Jahrhunderts mit seinen Patienten im Stehen körperlich zu arbeiten. Das hatte es bis dahin im psychotherapeutischen Kontext noch nicht gegeben. Grounding wird verstanden als das Stehen und der aufrechte Gang im Schwere-Feld der Erde (Kontakt zum Boden, Stand-Festigkeit und Eigenständigkeit) Fühlkontakt mit allen Bereichen der eigenen Körperlichkeit, als Verwurzelung in der Wahrnehmung des Körper-Selbst Verbundenheit mit der eigenen Geschichte, Verstehen der eigenen Biografie Fähigkeit, Beziehungen einzugehen und aufrechtzuerhalten Fähigkeit, Selbst-Entgrenzungen durchzustehen (spirituelle Dimension, Transzendenz) Voraussetzung für Containment (emotionale Halte-Kraft) und ErregungsAbleitung in den Boden (als Voraussetzung für eine lebendige Sexualität). Bioenergetik: Vorgehen Bei der Durcharbeitung der Konflikte und der charakteristischen Grundproblematik gehen verbale Aufarbeitung und körperliche Interventionen Hand in Hand, ergänzen und bedingen sich gegenseitig. In diesem Kontext versteht der Therapeut auch das Übertragungs-Angebot des Patienten und achtet auf seine Gegenübertragungs-Gefühle. Bestandteile körperlicher Interventionen sind: „Vertiefung der Atmung“, „Anregung unwillkürlicher Körper-Bewegungen“, „Arbeit am emotional verbundenen stimmlichen Ausdruck“ sowie Belebung des allgemeinen Energie-Niveaus zur Vertiefung der emotionalen Fühl- und Ausdrucks-Toleranz. In der direkten Körper-Arbeit wird der blockierende Charakter der eigenen körperlich-seelischen „Lebens-Haltung“ bewusst sowie die in ihm gebundenen Emotionen, die abgewehrt werden mussten. Häufig werden Erinnerungen wach, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit den abgewehrten Emotionen stehen. In der sprachlichen Aufarbeitung geht es um die Verknüpfung der Erfahrungen auf der körperlichen Ebene mit den seelisch-geistigen „Haltungen“ und um eine Integration der nun lebendig gewordenen Persönlichkeits-Bereiche. Der Prozess geschieht behutsam und kann den Weg zu einer befriedigenderen Lebens-Gestaltung, zu mehr Lebens-Freude, Genuss und Kreativität öffnen. KP Biodynamik: Entstehung KP Die Biodynamik ist eine körperpsychotherapeutische Methode (Körperorientierte Psychotherapie), die ihre Wurzeln hat in der Vegetotherapie Wilhelm Reichs, der Physiotherapie Aadel Bülow-Hansens, der Humanistischen Psychologie sowie Ansätzen Carl Gustav Jungs. Begründet wurde sie von Gerda Boyesen. Eine Weiterentwicklung erfolgte unter anderem durch Ebba und Mona Lisa Boyesen, die Töchter von Gerda Boyesen, die auch Therapeuten ausbilden. Die von Gerda Boyesen in ihrer letzten Lebens-Dekade praktizierte Version biodynamischer Psychotherapie beruht auf einer Kombination von haltungsverändernden Massagen und Vegetotherapie. Ziel der Biodynamik ist es, den Menschen durch Abbau neurotischer Muster zu intensiverem Erleben zu verhelfen. Statt durch Angst entstandene Halte-Muster soll sein Leben, Handeln und Fühlen vom Fluss der Libido bestimmt werden, die Ausdruck des Lebendigen in jedem von uns ist. Dabei ist die therapeutische Haltung die, dass der Klient Selbst-Heilungs-Kräfte besitzt, die durch die Interventionen angestoßen und im Verlauf des Prozesses unterstützt werden. Die These Trennung von Körper und Psyche wird in der Biodynamik nicht vertreten. Stattdessen wird über die Ansätze der Psychosomatik hinaus die Annahme vertreten, dass Gefühle verkörpert werden, d. h. eine vom Körper und von körperlichen Empfindungen losgelöste Psyche nicht existiert. Mit therapeutischen Interventionen in Form von Berührung, Arbeit mit Bild-Material und Gespräch wird versucht, die aus alten Erfahrungen heraus blockierte Lebens-Energie wieder ins Fließen zu bringen. Biodynamik: festgehaltene Gefühle KP Nach Meinung der Biodynamik werden in muskulären Verspannungen, im Bindegewebe oder auf der Knochen-Haut-Ebene Gefühle gehalten, die nicht zum Ausdruck kommen durften. Sie sollen behutsam unter Respektierung des Widerstands gelöst und entweder „ausgedrückt“ oder „verdaut“ werden. Das Ausdrücken kann durch Regressions-Prozesse hindurch gehen, in denen die meist frühkindlichen Erlebnisse erneut durchlebt und bislang Unausgedrücktes endlich heraus gelassen wird. Wobei sich die Beschreibung von dem Nicht-zum-Ausdruck-kommen-Gedurften nicht auf objektiv messbare Kriterien bezieht, sondern auf die vom Klienten erlebte Situation. Da es sich um Therapie handelt, sind dies in der Regel Situationen in der Kindheit, in denen sich der Klient gegenüber seinen Eltern machtlos fühlte und aus Angst vor Strafe oder aus dem Wunsch nach Anerkennung heraus seine Impulse unterdrückte. Der Begriff Lebens-Energie bezieht sich auf die Kraft, die aus dem Es zum Ausdruck dieser Gefühle und Handlungs-Impulse drängt. Der in der Biodynamik begangene Weg, statt durch Ausagieren die gehaltenen Gefühle zu „verdauen", wird von Biodynamik-Therapeuten als „Psychoperistaltik“ bezeichnet. In diesem Prozess soll emotionaler Stress, wie z. B. unausgedrückte Gefühle, durch das Verdauungs-System und den Darm verarbeitet werden. In der Arbeit am Klienten soll der Zusammenhang zwischen den Massage-Bewegungen des Therapeuten und der „Antwort“ des Darms des Klienten über die Psychoperistaltik mit einem Stethoskop mit verfolgt werden. Hakomi 1 KP Hakomi ist eine körper- und erfahrungsorientierte Psychotherapie-Methode. Sie wurde in den 1970er Jahren von Ron Kurtz (1934 – 2011) entwickelt, der dabei von Wilhelm Reich und Alexander Lowen entwickelte Körper-Psychotherapie-Methoden in eine eigene Methode integrierte. Das Wort „Hakomi“ stammt aus der Sprache der Hopi-Indianer und bedeutet „Der, der du bist“ oder in der Frageform „Wer bist du?“. Es umschreibt den Kern der Hakomi-Methode: die Erforschung der Selbst-Organisation und der Gestaltung von Erfahrungen. Die Hakomi-Methode kombiniert Psychotherapie und systemische Theorie mit östlicher Philosophie und körperzentrierten Techniken. Kurtz verbindet in Hakomi fünf Prinzipien: innere Achtsamkeit, Einheit, Gewalt-Freiheit, Selbst-Organisation und die Körper-GeistEinheit. Das Prinzip der Achtsamkeit ist das klare, unabgelenkte Beobachten dessen, was im Augenblick der jeweils gegenwärtigen Erfahrung (einer äußeren oder inneren) wirklich vor sich geht (…) ohne bewertend Stellung zu nehmen. Hakomi wendet den Bewusstseins-Zustand der Achtsamkeit direkt in der therapeutischen Arbeit an und vertieft dadurch die gegenwärtige Erfahrung auf den verschiedenen Ebenen des Erlebens – körperlich, emotional und mit allen Sinnen. Hakomi 2 KP Das Prinzip der Einheit geht von der Vernetztheit aller Dinge aus und lehnt sich dabei an die Theorie der komplexen adaptiven Systeme an. In der Hakomi-Methode schlägt sich dies in einer grundsätzlich systemischen Sicht-Weise nieder, sowohl die Innenwelt des Klienten als auch die therapeutische Beziehung betreffend. Im Prinzip der Gewalt-Freiheit gelten bei Kurtz auch subtilere Formen wie Manipulation, Suggestion, Drängen und Konfrontation als Gewalt. Ron Kurtz hat spezielle Techniken entwickelt, um gewaltfrei mit Widerständen und inneren Barrieren zu arbeiten. Er geht dabei davon aus, dass die Gewalt-Freiheit Vertrauen bildet und Sicherheit schafft, so dass ein tieferer Zugang zu den geschützten inneren Bereichen möglich wird. Gleichzeitig wird auf diese Weise auch für den Therapeuten das Arbeiten leichter und anstrengungsloser. Das Prinzip der Selbst-Organisation (Organizität) postuliert, dass jedem lebenden System die Fähigkeit zur Selbst-Heilung innewohnt. Der Therapeut versucht, diesen Prozessen zu folgen, statt sich an ihren eigenen Vorstellungen zu orientieren und bestimmte Ziele anzusteuern, und günstige Bedingungen dafür zu schaffen, dass die achtsam beobachtete Innenwelt des Klienten selbst die Richtung vorgibt, in die sie sich bewegen will, um überholte Limitierungen zu lösen und neue, erweiternde Erfahrungen zu machen. Das Prinzip der Körper-Geist-Einheit betont die Untrennbarkeit von Körper und Geist. So können über den Körper vor allem Ebenen und prägende Erfahrungen, die nicht mental bewusst sind, zugänglich gemacht werden. Die Annahme, dass der Mensch ein Organismus ist, in dem alle geistigen, seelischen und körperlichen Prozesse untrennbar miteinander verbunden sind, spielt in allen Körper-Psychotherapie-Methoden eine grundlegende Rolle und erfährt durch neuere neurobiologische Forschungs-Ergebnisse, z. B. von Antonio R. Damasio, L. Cozolino und G. Hüther (Embodyment), Unterstützung. Konzentrative Bewegungs-Therapie 1 KP Die Konzentrative Bewegungstherapie (KBT) ist eine körperorientierte psychotherapeutische Methode und wurde von dem Psychotherapeuten Helmuth Stolze begründet. In ihr werden Wahrnehmung und Bewegung als Grundlage des Handelns, Fühlens und Denkens genutzt. Im konzentrativen Sich-Bewegen, Sich-Wahrnehmen werden Erinnerungen reaktiviert, die im Laufe des Lebens ihren Körper-Ausdruck in Haltung und Verhalten gefunden haben. Außerdem kann im Umgang mit Objekten (z. B. Tücher, Steine, Stäbe, oder auch Menschen) neben der realen Erfahrung auch ein symbolischer Bedeutungsgehalt erlebbar werden. Vor dem Hintergrund entwicklungs- und tiefenpsychologischer Denk-Modelle ermöglicht das anschließende Gespräch den Erfahrungs-Austausch und die Reflexion der leiblichen Erfahrung. Ergebnisse sind differenziertere Wahrnehmung, klarere Unterscheidung von funktionalen und dysfunktionalen Verhaltens-Mustern und darauf aufbauend Veränderung und Entwicklung. Die KBT wurde aus der individuellen Bewegungs-Arbeit Elsa Gindlers (1885-1961) heraus entwickelt. Die Abwendung von gymnastischen Übungen hin zur Eigenwahrnehmung war dabei wesentlich. „Werden sie erfahrbereit.“ Gertrud Heller und dann Helmuth Stolze begannen damit, Leiblichkeit und Bewegung in der Arbeit mit psychisch Kranken einzusetzen. Konzentrative Bewegungs-Therapie 2 Die KBT basiert auf entwicklungs-, tiefenpsychologischen und lerntheoretischen Denkmodellen. Ein wichtiger Bestandteil des theoretischen Hintergrundes ist der Gestalt-Kreis Viktor v. Weizsäckers, den Helmut Stolze in Beziehung zur KBT setzte und 1972 vorstellte. In seinem Modell gibt es zwei Gestalt- und Regelkreise: den des Averbalen (bewegen - wahrnehmen) und den des Verbalen (denken - sprechen). Beide sind wiederum Teil eines umfassenden Begreifens als Verbindung des Individuums mit seiner Umwelt. Ein weiteres Element der theoretischen Grundlage sind entwicklungspsychologische Ansätze von Erik Erikson, Margaret Mahler und Jean Piaget. Zum Beispiel beschreibt Piaget, wie bei einem Kind aus sensomotorischen Erfahrungen bestimmte Verhaltens-Muster entstehen, die durch Wiederholung zu einem bestimmten Schema weiterentwickelt werden. Andere entwicklungspsychologische Phasen, die eine Rolle in der KBT-Arbeit spielen, sind Symbolisierung, Abstrahierung, Trennung und Individuation. Die Ergebnisse der neueren Säuglings-, Bindungs-, neurobiologischen und TraumaForschung bestätigen diese Grundannahmen. Die KBT ermöglicht über Erfahrungs-Angebote, die sich auf bestimmte Entwicklungs-Phasen beziehen, Nachreifungs-Prozesse und das Entwickeln neuen Verhaltens. KP Konzentrative Bewegungs-Therapie 3 KP Zu Beginn einer KBT-Sitzung greift die entwicklungsbegleitende Person die aktuelle Situation auf: sprachliche Mitteilungen, Stimmungen, Körper-Haltungen der Entwicklung suchenden Personen und ihre eigenen Reaktionen. Diese setzt sie um in ein Angebot, indem sie Anregungen zum Experimentieren und Erleben gibt, z. B. Wahrnehmen des Raums, auf verschiedene Arten gehen, KörperGrenze abklopfen, Gestalten einer Szene mit Gegenständen, Berührung durch Gegenstände oder Berührungs-Dialog mit der Therapeutin. Jede Situation kann für ein Angebot genutzt werden und sollte Erfahrungs-Spielräume ermöglichen. Angebote in der KBT können folgende Ziele haben: Anregung von Selbst- und Körper-Wahrnehmung, Bewusst-Werden der eigenen Befindlichkeit, Bearbeiten von inneren und äußeren Konflikten, Klärung von Beziehungs-Situationen, Wahrnehmen von Gefühlen und Impulsen, Erkennen von unterschiedlichen inneren Verfasstheiten/Strebungen. Die darauf folgende verbale Bearbeitung dient der Klärung, Verdeutlichung, Differenzierung und Integration der Erfahrungen. Eine zentrale Vorgehens-Weise ist die konzentrative Wahrnehmung im aktuellen Tun und Erleben. In der KBT wird dieses Tun und Erleben als Bewegung verstanden. Mit der Konzentration auf das Leibliche gewinnen wir Zugang zum unbewussten Gedächtnis. Ihm zugeordnet ist das Leib-Gedächtnis, das alle Erfahrungen, insbesondere die Beziehungs-Erfahrungen speichert. Konzentrative Bewegungs-Therapie 4 KP Durch die konzentrative Hinwendung auf den eigenen Körper können Erinnerungen bewusst werden, die sich in Haltung, Bewegung und Verhalten ausdrücken. Mit jeder Belebung der Wahrnehmung wird gleichzeitig eine innere Bewegung ausgelöst. Im gegenwärtigen Tun können durch Bewegungs-Abläufe (gewohnte Tätigkeiten, wie z. B. Gehen, Greifen, Stehen, Liegen) alte Erfahrungen bewusst, Automatismen unterbrochen und neue Erlebens-Inhalte ermöglicht werden. Die innere Beteiligung ermöglicht eine affektive Erlebens-Ebene, wodurch neue Verhaltens-Weisen leichter erlernt und integriert werden. Dies zeigen Ergebnisse der Lern-Forschung, wonach emotional getönte Inhalte am besten behalten werden. Durch Angebote, die einen Handlungs-Raum eröffnen, können diese neuen ErlebensInhalte erprobt und durch Wiederholung vertieft werden. Das geschilderte körperorientierte Erleben ermöglicht es dem Klienten, gesunde Anteile von Störungen zu unterscheiden und zu verstehen. Damit werden Themen für die psychotherapeutische Bearbeitung zugänglich und die Zielfindung wird erleichtert. Ein wesentlicher Bestandteil der KBT-Arbeit ist das Einbeziehen von Gegenständen. Dabei dienen Gegenstände als Realobjekte, als Hilfsmittel zum Aufbau der SelbstWahrnehmung, als Symbol, als Mittel zur szenischen Gestaltung, als Gestaltung des Körper-Bildes, als Objekt zur Beziehungs-Gestaltung zwischen Zweien oder Mehreren und als Übergangs-Objekt, das den Klienten zur Unterstützung und Weiterführung eines inneren Prozesses mit nach Hause gegeben wird. Ein weiterer Fokus im therapeutischen Prozess ist die Gestaltung der Interaktion zwischen KlientIn bzw. Gruppenmitgliedern untereinander und zur TherapeutIn. Funktionelle Entspannung 1 KP Die Funktionelle Entspannung (FE) ist eine von der deutschen Gymnastik-Lehrerin Marianne Fuchs entwickelte tiefenpsychologisch fundierte Körper-Psychotherapie. Die Entspannung soll in dieser psychodynamischen Methode unter anderem die Aufgabe haben, den Zugang zu bis dahin unbewussten, verdrängten Erfahrungen zu erleichtern und zu ermöglichen. Theorie: Die Funktionelle Entspannung ist tiefenpsychologisch fundiert und kann als praktische Umsetzung des Satzes von Sigmund Freud gelten, wonach „das Unterbewusstsein zum Körper hin offen ist“. In der FE sollen durch spezielle minimale Bewegungen einzelner Gelenke und bewusstes Atmen Prozesse auf der körperlichen Ebene ausgelöst werden, die sich auf die Psyche auswirken und innere Blockaden lösen. Es gibt keine festgelegten Übungen, sondern diese werden individuell mit dem Patienten entwickelt. Durch das Erlangen eines natürlichen Atem-Rhythmus und dadurch, dass der Patient, darin unterstützt von den Therapeuten, lernt in Ruhe auszuatmen - Fuchs nennt dieses den Atmen loslassen - soll sich die Entspannung einstellen. Diese Entspannung soll keine Tiefen-Entspannung sein wie z. B. das Autogene Training. Entspannen soll sich der Patient für die Dauer der Ausatmung, um so seinen Körper spüren zu können, soll aber andererseits auch offen und wach für den Dialog mit seinen Therapeuten bleiben. Ziel der Bewegungs-Anregungen durch den Therapeuten ist eine Verfeinerung der Wahrnehmung körperlicher Funktionen und damit auch der Selbst-Wahrnehmung. Funktionelle Entspannung 2 KP Nach Aussagen von Befürwortern der Methode soll durch eine Differenzierung der Sinnes-Wahrnehmung ein Zugang zu den behandelten Störungen geschaffen werden. Dadurch können angeblich vorsprachliche Lebens-Erfahrungen des Menschen wiederbelebt und vergessene Erinnerungen aus der frühen Kindheit ins Bewusstsein geholt werden. Die Vertreter dieser Methode betonen aber, dass die Wirkung der FE nicht von der Aufdeckung vergessener Erinnerungen abhänge. Durchführung: Die FE wird in Einzelbehandlung durchgeführt. Zu Beginn liegt der Patient dabei auf dem Rücken und der Therapeut legt seine Hände auf den Brust-Korb, um den Atem des Patienten zu erspüren und bei Bedarf auch in der Ausatmung zu unterstützen. Der Therapeut lässt dann den Patienten in verschiedene Bereiche seines Körpers kleine Bewegungen in der Ausatmung durchführen, um so Blockaden und Anspannungen auf die Spur zu kommen und zu lösen. Geeignet ist die FE bei Psychosomatischen Erkrankungen, aber auch bei Depressionen (F32 – F34), Angsterkrankungen (F40 und F41), Zwangsstörungen (F42) und Schlafstörungen (F51). Auch bei Somatischen Erkrankung wie Asthma und unterstützend bei BandscheibenVorfällen kann sie eingesetzt werden. Fuchs berichtet auch von erfolgreichen Anwendungen bei Stottern (F98.5) und Schnarchen. Auch für Kinder und Kleinkinder ist die FE geeignet. Bei Kleinkindern werden die Eltern entsprechend in der Durchführung geschult. G Transaktions-Analyse (TA) Entstehung und Entwicklung 1 Entstehung und Entwicklung 2 Entstehung und Entwicklung 3 Mittel und Ziele Grundgedanken Allgemeine Techniken Struktur-Modell der Ich-Zustände 5 Lebens-Einstellungen TA Entstehung und Entwicklung 1 TA Die Transaktions-Analyse (TA) ist eine psychologische Theorie der menschlichen Persönlichkeitsstruktur. Die Theorie wurde Mitte des 20. Jahrhunderts vom amerikanischen Psychiater Eric Berne (1910–1970) begründet, und sie wird bis heute weiterentwickelt. Die Transaktions-Analyse erhebt den Anspruch, anschauliche psychologische Konzepte zur Verfügung zu stellen, mit denen Menschen ihre erlebte Wirklichkeit reflektieren, analysieren und verändern können. Der Mensch erlebt sich immer in Bezug zu seiner Umwelt, selbst im Rückzug (von ihr). Die Umwelt erlebt sich immer auf den Menschen bezogen. Die Beschreibung der Dynamik dieser gegenseitigen Bezogenheit stellt den Kern der Transaktions-Analyse dar. Sie vereinigt demnach in ihren Konzepten tiefenpsychologische, beziehungsorientierte und systemische Aspekte des menschlichen Miteinanders. Schon zu Lebzeiten Bernes setzten verschiedene Transaktions-Analytiker in ihrer Arbeit unterschiedliche Schwerpunkte, die auch die weitere Entwicklung der TransaktionsAnalyse beeinflusst haben. Neuere Entwicklungen fußen z. B. auf Mary und Robert Goulding (Neuentscheidungs-Therapie), Jacqui Lee Schiff (Neubeelterung), Fanita English (Ersatz-Gefühle; Episkript), Richard G. Erskine (Integrative Psychotherapie), William F. Cornell (Beziehungsorientierte Transaktions-Analyse) und Bernd Schmid (Systemische Transaktions-Analyse). Entstehung und Entwicklung 2 TA Eric Berne entwickelte die Transaktions-Analyse aus der Beobachtung zwischenmenschlicher Kommunikation heraus. Diese von ihm als Transaktionen benannten Vorgänge setzte er dann mit von Patienten berichteten inneren Prozessen in Beziehung. Eine Transaktion beschreibt stattfindende Kommunikation: das bewusste und unbewusste Austausch-Geschehen zwischen Menschen und ihrer Umwelt, sowohl verbal als auch nonverbal. Kommunikations-Abläufe werden in Transaktionen differenziert und dadurch für den Betrachter verstehbar und beeinflussbar bzw. veränderbar. Komplexe Abläufe stereotyper Transaktions-Muster werden in der TransaktionsAnalyse als Spiele bezeichnet (z. B. ein immer wieder ähnlich ablaufender EheStreit). Sie stellen damit fixierte und einschränkende Muster des sozialen Miteinanders dar, denen Eric Berne sehr große Aufmerksamkeit widmete. Als Psychiater bezog Berne seine Theorie-Entwicklung ursprünglich auf psychotherapeutische Kontexte. Auf dem Weg zur Heilung standen anfangs für ihn die Einsicht des Patienten in dessen psychische Strukturen und die sich daraus ergebenden Transaktionen und Spiele im Vordergrund. Aus dieser Einsicht heraus sollte es dem Patienten durch Veränderung seines Verhaltens und seiner DenkStrukturen gelingen, Autonomie zu erlangen. Dazu entwickelte er sehr treffende und leistungsfähige Modelle, anhand derer er sich mit dem Patienten über dessen Strukturen und Schwierigkeiten besprach. Mit der Zeit und der weiteren Entwicklung der Transaktions-Analyse verschob sich dann der Schwerpunkt dieser kognitiven Herangehensweise, so dass das zeitgemäße Arbeiten im Kontext der Transaktions-Analyse bedeutet, neue Sicht- und ErlebensWeisen der Welt ganzheitlich zu entwickeln. Entstehung und Entwicklung 3 TA Die Vorstellung, dass die Kraft, das Potenzial und die Verantwortung für die Heilung im Patienten liegen, stellte in der Mitte des letzten Jahrhunderts einen Paradigmenwechsel in der Behandlung − auch schwerer psychischer Störungen − dar. Aus dieser Grundannahme geht direkt die zentrale Stellung des Vertrags in der Arbeit von Transaktions-Analytikern hervor. Das bedeutet, dass der Patient die Ziele der gemeinsamen Arbeit definiert, indem er im Gespräch mit dem Transaktions-Analytiker klärt, was er verändern wird und was dabei die Aufgabe des Außenstehenden ist. Auch wenn Transaktions-Analytiker heute meist ganz andere Zugänge in der Arbeit mit Klienten nutzen - weg von der klassischen kognitiv-verhaltensorientierten hin zu emotional beziehungs- und prozessorientierten, so ist und bleibt der Vertrag Dreh- und Angel-Punkt der professionellen Orientierung. Er ist auch Ausdruck der hohen Bedeutung der ethischen Prinzipien in der Transaktionsanalyse. Die unterschiedlichen theoretischen Konzepte der Transaktions-Analyse stellen meist unterschiedliche Schwerpunkte in den Fokus. Heutzutage beziehen sich transaktionsanalytische Konzepte und Modelle auf alle Bereiche des sozialen Miteinanders, so dass Transaktions-Analyse in den vier Anwendungs-Feldern Psychotherapie, Beratung, Organisations-Entwicklung und Pädagogik/ Erwachsenen-Bildung gelehrt und ausgeübt wird. Transaktions-Analyse wird vor einem wissenschaftlichen Hintergrund und mit wissenschaftlicher Begleitung ständig weiterentwickelt. Mittel und Ziele TA Die Transaktions-Analyse soll mit dem Mittel der Kommunikation Möglichkeiten zur Interpretation und Gestaltung von Realitäts-Wahrnehmung, Interaktionen und des eigenen Lebens-Weges eröffnen. Sie stellt dazu eine Theorie der Persönlichkeit und eine Beschreibung kommunikativer Abläufe in unterschiedlichen Kontexten zur Verfügung und bietet Modelle zum Beobachten, Beschreiben, Verstehen und Verändern bzw. Entwickeln der Persönlichkeit und der Beziehungen zwischen Individuen und sozialen Systemen. Sie umfasst damit Konzepte zur Persönlichkeits-Analyse, zur Beziehungs-Analyse, zur Gruppen-Dynamik und Gruppen-Analyse und zur Analyse und Steuerung von sozialen Systemen sowie Methoden der Einflussnahme auf die Gestaltung von als sinnvoll erachteter Veränderungen im interaktiven Bereich. Ziel-Vorstellung der Transaktions-Analyse ist eine integrierte, autonome Persönlichkeit mit der Fähigkeit, sich in einem sozialen Gefüge selbstbewusst, respektvoll, achtsam, rücksichtsvoll und beitragend zu bewegen. Transaktions-Analytiker/-innen sollen mit ihren Klienten im Bewusstsein der Gleichwürdigkeit und Gleichwertigkeit kooperieren, um gemeinsam Leben freudvoll zu gestalten. Dazu verabschieden die Ethik-Komitees der internationalen TA-Gesellschaften verpflichtende ethische Prinzipien, die auch Bestandteil der Aus- und Weiterbildung in Transaktions-Analyse sind. Grundgedanken TA Wenn Menschen mit Hilfe der Grundgedanken der Transaktions-Analyse auf soziale Interaktionen oder einzelne Persönlichkeiten schauen, dann gelten hierfür diese Annahmen: Jeder Mensch hat die Fähigkeit, zu denken und Probleme zu lösen. Jeder Mensch ist in all seinen Schattierungen und in seiner Ganzheit in Ordnung. Jeder Mensch ist in der Lage, Verantwortung für sein Leben und dessen Gestaltung zu übernehmen. Er verfügt dazu über die Fähigkeit der bewussten Wahrnehmung und Steuerung seiner mentalen, emotionalen und sensorischen Vorgänge und der sich daraus ergebenden Handlungen bzw. sozialen Interaktionen. Jeder Mensch wird als fähig angesehen, sein Lebens-Konzept (oder LebensGestaltungs-Muster) schöpferisch, zuträglich und konstruktiv zu gestalten. Zudem ist es jedem Menschen möglich, durch Nutzen seiner ihm innewohnenden Ressourcen autonome Entscheidungen für sich und andere zu fällen. Dazu benutzt er seine Fähigkeit zur Bewusstmachung der momentanen Gegebenheiten, seine Fähigkeit, aus einer Bandbreite verschiedener energetischer Zustände auszuwählen und die Fähigkeit zu echtem emotionalen Kontakt mit anderen Menschen. Für Transaktions-Analytiker hat Autonomie im Sinne von Selbst-Bestimmung, Spontanität und Bezogenheits-Fähigkeit auf die Welt höchsten Stellen-Wert. Allgemeine Techniken TA Die hier angesprochenen Konzepte zu den Transaktionen, den Spielen, den Verträgen und der psychischen Struktur sind vier Beispiele aus einer großen Anzahl weiterer theoretischer Modelle, deren Darstellung an dieser Stelle den Rahmen sprengen würde. Allgemeine Techniken sind Struktur- und Transaktions-Analyse samt Enttrübungs-Arbeit (Erkennen des Alsob-Charakters der Eltern- und Kind-Positionen) Spiel- bzw. Racket-Analyse Skript-Analyse: Skript ist ein Drehbuch, ein Lebens-Plan oder ein unbewusstes Programm, nach dem ein Individuum lebt. Die bevorzugten Transaktionen und psychologischen Spiele einer Person sind Ausdruck ihrer Skripte. Diese enthalten persönliche Haltungen, Wert-Maßstäbe und Aussagen über das Selbst-Wert-Gefühl. Sie bestimmen die Möglichkeiten der Person, sich zu entfalten und Konflikte zu bewältigen. Durch die Analyse der Skripten können diese bewusst gemacht und unter Umständen verändert werden. Zu den Bestandteilen des Skriptes gehören sowohl offene als auch subtile Indoktrinationen durch die Eltern. Markante Transaktionen (Botschaften) sind „werde nicht erwachsen“ oder auch „sei ein Versager“. Die Handlungs-Anweisungen erfolgen durch Vormachen, direktes oder nonverbales Anleiten, oder über Lebens-Regeln. Es entstehen „Lieblings-Gefühle“. So kann Traurigkeit zu einem „Lieblings-Gefühl“ werden, wenn das Kind immer dann „gestreichelt“ wird, wenn es traurig ist. Struktur-Modell der Ich-Zustände TA Eric Berne beobachtete, dass ein und derselbe Mensch zu unterschiedlichen Zeiten qualitativ unterschiedliche Erlebens- oder Ich-Zustände aktivieren kann. Solche Erlebens-Zustände sind jeweils durch ein zusammenhängendes Muster von Denk-, Fühl- und Verhaltens-Weisen charakterisiert. El Die prinzipiell unendlich vielen Erlebens-Zustände eines Menschen können grundsätzlich in drei Kategorien eingeteilt werden: 1. Er 2. 3. K Wir können abgespeichertes Erleben von früher erneut aktivieren, der Zustand wird dann Kindheits-Ich-Zustand genannt. Kreieren wir einen neuen Erlebens-Zustand, der sich in angemessener Weise voll und ganz auf das Hier und Jetzt bezieht, so wird dieser als Erwachsenen-Ich-Zustand bezeichnet. Wenn wir uns auf eine Art und Weise erleben, die wir im Denken, Fühlen und Verhalten von anderen übernommen haben, so ist das ein Eltern-Ich-Zustand. Mit dem Struktur-Modell der Ich-Zustände werden die individuellen internen Energie-Besetzungen von Menschen beschrieben und eingeordnet. Die Ich-Zustände als Persönlichkeits-Anteile stellen Muster des Erlebens und Handelns dar, wie sie im Hier und Jetzt wahrgenommen werden. Allerdings aktivieren wir oft stereotype und teils weniger geeignete ReaktionsMuster in Rückwirkung auf unbewusste Erinnerungen früheren BeziehungsErlebens. Mit Hilfe der Transaktions-Analyse sollen auf die gegenwärtige Situation angemessene und selbstbestimmte Denk-, Fühl- und Verhaltens-Muster entwickelt werden, dort wo diese alten Muster den Lebens-Fluss so stark einschränken, dass unnötiges Leiden entsteht. 5 Lebens-Einstellungen TA Fünf Lebens-Einstellungen: Typische, wiederkehrende Transaktions-Muster (RollenSpiele) sind Manifestationen eines schon in der Kindheit geprägten Lebens-Planes (Skript), der sich durch den Hunger nach Zuwendung in Abhängigkeit vom FamilienStreichel-Muster entwickelt. Berne kategorisiert vier Lebens-Einstellungen, die sich auf dieser Basis entwickeln können, die fünfte entwickelte Fanita English: Lebens-Einstellungen Auswirkungen Ich bin okay - du bist okay (prä-/postnatal): Urvertrauen. Ich bin nicht okay - du bist okay (1. Lebensjahr): Das Kind fühlt sich hilflos. Wird diese Haltung beibehalten, kommt es zu einem mangelndem Selbst-Wert-Gefühl. Ich bin nicht okay - du bist nicht okay Nach einer Phase der intensiven Pflege wird das Kind mit Strafen oder Verboten konfrontiert. Wird dieser Zustand (2. Lebensjahr): beibehalten, wird die Entwicklung des Erwachsenen-Ich hier gestört. Die Folgen sind Abgestumpftheit und Mutlosigkeit. Ich bin okay - du bist nicht okay (möglich ab 2. Lebensjahr): Ich bin okay - du bist okay (realistisch): Entsteht nur bei fortdauernder Deprivation und Misshandlung. Folge ist ein "Selbst-Streicheln"; arrogante, selbstgefällige Haltungen, Schwierigkeiten bei der Akzeptanz sozialer Normen. Gelten und gelten lassen. G Integrative Therapie Die Integrative Therapie ist ein Psychotherapie-Verfahren, das von Hilarion G. Petzold, Johanna Sieper und Mitarbeitern seit den 1960-er Jahren entwickelt wurde. In ihr sind unterschiedliche methodische Ansätze integriert, wie Psychodrama, die Gestalt-Therapie, die aktive Psychoanalyse nach dem ungarischen Psychoanalytiker Sándor Ferenczi sowie Ansätze der Verhaltens-Therapie, der Körper-Therapie, Neuropsychologie und Neuromotorik von Alexander Lurija und Nikolai Bernstein. Die wichtigsten Philosophen, die die Entwicklung der Integrativen Therapie beeinflussten sind Maurice Merleau-Ponty, Gabriel Marcel, Paul Ricoeur, Michel Foucault und Hermann Schmitz. Die Integrative Bewegungs-Therapie ist als eigenständiges Körper-PsychotherapieVerfahren Teil der integrativen Therapie. H G Systemische Verfahren (S) Allgemein Familien-Begleitung Methodik Verhalten der Begleitenden REB Allgemein Bei systemischem Vorgehen in der Entwicklungs-Begleitung liegt der Fokus auf dem sozialen Kontext psychischer Störungen liegt. Dabei werden zusätzlich zu einem oder mehreren Rat suchenden Personen („Indexpatienten“) weitere Mitglieder des für die Rat-Suchenden bedeutsamen sozialen Systems einbezogen. Systemische Entwicklungs-Begleitung arbeitet mit dem sozialen Feld und fokussiert auf die Interaktionen zwischen Mitgliedern des sozialen Systems (Paar, Familie, Gruppen, Gemeinschaft, Institution) und deren weitere soziale Umwelt. Die systemische Entwicklungs-Begleitung betrachtet wechselseitige intrapsychische (kognitiv-emotive) und biologisch-somatische Prozesse sowie interpersonelle Zusammenhänge von Individuen und Gruppen als wesentliche Aspekte von Systemen. Die Elemente der jeweiligen Systeme und ihre wechselseitigen Beziehungen sind die Grundlage für die Diagnostik und Therapie von psychischen Erkrankungen und interpersonalen Störungen. Integrative Ansätze mit wesentlichen Anleihen bei anderen Therapie-Verfahren werden dann als systemisch bezeichnet, wenn zumindest die Hälfte der Interventionen systemisch einzuordnen sind. S Familien-Begleitung Es wird besonders auf die sozialen Bezüge einer Unterstützung suchenden Person („Indexpatient“) fokussiert. Symptome werden auf unterschiedlichen Systemebenen (somatisch, kognitivemotiv und interaktiv) betrachtet. Sie resultieren aus sozialen Bezügen bzw. werden durch diese unterhalten und beeinflussen sie gleichzeitig („Zirkularität“). Dazu sind insbesondere die Beziehungs-Regeln und Beziehungs-Muster bedeutsam, die sich in „repetitiven Interaktions-Schleifen“ äußern. Da die Familie ein wichtiges Bezugs-System für den Erwerb und die Aufrechterhaltung sowohl von gesunden als auch pathologischen Strukturen der Interaktion darstellt, wird systemische Entwicklungs-Begleitung häufig im FamilienSetting umgesetzt. Die Familie wiederum steht im Zusammenhang mit Strukturen auf kognitivemotiver und somatischer Prozess-Ebene. Somit hat die Systemische Therapie einen gegebenen Schwerpunkt in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die in existenzieller Abhängigkeit von ihren Bezugs-Personen stehen. S Methodik Interventionen sind methodisch so gestaltet, dass durch Beeinflussung der Kommunikations-Muster vor allem zirkuläre zwischenmenschliche Interaktionen verändert werden sollen. Es wird davon ausgegangen, dass durch Veränderung kommunikativer Prozesse krankheitsrelevante Änderungen im kognitiven, affektiven, Verhaltens- und ggf. biologischen System der Individuen angeregt werden. Die eingesetzten Techniken sind meist durch Problem-Aktualisierung und Handlungs-Orientierung gekennzeichnet. Unterschieden werden strukturelle Methoden (Joining, Enactment, Verändern von Koalitionen etc.), strategische Methoden (positives Umdeuten/“reframing“ von SymptomVerhalten, Symptom-Verschreibungen), symbolisch-metaphorische Methoden (Genogramm und Familien-Skulptur für die Darstellungen komplexer familiärer und nichtfamiliärer Beziehungen), zirkuläre Methoden (systemisches Fragen, Entwicklung von Hypothesen, Bemühen um Neutralität, paradoxe Interventionen), lösungsorientierte Methoden (z. B. „Wunderfrage“) und dialogische Methoden („reflecting team“, offener Dialog zur Dekonstruktion narrativ hergestellter Wirklichkeiten) S Verhalten der Begleitenden Das Verhalten der Entwicklungs-Begleitenden wird hinsichtlich der Beziehungs-Gestaltung zu einzelnen Mitgliedern des Systems als respektvoll - bei gleichzeitiger „Respektlosigkeit“ gegenüber pathogenen Ideen – sowie als neutral und „allparteilich“ charakterisiert. Die Grundhaltung beinhaltet eine unterstellte Autonomie der Mitglieder eines Systems und eine hohe Selbst-Verantwortung. Es wird davon ausgegangen, dass sich Veränderung oft selbst aus den ungenutzten Ressourcen des Systems einstellt, so dass Interventionen und Ratschläge nur sehr sparsam gegeben werden. Über Interventionen soll das System angeregt werden, durch das In-Frage-Stellen der eigenen Gesetzmäßigkeiten einen neuen Zustand zu erreichen. Dadurch kann sich auch das Verhalten des „Indexpatienten“ auf einem „gesünderen“ Niveau stabilisieren. S G Ergänzende Verfahren (E) Autogenes Training 1 Autogenes Training 2 Autogenes Training: Grundstufe 1 Autogenes Training: Grundstufe 2 Autogenes Training: Grundstufe 3 Progressive Muskel-Relaxation Hypnotherapie 1 Hypnotherapie 2 Hypnotherapie 3 Psychopharmakotherapie Psychopharmakotherapie: Antipsychotika 1 Psychopharmakotherapie: Antipsychotika 2 Psychopharmakotherapie: Antidepressiva 1 Psychopharmakotherapie: Antidepressiva 2 Psychopharmakotherapie: Phasen-Prophylaktika 1 Psychopharmakotherapie: Phasen-Prophylaktika 2 Psychopharmakotherapie: Hypnotika Psychopharmakotherapie: Weckamine REB G Autogenes Training 1 E Autogenes Training ist eine auf Autosuggestion basierende Entspannungstechnik. Es wurde vom Berliner Psychiater Johannes Heinrich Schultz aus der Hypnose entwickelt, 1926 erstmals vorgestellt und 1932 in seinem Buch Das autogene Training publiziert. Heute ist das autogene Training eine weit verbreitete und – beispielsweise in Österreich sogar gesetzlich – anerkannte Psychotherapiemethode. Das autogene Training entstand aus Beobachtungen, die Schultz im Rahmen seiner Hypnoseforschung machte. Schultz nannte sein Verfahren „konzentrative Selbstentspannung“, und diese Entspannung der Muskulatur war die Grundlage seiner Psychotherapiemethode. Die Ruhe entsteht Schultz zufolge durch die Muskelentspannung und die dem Gehirn in dieser Form mitgeteilte Meldung: „In der Peripherie herrscht Ruhe“. Innerhalb der psychotherapeutischen Verfahren ist das autogene Training somit dem Bereich der Körpertherapie zuzuordnen, weil der Ausgangspunkt und die Grundlage die zunächst nur körperlichen Veränderungen der Muskel- und Gefäßspannung sind. Gleichzeitig kann das autogene Training als Selbsthypnose aufgefasst werden. Denn beim autogenen Training versetzt sich der Übende durch Autosuggestion selbst in den „umgeschalteten“ Zustand. Unter Umschaltung versteht Schultz den Wechsel vom normalen Wachzustand in einen veränderten, hypnotischen Bewusstseinszustand. Diese Umschaltung wird – außer vor dem Schlafengehen – nach jedem Training wieder aufgehoben (im Fachjargon: „zurückgenommen“). Autogenes Training 2 E Das autogene Training wird in drei Stufen gegliedert: Die Grundstufe (früher als Unterstufe bezeichnet): Ihre Techniken wenden sich an das vegetative Nervensystem. Die Mittelstufe: Ihre Methoden bezwecken die Beeinflussung des Verhaltens durch formelhafte Vorsatzbildung. Die Oberstufe: Ihre Methoden erschließen unbewusste Bereiche des Trainierenden. Die Anwendungs-Bereiche des autogenen Trainings bestehen für gesunde Menschen vor allem im Sport, in der Manager-Schulung, in der Vorbeugung gegen BurnoutSyndrom und im Bereich des Lernens. Gesunde Menschen nutzen vor allem die Techniken der Grundstufe und der Mittelstufe. Medizinische Indikationen für das autogene Training sind klassischerweise Neurosen, phobische Störungen und psychosomatische Erkrankungen, zum Beispiel Flug- und Platz-Angst, Magen-Geschwüre und Begleit-Therapien bei Krebs-Erkrankungen. Autogenes Training: Grundstufe 1 E Die Grundstufe besteht aus sechs Übungen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. Erleben der Schwere Erleben der Wärme Herzregulierung Atmungs-Regulierung Bauch-Wärme Stirn-Kühlung Jede dieser Übungen basiert auf der Suggestion eines ruhigen Körper-Zustandes. Die Wirksamkeit der Technik beruht auf der Annahme, dass der ruhige Körper-Zustand die Beruhigung des psychischen Zustandes hervorrufen kann, umgekehrt also zur bekannten Erfahrung, dass eine innere Erregung körperliche Spannungen auslöst. Die Suggestionen erfolgen in einfachen, kurzen Sätzen. Die einzelnen Übungen dauern zwischen 3 und 15 Minuten. Sie können zunächst durch einen Trainer oder durch einen Tonträger angeleitet werden. Ziel ist die Verinnerlichung der Übungen und somit letztlich die Herbeiführung der Entspannung ohne Hilfsperson oder technisches Hilfsmittel. Das autogene Training wird meistens in Gruppen-, seltener in Einzelsitzungen, unter Anleitung eines Arztes, Psychologen oder eines anderen AT-Trainers innerhalb von 6 bis 8 Wochen erlernt. Möglich ist aber auch das Selbststudium mit Hilfe von Büchern oder Tonträgern. Erfahrungsgemäß fällt das Erlernen der Methode in der Gruppe unter professioneller Anleitung einfacher im Vergleich zum Selbststudium und wurde schon seit Schultz empfohlen. Während der Übung soll die Körper-Haltung für den Trainierenden bequem sein. Man sollte wenigstens einmal täglich liegend und einmal täglich sitzend trainieren. Autogenes Training: Grundstufe 2 Geübt wird möglichst dreimal täglich. Der Übende soll sich bei den Übungen grundsätzlich wohl fühlen, eine angenehme Stellung einnehmen, kann gegebenenfalls seine Haltung auch verändern. Geübt werden soll wenigstens einmal täglich im Liegen und einmal täglich im Sitzen. Wie der Übende sich den Inhalt der Formeln am besten vorstellt, muss er individuell herausfinden. Wichtig ist, dass die Formeln immer im gleichen Wortlaut benützt werden, damit eine Konditionierung zustande kommt. Schwere-Übung J. H. Schultz: „Ist der Aufgabensatz ›Ich bin ganz ruhig‹ in entsprechender Weise verstanden, so wird er nicht etwa geübt, sondern wir geben unseren Versuchspersonen als erste Übungsaufgabe die Formel: ›der Arm ist ganz schwer‹“. Die erste Übungs-Formel lautet daher konkret, zusammen mit der Bezeichnung des Arms: „Der rechte Arm ist ganz schwer.“ oder auch „Der dominante Arm ist ganz schwer.“, um Linkshänder gleich zu behandeln wie Rechtshänder. Dann folgt die Suggestion der Schwere beim anderen Arm. Die Verbreitung der Schwere auf den ganzen Körper wird nicht explizit geübt, stattdessen entsteht sie allmählich von selbst. Man nennt dies die Generalisierung. Nach geschätzten fünf bis sieben Wiederholungen der auf einzelne Körperbereiche bezogenen Entspannungsformel folgt als „Zielvorstellung“ die allgemeine Ruheformel: „Ich bin ganz ruhig.“ Wärme-Übung Die Formel lautet zum Beispiel: „Beide Arme sind ganz warm.“ Meist werden dann diese und die vorhergehende Übung zusammengezogen zu einer Gesamtübung: „Beide Arme sind ganz schwer und ganz warm.“ Herz-Übung Wenn nicht medizinische Gründe eine andere Formel verlangen, wird als Nächstes das Herz angesprochen: „Das Herz schlägt ruhig und kräftig.“ E Autogenes Training: Grundstufe 3 E Atem-Übung Das Ziel der Atemübung ist es, die Atmung der natürlichen Steuerung zu überlassen. Die Formel für die ersten Wochen lautet: „Die Atmung ist ruhig und gleichmäßig.“ Später kann die Formel – semantisch etwas eigenwillig – auch lauten: „Es atmet mich.“ Bauch-Wärme Die Original-Formel lautet: „Das Sonnen-Geflecht ist strömend warm.“ Die Formel kann durch „Der Bauch ist strömend warm.“ ersetzt werden. Stirn-Kühle Die Stirn-Formel hat mentale Klarheit zum Ziel: „Die Stirn ist angenehm kühl.“ Übende, die zu Migräne oder anderen Kopf-Schmerzen neigen, müssen die Stirn-Formel mit einem Arzt besprechen und können zum Beispiel die Ausweich-Formel „Der Kopf ist frei und leicht.“ verwenden. Das Beenden Wichtiger als konkrete Trainings-Erfolge, ist das Erlernen des sogenannten „Zurücknehmens“. Das Zurücknehmen läuft folgendermaßen ab: Zuerst werden die Fäuste geballt. Dann schlägt man sich mit den fest geballten Fäusten mit kräftiger Muskelanstrengung auf die Schultern und lässt die Arme dann locker in die Ausgangslage fallen. Dies geschieht drei- oder fünfmal. Beim letzten Mal lässt man die geballten Fäuste oben, macht eine kurze Pause, atmet ruckartig tief ein, reißt dann gleichzeitig die Augen und die Fäuste auf und gibt einen kurzen, explosionsartigen Laut von sich. Fühlt sich der Trainierende daraufhin noch nicht frisch, wird der Vorgang wiederholt. Vor dem Schlafengehen, wo meist die dritte Übung stattfindet, wird nicht zurückgenommen. Stattdessen dreht sich die trainierende Person zur Seite und schläft ein. Das Protokoll Ein wichtiger Bestandteil des autogenen Trainings ist das Protokoll. Einmal täglich sollte der Übende aufschreiben, was er bei den drei Übungen erlebt hat. Das Befassen mit dem Erlebten ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg des Trainings, sowohl im Rahmen einer Therapie als auch im Rahmen des Trainings eines gesunden Menschen im Sinne einer allgemeinen Lebens-Hilfe. G Progressive Muskel-Relaxation E Bei der progressiven Muskel-Entspannung (auch: progressive Muskel-Relaxation (kurz: PMR), progressive Relaxation (kurz: PR) oder Tiefen-Muskel-Entspannung) nach Edmund Jacobson handelt es sich um ein Verfahren, bei dem durch die willentliche und bewusste An- und Entspannung bestimmter Muskel-Gruppen ein Zustand tiefer Entspannung des ganzen Körpers erreicht werden soll. Dabei werden nacheinander die einzelnen Muskel-Partien in einer bestimmten Reihenfolge zunächst angespannt, die Muskel-Spannung wird kurz gehalten, und anschließend wird die Spannung gelöst. Die Konzentration der Person wird dabei auf den Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung gerichtet und auf die Empfindungen, die mit diesen unterschiedlichen Zuständen einhergehen. Ziel des Verfahrens ist eine Senkung der Muskel-Spannung unter das normale Niveau aufgrund einer verbesserten Körper-Wahrnehmung. Mit der Zeit soll die Person lernen, muskuläre Entspannung herbeizuführen, wann immer sie dies möchte. Zudem sollen durch die Entspannung der Muskulatur auch andere Zeichen körperlicher Unruhe oder Erregung reduziert werden können wie beispielsweise Herzklopfen, Schwitzen oder Zittern. Darüber hinaus können Muskel-Verspannungen aufgespürt und gelockert und damit Schmerz-Zustände verringert werden. G Hypnotherapie 1 E nach Milton Erikson Hypnose ist ein sehr altes Verfahren, das in vielen Kulturen für Heil-Zwecke verwendet wird. Gleichzeitig ist es eine moderne Heilmethode, die wissenschaftlich gut untersucht ist. In der Hypnose wird eine Trance eingeleitet, um Zugang zu unbewussten Ressourcen zu finden. Hypnose gründet sich auf die menschliche Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zu konzentrieren und nach innen zu richten, um sie auf unbewusste Stärken und vergessene Fähigkeiten zu orientieren. In der modernen Hypnose ist die Patientin nicht passiv ausgeliefert, sondern ihr unbewusstes Wissen über die Lösung der Problematik steuert den therapeutischen Prozess. Damit bedeutet Hypnose immer eine aktive Beteiligung des Patienten, der sich bewusst oder unbewusst mit den Hintergründen und Bedingungen seiner Probleme oder Symptome auseinandersetzt. Hypnose ist keine passiv empfangene Heilung durch Eingebungen des Hypnotiseurs an das Unbewusste des Patienten, sondern der Patient arbeitet selbstverantwortlich an den für ihn wichtigen Themen. Es ist ein Mythos, dass Patienten während der Hypnose nicht mitbekommen, was geschieht oder Inhalte preisgeben, die sie nicht erzählen wollen. Vielmehr behält die Patientin die Kontrolle über das Geschehen. Hypnose ist nicht Schlaf, sondern innere Aktivität bei äußerer Entspannung. Hypnose ist kein Mittel zur objektiven Wahrheitsfindung, weil im menschlichen Bewusstsein Erinnerung und Neubewertung von Erfahrungen vermischt werden. Hypnotherapie 2 E Hypnose ist bei vielen unterschiedlichen Krankheits-Bildern eine nachgewiesen wirkungsvolle Heilmethode, z.B. Warzenbehandlung, Auflösung von Ängsten, Bewältigung von Traumata (schweren Kindheitserfahrungen). Hypnose wird angewendet bei sämtlichen Krankheitsbildern, für die Psychotherapie indiziert ist, z. B. generalisierte Angst, spezifische Angst (z.B. Angst vor dem Zahnarzt, Spritzen, Prüfungen), Depressionen, Stottern oder Redeangst, Raucher-Entwöhnung, Veränderung des Ess-Verhaltens, sexuelle Probleme. Hilfreich ist Hypnose-Therapie bei der Veränderung von Symptomen, die durch das bewusste Denken nicht leicht zu verstehen sind, wie z.B. psychosomatische Störungen, z. B. Migräne, Reizdarm-Syndrom, Tinnitus oder ungewollte Kinderlosigkeit. Hypnose-Therapie wird systematisch eingesetzt in der Schmerz-Bewältigung, bei Operationen und in der Geburts-Vorbereitung. Auch viele Symptome von Kindern und Jugendlichen werden mit Hypnose behandelt, z. B. Bettnässen. Wie bei allen Therapie-Verfahren hängt die Wirksamkeit der Hypnose von den besonderen Bedingungen des Einzelfalls ab. Sollte eine bestimmte Therapeutin nicht die gewünschte Spezialisierung aufweisen, so wird sie in der Regel dennoch erfolgreich behandeln könnte, da oft bestimmte Grundprobleme mit den konkreten Symptomen verknüpft sind. Eine erfolgreiche Behandlung der Grundprobleme führt häufig auch zu einer Veränderung der spezifischen Symptome. Natürlich kann eine Patientin die Therapeutin zu Beginn nach ihren Erfahrungen mit der speziellen Symptomatik befragen. Hypnotherapie 3 E Hypnose wird nicht angewendet bei PatientInnen, die unter einer akuten Psychose leiden, z. B. Wahn-Vorstellungen haben, oder akut suchtmittelabhängig sind. PatientInnen, die Schwierigkeiten haben, sich in der normalen Alltags-Welt zurechtzufinden oder dazu neigen, sich häufig in „andere Sphären“ zu begeben, werden eher davon profitieren zu lernen, mit der äußeren Wirklichkeit umzugehen, als über Hypnose einen Rückzug in ihre innere Welt zu verstärken. Auch für PatientInnen, die dazu neigen, Kontakte und Konflikte mit anderen Menschen zu vermeiden, könnte es hilfreicher sein zu lernen, leichter mit anderen Menschen umzugehen, als sich in Hypnose auf die Beziehung mit sich selbst zurückzuziehen. Jede Hypnose-Therapie setzt eine therapeutische Vertrauens-Beziehung voraus. Dann ist für die meisten Menschen die Erfahrung einer hypnotischen Trance etwas sehr Angenehmes. In der Einleitungs-Phase hilft die Therapeutin der Patientin, die Aufmerksamkeit zu konzentrieren und nach innen zu lenken, um einen Trance-Zustand zu erreichen. Im weiteren therapeutischen Prozess bietet die Therapeutin vielfältige Hilfsmittel an, die der Patientin ermöglichen, auf einer anderen Bewusstseins-Ebene LösungsMöglichkeiten für ihr Problem zu finden. Dies kann z. B. über das Vermitteln bedeutungsvoller Geschichten und Symbole geschehen, über das Erfahren besonderer Erinnerungen oder indem neue Verknüpfungen von Gedanken zu neuen Erkenntnissen führen. Dabei kann die Patientin sagen und zeigen, was sie erlebt und was ihr wichtig ist und damit die Richtung der Behandlung bestimmen, so dass sich während der Trance eine intensive Kooperation zwischen Therapeutin und Patientin entwickelt. Nach jeder Trance erfolgt eine behutsame und gründliche Reorientierung, in der die Patientin sich wieder für ihre aktuelle, alltägliche Lebens-Welt öffnet. G Psychopharmakotherapie (PT) Psychopharmaka beeinflussen zentralnervöse Regulationen und verändern auf diesem Wege psychische Funktionen hochpotente wirken eher antipsychotisch, niederpotente wirken eher sedierend Antipsychotika (Neuroleptika) bei Schizophrenie, akuter Manie, Depression mit Wahn, wahnhafter Störung Beeinflussung des DopaminStoffwechsels (RezeptorBlockade) Weckamine (Psychostimulanzien/ Amphetamine, z. B. Ritalin) bei ADHS, Hypersomnie, Narkolepsie Phasen-Prophylaktika (Lithium, Carbamazepin auch als Antiepileptikum) bei bipolarer Störung, schizoaffektiven Psychosen Hypnotika (Sedativa, Narkotika je nach Dosierung) bei Schlaf-Störungen, Ängsten Tranquilizer (Anxiolytika, z. B. Benzodiazepine wie Valium) bei Ängsten, Unruhe, suizidale Krisen, Schlaf-Störungen antriebsdämpfend oder antriebssteigernd und stimmungsaufhellend Antidepressiva (Thymoleptika) bei Depression, Angst, PanikStörungen, Sozial- und Agoraphobie, Anorexie, Bulemie, Entzugs-Syndromen, Zwang, chronischen SchmerzZuständen Beeinflussung des Serotonin- und NoradrenalinStoffwechsels (Anregung) E Psychopharmakotherapie: Antipsychotika 1 PT Medikamente (Neuroleptika): Wirken auf Neurotransmitter Dopamin (Rezeptor-Blockade) Haldol (Haloperidol wurde 1958 entdeckt) Riperidon (hochpotent): Hochpotente wirken stark antipsychotisch und wenig sedierend Atosil (niederpotent): Niederpotente wirken weniger antipsychotisch und stärker sedierend Wirk-Spektrum: Symptome psychotischer Erkrankungen wie Halluzinationen, Wahn, Ich-Störungen als Beeinflussungs-Erleben, Katatonie Indikations-Bereich: Schizophrenien (F20), schizoaffektive Störungen (F25), Manien mit psychotischen Symptomen (F30.2 und F31.2)) und schwere depressiven Episoden mit psychotischen Symptomen (F31.5 (bipolar) und F32.3 (unipolar) und schwere depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung (F33.3) wahnhafte Störungen (F22 bis F24), organische Psychosyndrome als organische Halluzinose (F06.0), organische katatone Störung (F06.1) und organische wahnhafte Störung (F06.2) Erregungs-Zustände Kontraindikation: Intoxikationen mit Alkohol Psychopharmakotherapie: Antipsychotika 2 PT Wichtigste Nebenwirkungen: Schwitzen, Mundtrockenheit, Tachykardie, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche, Obstipation, Gewichtszunahme, Störungen von Libido und Potenz, allergische Reaktionen Häufigste extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen (insb. bei hochpotenten) – viele behandelbar mit dem Anti-Parkinson-Mittel (Akineton) Frühdyskinesen (akut auftretende Blickkrämpfe (Tics, Zuckungen) und Zungenschlundkrämpfe) Parkinson-Syndrom (Parkinsonoid): Parkinson-Trias aus Tremor (auch Lippentremor = Mümmeln), Rigor und Stupor Akathisie (motorische Unruhe) bzw. Tasikinesie: Nach Monaten und Jahren zu quälender Sitzund Bewegungsunruhe (Dosisreduktion) Spätdyskinesen: Tics und Schaukel-Bewegungen (irreversible Komplikationen einer LangzeitBehandlung) Malignes neuroleptisches Syndrom: sehr seltene, lebensbedrohliche Nebenwirkung mit Rigor, Stupor und Fieber (Neuroleptika sofort absetzen) Weitere Komplikationen: Delire (F05), pharmakogene Depressionen, Exantheme, Thrombosen, Störungen der Leberfunktion, Trübungen der Linse und Hornhaut, Pigmentveränderungen der Netzhaut Absetzen: Ausschleichend, kein Abhängigkeitspotenzial, regelmäßige Blutbildkontrollen Psychopharmakotherapie: Antidepressiva 1 PT Indikation: Endogene Depression (F33.2 und F33.3.) und organischen affektiven Störungen (F06.3), aber auch sekundär in Kombination mit Psychotherapie (primär) bei psychogener Depression [Dysthymia (F34.1)], bei schweren Angst- und Panik-Störungen (F40 und F41), speziell Agoraphobie (F40.0) und soziale Phobie (F40.1) sowie bei organischen Angst-Störungen (F06.4) und bei Zwangs-Störungen (F42), bei anhaltender somatoformer Schmerz-Störung (F45.4), bei Anorexie (F50.0), Bulemie (F50.2) und nichtorganischen Schlaf-Störungen (F51), bei Entzugs-Syndromen (F10.4 bis F18.4) Neurotransmitter Störungen in Neurotransmitter-System (Neurotransmitter leiten die Reize an den Synapsen weiter) wirken entscheidend bei der Entstehung affektiver Erkrankungen mit. Alle Antidepressiva nehmen Einfluss auf die Neurotransmitter-Systeme (z. B. Adrenalin, Noradrenalin, Serotonin) im zentralen Nerven-System. Kontraindikation: Leber- und Nieren-Schäden, Herz-Schäden, Schwangerschaft, Alkohol und Drogen Medikamente: trizyklisch, tetrazyklisch, MAO-Hemmer und SSRI (selektive Serotonin-WiederaufnahmeHemmer), z. B. als Citalopram, Paroxetin, Sertralin) mit den Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, innere Unruhe Prorak, Desipramin, Desiflu, Imapramin (1959 entdeckt) 3 Grundtypen: dämpfend neutral antriebssteigernd (Vorsicht vor Suizid) Psychopharmakotherapie: Antidepressiva 2 PT Wirkung: mit 1 - 2 Wochen Latenz (konstanter Plasma-Spiegel ist erforderlich): Stimmung aufhellend und Antrieb steigernd/normalisierend (Vorsicht, wenn Antriebs-Steigerung der Stimmungs-Aufhellung voran geht – Suizid-Gefahr - deshalb zu Anfang auch Kombination mit einem Neuroleptikum) Alle Medikamente, die auch aufs Gehirn wirken, interferieren mit Antidepressiva, aber auch mit Alkohol, so auch Johannis-Kraut (wirkt auch auf Neurotransmitter). Nebenwirkungen auf (seltener = s): zu Beginn der Behandlung besonders störend, überwiegend an den ersten Behandlungstagen, deshalb einschleichen (auch ausschleichen): Organe Haut als Schwitzen, allergische Hautreaktion (s) Leber Auge als Akkomodations-Störungen Vegetativum Atmung, Verdauung als Mundtrockenheit, Obstipation (Verstopfung) und Störungen beim Wasserlassen (Miktions-Störungen), Kreislauf-Probleme und Herz-Rhythmus-Störungen, Tachykardie, Hypotonie, Schwindel Temperament, Müdigkeit Pupillen-Erweiterung (Mydriasis) mit Seh-Störungen, Schwitzen, Gehirn und Hormone als Gewichts-Zunahme, Minderung von Libido und Potenz (s), Amenorrhoe (s) Gehirn und Motorik als feinschlägiger Tremor Gehirn und Psyche als Hypomanien (s), schizophrenieähnliche Zustände (s), Verwirrtheit (s), Delire (s) Psychopharmakotherapie: Phasen-Prophylaktika 1 PT Medikamente: Lithiumsalze (erstmals 1949), Carbamazepin (Antiepileptikum) Wirkung: rezidivprophylaktisch bei affektiven Psychosen im Zusammenhang mit Serotonin, bei sorgfältiger Dosierung wegen geringer therapeutischer Breite in Verbindung mit regelmäßigen Blutkontrollen - Kontrolle min. 2 Mal die Woche (Serumspiegel – Lithiumpass, damit nicht Medikamente verordnet werden, die den Lithium-Pegel im Blut beeinflussen) meist gut verträglich (kaum Nebenwirkungen), wirkt sedativ (bei Manikern), aber nicht einschläfernd Wirkungs-Eintritt nach mindestens einer Woche, manchmal auch erst nach Monaten Indikation: Prophylaxe unipolar manischer Episoden (F30), unipolar depressiver Episoden (F32), manisch-depressiver (bipolarer) Episoden (F31) und schizoaffektiver Störungen (F25) Absolute Kontraindikation: Herz-, Kreislauf- und Nieren-Leiden, Krankheiten mit kochsalzarmer Diät, erstes Schwangerschafts-Drittel, Vorsicht vor Wasser-Verlust durch Schwitzen und Durchfall, weil dadurch Lithium-Konzentration zu hoch wird Psychopharmakotherapie: Phasen-Prophylaktika 2 PT Nebenwirkungen: hat horrende Nebenwirkungen (aber besser verträglich als Neuroleptika) wie feiner Tremor, leichte Koordinations-Störungen, Durst, Nieren-Schäden, reversibler Diabetes Insipidus (starkes Wasser-Ausscheiden /Polyurie – Vasopressin-Mangel), häufig erhebliche Gewichts-Zunahme (bei 20%), Ödeme überall am Körper, Hyperthyreose mit Struma (Vergrößerung der Schilddrüse/Kropf) – möglicherweise auch Teratogen (Fehlbildungen beim Embryo bewirkend), Seltener: Magen-Darm-Störungen (ist gut magenverträglich), Schwindel, Akne, Schuppenflechte, Haar-Ausfall, bei Überdosierung: Koma, Nierenversagen, Probleme im Magen-Darm-Trakt Lithium-Intoxikation durch Dehydration und Kochsalz-Mangel: Schläfrigkeit, Schwindel, Erbrechen, Durchfall – Rigor, Krampf-Anfälle – sehr hohe Lithium-Spiegel führen zu Bewusstlosigkeit und Tod. Carbamazepin verliert nach 3 bis 4 Jahren seine Wirkung, darum nicht für Langzeittherapie. Nebenwirkungen: Schwindel, Müdigkeit, Übelkeit, Haarausfall, Sehstörungen, allergische Hautreaktion, Leber-Schädigung Beide einschleichend einsetzen und ausschleichend (über ein Jahr) absetzen. Psychopharmakotherapie: Hypnotika PT Medikamente (Tranquilizer, Anxiolytika, Sedativa): Benzodiazepine mit Wirkstoff Diazepan (Valium), Tavor, auch niederpotente Neuroleptika, Antidepressiva, Beta-Blocker, und als pflanzliche Sedativa Hopfen, Baldrian Indikation: Angst, Unruhe, Anspannung, Erregungs-Zustände, suizidale Krisen, SchlafStörungen und Epilepsien Abhängigkeits-Potenzial (nach 3 Wochen) – auf keinen Fall vier Monate überschreiten Gut verträglich Nebenwirkungen: Müdigkeit, Schwindel, Konzentrations-Minderung, GedächtnisStörungen, Sexual-Störungen, Gewichts-Zunahme, Magen-Darm-Beschwerden, allergische Hautreaktionen und paradoxe Unruhe Psychopharmakotherapie: Weckamine Medikamente: Von Amphetaminen abgeleitet, z. B. als Ritalin (Methylphenidat) Wirkung: antriebssteigernd, anregend Indikation: bei hyperkinetischem Syndrom bei Kindern (ADHS - paradox), Hypersomnie, Narkolepsie (Schlaf-Attacken), Nebenwirkungen: Tachykardie, Schlaf-Störungen, Hypertonie, Kopf-Schmerzen, Appetitlosigkeit Nach längerer Anwendung: paranoid-halluzinatorische Psychosen PT Akzente der Entwicklungs-Begleitung Leib – Verhalten – Verhalten – funktional: isoliert rationalemotiv: interaktivemotional: z. B. Hata-Yoga, Chigong, ThaiChi, Eutonie, Embodiment Leib – strukturell: z. B. Psychodrama (Moreno), Gestalt-Therapie (Perls), GesprächsPsychotherapie (Rogers), z. B. VerhaltensTherapie, Rational-Emotive Therapie (Ellis) z. B. Rolfing, Kum-Nye (Tulku), myofiascial release Leib – strukturfunktional: z. B. CranioSacralTherapie, Feldenkrais, Eutonie Verstand – REB Verstand – Systeme: Lernen: z. B. Dynamische Systemtheorie (Wilber), systemischanalytische Therapie (Fürstenau) z. B. Lern-Psychologie, Hirn-Forschung (Damasio, Hüther), Kompetenz-Didaktik Beziehung – Dialog: Integrations-Perspektive z. B. Integrale Psychotherapie (Wilber), Integrative Psychotherapie (Petzold), Schema-Therapie (Young) Psychologische Psychotherapie (Grawe) z. B. TransaktionsAnalyse (Berne), Kollusionen (Willi), Individual-Psychologie (Adler), BindungsTheorie (Bowlby), KommunikationsPsychologie (Bateson, Watzlawik) Beziehung – Team: Leib – strukturfunktional und psychisch: z. B. Bioenergetik (Reich//Lowen), Sensory Awareness (Gindler/Selver) Existenz – Existenz – Existenz – unbewusstsymbolisch: existenzialistisch: transpersonal: z. B. Psychoanalyse (Freud), Analytische Psychologie (Jung) z. B. Sartre, Camus, Heidegger, Yalom, Logotherapie (Frankl) z. B. holotropes Atmen (Grof), Hypnotherapie (Ericson) PoesieTherapie, Neoschamanismus z. B. Gruppen-Dynamik, TZI (Cohn), Familien-Therapie (Satir) Beziehung – Organisation: z. B. Senge, Kline, Saunders Matrix der Aufmerksamkeits-Bereiche Erleben Wünsche/Bedürfnisse/Motive/Ziele; Wahrnehmen inkl. Körper-Empfindungen; Gefühle/Affekte/Emotionen/Stimmungen; Intellekt/Denken/Gedanken incl. Bilder Verhalten und Handlungen Tun (Aktivität/Aggressivität) und Unterlassen (Abstellen/Vermeidung) Beziehungen und Bezogenheit Ahnen-Reihe und Herkunfts-Familie; Interaktionen, Rückkopplungen; soziale und ökologische Systeme; wechselseitige Abhängigkeiten Mitwelt-Kontext Kultur/Subkultur und Sprache; Menschen- und Welt-Bild; Normen- und Werte-System; Religion und Philosophie; Wirtschaft, Politik und Gesellschaft; Geschichte und Utopien REB Vergangenheit Gegenwart Zukunft Was war? Wie kam es dazu? Was wirkt nach? Was ist? Was zeigt sich? Wie geht es mir damit? Was wird sein? Welche Optionen/ Möglichkeiten habe ich/ will ich erwerben? Systemdynamisch-dialektisches Denken (SD) für Entwicklungs-Begleitung Neues Denken für Entwicklungs-Begleitung 1 Neues Denken für Erntwicklungs-Begleitung 2 Menschen-Bild Raum und Zeit Komplexität und Chaos Chaos und Neuordnung Kontext und Prozess Zirkulär-dynamische Prozess-Betrachtung Handlungs-Spielräume und –Alternativen Kooperations-Prinzipien Regeln zur Prozess-Steuerung Menschen-Bild aus systemischer Sicht Holons und Holarchien Eigenschaften lebender Systeme Dialektisch-integratives Denken Neues Denken für Entwicklungs-Begleitung 1 SD 1. Die Welt einschließlich der Menschen systemdynamisch, also in ihren sich zeitlich wandelnden räumlichen, funktionalen und sozialen Beziehungen und Wechsel-Wirkungen zu betrachten, ist für mich die bedeutendste geistige Revolution der Neuzeit. 2. Die Welt wird von uns nicht mehr allein analytisch-atomistisch in beliebig zu trennenden Einheiten wahrgenommen, sondern wir werden uns zugleich der Ganzheitlichkeit, der Bezogenheit und Beziehungen, der Relationen, der verbindenden, sich permanent im Wandel befindlichen Ströme von Energie, Materie und Information bewusst. 3. Lebewesen werden in diesen Strömungs-Prozessen als dynamische, sich selbst organisierende, teilautonome Materie-Energie-Informations-Muster im Netz-Werk der globalen und kosmischen Lebens- und Evolutions-Prozesse wahrgenommen. 4. Systemdynamisches Denken ist gekennzeichnet durch die Fähigkeit, organismische Entwicklungen und sozial-kommunikative Situationen im Rahmen bestimmbarer organisatorischer Zusammenhänge in Lern- und Entwicklungs-Prozessen von einzelnen Personen, Teams, Institutionen und letztlich der Menschheit prozesshaft, kontextbewusst, mehrperspektivisch und dialektisch-integrativ zu deuten. 5. Systemdynamisches Denken fördert eine umfassende, realistische Einschätzung und damit die Möglichkeit zu gezielter Beeinflussung intrapsychischer, kommunikativsozialer, gemeinschaftlicher, gesellschaftlicher und ökologischer Prozesse. 6. Mit Hilfe dieses Bewusstseins können linear-mechanistische Konzepte von EntwicklungsVorgängen (z. B. Nürnberger-Trichter-Bewusstsein, Mehr-vom-Gleichen-Konzept, lineares Hochrechnungs-Konzept von Entwicklungs-Prognosen) transformiert werden hin zu einem zirkulär-prozessualen Verständnis von psychischen und sozialen Prozessen. Neues Denken für Entwicklungs-Begleitung 2 SD 7. Festgefahrene Rückkopplungs-Prozesse (destruktiv fixierte Problem-Kreis-Läufe, destruktive Entwicklungs-Spiralen, Teufels-Kreise, erstarrte Wiederholungs-Muster: „Bisher haben wir immer.“ „Es ist alternativlos.“ „Nur so.“) werden ersetzt durch zukunftsoffene, Ressourcen fördernde Experimente („Ab jetzt experimentieren wir gut vorbereitet damit, ob und wie es möglich wird, dass ...“), durch positive, konstruktive Entwicklungs-Spiralen, durch sich selbst beschleunigende Lern-Prozesse. 8. Systemdynamisches Denken meint, seine Aufmerksamkeit auf die Beziehungen und Bezüge im Wandel, in ihrer Dynamik zu richten und zugleich unterschiedliche Kontext-Dimensionen, Zusammenhänge, Wechsel-Wirkungen und Rückkopplungen (kurz- und langfristig) in Personen sowie zwischen Personen und Sach-Verhalten zu erfassen. 9. System-dynamische Denken erfordert, Teilganze (Holons) sowohl als Ganzheiten als auch mit ihren dazugehörigen Teilen zu erfassen, die Qualität von Ganzheiten und Teilen zu unterscheiden, das Entwicklungs-Zusammenspiel, die Koevolution von unterschiedlichen Teilganzen zu erfassen und aus all dem ein Verständnis für Teilganze und deren Zusammenwirken im größeren Ganzen zu entwickeln. Menschen-Bild System-Aspekt Dynamik-Aspekt Kognitives und vor allem emotionales, ethisches und soziales Anerkennen von allgemeinen und anthropologischen Erkenntnissen: 1. Alles ist mit allem verbunden. 1. Alles fließt, befindet sich in einem 2. Menschen sind bio-öko-psychoständigen Prozess von Werden und kulto-soziale Wesen. Vergehen, von Chaos und Ordnung. 3. Institutionen (Gemeinschaften, 2. Denken, Gefühle und Bedürfnisse Organisationen, Unternehmen) sind von Menschen sind situations- und lebende soziale Systeme und zugleich kontextabhängig variabel bestehen aus Einzelmenschen wie und einem ständigen Wandlungsaus Teams. Prozess unterworfen. 4. Menschen sind ein Organismus3. In den Menschen bildet sich ein Mitwelt-Feld. generationsübergreifendes Erfahrungs-Feld ab. SD Raum und Zeit System-Aspekt Dynamik-Aspekt Bewusstes bewegen in den Daseins-Dimensionen von Raum: Zeit: 1. Raum-Ordnung durch Grenzen 1. Gesetze der Evolution (Differenzierung) und (Zufall und Bewährung) Zusammenschlüsse (Integration) - 2. Entwicklungs-Linien (Trends) in Region, Nation, Kontinent, Erde, der Geschichte als Wirtschafts-, Weltall Herrschafts-, Geistes-, Kultur- und 2. Raum-Charakteristika: Geologie, Technologie-Geschichte Biologie (Fauna, Flora), 3. Möglichkeiten zur Mitgestaltung Siedlungs- und Wirtschaftsder nahen und fernen Zukunft Geographie, Ethnologie (Sprache durch physikalische und mentale und Kultur), (geistige) Energien, z. B. als 3. Konstruktion und Ausdehnung der intentionale Ausrichtung (Wollen) Materie: Subatomar, Atome, und gemeinschaftliche Visionen Moleküle, Zellen, Organe, 4. Unterscheidung subjektiver und Organismen und Organismusobjektiver Zeit-Erfahrungen Umwelt-Feldern als Bio- oder 5. Zeit als Dimension des Raumes Ökotope, im Kontext der Evolution des Kosmos... SD Komplexität und Chaos System-Aspekt Dynamik-Aspekt Akzeptanz (Anerkennung und Umsetzung in Handeln) von Komplexität durch gewohnheitsmäßigen Perspektiv-Wechsel 1. von der Mikro- (Nähe) auf die Meso- (Halb-Distanz) und Makro-Ebene (Distanz) und umgekehrt (Holons und Kontextualisierung), 2. von der Sukzessivität zur Parallelität (Koevolution), 3. von einer Interessen-Position zur anderen und zur Erkundung und Herstellung (Werte-Konsens) eines Gesamt-Interesses (WirPosition), 4. von einem Wissenschafts-Gebiet zum anderen (Interdisziplinarität) Chaos durch ein gefühlsgegründetes Verständnis von 1. Evolution (Entwicklung) als ständige Auflösung und Neuorganisation zu größerer Komplexität, 2. Prozessualität (Gegenwärtigkeit) als einzige Form der erlebbaren Realität 3. unterschiedlichen WandlungsGeschwindigkeiten in der inneren und äußeren Welt und unseres Bemühens zur Synchronisation 4. Nichtlinearität von Ursache und Wirkung (z. B. großer Aufwand und kleine Wirkung, kleiner Aufwand und große Wirkung) SD Chaos und Neuordnung SD Chaos-Phasen werden als Durchgangs-Phasen zu einer potentiellen Neuordnung eines Systems (als Ordnungs-Dynamik) betrachtet. Diese Betrachtung ist verbunden mit einer nicht-linearen prozessorientierten Denk-Weise, die man als Chaos-Bereitschaft und ChaosFähigkeit bezeichnen könnte. In dieser Denk-Weise sind Paradoxien - das Nebeneinanderexistieren von Polaritäten - , sind Konflikte, Turbulenzen und Verwirrung (Pertubation), Angst und Widerstand, Instabilität und Umbrüche, Unstimmigkeiten, Fehler und Mängel nicht mehr nur StörGrößen, sondern Signale und Herausforderungen für die Möglichkeit oder Notwendigkeit einer vorübergehenden oder dauerhaften Neuordnung eines Systems. Chaos wird so zur Chance und damit zum Nährboden für Entwicklung. Wer sich auf die Komplexität und Dynamik eines Systems einlässt, wer im realen Prozess des Daseins steht, wird wahrscheinlich mehr von der Wirklichkeit wahrnehmen und kann entsprechend realitätsangemessener planen und handeln. Wenn man im Einklang mit dem Chaos, mit der überwiegenden Unbestimmtheit der Daseins-Prozesse ist, erreicht man zumeist eher das Bedürfnis-, Situations- und Zukunfts-Angemessene. Menschen mit Chaos-Kompetenz, z. B. mit Ambiguitäts-Toleranz und Seins-Vertrauen, lassen Menschen gewähren, statt zu durch Fremdkontrollen und Vorplanungen bis ins Detail hinein zu blockieren, zu behindern, aus der Verantwortung zu entlassen. fördern Selbst-Organisation und Selbst-Steuerung und die kooperative Entwicklung von Qualitäts-Kriterien vor dem Hintergrund von denkstrukturierenden und handlungsleitenden Visionen. Kontext und Prozess System-Aspekt Dynamik-Aspekt Ausweitung des Bewusstseins und der Bewusstheit von Kontexten durch: 1. Untersuchung der hierarchischen und parallelen Vernetzung von Teilkomponenten eines Systems, 2. qualitative Unterscheidung der über-, unter- und nebengeordneten KontextDimensionen 3. Einordnung von Teil-Systemen in übergeordnete Systeme und Beachtung der Teil-GanzesDialektik Prozessen durch: 1. Untersuchung der ProzessBeschleuniger und der Entwicklungs-Widerstände, 2. qualitative Unterscheidung und entwicklungsfördernde Abstimmung kurz-, mittel- und langfristiger HandlungsPerspektiven 3. Prognose der (Aus-) Wirkungen unterschiedlicher ZeitPerspektiven auf die Dynamik des Systems SD Zirkulär-dynamische Prozess-Betrachtung SD Bei dieser Art der Betrachtung wird im jeweiligen Handlungs-Feld bestimmt wie die dynamische Balance wesentlicher an Gleichgewichts-Prozessen beteiligter Qualitäts-Aspekte oder Kontroll-Parameter unterstützt werden kann, welche Störungen in die (Lern-) Prozesse hineinwirken und wie (Lern-) Widerstände überwunden werden können durch Entschleunigung, Metakommunikation und Möglichkeit zu risikogemindertem Probe-Handeln, welche Abfolge und zeitlichen Dichte im Aufbau von Entwicklungs-Voraussetzungen für einen Entwicklungs-Schritt oder Entwicklungs-Sprung angemessen ist, welche Rückkoppelungen und Regel-Dynamiken (dargestellt in Form von RegelKreisen) permanent im Feld wirken oder zeitweise in das Feld hineinwirken, durch welche Interaktions-Muster das Zusammenwirken der Menschen in Entwicklungs-Prozessen strukturiert wird, was die jeweiligen Elemente eines Regel-Kreises sind, wie sie einander beeinflussen, in welcher Abfolge und Weise die Handlungs-, Wahrnehmungs- und EinschätzungsEntscheidungen wirksam werden. welche forcierenden oder bremsenden Regel-Kreise wie miteinander verflochten sind (dargestellt als Berührung mehrerer Regel-Kreise), wie sich zeitliche Verzögerungen oder Beschleunigungen auf die Regel-Dynamik auswirken, wie sich Eingriffe in die Regel-Kreise kurz-, mittel- oder langfristig - möglicherweise unterschiedlich – auswirken und wie sich Eingriffe in die Regel-Kreise individuell bis gesellschaftlich, regional bis global auswirken. Handlungs-Spiel-Räume und -Alternativen SD Haupteinfluss-Größen (Hebel-Wirkungen) werden zur wirksamen Veränderung des System-Zustandes in eine gewünschte Richtung bestimmt. Es wird untersucht, wie die sozial-psychologischen Einfluss-Faktoren in einem psychischen und sozialen System top-down und bottom-up zusammenwirken. Es werden die geistig-kulturellen Kontext-Bedingungen (vergangenen, gegenwärtigen und beabsichtigten) im Verhältnis zu den organisatorisch-technischen KontextBedingungen gewichtetet und deren jeweilige Eigengesetzlichkeit berücksichtigt. Entwicklungen werden beeinflusst durch systematische Einbeziehung qualitativ unterschiedlicher Kontext-Dimensionen (z. B. intrapsychisch, interpersonell, teambezogen, gemeinschaftsbezogen, regional, national, global) und Kontext-Perspektiven (z. B. Psychologie, Soziologie, Biologie, Wirtschaft, Ökologie, Politik, Kultur). Es werden die Entstehungs- und vor allem Entscheidungs-Hintergründe (MachtStrukturen und Wert-Kriterien) von sozialen, ökonomischen und ökologischen Zuständen und deren Verflechtungen untersucht, die möglicherweise zur Veränderungen sozialer und wirtschaftlicher Ordnungen (Neuordnung, Evolution, Wandlungs-Erfahrung und Revolution) beitragen könnten, die zur Stagnationen von Entwicklungen beitrugen (obwohl unerträgliche Verhältnisse für eine Mehrheit erfahrbar sind) und die zum Niedergang und zur Vernichtung von Kulturen, Öko- und WirtschaftsSystemen (Interessen-Gruppen und Ignoranz) beitrugen. Kooperations-Prinzipien 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. SD Es wird grundsätzlich vorab ein System-Überblick erarbeitet (Wechsel-Wirkungen, Netzwerke, Zusammenhänge, Sicht-Weisen) und eine Versöhnung des Speziellen mit dem Allgemeinen in beide Richtungen angestrebt. Als längerfristige Richtungs-Geber werden Visionen beharrlich verfolgt, während die Wege, die kurz- und mittelfristigen Etappen-Ziele recht flexibel gegangen werden (Dies entspricht dem Prinzip der Variabilität auf der Basis von Solidität und hoher Qualität.). Es wird Erlaubnis für Unterschied und Abweichungen, für Nonkonformismus und Widerspruch gegeben (Konflikt-Bereitschaft) und erst in einem zweiten Schritt wird nach Übereinstimmungen und Gemeinsamkeiten, nach Kohäsion und Konsens gesucht (Harmonie-Bereitschaft). Unterschiedliche Sicht-Weisen und Interessen-Positionen erlebensbezogen einzunehmen, wird zum Standard. Es wird immer die Prozess-Dynamik durch Simulation kurz-, mittel- und langfristiger Entscheidungs-Auswirkungen von Eingriffen in das System betrachtet, wobei weder kurzfristige Maßnahmen die Verwirklichung von langfristigen Visionen noch längerfristige Festlegungen die Spontaneität der kurzfristigen Reaktion auf neue oder veränderte Situationen und Bedürfnisse verhindern dürfen. Es werden die nützlichen Einfluss-Faktoren (Hebel) herausgearbeitet. In der Kooperation zur Befriedigung von Bedürfnissen geht es nicht darum, vorgegebene Ordnungen einzuhalten, sondern die Ordnungs-Prinzipien und die Planungs-Vorgaben ständig an die sich wandelnden Bedingungen und Bedürfnisse anzupassen. Regeln zur Prozess-Steuerung SD Verzögerungen zwischen korrigierenden Aktionen und Zustands- (Wieder-) Herstellung in einem Prozess, also die spezielle Trägheit eines Systems, werden sorgfältig beachtet. Es werden sowohl die begrenzenden Bedingungen für Wachstums-Prozesse reduziert als auch die Wachstums-Prozesse direkt forciert. Man konzentriert sich auf langfristige und grundsätzliche Problem-Lösungen, anstatt sich mit kurzfristig-symptomatischen Lösungen zu begnügen, auch wenn diese sich im gegenwärtigen Zustand noch als wirksam erweisen, z. B. ist es zumeist sinnvoller, Menschen einmalig und gründlich die Fähigkeit zur Selbst-Unterstützung beizubringen als ihnen immer wieder zu helfen, weil sie sich selbst nicht unterstützen können, auch wenn die einzelne Hilfsaktion schnell und wirksam abgewickelt wird. Man arbeitet also rechtzeitig - möglicherweise antizyklisch - sorgfältig und beharrlich daran, die Hintergrunds-Bedingungen für dauerhaft erfolgreiches Handeln auf hohem Qualitäts-Niveau zu sichern. Man revidiert bei Schwierigkeiten auf dem Weg zum gewünschten Zustand nicht die Vision, sondern gibt sich mehr Zeit oder beschreitet neue Wege. Man wandelt destruktive Konkurrenz-Situationen (entweder du oder ich) in Situationen friedlicher Koexistenz (sowohl du als auch ich). Man entkoppelt oder beseitigt Situationen, in denen der Erfolg des einen Menschen/Teams notwendigerweise zum Misserfolg des anderen/der Teams beiträgt. Menschen-Bild (MB) aus systemischer Sicht Thesen 1 bis 5 Thesen 6 bis 10 Mensch als Organismus-Mitwelt-Feld Geist, Gehirn, Körper und Mitwelt Beeinflussungs-Kontexte und Wesens-Bestandteile Mensch als Teil im Ganzen Mensch als System in Systemen Gemeinsamkeit und Unterschiedlichkeit gleichwertig beachten SD Thesen 1- 5 1. Wir Menschen sind teilautonome lebende Systeme. Wir können uns zwar meist frei bewegen, sind aber mit jedem Atem-Zug abhängig von der uns umgebenden oder zugeführten Atem-Luft, mit jedem Bissen angewiesen auf das System der Agrar-Wirtschaft einschließlich seiner Alternativen. 2. Wir Menschen sind biologische und bewusstseinsfähige und damit selbstregulierungs- und selbstwandlungsfähige (autopoietische) wie mitweltwandlungsfähige (allopoietische) Systeme. 3. Wir Menschen leben in, mit und von lebenden Systemen, aber auch von „unbelebter“ Natur (z. B. kann der Mensch ohne Mineralien, Metalle, SpurenElemente nicht leben). 4. Die uns umschließenden sozio-politischen, ökologisch-klimatischen, ökonomisch-politischen und kulturellen Systeme wirken - uns teils durchdringend - auf uns ein: einerseits förderlich (Entwicklung begünstigend), andererseits hinderlich (Entwicklung erschwerend bis verunmöglichend). 5. Wir als einzelne Menschen wirken aktiv (durch Tun) oder passiv (durch Unterlassen) förderlich oder hinderlich auf diese Systeme ein. MB Thesen 6 - 10 6. Wir Menschen sind als Organismus-Mitwelt-Felder, als bio-öko-psycho-kultosoziale Einheiten handelnde, interagierende Prozess-Wesen. 7. Die leibliche, gedankliche, gefühlsmäßige und handlungsbezogene Verleugnung dieser realen Feldhaftigkeit, Kontext-Bezogenheit, Prozesshaftigkeit und permanenten Handlung als Tun oder Unterlassen, als Ruhe oder Aktivität führt zur Entfremdung von uns selbst und von der natürlichen, sozialen und kulturellen Mitwelt. 8. Unabhängigkeit ist eine Illusion. Unsere Verbindung mit allem und allen, unsere Liebe als konstruktiven Ausdruck dieser Verbindung ignorierend, stören wir uns und andere einschließlich der Mitwelt in ihrer Entwicklung einschließlich der schrittweisen (ökologische Katastrophe) oder sofortigen Vernichtung (Atom-Krieg) unserer Existenz-Grundlagen als Menschheit. 9. Selbst- und Mitwelt-Entfremdung führt zu ökologischen und politischen Krisen (z. B. Migration, Kriege) und psychosozialen Störungen, die sich wiederum in der individuellen Existenz negativ leibseelisch auswirken. 10. Wahl- und Entscheidungs-Freiheit gewinnen wir dadurch, dass wir die System-Dynamik unseres Lebens kognitiv und emotional einschließlich der damit vermachten Möglichkeiten und Grenzen anerkennen. MB Mensch als Organismus-Mitwelt-Feld MB Aspekte aus dem Mitwelt-Feld Tiere, Pflanzen, Mineralien, Wasser Mund, Magen, Darm, Zelle Wir sind die Nahrung, die wir zu uns nehmen. Man ist, was man isst. Atem-Luft, Sauerstoff, Schad-Stoffe Lunge, HerzKreislauf, Zelle Wir sind die Luft, die wir atmen. Kultur, Denk-Weisen und –Inhalte, Werte, Visionen Atmosphäre/ Gefühls-Klima, Gefühls-Angebote, Gefühls-Resonanz Introjektion (schlucken) und Abwehr (mechanisch) oder Assimilation (zerkauen) Introjektion und Abwehr oder Assimilation Wir sind die Gedanken, mit denen wir uns identifizieren. Wir sind die Gefühle, mit denen wir uns identifizieren. Geist, Gehirn, Körper und Mitwelt MB Obwohl wir viele komplexe Wechsel-Wirkungen zwischen Körper und Gehirn kennen, werden beide in der Regel immer noch als Einheiten aufgefasst, die nach Aufbau und Struktur getrennt sind. Der Vorstellung, dass der ganze Organismus und nicht nur das Gehirn oder der Körper allein mit der Umwelt interagiert, begegnet man mit erheblicher Skepsis, wenn man sie überhaupt zur Kenntnis nimmt. Die physiologischen Operationen, die wir Geist nennen, entstammen der Gesamtheit der strukturellen und funktionellen Organisation im Organismus-Mitwelt-Feld und nicht dem Gehirn allein. so oder so = ? Geist/Bewusstsein Handeln Mitwelt Organismus Gehirn Körper (im engeren Sinne) Geistige Phänomene lassen sich nur dann ganz verstehen, wenn wir die Wechsel-Wirkung des Organismus mit seiner interpersonalen und natürlichen Mitwelt einbeziehen. Dass die Mitwelt zum Teil erst aus der Aktivität des Organismus entsteht, unterstreicht nur, wie komplex die Wechsel-Wirkungen sind, die wir berücksichtigen müssen. Die meisten Interaktionen mit der Umgebung finden statt, weil der Organismus sie braucht, um die Homöostase (das überlebensnotwendige funktionelle Gleichgewicht) aufrechtzuerhalten. Fortwährend wirkt der Organismus auf seine Umgebung ein (Handeln und Exploration waren zuerst da), so dass er günstige Voraussetzungen für Interaktionen schaffen kann, die er zum Überleben braucht. (Damasio) Beeinflussungs-Kontexte und Wesens-Bestandteile MB Sozio-politische, ökologisch-klimatische, ökonomische und kulturelle Systeme – regional bis global biologisches Wesen (Säugetier, Leiblichkeit, Nahrung, Hormone etc.) ökologisches Wesen (mitwelt-abhängig und mitweltverantwortlich) soziales Wesen (Politik, Wirtschaft, Kooperation, Liebe) kulturelles Wesen (sprach- und kreativgestaltungsfähig) psychisches Wesen (bewusstseinsfähig*) * Wahrnehmung der Gedanken, Gefühle, Leib-Empfindungen, Bedürfnisse Mensch als Teil im Ganzen MB Lebende Systeme entwickeln ihre Anpassungs-Fähigkeit und Intelligenz durch die ständig größer werdende Öffnung für Ströme von Materie, Energie und Information. Das Einzelne, z. B. ein Mensch, wird nicht nur als ein isoliertes und isolierbares Phänomen mit seinen Fähigkeiten zur Selbst-Erhaltung durch Selbst-Organisation (Autopoiese) betrachtet. Sondern der Mensch wird auch betrachtet in seiner Allverbundenheit, also in seiner Vernetzung und Verflechtung mit allen und allem, letztendlich - in Dimensionen der Großräumigkeit und Langfristigkeit betrachtet mit der Menschheit und der globalen Mitwelt, in seinen vielfältigen Beziehungen und Bezügen (zu anderen Menschen, zur Natur und zur zivilisatorischen Ding-Welt), in denen bestimmte Erfahrungen gewonnen werden, mit denen der Mensch handelnd (als Tätigwerden oder durch Untätigkeit, bewusst oder unbewusst) in die ihn mitgestaltende soziale und natürliche Mitwelt eingreift, im Hinblick auf das, was sich hintergründig und wie unsichtbar zwischen den Personen, anderen Lebewesen abspielt (Sozial-Klima, Entwicklungs-Prozesse, Beziehungs-Atmosphäre, Institutionen-“Kultur“, Intermediär-Raum, BegegnungsGefühl), in seiner Prozesshaftigkeit, also im Hinblick auf das, was sich hintergründig und wie unsichtbar zwischen Einzel-Situationen und separaten Ereignissen abspielt (Prozess-Qualität als subjektives Zeit-Erleben von Bremsen und Beschleunigen, Attraktoren und Sabotagen, Fortschritten und Rückschritten, Erfolgen und Misserfolgen, Motivierendem und Demotivierendem, Chaos und Neuordnung) Mensch als System in Systemen MB Der Mensch wird betrachtet a) in seinen Wirkungs- und Regulations-Kreisen, Resonanz- und RückkoppelungsBezügen (Kybernetik, Rekursivität, Rückmeldungen/Feedback, Planungen/Absprachen/Vereinbarungen, Abstimmungen/Einschwingen/Bahnung, Gemeinsamkeiten, kooperativ/konsensual gewonnene Entscheidungen) b) in seinen unentrinnbaren Rahmen-Bedingungen (psychisch, biologischmedizinisch, ökologisch, sozial, ökonomisch, politisch, kulturell), also als psycho-bio-öko-kulto-soziale Einheit, c) in seiner Feldhaftigkeit (z. B. Mensch als Organismus-Mitwelt-Feld, als Person in ihrem Herkunfts-, Politik-, Wirtschafts-, Kultur-Feld), d) in seinen stets nur subjektiv erlebten „objektiven“ räumlichen Lebens-Kontexten (geografisch, klimatisch – regional bis global) e) in seinen zeitlichen Lebens-Kontexten (geschichtlich, evolutionär, was die Vergangenheit betrifft) sowie im Hinblick auf die Zukunft in seinen Möglichkeitsund Wahrscheinlichkeits-Räumen f) in seinen wechselseitigen Abhängigkeiten als soziales und naturhaftes Wesen (Interdependenz, Koevolution, Allopoiese, Resonanz, Zugehörigkeit, AnschlussFähigkeit), zugleich in seinen Freiheits-Graden als Einzel-Existenz (Autonomie, Selbst-Regulation, Autopoiese) und im dynamischen Wechsel-Spiel von Autonomie und Interdependenz (dynamische Balance als Entwicklungs-Herausforderung). Gemeinsamkeit und Unterschiedlichkeit gleichwertig beachten MB Das größere Ganze der lebenden Systeme besteht nicht aus vielen gleichen, sondern im Wesentlichen aus vielen ungleichen Teilen. Je gleicher die Teile sind, desto geringer ist die innere Intelligenz eines Systems. Das dynamische, sich selbst organisierende Ganze lebt von der inneren Vielfalt, vom Reichtum der Varianz und von der Freiheit und Lebendigkeit seiner Teile. Die Wahrscheinlichkeit der Emergenz aus Übersummativität, dass also das Ganze mehr und damit anders wird als die Summe seiner Teile (Synergie), wächst im Prozess der Differenzierung (Jede Person wird immer mehr sie selbst einschließlich ihrer besonderen Begabungen.) und zugleich der Integration (Jede Person lernt, sich zugleich auf das Abenteuer kreativer, auf wechselseitiger Unterstützung beruhender Gemeinsamkeit einzulassen.). Das Gemeinsame im Ganzen kann erst lebendig werden, kann erst emergieren (hervorbrechen, aus dem Noch-Nicht hervortreten) wenn neben den wertgeschätzten und praktizierten Gemeinsamkeiten die inneren Unterschiede, die Einzigartigkeiten und Besonderheiten volle Anerkennung und Entfaltung finden. Darin liegt das Paradox der Individuation: Je mehr ich werde, wer und was ich bin, desto mehr kann ich zum teilhabenden und kokreativen Teil des Ganzen werden. Beim Aufbau von kooperativen Lebens-, Lern- und Arbeits-Strukturen, die notwendig sind, um die Menschheit aus Krieg, Diktatur und Mitwelt-Zerstörung hinauszuführen, geht es darum, dass jede Person ihre eigenen Fähigkeiten und Stärken kultiviert und sie großzügig und freimütig mit anderen teilt. Holons und Holarchien (HO) Holons (Teilganze) und Holarchie (Schachtelung) Beispiel für Holarchie, für Kontext-Einbettungen Holons und Holarchie: Bedeutung fürs Denken Vier Grundvermögen der Holons (Oberfläche) Vier Grundvermögen der Holons (Tiefe) Vier Grundvermögen der Holons Vier Grundvermögen: Bedeutung fürs Denken Emergenz (Übersummativität) in der Holarchie Emergenz: Bedeutung fürs Denken Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit in der Holarchie Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit: Bedeutung fürs Denken Vier Dimensionen der Holons Vier Dimensionen: Bedeutung fürs Denken Vier Dimensionen: Salutogenese und Pathogenese Koevolution der Holons Koevolution: Bedeutung fürs Denken Evolution der Holarchien Evolution: Bedeutung fürs Denken SD Holons (Teilganze) und Holarchie (Schachtelung) Wirklichkeit insgesamt ist nicht aus Dingen oder Prozessen zusammengesetzt, sondern aus Holons. Holon Holon Die Wirklichkeit ist nicht aus Ganzen (holistische Welt-Sicht) oder aus Teilen (atomistische Welt-Sicht) zusammen-gesetzt, sondern aus Holons (Teilganzen). Holon Diese Holons sind zu einer Holarchie zusammengesetzt, die aufwärts und abwärts endlos („transfinit“) weitergeht und weitergehen muss. n Die Welt besteht aus Holons in Holons in Holons oder aus Kontexten in Kontexten in Kontexten. Bedeutung ist kontextgebunden, aber Kontext ist ungebunden, grenzenlos. Holon Holon Holon Holon Holon Holon Holon Holon Holon Holon Holon Holon Holon Holon Holon Holon Holon HO Beispiel für Holarchie, für Kontext-Einbettungen Galaxie im Kosmos Sonnen-System Natur/Ökologie und Welt Kultur-Kreis Nation und Gesellschaft Region und heimatliches Mitwelt-Feld Gemeinde und Gemeinschaft Partner/-innen, Freunde und Bekannte Herkunfts-Familie Individueller Leib als Geist-Körper Körper Organe Gewebe Zellen Moleküle Atom-“Teilchen“ Subatomare Muster HO Holons und Holarchie: Bedeutung fürs Denken Der Holon-Begriff ist deshalb für neues Denken so brauchbar, weil er Menschen dazu führen kann, gezielter über den Zusammenhang von Ganzen und Teilen nachzudenken. Systemdynamisches Denken erfordert ein ständiges Gleiten in den KontextDimensionen, aufwärts beispielsweise von den Interaktionen zwischen einzelnen Personen zu Interaktionen in Team, in der Gemeinschaft und in der Gesellschaft hin zu den globalen Rahmen-Bedingungen für wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel oder abwärts von wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen zu den Handlungs-Zwängen und verbleibenden Spiel-Räumen von Gemeinschaften, Gruppen, Familien und Einzelpersonen, z. B. als Anpassung an den Markt. Interpretationen von sozial-kommunikativen Prozessen sind immer kontextgebunden. Deshalb sollten grundsätzlich den Kontext einbeziehende EntwicklungsKonzepte verwendet werden. HO Vier Grundvermögen der Holons (Oberfläche) An Holons sind vier Grundvermögen zu erkennen: Einerseits wirken in der Horizontalen (Oberflächen-Struktur) zwei entgegengesetzte Tendenzen von Selbst-Erhaltung (Autopoiese) als Ganzheits-Aspekt oder Agenz und Selbst-Anpassung (Allopoiese) als Teil-Aspekt oder Kommunion. Selbst-Erhaltung (Autopoiese) als Ganzheits-Aspekt (Agenz) Selbst-Anpassung (Allopoiese) als Teil-Aspekt (Kommunion) Diese Tendenzen machen die Oberflächen-Struktur eines Holons aus. Eine Veränderung in der Oberflächen-Struktur wird als Translation bezeichnet. HO Vier Grundvermögen der Holons (Tiefe) Andererseits wirkt in der Vertikalen (Holarchie, Tiefen-Struktur) die Spannung zwischen Selbst-Transzendenz (SelbstTransformation) als AufwärtsBewegung, als Vermögen des Systems, über das Gegebene hinauszugreifen und Neuartiges hervor-zubringen (Neubildung = Emergenz) und Selbst-Auflösung als Zusammenbruchs des Systems durch Rückkehr auf die niedrigere Holarchie-Ebene Veränderungen in der Tiefen-Struktur werden als Trans-Formationen bezeichnet. Selbst-Transzendenz (Selbst-Transformation, Transformation = Veränderung in der TiefenStruktur) als Vermögen des Systems, Neuartiges hervorzubringen (Neubildung = Emergenz) Selbst-Auflösung als Zusammenbruch des Systems (z. B. weil ein untergeordnetes Holon zerstört ist) mit Rückkehr auf die niedrigere Holarchie-Ebene HO Vier Grundvermögen der Holons HO Dabei stehen die vier Grundvermögen so zueinander in Beziehung - diese Beziehung wird Transkription genannt -, dass eine dynamische Balance von Agenz (Selbst-Erhaltung, Einmaligkeit, Besonderheit, Autonomie) und Kommunion (Selbst-Anpassung, Verbundenheit, Bezogenheit, Interdependenz) eine Transformation und dass umgekehrt eine Einseitigkeit der Translation (pathologische Agenz oder Kommunion) den Zusammenbruch des höheren Holons wahrscheinlicher macht. Selbst-Erhaltung (Autopoiese) als Ganzheits-Aspekt (Agenz) Selbst-Anpassung (Allopoiese) als Teil-Aspekt (Kommunion) Eine dynamische Balance von Selbst-Erhaltungs- und Selbst-Anpassungs-Tendenzen macht eine Transformation des jeweiligen Systems wahrscheinlicher. Einseitigkeiten dieser Tendenzen machen den Zusammenbruch des Systems wahrscheinlicher. Vier Grundvermögen: Bedeutung fürs Denken HO Bei der Entwicklung von Einzelpersonen, Partnerschaften, Familien und Teams ist darauf zu achten, dass sowohl die Einzelpersonen (die ICHs) mit ihren Besonderheiten und Unterschiedlichkeiten vorkommen dürfen und mögen als auch eine tragfähige Gemeinsamkeit als Partnerschaft, Familie oder Lern- und ArbeitsGruppe (das WIR) in Werten und Handlungs-Richtungen hergestellt wird. Da Menschen in den existentiellen Grundkonflikt von Selbst-Erhaltung (Autonomie Agenz) und Selbst-Anpassung (Interdependenz - Kommunion) hineingeboren sind, besteht immer wieder die Tendenz, diesen Konflikt unbalanciert zu lösen: Entweder wählen Menschen den Weg der Freiheit (Distanz) und vernachlässigen den Aspekt der Geborgenheit (Nähe) oder umgekehrt. Diese Einseitigkeiten in der Konflikt-Lösung führen zu neurotischen Fixierungen und damit zum Entwicklungs-Stillstand, was bei Menschen als Lern- und Sozial-Wesen einem Zusammenbruch gleichkommt. Transformations-Prozesse gelingen dann am ehesten, wenn man sich selbst befähigt, andere dabei unterstützt und Unterstützung anderer zulässt, die kreative innere Mitte immer wieder neu zu finden und die Bereitschaft bei sich und anderen fördert, Paradoxien, Spannungen, Widersprüche, Krisen, Sack-Gassen, Konflikte als Lern- und EntwicklungsChancen zu nutzen. Emergenz (Übersummativität) in der Holarchie Holons emergieren (entwickeln Neues) holarchisch. Holons können also neue, bislang unbekannte Möglichkeiten entfalten, wenn sie in einen größeren Zusammenhang eingebettet werden, indem sich die ihnen innewohnenden Entwicklungs-Chancen entfalten können. Alles Niedrigere ist im Höheren, aber nicht umgekehrt, z. B. enthalten Teams einzelne Menschen, aber nicht umgekehrt. Das Höhere umfängt das Niedrigere und alle Entwicklung ist zugleich Einbindung. Systeme haben fast immer die Eigentümlichkeit, dass die charakteristischen Züge des neuen Ganzen nicht aus der Kenntnis der einzelnen Komponenten abgeleitet werden können. Dieses Auftauchen neuer Züge an Holons in jeder nächsthöheren Holarchie-Ebene nennt man Emergenz. Jedes emergierende Holon transzendiert (eröffnet neue Möglichkeiten) und inkorporiert seine(n) Vorläufer. Selbsttranszendente Emergenz bringt immer etwas Überraschendes mit sich, das nicht vorhersagbar ist. Geht jedoch die Selbst-Transzendenz (und damit die Kreativität) eines Holons gegen Null, dann wird sein künftiges Verhalten immer präziser absehbar, und rekonstruierende Wissenschaft wird zu voraussagender. HO Emergenz: Bedeutung fürs Denken HO Jede Sozial-Ordnung (Partnerschaft, Familie, Gruppe, Gemeinschaft, Gesellschaft) entwickelt sich weiter, wenn sich deren Mitglieder als experimenteller Sozial-Verband verstehen, in dem sich alle darum bemühen, Bedingungen für die Möglichkeit zu schaffen, dass Selbst-Transzendenz eines Systems erleichtert wird. Partnerschaft, familiäres Zusammenleben, Team-Kooperation, GemeinschaftsEntwicklung und Zusammenschluss in Netz-Werken ist immer mit Unwägbarkeiten verbunden. Es werden immer nur Wahrscheinlichkeiten für Entwicklungen bereitet. Je präziser ein Prozess geplant und festgelegt wird, desto weniger wird gelernt im Sinne transformatorischer, Emergenz ermöglichender Lern-Prozesse. Diese Unbestimmtheit und Unbestimmbarkeit erfordern eine Entwicklungs- oder LernOrganisation von Ergebnis-Offenheit, rollender Neuplanung, spiraligem CurriculumAufbau, fortwährender Störungs-Bearbeitung, Eigen-Verantwortlichkeit und SelbstSteuerung der Beteiligten. Kreativität kann sich planvoll nur in offenen Entwicklungs-Prozessen entwickeln. Intra- und interpersonale Entwicklung erfordert Freiräume zur kreativ-experimentellen Neugestaltung von Wirklichkeit (in den einzelnen Köpfen und in den gemeinsamen Entwicklungs-Bereichen). Entwicklung geschieht im Spannungs-feld von Differenzierung und Integration: Zu viel Differenzierung verhindert Entwicklung (Explosion) genauso wie zu viel Integration (Implosion). Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit in der Holarchie Das niedrigere Holon setzt die Möglichkeiten des höheren und das höhere setzt die Wahrscheinlichkeiten des niedrigeren. Wahrscheinlichkeit: Unter den vielen möglichen Ereignis-Mustern werden manche wahrscheinlicher, je nachdem welche Ordnungs-Funktion das übergeordnete Holon ausübt. Die Unbestimmtheit, die jedes Holon für sich allein zeigen würde, wird also strukturiert. Möglichkeit: Das niedrigere Holon setzt die Möglichkeiten des höheren. Es gibt ihm einen Rahmen vor, innerhalb dessen es wirken muss, auf das es aber nicht beschränkt ist. Systeme niedrigerer Ebenen können die Evolution höherer Systeme ermöglichen oder verhindern. Zerstört man irgendeine Holon-Art, vernichtet man damit alle höheren Holons, aber kein niedrigeres. Niedrigere Holons können aber nicht die Natur höherer bestimmen. Es bleibt immer ein Bereich qualitativer Unbestimmtheit. HO Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit: Bedeutung fürs Denken HO Der Grundsatz von Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit ist bei allen Eingriffen in ein System zu beachten. Unter der Annahme der Gültigkeit dieses Holon-Prinzips kann ein Prozess am besten gesteuert werden durch Veränderungen auf den nächsthöheren Holon-Ebenen. Will man also Einfluss nehmen auf das Verhalten eines Gruppen-Mitglieds, ist es günstig, derart auf die Situation der Kooperation in dem Team des Gruppen-Mitglieds einzuwirken, indem man das Lern- und Kommunikations-Milieu in der Gemeinschaft top-down zielführend neu organisiert. Der längere Hebel ist zumeist der wirksamere. Ergänzt werden müssen in einer lebendigen Partnerschaft und Familie sowie in einer wirksam lernenden Gruppe und Gemeinschaft allgemeine Bemühungen zur Reversibilität (z. B. wie ich so du) und Analogisierung (z. B. wie oben so unten) der Kommunikations-Strukturen und der Lern-Organisation durch spezielle Konstruktionen zur Kompetenz-Förderung für jedes einzelne Mitglied einer Partnerschaft, Familie, Gruppe oder Gemeinschaft. Zwei gruppendynamische Grundsätze ergänzen sich: Eine lebendige Partnerschaft und Familie, eine wirksame Gruppe oder Gemeinschaft ist mehr als die Summe ihrer Mitglieder (Übersummativität) und jedes Mitglied - auch und gerade das schwächste - bestimmt die Qualität der Gruppe entscheidend mit. Vier Dimensionen der Holons HO Die Existenz jedes Holons spielt sich in vier Dimensionen ab: Intention innen individuell Verhalten außen individuell Kultur innen sozial Struktur-Funktion außen sozial intentionaler innerer individueller Aspekt (Ich-Sprache, subjektiv, introspektiv, bewusstheitsbegleitetes Handeln) verhaltensbezogener äußerer individueller Aspekt (Es-Sprache, erklärend, monologisch, empirisch-analytisch) kultureller innerer sozialer Aspekt (Wir-Sprache, verstehend, dialogisch, hermeneutisch) struktur-funktionaler äußerer sozialer Aspekt (Es-Sprache) Deshalb kann und muss jedes Holon unter den vier Gesichts-Punkten der Intention, des Verhaltens, der kulturellen und sozialen Einbindung betrachtet werden. Vier Dimensionen: Bedeutung fürs Denken Bei Planung und Revision von kooperativen Entwicklungs-Prozessen müssen diese vier Aspekte bezogen auf jede einzelne Person und auf jede spezifische Lern-Gruppe und jedes Arbeits-Team bezogen werden. Diese Erkenntnis wir in unterschiedlichen Handlungs-Modellen zur Gruppen-Dynamik umgesetzt: z. B. müssen nach dem Modell der Themenzentrierten Interaktion die Situation des Einzelnen (ICH) – seine Gedanken und sein Verhalten – in Beziehung gesetzt werden zur Situation der Gruppe (WIR) und des Kontextes (GLOBE) – zu den kulturellen und institutionellen RahmenBedingungen. z. B. wird einem anderen Gruppen-Entwicklungs-Modell zufolge sowohl die individuelle Identität und Unterschiedlichkeit (Differenz) als auch die gemeinsamen Standpunkt-Bestimmungen und Zielsetzungen (Lokomotion) und Gemeinsamkeiten (Kohärenz) gefördert. HO Vier Dimensionen: Salutogenese und Pathogenese salutogenetische Bedingungen (Ressourcen, Kraft-Quellen, Resilienz, attraktive Entwicklungs-Anreize) individuell gesellschaftlich Innenwelt Psyche: Wie bleibe und werde ich seelisch gesund? Was kann ich tun? Was können andere für mich tun? Kultur: Welche Werte und welche Arten ihrer Weitergabe fördern unsere leibseelische Gesundheit? Außenwelt Biologie (Soma): Sozial-Strukturen: Wie bleibe oder Welche Art von werde ich körperlich politisch-sozialen gesund? Einrichtungen und Was kann ich für mich Beziehungen fördern tun? unsere leibseelische Was können andere Gesundheit? für mich tun? HO pathogenetische Bedingungen (Störungen, Belastungen, Vulnerabilität, entwicklungs-einschränkende Bedingungen) individuell gesellschaftlich Psyche: Kultur: Wie werde und bleibe Welche Kulturich seelisch krank? Traditionen (Werte, Was habe ich dazu Gebote, Verbote/Tabus) getan? schädigen unsere Was haben andere dazu leibseelische getan? Gesundheit? Biologie (Soma): Wie werde und bleibe ich körperlich krank? Was habe ich dazu getan? Was haben andere dazu getan? Sozial-Strukturen: Welche Art von wirtschaftlichen und politisch-sozialen Einrichtungen und Beziehungen schädigen unsere leibseelische Gesundheit? Koevolution der Holons Gemeinschaft B Gemeinschaft C Gemeinschaft A Team 1 Person a Person b Team 2 Person c Team 3 Holons existieren bei ihrer Entwicklung in einem Geflecht von Beziehungen zu anderen Holons derselben Ebene struktureller Organisation und bleiben von diesem Beziehungs-Geflecht abhängig. Entsprechend koevolvieren Holarchien, wobei Mikro und Makro auf allen Ebenen in Beziehung und Austausch miteinander stehen. Veränderungen vollziehen sich immer in Kontexten, so dass alles EvolutionsDenken immer ökologisches – einbeziehendes und zusammenhangstiftendes Denken ist. HO Koevolution: Bedeutung fürs Denken SozialKompetenz EmotionalKompetenz DenkKompetenz LernKompetenz SozialKompetenz EmotionalKompetenz LernKompetenz DenkKompetenz HO Wenn man Lern- und andere Entwicklungs-Prozesse steuern oder zumindest mit beeinflussen will, ist es sinnvoll, qualitativ unterschiedliche Bereiche aufeinander abgestimmt neu zu organisieren. Dies gilt für persönliche Entwicklung (z. B. KompetenzBereiche, Fähigkeiten von Entwicklungs-Begleitenden) oder für Organisations-Entwicklung (z. B. die EntwicklungsBereiche von Gemeinschaften). Die Tendenz der Systeme zu Koevolution wird genutzt, wenn Linearität (z. B. traditionelle Ablauf-Pläne) durch Parallelität (z. B. Spiral-Konzepte) ergänzt wird. Die Spirale steht für einen fortschreitenden EntwicklungsProzess, in dem von Stufe zu Stufe, also mit jedem SpiralDurchgang, die Koevolutions-Bereiche als Bereiche mit besonderer Erlebens-Qualität sich ausdifferenzieren (wachsende Sensibilität und Komplexität) und in integrierende Wechsel-Wirkungen (Übersummativität, Synergie, Emergenz) zueinander treten. Evolution der Holarchien Evolution hat Richtung als zunehmende Komplexität: Evolution ist Ausdruck der Entfaltung differenzierter Ordnung. Komplexität entsteht also aus gegenseitiger Durchdringung von Prozessen der Detaillierung (Differenzierung) und Integration (Verbindung). Evolution hat zunehmende Differenzierung und Integration: Differenzierung ist notwendig für die Neuartigkeit und Vielgestaltigkeit, Integration führt die Vielheit in eine (neue) Einheit über. Jeder kreative Prozess verbindet diese gegenläufigen Tendenzen zu einem Differenzierungs-Integrations-Ganzen. Evolution hat zunehmende Organisation/Strukturierung: Evolution schreitet von einfacheren zu komplexeren System-Typen und von niedrigeren zu höheren Organisations-Stufen fort. Evolution hat zunehmende relative Autonomie: Ein Holon ist relativ autonom gegenüber seinen untergeordneten und relativ gehorsamspflichtig gegenüber seinen übergeordneten Holons. Evolution hat zunehmendes Telos (Ziel-Ausrichtung): Entwicklung ist kein zielloses Umherspringen, sondern führt irgendwo hin. Weil Organismen sich planmäßig entfalten und Psyche irgendwo hin unterwegs ist, kann sie auch stecken bleiben - der Weg kann voller Frustrationen, EntwicklungsHemmungen und Fixierungen sein. HO Evolution: Bedeutung fürs Denken HO In produktiven, wirksamen Entwicklungs-Prozessen werden sich integrative, zusammenhangstiftende Phasen, Aufgaben, Aufträge und Projekte mit differenzierenden, Einzel- und Besonderheiten in den Vordergrund stellenden Entwicklungs-Phasen abwechseln. Produktives, wirksames Vorgehen berücksichtigt also die Dialektik von Integration und Detaillierung, um Komplexitäts-Bewusstsein als Voraussetzung für HandlungsKompetenz zu ermöglichen, denn Praxis ist immer komplex. Entwicklung einer Einzelperson, Partnerschaft, Familie, Gruppe oder Gemeinschaft ist umso eher möglich, wenn Bereiche innerhalb der sozialen Organisation, z. B. die Familien-Mitglieder oder Teams in einer Gemeinschaft, eine Teilautonomie erhalten. Diese Autonomie wird jedoch nur dann produktiv wirksam, wenn gleichzeitig die Kohärenz-Kräfte durch Beteiligung an Familien- und Gemeinschafts-Entscheidungen und Transparenz der Entscheidungs-Prozesse geweckt werden. Je bekannter die Richtung ist, in der sich eine Partnerschaft, Familie, Gruppe oder Gemeinschaft entwickeln will (Wert-Vorstellungen, Wünsche, Hoffnungen, Sehnsüchte, Bedürfnis-Berücksichtigung, Vision, Leit-Bild, Ziele, Qualitäts-Kriterien), desto intensiver und ausgerichteter kann der Entwicklungs-Prozess verlaufen. Widerstände gegen Entwicklung sind wichtige Signale, die nicht nur als Ablehnung von Entwicklungen gedeutet werden dürfen, sondern als Ausdruck des verlorenen Gleichgewichtes, als Ausdruck der Angst vor instabiler Ungewissheit. Eigenschaften lebender Systeme (LS) Übersichts-Grafik Autonomie Störbarkeit 1 Störbarkeit 2 Autonomie und Störbarkeit Struktur-Determiniertheit Struktur-Determiniertheit und Störungen Operationale Geschlossenheit Nicht-Steuerbarkeit Attraktoren Dissipative Strukturen, Attraktoren, SelbstOrganisation 1 Dissipative Strukturen, Attraktoren, SelbstOrganisation 2 Rückkopplungs-Prozesse Kontroll-Parameter, Versklavung und Emergenz Emergenz und Versklavung Konzept des Attraktors Kontext-Abhängigkeit Kontext-Bewusstsein Veränderung der Mitwelt-Faktoren SD Übersichts-Grafik LS Lebende Organismen, psychische Systeme und soziale Systeme können aus systemtheoretischer Sicht als selbstorganisierende (autopoietische) dynamische Systeme klassifiziert werden. Diese Systeme sind autonom prinzipiell nicht steuerbar kontextabhängig Lebende Systeme mit Attraktoren versehen operational und organisatorisch geschlossen störbar durch MitweltEinflüsse strukturdeterminiert Autonomie Einheit von Sein Handeln strukturelle Koppelung Organismus Mitwelt Autonomie der Systeme bedeutet, dass keines der sich selbst organisierenden, in zyklischen Prozessen sich immer wieder selbst erschaffenden (autopoietischen) Systeme weder die Psyche noch der Organismus und auch nicht das Kommunikations-System - von Ereignissen in den jeweiligen Mitwelten im Sinne einer geradlinigen Ursache-WirkungsBeziehung determiniert werden kann. Weil Lebewesen sich selbst erzeugen, bilden bei ihnen Sein und Tun eine Einheit. Autonom heißt nicht, dass diese Systeme von der Mitwelt unabhängig sind, sondern dass ihre Ziele sich von denen der physikalischen Umwelt unterscheiden und systemintern definiert sind. Es gibt zugleich eine strukturelle Koppelung zwischen Organismus und Mitwelt. LS Störbarkeit 1 Mitwelt (Kontext) Störung (Pertubation) Veränderung System (Einheit) LS Veränderungen in der Mitwelt sind als relativ unspezifische Störungen, als Pertubationen, zu betrachten, welche von dem jeweils gestörten System kompensiert werden müssen. Wie das System auf solche Störungen reagiert, sagt mehr über das System und seine Strukturen als über die Natur der Störung aus. Alle Entwicklungs-Prozesse und Veränderungen selbstorganisierter Systeme lassen sich als Umbau ihrer Strukturen – materiellkörperlich und emotional-geistig - beschreiben, durch die derartige Störungen ausgeglichen und abgewehrt werden und ihre Integrität erhalten bliebt. Die Pertubation ist also stets ambivalent zu bewerten: Sie ist Störung (im alltäglichen Sprach-Gebrauch verstanden) und Anregung zur Weiterentwicklung zugleich. Entweder es gelingt, die Pertubationen zu bewältigen, dann geht das Leben weiter. Oder aber es gelingt nicht, dann stirbt das lebende System, die Selbst-Organisation (Autopoiese) endet, die Strukturen und Grenzen lösen sich auf und die Komponenten dissoziieren (trennen sich voneinander, verlieren ihre Koppelung). Störbarkeit 2 Mitwelt (Kontext) Störung Veränderung System (Einheit) Im Zusammenhang der neueren System-Theorien dient der Begriff der Störung zur Beschreibung einer bestimmten Form der Interaktion, des Zusammenspiels zwischen System (Einheit) und Mitwelt (Kontext). Störungen sind nach diesem Konzept etwas ganz Unvermeidliches und daher weder prinzipiell negativ noch positiv zu bewerten. Sie werden als Voraussetzung für alle StrukturVeränderungen (Anpassungs-Leistungen) selbstorganisierender (autopoietischer) Systeme betrachtet. Die Interaktions-Geschichte selbstorganisierender Systeme ist eine Geschichte bewältigter Störungen: ohne Störung keine Veränderung, ohne Störung keine Entwicklung, ohne Störung aber auch keine Fehlentwicklung und keine Notwendigkeit der Korrektur von Fehlern. Man könnte also statt von Störungen auch von Anregungen sprechen, um eine positiv bewertete, entwicklungs-fördernde Wirkung von Umwelt-Ereignissen auf solche selbstorganisierten Systeme zu beschreiben. LS Autonomie und Störbarkeit Mitwelt Interaktions-Partner lebendes, sich selbst organisierendes (autopoietisches) System LS Ein autonomes System kann von den Bedingungen seiner Umwelt oder besser Mitwelt lediglich „gestört“ (pertubiert) werden. Ungleichgewicht Störung Was immer in der Mitwelt als „Störung“ (Pertubation) wirkt, es kann das sich selbst regulierende (autopoietische) System nur aus dem Gleichgewicht bringen, eine Krise auslösen und im Extremfall für seine Desintegration, seine Zerstörung sorgen. Krise Störung Die Reaktion auf diese Störungen folgt einer dem System eigenen inneren Logik. Desintegration (Zerstörung) Störung Mitwelt und Interaktions-Partner begrenzen lediglich den Freiraum, innerhalb dessen solche Systeme störungsfrei funktionieren. Struktur-Determiniertheit äußere Ereignisse interne Struktur des Menschen und Vorgänge im Inneren Erfahrungen Werte Intentionen Gefühle Hormone Empfindungen beobachtbares Verhalten Struktur-Determiniertheit von Systemen meint: Ihr Verhalten wird nicht im Sinne einer geradlinigen UrsacheWirkungs-Beziehung durch äußere Ereignisse bestimmt und festgelegt. Sondern ihr Verhalten wird bestimmt durch ihre aktuelle interne Struktur, z. B. von welchen Erfahrungen, Werten, Gefühlen und Hormonen ein Mensch zurzeit gesteuert wird. Das außerhalb ihrer Grenze in ihrer Mitwelt beobachtbare Verhalten ist durch Vorgänge in ihrem Inneren begründet. LS Struktur-Determiniertheit und Störungen Die Entwicklung und Umorganisation solch strukturdeterminierter Systeme wie der Psyche lässt sich schematisiert wie folgt darstellen: Muster und Gewohnheiten (altes Gleichgewicht) Neuorganisation neues Gleichgewicht Kompensation der Störung Störung Ungleichgewicht (alte Muster funktionieren nicht mehr) LS Sie verhalten sich so lange entsprechend der Logik ihrer internen Organisation, bleiben beispielsweise in alten Mustern und Gewohnheiten gefangen, bis sie so gestört werden, dass sie ihr Gleichgewicht verlieren und die alten Muster, die bisherigen Anpassungs-Leistungen nicht mehr funktionieren. Dann organisieren sich ihre internen Strukturen neu (z. B. durch Aufnahme von Nahrung oder durch Lernen neuer Muster und Gewohnheiten), bis die Störung kompensiert ist und sich erneut irgendeine Form des Gleichgewichts etabliert. Gelingt es dem System nicht, ein neues Gleichgewicht zu finden, so verliert es seine Integrität, wird psychosomatisch krank oder löst sich auf und stirbt. Operationale Geschlossenheit von außen betrachtete scheinbare (trügerische) Statik der Strukturen dynamische Prozesse (NetzWerke der Interaktionen) im Inneren zur Aufrechterhaltung der Eigenarten Beobachtende eines lebenden Systems sind mit scheinbar statischen Strukturen konfrontiert, die das Ergebnis dynamischer Prozesse sind. Diese Organisations-Form dynamischer Systeme wird von System-Theoretikern operationelle oder organisatorische Schließung genannt. Eine organisatorisch geschlossene Einheit ist als eine zusammengesetzte Einheit durch ein NetzWerk von Interaktionen von Komponenten definiert, die durch ihre Interaktionen rekursiv (in Rückkoppelungs-Kreisen) das Netz-Werk der Interaktionen regenerieren, das sie produzierte, und das Netz-Werk als Einheit in dem Raum realisieren, in welchem die Komponenten existieren, indem sie die Grenzen der Einheit als eine Unterscheidung vom Hintergrund konstituieren und spezifizieren. LS Nicht-Steuerbarkeit Psyche Das Problem, die Herausforderung der Politiker/innen und Entwicklungs-Begleitenden als Lehrende, Leitende, Erziehende und PsychoTherapierende besteht darin, dass niemand direkt und zielgerichtet in die Psyche eine anderen Menschen einwirken (intervenieren) kann. gezielte Einwirkung Die prinzipielle Nicht-Steuerbarkeit solch autonomer Systeme ist es, was Regieren, Erziehen, Leiten und Kurieren letztendlich zu „unmöglichen“ Berufen macht. Wer immer aufgrund seiner beruflichen Funktionen vor der Aufgabe steht, das Verhalten anderer Menschen oder soziale Prozesse zielgerichtet beeinflussen zu sollen, muss mit der paradoxen Situation zurechtkommen, die Verantwortung für das Verhalten von Systemen zu tragen, die ganz offensichtlich nur in sehr begrenztem Maße steuerbar sind. LS Attraktoren Auch die Entwicklung und Aufrechterhaltung psychischer und sozialer Strukturen lässt sich als Resultat operationaler Schließung erklären. Attraktoren = EigenWerte, EigenStruktur, stabile Muster Sie erhalten ihre Grenzen und ihre Integrität als Einheit durch Prozesse, deren Ausgangs-Punkt und Ergebnis vom Beobachter als identisch beurteilt werden. Diese Systeme reorganisieren ihren Eigen-Wert, ihre Eigen-Struktur oder ihr Eigen-Verhalten. Solche stabilen Werte oder Muster werden auch als „Attraktoren“ bezeichnet. LS Dissipative Strukturen, Attraktoren, Selbst-Organisation 1 LS Damit ein System zu neuen, stabilen Ordnungs-Zuständen kommen kann, muss ihm ständig Energie (bei psychischen Systemen auch Information) zugeführt werden. Sonst sind prinzipiell keine dynamischen Gleichgewichts-Zustände fern von stationären Gleichgewichts-Zuständen möglich. Solche Ordnungs-Zustände werden als dissipative Strukturen bezeichnet. Sie verbrauchen ständig systemexterne Energie, ohne deren dauernden Zustrom der dynamische Gleichgewichts-Zustand zusammenbrechen würde. Alle Lebens-Prozesse sind aus dieser Perspektive dissipative Strukturen. Das Aufhören des Energie-Bezuges aus der systemexternen Umgebung führt zum Zusammenbrechen der vielen im Organismus aufrechterhaltenen dynamischen Gleichgewichte und bedeutet den Übergang vom Leben zum Tod. Das Entstehen neuer Ordnungs-Muster (Attraktoren) durch Selbst-Organisation braucht bestimmte Bedingungen. Es gibt relativ feststehende Bedingungen (Constraints), die für das Entstehen bestimmter OrdnungsZustände erforderlich sind, und variable Kontroll-Parameter, über deren Beeinflussung man unter sonst feststehenden Bedingungen man ein bestimmtes Phänomen hervorrufen kann. Ein Attraktor ist wegen seiner Bedingungs-Abhängigkeit ein transaktionales Konzept. Selbst-Organisation meint, dass sich ein Ordnungs-Zustand aus bestimmten AusgangsBedingungen heraus von selbst herausbildet, ohne dass irgendein Plan dazu Pate gestanden hat. Dissipative Strukturen, Attraktoren, Selbst-Organisation 2 LS Ordnungs-Zustände entstehen aus positiven Rückkopplungs-Prozessen, wobei aus minimalen Ausgangs-Unterschieden weitreichende Effekte entstehen können. Die wesentliche Eigenschaft dissipativer Strukturen ist, dass sie komplexer werden und sich höher organisieren, indem sie Energie aufnehmen und Entropie „dissipieren“, was meint, Lärm, Verwirrung und Unordnung aufzuheben und umzuwandeln. Alle dissipativen Strukturen haben drei Grundeigenschaften: 1. Eine dissipative Struktur muss Energie aufnehmen und muss daher für ihre Umwelt offen sein. Leben existiert immer in einem Kontext. Menschen sind organisierte gestaltete Systeme. Menschen sind lebende System und müssen daher wesentlich als komplexe Kombinationen von dissipativen Strukturen funktionieren. Man kann eine Person nicht verstehen, ohne ihre Mitwelt zu verstehen. 2. Eine weitere Eigenschaft dissipativer Strukturen ist die, dass sie mit einem starken Ungleichgewicht arbeiten müssen. Ungleichgewicht wirkt wie eine sprudelnde Quelle. Wir Menschen unterliegen z. B. der Spannung und dem Ungleichgewicht der aufrechten Haltung. Damit Leben existieren kann, muss es Spannung geben. Sie hält uns ein wenig wacher, ein wenig aufmerksamer, ein wenig fähiger. Aufgrund der Energie, die diesem Ungleichgewicht innewohnt, können wir uns sehr schnell bewegen und umdrehen. 3. §. Schließlich und am wichtigsten sind dissipative Strukturen dank ihrer autopoietischen Komponente selbstorganisierend und selbstreproduzierend. Die Schlüssel-Elemente der Strukturen kreieren und rekreieren sich selbst. Rückkopplungs-Prozesse LS Wenn man eine Metall-Platte, auf der sich gleichmäßig verteilter Staub befindet, durch Beschallung mit einer bestimmten Frequenz in gleichmäßige Vibrationen (Kontroll-Parameter) versetzt, bilden sich mit der Zeit „von selbst“ kleine StaubHäufchen. Als Ausgangs-Punkt war der Staub, makroskopisch gesehen, gleichverteilt. Aber mikroskopisch war er an einigen Stellen ein wenig dicker als an den etwas dünneren Stellen. Es sammeln sich Staub-Partikel von den dünneren Schichten an bestimmten Stellen, weil dort wegen der Dämpfung durch die dickere Schicht die Partikel nicht so hoch und weit springen. Aus minimalen Anfangs-Unterschieden ist durch Selbst-Verstärkung dieser Unterschiede allmählich eine im Detail nicht voraussagbare neue Ordnung entstanden. Die Häufchen, die mit der Zeit entstehen, sind also das Ergebnis eines positiven Rückkopplungs-Prozesses. Wenn sich erst einmal Staub-Häufchen gebildet haben und der Raum zwischen ihnen fast leer ist, ist makroskopisch gesehen ein stabiler Zustand, ein dynamisches Gleichgewicht erreicht, der durch negative Rückkopplung aufrechterhalten wird. Mikroskopisch gesehen verlieren die Staub-Häufchen zwar ständig Partikel, die vom Rand davonspringen, aber diese Verluste werden aus dem fast leeren Zwischenraum ausgeglichen. Diese Staub-Häufchen als Ordnungs-Muster werden auch Attraktoren genannt, zu denen es sich durch positive Rückkopplung hin entwickelt. Kontroll-Parameter, Versklavung und Emergenz Synergie PartikelBeschaffenheit Zusammenwirken der KontrollParameter Vibration der Platte Es sind also die Beschaffenheit des einzelnen Staub-Partikels (seine Masse und seine Lage) und die Vibration, die so zusammenwirken, dass die Attraktoren, die Staub-Häufchen, entstehen. Diese Einflüsse, die gemeinsam zum Entstehen des neuen Ordnungs-Musters führen, nennt man Kontroll-Parameter eines System-Zustandes. Wenn man das Zusammenwirken der Kontroll-Parameter ändert, hat das Auswirkungen auf die entstehenden Ordnungs-Muster. Die Lehre vom Zusammenwirken vieler Prozesse in komplexen Systemen wird Synergetik genannt. Im Zuge des positiven Rückkopplungs-Prozesses, der durch Zusammenwirken mehrerer Kontroll-Parameter ausgelöst wird, werden immer weitere Teile des Systems in den Einfluss-Bereich des Attraktor einbezogen. Für diese Einbeziehung wird der plastische Ausdruck Versklavung benutzt. Das Entstehen neuer Ordnungs-Muster, die aus den AusgangsEigenschaften nicht vorauszusehen gewesen wären, die sich aber durch positive und negative Rückkopplung aus den AusgangsEmergenz Eigenschaften ergeben, wird als Emergenz bezeichnet. In dem Beispiel sind die Staub-Häufchen solche emergenten Phänomene. Versklavung LS Emergenz und Versklavung Ordner / Attraktoren Versklavung Emergenz komplexes System LS Phylogenetisch ist jede höherer RegulationsEbene mit ihrer neuen Wahrnehmungs-Qualität und den zugeordneten VerhaltensMöglichkeiten eine Emergenz dieser Prozesse, die auf den unteren Ebenen stattfinden. Mit Emergenz ist gemeint, dass aus dem Zusammenwirken der Prozesse auf der einen Ebene eine neue Qualität der Wahrnehmungsund Verhaltens-Möglichkeiten und damit eine qualitativ neuen Regulations-Ebene entsteht. Andererseits bestimmen ber die höheren Regulations-Ebenen die Prozesse auf den in der Hierarchie niedrigeren Regulations-Ebenen. Sie geben erwünschte Wahrnehmungen vor und aktivieren bestimmte VerhaltensBereitschaften. Alle Prozesse auf den unteren RegulationsEbenen werden diesen top-down vorgegebenen Soll-Werten untergeordnet. Kontroll-Parameter Man benutzt in der Synergetik dafür den Ausdruck „Versklavung“. Konzept des Attraktors LS Zustände, die ein System annimmt, hängen von den KontrollParametern und systeminternen Rückkopplungs-Prozessen ab. Demonstration: 1. 2. 3. 4. Beide Zeigefinger ausgestreckt nach oben halten, während die anderen Finger gekrümmt sind. Einen der beiden Zeigefinger beugen und den anderen gestreckt lassen. Den getreckten Zeigefinger beugen und den gebeugten strecken. Langsam ohne Mühe diese Gegenbewegung (im Sinne eines BewegungsAttraktors) weiterführen. Die Beuge- und Streck-Geschwindigkeit ist der Kontroll-Parameter. Kontroll-Parameter verändern. Schneller und immer schneller werden. a. 5. b. Unter dem Einfluss des Kontroll-Parameters Geschwindigkeit hat sich ein neues Ordnungs-Muster (ein neuer Attraktor) etabliert. Auch wir stehen also unter dem Einfluss von Kontroll-Parametern und entwickeln dabei neue Ordnungs-Muster (beidseitig gleichförmige Bewegung) unserer Aktivität. Potenzial-Landschaft: a. c. b. c. Ein stabiler Attraktor (gegenläufige Finger-Bewegung) wird durch eine Kugel in einem tiefen steilen Tal dargestellt. Abnehmende Stabilität des Attraktors durch Geschwindigkeits-Zunahme. Die Kugel rollt aus dem nunmehr flachen Tal in das nächste tiefere Tal. Das neue Tal wird für die Kugel zum Attraktor (parallele Finger-Bewegung). Kontext-Abhängigkeit LS Alle Ereignisse – soziale wie technische oder naturwissenschaftliche – finden in bestimmten Kontexten, in einem relationalen Geflecht oder NetzWerk von Beziehungen und Bezügen (WechselWirkungen) statt, durch die die jeweils besondere Bedeutung und Wirkung der Situation bestimmt wird. Durch Kontext-Vertiefung und Kontext-Verbreiterung gelangen Menschen Ereignis EinflussFaktor weg von der Ebene der durch monokausale Bewusstseins-Fesselung hervorgebrachten trivialen Lösungen in Lehr-Lern- und ArbeitsProzessen, z. B. „Wer dabei erwischt wurde, dass er einen Fehler gemacht hat, muss Fehler eben in Zukunft besser vertuschen oder andere dafür verantwortlich machen.“ hin zu bedeutsameren und wirksameren Wegen und Ergebnissen, z. B. in einer fehlertoleranten Lern- und ArbeitsKultur werden Fehler als willkommener Anlass für Verbesserungs-Prozesse gesehen. Kontext-Bewusstsein LS Man erweitert sein Bewusstsein von der Bedeutung und Wirkung von Kontexten (EinbettungsZusammenhängen), indem man 1. qualitativ unterscheidet zwischen übergeordneten Kontext-Dimensionen und untergeordneten Kontext-Dimensionen, also einerseits auf- und absteigende, also vertikale (holarchische) Teil-Komponenten eines Systems untersucht und einbezieht, sowie nebengeordneten (gemeinsam sich miteinander entwickelnden) Kontext-Dimensionen, also andererseits parallele, horizontale (koevolutionäre) Vernetzungen von Teil-Komponenten eines Systems untersucht und einbezieht. 2. die Teil-Ganzes-Dialektik (die Wirkweise von Holons) beachtet, also Teil-Systeme in übergeordnete Systeme einordnet und von dort her beeinflusst innerhalb eines Systems die FunktionsTüchtigkeit und Ko-Evolution der Teil-Systeme beachtet. Veränderung der Mitwelt-Faktoren Veränderung des Ökonomie-Feldes Veränderung des Kultur-Feldes Kultur-Feldes Veränderung des Interaktions-Modus Veränderung des Sozial-Feldes Veränderung des Körper-Feldes Selbst-Veränderung wird wahrscheinlicher durch LS Aufgrund der operationellen Geschlossenheit der Psyche können Interventionen immer nur indirekt über die Veränderung von MitweltFaktoren, die wahrscheinlich die Psyche beeinflussen, ihre Wirkung erzielen. Man kann also Mitwelt-Bedingungen schaffen, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass das System Psyche sich selbst verändert. Selbst-Veränderung wird erleichtert durch Beeinflussung biologisch-organischer Prozesse (Körper-Feld), Wechsel der sozialen Bezugs-Gruppen (Sozial-Feld) Veränderung der Spiel-Regeln für Kommunikation (Interaktions-Modus) Werte-Veränderung (Kultur-Feld) Veränderung der Wirtschafts-Ordnung (Ökonomie-Feld) Dialektisch-integratives Denken (diD) Eine psychologische Relativitäts-Theorie ist… Eine dialektisch-emanzipatorische Beziehungs-Theorie Dialektik von Polarität und Integration Drei Blick-Weisen auf Sozial-Beziehungen Bedeutung des schöpferischen Null-Punktes, der kreativen Mitte für Psychosozial-Entwicklung Polaritäten SD Eine psychologische „Relativitäts-Theorie“ ist… diD Nicht dualistisch sondern dialektisch absolut, isoliert, einseitig und dekontextualisiert relational, bezogen, wechselseitig und kontextgebunden Ergebnisse und dauerhafte Zustände Verläufe, Prozesse, Bewegungen und momentane Zustände Festlegung auf eine Seite der Polarität, auf eine personale Position: „ich oder du“ Aufrechterhaltung der dialektischen oder Ambivalenz-Spannung zwischen den Polen: „ich und du“ Verhalten losgelöst vom Erleben Erleben (Gefühle, Leib-Empfindungen und Gedanken), das Verhalten einschließend Handlung incl. Sprach-Handlung (Gesagtes) als Tatsachen Bedeutung der Handlung incl. der Worte (Gemeintes) für die Beteiligten „Objektivität“ – die begleitende Person (Therapeut, Diagnostiker) steht scheinbar außerhalb und ist unbeteiligt Inter-Subjektivität – die begleitende Person ist eingeschlossen in den Interaktions-Prozess und beteiligt Intrapsychisch: Verdrängung einer Seite Intrapsychisch: Ambivalenz-Spannung der Ambivalenz bei gleichzeitiger Projektion aushalten und kreativ verarbeiten auf andere Verschmelzung und Kampf Getrenntsein und dialogische Kommunikation Eine dialektisch-emanzipatorische Beziehungs-Theorie… * Eine Kritik an der Gesellschaft ohne selbstkritische Reflexion der eigenen Beteiligung an den kritisierten Phänomenen bleibt ebenso fruchtlos wie eine Psychotherapie, in der Therapierende nur die RatSuchenden beurteilen und kritisieren und nicht ihre Eigenbeteiligung an der gemeinsamen Szene kritisch mit untersuchen und verändern. diD 1. betrachtet Prozesse, Sachverhalte, Ereignisse, Beziehungs-Geschehen immer mindestens von zwei Seiten (Zusammenführung der Polaritäten) und besonders das Dazwischen, die Bezogenheit in einer Inter-Aktion 2. wird auf der Beziehungs-Erlebens-Ebene definiert, damit die Prozesse in einer Person (intrapsychisch) auf die Prozesse mit anderen (interpsychisch) bezogen werden können, die (symbolische) Bedeutung eines Verhaltens in der aktuellen Beziehung untersucht werden kann, das unbewusste Geschehen einbezogen ist und eine dialektische, wechselseitige Sicht-Weise garantiert ist. 3. erfasst pathologische und nicht-pathologische Phänomene in einer übergreifenden Sicht-Weise, damit jedes Verhalten oder Erleben im Rahmen der Beziehung gesehen wird und keine Etikettierung pathologischer Phänomene erfolgen muss. 4. bezieht als eine dialektische Theorie über die Therapeut-Patient-Beziehung die Therapierenden als Subjekt (diejenigen, die handeln) und Objekt (diejenigen, auf die eingewirkt wird) dieser Beziehung ein*, damit die volle Relativität hergestellt ist, das Zusammenspiel von Übertragung und Gegenübertragung betrachtet werden kann und untersucht werden kann, inwieweit zwischen beiden manipulative BeziehungsWeisen stattfinden. Dialektik von Polarität und Integration Denken in dynamischen Systemen und integrativ-dialektisches Denken verbinden sich in der Betrachtung der Dialektik von Polarität und Integration, von Teil und Ganzem, unter anderem als Bestimmung eines kontextabhängigen Indifferenz-Punktes zwischen existentiellen und interessenbedingten Polaritäten verbunden mit Ersatz oder Ergänzung ausschließender Entweder-oder-Denk-Muster durch einschließende Sowohl-als-auch-Denk-Weisen, Verständnis von Holons als Teil/Ganzes-Einheiten in Kontexten und als Kontexte für andere Holons, Verständnis des gestaltpsychologischen Prinzips der Übersummativität, demzufolge das Ganze mehr und anders ist als die Summe seiner Teile. das Verständnis für Synergie (für konstruktives Zusammenwirken) und für Emergenz (für Entfaltung von etwas Neuem aus dem Zusammenwirken) verbunden mit der Fähigkeit, Übersummativität in einem System zu erkennen und herzustellen diD Drei Blick-Weisen auf Sozial-Beziehungen Gemeinsamkeits-Blick auch Wir sind alle auch Menschen Wir als Teil der Menschheit Wir als Teil der Mitwelt Wir mit männlichen und weiblichen Anteilen Unterschieds-Blick oder / aber / dagegen / statt Ich bin als Individuum so, aber du bist in vielem anders. Ich dagegen in Einmaligkeit als einzigartiger Mensch… Ich als Mann oder als Frau Integrations-Blick und / sowohl… als auch… / zugleich Ich als Individuum und als Mensch Teil der Menschheit und Mitwelt Ich als einmaliger Mann zugleich ein Mensch mit männlichen und weiblichen Anteilen Ich sowohl eine besondere Frau als auch ein Mensch mit weiblichen und männlichen Anteilen diD Bedeutung des schöpferischen Null-Punktes, der kreativen Mitte für Psychosozial-Entwicklung diD Begleitung bei psychosozialer Entwicklung ist anders als traditionelle Leistungs-Förderung nicht auf einseitige Höchstleistungen ausgerichtet, sondern auf eine Integration und damit Entpolarisierung der Persönlichkeit. Es gilt also, Extrem-Positionen und Einseitigkeiten zu verlassen, zu überwinden und durch experimentelle dynamische Balance seine innere Mitte, Stimmigkeit, Glaubwürdigkeit, Integrität, sein Kohärenz-Gefühl zu finden. Entwicklung selbst spielt sich in folgendem Entwicklungs-Quadrat (Helbing) ab: Identität (Stabilität) Veränderung (Labilität) Erstarrung Auflösung Extreme Überwinden von destruktiver Polarität in Beziehungen erfordert ein stetes Streben nach Balance zwischen zwei (oder mehreren) Polen eines intrapsychischen oder sozialen (interpsychischen) Entwicklungs-Konfliktes. Polaritäten (P) Erhaltung und Entfaltung Eigenständigkeit und Gemeinschaftlichkeit Fühlen und Denken Teil und Ganzes Spiritualität und Pragmatismus Öffentlichkeit und Intimität Einfluss-Möglichkeiten und Einfluss-Grenzen Aufbruch und Stabilität diD Erhaltung und Entfaltung P konstruktiver* Pol A integrierendes Und konstruktiver* Pol B z. B. Erhaltung Statik/Stabilität/Identität/ gleichbleibende Qualität/ Wissen und Können/ gefunden haben z. B. Erhaltung, was gut und nützlich ist, und Veränderung, wenn etwas schädlich zu werden droht oder etwas dadurch besser zu werden verspricht / Beweislast dafür bei Erneuerern und Erhaltern z. B. Entfaltung/ Dynamik/Wandel/Neues/ veränderte oder neu geschaffene Qualität/ zweifeln/lernen/suchen destruktiver* Extrempol A z. B. VeränderungsUnwilligkeit und – Unfähigkeit/ fehlende Experimentier-Bereitschaft/ Übersicherheit/ Dogmatismus/Hochrechnung und Verallgemeinerung (nie, immer, man) Status- und Macht-Geilheit/ Ideologie/Prinzipien/ Starr-Konservativismus (Bewahrung aus Prinzip) statt statt destruktiver* Extrempol B z. B. ungesteuertchaotisches und anomischregelloses Verhalten/ Unzuverlässigkeit/ Untersicherheit/ Unsicherheit/ Haltlosigkeit/ Verwirrung/ Beliebigkeit/ Mangel an VerantwortungsBereitschaft * Ob konstruktiv oder destruktiv ist immer nur vor dem Hintergrund bestimmter (und hoffentlich transparenter und konsensualer) Wert-Orientierungen zu bestimmen. Es gilt, richtungsweisende Wert-Kriterien gemeinschaftlich zu erarbeiten. Eigenständigkeit und Gemeinschaftlichkeit konstruktiver* Pol A integrierendes Und konstruktiver* Pol B z. B. Eigenständigkeit/ Autonomie / Freiheit / Rückzug / Selbst-Besinnung / Entwicklung eines SelbstGefühls / Akzeptanz der Unterschiedlichkeit und Besonderheit z. B. Einbeziehung von MinderheitenPositionen / Herausarbeiten von KonsensEntscheidungen / Loyalität und Verzicht auf SabotageStrategien / Einheit in der Unterschiedlichkeit z. B. Gemeinschaftlichkeit / Interdependenz / Geborgenheit / Einbeziehung / Entwicklung eines WirGefühls destruktiver* Extrempol A z. B. Rückzug in die soziale Isolation / Verlassenheit / Einsamkeit / Egoismus / Egozentrismus / merkwürdige, wunderliche bis dissoziale VerhaltensWeisen / gewaltsame InteressenDurchsetzung / Kriminalität statt statt P destruktiver* Extrempol B z. B. Konformismus / Kollektivismus / Konventionalität / masochistisches Dienen / sinnloses aufopfern für andere / Dank erwarten und einfordern / anpasste bis unterwürfige Verhaltens-Weisen / Diskriminierung Andersdenkender * Ob konstruktiv oder destruktiv ist immer nur vor dem Hintergrund bestimmter (und hoffentlich transparenter und konsensualer) Wert-Orientierungen zu bestimmen. Es gilt, richtungsweisende Wert-Kriterien gemeinschaftlich zu erarbeiten. P Fühlen und Denken konstruktiver* Pol A integrierendes Und konstruktiver Pol B z. B. Fühlen/Emotionalität/ Selbst- und FremdEinfühlung zur Erfassung der Motivations-, Bedürfnis- und Gefühls-Lage z. B. Fühldenken/ Herstellung einer inneren Stimmigkeit • zwischen Denken und Fühlen, • zwischen WertGespür und HandlungsEntscheidung, • zwischen Wissen und Wollen z. B. Denken/Rationalität/ Folgerichtigkeit bei Argumentation und Planung für ein wirksames (effizientes und effektives) gemeinsames Vorgehen destruktiver* Extrempol A z. B. Gefühls-Inflation/ Gefühls-Hörigkeit/ Gefühls-Kult/ Unfähigkeit, Echt-Gefühle und Ersatz-Gefühle auseinanderhalten zu können/ Konfluenz (Ich-Verlust im Mitgefühl) statt statt destruktiver Extrempol B z. B. Logik-Kult aus Gefühls-Unfähigkeit/ Rationalisierung und Intellektualisierung als Abwehr-Mechanismen für bedrohliche Situationen/ Emotions-Armut und –Kälte/ Emotions-Bekämpfung * Ob konstruktiv oder destruktiv ist immer nur vor dem Hintergrund bestimmter (und hoffentlich transparenter und konsensualer) Wert-Orientierungen zu bestimmen. Es gilt, richtungsweisende Wert-Kriterien gemeinschaftlich zu erarbeiten. P Teil und Ganzes konstruktiver* Pol A integrierendes Und konstruktiver Pol B z. B. Teil-Aspekte beachten/ Differenzierung/ Blick auf Einzelheiten und Besonderheiten z. B. Teilganze beachten/ Lernen und Entwicklung als permanenten Prozess von Differenzierung und Integration erkennen z. B. das Ganze beachten/ Integration/ Blick auf Zusammenhänge, Verbindungen destruktiver* Extrempol A destruktiver Extrempol B z. B. Detail-Verhaftetheit bis Detail-Verliebtheit (vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen) / Denk-Störung: kaum Zusammenhänge erkennen können z. B. Dogmatismus/Ideologie/ Verallgemeinern als AbwehrMechanismus Denk-Störung: Zusammenhänge sehen, wo keine sind statt statt * Ob konstruktiv oder destruktiv ist immer nur vor dem Hintergrund bestimmter (und hoffentlich transparenter und konsensualer) Wert-Orientierungen zu bestimmen. Es gilt, richtungsweisende Wert-Kriterien gemeinschaftlich zu erarbeiten. Spiritualität und Pragmatismus P konstruktiver* Pol A integrierendes Und konstruktiver Pol B z. B. Spiritualität / Blick auf das Schöne und Gute / Einbeziehung dessen, was wir noch nicht wissen oder nie genau wissen werden/ Beschäftigung mit den letzten, tiefen, unbeantwortbaren Fragen / Glaube und Zweifel z. B. nach der Erleuchtung kommt die Montags-Wäsche / wertgeleitetes umsichtiges Handeln / Tun und Unterlassen mit Blick auf Mitwelt, Menschheit und Zukunft z. B. Pragmatismus / Handlungs-Bereitschaft und Handlungs-Fähigkeit / anpacken und gestalten können / nutzbringende Weiterentwicklung der sozialen, ökonomischen, ökologischen und kulturellen Bedingungen destruktiver* Extrempol A z. B. Verwechslung von Glauben und Wissen / Abgehobenheit / WeltFremdheit / Realitäts-Verlust/ Verharren in kindlichmagisch-pseudospiritueller Irrationalität (präbewusst) destruktiver Extrempol B statt statt z. B. Handeln ohne WertOrientierung, ohne Zukunfts- und Global-Plan und ohne Beteiligung der Betroffenen / welt- und menschheits-zerstörendes Tun oder Unterlassen * Ob konstruktiv oder destruktiv ist immer nur vor dem Hintergrund bestimmter (und hoffentlich transparenter und konsensualer) Wert-Orientierungen zu bestimmen. Es gilt, richtungsweisende Wert-Kriterien gemeinschaftlich zu erarbeiten. Öffentlichkeit und Intimität P konstruktiver* Pol A integrierendes Und konstruktiver Pol B z. B. Öffentlichkeit / Absprache und KonsensBildung über RahmenBedingungen des Zusammenlebens und der Kooperation / Bereitschaft zur Konstruktion eines gemeinsamen WerteHintergrundes / einander unterstützen und begleiten z. B. Berücksichtigung von Einzel- und MinderheitenPositionen in EntscheidungsProzessen / Das Private ist auch das Politische. z. B. Intimität / Respekt vor der Besonderheit und Andersartigkeit jedes Menschen / Achtung der Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche / Erlauben von Rückzug und Für-Sich-Sein/ Freiheit in Einzigartigkeit/ einen Schutz-Raum bieten destruktiver* Extrempol A z. B. kontrollieren / verfolgen, verbannen und vernichten von Andersdenkenden und Anderslebenden / Pranger destruktiver Extrempol B statt statt z. B. Individualismus / Egozentrismus / anomisches (Regeln verund missachtendes) Verhalten / Dissozialität * Ob konstruktiv oder destruktiv ist immer nur vor dem Hintergrund bestimmter (und hoffentlich transparenter und konsensualer) Wert-Orientierungen zu bestimmen. Es gilt, richtungsweisende Wert-Kriterien gemeinschaftlich zu erarbeiten. Einfluss-Möglichkeiten und Einfluss-Grenzen P konstruktiver* Pol A integrierendes Und konstruktiver Pol B z. B. mutig EinflussMöglichkeiten anerkennen/ individuelle und kooperative Gestaltungs-Macht annehmen und nutzen/ in der Experten-Position Gestaltungs- und LeitungsVerantwortung begrenzt übernehmen z. B. begrenzten Einfluss erkennen und nutzen/ bescheiden in der Macht und selbstbewusst in der Ohnmacht z. B. Einfluss-Grenzen demütig anerkennen/ Bescheidenheit / loslassen / zulassen, dass Expert/innen auf ihr Fach-Gebiet begrenzt unter bestimmten Bedingung entscheiden dürfen destruktiver Extrempol B destruktiver* Extrempol A z. B. Macht-Missbrauch / Anordnen und zwingen trotz fehlender Fähigkeit und Legitimation / herrschen und unterdrücken / AllmachtsVorstellungen / Sadismus statt statt z. B. Flucht in die Ohnmacht/ sich klein machen/ mit Schwäche und Hilflosigkeit kokettieren / sich unterdrücken lassen ohne Gegenwehr / Masochismus * Ob konstruktiv oder destruktiv ist immer nur vor dem Hintergrund bestimmter (und hoffentlich transparenter und konsensualer) Wert-Orientierungen zu bestimmen. Es gilt, richtungsweisende Wert-Kriterien gemeinschaftlich zu erarbeiten. Aufbruch und Stabilität konstruktiver Pol B konstruktiver* Pol A z. B. Wandlungs-Offenheit; sich öffnen für neue Möglichkeiten, Sicht-Weisen und Entwicklungen; neue Erfahrungen, Eindrücke, Erlebnisse zulassen; wissbegierig, experimentierfreudig und vielfältig interessiert sein; gesellschaftliche Normen hinterfragen P integrierendes Und z. B. Wertgeleitete Offenheit für Neuschaffung und Erhalt von Wesentlichem, Sinnbringendem, Nützlichem und Heilsamem z. B. Stabilität durch verbindliche Absprachen und (auch schriftliche) Festlegungen; gute alte Muster, Ordnungen, Strukturen, Regeln, Konventionen und Gewohnheiten bewahren; Freude am konstruktiven Bestehenden; ruhiges, bodenständiges Leben in hinreichend festen Bahnen destruktiver* Extrempol A destruktiver Extrempol B z. B. das Neue zum Kult erheben, dem Fortschritt hinterher jagen, sich dem Mode-Diktat ausliefern; in Dauer-Rebellion und permanente Innovation verfallen z. B. Erstarrung in Traditionen; Abwehr von Neuem und Fremdem; Verteidigung des Bestehenden, weil es besteht; Erhalt überholter Werte und Ordnungen um jeden Preis statt statt * Ob konstruktiv oder destruktiv ist immer nur vor dem Hintergrund bestimmter (und hoffentlich transparenter und konsensualer) Wert-Orientierungen zu bestimmen. Es gilt, richtungsweisende Wert-Kriterien gemeinschaftlich zu erarbeiten. Psychologie der Entwicklungs-Begleitung (PEB) G Mit diesem Text-Teil beziehe ich mich auf das Buch von Klaus Grawe: „Psychologische Therapie“ von 2000 (2. korrigierte Auflage) Kern-Fragen zur Entwicklungs-Begleitung 1 Kern-Fragen zur Entwicklungs-Begleitung 2 Klärungs-Themen Konzept einer psychologischen Entwicklungs-Begleitung Kompetenz und Funktionen von Entwicklungs-Begleitenden Was macht eine kompetente Entwicklungs-Begleit-Person aus? Wirkung von Entwicklungs-Begleitung: drei Kompetenzen Perspektiven-Vielfalt Integration von Klärungs- und Realisierungs-Vorgehen Zusammenspiel bewusster und unbewusster Prozesse Wirk-Faktoren und Wirk-Prinzipien in der Entwicklungs-Begleitung PEB 1. Was kann eine Psychologie, definiert als Wissenschaft vom Erleben und Verhalten und den ihnen zugrundeliegenden Prozessen, zur Optimierung von Konzepten und Prozessen der EntwicklungsBegleitung (Psychotherapie, Beratung, Coaching, Lehre etc.) beitragen? Motivation 2. Was sind psychische Prozesse und wie entwickeln und verändern sie sich? 3. Wie können wir uns psychisches Geschehen als Zusammenwirken von Motivationen (Wollen), Körper-Empfindungen, Emotionen (Fühlen), Wahrnehmungen, Kognitionen (Denken) und Handeln vorstellen? Verhalten 4. In welcher Weise stehen Menschen zu ihrer Umgebung in Beziehung und wie kommt es überhaupt zur Wahrnehmung der Umgebung? unbewusste Prozesse 5. In welcher Beziehung stehen bewusste Prozesse Wahrnehmung Kern-Fragen zur Entwicklungs-Begleitung 1 Erleben Verhalten (Einwirkung auf Umgebung) und Erleben (Aufnahme der Umgebung und des Selbst) zueinander, bewusste, explizite Prozessen und die verschiedenen Arten von unbewussten Prozessen, u. a. der neuronalen, hormonellen und immunologischen Prozesse, der impliziten Lern-Prozesse, der psychischen Vermeidungs- und Abwehr-Prozesse, zueinander sowie zum Verhalten und Erleben? Kern-Fragen zur Entwicklungs-Begleitung 2 Es geht bei der Beantwortung der Fragen darum, die Gesamtheit der in der Philosophie, Psychologie, Medizin/ Psychiatrie, Anthropologie und Neurobiologie erarbeiteten Erkenntnisse sowie der in der Psychotherapie, Gruppendynamik, Pädagogik und Didaktik entwickelten praktischen Möglichkeiten der Einflussnahme zum Wohle der Unterstützung und Entwicklung suchenden und brauchenden Menschen zu nutzen. PEB 6. Wie kommt es zu Störungen dieses Zusammenwirkens und dieser Beziehungen und zur Entstehung psychischer Störungen? 7. Wie kann man die psychischen Prozesse einschließlich ihrer Störungen von außen dauerhaft und konstruktiv beeinflussen? 8. Welche Bedeutung haben interpersonale Beziehungen für das Verständnis psychischer Störungen? 9. Kann man zu therapeutischen Zwecken direkt auf unbewusste Prozesse einwirken ohne Umweg über das Bewusstsein? 10. Welche Möglichkeiten hat ein Mensch, solche unbewussten Prozesse bei sich selbst und bei anderen zu erkennen? 11. Kann man bewusst auf eigene unbewusste Prozesse einwirken? Wenn ja, wie? 12. Wie können Entwicklungs-Begleitende die Entwicklung suchenden Personen dabei unterstützen, bewusste Kontrolle über unbewusste Prozesse zu gewinnen? 13. Geben mein Vorgehen als Entwicklung-Begleit-Person und die Situation der Entwicklungs-Begleitung insgesamt den Entwicklung suchenden Personen die Möglichkeit, positive Wahrnehmungen und Erfahrungen in Richtung auf die Befriedigung ihrer Bedürfnisse (Kontrolle, Lust-Gewinn, Bindung, Selbst-Wert-Erhöhung) zu machen? Klärungs-Themen Welche Bedeutung haben folgende Themen für Entwicklungs-Begleitung und wie hängen sie zusammen? Zustandekommen von Veränderungen im Verhalten/ Handeln als Tun und Unterlassen Erleben als LeibEmpfinden, Fühlen und Denken im Hierund-Jetzt EntwicklungsBegleitung Selbst-WertGefühl Welche Theorie- und Wissens-Bestände sind vereinbar miteinander und ergänzen sich wechselseitig? PEB Konzept einer psychologischen Entwicklungs-Begleitung Entwicklung Differenzierung Integration grundlagenwissensschaftliche Psychologie psychologische Psychotherapie PsychotherapieForschung PEB Entwicklung geschieht in Phasen der Differenzierung und Integration. Psychotherapie hat eine lange Phase der Differenzierung hinter sich, hat immer mehr Therapie-Konzeptionen und Therapie-Methoden hervorgebracht. Diese Vielfalt hat einen Grad erreicht, an dem sie dysfunktional geworden ist. Der Differenzierungs-Grad ruft nach Integration. Entwicklungs-Begleitung u. a. als Psychotherapie braucht eine neue theoretische Grundlage, die in ihrer Reichweite über die Grenzen der einzelnen Therapie-Ansätze hinausgeht, um das erreichte Differenzierungs-Niveau produktiv nutzen zu können. Diese neue theoretische Grundlage soll die bisherigen Grundlagen der therapeutischen Ansätze nicht integrieren, sondern ablösen. Psychologische Psychotherapie und Entwicklungs-Begleitung ist nicht abschließend definiert. Sie ist immer in Entwicklung begriffen, weil sie definiert ist durch den engen Bezug auf den Forschungs-Gegenstand klinische der grundlagenwissenschaftlichen Psychologe, Pscho der Psychotherapie-Forschung und logie/ der klinischen Psychologie/Psychiatrie. Psychiatrie Fügt man „Psycho“-Therapie „logos“ hinzu, den Stand der Wissenschaft, sollte sie gefeit sein gegen therapieschulartige Verkrustungen. Kompetenz und Funktionen von Entwicklungs-Begleitenden allgemein empirisch fundierte WirkPrinzipien biologische Parameter Störung PersönlichkeitsMerkmale LebensSituation störungsspezifisch Kenntnis psychischen Funktionierens EntwicklungsGeschichte PEB Entwicklungs-Begleitende sollten grundsätzlich ihr Vorgehen aus einer guten Kenntnis des allgemeinen und störungsspezifischen psychischen Funktionierens heraus sowie auf der Grundlage empirisch fundierter allgemeiner und störungsspezifischer Wirk-Prinzipien planen. Zu den individuellen Besonderheiten einer Unterstützung und Entwicklung suchenden Person gehören neben den besonderen Ressourcen (Stärken, Lebens-Erfahrungen, Begabungen, Persönlichkeits-Merkmalen, Wert-Haltungen etc.) auch die spezifischen Störungen seines Seelen-Lebens. Deshalb muss eine personenorientierte statt methodenorientierte Entwicklungs-Begleitung immer zugleich auch störungsspezifisch sein, allerdings ohne die Person damit auf ihre Störungen zu reduzieren und ohne allein die Störungen „zu beseitigen“. Es geht darum, mit der Eigendynamik psychischer Störungen hinreichend vertraut zu sein, um die Rat-Suchenden bei der Unterbrechung dieser Eigendynamik unterstützen zu können. Dabei muss jede psychische Störung vor dem Hintergrund einer besonderen psychosozialen Konstellation verstanden werden, in die Entwicklungs-Geschichte, Lebens-Situation, Persönlichkeits-Merkmale sowie biologische Rahmen-Bedingungen der Person eingehen. Was macht eine kompetente Entwicklungs-Begleit-Person aus Entwicklungs-Begleitende sollten 1. ressourcenorientiert wahrnehmen, denken und handeln lernen 2. prozessorientiert wahrnehmen, denken und handeln lernen 3. zu Beziehungs-Expert/-innen werden 4. zu Störungs-Expert/-innen werden 5. zu Expert/-innen für die motivationale Dynamik des psychischen Geschehens werden 6. bewältigungs- und klärungsorientiert intervenieren können 7. die Möglichkeiten verschiedener interpersonaler Settings nutzen lernen 8. Lernen, ihr Vorgehen von einem Fall-Verständnis abzuleiten und zu begründen 9. mehrdimensional wahrnehmen, denken und handeln lernen PEB Motivation Wirkung von Entwicklungs-Begleitung: drei Kompetenzen Kompetenz der Psycholog/-innen und Didaktiker/innen Kompetenz der Praktizierenden Kompetenz der WirkungsForschenden PEB Eine psychologisch fundierte Entwicklungs-Begleitung meint Heilen mit psychologisch begründeten seelischen Mitteln. Was sich als geeignet erwiesen hat, seelische Prozesse wirksam zu verändern, gehört zu den potenziellen Mitteln einer psychologischen Entwicklungs-Begleitung als Coaching, Bildungs-Förderung, Beratung oder Psychotherapie. Psychologisch fundiert ist eine Entwicklungs-Begleitung dann, wenn man nicht nur weiß, dass sie wirkt, sondern auch weiß, wie sie wirkt. Man braucht drei Kompetenzen, um die Wirkungs-Weise von Entwicklungs-Begleitung zu verstehen und dieses Verständnis für Begleitung zu nutzen: 1. die Kompetenz der Praktizierenden von EntwicklungsBegleitung 2. die Kompetenz der Wirkung von Psychotherapie, GruppenDynamik und Pädagogik Erforschenden 3. die Kompetenz der grundlagenwissenschaftlichen Psycholog/-innen und Didaktiker/-innen Nur aus einem sich gegenseitig befruchtenden Austausch dieser drei Kompetenz-Bereiche kann eine psychologisch fundierte Entwicklungs-Begleitung entstehen. Perspektiven-Vielfalt PEB Störungs-Perspektive, z. B. des ICD Es ergeben sich störungsspezifische Ordnungs-Muster im Sinne von psychopathologischen Syndromen BeziehungsPerspektive Es werden interpersonale OrdnungsMuster therapeutischen Handelns, also die Beachtung zwischenmenschlichen Verhaltens nahegelegt. Für Entwicklungs-Begleitung relevant sind diese perspektivenspezifischen Bedeutungs-Welten nur, wenn eine Verbindung zu einem allgemein als relevant akzeptierten Bewertungs-Kriterium außerhalb dieser Wirklichkeits-Konstruktionen hergestellt wird und wenn sich zwischen den Ordnungs-Mustern auf Seiten der Entwicklung suchenden Personen und denen therapeutischen Handelns überzufällige, wiederholbare Zusammenhänge oder Gesetzmäßigkeiten zeigen. Konfliktdynamische Perspektive Unbewusste OrdnungsMuster aus Wünschen, Befürchtungen und AbwehrMechanismen schälen sich heraus. Problemlöse-Perspektive Ressourcen-Perspektive Das therapeutische Handeln richtet sich auf verbesserte Intentions-Realisierung und HandlungsKontrolle aus Die Interventionen orientieren sich an den intraund interpsychischen Potenzialen der Rat suchenden Personen. Entscheidungen über die Priorität von Perspektiven müssen personenabhängig getroffen werden. Personen können wesentlich wirkungsvoller begleitet, bestehende therapeutische Möglichkeiten können in Betracht gezogen und ausgeschöpft werden, wenn Begleitende sich in diesen Perspektiven auskennen und geschickt darin agieren können. Integration von Klärungs- und RealisierungsVorgehen (K+R) Klärungs- und/oder Bewältigungs-Orientierung Eigendynamik psychischer Störungen am Beispiel der Agoraphobie Handlungs-Phasen-Modell Nutzung aller Handlungs-Phasen PEB Klärungs- und/oder Bewältigungs-Orientierung K+R Klärungs- und Persönlichkeits-Orientierung Bewältigungs-, Störungs-, Problem(vorintentionale Realitäts-Orientierung und Lösungs-Orientierung (nachintentionale Intentions-Veränderung) Realisierungs-Orientierung) Besserung des allgemeinen physischen, psychischen und sozialen Wohlbefindens durch motivationale Klärung Besserung der Symptomatik durch zielgerichtete Interventionen im Handlungs-Bereich Beispiele: Beispiele: Gesprächs-Psychotherapie Gestalt-Therapie Prozess-Erfahrungs-Ansatz Psychoanalyse Verhaltens-Therapie, z. B. als ExpositionsTherapie Hypnotherapie Entspannungs-Verfahren Stärkung des Realisierungs-Willens Hinterfragung der Gefühl-, Wunsch- und Bedürfnislosigkeit und Klärung der Konflikte Erwerb/Training von Fähigkeiten samt zwischen Wünschen und Befürchtungen Erweiterung des Verhaltens-Repertoires zur Verwirklichung der Intention/Ziele Erkennen von und abwägen und wählen (Handlungs-Orientierung) zwischen Alternativen Eine Therapie, die nicht auf die Behandlung Eine realisierungsorientierte Therapie kann weitreichende Intentionsder vorherrschenden Symptomatik Veränderungen und Einsichten bewirken, ausgerichtet ist, kann auch zu sehr wie sie bei klärungsorientierten Therapien deutlichen Symptom- und Befindlichkeitsangestrebt werden. Verbesserungen führen, die denen einer störungsspezifischen Behandlung kaum nachstehen. Eigendynamik psychischer Störungen am Beispiel der Agoraphobie K+R Der Entwicklung einer Agoraphobie geht meist das Erleben einer Serie von Panik-Anfällen voraus, wobei dies Erleben ein sehr unangenehmer Zustand ist, den man mit Recht fürchten kann. Das Erleben beginnt mit physiologischen Sensationen (Leib-Empfindungen), die in sich schon sehr unangenehm sein können, aber für sich allein noch keine Panik auslösen müssen wie Schwindel, Herzklopfen und das Gefühl, keine Luft mehr zu kriegen. Die Person fürchtet sich künftig vor solchen Zuständen und beginnt alles zu tun, was dazu beitragen kann, sie zu vermeiden. Die Person interpretiert künftig schon Gefühle mittlerer Angst als Vorboten einer PanikAttacke und reagiert darauf so mit starker Angst, dass der gefürchtete Panik-Anfall fast mit Sicherheit eintritt. Solche das Schlimmste befürchtende Kognitionen kommen bei Agoraphobikern viel häufiger vor als bei normalen Personen. So geraten die Personen in einen Teufels-Kreis (negative Rückkoppelungs-Schleife), bei dem sich selbst erfüllende Prophezeiungen eine störungsspezifische Rolle spielen. Es geht darum, die katastrophisierenden Kognitionen durch realitätsgerechtere zu ersetzen und die übermäßige Aufmerksamkeit auf Leib-Empfindungen herabzusetzen. physiologische Sensationen interpretiert als Angst-Vorboten Befürchtung einer Panik-Attacke Reaktion mit starker Angst PanikAnfall Handlungs-Phasen-Modell K+R Das Handlungs-Phasen-Modell beschreibt den Prozess vom Wünschen über das Wählen zum Wollen und Tun Stärkung der Wünschbarkeit in Richtung Tun (z. B. über die WunderFrage) und Unterlassen (Was, wenn nicht?) und um Klärung der Realisierbarkeit Die Stärke des Wollens ergibt sich aus dem Produkt von Wünschbarkeit (Wert) und Realisierbarkeit (Erwartung) Wünschen und Befürchten Alternativen, Abwägung und Wahl/ Zielsetzung präaktionale Phase mit Erwerb notwendiger Fähigkeiten zur Realisierung Hier geht es um IntentionsRealisierung, also um den Kontroll-Modus der HandlungsOrientierung als VerwirklichungsBereitschaft Handeln als Tun und als Unterlassen, z. B. als Unterlassen von Vermeidungen Motivation aus Evaluation Intentions-Deaktivierung Hier geht um Konflikte in Hinblick auf Widersprüche zwischen sowie Erlaubnis und Ausdruck von Bedürfnissen, vor allem der, die nur oder besser in interaktionellen Kontexten zu befriedigen sind, einschließlich der dazugehörigen Gefühle Volition als Handeln Intentions-Initiierung Volition als Entscheiden Intentions-Bildung prozessuale Motivation Intentions-Klärung inhaltliche Motivation Die Art der BewältigungsErfahrung hat erheblichen Einfluss auf die künftige IntentionsBildung Bewerten: erfolgreich? nützlich? Problem gelöst? mehr Wohlbefinden? weniger Symptome? Nutzung aller Handlungs-Phasen K+R Wahrscheinlich kann einem großen Teil derjenigen Rat und Unterstützung suchenden Personen, die bei verschiedenen Therapie-Methoden jetzt noch keinen guten Entwicklungs-Fortschritt oder Therapie-Erfolg erreichen, besser geholfen werden, wenn Entwicklungs-Begleitende regelmäßig das gesamte Spektrum des HandlungsPhasen-Modells – von ihrem äußersten linken bis zum äußersten rechten Rand – im Auge hätten und alle darin enthaltenen therapeutischen Möglichkeiten nutzten. Wünschen und Befürchten Alternativen, Abwägung und Wahl/ Zielsetzung Klärungs-Orientierung mit der Perspektive: Intentions-Veränderung präaktionale Phase mit Erwerb notwendiger Fähigkeiten zur Realisierung Handeln als Tun und als Unterlassen, z. B. als Unterlassen von Vermeidungen Bewerten: erfolgreich? nützlich? Problem gelöst? mehr Wohlbefinden? weniger Symptome? Bewältigungs-Orientierung mit der Perspektive: Intentions-Realisierung Es geht darum, situations- und personengerecht flexibel von einem bewältigungsorientierten Vorgehen auf ein klärungs-orientiertes Vorgehen umschalten zu können und umgekehrt. Zusammenspiel bewusster und unbewusster Prozesse (buP) Wahrnehmung, Lernen, Gedächtnis Bewusste und unbewusste Prozesse Rationales und intuitives Erleben Eisberg-Modell Selbst und Selbst-Bild Wahrnehmen und Verhalten regulieren Wahrnehmung und Ziele Annäherungs- und Vermeidungs-Intentionen Unbewusste simultan-parallele Prozesse System-Ebene als Ebene des Selbst Konsistenz oder Konflikt PEB Wahrnehmung, Lernen, Gedächtnis (WLG) Wahrnehmung und Gedächtnis 1 Wahrnehmung und Gedächtnis 2 Wahrnehmung und Gedächtnis 3 Keine Wahrnehmung ohne Erwartung Erinnerung als Konstruktions-Prozess Formen des Langzeit-Gedächtnisses Explizites und implizites Gedächtnis Implizites Wahrnehmen und Lernen Lernen und Gefühle Lernen und Ziele buP Wahrnehmung und Gedächtnis 1 WLG Durch Bahnung der Verbindungen in räumlich verteilten neuronalen Netzen entstehen Wahrnehmungs- und Handlungs-Bereitschaften. Die leichtere Aktivierbarkeit eines u. a. durch Synchronizität zusammengebundenen ErregungsMusters können wir als Gedächtnis bezeichnen. Gedächtnis ist die Summe aller Erwartungen. ErregungsMuster im Gedächtnis tatsächliche UmgebungsBedingungen tatsächlich entstehende Wahrnehmung Wahrnehmung wird aufgrund des als Gedächtnis-Inhalt bereitliegenden Erregungs-Musters „konstruiert“ (konstruktivistische Sicht der Wahrnehmung), wobei die tatsächlichen Umgebungs-Bedingungen gemeinsam mit vorgebahnten Erregungs-Mustern auf die tatsächlich entstehende Wahrnehmung Einfluss nehmen. Diese neuronal vorgebahnten ErregungsBereitschaften wären das, was von Piaget als Schema bezeichnet wurde. Der Konstruktions-Prozess der Wahrnehmung, in den zusätzlich die durch die Sinne gemeldeten tatsächlichen Umgebungs-Bedingungen eingehen, wäre das, was Piaget mit Assimilation meinte. Wahrnehmung und Gedächtnis 2 tatsächliche UmgebungsBedingungen tatsächlich entstehende Wahrnehmung Innenwelt = Außenwelt WLG Je leichter wir Wahrnehmungen auf der Grundlage unseres Gedächtnisses aktiv konstruieren, umso mehr erscheint uns das Wahrnehmungs-Objekt unmittelbar gegeben, als etwas, das in der Umwelt vorhanden ist und durch unsere Sinnes-Organe in uns einströmt. Diese Paradoxie durchzieht unser Seelen-Leben auf allen seinen Stufen. Je selbstverständlicher wir unsere übergeordneten Intentionen an die Umgebung herantragen, desto mehr neigen wir dazu, diese als Anforderungen seitens der Umgebung wahrzunehmen. Unsere Sinnes-Organe blenden vieles aus, was in der Außenwelt passiert. Umgekehrt enthält unsere Wahrnehmungs-Welt auch ihrem Inhalt nach sehr vieles, was keinerlei Entsprechung in der Außenwelt hat. Insbesondere gehören hierzu das Farb- und Perspektiven-Sehen, alle Kategorien und Begriffe, mit denen wir die Welt – bewusst oder unbewusst – ordnen, alles Bedeutungshafte in unserer Wahrnehmung (die Ereignisse in der Umwelt sind an sich bedeutungslos), Aufmerksamkeit, Bewusstsein, Ich-Identität, Vorstellungen, Denken und Sprache. Wir wenden diese hochkomplexen Konstrukte auf die Welt an. Sie sind ihr aber nicht entnommen. Wahrnehmung und Gedächtnis 3 Phylogenetische Konstruktion der menschlichen Mechanismen als Gedächtnis im weiteren Sinne (epi-) genetisches oder Stammes-HerkunftsGedächtnis Gedächtnis im engeren Sinne als Ergebnis von Lernen – frühkindlich und im Erwachsenen-Alter 2 Stufen der Wahrnehmung vorbewusste Verarbeitung fokale Aufmerksamkeit WLG Das Gedächtnis ist das Bindungs-System für die Einheit der Wahrnehmung, ist damit unser wichtigstes Sinnes-Organ. Dies gilt für alle Wahrnehmungs-Inhalte, die nicht bereits durch Konstruktion der Sinnes-Organe und der phylogenetisch, also bei der Art-Entwicklung erworbenen Mechanismen zusammengefügt werden (auch dies ist eine Art Gedächtnis), sondern deren Zusammengehören frühkindlich oder im Erwachsenen-Alter erlernt werden muss. In das Gedächtnis geht das Ergreifen der Welt durch Handeln, die erlebte Koinzidenz und Folgerichtigkeit von Ereignissen als „Erfahrung“ ein (einschließlich stammesgeschichtlicher Erfahrung). Mindestens zwei Stufen der Wahrnehmung sind zu unterscheiden: eine präattentive (vorbewusste) Verarbeitung der ReizEinwirkungen ohne die Qualität bewusster Aufmerksamkeit, z. B. im Schlaf, und eine wesentlich seltenere Phase der fokalen Aufmerksamkeit, die im Sinne einer „figuralen Synthese“ den bewusst wahrgenommenen Inhalt erzeugt. Keine Wahrnehmung ohne Erwartung WLG Es gibt zwei große Quellen der Information: 1. was wir uns während unseres Lebens aneignen. Wir formen unsere lebensgeschichtlichen Erfahrungen unentwegt in Erwartungen um, die wir wiederum an die Umgebung herantragen. Lebensgeschichtlich erworbene Postulate sind Software-Erwartungen, d. h. sie können umprogrammiert werden. Mit psychologischen Mitteln verändert werden kann nur dieses Gedächtnis im engeren Sinne. 2. was durch (epi-) genetische Vererbung erworben ist. Das implizite Wissen – wobei hier eine weiter Begriff von Wissen einschließlich der Bedürfnisse und des darauf bezogenen Bewertungs-Systems, der Emotionen, gemeint ist und sich nicht nur auf kognitive Vorgänge bezieht – unseres Organismus reicht weit über das Wissen hinaus, was wir auf seiner Grundlage erwerben. Auch unsere Bedürfnisse sind Erwartungen an die Umgebung im Dienste der Erhaltung und Reproduktion des Organismus. Die Beschaffenheit unseres Körpers, seiner Organe, unseres Nerven-Systems ist gewissermaßen eine Erwartung an oder Hypothese über die Umwelt, die durch Selektion beantwortet wird. Der Organismus kann als ganzer als implizite Theorie über die Welt angesehen werden. In der Evolutions-Geschichte sind der heutigen impliziten Welt-Theorie des menschlichen Organismus Abermillionen Theorien vorausgegangen. Die Funktions-Weise unseres Nerven-Systems kann als eine Erwartung an die Umwelt, als ein Satz von Annahmen darüber angesehen werden, wie die Welt beschaffen ist, was von ihr zu erwarten ist und was in ihr erreicht werden kann. Erinnerung als Konstruktions-Prozess WLG Erinnerung ist als aktiver Konstruktions-Prozess aufzufassen. Sie ist kein getreues Abbild dessen, was gewesen ist, sondern ein Produkt aus dem, was ursprünglich einmal wahrgenommen wurde und den Einflüssen der aktuellen Situation, in der die Erinnerung stattfindet. subjektive Interpretation damals tatsächliches Geschehen Was eine Unterstützung und Entwicklung suchende Person über ihre Lebens-Geschichte sagt, wäre als dreifache Transformation des ursprünglichen Geschehens anzusehen: 1. Das Geschehen wäre transformiert durch seine subjektive Interpretation zum damaligen Zeitpunkt, die nicht mit dem „objektiven“ Geschehen übereinstimmen muss. 2. Das Geschehen wäre beeinflusst durch die Funktion, die der gegenwärtige Bericht im Rahmen ihrer Selbst-Darstellung der begleitenden Person gegenüber hat. 3. Das Geschehen wäre transformiert durch die Beeinflussung der Erinnerung durch den gegenwärtigen Kontext. Was über Erinnerungen gesagt ist, gilt für Kognitionen ganz allgemein. Sie sind nur zum Teil Widerspiegelungen dessen, was ist oder war. Sie sind gleichzeitig Interpretationen im Sinne der aktuellen Intentionen und sie steuern das Verhalten im Sinne dieser Intentionen. Formen des Langzeit-Gedächtnisses (LG) WLG Einflüsse auf das Gedächtnis beeinflussen die Grundlage für Erleben und Verhalten. Statt von Gedächtnis-Prozessen könnte man auch von Lern-Prozessen sprechen. ArbeitsGedächtnis LangzeitGedächtnis Das Miteinander von bewussten und unbewussten Prozessen und die Verknüpfung von perzeptuellen und konzeptionellen Gedächtnis-Spuren ist nicht nur die Grundlage des Entscheidens, sondern des höheren Lernens überhaupt. assoziatives Lernen nicht-assoziatives Lernen Habituation: Reaktion wird schwächer Sensibilisierung: Reaktion wird stärker Es gilt, implizitunbewusste und konzeptuellbewusste psychische Prozesse in einheitlicher Sicht-Weise zu verbinden. nicht-deklarativ / implizit / perzeptuell / automatisch/ unbewusst, d. h. nicht mit bewusstem Erinnern verbunden/ assoziative Reaktions-Funktionen deklarativ / explizit / konzeptionell / bewusst / Erinnerung nicht modalitäts-spezifisch episodisch: Biografie retrospektiv: vergangene Ereignisse semantisch: Fakten prospektiv: Behalten von Plänen und Absichten prozedurales Lernen Fertigkeiten (skills) implizites RegelLernen Priming/ Bahnung konzeptionell / bewusst perzeptuell / unbewusst Konditionieren klassisch operant: belohnen und bestrafen Wir müssen davon ausgehen, dass ein komplexer Einfluss wie die Entwicklungs-Begleitung immer Auswirkungen auf mehrere Gedächtnis-Arten gleichzeitig hat und dass dabei ablaufende Prozesse sich gegenseitig beeinflussen. Explizites und implizites Gedächtnis WLG Explizites Gedächtnis Implizites Gedächtnis Es werden Bedeutungen gespeichert Perzeptuelle Repräsentationen, präattentive unabhängig von der Sinnes-Modalität, Wahrnehmungen, also solche, für die nie durch die sie aufgenommen wurden. bewusste Inhalte gebildet wurden, können Ein geschrieben gelernter Inhalt wird, nur „bottom up“ und nicht „top down“, also z. B. auch durch Hören wiedererkannt. nicht intentional aktiviert werden. Die Erinnerungs-Leistung hängt vor allem Sie sind dauerhaft und bei entsprechender von der Verarbeitungs-Tiefe beim datengetriebener Reaktivierung auch noch Einprägen ab, z. B. behält man einen Text lange Zeit verhaltenswirksam. besser, wenn man ihn gut verstanden, Diese Gedächtnis-Spuren sind an die d. h. mit vorhandenen Gedächtnis-Inhalten Sensorik des jeweiligen Sinnes-Systems in Beziehung gesetzt hat. gebunden, in der die Reiz-Reaktions Es werden bevorzugt solche Inhalte Koppelung stattgefunden hat, deshalb erinnert, die bei ihrer Einprägung mit modalitätsspezifisch und kaum transferabel. einem ähnlichen motivationalen und Alle Inhalte des impliziten Gedächtnisses und emotionalen Zustand verbunden waren damit die Grundalgen des Großteils (zustandsabhängiges Lernen oder unbewusster Prozesse können also nur Kontext-Sensitivität), z. B. werden in prozessual aktiviert und reaktiviert werden, gehobener Stimmung Inhalte leichter aber nicht über inhaltliche Thematisierung. erinnert, die man bei gehobener Stimmung Wenn Inhalte des perzeptuellen aufgenommen hat. Gedächtnisses bottom-up prozessual Das macht den Wert der dialogischen reaktiviert wurden, können darüber Inszenierungen unter Einbeziehung des konzeptionelle Inhalte gebildet werden. Leib-Erlebens aus (Biodrama). Der umgekehrte Weg ist nicht möglich. Implizites Wahrnehmen und Lernen WLG Implizite Gedächtnis-Inhalte nehmen Einfluss auf unsere Wahrnehmungen, unsere Emotionen und unser Verhalten, aber sie können nicht in komplexere Denk- und Bereitschaften Planungs-Prozesse einbezogen werden und deshalb auch zu emotionalen nicht - wie die Inhalte des konzeptionellen Gedächtnisses Reaktionen willentlich genutzt werden. impli Implizites Lernen ist nicht Lernen zweitrangiger oder zites nebensächlicher Art. In mancher Hinsicht ist das implizite Lernen Lernen dem konzeptionellen Lernen überlegen. Seine von simultane Verarbeitungs-Kapazität ist viel größer und es ist weniger störanfällig. Die Tatsache, dass Menschen, die von psychischen Störungen betroffen sind, auf das ihre Störung charakterisierende Erleben und Verhalten in der Regel keinen intentionalen Einfluss nehmen können, spricht dafür, Lernen hängt nicht nur von dass das implizite Gedächtnis als Grundlage dieser Reiz-Einwirkungen aus der Störungen eine wesentliche Rolle spielt. Umgebung ab, sondern von der Dies hat erhebliche Konsequenzen für EntwicklungsLern-Bereitschaft, d. h. von den Begleitung. vorgebahnten neuronalen Erregungs-Mustern. Um Kontrolle über implizite Prozesse zu bekommen, Was uns interessiert, nehmen müssen sie erst modalitätsspezifisch aktiviert und in diesem wir mühelos in unser aktivierten Zustand zum Gegenstand bewusster Gedächtnis auf. Aufmerksamkeit werden. Was uns langweilt, müssen wir Es ist also nicht so, dass keine Kontrolle über diese vielfach wiederholen, bis es Zustände möglich ist, aber die Kontrolle muss einen Umweg Gedächtnis-Besitz wird. über eine vorherige prozessuale Aktivierung nehmen. Lernen und Gefühle Assoziationen wiederkehrende Wahrnehmungen Bereitschaft für bestimmte Emotionen ähnliche Wahrnehmungen WLG Mit emotionalen Attraktoren sind solche emotionalen Zustände gemeint, die zusätzlich zu den zielorientierten Intentionen einen bestimmenden Einfluss auf das psychische Geschehen nehmen. Beim Lernen – jedenfalls beim Lernen unter natürlichen LebensBedingungen – spielen Gefühle eine sehr wichtige Rolle sowohl im Hinblick auf das Bereitmachen für oder die Abwehr von neuen LernErfahrungen als auch im Hinblick auf den Erwerb von GefühlsReaktionen selbst. Auch die Bereitschaften für bestimmte Gefühle sind Teil des Gedächtnisses. Emotionen sind stete Begleiter des psychischen Geschehens. Sie haben eine wichtige Funktion als Korrelat, als ergänzende Wechselbeziehung von Inkongruenz-Signalen, von Diskrepanzen zwischen Intentionen und Wahrnehmungen beim Verfolgen von Intentionen, wenn also – in der Sprache der Kontroll-Theorie – bestimmte Soll-Werte nicht eingehalten werden. Wechselseitige Aufschaukelungs-Prozesse von Wahrnehmungen und Emotionen liegen mit großer Wahrscheinlichkeit psychischen Störungen wie Ängsten und Depressionen zugrunde. Wenn eine emotionale Reaktions-Bereitschaft sehr stark vorgebahnt ist, reichen kleine Ereignisse aus, um den betreffenden emotionalen Zustand hervorzurufen. Dieser Zustand hat wegen der positiven RückkoppelungsProzesse eine sich selbst aufrechterhaltende und verstärkende Tendenz. Lernen und Ziele WLG Lernen ist normalerweise in einen motivationalen Kontext eingebettet und findet einer selbstbestimmten Eigenaktivität des Individuums statt. Entwicklungs-Begleitung hat diese Tatsache durch kooperative, angebotsoffene und emanzipatorische Konzeption der Entwicklungs-Prozesse zu berücksichtigen. Psychische Aktivität ist immer von Zielen bestimmt. Auch Lernen, also das Umorganisieren und Bilden neuer Gedächtnis-Inhalte beim komplexeren Lernen erfolgt immer unter dem Einfluss und im Dienste von Zielen. Komplexes Lernen ist das Entstehen neuer, komplexerer neuronaler Erregungs-Muster. Ziele und Ziel-Kriterien kann man sich als neuronale Erregungs-Muster, also als Schemata vorstellen. Durch „Emergenz“ neuer, komplexerer neuronaler Erregungs-Muster entstehen neue Qualitäten des psychischen Funktionierens. Erregungs-Muster höherer Ordnung, also Meta-Kognitionen, können die Muster niedrigerer Ordnung einbinden. Diese arbeiten nach ihrer Etablierung auf den Erregungs-Mustern, aus deren kombinierter Aktivität sie entstanden sind und binden diese in einen neuen Zusammenhang ein. Ein großer Teil dessen, was in Entwicklungs-Begleitung gelernt wird, ist dieser komplexeren Form des Lernens zuzurechnen, die immer einen Bezug auf Ziele des betreffenden Individuums hat. Wird Entwicklungs-Begleitung in einem abstrakten Sinne als Verändern von GedächtnisInhalten, dann gehören zu den Gedächtnis-Inhalten auch die Ziele des Individuums und die Relationen der Ziele zu den von ihnen bestimmten Prozessen. Wegen ihrer zentralen funktionalen Rolle im psychischen Geschehen muss jede Intervention darin die jeweils aktivierten Ziele berücksichtigen. Bewusste und unbewusste Prozesse buP Sobald man außer einem bewussten auch einen nicht bewussten Funktions-Modus der psychischen Aktivität annimmt, braucht man Konzepte über das Verhältnis der Funktions-Modi zueinander. Das Zusammenspiel von unbewussten oder impliziten und bewussten oder expliziten psychischen Prozessen hat größte Bedeutung sowohl für das Verständnis psychischer und psychosomatischere Störungen als auch für das Verständnis der Prozesse, die während einer EntwicklungsBegleitung ablaufen. bewusster, expliziter Funktions-Modus Verhältnis Bewusste Prozesse explizit (Gedächtnis-Forschung) attentiv/bewusst (Wahrnehmungs-Forschung) digital-verbal (Kommunikations-Forschung) konzeptuelle Interpretations-Funktion unbewusster, impliziter Funktions-Modus Unbewusste Prozesse implizit präattentiv/vorbewusst analog-nonverbal assoziative Reaktions-Funktion Rationales und intuitives Erleben Rationales System analytisch logisch (begründungsorientiert) (Was ist einsehbar?) Verhaltens-Regelung über bewusste Bewertung von Ereignissen Die Realität wird in abstrakte Symbole (Wörter und Zahlen) gefasst Langsamerer Vorgang: an der zurückliegenden Aktion orientiert Schnelle Veränderung mit der Geschwindigkeit von Gedanken Lernen aus symbolischer Abbildung der Erfahrungen Höher differenziert und integriert Aktiv und bewusst erkundet: Wir kontrollieren unsere Gedanken. Erfordert Rechtfertigung durch Logik in Verbindung mit Offensichtlichkeit buP Intuitives Erlebens-System ganzheitlich emotional (lust- oder unlustorientiert) (Was fühlt sich gut an?) Verhaltens-Regelung über „Schwingungen“ aus früheren Erfahrungen Die Realität wird in konkrete Bilder und Metaphern gefasst Schneller Vorgang: an der gegenwärtigen Aktion orientiert Nur langsame Veränderung durch oft wiederholte Erfahrungen – direkt oder indirekt Erfahrungs-Lernen Grob differenziert und integriert Vorbewusst und passiv erlebt: Wir sind von Gefühlen in Besitz genommen. Offensichtlich gültig: Zu erleben heißt zu glauben Eisberg-Modell buP Das rationale System kann vom Konkreten abstrahieren, sich von den Situationen lösen und damit verzögertes, genaues Planen ermöglichen. explizitrationalbewusste Prozesse Beide Systeme sind gleichzeitig aktiv. implizitvorbewusste Prozesse unbewusste Prozesse Man kann beide Systeme kombinieren. Das implizite System ist in einer ganzheitlichen Weise auf konkrete Situationen und Erfahrungen bezogen ermöglicht auf einfachem Niveau ohne viel Aufwand ein sehr schnelles, aber dafür nicht genaues Reagieren ist auf höherem Niveau (je größer die Erfahrungen in einem Bereich sind) eine Quelle intuitiver Weisheit und Kreativität Selbst und Selbst-Bild Selbst Selbst-Bild Das Selbst-Bild ist Teil des konzeptuellen Systems. Es ist das, was die Person glaubt zu sein, was sie über sich denkt. schöpft aus den im konzeptuellen Gedächtnis verfügbaren Inhalten. buP Das Selbst ist die persönliche Realitäts-Theorie, die Theorie über die Welt, die sich phylogenetisch im Laufe der Evolution und ontogenetisch als Erfahrungen des Individuums im Gedächtnis herausgebildet hat. Das Selbst ist die Theorie eines Menschen darüber, was er tun muss und tun kann, um in der Welt, in der er lebt, die Bedürfnisse zu erfüllen, die jedem durch seine Eigenart als Mensch vorgegeben sind. Bestandteile dieser Theorie sind grundlegende deskriptive und motivationale Postulate, die aus emotional bedeutsamen LebensErfahrungen abgeleitet wurden. Das Selbst ist also die Summe der Überzeugungen eines Menschen, die ihn selbst und die Welt betreffen, und seiner motivationalen Schemata. Die motivationalen Schemata, die ein Mensch entwickelt, sind seine implizite Theorie darüber, was er tun muss, um seinen Bedürfnissen gerecht zu werden. Diese motivationalen Schemata sind ein Produkt aus den Bedürfnissen und der Beschaffenheit der Lebens-Umgebung, in die ein Kind hineingeboren wurde. Mit dem Selbst als Realitäts-Theorie ist das implizite Gedächtnis gemeint. Das implizite Selbst ist dem Selbst-Bild vorgeordnet. Das Selbst muss nicht mit dem Selbst-Bild übereinstimmen. Es ist in der Entwicklungs-Begleitung wichtig, sich auf die Veränderung des impliziten Selbst der Rat suchenden Person auszurichten und nicht so sehr darauf, was sie über sich denkt. Wahrnehmen und Verhalten regulieren buP Was wir wahrnehmen, ist wesentlich davon bestimmt, was wir an die Umgebung herantragen. 9. Regulations-Ebene: System – Konsistenz- oder Stimmigkeits-Erwartungen des Selbst werden vorgegeben, die durch Verhalten erfüllt werden sollen Verhalten will eine von Zielen bestimmte WahrnehmungsQualität herstellen. Darum wird der sensorische Input mit der erwarteten Wahrnehmung verglichen. 8. Regulations-Ebene: Prinzip - intentionale oder Vermeidungs-Schemata, LeitMotive, Lebens-Skripte, Glaubens-Sätze, z. B. Sei ein netter Mensch 7. Regulations-Ebene: Programm (Integration der Signale zu bewussten Handlungs-Programmen), z. B. Biete deinen Gästen etwas zu trinken an 6. Regulations-Ebene: Beziehung (zwischen wahrgenommenen Sachverhalten), z. B. Fülle Kaffee-Pulver in die Kaffee-Maschine 5. Regulations-Ebene: Sequenz (Invarianz: zeitliche Reihenfolge), z. B. Fülle den Messlöffel mit Kaffee-Pulver 4. Regulations-Ebene: Veränderung (Bewegungs-Wahrnehmung), z. B. Tauche den Messlöffel in die Kaffee-Dose Analyse des sensorischen Inputs sensorischer Input 3. Regulations-Ebene: Konfiguration/Muster (invariante Beziehungen zwischen Empfindungen), z. B. Hand soll den Messlöffel umfassen 2. Regulations-Ebene: Empfindung (Transformation der IntensitätsSignale in Wahrnehmungs-Qualität), z. B. Greifen Effekt auf Umwelt 1. Regulations-Ebene: Intensitäts-Signale (mehrere neuronale Signale), z. B. Muskel-Anspannungen Wahrnehmung und Ziele buP Die gesamt psychische Aktivität ist darauf ausgerichtet, Ist-Soll-Diskrepanzen zu verringern oder zu vermeiden. Realität Ziele Wahrnehmung Die gesamte psychische Aktivität ist darauf ausgerichtet, Wahrnehmungen im Sinne bestimmter Ziele herbeizuführen. Wir leben in einer von uns selbst erzeugten Welt. Eine andere Welt gibt es für uns nicht. Es gibt zwar eine von unserer Existenz unabhängige Welt mit physikalischen und chemischen Gesetzmäßigkeiten. Aber wir leben in einer Erfahrungs-Welt, die unsere Signal-Verarbeitung aus den physikalischen und chemischen Einwirkungen auf unseres Sinnes-Organe macht. Die in der Hierarchie unteren Regulations-Ebenen sind einerseits Voraussetzung für die höheren Regulations-Ebenen. Diese Beziehung, dass die Prozesse auf der höheren Ebene diejenigen auf der unteren Ebene voraussetzen, gilt auch aktualgenetisch. Annäherungs- und VermeidungsIntentionen 9. System 8. Prinzip 7. Programm 6. Beziehung 5. Sequenz 4. Veränderung 3. Konfiguration 2. Empfindung 1. Intensität buP Meistens werden Handlungen auf der Programm-Ebene identifiziert. Trotzdem kann man auf die Frage, warum oder wozu man das tut, was man gerade auf der Programm-Ebene identifiziert hat, oft auf Anhieb beantworten. Man hat ein Konzept dieser übergeordneten Intention und kann sie sich ins Bewusstsein rufen. Dies gilt für Intentionen, die darauf ausgerichtet sind, bestimmte Wahrnehmungen herbeizuführen, also für Annäherungs-Intentionen, die vor allem unter der Ressourcen-Perspektive wichtig sind. Unter der Problem-Perspektive sind solche Intentionen relevanter, die darauf ausgerichtet sind, Wahrnehmungen von bestimmter Art zu vermeiden, also die Vermeidungs-Intentionen. Vermeidungs-Intentionen sorgen dafür, dass sich die Aufmerksamkeit nicht auf das Vermiedene und auf das Vermeiden richtet. Da Bewusstsein das Ergebnis von Bewusstheit ist, fehlen BewusstseinsInhalte für Kontroll-Prozesse, von denen die bewusste Aufmerksamkeit immer aktiv abgelenkt wurde. Die Vermeidungs-Bedeutungen können nicht gedacht werden. Es erfolgt keine zutreffende Identifizierung des eigenen Verhaltens im Sinne dieser Vermeidungs-Intentionen. Damit fehlt die Voraussetzung für eine bewusste Kontrolle des VermeidungsVerhaltens. RessourcenPerspektive AnnäherungsIntentionen VermeidungsIntentionen ProblemPerspektive Unbewusste simultan-parallele Prozesse Konflikte? A B C 9 9 9 8 8 8 7 7 7 6 6 6 5 5 5 4 4 4 3 3 3 2 2 2 1 1 1 buP Im Bewusstsein ist grundsätzlich nur ein kleiner Teil davon repräsentiert, was prozessual gerade geschieht: Warum tut man das, was man tut? Die Prozesse sind darauf ausgerichtet, Wahrnehmungen im Sinne bestimmter Ziele herzustellen, und zwar immer mehrerer Ziele gleichzeitig. Erleben und Verhalten eines Menschen ist also grundsätzlich jederzeit von mehreren Intentionen (A,B und C) bestimmt. Realisierung neuer Intentionen heißt Verhaltens-Änderung. Wenn eine Intention bewusst verfolgt wird, befindet sie sich in einem „privilegierten“ Status der Verhaltens-Kontrolle zur IntentionsRealisierung. Das heißt aber nicht, dass alle anderen gleichzeitig aktivierten Intentionen überhaupt nicht realisiert werden. Sie fließen nur in einem anderem Modus der Verhaltens-Kontrolle in das Verhalten ein. Es laufen also mehr oder weniger bewusste Handlungs-Prozesse simultan-parallel, die auch im Konflikt miteinander stehen und sich gegenseitig behindern können. Unbewusste Konflikte lassen sich auf der Grundlage eines SystemModells mit hierarchisch-sequenzieller und simultan-paralleler Organisation der ablaufenden Prozesse besser konzipieren als in einem Modell, in dem nur eine isoliert Handlungs betrachtet wird. System-Ebene als Ebene des Selbst 9. System 8. Prinzip 7. Programm 6. Beziehung 5. Sequenz 4. Veränderung 3. Konfiguration 2. Empfindung 1. Intensität buP Man kann höchste Regulations-Ebene „System“ auch als Selbst des Individuums bezeichnen. Auf höchster Ebene ist das psychische Funktionieren darauf ausgerichtet, Wahrnehmungen im Sinne eines bestimmten Selbst herbeizuführen und Wahrnehmungen zu vermeiden, die mit den Vorgaben des Selbst unvereinbar (inkonsistent) sind. Eine der wichtigsten Vorgaben des Selbst ist ein Mindestmaß an Übereinstimmung (Vereinbarkeit, Konsistenz) der jeweiligen Intentionen. Intentionen, die in scharfem Konflikt miteinander stehen, erzeugen auf höchster Regulations-Ebene ein starkes Abweichungs- oder InkongruenzSignal, das man auch als Alarm-Signal ansehen kann. Es liegt nahe, dass auch die bewusste Aufmerksamkeit im Dienste dieses vorrangigen Selbst-Zieles eingesetzt wird: Es wird vermeiden, Konflikte bewusst wahrzunehmen. Da die gesamte psychische Organisation darauf ausgerichtet ist, solche Konflikte oder Diskrepanzen oder Inkonsistenzen zu verringern bzw. zu vermeiden, ist, wenn sich die Diskrepanz durch „Bewusstseins-Druck“ zu vergrößern droht, mit verstärktem Vermeiden zu rechnen, d. h. auch mit einer Abwehr des Bewusstwerdens. Dies entspricht dem Vorgang des Widerstandes (Psychoanalyse). Echte Veränderung ist nur durch interne Reorganisation des Systems selbst, der intrinsischen Referenz-Größen, d. h. der Selbst-Identität, möglich und kann nicht gegen die Ziele eines Individuums erfolgen. Konsistenz oder Konflikt 9. System 8. Prinzip 7. Programm 6. Beziehung 5. Sequenz 4. Veränderung 3. Konfiguration 2. Empfindung 1. Intensität buP Bei einer solchen System-Betrachtung wird einsichtig, wieso intentionale Konflikte - also Intentionen, die logisch unvereinbar sind, aber gleichzeitig auf Realisierung dringen - auf höchster Regulations-Ebene so weitreichende negative Auswirkungen auf das psychische Geschehen haben können. Auf der System-Ebene ist der Aspekt, der vorrangig reguliert werden muss, die Vereinbarkeit oder Konsistenz der ablaufenden Prozesse. Wesentliches Merkmal eines Systems ist ja seine Ganzheitlichkeit. Da leuchtet es ein, dass ein Mindestmaß an Konsistenz gewahrt sein muss, damit das System funktionieren kann. Konflikte sind das Gegenteil von Konsistenz. Sie gefährden und beeinträchtigen daher das Funktionieren des Gesamtsystems. Die Auswirkungen auf das Erleben und Verhalten erfolgen auf allen Regulations-Ebenen über das Inkongruenz-Signal. Daraus wird auch der Zusammenhang zwischen Konflikten und psychischen Störungen einsichtig. Die dauerhaft veränderten Emotionen, die bei den meisten psychischen Störungen eine so große Rolle spielen, sind ein Korrelat der andauernden Inkonsistenz-Signale auf höchster System-Ebene, die eine unmittelbare systemeigene Rückmeldung der Konflikte darstellen. Zur Überwindung eines Konfliktes müssen mindestens drei Ziele aktiviert werden, nämlich die beiden im Konflikt miteinander stehenden Ziele und ein weiteres, vom dem die Volitions-Stärke für Hingucken und Aushalten kommt. Modelle des psychischen Geschehens (MpG) Vier-Ebenen-Modell psychischen Geschehens Entwicklungs-Raum Entwicklung und/oder Veränderung Was meint Entwicklung? System-Ebene: Konsistenz-Prinzip Bedürfnis-Ebene Schemata, Attraktoren und Psyche Gesamt-Modell psychischen Geschehens PEB Vier-Ebenen-Modell psychischen Geschehens MpG Entwicklungs-Raum System-Ebene Rückmeldung über Konsistenz Streben nach Konsistenz Bedürfnis-Ebene KontrollBedürfnis Lust-Gewinn/ Unlust-Vermeidung BindungsBedürfnis Selbst-WertErhöhung Streben nach Bedürfnis-Befriedigung Rückmeldung über BedürfnisBefriedigung Ebene motivationaler Schemata/Attraktoren intentionale Schemata Rückmeldung über Realisierung KonfliktSchemata VermeidungsSchemata Übersetzung in Verhalten in Raum und Zeit Realisierungs-Ebene Bottom-upAktivierung motivationaler Schemata Entwicklungs-Raum psychisches System mit BedürfnisSpannungen motivationale Schemata/ Attraktoren zum SpannungsAbbau Umwelt, durch den BedürfnisFilter erlebt als EntwicklungsRaum MpG Nach der dynamischen System-Theorie ist das psychische System auf ständigen Austausch von Materie, Energie und Information mit der Umgebung angewiesen. Sonst sind prinzipiell keine dynamischen Gleichgewichte (siehe Konzept der dissipativen Strukturen) fern von stationären GleichgewichtsZuständen (Entropie) möglich. Die Bedürfnisse eines Menschen stehen über die motivationalen Schemata in ständiger Wechselwirkung mit der Umgebung, die ihrerseits Anforderungen an das Individuum stellt. Diese Anforderungen gewinnen ihre Bedeutung aber im Hinblick auf die motivationalen Schemata oder Attraktoren der Person. Umwelt existiert für den Menschen nicht als objektive Realität, sondern als bewusstseins- und damit auch bedürfnisgefilterte Wirklichkeit. Dieser Sachverhalt ist von Lewin in seiner Feld-Theorie prägnant gefasst worden mit seinem Konzept des Lebens-Raums als Umwelt aus subjektiven Bedeutungen, aus Valenzen (Wertigkeiten) oder Spannungs-Zuständen, die Aufforderungs-Charakter zu bestimmten Handlungen in Bezug auf die Bedürfnisse haben. Handlungs-Ziele haben demnach den Charakter von QuasiBedürfnissen. Wenn wir uns ein System als prinzipiell in Entwicklung vorstellen, wäre es treffender, statt von einem Lebens-Raum von einem um die ZeitDimension ergänzten Entwicklungs-Raum zu sprechen. Entwicklung und/oder Veränderung MpG Grundlage für die Veränderung und Entwicklung psychischer Prozesse sind neben von außen, unabhängig vom Verhalten des Systems einwirkenden einschränkenden, oder ermöglichenden Bedingungen (constraints) vor allem die wechselseitigen Rückkopplungen innerhalb des Systems selbst, also die Wechselwirkung zwischen Ordnungs-Parametern (constraints) und Kontroll-Parametern. Was man als Ordnungs- oder als Kontroll-Parameter ansieht, hängt von der Perspektive ab. Ein psychischer Attraktor kann gleichzeitig eine einschränkende oder ermöglichende Bedingung für andere über-, neben- oder untergeordnete Attraktoren sein. Entwicklung Veränderung Entwicklung bedeutet, dass ein neuer Ordnungs-Zustand des Systems etabliert wird. Dies setzt voraus, dass im Gedächtnis kein Attraktor vorhanden ist, der geeignet ist, den jeweiligen SpannungsZustand abzubauen. Veränderung findet statt, wenn ein bereits im Gedächtnis vorhandener Attraktor aktiviert wird, wenn also entsprechende neuronale ErregungsBereitschaften bestehen, die geeignet sind, den jeweiligen SpannungsZustand zu reduzieren. In diesem „Schwebe-Zustand“ (das Alte funktioniert nicht mehr und das Neue ist noch nicht da) wird aus den natürlichen Fluktuationen des Systems ein Zustand ausgewählt und durch positive Rückkopplungen verstärkt, der den Spannungs-Zustand reduziert. Es werden neue Nerven-Verbindungen gebahnt. Was meint Entwicklung? MpG Sehr wichtig für Entwicklungs-Begleitung ist die Einsicht, dass Entwicklung nur einen Zeit-Pfeil kennt: den nach vorn von der Gegenwart in die Zukunft. Eine Veränderung von Attraktoren ist nur von der Gegenwart zur Zukunft hin möglich, nicht von der Vergangenheit in die Gegenwart. Entwicklung weist von der Gegenwart in Richtung Zukunft Unser Gedächtnis ermöglicht uns in beschränktem Maße, Bilder aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu transportieren. Aber der Transport geschieht mit den Mitteln des heutigen psychischen Funktionierens, unter dem Einfluss der heutigen Motive, Wahrnehmungs- und Denk-Kategorien usw. Die Vergangenheit wirkt über zweierlei Weise in der Gegenwart: 1. 2. Prozessual dadurch, dass gegenwärtige Erregungs-Bereitschaften ein Niederschlag vergangener Erfahrungen sind. Inhaltlich dadurch, dass vergangene Ereignisse in symbolischer Form im konzeptuellen Gedächtnis gespeichert sein können. Über sie gibt es einen Zugang zu damaligen Emotionen. Ein Zurück auf die Stufe damaligen Funktionierens ist nicht möglich, weil GedächtnisSpuren der Vergangenheit mit neuen neuronalen Bahnungen überschrieben wurden. Die Vergangenheit wurde zwar nicht ausradiert, aber auf der Grundlage der früheren haben sich neue neuronale Verbindungen entwickelt. Aktivierung neuronaler Erregungs-Muster ist nur in der Gegenwart möglich. Es können nur heute bestehende neuronale Erregungs-Bereitschaften aktiviert werden, nicht jedoch diejenigen, die ehemals das psychische Funktionieren bestimmt haben. Ohne reale neue Erfahrungen, die die bestehenden synaptischen VerbindungsGewichte ändern, kann keine Entwicklung erwartet werden. System-Ebene: Konsistenz-Prinzip (KP) Selektions-Kriterien Konsistenz-Prinzip Konsistenz, Inkonsistenz und Gesundheit Konsistenz-Gefährdung durch… Mechanismen zur Konsistenz-Herstellung MpG Selektions-Kriterien KP Neue Ordnungs-Zustände von Systemen werden nach bestimmten Kriterien selektioniert. Zum Beispiel werden neue biologische Ordnungs-Zustände nach Kriterien der Überlebens-Fähigkeit (Selbst-Erhaltung) und der Reproduktions-Fähigkeit (ArtErhaltung) selektioniert. Wie es in einem Öko-System viele verschiedene koexistierende, sich wechselseitig voraussetzende und beeinflussende Ordnungs-Zustände – Pflanzen und Tiere – gibt, gibt es in einem Organismus viele sich wechselseitig voraussetzende und beeinflussende Ordnungs-Zustände: den Herz-Schlag, die Nieren-Funktion, Bewegungs-Koordination usw. Auch diese Ordnungs-Zustände sind in der Phylogenese und zu einem geringen Teil in der Ontogenese selektioniert worden. Ein sehr wichtiger Teil des Organismus ist bei höheren Lebewesen das Nerven-System. Selektion im Bereich der neuronalen Erregungs-Muster findet ebenso wie auf der Ebene von Ökosystemen nach vorgegebenen Werten statt. Diese Werte sind die Grund-Bedürfnisse und das KonsistenzPrinzip. Die individuumspezifischen Mittel zur Befriedigung der Grundbedürfnisse sind die jeweiligen motivationalen Schemata. Psychische Aktivität ist darauf ausgerichtet, mit den Ziel-Komponenten der motivationalen Schemata kongruente Erfahrungen herbeizuführen. Konsistenz-Prinzip Streben nach Konsistenz bzw. nach InkonsistenzReduktion oder Abbau von Bedürfnis-Spannungen mit Hilfe motivationaler Schemata extern: (Außenanpassung) Streben nach Kongruenz bzw. nach InkongruenzReduktion intern: (Binnenregulation) Streben nach Konkordanz bzw. nach DiskordanzReduktion motivationales Schema oder motivationaler Attraktor FähigkeitsAspekt MotivationsAspekt KP Das Streben nach Konsistenz bzw. nach Reduktion von Inkonsistenz stellt das Grundprinzip des psychischen Geschehens dar. Psychische Ordnungs-Muster, die InkonsistenzSpannungen wirksam reduzieren, werden in der ontogenetischen Entwicklung selektioniert. Wenn neuronale Erregungs-Muster nach dem Konsistenz-Prinzip selektioniert werden, hat das immer einen Fähigkeits- und einen motivationalen Aspekt. Wozu man motiviert ist, kann nur dann selektioniert werden, wenn es auch gekonnt wurde, weil sonst nichts sattgefunden hat, was hätte selektioniert werden können. Motivationale Schemata, die tatsächlich existieren, haben also immer auch einen Fähigkeits-Aspekt. Konsistenz als externe Abstimmung wird als Kongruenz bezeichnet. Sie unterscheidet sich von interner Konsistenz, die man auch als Konkordanz bezeichnen könnte. Konsistenz Konsistenz, Kongruenz, Konkordanz, Kohärenz Inkonsistenz, Inkongruenz, Diskordanz, Dissonanz, Konflikt, Dissoziation KP Die Forderung nach Konsistenz der psychischen Prozesse ist aus der SystemPerspektive die grundlegende Forderung an die psychische Aktivität. Konsistenz ist ein grundlegendes Erfordernis des Funktionierens von Systemen. Die psychischen Prozesse sind drauf ausgerichtet, die Grundbedürfnisse eines Menschen (Kontrolle, Bindung, Lust, Selbst-Wert-Erhöhung) gleichzeitig möglichst gut zu befriedigen. Wenn dies verschiedenen nach Bedürfnis-Befriedigung strebenden Prozesse im Menschen sich nicht zuwiderlaufen, sich nicht gegenseitig hemmen oder vereiteln, sind sie konsistent miteinander. Konsistenz ist kein Motiv des Individuums im eigentlichen Sinne und kann nicht mit den anderen Bedürfnissen gleichgestellt werden, sondern ist als das am weitesten übergeordnete Prinzip des psychischen Geschehens anzusehen. Konsistenz ist ein kontinuierlich aktiv hergestelltes Merkmal unseres Bewusstseins, und zwar simultane Konsistenz und Kohärenz über die Zeit. Unsere neuronale Aktivität ist darauf ausgerichtet, dass sie, Konsistenz oder Konkordanz dessen herstellt, was sich gleichzeitig im Bewusstsein befindet. Dies ist in der Psychologie, seit Festinger seine „kognitive DissonanzTheorie“ formulierte, immer wieder untersucht und bestätigt worden. wenn sie darin nicht massiv behindert wird, Kohärenz im Bewusstsein über die Zeit herstellt. Dissonanz, Konflikt und Dissoziation bilden den Gegenpol von Konsistenz. Nähert sich die psychische Aktivität zu stark diesem Gegenpol an, droht eine System-Desorganisation oder ein System-Zusammenbruch. Konsistenz, Inkonsistenz und Gesundheit Erinnerungen Wahrnehmungen Inkonsistenzen affektive Impulse Schemata KP Inkonsistenzen zwischen Wahrnehmungen, Erinnerungen, affektiven Impulsen und bestehenden Schemata können für einen Menschen buchstäblich unerträglich werden. Seelisch sehr gesunde, glückliche Menschen unterscheiden sich von anderen dadurch, dass sie in ihren Grundbedürfnissen wenig verletzt wurden und deshalb gut entwickelte intentionale Schemata um ihre Grundbedürfnisse herum entwickelt haben und dass sie ihre Bedürfnisse in Übereinstimmung miteinander, also in konsistenter Weise befriedigen können. Definiert man menschliches Glück aus der KonsistenzPerspektive, dann wäre dies ein Zustand, mit sich und der Welt eins zu sein. Geringe Konsistenz der von den motivationalen Schemata eines Menschen bestimmten Prozesse geht immer auf Kosten einer wirksamen Bedürfnis-Befriedigung. Ein hohes Ausmaß an Inkonsistenz bedeutet seelisches Leiden und menschliches Unglück. Kranke, gestörte, in ihrem physischen und/oder psychischen Wohlergehen beeinträchtigte Menschen sind Personen, deren Selbst-Regulations-Prozesse Inkonsistenzen aufweisen. Konsistenz-Gefährdung durch… KP Inkongruente Wahrnehmungen: Der Mensch macht Wahrnehmungen in der Realität, die in so grober und andauernder Weise gegenüber wichtigen Schemata abweichen und gegen damit verbundene Grundüberzeugungen verstoßen, dass sie nicht an die bestehenden Erinnerungen und Erwartungen assimiliert werden können. Die fortwährende Diskrepanz führt zu einem andauernden Inkongruenz-Signal, dessen Erlebens-Äquivalent z. B. Angst sein kann. Schema-Konflikte: Die zweite Möglichkeit der Konsistenz-Gefährdung ist die, dass mehrere motivationale Schemata gleichzeitig aktiviert werden, deren gleichzeitige Realisierung sich gegenseitig ausschließt. Angesichts dessen, dass permanent mindestens vier Grundbedürfnisse gleichzeitig befriedigt werden wollen, stellt die gleichzeitige Aktivierung mehrerer motivationaler Schemata im Seelen-Leben den Normalfall dar. Annäherungs-Annäherung-Konflikte als gleichzeitige Aktivierung mehrere intentionaler Schemata gehören zu den vergleichsweise leichter lösbaren Konflikten. Eine stärkere Belastung der Konsistenz-Anforderungen stellen die Annäherungs-Vermeidungs-Konflikte (Konflikt-Schemata) und erst recht die Vermeidungs-Vermeidungs-Konflikte dar. Wenn man gelichzeitig etwas will und nicht will, liegt ein klarer Verstoß gegen das Konsistenz-Gebot vor. Mechanismen zur Konsistenz-Herstellung KP 1. Mechanismen zur Reduktion kognitiver Dissonanzen: Im Falle einer kognitiven Dissonanz bemüht sich eine Person darum, diese zu verringern oder zu beseitigen und meidet zugleich Gelegenheiten, in denen sich die Dissonanz-Erfahrung verstärken könnte. Kognitive Dissonanzen können verringert werden, indem neue Denk-Muster und Überzeugungen ergänzt oder alte verändert werden. Ändert man bestehende Denkweisen, verringert sich die Dissonanz, wenn der neue Inhalt dafür sorgt, dass sie weniger im Widerspruch zu anderen Überzeugungen stehen oder die alten DenkWeisen ihre Wichtigkeit verlieren. 2. Konstruktive Problem-Bewältigungs-Mechanismen (Coping-Strategien). Es gibt Menschen, denen es gelingt, viele Ziele gleichzeitig wirksam zu verfolgen. Je mehr Ziele man zur Befriedigung der einzelnen Grundbedürfnisse entwickelt hat, desto mehr Möglichkeiten zu ihrer Realisierung hat man, denn um die Ziele entwickeln sich ja gleichzeitig Erfahrungen und Fähigkeiten zu ihrer Realisierung. Je höher die Flexibilität, desto mehr können Bedürfnisse im Sinnes eines Sowohl-als-Auch statt im Sinne eines Entweder-Oder befriedigt werden. Die Unterdrückung im Moment nicht passender Bedürfnis-Impulse, die Retroflexion, kann als eine konstruktive Form der Verdrängung angesehen werden. 3. Defensive, vermeidende, schützende Mechanismen: Eine naheliegende Möglichkeit der Konsistenz-Sicherung besteht in der Abspaltung von Teilen der Erfahrung aus dem bewussten Erleben. Vermeiden der Bewusstheit oder des Bewusstwerdens. Abwehr-Mechanismen als Verdrängung, Isolierung, Verleugnung, Rationalisierung, Projektion, Reaktionsbildung, Intellektualisierung, Ungeschehenmachen, Sublimierung u. v. a. m. Was verdrängt ist, bleibt aktiviert und nimmt im impliziten Funktions-Modus, nun der bewussten Kontrolle entzogen, weiterhin Einfluss auf Erleben und Verhalten der Menschen. Bedürfnis-Ebene (BE) 4 Kern-Bedürfnisse im Zusammenhang Beispiel: Essens-Situation Intentionale und Vermeidungs-Schemata Unterscheidung von Ziel und Bedürfnis Bedürfnis nach Kontrolle 1 Bedürfnis nach Kontrolle 2 Bedürfnis nach 3 Bedürfnis nach Lust-Gewinn und Unlust-Vermeidung 1 Bedürfnis nach Lust-Gewinn und Unlust-Vermeidung 2 Bindungs-Bedürfnis 1 Bindungs-Bedürfnis 2 Bindungs-Bedürfnis 3 Bedürfnis nach Selbst-Wert-Erhöhung 1 Bedürfnis nach Selbst-Wert-Erhöhung 2 Selbst-Wert-Schutz und -Förderung MpG 4 Kern-Bedürfnisse im Zusammenhang Es geht darum, die Bedürfnis-Komplexe herauszudestillieren, die einzeln und in ihren wechselseitigen Bezügen gesehen bedeutsam für Entwicklungs-Begleitung sind. Man kann menschliches Verhalten in den meisten Fällen nicht angemessen verstehen, wenn man nicht anerkennt, dass nicht nur einem Bedürfnis, sondern gleichzeitig allen Bedürfnissen Rechnung getragen werden muss. Man muss also jeweils die Gesamtbilanz im Auge haben. So kann das Befriedigen oder der Schutz des einen Bedürfnisses auf Kosten eines anderen viel zum Verständnis psychischer Störungen beitragen. Die folgend dargestellten Bedürfnis-Komplexe werden als gleichberechtigt angesehen. Kontrolle als Orientierung, Exploration und Verstehen Vermeiden von Kontroll-Verlust, Ohnmacht und HilfWirkungslosigkeit LustGewinn, LebensFreude Vermeiden von Unlust, Schmerz, Enttäuschung und anderen negativen Gefühlen Bindung als Beziehung, Liebe und Zugehörigkeit Vermeiden von Isolation, Ausschluss, Nicht-Beachtung und Einsamkeit Selbst-WertErhöhung und Selbst-WertSchutz Vermeiden von SelbstWert-Beschädigung, Herabsetzung und Scham Konsistenz als Grundprinzip des psychischen Funktionierens BE Beispiel: Essens-Situation BE Stellen wir uns ein gemeinsames Abendessen mit Arbeits-Kollegen und Partner/Partnerin in einem Lokal vor. Kontrolle Selbst-WertErhöhung sichere Beziehung Lustgewinn Kontroll-Schemata werden bereits bei der Wahl der Plätze aktiviert, aber auch im weiteren Verlauf bei der Wahl der Speisen und Getränke, bei der Beeinflussung der Gesprächs-Themen und Kontrolle der Gesprächs-Anteile, bei der Entscheidung darüber, wann und wie der Anlass beendet wird. Gleichzeitig sind Schemata aktiviert, die nach Selbst-Wert-Erhöhung und Selbst-Wert-Schutz streben. Das n schon bei der frage beginnen, was man zu diesem Anlass anzieht. Und die Aktivierung der Selbst-Wert-Schemata durchzieht den ganzen Abend: Wie stelle ich mich den anderen dar? Wie schneide ich im Vergleich ab? Ist das, was ich sage, genügend interessant? Gehen die anderen darauf ein? Werde ich überhaupt beachtet? Werde ich immer übergangen? Kann ich die anderen beeindrucken? Auch das Bedürfnis nach einer sicheren Beziehung bzw. die darum entwickelten Schemata sind aktiviert. Wie fühle ich mich gegenüber meinem Partner? Unterstützt er mich? Kann ich mich auf ihn verlassen? Besteht ein Band zwischen ihm und mir? Kann ich ihm einen sicheren Rückhalt geben? Kann er sich von mir geschützt und unterstützt fühlen? Stehe ich in einem inneren Kontakt mit ihm? Schließlich sind da noch die auf Lustgewinn ausgerichteten Schemata, die vielleicht schon die Wahl des Feinschmecker-Lokals bestimmt haben, die Durchsicht der Weinkarte bestimmen, die Auswahl der Speisen usw. Intentionale und Vermeidung-Schemata BE Motivationale Schemata sind erfahrungsgegründete Hypothesen einer Person darüber, wie unter besonderen Bedingungen das jeweilige Bedürfnis befriedigt werden kann (intentionale Schemata) oder die Nicht-Befriedigung des Bedürfnisses samt der damit verbundenen aversiven Gefühle verhindert werden kann (Vermeidungs-Schemata). Intentionale Schemata Das „AusführungsOrgan“ der Bedürfnisse sind die zu seiner Erfüllung entwickelten intentionalen Schemata. Sie haben nicht nur den Bedürfnissen, sondern auch der Umgebung Rechnung zu tragen. Vermeidungs-Schemata Jeder vergebliche Versuch der Bedürfnis-Befriedigung eines Menschen, durch sein Verhalten in oder von der Umgebung bedürfnisbefriedigende Reaktionen zu bewirken muss unter der Voraussetzung eines zielorientierten Funktionierens der Psyche zu negativen Gefühlen, z. B. zur Enttäuschung, führen. Menschen haben jedoch das Bedürfnis nach Vermeidung von Unlust, wozu auch die negativen Gefühle zählen. Statt der intentionalen Schemata werden solche Schemata entwickelt, die das Erleiden von Enttäuschung des jeweiligen Bedürfnisses verhindern sollen. Für das jeweilige Bedürfnis relevante Situationen lösen daher nach einiger Zeit keine im Verhalten mehr erkennbaren AnnäherungsReaktionen aus. Sondern sie aktivieren die Vermeidungs-Schemata. Unter dem Einfluss von Vermeidungs-Schemata sieht es dann so aus, als sei das Verhalten aktiv auf die Herbeiführung eines Zieles, eines Soll-Zustandes ausgerichtet, das eigentlich mit dem GrundBedürfnis unvereinbar ist. Unterscheidung von Ziel und Bedürfnis BE Bedürfnisse entsprechen Spannungs-Zuständen, die nach einem Spannungs-Ausgleich streben. Ohne Erfahrungen haben Bedürfnisse keine Ziele. Die VermeidungsSchemata repräsentierenden ErregungsMuster sind stark ausgeprägt Etwas zu erzielen meint, etwas handelnd – durch Tun oder Unterlassen, durch Aktivität und Passivität - unter Berücksichtigung der förderlichen und hinderlichen Umgebungs-Bedingungen zu erreichen. Ziele sind immer auf etwas, also umgebungsbezogen, wobei auch der eigene Körper mit zur Umgebung zählt. Das gilt selbst dann, wenn die Ziele schematisiert sind, also außerhalb des expliziten Bewusstseins ablaufen. Die schematisierten Ziel-Komponenten motivationaler Schemata sind Invarianten (feststehende Größen) aus konkreten Erfahrungen. Wenn ein Mensch das Ziel entwickelt, sich z. B. vor Abwertungen und Enttäuschungen zu schützen, und dies Ziel nur glaubt dadurch erreichen zu können, dass er sich selbst abwertet, dann heißt das nicht, dass er kein Intentionale Bedürfnis nach Selbst-Wert-Erhöhung hat. Schemata Er hat nur keine umgebungsbezogenen Ziele zur Realisierung seines können sich nicht entwickeln Bedürfnisses entwickelt. Ziele in Richtung Selbst-Wert-Erhöhung hätten sich als Invarianten (intentionale Schemata) aus positiven bedürfniserfüllenden Erfahrungen herausbilden können. Je seltener und schwächer jedoch positive Erfahrungen, desto eher wird die psychische Aktivität von Vermeidungs-Zielen bestimmt. Bedürfnis nach Kontrolle 1 Einsicht/ Verstehen/ Erkenntnis Orientierung/ Überblick/ Durchblick/ Durchschaubarkeit Selbst- und WeltVerständnis Wissen Denk-Fähigkeit/ Logik/Vernunft Selbst-Wirksamkeit/ Einfluss Planbarkeit/ Vorhersagbarkeit/ Verlässlichkeit Entfaltung EntscheidungsFreiheit Impuls- und GefühlsKontrolle HandlungsFähigkeit/ Können Exploration/ Erkundung/ Erforschung Irritation Verunsicherung KontrollVerlust Hilflosigkeit Wirkungslosigkeit Ohnmacht Vertrauen Vermeidung Hingabe Verwirrung Chaos Verzweiflung LeistungsKraft/Stärke Selbst-Verwirklichung Autonomie/ SelbstBehauptung Bewusstheit/ kritisches Bewusstsein BE Selbst-Disziplin Kontrollierbarkeit/ Sicherheit/Ordnung Schwäche HandlungsUnfähigkeit Ausgeliefert-Sein Loslassen Bedürfnis nach Kontrolle 2 BE Der Mensch hat das Bedürfnis zu verstehen und das Gefühl der Orientierung im Dasein und der Kontrolle über sein Leben zu haben. Das Konstrukt der Kontroll-Überzeugungen bezieht sich auf folgende Fragen: Inwieweit macht das Leben einen Sinn? Besteht Voraussehbarkeit und Kontroll-Möglichkeit im Leben? Lohnt es sich, sich einzusetzen und zu engagieren? Ein Kontroll-Grundbedürfnis kann von Kontroll-Bedürfnissen unterschieden werden. Das Kontroll-Grundbedürfnis ist angeboren, äußert sich jedoch in konkreten Zusammenhängen. Es materialisiert sich im Laufe der Sozialisation in bestimmten Inhalten und Zielen als eine Vielzahl von Kontroll-Bedürfnissen, bindet sich an bestimmte Szenarien und wird dadurch vervielfältigt und spezifisch. Das Kontroll-Streben besteht darin, das Verhalten so einzurichten, dass Regulierbarkeit im Lebens-Raum erhalten bleibt und man sich aktiv im Sinne seiner Ziele verhalten kann. Es geht bei der Befriedigung des Kontroll-Bedürfnisses darum, sich vorbereitend einen möglichst großen Handlungs-Spielraum zu erhalten, möglichst viele HandlungsAlternativen in subjektiv wichtigen Wert-Bereichen bereitzustellen. Positive Kontroll-Erfahrungen, also die Erfahrung, dass man mit dem eigenen Verhalten erfolgreich Wirkungen im Sinne bestimmter Ziele herbeiführen konnte, führt zu positiven Kontroll-Überzeugungen oder Selbst-Wirksamkeits-Erwartungen. Das Kontroll-Bedürfnis bezieht sich also auf den Kompetenz-Aspekt der psychischen Aktivität. Etwas nicht im Sinne eigener Ziele kontrollieren zu können, was einem sehr wichtig ist, stellt eine schwerwiegende Verletzung dieses Grundbedürfnisses dar. Psychische Störungen haben also immer mit einer Verletzung des Kontroll-Bedürfnisses zu tun. Bedürfnis nach Kontrolle 3 Stress-Toleranz und Stress-Resistenz positive Auswirkungen der KontrollÜberzeugungen auf BE Verstehen ist in den meisten Fällen die Voraussetzung für eine wirksame Handlungs-Kontrolle. Es kommt für eine heilsame Auswirkung auf das KontrollBedürfnis ausschließlich darauf an, dass die Rat suchende Person das Gefühl hat (internale Kontroll-Überzeugungen), dass sie nun besser versteht, aber nicht auf den Inhalt des Verstehens. Jedes kleine Besser-Verstehen ist eine positive Erfahrung in Richtung auf das Kontroll-Bedürfnis. Am besten wäre es unter dem Aspekt des Kontroll-Bedürfnisses natürlich, wenn die Rat suchende Person sowohl die Erfahrung macht, dass sie besser versteht als auch die, dass sie tatsächlich besser Kontrolle ausüben kann, indem sie ihr Problem besser beherrscht oder bewältigt. Beides zusammen hat eine kumulative Wirkung. Hohe Kontroll-Erwartungen haben einen ausgesprochen protektiven Wert und sind ein wichtiger Bestandteil seelischer Gesundheit. BindungsBedürfnis Konflikt KontrollBedürfnis Die Tatsache, aversive Ereignisse nicht kontrollieren zu können, wir oft als unangenehmer erlebt als die Ereignisse selbst. Wer z. B. Ablehnungen und Enttäuschungen sehr fürchtet, führt diese mit seinem Verhallten lieber selbst herbei, als sich „schutzlos“, also ohne Kontrolle darüber, Situationen auszusetzen, in denen er abgewiesen oder enttäuscht werden könnte. Bedürfnis nach Lust-Gewinn und Vitalität Unlust-Vermeidung 1 Lust Lebens-Freude Lachen/Heiterkeit/ Humor Engagement/ Begeisterung Wohlbefinden/ Behaglichkeit Genuss-Fähigkeit/ Empfänglichkeit Sexualität/ Erotik Sinnlichkeit/ Sinnes-Freude BE Entfaltung Hingabe an eine Aufgabe/ Flow-Erleben Gelassenheit/ Ruhe/Muße/ Beschaulichkeit Entspannung/Erholung nach Anspannung Schmerz Druck Verspannung Enttäuschung Langeweile GlücksErlaubnis Angst Schönheit/ Ästhetik Anstrengung Traurigkeit Vermeidung Wut/ Ärger Leichtigkeit BedürfnisBefriedigung Hoffnung/ Zuversicht Abbau leiblicher, seelischer und sozialer Bedürfnis-Spannung BedürfnisSpannungen BefriedigungsMangel/Defizit Frustration Unlust Bedürfnis nach Lust-Gewinn und Unlust-Vermeidung 2 Optimismus = positive Erwartungen Ziele und Fähigkeiten Bestätigung der Erwartungen Unlust BE Lust und Unlust sind von Anfang an und bleiben lebenslang das wichtigste Feedback zur Ausbildung umweltangepassten Verhaltens. Dass es sich bei dem Bedürfnis nach Lust-Gewinn und Unlust-Vermeidung um ein angeborenes Bedürfnis handelt, kann man daran erkennen, dass das affektive Reaktions-System diese beiden Erlebens-Qualitäten von vornherein vorgesehen hat. Je nach den Erfahrungen, die ein Mensch in seiner Kindheit in dieser Hinsicht macht, wird er die Umgebung eher als Quelle von positiven oder negativen Erfahrungen sehen. Es entwickelt sich eine eher optimistische oder pessimistische Grundüberzeugung oder Lebens-Einstellung. Wer durch frühkindliche Lebens-Erfahrungen zum Optimisten geworden ist, also glaubt, dass die Welt überwiegend gut ist und eine Quelle von Freude sein kann, hat in der Regel gleichzeitig mit seinen positiven Erwartungen auch die Ziele und Fähigkeiten erworben, mit denen er selbst dazu beitragen kann, dass diese Erwartungen weiterhin bestätigt werden. Das Bedürfnis, aversive Emotionen wie Angst, Schmerz, Enttäuschung und Traurigkeit zu vermeiden, spielt bei der Ausbildung von VermeidungsSchemata wie bei allen psychischen Störungen eine entscheidende Rolle. Aversive Gefühle entstehen vor allem dann, wenn die anderen Grundbedürfnisse verletzt werden. Bindungs-Bedürfnis 1 Allverbundenheit/ umfassende Liebe Liebe als Lieben und Geliebt-Werden Bindung Akzeptanz/ Annahme Geborgenheit Beziehung/ Partnerschaft Halt Beachtung Entfaltung Mitteilung (mir anderen teilen) Interesse an sich und an anderen Zuwendung/ Zuneigung Interaktion/ Kommunikation/ Verständigung Respekt/ Toleranz soziale Isolation Nähe Zugehörigkeit/ Bezogenheit Zusammensein BE EinbezogenSein/Teilhabe Verantwortung Einfühlung/ Mitgefühl/ Empathie/ Verständnis Einsamkeit Ausschluss Nicht-Beachtung AbgelehntWerden Zurückweisung Vermeidung Haltlosigkeit VerlassenWerden Misstrauen Bindungs-Bedürfnis 2 BE Um das Grundbedürfnis nach Nähe zu wenigen Bezugs-Personen entwickeln sich motivationale Schemata, die lebenslang das Beziehungs-Verhalten eines Menschen bestimmen. Die Art der Partner-Beziehung, die jemand später sucht und herstellt, hängt maßgeblich von den Beziehungs-Erfahrungen mit seinen ersten Bezugs-Personen ab, die ihren Niederschlag in seinen Beziehungs-Schemata finden. Diese Bindungs-Muster werden, lange bevor sich der verbale Code entwickelt, ins implizite Gedächtnis aufgenommen. Die gesamte Bindungs-Regulation findet also im impliziten Funktions-Modus statt. Das Bindungs-System hängt über Emotionen und das limbische System eng mit körperlichen Vorgängen zusammen. Auf der impliziten Beziehungs-Ebene entscheidet sich, ob es gelingt, die intentionalen oder vermeidenden Schemata so zu aktivieren, dass Entwicklung im gewünschten Sinne möglich wird. Das starke Überwiegen von Vermeidung (z. B. von Nähe, von Konflikten) in BeziehungsSituationen verhindert die Entwicklung motivationaler Schemata, die befriedigende Beziehungen herstellen können. Ungünstige Beziehungs-Schemata entwickeln sich dann, wenn entweder die Erreichbarkeit einer Bezugs-Person nicht gegeben ist oder von Seiten der Bezugs-Person mangelnde Feinfühligkeit* besteht. * Feinfühligkeit: 1. Reaktionen und Verhalten des Säuglings wahrnehmen 2. Sie aus der Sicht des Säuglings interpretieren. 3. Prompt auf das Verhalten des Säuglings reagieren. 4.Dem EntwicklungsStand angemessen reagieren. Bindungs-Bedürfnis 3 BE Abweisung des Bindungs-Bedürfnisses führt zur unsicher-vermeidenden emotionalen Entfremdung des Kindes von der Bindungs-Person. Unvorhersagbarkeit des Verhaltens der Bindungs-Person führt zur übermäßigen Abhängigkeit von dieser und zu unsicher-ambivalenten Bindungs-Mustern. Angst vor Zulassen Verlassen- von werden Nähe sichere Bindung VerhaltensVorhersagbarkeit Zulassen von UmweltErkundung nein ja ja ja unsicher-vermeidende B. ja nein ja ja unsicher-ambivalente B. ja ja nein nein Jedes der unsicheren Bindungs-Muster entsteht aus Verletzung des Grundbedürfnisses nach Bindung. In der Verletzung des Bedürfnisses nach einer auf die eigenen Bedürfnisse bezogenen, Sicherheit und Schutz gebenden nahen Beziehung, liegt mit großer Wahrscheinlichkeit einer der wichtigsten Nährböden für die Entwicklung psychischer Störungen. Psychische Störungen gehen also fast immer mit unsicheren Bindungen einher. Alle anderen als das sichere Bindungs-Muster führen dazu, dass das Bedürfnis nach einer nahen Beziehung nicht optimal befriedigt wird. Bedürfnis nach Selbst-Wert-Erhöhung 1 Selbst-WertErhöhung BE Stolz Geltung Selbst-WertSchutz Bedeutsamkeit positives Selbst-WertGefühl Lob Sinn Selbst-WertSchätzung WertSchätzung durch andere Entfaltung SelbstAnerkennung Mitbestimmung/ kreative (Mit-) Gestaltung Anerkennung durch andere (Be-) Achtung durch andere Selbst(Be-) Achtung Entwicklung/ Fortschritt Tadel Herabsetzung Erfüllung Erfolg/ Erreichen/ Verwirklichen von Zielen/ Visionen Verachtung Selbst-WertBeschädigung Entwertung Diffamierung Vermeidung Strafe Beschämung Scham Bedürfnis nach Selbst-Wert-Erhöhung 2 Seelisch Gesunde neigen zur Selbst-Wert-Erhöhung mit der Tendenz, sich etwas übertrieben positiver zu sehen und zu beurteilen als andere, wobei jedoch diese Illusionen im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zu realen positiven Wirkungen führen. Alfred Adler sah das Streben nach Überwindung eines Minderwertigkeits-Gefühls als wichtigste Motivations-Quelle des Menschen an. Warum haben dann so viele Menschen ein schlechtes SelbstWert-Gefühl und werten sich solche Personen sehr oft auch noch selbst ab und wählen sich Interaktions-Partner, die sie abwerten bzw. ziehen sich von solchen zurück, die sich positiv bewerten? KonsistenzPrinzips Kontroll-Bedürfnisses Lust-Bedürfnisses als Schmerz-Vermeidung BindungsBedürfnisses Schlechtes Selbst-WertGefühl als vorwegnehmend schützende VermeidungsStrategie im Dienste des BE Welchen Vers soll sich ein kleines Kind darauf machen, dass die Beziehung zu ihrer primären Bezugs-Person schlecht ist? (Frustration des Bindungs-Bedürfnisses) Es gibt zwei Denk-Alternativen: Ich bin gut und die Mutter ist schlecht oder ich bin schlecht und die Mutter ist gut. Für ein kleines Kind, das ganz von seiner Mutter abhängig ist, ist die erste Alternative die weitaus schlimmere. Das Kind ist der Mutter ausgeliefert ohne die Hoffnung, dass es selbst etwas zur Besserung der Situation tun könnte. (Frustration des Kontroll-Bedürfnisses) Das Kind sucht den Grund für die schlechte Beziehung im eigenen Verhalten: Ich bin es nicht wert, dass ich besser behandelt werden. (Frustration des Bedürfnisses nach Selbst-Wert-Erhöhung bei Befriedigung des Kontroll-Bedürfnisses) Das einen unsicher-vermeidenden Bindungs-Stil entwickelnde Kind bereitet der Mutter wenig Freude und wird von ihr beschimpft. Über Identifizierungs-Lernen internalisiert das Kind diesen Umgang mit sich selbst und entwickelt mit der Zeit ein stabil negatives SelbstBild und Selbst-Wert-Gefühl. Selbst-Wert-Schutz und -Förderung Psychische gestört zu sein, stellt eine Kränkung des Selbst-Wert-Gefühls dar. Die meisten Menschen schämen sich, zu einem Psychiater oder Psychotherapeuten gehen zu müssen. Eine psychische Störung wird in der Regel als persönliches Versagen angesehen. Sie stellt für die meisten Menschen einen Makel dar, den sie am liebsten verbergen. Über Probleme zu berichten, mit denen man nicht fertig wird, ist das Gegenteil einer selbstwerterhöhenden Erfahrung. Man muss als entwicklungsbegleitende Person grundsätzlich davon ausgehen, dass das Selbst-Wert-Bedürfnis der Rat suchenden Personen schlecht erfüllt und akut aktiviert ist. Die Einstellung, vor anderen etwas verbergen zu müssen, das man selbst als persönliches Versagen und Schmach erlebt, ist inkongruent mit dem Bedürfnis nach Selbst-Wert-Erhöhung. Das Verbergen der psychischen Störung, solange es möglich ist, dient dem SelbstWert-Schutz. In der Entwicklung-Begleitung geht es darum, den Rat suchenden Personen viele Gelegenheiten zu geben, sich im Sinne ihrer Stärken und positiven Intentionen zu verhalten. Je mehr Entwicklungs-Begleitende prozessual deren Ressourcen aktivieren, desto mehr Gelegenheiten zu selbstwerterhöhenden Wahrnehmungen erhalten die RatSuchenden. BE Schemata, Attraktoren und Psyche (S+P) Synonyme Schema-Begriff 1 Schema-Begriff 2 Der Bereich des Psychischen 1 Der Bereich des Psychischen 2 Der Bereich des Psychischen 3 Schemata als Bereitschaften Schema-Theorie und Vorgehens-Weisen Begriffs-Nutzen: Attraktor Attraktoren Zusammenwirken der Attraktoren emotionale Schemata und Attraktoren Motivationale Schemata und Attraktoren Störungs-Attraktoren Interpersonale Attraktoren WLG Synonyme neuronale ErregungsBereitschaft, neuronale Erregungs-Muster neuronale Gruppe Ein neuronales ErregungsMuster kann gleichzeitig als ein Attraktor bezeichnet werden, als ein bestimmter OrdnungsZustand der neuronalen Aktivität. dynamische System-Theorie NeuroBiologie Die Begriffe neuronale Erregungs-Bereitschaft und Schema oder neuronales Erregungs-Muster und aktiviertes Schema können weitgehend austauschbar benutzt werden. S+P Perspektive EntwicklungsPsychologie Handlung Verhalten emotional Wahrnehmung Schema motivational Körper Selbst Attraktor, dynamischer Ordnungs-Zustand Schema-Begriff 1 S+P Piaget hatte die Erkenntnis, dass die (kognitiven) innerpsychischen Schemata oder Programme typische Funktions-Systeme im Sinn des heutigen System-Begriffs darstellen. Schemata entstehen auf der Basis von angeborenen Reflexen fortlaufend „aus der Aktion“, das heißt aus wiederholten, konkreten Handlungen in bestimmtem Kontext. Die Aktion passt sich dabei den spezifischen Umwelt-Anforderungen immer besser an, indem sie sich über zirkuläre, assimilatorisch-akkommodatorische Prozesse ausbalanciert, automatisiert und dann zunehmend verinnerlicht oder „vergeistigt“. Unter Assimilation versteht Piaget den Einbau von sogenannten „Störungen“, das heißt von neuer Information in das bereits bestehende internale Operations-Schema. Unter Akkommodation wird die Anpassung der Schemata an die Umwelt verstanden. Für Ciompi erweist sich das, was wir Psyche nennen, als eine komplex verschachtelte Hierarchie von verinnerlichten, aufgrund von Erfahrung erworbenen und dann ständig weiter differenzierten Denk-, Fühl- und Verhaltens-Programmen, operationalen Schemata oder Bezugs-Systemen im Dienste der Autopoiese, also der SelbstOrganisation des Systems, mit je einem affektiv-motorischen und einem kognitiven Pol. Fühlen, Denken und Verhalten sind darin zu einem untrennbaren Ganzen verschmolzen. Jedes Schema oder Bezugs-System ist nicht nur durch eine ganz bestimmte Konstellation von kognitiven Daten und Relationen, sondern gleichzeitig durch eine Skala von positiven und negativen Affekten wie Lust oder Unlust, Freude, Angst, Abwehr etc. in jeweils spezifischer Mischung und Schattierung charakterisiert. Schema-Begriff 2 S+P Ordnungs-Mustern der psychischen Aktivität liegen in cell asemblies oder neuronalen Gruppen organisierte Erregungs-Muster zugrunde. Je besser die Erregungs-Bereitschaften durch differentielle Verstärkung gebahnt und zusammengebunden wurden, umso mehr werden sie von einer bloßen Annahme zu einem ziemlich gut bestätigten Bestandteil einer individuellen Theorie der Realität. Die gebräuchlichste Bezeichnung für lebensgeschichtlich erworbene SoftwareErwartungen oder Reaktions-Bereitschaften ist der Begriff Schema. Ein Schema umfasst motivationale, kognitive, emotionale und relationale Aspekte. Schemata liegen fast allen Aspekten der psychischen Aktivität mehr oder weniger direkt zugrunde einschließlich unserer inhaltlichen Wahrnehmungen als Erwartungen an die Umwelt. sind Bereitschaften zu regulierenden Prozessen (Regel-Kreisen) auf Basis bestimmter neuronaler Erregungs-Muster. sind grundlegende Organisations-Einheit der psychischen Aktivität. sind implizite Erwartungen des Individuums an die Welt oder über die Welt. sind die wichtigsten Grundlagen der zwischenmenschlichen Beziehungs-Gestaltung. entsprechen Hypothesen und Postulaten, die an die Umgebung herangetragen werden. Wenn wir uns die Schemata als hierarchisch organisiert vorstellen (siehe KontrollEbenen), ist die Zusammenfassung der Erwartungen in dem am weitesten übergeordneten Schema, dem Selbst-Schema, ist in einem gewissen Sinne als implizite Theorie des Individuums über die Realität aufzufassen. In diesem Sinne wäre das Selbst eine Realitäts-Theorie. Der Bereich des Psychischen 1 S+P Es kann der psychische Bereich im engeren und im weiteren Sinne unterschieden werden. Im Unterschied zu neuronalen Prozessen und zum beobachtbaren Psyche im äußeren Verhalten umfasst der Bereich des Psychischen im engeren weiteren Sinn: Sinne alle Phänomene wie Leib-Empfindungen, Gefühle (Affekte, Sozial- und Emotionen, Stimmungen), Gedanken (Vorstellungen, innere Bilder) etc., Kommunikationsdie gegebenenfalls in unserem Bewusstsein erscheinen können, aber Verhalten, Zivilisation direkt einzig der Selbst-Beobachtung, der Introspektion zugänglich sind, und Kultur also nie in üblicher Weise „objektiviert“ werden können. Der Bereich des Psychischen im engeren Sinne kann als ein funktionell Psyche im in sich geschlossenes „inneres Universum“, das heißt als eine ganz nach engeren eigenen Gesetzen organisierte und äquilibrierte* Seins-Einheit (Entität) Sinn: Empfindungen, aufgefasst werden. Gefühle, Im weiteren Sinne umfasst der psychische Bereich alle FolgeGedanken etc. Erscheinungen der Psyche, darunter soziale Verhaltens-Weisen, Kommunikations- und Organisations-Formen sowie geistige, zivilisatorische, technische und künstlerische Produkte aller Art. * Äquilibration (von lat. aequus „gleich, gerade (gerichtet)“ und libra „Waage“) bezeichnet allgemein die Aufhebung des inneren Spannungs-Zustandes eines Organismus oder eines Systems auf seine Umwelt durch diesen selbst (Selbst-Regulierung, Autopoiese). Diese Regulation wird erreicht durch Organisation (Koordination) und/oder Adaptation (Anpassung) bzw. Assimilation und Akkommodation. Der Bereich des Psychischen 2 Invarianz Abstraktion Differenzierung Varianz Ein System ist ein aus einer Anzahl von Einzel-Elemente zusammengesetztes Gebilde, deren wichtigste drei Eigenschaften die der Totalität, der Selbst-Regulation und der Transformierbarkeit (Differenzierung als Einführung von immer mehr Varianz in eine gegebene Invarianz) sind. S+P Psychisch-geistige Phänomene sind unscharf von biologischinstinktiven und chemischen Regulations-Systemen bei Tieren und Tier-Staaten abgegrenzt. Erst mit zunehmender Differenzierung des zerebralen Apparates treten in vorher voll automatisierten Abläufen immer mehr Freiheits-Grade auf. Das Phänomen des „Zusammenzugs“ oder der „Verdichtung von Information“ ist entscheidend für die Entwicklung der „Psyche“ im menschlichen Sinne. Informationsverdichtenden Prozesse von zunehmender Komplexität lassen sich nachweisen in einer ununterbrochenen Folge von den einfachsten „Zusammenzügen“ eines primitiven Nerven-Systems bis zu den höchsten Abstraktionen, zu denen der menschliche Geist fähig ist. Man kann den Prozess der Auswahl irgendwelcher gemeinsamen Aspekte aus dem Gesamtgeschehen auch als „Auszug von Invarianz“ begreifen, der das eigentliche Wesen der Abstraktion (lat. abtrahere = abziehen, ausziehen, zusammenziehen) ausmacht. Der Abstraktions-Vorgang besteht immer wieder im Auffinden von versteckten Gemeinsamkeiten (Invarianz) aus einem zunächst ganz regellos erscheinenden Durcheinander von disparaten, getrennten Einheiten (Varianz). Der Bereich des Psychischen 3 chemische Regulation instinktgeleitete Regulation psychische Regulation geistige Regulation samt Einbindung in Politik und Kultur S+P Mit zunehmender Komplexität der zerebralen Informations-VerarbeitungsSysteme durch die Hinter- und Nebeneinander-Schaltung von mehreren Neuronen (Nerven-Zellen) mit unterschiedlichen Reaktions-Eigenschaften kommen Summations-Effekte im Sinne des „Auszugs der Invarianz“ zustande. Zum Beispiel leiten mehrere hintereinandergeschaltete Neuronen Reize erst dann weiter, wenn sie gleichzeitig von mehreren mit ihnen verbundenen NervenZellen erregt werden. Sensorische „Informationen“ oder Ereignisse, Ereignis-Zusammenhänge werden somit auf diese Weise fortlaufend verdichtet oder abstrahiert. In selben Maße, wie solche Verdichtungen geschehen, entsteht deshalb etwas, das wir zumindest in einem weiten Sinne als „psychisch“ und schließlich sogar eindeutig als „geistig“ bezeichnen müssen. Es bleibt nur noch ein Schatten, ein „Destillat“, buchstäblich ein „Geist“ des ursprünglich konkreten Geschehens, beispielsweise von bestimmten bildhaft konfigurierten Licht-Reizen auf der Retina übrig. Dieser „Schatten“ nun stellt in seinem Wesen etwas typisch Abstraktes und damit „Geistiges“, nämlich ein relationelles Gebilde dar. Es handelt sich um eine immaterielle Gestalt und Ganzheit, die dann ihrerseits mit weiteren solche Ganzheiten verglichen und in Beziehung gesetzt werden kann. Derartige internale Prozesse aber bezeichnen wir beim Menschen als Denken. Das Geistige ist demnach im Unterschied zu konkreten materiellen Ereignissen selber charakterisiert durch ein Verhältnis zwischen solchen Ereignissen, ein immateriell-abstraktes Gefüge von Beziehungen oder ein relationelles Gebilde. Schemata als Bereitschaften S+P Schemata sind stark vorgebahnte Bereitschaften zu bestimmten neuronalen ErregungsMustern. HandlungsBereitschaften Bereitschaften zu bestimmten emotionalen Reaktionen Bereitschaften zu bestimmten Motivationen WahrnehmungsBereitschaften Schemata Ziel-VerwirklichungsBereitschaften DenkBereitschaften VorstellungsBereitschaften ErinnerungsBereitschaften Wenn man Entwicklungs-Begleitung als Veränderung neuronaler ErregungsBereitschaften versteht, ist klar, dass einmalige Einsichten nicht Grundlage andauernder Veränderungen des Erlebens und Verhaltens sein können. Es müssen all die Wahrnehmungs-, Handlungs- und emotionalen ReaktionsBereitschaften, die bisher mit den dafür relevanten Situationen verbunden waren, umorganisiert, d. h. in ein neues stabiles, von einem neuen Ziel bestimmtes Erregungs-Muster (Schema) eingebunden werden. Eine wichtige Aufgabe der Begleitenden ist es, die Entwicklung-Suchenden dabei zu unterstützen, möglichst viele reale Erfahrungen zu machen, die sie an das neu entstehende Schema assimilieren kann. Schema-Theorie und Vorgehens-Weisen S+P In der Schema-Therapie hat sich als kognitiver Therapie-Ansatz im BewusstseinGrad der zu verändernden Konflikte dem der psychodynamischen Therapien angenähert. Es geht dabei um die Veränderung lebensgeschichtlich früherworbener fehlangepasster Schemata, die so sehr die Welt- und Selbst-Sicht der Rat suchenden Personen bestimmen, das diese sie kaum in Frage stellen kann, sondern als selbstverständliche Gegebenheit nimmt. In diesem kognitiven Therapie-Ansatz gibt es auch insofern eine Annäherung an psychodynamische Therapien, als der Therapie-Beziehung eine wichtige Funktion für die prozessuale Aktivierung der problemrelevanten Schemata der Rat suchenden Personen zugemessen wird. Wir haben aus dem schematheoretischen Ansatz eine eine kognitiv-behaviorale Konsequenz (s.o. Young mit der Schema-Therapie), eine humanistische Konsequenz (Greenberg und Sachse) und eine psychodynamische Konsequenz (Horowitz). Es lassen sich aus einer weitgehend gleichen theoretischen Grundlage offensichtlich mehrere verschiedene Wege begründen, Veränderungen herbeizuführen. Diese stehen nicht in einem Ausschluss-, sondern in einem Ergänzungs-Verhältnis zueinander. Ohne ein Verständnis der Wirkweise der verschiedenen Therapie-Formen aus einer einheitlichen theoretischen Perspektive wird es nicht zu einer optimalen Nutzung des insgesamt bereits vorhandenen therapeutischen Potenzials kommen. Begriffs-Nutzen: Attraktor Attraktor ist ein abstrakter Oberbegriff, der auf Systeme jeder Art angewendet werden kann, wenn diese bestimmte formale Kriterien erfüllen. Wir können von Attraktoren auch im Zusammenhang mit zwischenmenschlichen Systemen sprechen. Wir bewegen uns dann auf der System-Ebene oberhalb von neuronalen Netzen und oberhalb von Individuen. So kann der Begriff interpersonaler Attraktor sinnvoll sein für die Konzeption zwischenmenschlicher Beziehungs-Muster. Weil zwischenmenschliche Beziehungs-Muster für die Entwicklungs-Begleitung eine so große Rolle spielen, bietet das Konzept des Attraktors den Vorteil, dass man innerhalb derselben Denk-Welt bleiben kann, wenn man von intrapsychischen und interpsychischen oder interpersonalen Abläufen spricht. Die Vorstellungs-Welt, die der Begriff Attraktor eröffnet, hat gerade für den Veränderungs-Aspekt in der Entwicklungs-Begleitung ihre besonderen Vorzüge. Wir können mit der Begriffs-Welt der dynamischen System-Theorie alle Phänomene der Entwicklungs-Begleitung abdecken, weil wir es immer mit dynamischen Systemen zu tun haben. Wenn wir über intrapsychische Abläufe sprechen, wird es oft vorteilhafter sein, von neuronalen Erregungs-Mustern zu sprechen, weil sich mit diesem Ausdruck konkretere Vorstellungen über psychische Aktivität verbinden. S+P Attraktoren S+P Der Begriff Attraktor beinhaltet den Begriff des Übergangs in neue Qualitäten des Funktionierens. Er zeigt, motivationale Attraktoren emotionale Attraktoren StörungsAttraktoren interpersonale Attraktoren wie kontinuierliche Veränderungen zu plötzlichem qualitativem Wandel führen können, wie neue Zustände einen beherrschenden Einfluss auf das Funktionieren eines Systems nehmen können, wie überhaupt qualitativ Neues aus schon Vorhandenem ganz anderer Qualität entstehen kann (Emergenz), wie plötzliche Übergänge im System-Verhalten erklärt werden können usw. Attraktor meint, dass sich durch positive Rückkopplung in der Regel blitzschnell ein Prozess bestimmter Qualität etabliert, der dann einen bestimmten Teil des Funktionierens bestimmt. Diesem Prozess bestimmter Qualität liegt ein neuronales ErregungsMuster zugrunde. Je besser ein neuronales Erregungs-Muster gebahnt ist, desto stabiler ist der Attraktor. Das bedeutet, dass im seelischen Geschehen zu jedem Zeit-Punkt sehr viel Attraktoren aktiviert sind, die wechselseitig füreinander Constraints (feststehende, teils einschränkende, teils ermöglichende Bedingungen) und Kontroll-Parameter (steuernde, die jeweils besondere Qualität erzeugende Einflüsse) darstellen. Für Entwicklungs-Begleitung sind motivationale, emotionale, interpersonale und Störungs-Attraktoren die relevantesten. Zusammenwirken der Attraktoren Kontrolle Bindung/Kontakt Bedürfnis-Spannung Lust-Gewinn S+P Selbst-Wert-Erhöhung Reduktion Einschränkende Bedingungen (constraints) sowie interne und externe Kontroll-Parameter motivationale Attraktoren emotionale Attraktoren Einschränkende Bedingungen (constraints) sowie interne und externe Kontroll-Parameter interpersonale Attraktoren Prozesse im impliziten Funktions-Modus Konsistenz-Filter Bewusstes Wahrnehmen, Denken, Handeln und Fühlen Störungs-Attraktoren nehmen Einfluss auf alle Kontroll-Parameter der anderen Attraktoren Konflikt Vermeidung Konflikt- und Vermeidungs-Attraktoren tragen am meisten zur Entwicklung von Inkonsistenzen bei Einschränkende Bedingungen (constraints) sowie interne und externe Kontroll-Parameter Das Bewusstsein ist zugleich Produkt der Attraktoren und einer ihrer mächtigsten Kontroll-Parameter Intention Die Attraktoren bestimmen direkt die Prozesse, die im impliziten Funktions-Modus ablaufen InkonsistenzSpannung Eine hohe InkonsistenzSpannung ist der Nährboden für die Entwicklung von Störungs-Attraktoren Reduktion StörungsAttraktoren Einschränkende Bedingungen (constraints) sowie interne und externe Kontroll-Parameter emotionale Schemata und Attraktoren (AS) Affektive Regulations-Mechanismen Affekte, Emotionen, Gefühle Emotionale Schemata Emotionen, Ziele und Motivationen Emotionen als Umgebungs-Bezüge Emotionen als Bewertungen von Transaktionen Kognitiv-motivational-emotionales System Störungs-Macht emotionaler Attraktoren Veränderung von Emotionen 1 Emotional, rational und die Bedeutung nonverbaler Kommunikation Veränderung von Emotionen 2 Motivation, Bewertung und Gefühle Sechs Einfluss-Faktoren auf Gefühle bei Entwicklungs-Begleitung S+P Affektive Regulations-Mechanismen AS Phylogenetisch und ontogenetisch gibt es eine affektiv bestimmte VerhaltensSteuerung, lange bevor sich etwas entwickelt hat, was man als Kognition bezeichnen könnte. Affektive Regulations-Mechanismen sind Teil unseres ererbten artspezifischen Gedächtnisses. Aus psychobiologischer Perspektive haben die angeborenen affektive RegulationsMechanismen eine wichtige Überlebens-Funktion sowohl für das Individuum als auch für die Art. Individuell führen angeborene affektive Regulations-Mechanismen dazu, dass das psychische Geschehen ohne jede Verzögerung und ohne jedes Nachdenken auf bestimmte überlebenswichtige Ziele ausgerichtet wird. Im Zusammenleben mit den Art-Genossen dient das mit den grundlegenden Affekten fest verbundenen Ausdrucks-Verhalten der sozialen InteraktionsRegulation. Affektive Signale lösen bei der Umgebung bestimmtes, auf die jeweiligen Bedürfnisse bezogenes Verhalten aus. Zu den interkulturell invarianten affektiven Ausdrucks- und Reaktions-Bereitschaften, die als primäre Emotionen bezeichnet werden, gehören Freude Traurigkeit/ Niedergeschlagenheit/ Kummer/ Sorge Überraschung/ Schrecken Ärger/ Wut/ Zorn Ekel/ Abscheu Schmerz/ Leid/ Qual Angst/ Furcht Affekte, Emotionen, Gefühle AS In diesen affektiven Regulations-Systemen findet eine direktere Signal-Übermittlung und –Verarbeitung statt als bei symbolischer Informations-Verarbeitung im Neocortex. Bedeutungen müssen nicht semantisch entschlüsselt werden, sondern sind unmittelbar gegeben. Signale, die einen dieser Regulations-Kreise aktivieren, führen unmittelbar zu bestimmten Handlungs-Bereitschaften, noch ehe Zeit für eine kognitive Bewertung der Situation war. Diese ohne Beteiligung höherer kognitiver Prozesse, ohne bewusste InformationsVerarbeitung ausgelösten psychischen Reaktionen können als Affekte bezeichnet werden im Unterschied von anderen Emotionen. Gefühle sind gekennzeichnet als bewusstes Erleben eines bestimmten Gefühls. Die automatisch ausgelösten Affekte ergreifen Besitz vom Bewusstsein und richten die gesamte psychische Aktivität in eine bestimmte Richtung aus, z. B. als Flucht (weg von) oder Angriff (hin zu). Affekte haben drei klar erkennbare Funktionen: 1. Sie bewerten die gegenwärtige Beziehung des Individuums mit seiner Umgebung in Hinblick auf die Erfüllung oder Gefährdung angeborener Bedürfnisse. 2. Sie motivieren zu bestimmten Verhaltens-Weisen, wie z. B. Flucht oder Angriff, und energetisieren diese. 3. Sie haben eine Kommunikations-Funktion in der sozialen Interaktion. Mit Modifikationen gelten diese Funktionen auch für die komplexeren Emotionen. Entwicklungs-Beeinflussung zwischen Kognitionen und Emotionen erfolgt wechselseitig, d. h. dass die Emotionen, die unter Anpassungs-Druck entstehen, auch als Motor für kognitive Entwicklung wirken. Emotionale Schemata Andere Emotionen wie Dankbarkeit Ablehnung/ Verachtung Zustimmung/ Interesse Stolz Neid/ Missgunst/ Eifersucht Schuld/ Reue Scham/ Verlegenheit AS Neugier/ Erwartung/ Erforschungs-Lust Sehnsucht Hoffnung werden zwar auch in den meisten Kulturen in übereinstimmender Weise ausgedrückt, aber sie werden zu den sekundären Emotionen gezählt, weil in sie schon komplexere kognitive Bewertungen eingehen. Unsere emotionalen Reaktions-Möglichkeiten im Erwachsene-Alter und auch schon im frühen Kindes-Alter sind durch die sich neu entwickelnden kognitiven Möglichkeiten wesentlich vielfältiger und komplexer als die angeborenen Affekte. Emotionale Schemata können als Inhalte eines impliziten emotionalen Gedächtnisses betrachtet werden. Das Bewusstsein hat keinen Zugriff auf diese Schemata. Sie werden bottom-up automatisch durch relevante auslösende Bedingungen aktiviert und nehmen dann Einfluss auf Erleben und Verhalten. Phobien wären in diesem Sinne als emotionale Schemata anzusehen. Dass konditionierte Ängste oft über Monate und Jahre persistieren und außerordentlich resistent gegenüber Änderungen durch bewusste Einsichten sind, könnte daran liegen, dass das implizite Emotions-Gedächtnis durch Hirn-Strukturen vermittelt wird (Limbisches System, speziell die Amygdala), die unabhängig vom deklarativen Wissens-Gedächtnis operieren. Emotionen, Ziele und Motivationen motivationaler Attraktor emotionaler Attraktor AS Emotionen stellen eine ständige Bewertung des psychischen Geschehens im Hinblick darauf, wie dieses mit den motivationalen Schemata übereinstimmt, sowie der momentanen Individuums-Umgebungs-Beziehung im Hinblick auf aktivierte Ziele dar. Emotionen sind damit Attraktoren eigener Art. Jede Emotion entspricht damit einem transaktionalen Bezug des Individuums zu seiner Umgebung. Dass ein Individuum sich in diesem Bezug zu seiner Umwelt erlebt, ist das Ziele sind Ergebnis eines Bewertungs-Prozesses. erwünschte Bezüge des Die positive oder negative Erlebens-Qualität der Emotion ergibt sich daraus, Individuums ob der Individuums-Umgebungs-Bezug eine Erfüllung oder Nichterfüllung zu seiner eines Wunsches oder Zieles bedeutet. Umwelt. Wenn sich Ziele differenzieren, differenzieren sich auch die Emotionen. Bewusstheit ZielDifferenzierung Emotion Kognition Wenn auch kognitive Prozesse wie Ziel-Differenzierung und Bewusstheit bei der Entstehung und Veränderung von Gefühlen eine entscheidende Rolle spielen, heißt es nicht, dass es sich dabei immer um bewusste Prozesse handelt. Wann immer man also bei jemandem eine starke Emotion bemerkt, heißt das, das gerade ein wichtiges Ziel von ihm berührt worden ist. Diese Erkenntnis kann in der Entwicklungs-Begleitung als Hilfsmittel eingesetzt werden, um Zugang zu den von den Entwicklung suchenden Personen selbst nicht bewussten Wünschen und Befürchtungen zu finden: Welches Ziel wird berührt, wenn diese Emotion erlebt wird? Emotionen als Umgebungs-Bezüge AS Emotion Kern-Beziehungs-Thema Ärger/Wut Einen erniedrigenden, entwürdigenden Angriff gegen mich (Selbst-Achtung oder Ansehen verletzt) und das Meine abwehren wollen Angst Einem unbestimmten, existenziell bedrohlichen Schrecken ausgeliefert sein Furcht Einer unmittelbaren, konkreten und überwältigenden Gefahr gegenüberstehen Schuld Einen moralischen Imperativ oder ein Tabu verletzt, ein Gebot oder Verbot überschritten haben Scham Versagt haben, abgewichen sein gegenüber perfektionistischen Anforderungen des Ich-Ideals Trauer Einen scheinbaren oder realen unwiederbringlichen Verlust erlitten haben Neid Selbst haben wollen, was jemand anderes als Kompetenz oder Besitz zur Verfügung hat Eifersucht Einer dritten Person verübeln, dass man die Zuneigung einer geliebten oder begehrten Person verloren hat oder dass die Zuneigung bedroht scheint Ekel/ Abscheu Ein ungenießbares Objekt oder eine unerträgliche Idee (metaphorisch gesehen) aufnehmen (wollen, müssen) oder ihr zu nahe sein Freude Einen deutlichen Fortschritt in Richtung auf das Erreichen eines bedeutsamen Zieles machen Stolz Seine Ich-Identität stärken, indem man sich wertgeschätzte Objekte oder Leistungen zu eigen macht, entweder der eigenen oder von jemanden aus der Gruppe, mit der man sich identifiziert Erleichterung Eine störende, belastende Bedingung, die nicht mit den eigenen Zielen vereinbar war, hat sich zum Bessern gewandelt oder in Nichts aufgelöst Hoffnung Sich vor dem Schlimmsten fürchten und sich zugleich nach Besserung sehnen Liebe Sich nach Zuneigung sehnen oder an dieser teilhaben (nicht notwendig wechselseitig) Mitleid Bewegt sein durch das Leiden anderer Person mit dem Wunsch zu helfen Emotionen als Bewertungen von Transaktionen AS Die drei Komponenten der primären Bewertung beziehen sich auf den motivationalen Aspekt der Emotions-Entstehung: 1. Ziel-Relevanz: Relevanz der Ziele für die Transaktion eines Individuums. 2. Ziel-Kongruenz bzw. –Inkongruenz: Transaktionen, die als Annäherung an die Ziele empfunden werden, lösen positive Gefühle aus. Transaktionen, die wichtigen Ziele entgegenlaufen oder diese vereiteln, lösen negative Gefühle aus. 3. Art der Ich-Beteiligung: Welche persönlich wichtigen Werte sind betroffen? Selbst-Achtung und Ansehen: Wie stehe ich vor mir selbst und anderen da? Moralische Werte Ich-Ideale: Wie möchte ich gern sein? Lebens-Sinn: Was gibt meinem Leben Sinn? Wohlergehen anderer Personen: Wie sind Personen betroffen, die mir etwas bedeuten? Individuelle Lebens-Ziele: Was will ich erreichen? Die drei Komponenten der sekundären Bewertung beziehen sich vor allem auf den Bewältigungs-Aspekt und den Kontext der Transaktionen: 1. Zuschreibung von Verantwortlichkeit: Wer hat die Schuld an einen negativ bewerteten Ereignis (Ärger)? Wem kommt der Verdienst für ein positiv bewertetes Geschehen zu (Freude oder Stolz bei Selbst-Zuschreibung)? 2. Einschätzung des Bewältigungs- (Coping-) Potenzials sowie Kontroll- und Selbst-Wirksamkeits-Erwartungen : Wie schätze ich meine Möglichkeiten ein, mich gegenüber der Situation zu verhalten? 3. Zukunfts- oder Ergebnis-Erwartungen: Es geht um eine längere Zeit-Perspektive der Transaktions-Veränderungen und um die Einbeziehung der nachfolgenden Verhältnisse in der Umgebung, was Bedeutung hat für die allgemeinen BesserungsErwartungen. Kognitiv-motivational-emotionales System AS nach Lazarus Persönlichkeit Ziel-Festlegungen Glaubens-Sätze Wissen NeubewertungsProzess SituationsBedingungen SituationsDeutungen Bewertungs-Prozess einhergehend mit dem Erleben einer bestimmten Gefühls-Qualität Bewertungs-Ergebnis Handlungs-Tendenzen: ziel- und emotionsbestimmt GefühlsErleben physiologische Reaktionen Umwandlung in Aktion emotionsorientierte Bewältigung BewältigungsProzess situations- und problemorientierte Bewältigung Störungs-Macht emotionaler Attraktoren Funktional autonom gewordenen emotionale Attraktoren können im Zusammenleben mit anderen Menschen Problem verursachen. Es ist offensichtlich, dass etliche psychische Störungen vor allem dadurch gekennzeichnet sind, dass sich bestimmte Emotionen gewissermaßen verselbstständigt haben. Das trifft auf Angst-Störungen, Depressionen und Borderline-PersönlichkeitsStörungen zu. Wenn man als Entwicklungs-Begleitende mit solchen Attraktoren zu tun hat, geht es vor allem darum, die Kontroll-Parameter dieses emotionalen Attraktors herauszufinden. Entwicklungs-Begleitung muss anstreben, die Bedingungen zu verändern, die den emotionalen Kontroll-Parameter gegenwärtig aktivieren und aufrechterhalten, oder aber sie unter die Selbst-Kontrolle der Rat suchenden Personen zu bringen. Das würde erfordern, dass bereits vorhandene Kontroll-Parameter stärker gebahnt oder neue emotionale Attraktoren bei den Rat-Suchenden etabliert werden, die die bisherigen Kontroll-Parameter überschreiben. Insgesamt gelten für den Umgang mit emotionalen Attraktoren ähnliche Überlegungen wie für die Destabilisierung von Störungs-Attraktoren. AS Veränderung von Emotionen 1 AS Es wird gezielt versucht, problematische Bewertungen herauszuarbeiten und sie durch neue zu ersetzen, die nicht mehr zu denselben heftigen negativen Emotionen führen. Bei jedem negativen Gedanken kann man in einem „sokratischen Dialog“ unter anderem folgende Fragen stellen: Hilft mir dieser Gedanke, mich so zu fühlen/zu verhalten, wie ich will? Entspricht dieser Gedanke den Tatsachen? Ist er realistisch? Ist er logisch? Wo ist der Beweis dafür, dass es so ist? Welche Daten sprechen dafür/dagegen? Was würde ich einem guten Freund/einer guten Freundin raten, der/die so denkt? Emotionale Bewertungen, weil sie auf Erwartungen beruhen, können am besten durch reale Erfahrungen verändert werden. In der Verhaltens-Therapie richtet sich das Vorgehen oft auf beide Bewältigungs(Coping-) Komponenten aus, nämlich auf die emotions- und situationsorientierte Bewältigung. Was Rat suchende Menschen mit ihrem Gesicht ausdrücken, ist ihren bewusstseinsnahen Intentionen und Emotionen in der Regel näher als das, was sie über ihre sonstigen nonverbalen Kanäle ausdrückt. Aus der Art, wie ein Mensch etwas sagt und aus seiner Körper-Sprache erfahren wir mehr über Emotionen, die der Person bewusstseinsferner sind. Das gilt für den unteren Teil des Körpers noch mehr als für den oberen. Entwicklungsbegleitende sollten deshalb ausdrücklich auf Körper-Sprache und Sprechweise (Prosodie) achten, um den Rat-Suchenden zu helfen, Zugang zu ihren unbewussten Anteilen zu finden. Emotional, rational und die Bedeutung nonverbaler Kommunikation AS rechte Hirn-Hälfte linke Hirn-Hälfte nonverbal verbal analoge Kommunikation digitale Kommunikation emotional rational synthetisch, ganzheitlich-intuitiv analytisch implizit-perzeptuelles Gedächtnis explizit-konzeptionelles Gedächtnis eher unbewusst eher bewusst assoziative Reaktions-Funktionen Interpretations-Funktionen Zugang über Beobachtung nonverbaler Signale Zugang über (sokratisches) Gespräch und (Abfolge-) Logik-Abklärungen Entwicklungs-Begleitende sollten mit dem Oberkörper zur Rat suchenden Person hingeneigt sitzen, die Arme offen, die Hände locker im Schoß und, während die RatSuchende spricht, immer wieder mit dem Kopf nicken. Eigene Äußerungen sollten durch lebhafte Gestik unterstrichen werden. Die Beine sollten eher offen als übereinandergeschlagen sein. Der Tonfall der Stimme sollte warm und empathisch, professionell und kompetent, optimistisch und fürsorglich sowie echt und ehrlich klingen. Veränderung von Emotionen 2 Für die Veränderungs-Möglichkeiten der Wahrnehmungs-, Verhaltens- und emotionalen Reaktions-Bereitschaften als Grundlagen für die BeziehungsRegulation gilt das gleich wie für die übrigen Inhalte des impliziten Gedächtnisses: Sie können nur verändert werden, wenn sie zuvor bottom-up aktiviert wurden. In aktiviertem Zustand können sie entweder durch nicht bestätigende Wahrnehmungen verändert oder zum Gegenstand der bewussten Aufmerksamkeit und darüber schrittweise unter bewusste Kontrolle gebracht werden, um sie dann vielleicht später einmal in veränderter Form wieder zu automatisieren. Entwicklungs-Begleitende müssen vor allem prozessual wahrnehmen, denken und handeln lernen, wenn sie das Wirk-Potenzial der Begleit-Methoden ausschöpfen wollen. Durch Reden allein kann man jedenfalls das Beziehungs-Verhalten eines Menschen nicht dauerhaft verändern. Im verbalen Funktions-Modus gewinnt man zu vielen Inhalten des impliziten, emotionalen Gedächtnisses, die es zu verändern gilt, gerade keinen Zugang oder schwerer Zugang als über den impliziten, analogen Kommunikations-Kanal. Dennoch bleibt das Gespräch für Entwicklungs-Begleitung ebenso unverzichtbar wie der konzeptionelle Funktions-Modus für das psychische Funktionieren. Die besondere Stärke des psychischen Funktionierens scheint darin zu bestehen, dass die implizit-unbewussten und die explizit-unbewussten Prozess im engen Austausch miteinander stehen und arbeitsteilig im Hinblick auf die Ziele des Individuums zusammenarbeiten. AS Motivation, Bewertung und Gefühle AS Stufe 1: Keine Bewertung relevanter Inhalte erkennbar – Die Person beschäftigt sich nicht mit der Bearbeitung von Themen, die für die Lösung seiner Probleme bedeutsam sind. Stufe 2: Intellektualisierung – Die Person versucht, Erklärungen für ihre Probleme zu finden, die aber keinen Bezug zu ihren Gefühlen haben. Leitfrage: Wie kann ich X erklären? Stufe 3: Bericht – Die Person kann eigene problematische Verhaltensweisen oder Emotionen beschreiben. Leitfragen: Was hat sich konkret ereignet? Wie ist das Problem beschaffen? Stufe 4: Bewertung – Die Person kann zu bestimmten berichteten Inhalten Bewertungen ohne Benennung der eigenen Anteile (X ist blöd) entwickeln. Leitfrage: Was ist der Wert oder Unwert eines Inhalts-Bereiches? Stufe 5: Persönliche Bewertung – Die Person erkennt die Bewertungen als ihre eigenen (Ich finde X ist blöd). Leitfrage: Wie bewerte ich den Inhalts-Bereich? Stufe 6: Persönliche Bedeutung – Die Person beschäftigt sich mit den affektiven Konsequenzen seiner affektiven Verarbeitung. Leitfrage: Welche Gefühle, Stimmungen oder „gefühlten Bedeutungen“ löst der Inhalt in mir aus? Stufe 7: Erkennen und Benennen relevanter Bedeutungs-Strukturen (Repräsentations-Bildung) – Die Person wendet auf dieser Stufe seine Aufmerksamkeit den für die jeweilige Empfindung relevanten affektiven Schemata oder Motiven zu und arbeitet daran, diese zu repräsentieren, bewusst zu machen etc. Leitfrage: Was lässt mich in Bezug auf diesen Inhalt in dieser Weise fühlen? Stufe 8: Integration – Die Person erkennt Zusammenhänge zwischen diesem Schema und anderen Wissens-Beständen. Leitfragen: Finde ich bei mir Verbindungen zwischen der neu repräsentierten Bedeutung und anderen Bedeutungs-Aspekten? Zu welchen Veränderungen führen die neuen Erkenntnisse? Sechs Einfluss-Faktoren auf Gefühle bei Entwicklungs-Begleitung nach Greenberg et al. 1. Eine Entwicklungs-Begleit-Beziehung, in der sich dien Rat suchende Person aufgehoben fühlen kann. 2. Rat-Suchende richten ihre Aufmerksamkeit auf ihre inneren Erfahrungen, die sie im Moment wirklich erleben, nicht darauf, was sie verbal berichten. 3. Das emotionale Schema wird stimuliert und aktiviert durch Bottom-up-Aktivierung episodischer und emotionaler Gedächtnis-Inhalte mit nonverbalen Übungen, die einen Zugang zu impliziten Gedächtnis-Inhalten eröffnen. 4. Ermunterung der Rat-Suchenden, sich realen Angst-Situationen auszusetzen, die sie zuvor vermieden haben, um ihnen neue Erfahrungen zu verschaffen, auf die sie ihre bewusste Aufmerksamkeit richten, um so eine Umstrukturierung von Erwartungen in Gang zu bringen. 5. Es werden während der Entwicklungs-Begleitung Situationen hergestellt, in denen die Rat suchende Person sich in einer neuen Weise verhält, wie etwa Gefühle ausdrückt, die sie bisher noch nie zum Ausdruck gebracht hat. 6. Die Rat suchende Person kann korrigierende Erfahrungen bezüglich emotionaler und motivationaler Schemata in der Hier-und-jetzt-Interaktion mit der begleitenden Person machen, wenn solche Schemata in der Begleit-Situation aktiviert werden. AS Motivationale Schemata und Attraktoren (MS) Wer bin ich? Wer sind wir selbst? Wünschen, wollen und befürchten Psyche als Zusammenwirken neuronaler Prozesse Motivationale Klärung Motivationale Schemata als Regel-Kreise Differenzierung motivationaler Schemata Bedürfnisse und motivationale Schemata Intentionale oder Annährungs-Schemata Intentionale und Vermeidungs-Schemata Das Phänomen: Vermeidungs-Schema 1 Das Phänomen: Vermeidungs-Schema 2 Wirkung von Vermeidung Funktionen der bewussten Kognition Widerstand gegen Bewusstmachung von Vermeidungs-Zielen Konflikt-Schemata Konflikte und korrektive emotionale Erfahrungen Konflikte und korrektive rationale Erfahrungen Interpersonale und motivationale Konflikte Intentionale und Vermeidungs-Schemata 1 Intentionale und Vermeidungs-Schemata 2 S+P Wer bin ich? Wer sind wir selbst? MS Bei bewusster Realisierung werden aus Wünschen konkrete Ziele und Absichten und aus Intentionen Pläne und Handlungen. Das Ziel-Setzen, das Planen, das Entschieden und Handeln erleben wir als von uns selbst bestimmt. Eine wichtige Konstituente unseres Ich-Gefühls ist das Bewusstsein, dass ich Urheber meiner Handlungen und Kognitionen bin. Ich hebe den Finger an meiner rechten Hand. Ich lenke meine Aufmerksamkeit auf den Bildschirm. Aber wer bin ich? Wer sind wir selbst? Können wir selbst auch über unsere Wünsche und Befürchtungen bestimmen? Zumindest unsere Wahrnehmungen, Erinnerungen und Emotionen sind zu einem wesentlichen Teil von uns selbst bestimmt und nicht nur durch äußere Gegebenheiten. Emotionen zum Beispiel sind von unseren Zielen und Bewertungen bestimmt. „Die“ Wirklichkeit ist also „in Wirklichkeit“ zu einem wesentlichen Teil eine von uns selbst im Sinne unserer neuronalen Bereitschaften hergestellte Wirklichkeit. Dazu gehören vor allem auch motivationale Bereitschaften. Unser Erleben, unsere subjektive Wirklichkeit ist eine zielgeleitete Interpretation der „objektiven“, d. h. von uns unabhängigen Realität. Für diesen Eigenanteil ist unser Ich-Erleben oder Ich-Gefühl blind. Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass das, was wir als unser Ich erleben, das zentrale Steuerungs-Organ unseres Lebens und Seelen-Lebens ist. Unser Erleben ist eine emergente Qualität aus der Gesamtheit der neuronalen Prozesse, die in uns ablaufen. Unser Ich ist nicht der Überwacher und Herrscher über diese neuronalen Prozesse, sondern ihr Produkt. Wünschen, wollen und befürchten bewusst unbewusst Wunsch Befürchtung bewusst unbewusst Intentionen ErlebensQualität des Wünschens ErlebensQualität des Wollens ErlebensQualität der Bewusstheit unbewusst, d. h. keine ErlebensQualität MS Wenn wir etwas wünschen oder befürchten, dann liegen dem neuronale Prozesse mit bestimmten funktionalen Charakteristiken zugrunde. Wenn diese Wünsche oder Befürchtungen gleichzeitig noch mit der Erlebens-Qualität der Bewusstheit verbunden sind, sind neuronale Prozess mit anderen funktionalen Charakteristiken aktiviert, als wenn das Wünschen und Befürchten unbewusst bleibt. Es ist nach dieser Betrachtungs-Weise ganz selbstverständlich, dass es Wünsche und Befürchtungen geben kann, die nicht bewusst sind oder werden. Intentionen als diejenigen neuronalen Prozesse, die der übrigen neuronalen Aktivität eine bestimmte Ausrichtung geben und die das daraus resultierende Verhalten energetisieren, können mit der ErlebensQualität des bloßen Wünschens, aber auch mit der Erlebens-Qualität des Wollens verbunden und sie können bewusst oder nicht bewusst sein. Wenn intentionale Erregungs-Muster aktiviert sind, wirken sie sich per definitionem auf das psychische Geschehen aus – ob bewusst oder unbewusst. Psyche als Zusammenwirken neuronaler Prozesse MS Alle psychischen Phänomene ergeben sich aus dem Zusammenwirken neuronaler Prozesse mit bestimmten funktionalen Charakteristiken. Unser Gefühl des überwachenden und steuernden Ich ist eine von diesen Prozessen hervorgebrachte Erlebens-Qualität. Aber diese Erlebens-Qualität gibt die tatsächlichen Bestimmungs-Verhältnisse im psychischen Geschehen ebenso verzerrt wieder wie unser Wahrnehmungs-Erleben die tatsächlichen funktionalen Charakteristiken des Wahrnehmungs-Prozesses. Ebenso wie es nach dieser Konzeption nicht „das“ Ich oder „das“ Bewusstsein als zentrale Steuerungs-Instanz gibt, gibt es auch nicht „das“ Unbewusste. Unbewussten Prozessen wird eine sehr wichtige Rolle zuerkannt, aber es gibt überhaupt keine Instanzen, sondern nur funktionale Charakteristiken mit bestimmten neuronalen Grundlagen. Dabei wird der Gleichzeitigkeit vieler psychischer Prozesse eine hohe Bedeutung zugemessen, die weitreichende Folgen für die gesamte Sichtweise des psychischen Geschehens hat. Aus der Gleichzeitigkeit ergibt sich die große Bedeutung nicht bewusster Vorgänge, denn es gehört zur besonderen Qualität des Bewusstseins, dass nur wenig darin gleichzeitig Platz hat. Und es ergibt sich eine wesentlich andere Auffassung von der Stellung des Bewusstseins im psychischen Geschehen. motivationale Klärung Positive Erwartungen x WertÜbereinstimmung = MS Erwartung-mal-Wert-Theorie: Willkürliches Verhalten lässt sich aus dem Produkt der mit dem betreffenden Verhalten und seinen Folgen verbundenen Erwartungen und den damit verbundenen Werten (Bewertungen, Wünschbarkeiten) voraussagen. Für die Festlegung auf bestimmte Ziele, das Fassen von Absichten und den Entschluss, sie zu verwirklichen, ist ein bestimmter Modus der Handlungs-Kontrolle erforderlich, den Kuhl als HandlungsOrientierung bezeichnet. MotivationsStärke Handlungs-Orientierung ist demnach vor allem durch die Herausbildung, Aufrechterhaltung und Durchführung fester Intentionen und Vorsätze gekennzeichnet. KontrollModus der HandlungsOrientierung Dieser Handlungs-Orientierung steht der Kontroll-Modus der LageOrientierung gegenüber, der hauptsächlich durch eine fortwährende Beschäftigung mit dem eigenen Zustand gekennzeichnet ist. Beispiel im Zusammenhang mit Agoraphobie: wahrscheinliche Besserung der Symptome Je stärker die Motivation einer Unterstützung suchenden Person ist, sich von der Phobie zu befreien (positive Erwartungen) und wieder zu dem imstande zu sein, was sie bisher wegen ihrer Angst vermieden hat (Wert-Übereinstimmung), und je fester die Intention und Selbst-Verpflichtung dazu ist, sich der Angst auszusetzen (Kontroll-Modus der Handlungs-Orientierung), desto eher wie sie das tun und damit das zur Besserung beitragen, was sie willentlich (willkürlich) dazu beitragen kann. Motivationale Schemata als Regel-Kreise MS Von Anfang an ist unser Verhalten von Intentionen bestimmt. Wir sind von Natur aus so gemacht, dass wir eine Intention zur Bindung, zum In-KontaktSein mit einer oder ganz wenigen vertrauten Personen mit zur Welt bringen. Ein Neugeborenes ist bereits in der Lage, die Stimme seiner Mutter zu erkennen und hat für sie eine Vorliebe. Es gibt also bereits im Alter von drei Tagen ein rudimentäres Wahrnehmungs-Schema, das neuronal durch eine bereits gebahnte Erregungs-Bereitschaft repräsentiert ist. Das Neugeborene hat auch gelernt, mit welchem Verhalten es die Wahrnehmung herbeiführen kann (schnelleres Saugen). Es existiert also auch schon ein rudimentäres Handlungs-Schema. Das Verhalten ist darauf ausgerichtet, Wahrnehmung im Sinne eines bestimmten Zieles (Stimme der Mutter) herzustellen. Wir haben es hier also mit einem voll ausgebildeten Regel-Kreis zu tun. „Im Kontakt mit der Mutter sein“ – was nicht unbedingt die biologische Mutter und auch nicht weiblich sein muss – bleibt über viele Jahre hinweg eine wichtige MotivationsQuelle für das Kind. Säugling (3 Tage alt) Intention/Ziel/ Vorliebe: Mutters Stimme hören wollen HandlungsSchema WahrnehmungsSchema langsam saugen fremde Stimme schnell saugen Stimme der Mutter Regel-Kreis = motivationales Schema Differenzierung motivationaler Schemata motivationales Schema motivationale Bereitschaften (Intentionen) WahrnehmungsBereitschaften HandlungsBereitschaften emotionale ReaktionsBereitschaften fühlen Motivation MS Der größte Teil der Entwicklung motivationaler Schemata spielt sich zunächst nonverbal ab und wird Teil des impliziten Gedächtnisses. Diese im Gedächtnis niedergelegten frühkindlichen Erfahrungen sind daher mit den erste später entwickelten Codes wie dem Verbalen prinzipiell nicht abrufbar, wie es für Inhalte des impliziten Gedächtnisses allgemein gilt. Sie können aber bottom-up aktiviert werden und spielen auf diese Weise in der späteren Beziehungs-Gestaltung eines Menschen eine sehr wichtige Rolle, für die wir allerdings kein Bewusstsein haben. Ob wir uns zu einem Menschen spontan hingezogen fühlen, wird wahrscheinlich durch unbewusste Bottom-up-Aktivierungen solcher sehr früh angelegten motivational-interpersonalen Schemata bestimmt. Differenziert sich ein motivationales Schema aus, entwickeln sich alle seine Komponenten weiter wie Wahrnehmungs-, Handlungs- und emotionale Reaktions-Bereitschaften sowie motivationale Bereitschaften als Intentionen. Intentionen verbinden diese Teile zu einer Funktions-Einheit. Die Intentionen repräsentierenden neuronalen ErregungsMuster haben die besondere Funktions-Charakteristik, dass sie anderen Erregungs-Mustern ihren Rhythmus aufzwingen können. Das macht ihre bestimmende Funktion in der psychischen Aktivität aus. Intentionalität ist vielleicht die wichtigste Grundqualität des psychischen Geschehens. Bedürfnisse und motivationale Schemata LebensGeschichte motivationale Schemata Individuum erwünschte Bezüge Umgebung Motivationale Schemata sind intentionale Bereitschaften, die aus lebensgeschichtlich erworbenen Bahnungen entstanden sind. MS Motivationale Schemata entwickeln sich zunächst um grundlegende Bedürfnisse herum, die jeder Mensch mit auf die Welt bringt. Der Wortstamm „movere = bewegen“ bringt das Wesentliche dieser Schemata treffend zum Ausdruck. Sie bewegen das psychische Geschehen, bringen es in Richtung auf bestimmte Ziele in Gang. Ziele sind die erwünschten Individuums-Umgebungs-Bezüge, deren Erreichen oder Annäherung mit positiven, deren Ausblieben oder Behinderung von negativen Emotionen begleitet ist. Bedürfnisse nehmen also nicht in abstrakter Form auf das psychische Geschehen Einfluss, sondern über motivationale Schemata, deren Ziel-Komponenten von allem Anfang durch bestimmte Bezüge zur Umgebung definiert sind, die lebensgeschichtlich erfahren wurden. Ein Lebens-Lauf wird am stärksten von den motivationalen Schemata dieses Menschen bestimmt, denn diese bestimmen in jedem Augenblick, was ein Mensch tut, denkt und fühlt. Natürlich wird das Glück oder Unglück eines Menschen auch davon bestimmt, was ihm widerfährt, ohne dass er Kontrolle darüber hat. Aber der Hauptanwendungs-Bereich von Entwicklungs-Begleitung liegt dort, wo Menschen gegebene Glück-Möglichkeiten wegen ihrer motivationalen Schemata nicht wahrnehmen oder durch ihre motivationalen Schemata ihr Unglück selbst erzeugen. Intentionale oder Annäherungs-Schemata MS Reich ausgestattete motivationale Schemata sind die Grundlage einer guten seelischen Gesundheit. Die motivationalen Schemata, die sich um die Grundbedürfnisse (Kontrolle, Lust, Bindung, Selbst-Wert) herum entwickeln, sind darauf ausgerichtet, etwas anzustreben, herzustellen, herbeizuführen oder sich einem erwünschten Zustand anzunähern. Sie sind durch eine positive Tendenz „hin zu etwas“ gekennzeichnet. Wir können deshalb intentionale Schemata auch als Annäherungs-Schemata bezeichnen. Intentionale Schemata bestehen aus einer Anspruchs- und einer Fähigkeits-Komponente. Intentionale Schemata Anspruchs-Niveau (SollVorstellungen) bezüglich des Ausmaßes der BedürfnisBefriedigung Fähigkeiten zur Bedürfnis-Realisierung groß gering hoch Ausrichtung des Lebens auf die Realisierung positiver Intentionen; hohes Glücks-Potenzial und große Chance auf ein sinnhaftes und erfülltes Leben durch gezielte und ausdauernde Aktivitäten Gefühl der Überforderung, weil wegen Verwöhnung nicht gelernt wurde, sich für seine Interessen aktiv einzusetzen; negative Emotionen werden zur Hauptdeterminante des psychischen Geschehens niedrig Gefühl der Unterforderung in einem wenig erfüllten Leben; Neigung zur Depression Flaches, langweiliges Leben ohne viel Höhen und Tiefen Intentionale und Vermeidungs-Schemata motivationale Schemata als VermeidungsSchemata intentionale Schemata Intentionale Schemata kommen den Sternen gleich. VermeidungsSchemata sind wie Schwarze Löcher. MS Häufig besteht das Problem der Rat suchenden Personen nicht nur darin, dass ihre intentionalen Schemata zu gering entwickelt sind, sondern auch darin, dass die Bedürfnis-Befriedigung durch die Aktivität von Vermeidungs-Schemata behindert wird. Die „Weg-von-Reaktion“ gehört ebenso zur Grundausstattung des Menschen wie die „Hin-zu-Intention“. Die psychische Aktivität ist darauf ausgerichtet, Wahrnehmungen im Sinne von Zielen herbeizuführen und Abweichungen von Zielen zu vermeiden. Die psychische Aktivität wird gleichzeitig von annähernden und vermeidenden Tendenzen bestimmt. Vermeidungs-Schemata, Emotionen und Handlungs-Tendenzen: Furcht, Ekel, Verachtung gehören zu den primären, angeborenen Affekten und sind mit einer „Weg-von-HandlungsTendenz“ verbunden. Flucht, Abwehr, Vermeidung sind überlebenswichtige Bestandteile des Repertoires jedes lebenden Organismus. Man vermeidet alles, was aversive Empfindungen auslöst. So vermeidet man auch Ist-Soll-Inkongruenzen, da diese mit negativen Emotionen verbunden sind. Das Vermeidungs-Ziel und die negative Emotion sind mit der Zeit assoziativ so eng miteinander verbunden, dass sie funktional dieselbe Bedeutung haben. Das Phänomen: Vermeidungs-Schema 1 VermeidungsSchemata MS Kennzeichnend für Vermeidungs-Schemata ist, dass der gefürchtete Umgebungs-Bezug und die damit verbundene Emotion in der Regel nicht erlebt werden. Was nicht erlebt wird, kann nicht intentional gefördert werden. Der Einfluss eines Vermeidungs-Schemas betrifft nicht nur das Verhalten, sondern auch das Erleben. Neuronale Erregungs-Muster, die mit der Ziel-Komponente dieses Schemas nicht vereinbar sind, werden aktiv gehemmt statt gebahnt. unbewusst, Dazu gehören neben Gefühlen auch Gedanken (Kognitionen). bewusst, explizites Gedächtnis implizites Gedächtnis Ein ausgebautes Vermeidungs-Schema hat die Auswirkung, dass diesbezügliche Erlebens-Bestandteile, also Wahrnehmungen, Erinnerungen, Gedanken und Gefühle nicht bewusst erlebt werden. Vermeidungs Vermeidungs-Schemata können bewusst repräsentiert sein, z. B. als Schemata Vorkehrungen gegen potenzielle Gefahren. Die Aufmerksamkeit kann schränken den gezielt in den Dienst des Vermeidungs-Zieles gestellt werden. Erfahrungs-Raum des Individuums Bei Vermeidungs-Schemata, die nicht bewusst repräsentiert sind, weil ein und sie Teil des impliziten Gedächtnisses sind, kann die bewusste behindern damit Aufmerksamkeit nicht in den Dienst des Vermeidungs-Zieles gestellt die Entwicklung werden. positiver Die Vermeidung betrifft auch die Bewusstwerdung des Vermiedenen. intentionaler Das Bewusstwerden wäre mit schmerzhaften Gefühlen verbunden. Schemata. Und diese negativen Gefühle werden ebenfalls vermieden. Das Phänomen: Vermeidungs-Schema 2 MS Wegen des Bedürfnisses nach Kontrolle können Vermeidungs-Strategien einen immer mehr vorwegnehmenden Charakter annehmen. Wenn Vermeiden schon bei antizipierten möglichen Verletzungen, Enttäuschungen oder anderen negativen Gefühlen zu einer habituellen Reaktions-Weise wird, schränken sich die Bereiche, in denen die betreffende Person sich zielorientiert, nach BedürfnisBefriedigung strebend, verhält immer mehr ein. Damit wird aber das jeweilige Bedürfnis, dessen Verletzung vermeiden wird, nicht weniger wichtig. Das Gegenteil ist der Fall. Für jemanden, für den Versagen etwas so Schreckliches ist, dass er alles tut, um es zu vermeiden, ist Leistung offensichtlich überaus wichtig. Wenn aber Leistungs-Situationen wegen der Gefahr des Versagens vermeiden werden, gibt es keine realen Befriedigungen des Leistungs-Bedürfnisses mehr. Eine der wichtigsten Möglichkeiten, selbstwerterhöhende Erfahrungen zu machen, wird beschnitten. Mit der Zeit muss ein Überhand nehmendes Vermeiden daher zu immer stärkeren Inkongruenzen zwischen Wünschen und realen Erfahrungen führen. Die Bedeutung des Wunsches wird immer stärker, aber auch die Angst vor seiner Verletzung. Das Vermeiden wird immer Sinne einer positiven Rückkoppelung noch ausgeprägter. Wer einmal angefangen hat zu vermeiden, befindet sich in der Gefahr, immer wahrscheinlicher zu vermeiden, bis sich das Vermeiden schließlich automatisiert und vollkommen unbewusst erfolgt. Wirkung von Vermeidung MS Die Wirkung motivationaler Vermeidungs-Schemata kommt nicht nur in der Verhinderung von Bewusstsein für etwas, also in der Verdrängung zum Ausdruck. Sie wirkt sich auch auf das sonstige Verhalten der betreffenden Person aus. Sie vermeidet (bewusst oder unbewusst), sich bestimmten Erfahrungen auszusetzen, weil sie befürchtet (bewusst oder unbewusst), sie könne dabei in ihren Bedürfnissen (Kontrolle, Lust-Gewinn/Unlust-Vermeidung, Bindung, Selbst-Wert-Erhöhung) verletzt werden. Vermeidung hat die Wirkung, dass sich die dem Vermeidungs-Verhalten zugrundeliegenden neuronalen Erregungs-Muster perpetuieren, weil sie nicht mit neuen Erfahrungen überschrieben werden. Wer durch reale Erfahrungen der Vergangenheit oder durch Identifikations-Lernen Vermeidungs-Muster herausgebildet hat, testet in der Regel nicht mehr aus, ob die realen Beziehungs-Verhältnisse in den gegenwärtigen Lebens-Bedingungen das Vermeiden immer noch nötig machen. Wenn die gegenwärtigen Bedingungen ganz andere, positive Erfahrungen möglich machen würden, werden durch das Vermeiden eigentlich gegebene GlücksMöglichkeiten im Sinne positiver motivationaler Schemata nicht wahrgenommen. Diese intentionalen Schemata werden durch die betreffenden Vermeidungs-Schemata in ihrer Entwicklung blockiert. Sie werden jeweils nur ansatzweise aktiviert, um gleich darauf durch die Aktivität des Vermeidungs-Schemas gehemmt zu werden. Korrektive Erfahrungen sind das Ergebnis eines riskanten Tests. Sie erfordern die Aktivierung eines intentionalen Schemas über die Schwelle hinaus, ab der bisher die Aktivität des entsprechenden Vermeidungs-Schemas überwog. Funktionen der bewussten Kognitionen Bewusste Kognitionen RepräsentationsFunktion InterpretationsFunktion SteuerungsFunktion Steuerung wenig wirksam RepräsentationsFunktion InterpretationsFunktion Steuerung wirksam InterpretationsFunktion RepräsentationsFunktion MS Bewusste Kognitionen haben eine mehrfache Funktion im psychischen Geschehen: 1. Repräsentations-Funktion: Durch spezifische Interessen gefilterte Wiedergabe-Funktion für das, was ist und geschieht, im Dienste motivationaler Bereitschaften. 2. Interpretations-Funktion: Bewusste Kognitionen sind auch immer Wahrnehmungen im Dienste bestimmter Ziele, sind also intentionsgeleitete Interpretationen des Wiedergegeben. 3. Steuerungs-Funktion: Je größer der interpretierende (fantasierende) gegenüber dem wiedergebenden (realitätsbezogenen) Anteil der Kognition ist, desto weniger wirksam ist die Handlungs-Kontrolle des Individuums in der entsprechenden Situation, weil die Steuerungs-Funktion von Prämissen ausgeht, die nicht mit der „objektiven“ Realität übereinstimmen. Eine wesentliche Funktion von Entwicklungs-Begleitung sollte darum darin bestehen, darauf hinzuarbeiten, dass die Kognitionen der Rat suchenden Person die tatsächlichen Determinanten seines Tuns und Erlebens zutreffend repräsentieren. Dies ist die Voraussetzung für eine wirksame HandlungsKontrolle im Dienste förderlicher Entwicklungs-Ziele. Widerstand gegen Bewusstmachung von Vermeidungs-Zielen Aufmerksamkeit VermeidungsZiele Widerstand MS Die Veränderung von entwicklungshemmenden Vermeidungs-Schemata spielt in der Entwicklungs-Begleitung eine zentrale Rolle. Die Lenkung der bewussten Aufmerksamkeit auf die ablaufenden Prozesse widerspricht unter Umständen ganz direkt den VermeidungsZielen und muss daher gegen den „Widerstand“ dieser VermeidungsTendenzen erfolgen. Dieser Widerstand entspricht dem Grundgesetz der psychischen Aktivität, dass sie darauf ausgerichtet ist, Wahrnehmungen im Dienste von Annäherungs- und Vermeidungs-Zielen herzustellen. Wer versucht, Wahrnehmungen herbeizuführen, die diesem Grundgesetz widersprechen, löst zwangsläufig negative Emotionen aus und verstärkte psychische Aktivität im Dienste der aktivierten Vermeidungs-Ziele. VermeidungsTendenzen konkurrierende AnnäherungsIntentionen RessourcenAktivierung Darum ist es wichtig, mit den Vermeidungs-Tendenzen konkurrierende Annäherungs-Intentionen durch Ressourcen-Aktivierung so stark wie möglich zu machen (Vermeidungen schwächen, Intentionen stärken). Abschwächung von Vermeidungs-Schemata kann sowohl durch klärungs- als auch durch bewältigungsorientierte Verfahren herbeigeführt werden. Bewältigungs-Orientierung ist eher dann angezeigt, wenn die VermeidungsIntention bewusst ist. Klärungs-Orientierung ist dann angezeigt, wenn die funktionale Bedeutung eines Vermeidungs-Schemas der Rat suchenden Person zunächst noch nicht klar ist, wenn sie also noch kein Bewusstsein dafür hat, wo, wie und in welchem Ausmaß ihr Erleben und Verhalten von solchen VermeidungsIntentionen bestimmt ist. Konflikt-Schemata Konflikt-Schemata sind zum größten Teil unbewusst. MS Annäherungs- und Vermeidungs-Schemata können so eng miteinander verschränkt sein, dass sie als funktionale Einheit betrachtet werden können. Eine solche funktionale Einheit kann man als KonfliktSchema bezeichnen. Beispiel für ein Konflikt-Schema: intentionale Komponente VermeidungsKomponente aktivierende Einflüsse durch äußere und innere Situationen Wut-Gefühle, wenn UnabhängigkeitsIntentionen nicht verfolgt werden SchuldGefühle, wenn UnabhängigkeitsIntentionen verfolgt werden aktivierende Einflüsse hemmende Einflüsse Einer Rat suchenden Person wurden als Kind bei Unabhängigkeits-Bestrebungen durch ihre Eltern SchuldGefühle vermittelt (Du darfst uns nicht allein lassen.). Wegen der Schuld-Gefühle werden Wahrnehmungen im Sinne der Unabhängigkeits-Intention immer seltener. Inkongruenz-Signale bezüglich des Unabhängigkeits-Zieles führen zum verstärkten Auftauchen von UnabhängigkeitsWünschen. Durch die Inkongruenz-Bewertung werden negative Gefühle ausgelöst, z. B. Wut auf die Eltern. Durch Wut wird die mit Schuld-Gefühlen verbundene Vermeidungs-Intention aktiviert. Je stärker bestimmte Situationen die neuronalen Muster der intentionalen Komponente aktiviert werden, desto stärker werden diese ihrerseits die Vermeidungs-Komponente samt Schuld-Gefühlen aktivieren. Ein Konflikt-Schema kommt damit einer „neuronalen Schaukel“ gleich, aus der es kein Entkommen zu geben scheint. Konflikt zwischen Intention und Vermeidung Wird die intentionale Komponente eines KonfliktSchemas aktiviert, aktiviert sie ihrerseits die Vermeidungs-Komponente. Diese wirkt dann hemmend auf die intentionale Komponente zurück. Intentionale Komponente StörungsAttraktoren VermeidungsKomponente KonfliktSchema MS Die beiden Komponenten behindern sich gegenseitig in ihrer Aktivität. Es kommt zu einer Diskordanz-Spannung (Spannung aus interner Inkonsistenz). Wird die gesamt Diskordanz im psychischen Geschehen zu hoch, wird das psychische Geschehen nicht mehr von eindeutigen motivationalen Ordnungs-Mustern bestimmt, weil sich diese gegenseitig behindern. Es kommt zu Fluktuationen auf hohem SpannungsNiveau, die die Entwicklung neuer OrdnungsMuster, z. B. von Störungs-Attraktoren, begünstigen, die nicht auf die Befriedigung von Bedürfnissen ausgerichtet sind. Vermeidungs-Komponente im Konflikt-Schema Intentionale Komponente VermeidungsKomponente KonfliktSchema MS Von der Vermeidungs-Komponente eines Konflikt-Schemas gehen drei negative Einflüsse aus. Vermeidung kann verhindern, 1. dass sich die Rat suchende Person Situationen aussetzt, in denen sie korrektive Erfahrungen machen könnte. 2. dass bei Rat-Suchenden ein zutreffendes Bewusstsein für die funktionalen Zusammenhänge entsteht, die sie in die Lage versetzen könnte, willentlich gezielt darauf Einfluss zu nehmen. 3. dass es zu einer Veränderung der motivationalen Kontroll-Parameter des Störungs-Attraktors kommt. Vor allem die VermeidungsKomponente ist als eine aufrechterhaltende Bedingung für die Störung in Rechnung zu stellen. Die Aktivität der Vermeidungs-Komponente kann durch zwei Einflüsse gehemmt werden: 1. Die Rat suchende Person kann sich in Eigeninitiative oder mit Unterstützung durch bewältigungsorientierte Interventionen der Begleitenden forciert Situationen aussetzen, die das Potenzial für korrektive Erfahrungen in sich bergen. Diese würden in mit der intentionalen Komponente kongruenten Erfahrungen bestehen und diese Komponente zuungunsten der Vermeidungs-Komponente aktivieren und stärken. 2. Es wird als Ergebnis von Eigenbemühungen der Rat-Suchenden oder durch bewusstseinschaffende, klärungsorientierte Interventionen der Begleitenden ein Bewusstsein für die problemrelevanten Zusammenhänge geschaffen. Konflikte und korrektive emotionale Erfahrungen Seite der EntwicklungsBegleitung positive Ziele und Wünsche TestSituation Befürchtungen/ pathogene GlaubensSätze SchuldGefühle der Rat suchenden Person WP Ein zutreffendes Verständnis der Konflikt-Dynamik einer Rat suchenden Person könnte eine über die eigentliche Klärungs-Arbeit hinausreichende Bedeutung haben. Eine Rat suchende Person kommt einerseits mit Zielen in die Entwicklungs-Begleitung, die ihrer Selbst-Verwirklichung dienen. Diesen positiven Zielen stehen aber Befürchtungen, pathogene Glaubens-Sätze, Abwehr-Muster, einschränkende Einschärfungen, Tabus und Verbote gegenüber, die das Erreichen der Ziele behindern. Diese pathogenen Glaubens-Sätze sind oft mit Schuld-Gefühlen verbunden. In der Entwicklungs-Begleit-Beziehung entwickelt die Rat suchende Person den Wunsch, im Sinne seiner Ziele angenommen zu werden und „testet“ daher die Begleit-Person, ob diese in dieser Hinsicht vertrauenswürdig sei, d. h. die Rat suchende Person verhält sich im Sinne ihrer Befürchtungen, um zu sehen, wie die Begleit-Person darauf reagiert. Besteht die Begleit-Person den Test, indem sie nicht im Sinne der Befürchtungen, sondern im Sinne der Wünsche reagiert, kommt es Test für Test zur Entkräftung der Befürchtungen und damit zu einer zunehmend vertrauensvollen Begleit-Beziehung. Diese meist unterhalb der Bewusstseins-Schwelle der Rat suchenden Personen erfolgende Entkräftung ihrer Befürchtungen kann man als korrektive emotionale Erfahrung ansehen. Konflikte und korrektive rationale Erfahrungen WP Vorgehens-Schritte: 1. Es wird in strukturierter Weise ein Problem identifiziert. Im Fall der kognitiven Therapien sind dies dem Verhalten und den Gefühlen zugrundeliegende implizite Annahmen (irrationale Leitsätze, Glaubens-Sätze, automatisierte Gedanken), die die Ereignisse interpretieren, Gefühle auslösen und Verhalten steuern. 2. Es werden Ziele definiert, durch deren Erreichen das jeweilige Problem behoben sein wird. Dies sind alternative, rationalere, funktionalere Gedanken, die Verhalten im Sinne positiver Intentionen unterstützen und zur Invalidierung problematischer Emotionen, also ebenfalls zu korrektiven emotionalen Erfahrungen beitragen sollen. 3. Es werden Schritte zum Erreichen dieser Ziele durchgeführt. Die impliziten Annahmen oder Erwartungen werden also einer empirischen und rationalen Überprüfung unterzogen, sowohl in Gesprächs-Form, z. B. im Sinne eines „sokratischen Dialogs“, als auch in Form von Überprüfungen auf der Ebene des unmittelbaren Erlebens und Verhaltens (prozessuale Aktivierung, reale Austestung), indem sich die Personen den Situationen aussetzen, in denen ihre Befürchtungen aktualisiert werden. Überprüft werden Ergebnis-Erwartungen zu dem, was passieren wird, wenn die Person etwas Bestimmtes tut. Werden sich Bezugs-Personen wirklich dauerhaft von ihr anwenden, wenn sie ihnen gegenüber auch einmal Nein sagt, Forderungen stellt oder Ärger-Gefühle äußert? Überprüft werden Selbst-Wirksamkeits-Erwartungen: Ist eine bevorstehende Anforderung z. B. wirklich unerträglich und nicht zu bewältigen oder ist die Situation zu bewältigen – vielleicht mit Vorbereitung? Überprüft werden Reaktions-Erwartungen: Wird es die Person wirklich nicht aushalten können, wenn sich einige Personen abwenden, falls sie ihre wirklichen Gefühle zum Ausdruck bringt? Wird sie sich dann wirklich völlig allein, ungeliebt und wertlos fühlen? Interpersonale und motivationale Konflikte WP Alle Aussagen über unbewusste motivationale Konflikte sind eigentlich Aussagen über internalisierte Beziehungs-Muster, die sich in den gegenwärtigen Beziehungen der Rat suchenden Person – auch gegenüber Entwicklungs-Begleitenden – wiederholen. Es handelt sich bei Konflikten also um Repräsentationen von Beziehungs-Mustern, die sich wiederum in realen Beziehungs-Mustern manifestieren. Es kann heute kein Zweifel mehr daran bestehen, dass zwischenmenschliche Beziehungen und ihre Spuren im Gedächtnis der wichtigste Nährboden für psychische Störungen sind. Es ist unwahrscheinlich, dass ein therapeutischer Ansatz sich als optimal erweisen könnte, der der interpersonalen Dimension des seelischen Geschehens nicht große Bedeutung zumisst und sie angemessen ausarbeitet. Motivationale, intrapsychische und interpsychische Konflikte gehören zum innersten Wesen des Mensch-Seins. Sie haben nicht nur für die Psychotherapie eine Bedeutung, sondern für das ganze Verständnis des Menschen an sich. Konflikte haben auch nicht nur eine negative Bedeutung, sondern sie sind für die Entwicklung zum reifen, erwachsenen Individuum absolut unverzichtbar Konflikte sind so wichtig für die psychischen Gesundheit, dass sie alle EntwicklungsBegleitende angehen. Intrapsychische Konflikte sind eine erhebliche Quelle von Stress und spielen bei der Entwicklung vieler psychischer, aber auch anderer GesundheitsStörungen eine Rolle. Im Verhältnis zur wahrscheinlichen Relevanz motivationaler Konflikte für EntwicklungsBegleitung ist die empirisch-wissenschaftliche Beschäftigung damit bisher rudimentär. Aber eine Psychologie ohne Vorstellungen über motivationale Konflikte kann keine vollständige Psychologie sein. Intentionale und Vermeidungs-Schemata 1 Intentionale Ziele WP Vermeidungs-Ziele 1. Abschneiden im Vergleich zu anderen Herausragen: überlegen, perfekt, begehrt sein, etwas gelten Schlecht abschneiden: unterlegen sein, sich blamieren, Makel zeigen, sich festlegen 2. Eigenschaften und Ressourcen Vorteilhafte Eigenschaften haben: offen, selbstsicher sein, geistige Fähigkeiten haben 3. Übergeordnete Standards Einem Standard entsprechen: tüchtig, gefällig sein, sich anpassen Gegen einen Standard verstoßen: schuldig sein, bestraft werden 4. Identität und Selbst-Wert Gutes Selbst-Gefühl haben: wissen, wer man ist und was man kann, sich für wertvoll halten Sich für gewöhnlich halten/sich abwerten: gewöhnlich sein 5. Selbst-Verwirklichung Sich verwirklichen: Bedürfnisse befriedigen, sich entwickeln, höhere Ordnung suchen 6. Lust-Gewinn und Unlust-Vermeidung Gute Gefühle haben: glücklich sein, genießen, etwas erleben, sich körperlich wohlfühlen Unangenehme Gefühle/Empfindungen ertragen: Schmerzen ertragen 7. Kontrolle Sich unter Kontrolle haben: Situationen im Griff haben, verstehen Kontrolle über sich verlieren: machtlos sein, nicht verstehen Intentionale und Vermeidungs-Schemata 2 Intentionale Ziele WP Vermeidungs-Ziele 8. Aufgaben-Bewältigung Aufgabe bewältigen: gut funktionieren, kompetent sein, etwas leisten Scheitern: nicht genügen, inkompetent sein, versagen 9. Autonomie Autonom sein: unabhängig sein, sich selbst behaupten Autonomie verlieren: abhängig sein, von anderen bestimmt werden 10. Geben Für andere da sein: unterstützen, beschützen, kooperieren Schlecht für andere sein: anderen zur Last fallen 11. Beziehungen Positive Beziehungen haben: liebevolle, verlässliche, intime Beziehungen und soziales Netzwerk haben Beziehungen gefährden oder verlieren: streiten, verlassen werden, einsam sein 12. Beistand Beistand erhalten: unterstützt, beschützt werden Vernachlässigt werden: nicht unterstützt werden, nicht genug Zuwendung erhalten 13. Rückmeldung Positive Rückmeldung erhalten: anerkannt, bestätigt, angenommen, gemocht werden Negative Rückmeldung erhalten: nicht anerkannt, kritisiert, abgelehnt werden 14. Verletzung und Missbrauch Verletzt und missbraucht werden Störungs-Attraktoren (SA) Psychische Störungen als Störungs-Attraktoren Entwicklung psychischer Störungen Vom Konflikt zur Krankheit Von der Bedürfnis-Verletzung zur Störung Beeinflussung von Störungs-Attraktoren Störung und Inkonsistenz-Spannung S+P Psychische Störungen als Störungs-Attraktoren Die Phänomene der Emergenz, Versklavung und funktionalen Autonomie können mit dem Attraktor-Konzept besonders prägnant gefasst werden. Das spricht dafür, psychische Störungen als eine eigene Art von psychischen Attraktoren zu konzipieren. Psychische Störungen sind keine Varianten der normalen psychischen Aktivität. Es handelt sich um die Emergenz, um das Hervortreten von qualitativ andersartigen Zuständen des psychischen Geschehens. Wenn sich eine psychische Störung entwickelt und etabliert hat, versklavt sie einen guten Teil des Seelen-Lebens des betreffenden Menschen. Die Störung führt gewissermaßen ein Eigenleben neben den bewusst verfolgten Zielen der betreffenden Person. Sie breitet sich im Seelen-Leben aus. Sie ist nicht gewollt, sondern wird von der Person als außerhalb ihrer Kontrolle erlebt. Funktionale Autonomie bedeutet, dass sich ein Attraktor vom EntstehungsZusammenhang löst, also die Bedingungen, die zur Entwicklung einer psychischen Störung führen, nicht dieselben sein müssen, die die Störung später aufrechterhalten. Diese funktionale Autonomie wird schmerzhaft als Kontroll-Verlust erlebt. Nachdem sich das neue neuronale Erregungs-Muster stabil etabliert hat, braucht es für seine weitere Existenz nicht mehr die Verstärkung durch SpannungsReduktion. Es ist durch positive Rückkopplung funktional autonom geworden und kann nun über seine einzelnen Komponenten aktiviert werden. SA Entwicklung psychischer Störungen SA Ob sich bei einem Menschen eine bestimmte psychische Störung entwickelt, hängt einerseits von längerfristig bestehenden vorgebahnten Bereitschaften dazu, von den Risiko-Faktoren ab. Menschen können vorgebahnte Bereitschaften zu verschiedenen psychischen Störungen durch Herkunft oder Sozialisation in sich tragen. Die psychische Störung, die sich entwickelt hat, kann selbst den Nährboden für Störungs-Anfälligkeit bereiten in Form einer erhöhten Inkonsistenz im psychischen Geschehen. Dafür spricht die hohe Komorbiditäts-Rate psychischer Störungen. Andererseits ist dazu ein akuter Spannungs-Zustand, eine erhöhte Inkonsistenz im psychischen Geschehen erforderlich, der aus den Variationen (Fluktuationen) der psychischen Aktivität eine geeignete selektioniert und differenziell verstärkt. Die besondere Konstellation von Fluktuation und bestehender Inkonsistenz-Spannung kann im Leben dieses Menschen einmalig sein (Makro-Trauma) oder kleinere Inkonsistenz-Spannungen (Mikro-Traumata), die nicht erfolgreich durch zielorientiertes Verhalten im Sinne eines motivationalen Attraktors reduziert wurden, können sich oft wiederholt haben, bis sie stabil gebahnt worden sind. Gerade bei einmaligen Konstellationen ist es müßig, nachträglich den „Ursachen“ der psychischen Störung nachzugehen. Sie hat historisch eine Rolle gespielt. Aber dafür, ob sie während der EntwicklungsBegleitung besonders beachtet werden soll, ist allein die Frage entscheidend, ob die ehemalige Konstellation heute noch eine funktionale Bedeutung für die Aufrechterhaltung der Störung hat. Vom Konflikt zur Krankheit Konflikt Intention zur Reduzierung eines durch Bedürfnisse oder Attraktoren erzeugten SpannungsZustandes Vermeidung des SpannungsZustandes und der damit verbundenen negativen Emotionen Dies bewirkt erst einmal eine höhere Konsistenz im psychischen Geschehen mit zwei einigermaßen konsistenten Einheiten Das Bewusstsein wird durch Verdrängung vor Inkonsistenz geschützt StörungsAttraktoren sorgen in ihrem AktivitätsBereich für Konsistenz Vermeidung führt zu einer Dissoziation (Abspaltung, Verdrängung) im psychischen Geschehen. BedürfnisBefriedigung samt Wohlbefinden werden dadurch schwer beeinträchtigt. Ein immer größerer Teil der psychischen Aktivität wird vom neu gebildeten Störungs-Attraktor bestimmt, also versklavt. Die Komponenten des Konfliktes sind der Person deshalb nicht oder nur teilweise bewusst. SA Der Person steht ihr bewusst gesteuertes Verhalten zur Überwindung des Konfliktes, zur Herstellung von Konsistenz nicht voll zur Verfügung. KrankenStatus und TherapieNotwendigkeit Das führt zu einem gesamthaft erhöhten InkonsistenzNiveau. Ein StörungsAttraktor entsteht. Die Reduktion dieser häufigeren und heftigeren Inkonsistenzen verstärkt ein neues Ordnungs-Muster differentiell und bindet es zusammen. Von der Bedürfnis-Verletzung zur Störung SA Bestimmte Grundbedürfnisse werden verletzt – meist durch eine frühkindliche Lebens-Konstellation, aber auch später im Leben durch traumatisierende Erfahrungen. Es entstehen Inkonsistenz-Spannungen. Es entwickeln sich Strategien zur Vermeidung weiterer Verletzungen. Traumatische Erfahrungen werden entweder im Dienste des Konsistenz-Prinzips oder im Dienste der Schmerz-Vermeidung aus dem Bewusstsein ferngehalten, also verdrängt. Die um die verletzten Grundbedürfnisse herum entwickelten intentionalen Schemata und VermeidungsSchemata bestimmen danach das Erleben und Verhalten überwiegend im impliziten Funktions-Modus. Bewusst gesteuerte Prozesse sind auf andere Ziele ausgerichtet, also nicht mehr zielorientiert abgestimmt. Es kommt damit zu einer Dissoziation der im impliziten und bewussten Funktions-Modus ablaufenden Prozesse. Auf der VerhaltensEbene ist die wirksame Realisierung der Grundbedürfnisse behindert, was zu negativen Emotionen und schlechtem Befinden führt. Zusätzlich können auch die im impliziten FunktionsModus simultan-parallel ablaufenden Prozesse untereinander dissoziiert sein, dies geschieht umso mehr, je mehr die psychische Aktivität insgesamt von Vermeidungs-Schemata bestimmt wird. Auf der Ebene der inneren Regulations-Prozesse kommt es über die Dissoziation zur Dysregulation. Von der Dysregulation kommt es zur Entwicklung von Störungen. Die Art der Störung hängt davon ab, welche Regulations-Prozesse von der Dissoziation betroffen sind. Die Ordnungs-Muster der Störungen entwickeln ihre Eigendynamik und sind nicht mehr auf Bedürfnis-Befriedigung ausgerichtet Beeinflussung von Störungs-Attraktoren SA Entstehende Psychische Störungen sind als neue Erlebens- und Verhaltens-Möglichkeiten zu betrachten, stellen neue Ordnungs-Zustände der psychischen Aktivität dar. Psychische Störungen haben sich einstmals herausgebildet, weil sie ein geeignetes Mittel waren, bestimmte Bedürfnis-Spannungen abzubauen. Sonst wären sie als Ordnungs-Zustände nicht ausgewählt worden. Psychische Störungen können also als emergente neue Qualitäten des psychischen Funktionierens und somit als Attraktoren angesehen werden. Der im Gedächtnis in Form von Erregungs-Bereitschaften gespeicherte Attraktor löst sich von seinen Entstehungs-Bedingungen und wird funktional autonom. Psychische Störungen sind in ihrer Existenz also nicht mehr von den ursprünglichen Entstehungs-Bedingungen abhängig. Als funktional autonome Attraktoren können psychische Störungen auf verschiedenste Weisen aktiviert werden. Die gegenwärtigen Aktivierungs-Möglichkeiten sind als die entscheidenden Kontroll-Parameter eines Attraktors anzusehen. Die Kontroll-Parameter psychischer Störungen sind also in der Gegenwart zu suchen. Es muss also auf die gegenwärtigen Bedingungen Einfluss genommen werden, will man das System von dem gestörten in einen anderen Ordnungs-Zustand bringen. Die Therapie psychischer Störungen erfordert daher eine gegenwartsbezogenen störungsspezifische Beeinflussung. Es geht darum, Menschen vom versklavenden Einfluss eine Störungs-Attraktors zu befreien. Störungen und Inkonsistenz-Spannungen Inkonsistenz-Spannung stellt einen wesentlichen aktuellen Kontroll-Parameter für die Aufrechterhaltung einer Störung dar. Deshalb sollten Entwicklungs-Begleitende nach aktuellen Konflikten und Dissoziationen bei den Rat Suchenden Personen Ausschau halten, nicht um die Entstehung der Störung zu erklären, sondern um sie als mögliche aktuelle KontrollParameter zu berücksichtigen. Entwicklungs-Begleitung beschränkt sich nicht auf das Wegmachen von Störungen, sondern trägt auch einem nicht in diagnostischen Kategorien fassbaren menschlichen Unglück Rechnung, somit es mit den Mitteln der Entwicklungs-Begleitung zugänglich erscheint. Eine Verringerung von Inkonsistenzen im psychischen Geschehen, die einer Rat suchenden Person Möglichkeiten zu einer besseren Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse versperren, kann als ein Entwicklungs-Ziel von eigenem Wert angesehen werden. SA Interpersonale Attraktoren (IA) Bindung und interpersonale Attraktoren Wohlbefinden und Beziehungs-Erfahrungen S+P Bindung und interpersonale Attraktoren Der Mensch ist seinem Wesen nach auf andere bezogen. Das drückt sich unter anderem in seinem Grundbedürfnis nach Bindung aus. Die Beziehungs-Muster, die sich in den Beziehungen zu ihren primären BezugsPersonen entwickeln, sind zwar auch von der Rat suchenden Person mitbestimmt, aber mindestens ebenso stark von den Bezugs-Personen. Bei einem sehr kleinen Kind ist es eher so, dass seine motivationalen Attraktoren ein Spiegel der Beziehungs-Muster zu seinen primären Bezugs-Personen sind als umgekehrt. Wenn diese Beziehungs-Muster aber erste einmal internalisiert und zu stabilen motivationalen Attraktoren geworden sind, trägt die Rat suchende Person sie an ihre neu aufgenommenen Beziehungen heran. Das gilt für beide Beziehungs-Partner in gleicher Weise. Keiner der beiden kann die Beziehungs-Abläufe allein bestimmen, sondern in der Interaktion zwischen beiden entwickeln sich ein oder mehrere BeziehungsAttraktoren. Beziehungs-Attraktoren sind Beziehungs-Abläufe, die sich immer in ähnlicher Weise wiederholen. Änderung der Beziehungs-Abläufe bedeuten ein Überschreiben vorhandener Erregungs-Bereitschaften mit neuen Erfahrungen, so dass es weniger wahrscheinlich ist, dass der interpersonale Attraktor weiterhin das BeziehungsVerhalten versklavt. IA Wohlbefinden und Beziehungs-Erfahrungen IA Positive Bindungs-Muster sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet, die Entwicklungs-Begleitende für ihren Umgang mit Rat suchenden Personen konstruktiv nutzen können. Entwicklungs-Begleitende können a. feinfühlig auf die Rat-Suchenden eingehen, b. sich sensibel für ihre Regungen zeigen, c. sie nonverbal begleiten, indem sie das, was die Rat suchende Person berichtet, mit ihrer Mimik kommentieren d. für die Rat-Suchenden da sein, ohne sie zu dominieren, e. mit Tonfall, Körper-Haltung und Mimik Wärme und Engagement ausstrahlen, f. verständnisvoll gewährend sein, aber auch gleichzeitig führend und strukturierend, wenn die Rat suchende Person Unterstützung braucht. Feinfühliges Eingehen der Entwicklungs-Begleitenden auf die Entwicklung suchenden Personen bedeutet für letztere, dass sei mit ihrem Verhalten Wirkungen im Sinne ihrer motivationalen Schemata erzeugen. Entwicklungs-Begleitende verhalten sich gezielt so, das die Ent5wicklung suchenden Personen Erfahrungen im Sinne wichtiger motivationaler Schemata machen, die sie in ihrem realen Leben sonst nicht erfolgreich realisieren können (komplementäre Beziehungs-Gestaltung). Es kennzeichnet eine gute Bindungs-Beziehung und damit eine gute Beziehungs bei der Entwicklungs-Begleitung gleichermaßen, dass sie gleichzeitig Geborgenheit und Autonomie gewähren. Es wird also eine Fülle positiver Erfahrungen im Hinblick auf die Grundbedürfnisse nach Kontrolle (Autonomie) und nach Bindung (Geborgenheit) vermittelt. Gesamtmodell psychischen Geschehens Das Selbst Bedürfnisse und Bedürfnis-Stärke emotionaler Zustand nein Rückmeldung über Bedürfnis-Befriedigung motivationale Schemata Konsistent mit Bewusstsein? ja Implizites Wahrnehmen und Verhalten assimilierende Rückmeldung nein Aufmerksamkeit darauf ausgerichtet? ja Austausch mit der Realität Bewusstes Wahrnehmen, Denken und Handeln Austausch mit der Realität Realisierungs-Ebene akkomodierende Rückmeldung Summe aus dem Austausch mit der Realität über längere Zeit Ich-Gefühl mit Überzeugungen als kurzfristiger Effekt (state) SelbstBild + WeltBild längerfristiger, habitueller Effekt (trait) PEB Wirk-Faktoren und Wirk-Prinzipien (WP) in der Entwicklungs-Begleitung Wirkungsrelevante Aspekte Systematik von Perspektiven-Kombinationen Wirk-Faktoren Gesamtmodell der Wirkungs-Weise Wirk-Komponenten im Zusammenhang 1 Wirk-Komponenten im Zusammenhang 2 1. Inkonsistenz-Reduktion durch Ressourcen-Aktivierung 2. Inkonsistenz-Reduktion durch Veränderung motivationaler Schemata 1 2. Inkonsistenz-Reduktion durch Veränderung motivationaler Schemata 2 2. Inkonsistenz-Reduktion durch Veränderung motivationaler Schemata 3 2. Inkonsistenz-Reduktion durch Veränderung motivationaler Schemata 4 3. Destabilisierung von Störungs-Attraktoren durch problemspezifische Interventionen 1 3. Destabilisierung von Störungs-Attraktoren durch problemspezifische Interventionen 2 PEB Wirkungsrelevante Aspekte (WA) Bewertungs-Dimension Ressourcen-Perspektive Problem-Perspektive System-Dimension intrapersonale Perspektive interpersonale Perspektive Kommunikations-Dimension (Funktions-Modus) impliziter Funktions-Modus nonverbale Kommunikation bewusster Funktions-Modus inhaltliche Kommunikation Bedeutungs-Dimension motivationale Perspektive potenziale Perspektive Veränderungs-Dimension Zustands-Perspektive Veränderungs-Perspektive WP Bewertungs-Dimension (BD): Problem- und Ressourcen-Perspektive Problem-Perspektive Problem-Aktualisierung Ressourcen-Perspektive Aktivierung von Ressourcen Funktion der Ressourcen-Aktivierung Ressourcen und Wünschbarkeit Ressourcen und Realisierbarkeit Ressourcen-Aktivierung und Entwicklungs-Begleit-Beziehung Ressourcen-Aktivierung und Problem-Bewältigung Ressourcen-Aktivierung und Induktion von Besserungs-Erwartungen Induktion positiver Besserungs-Erwartungen Besserungs-Erwartung als Selbst-Wirksamkeits-Erwartung Rückkopplungs-Prozesse Erwartungen als Ressourcen-Aktivierung (Grafik) Wirk-Prinzipien im Zusammenhang Prozessuale Aktivierung Prozess zum Inhalt machen WA Problem-Perspektive Erleben motivationales Problem ProblemAnalyse RealisierungsProblem Verhalten BD Die Problem-Perspektive einzunehmen, ist bedeutsam für die inhaltliche Planung, für das Was der Veränderung: Was soll geändert werden? In der Psychotherapie wird fast alles aus einer Problem-Perspektive betrachtet. Für das Verständnis der Problematik einer Unterstützung suchenden Person ist die Einnahme einer Problem-Perspektive natürlich, notwendig und angemessen. In einer Problem-Analyse muss man z. B. feststellen, ob es sich um ein Realisierungs-Problem oder um ein motivationales Problem handelt oder um beides. Ein motivationales Problem läge dann vor, wenn intentionale nicht die Voraussetzungen dafür gegeben sind, dass sich das EntwicklungsVorgehen auf die Realisierung einer eindeutigen Intention ausrichten kann. In diesem Fall müsste das Vorgehen einen eindeutig intentionsverändernden Schwerpunkt haben. Soll die Entwicklungs-Begleitung einen Realisierungs-Schwerpunkt haben, so spielt für den weiteren Prozess die Art des Problems oder der Störung eine wichtige Rolle. Wenn man jedoch glaubt, man können aus der Problem-Perspektive heraus auch die Veränderung von Problemen konzipieren, so irrt man sich. Will man Veränderung aus der Problem-Perspektive heraus betreiben, geht man von dem Irrtum aus, dass die Therapierenden die UnterstützungSuchenden verändern. Problem-Aktualisierung WP Entwicklungs-Begleitung als Psychotherapie, Lebens-Beratung und Coaching ist ein institutionalisierter Rahmen dafür, die Aufmerksamkeit auf sich selbst zurückzuwenden, auf das, was man tut, wie man es tut und warum man es tut. Für die Beeinflussung der gegenwärtigen Lage sind allein die gegenwärtigen funktionalen Bedingungen wichtig. Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit hat ihr Ziel in der Zukunft. Man wird klugerweise fragen, wie es zu einer Störung gekommen ist, aber nicht mit der Erwartung, dass sich mit einer Beschäftigung mit den Ursachen die Störung aufhebt. Diese Reduktion auf Ursachen würde der Tatsache nicht gerecht, dass inzwischen neue neuronale Verbindungen angelegt wurden, die nun eigenständig (funktionelle Autonomie) auf vielen Wegen aktiviert werden können, nicht nur auf dem Weg, aus dem sie entstanden sind. Aus der Aufmerksamkeit für etwas, das bisher nicht Gegenstand der Aufmerksamkeit war, entsteht neuen Bewusstsein. Sowohl bei realisierungsorientierten als auch bei klärungsorientierten Therapien ist die unmittelbare Erfahrung wichtig. Die Aufmerksamkeit wird hierbei auf das gerichtet, was augenblicklich in der Rat suchenden Person abläuft, nicht auf äußere Abläufe. Es geht darum, was die Rat suchende Person gerade wahrnimmt, denkt, fühlt, tut, tun möchte und vermeiden möchte. Allen Vorgehens-Weisen ist die Annahme gemein, dass nur das geändert werden kann, was gerade prozessual abläuft. Ressourcen-Perspektive RessourcenPerspektive WIE Wahl des Vorgehens WAS ProblemPerspektive BD Ressourcen-Aktivierung meint sowohl, die von der Rat suchenden Person mitgebachten Bereitschaften und Möglichkeiten zu beachten und zu nutzen, die sie von sich aus ins Spiel bringt, als auch schlummernde Bereitschaften und Möglichkeiten zu wecken. Gezielte Ressourcen-Aktivierung setzt die Einnahme einer RessourcenPerspektive voraus. Die Ressourcen-Perspektive einzunehmen, ist bedeutsam für die prozessuale Planung, für das Wie der Veränderung: Wie kann das Problem am besten zum Positiven gewandelt werden? Woher sollen Kraft und Mittel für die Veränderung kommen, wenn nicht aus dem, was die Unterstützung suchende Person und ihre Lebens-Situation bereits an Intentionen und Möglichkeiten mitbringen bzw. enthalten? Was hat bei der Person gut funktioniert? Was hat sie schon erreicht, durchgestanden, überwunden? Welche Stärken hat sie? Was interessiert sie? Wozu ist sie motiviert? Was mag und macht sie von sich aus gern? Auf welche Erfahrungen kann die Person zurückgreifen? Welche liebenswerten Seiten hat die Person? Eine Person ändert sich in Wirklichkeit nur in Interaktion mit einer Anstöße gebenden und unterstützenden Begleit-Person. Dass sich die Unterstützung suchende Person für ihre Veränderung selbst verantwortlich fühlt, ist nach einer Vielzahl der empirischen Befunde eine wichtige Voraussetzung für eine positiven Entwicklung. Aktivierung von Ressourcen BD Als Ressource kann jeder Aspekt des seelischen Geschehens und darüber hinaus der gesamten Lebens-Situation eines Menschen aufgefasst werden, also z. B. motivationale Bereitschaften, Ziele, Wünsche, Abneigungen, RessourcenInteressen, Überzeugungen, Wert-Haltungen, Geschmack, Einstellungen, Perspektive Wissen, Bildung, Fähigkeiten, Gewohnheiten, Interaktions-Stile, physische Merkmale wie Aussehen, Kraft, Ausdauer, finanzielle Möglichkeiten und das ganze Potenziale der zwischenmenschlichen Beziehungen eines Menschen. Persön Aus der Ressourcen-Perspektive betrachtet stellt die Gesamtheit all lichdessen den Möglichkeits-Raum eines Menschen dar, in dem er sich keitsgegenwärtig bewegen kann, oder sein positives Potenzial, das er in den MerkVeränderungs-Prozess einbringen kann. Als Ressourcen betrachtet, male stellen die zuvor aufgeführten Merkmale die Quellen dar, aus denen ein Mensch sein Selbst-Wert-Gefühl bezieht. Aus einer negativen oder Problem-Perspektive betrachtet, können Problemdieselben Merkmale gleichzeitig als Beschränkungen (Constraints) Perspektive angesehen werden, denen die Person gegenwärtig unterliegt. Ressourcen-Aktivierung meint, unter der Vielzahl der PersönlichkeitsMerkmale solche aufzuspüren, die für den Rat suchenden Menschen motivationale stark besetzt und für sein Selbst-Wert-Gefühl besonders wichtig sind, und diese für den therapeutischen Veränderungs-Prozess zu mobilisieren. Ressourcen-Aktivierung knüpft an die vorhandenen Ziele, Werte und Möglichkeiten der Person an und versucht, diesen im Begleit-Vorgehen möglichst viel Raum zu geben. Funktion der Ressourcen-Aktivierung BD Es können fünf Funktionen der Ressourcen-Aktivierung im Prozess der EntwicklungsBegleitung festgestellt werden: 1. Die bedürfnisbefriedigenden Wirkungen der Ressourcen-Aktivierung verbessern das Wohlbefinden, fördern das Selbst-Vertrauen, ermutigten die Unterstützung suchende Person zu eigenen Problem-Bewältigungs-Versuchen und machen den Erfolg dieser Bewältigungs-Versuche wahrscheinlicher. 2. Die positiven Erfahrungen, die von den Begleitenden ausgehen, geben den Unterstützung-Suchenden Vertrauen in sie und führen zu einer beiderseitig guten Therapie-Beziehung, die im Folgenden einen guten Rückhalt gibt. 3. Der verbesserte Zustand der Unterstützung-Suchenden als Folge der InkongruenzReduktion und die gute Begleit-Beziehung machen Rat-Suchende aufnahmebereiter für Interventionen und bewirken, dass sie bereitwilliger und aktiver mitmachen (compliance). 4. Wenn Ressourcen wie positive motivationale Schemata aktiviert werden, werden die ihnen zugrundeliegenden neuronalen Erregungs-Muster besser gebahnt. Je mehr das psychische Geschehen von positiven motivationalen Schemata bestimmt wird, desto weniger wird es von Vermeidungs-Attraktoren und Störungs-Attraktoren bestimmt. 5. Neuronale Erregungs-Muster, deren Veränderung notwendigerweise mit dem Erleben starker negativer Emotionen verbunden sind, können dann wahrscheinlicher mit neuen Erfahrungen überschrieben werden, je mehr durch gezielte Ressourcen-Aktivierung während der Problem-Aktualisierung dieses Erleben in einen positiven Kontext eingebettet ist. Ressourcen und Wünschbarkeit BD Ressourcen können entweder der Wünschbarkeits- oder der RealisierbarkeitsKomponente im Handlungs-Phasen-Modell zugeordnet werden. Wünschbarkeit Ressourcen Realisierbarkeit Bestehende Intentionen können genutzt werden, um die Wünschbarkeit solcher Verhaltensweisen zu steigern, die für bestimmte therapeutische Schritte erforderlich sind. Entwicklungs-Begleitende müssen sich dessen bewusst sein, dass diese Schritte nur dann mit der gewünschten Volitions-Stärke ausgeführt werden, wenn sie für die Rat suchenden Personen die Realisierung einer eigenen Absicht darstellen, wenn sie also im Dienste bestehender und genügend starker Intentionen erfolgen. Entwicklungs-Begleitende dürfen die Veränderungs-Intentionen nicht einfach voraussetzen, sondern müssen versuchen, sie zu aktivieren, zu stärken und zu fördern. Wünschbarkeit entwicklungsförderlichen Verhaltens kann auch dadurch erhöht werden, dass Intentionen, die dazu in Konkurrenz stehen, abgeschwächt werden. Komplementäre Beziehungs-Gestaltung desaktiviert Intentionen, die die Entwicklung behindern würden und versucht solche Intentionen anzusprechen und zu fördern, die für die EntwicklungsZiele günstig wären. Zu Intentionen, die als Ressourcen genutzt werden können, würden auch Wünsche der RatSuchenden gehören, etwas der Begleit-Person zuliebe zu tun, vor dieser nicht schlecht dazustehen. Sogar gegenteilige Intentionen wie etwa der Begleit-Person zu beweisen, dass sie nicht Recht hat können zum Beispiel mit Hilfe paradoxer Instruktionen zur Herbeiführung des Gegenteils genutzt werden, was die Begleit-Person verschreibt oder voraussagt. Ressourcen und Realisierbarkeit BD Ressourcen können entweder der Wünschbarkeits- oder der RealisierbarkeitsKomponente im Handlungs-Phasen-Modell zugeordnet werden. Wünschbarkeit Ressourcen Realisierbarkeit Andere Ressourcen sind der Realisierbarkeits-Komponente zuzuordnen. Dazu gehören einerseits die Fähigkeiten und Gewohnheiten der Rat suchenden Personen. Das Vorgehen in der Entwicklungs-Begleitung sollte so gestaltet werden, dass die Unterstützung suchende Person mit ihren Fähigkeiten und gewohnten VorgehensWeisen zum Zuge kommt. Weitere Ressourcen wären z. B. auf der intrapsychischen Seite all die Erwartungen, die mit dem EntwicklungsIntentionen konform sind. auf der interpersonalen oder interpsychischen Seite all die konstruktiven Möglichkeiten, die die Lebens-Situation bietet, z. B als Unterstützung durch nahe Bezugs-Personen. Eine gute Entwicklungs-Begleit-Beziehung wirkt sich auf die motivationale Komponente und auf die Realisierbarkeits-Komponente für entwicklungsbezogenes Verhalten ganz allgemein aus. Sie stellt eine der wichtigsten Formen der Mobilisierung der auf Seiten der Unterstützung suchenden Personen vorhandenen Ressourcen dar. Ressourcen-Aktivierung und Entwicklungs-Begleit-Beziehung BD Ressourcen-Aktivierung kann unter prozessualem und inhaltlichem Aspekt betrachtet werden. RessourcenAktivierung gute EntwicklungsBegleitBeziehung Prozessual und in Bezug auf die Entwicklungs-Begleit-Beziehung gesehen bedeutet Ressourcen-Aktivierung, dass die Rat suchende Person von der sie begleitenden Person ausdrücklich Gelegenheit erhält, sich im Sinne seiner mitgebrachten Bereitschaften und seiner Stärken zur Begleit-Situation und zur begleitenden Person in Beziehung zu setzen. Ressourcen-Aktivierung heißt, den Rat-Suchenden ausdrücklich eine solchen Raum zur Verfügung zu stellen. Inhaltlich bedeutet Ressourcen-Aktivierung in der Entwicklungs-BegleitBeziehung, dass die Rat suchende Person ausgiebig Gelegenheit erhält, sich verbal gegenüber der seine Entwicklung begleitenden Person von seinen positiven Seiten her darzustellen und dass die Rat-Suchenden von den Begleitenden auch ohne ihr Zutun in diesen Seiten gespiegelt werden. Es wird also nicht nur über Problemgesprochen, sondern auch über Ziele und Werte, die die Rat suchende Person hochhält, und die Stärken, die sie aufzuweisen hat. Kriterium ist, dass sie sich durch die Thematisierung dieser Inhalte in ihrem Selbst aufgewertet fühlen kann. Ressourcen-Aktivierung geschieht zu einem großen Teil in der Entwicklungs-Begleit-Beziehung, durch diese Beziehung und für diese Beziehung, ganz davon abgesehen, dass eine gute Beziehung als Folge ein er gelungenen Ressourcen-Aktivierung angesehen werden kann und selbst eines wichtige Ressource der Rat suchenden Person darstellt. Ressourcen-Aktivierung und Problem-Bewältigung RessourcenPerspektive der BegleitPerson Rat suchenden Person vermehrte Wahrnehmung des positiven Selbst Erfahrung der Ziel- und WunschVerwirklichung BewältigungsUnterstützung durch BegleitPerson BD Je mehr sich eine Rat, Unterstützung und Entwicklung suchende Person im Zuge einer gelungenen Ressourcen-Aktivierung durch die Begleit-Person neben der Problem-Bearbeitung auch in seinen positiven Seiten wahrgenommen und bestätigt fühlt, desto mehr macht sie Wahrnehmungen im Sinne ihrer Ziele und ihres positiven Selbst. Solche Wahrnehmungen werden begleitet von positiven Gefühlen und führen damit zu einem zu einem aktuell besseren Selbst-WertGefühl und einem verbesserten Wohlbefinden. Sowohl im Zuge der Ressourcen-Aktivierung als auch durch viele kleine und vielleicht auch größere Bewältigungs-Erfahrungen macht die Person Wahrnehmungen im Sinne ihrer Ziele und Wünsche. Diese Wahrnehmungen und Erfahrungen werden nicht in Frage gestellt und hinterfragt, sondern unterstützt und gefördert. Beide Wirk-Faktoren sind darauf ausgerichtet, die Person dabei zu unterstützen, mehr zu werden, wie sie im Sinne ihrer bestehenden Ziele und Wünsche gern sein möchte. Dies scheint ein wesentliches gemeinsames Charakteristikum von Ressourcen-Aktivierung und Problem-Bewältigung zu sein. Ressourcen-Aktivierung und Induktion von Besserungs-Erwartungen RessourcenAktivierung Induktion positiver BesserungsErwartungen gelungene RessourcenAktivierung positive Beeinflussung des Erlebens positivere Erwartungen Einfluss auf eine positivere Zukunft BD Die Induktion von Besserungs- oder positiven VeränderungsErwartungen kann auch als ein Teilaspekt der RessourcenAktivierung gesehen werden. Erwartungen sind Gesamteinschätzungen der Situation. Wenn diese Gesamteinschätzung eine Annäherung an die Erfüllung sichtiger Ziele verspricht, können wir von Hoffnung sprechen. sind eine spezielle Art von Kognition. Im Unterschied zu Einstellungen und Überzeugungen sind viele Erwartungen zeitlich instabil, weil situationsabhängig. sind zu einem großen Teil das Ergebnis unbewusster Informations-Verarbeitung, müssen also nicht in sprachlich mitteilbarer Form kognitiv repräsentiert sein. spielen eine ähnlich Rolle wie sich selbst erfüllende Prophezeiungen. vermitteln zwischen subjektiv wahrgenommener Gegenwart und erwünschter oder gefürchteter Zukunft. Da gelungene Ressourcen-Aktivierung die subjektiv erlebte Gegenwart positiv beeinflusst, führt sie zu positiveren Erwartungen und nimmt damit Einfluss auf eine positivere Zukunft. Erwartungs-Induktion ist also ein integraler Bestandteil des positiven Rückkoppelungs-Prozesses, der durch Ressourcen-Aktivierung in Gang gebracht und gefördert werden soll. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine Situations-Bewertung zu positiven Besserungs-Erwartungen führt, wird durch gelungene Ressourcen-Aktivierung wesentlich erhöht. Induktion positiver Besserungs-Erwartungen BD Die Induktion positiver Erwartungen auf wirksame Hilfe und baldige Besserung ist der erklärte Wirk-Mechanismus der „Placebo-Therapie“, aber auch einer der wichtigsten WirkMechanismen bei den meisten Psychotherapien, die zu einem guten Ergebnis führen. Kompetenz-Eindruck durch eine professionell durchgeführte Abklärung im Hinblick auf das Vorgehen in der EntwicklungsBegleitung in einem professionell wirkendem Umfeld Positive BeziehungsErfahrungen durch das Gefühl, von einer engagierten Begleit-Person angenommen und verstanden zu werden Vermittlung eines glaubwürdigen Vorgehens-Konzeptes Induktion positiver VeränderungsErwartungen durch verständliche und gut einsehbare psychoedukative Erklärungen und Offenheit bei Nachfragen zur Methode kompetente Verwirklichung des Vorgehens im Sinne des vermittelten Konzeptes (Vermeidung von Widersprüchen) Besserungs-Erwartung als Selbst-Wirksamkeits-Erwartung Motivationale Bewertungen und Erwartungen als Ergebnis-, Selbst-Wirksamkeits- und Reaktions-Erwartungen sowie das Zusammenwirken von Motivation und Erwartung spielen sowohl für willkürliches als auch unwillkürliches Verhalten oder Erleben eine entscheidende Rolle. willkürlich willkürlich Verhalten unwillkürlich unwillkürlich motivationale Bewertungen Erleben WP BesserungsErwartungen als Ergebnis-, Selbst-Wirksamkeitsund ReaktionsErwartungen Innerhalb der Besserungs-Erwartungen spielt die SelbstWirksamkeits-Erwartung eine herausragende Rolle. Die Erwartung von Selbst-Wirksamkeit hängt von der allgemeinen Zuversicht einer Person in Bezug auf Bewältigung von Lebens-Problemen ab und kann gefördert werden durch überzeugende Induktion positiver VeränderungsErwartungen, ressourcenaktivierende Maßnahmen, Erfahrung gelungener Problem-Bewältigung sowie Einsicht in die Zusammenhänge dieser drei WirkFaktoren. BesserungsErwartungen BewältigungsErfahrungen RessourcenAktivierung Rückkopplungs-Prozesse BD Induktion positiver Erwartungen - ein lange unterschätzter Effekt - bringt so etwas wie eine Ketten-Reaktion, einen sich selbst aufrechterhaltenden positiven Rückkopplungs-Prozess in Gang, was man auch als sich selbst erfüllende Prophezeiung bezeichnen könnte. die Feststellung, dass die Therapie wirkt, fördert die Aufnahme-Bereitschaft für das, was der Therapeut heranträgt, erhöht Kooperations-Bereitschaft und aktives Engagement für die Therapie und die Bereitschaft, sich auf neue Erfahrungen einzulassen diese Interpretation führt dazu, dass sie wirkt, weil ihre Glaubwürdigkeit auf die glaubwürdigste Weise als Erfahrung am eigenen Leibe bestätigt wurde die beiderseitigen positiven Erfahrungen haben Auswirkungen auf die Qualität der TherapieBeziehung diese positiven Veränderungen werden als Wirkung der Therapie interpretiert dadurch werden Voraussetzungen für weitere ErfolgsErlebnisse verbessert usw. Induktion positiver Erwartungen dies führt auf Seiten der therapierenden Person zu erhöhten Engagement, weil sie glaubt, auf dem guten Weg zu sein dies wirkt sich wiederum fördernd auf die Erwartung der Rat-Suchenden aus, das die therapierende Person ihr helfen kann und wird das hebt die Stimmung und führt zu positiven ZukunftsErwartungen Gefühl von Zuversicht mit mehr Mut, Schwung und Vertrauen an die Aufgaben herangehen dies führt zu kleinen ErfolgsErlebnissen diese stärken das Vertrauen, dass Veränderung möglich ist Erwartungen als… BD allgemeine BesserungsErwartungen Ergebnis-Erwartungen als Spekulationen darüber, was am Ende einer Reihe von Aktionen an Positivem oder Negativem, herauskommen wird Selbst-WirksamkeitsErwartungen als Erkenntnis oder Ignoranz, dass ich selbst es bin, die/der auf Gesundheit, Glück, Sinn, Zufriedenheit, Erfolg u. v. a. m. Einfluss nehmen kann als Hoffnung auf positive Veränderungen oder Befürchtung der Verschlimmerung der Problem-Situation Reaktions-Erwartungen als Fähigkeit oder Unfähigkeit zu begreifen, dass Reaktionen in Wirklichkeit Aktionen sind, die ich durch Vorannahmen (self fulfilling prophecy) herbeiführe Erwartungen bezüglich der Kontingenzen in der Mitwelt als Hoffnung auf konstruktive (Fein-) Abstimmung (Kontakt, Freundschaft, Liebe) mit anderen Menschen oder als Befürchtung von Entfremdung, Missverständnissen, Kontakt-Verlust, Ausstoßung, Isolation und Einsamkeit Ressourcen-Aktivierung (Grafik) ressourcenaktivierende Interventionen Bedürfnisbefriedigende Erfahrungen der Rat suchenden Personen = Inkonsistenz-Reduktion gute Begleit-Beziehung Aufnahme-Bereitschaft und aktive Mitarbeit Eigene ProblemBewältigungs-Versuche der Rat suchenden Person Veränderung störungsspezifischer KontrollParameter Destabilisierung des Störungs-Attraktors = Symptom-Reduktion verbessertes Wohlbefinden BD Wirk-Prinzipien im Zusammenhang Der Psychotherapie-Forscher Grawe führte die Wirkung der verschiedenen Therapie-Formen auf das Zusammenspiel dieser Wirk-Prinzipien zurück. Im Folgenden wird neben der Darstellung der einzelnen Wirk-Prinzipien besonders Wert gelegt auf die Darstellung des Zusammenspiel dieser Prinzipien. motivationale Klärung ProblemBewältigung Induktion von BesserungsErwartungen ProblemAktualisierung RessourcenAktivierung Erwartungen sind ein allgegenwärtiger Bestandteil des psychischen Geschehens. Sie spielen daher notwendigerweise bei jedem der vier Wirk-Prinzipien eine wichtige Rolle. BD Prozessuale Aktivierung Transformation von Unbewusstem in Bewusstsein intrapsychisch prozessuale Aktivierung als Transformation von Prozess in Inhalt interpersonal Meta-Kommunikation des Interaktions-Prozesses Veränderung von Intentionen durch Herstellung korrektiver emotionaler Erfahrungen BD Gespräche über Erleben und Verhalten, die bloße Inhalte bleiben, ohne dass Erleben und Verhalten gerade im Hier-und-Jetzt prozessual stattfindet, können nützlich sein, um solche Veränderungen vorzubereiten. Aber die Veränderung realisiert sich im Moment aktuellen Erlebens, unmittelbarer Erfahrung und prozessualen Geschehens. Die prozessuale Aktivierung ist kein SelbstZweck. Sie hat eine positive therapeutische Bedeutung nur im Zusammenhang mit einer Intentions-Realisierung oder der Veränderung von Intentionen. Deswegen hat dieses Veränderungs-Prinzip einen anderen logischen Stellen-Wert als die Intentions-Realisierung und IntentionsVeränderung. Diese haben ihren Wert in sich selbst. Prozessuale Problem-Aktualisierung hat eine Moderator-Funktion für die Realisierungs- und Klärungs-Prozesse im Sinne der Herstellung korrektiver emotionaler Erfahrungen. Prozess zum Inhalt machen BD Den Prozess zum Inhalt zu machen, ist eine veränderungswirksame Vorgehens-Weise. Die Konfrontation mit dem eigenen Erleben (experiential confrontation) hat sich als eine der wirksamsten therapeutischen Interventionen überhaupt herausgestellt. Die Entwicklung begleitende Person konfrontiert die Rat suchende Person dabei mit seinem gerade ablaufenden Erleben und Verhalten. Dies ist die wirksamste Weise, um bei Rat-Suchenden ein neues Bewusstsein für sein Erleben und Verhalten zu schaffen. Dabei gilt, dass sich diese Ergebnisse der Wirkungs-Forschung nicht nur auf das Beziehungs-Verhalten zwischen Rat-Suchenden und Begleitenden beziehen, sondern auf alles Erleben und Verhalten, das gerade tatsächlich abläuft. Das kann sich z. B. auch darauf beziehen, die die Rat suchende Person mit sich selbst umgeht, also etwa auf emotionale Kontroll-Prozesse, implizite Bewertungen usw. Wenn eine die Entwicklung begleitende Person prozessual aktiviertes problematisches Beziehungs-Verhalten der Rat suchenden Person ihr gegenüber ansprechen will, muss sie großen Wert darauf legen, dass sie es in solcher Weise und in einem solchen Kontext tut, dass die Rat suchende Person die Intervention als positive Hilfestellung erleben kann. Eine inhaltliche Thematisierung der Entwicklungs-Begleit-Beziehung unter dem ProblemAspekt sollte nur zurückhaltend und unter Achtung der Priorität der Ressourcen-Funktion erfolgen. Eine gute Beziehung ist eine notwendige Voraussetzung für Entwicklungs-Fortschritte. Inhaltliche Übertragungs-Arbeit ist aber nur eines von mehreren Mitteln zur wirksamen Beeinflussung motivationaler Konflikte und zur Intentions-Veränderung. System-Dimension: intra- und interpersonale Perspektive intrapsychisch interpersonal innerhalb 1 2 außerhalb 3 4 wechselseitige Ergänzung intrapsychisch intrapersonal interpsychisch interpersonal WA Wenn man bei Entwicklungs-Begleitung an StörungsAttraktoren, motivationale Schemata, an Inkongruenzen oder Diskordanzen denkt, nimmt man sowohl eine intrapsychische als auch eine Problem-Perspektive ein. Das Begleit-Geschehen ist grundsätzlich von interpersonaler Natur. Alle Begleit-Settings, ob Einzel-, Paar- oder FamilienBegleitung, sind interpersonale Settings. Denkt man über Entwicklungs-Begleitung nach, ist die interpersonale Perspektive unverzichtbar. Weder die interpersonale noch die intrapersonale Perspektive ist auf den Raum der Entwicklungs-Begleitung beschränkt. Das intra- und interpersonale Geschehen außerhalb der Beratungs-Situation ist mindestens von gleicher Entwicklungs-Relevanz wie das Geschehen innerhalb. Es ist offensichtlich, dass sich im Hinblick auf Entwicklungs-Begleitung und Entwicklung die intra- und interpsychische Perspektive ergänzen. Kommunikations-Dimension: impliziter und bewusster Funktions-Modus impliziter FunktionsModus analoge, nonverbale Kommunikation Spricht man vom Kommunikations-Modus, nimmt man eine interpersonale Perspektive ein. Spricht man vom Funktions-Modus, nimmt man eine intrapsychische Perspektive ein. intrapsychisch Gleichzeitigkeit Gleichzeitigkeit Kommunikations-Modus bewusster FunktionsModus digitale, inhaltliche Kommunikation Entsprechung WA Funktions-Modus interpersonal X X Die Bezüge und Transformationen zwischen den beiden Funktions-Modi der psychischen Aktivität sind für Entwicklungs-Förderung hochrelevant. Entwicklungs-Begleitende sollten regelmäßig beide Perspektiven auf das psychische Geschehen einnehmen. Dabei ist zu bedenken, dass der implizite Funktions-Modus nicht über den Weg des Bewusstseins, sondern nur über Aktivierung der Leib-Empfindungen und Gefühle im szenisch-dialogischen Zusammenhang seiner Entstehung und Aufrechterhaltung erschlossen und auf dem Wege der bewussten Beeinflussung zugeführt werden kann. Bedeutungs-Dimension: motivationale und potenziale Perspektive klärungs-orientiertes Vorgehen Gleichzeitigkeit motivationale Perspektive: Ziele, Wünsche, Bedürfnisse, Wollen potenziale Perspektive: Können oder Nichtkönnen, Fähigkeit, Kompetenz bewältigungsorientiertes Vorgehen WA Alle Abläufe des psychischen Geschehens können unter dem Aspekt betrachtet werden, welche Funktion die für Ziele oder Bedürfnisse des Individuums haben. Beispiel: Bei einem Paar-Konflikt kann man danach fragen, was die beiden dazu bringt, sich andauernd zu streiten. Unter der motivationalen Perspektive wäre ein klärungsorientiertes Vorgehen bei Entwicklungs-Begleitung angemessen. Gleichzeitig können dieselben Abläufe aus der PotenzialPerspektive, also unter dem Gesichtspunkt des Könnens oder Nichtkönnens, dem Fähigkeits- oder Kompetenz-Aspekt betrachtet werden. Beispiel: Man kann den Streit des Paares aber auch als ein Kommunikations- oder Problemlöse-Defizit ansehen, als Unfähigkeit, sich anders zu verhalten, weil ein gewaltfrei-friedliches Miteinander nie erfahren und deshalb auch nicht eingeübt werden konnte. Unter der potenzialen Perspektive wäre ein bewältigungsorientiertes Vorgehen angemessen. Je nachdem, welche Perspektive man einnimmt, ergibt sich eine andere Bedeutung für das jeweilige Verhalten. Veränderungs-Dimension: Zustands- und Veränderungs-Perspektive Inhalts- und ProblemPerspektive von Seiten der Rat-Suchenden Perspektive der BegleitPerson Zustand Veränderung • • • • Erkennen eines Problems, einer Störung Aktivierung einer bestehender ErregungsBereitschaft Diagnostizieren/Definieren • WA Problem-Lösung Überschreiben der Erregungs-Bereitschaft mit neuen Erfahrungen Destabilisierung eines Störungs-Musters Intervenieren Was aus der Perspektive der Begleit-Person als Veränderung erscheint, z. B. als Intervention im Begleit-Geschehen, kann aus der Perspektive der Rat suchenden Person das Erfassen eines Zustandes sein, wenn durch die Intervention zum Beispiel eine bestehende Erregungs-Bereitschaft aktiviert wird. Systematik von Perspektiven-Kombinationen (PK) WP Phänomene der Entwicklungs-Begleitung werden erkennbar in einer Kombination von Perspektiven. Sie haben einen Platz in allen 5 Perspektiv-Dimensionen. PerspektivenKombinationen sind Koordinaten in einem fünfdimensionalen Raum. Jedes Phänomen der Entwicklungs-Begleitung kann durch eine Kombination von 5 Perspektiven definiert werden. Mit Hilfe der Systematik soll mehrdimensionales Denken in Perspektiv-Kombinationen angeregt werden. intrapersonale Perspektive motivational ProblemPerspektive RessourcenPerspektive potenzial interpersonale Perspektive motivational potenzial Zustand Veränderung Zustand Veränderung Zustand Veränderung Zustand Veränderung impliziter FunktionsModus 1 2 5 6 9 10 13 14 bewusster FunktionsModus 3 4 7 8 11 12 15 16 impliziter FunktionsModus 17 18 21 22 25 26 29 30 bewusster FunktionsModus 19 20 23 24 27 28 31 32 Feld 1 Unbewusste Wünsche und Befürchtungen Unbewusste Konflikte Verdrängung Widerstand Abwehr-Mechanismen Symptom-Verschiebung Selbst-Ideal-Diskrepanz Minderwertigkeits-Komplex PK Feld 2 Korrektive emotionale Erfahrung Aufdeckende Therapie Einsicht Durcharbeiten Konfrontation Deutung Vertiefende Bearbeitungs-Angebote Focussing Prozess-Erfahrungs-Ansatz Selbst-Exploration PK Feld 3 Verstärkung Vermeidungs-Verhalten Bewusste Befürchtungen Erwartungen Irrationale Leitsätze Dysfunktionale Kognition Volition PK Feld 4 Token economies Verstärkungs-Pläne Sokratischer Dialog Realitäts-Tests Umdeutungen Paradoxe Interventionen Rollenspiele Selbst-Verpflichtung Therapie-Vorbereitung PK Feld 5 Aufmerksamkeits-Störungen Verarbeitungs-Stile Defizitäre Coping-Mechanismen Emotions-Dysregulation Encodier- und DekodierFähigkeiten für AusdrucksVerhalten Stress-Reaktionen Konditionierte Körper-Reaktionen Bindungs-Stil PK Feld 6 Defizitspezifische Trainings-Verfahren Entspannungs- und Meditations-Verfahren Bio-Feedback PK Feld 7 Soziale Hemmungen Bewusste Defizite wie Unfähigkeit zur SelbstKontrolle bei Bulimie, Spiel-Sucht etc. Unfähigkeit zur Kontrolle respondenten Verhaltens wie bei Schlaf-Störungen, Ängsten, Depression PK Feld 8 Selbst-Sicherheits-Training Störungsspezifische Interventionen wie Expositions-Therapie, Selbst-Kontroll-Verfahren, Stimulus-Kontrolle PK WP Wirk-Faktoren Einschränkende irrationale Überzeugungen werden bewusst und es gelingt eine Ablösung davon Personen erreichen wichtige Veränderungen in ihrem (sozialen) Umfeld Personen erhalten vielfältige Gelegenheiten für wichtige korrektive Erfahrungen Personen gewinnen bedeutsame Einsichten über sich selbst und ihre Beziehungen zu anderen WirkFaktoren Personen erwarten eine Besserung ihres Zustandes. Diese positiven VeränderungsErwartungen werden induziert durch: Angebot nachweislich wirksamer und individuell abgestimmter Begleit-Konzepten und -Methoden Erfahrung eines stimmigen und einleuchtenden Vorgehens während der EntwicklungsBegleitung Personen lernen erwünschte und verlernen unerwünschte Erlebens- und Verhaltens-Weisen Personen erfahren SelbstWirksamkeit und entwickeln ein Selbst-WertGefühl Erleben vertrauensvoller Beziehungen zu fachlich kompetenten EntwicklungsBegleit-Personen Gesamtmodell der Wirkungs-Weise fördernde, aktivierende Einflüsse hemmende Einflüsse ressourcenaktivierende Interventionen Bedürfnisbefriedigende Erfahrungen der Rat suchenden Personen = Inkonsistenz-Reduktion gute Begleit-Beziehung bewältigungsorientierte Interventionen korrektive Erfahrungen der Rat-Suchenden Aufnahme-Bereitschaft und aktive Mitarbeit eigene Problem-Bewältigungs-Versuche der Rat suchenden Person Veränderung störungsspezifischer Kontroll-Parameter Destabilisierung des Störungs-Attraktors = Symptom-Reduktion Veränderung motivationaler Kontroll-Parameter Konflikt-Schemata intentionale Komponenten verbessertes Wohlbefinden VermeidungsKomponenten bewusstseinsschaffende Interventionen Bewusstsein für problemrelevante Zusammenhänge WP Wirk-Komponenten im Zusammenhang 1 1. InkonsistenzReduktion durch RessourcenAktivierung 3. Destabilisierung von StörungsAttraktoren durch problemspezifische Interventionen 2. InkonsistenzReduktion durch Veränderung motivationaler Schemata WP Der Begriff der Wirk-Komponente bringt zum Ausdruck, dass sie als Teile eines Wirkungs-Ganzen gemeint sind. Jeder der drei komplexen Prozesse von Inkonsistenz-Reduktion durch Ressourcen-Aktivierung und durch Veränderung der motivationalen Schemata sowie der Destabilisierung von Störungs-Attraktoren durch problemspezifische Interventionen trägt auf seine Weise zum Gesamtergebnis bei. Diese drei unterschiedliche Wirk-Prozesse sind faktisch eng miteinander verbunden und können nur analytisch getrennt werden, um das Begleit-Handeln unter diesen drei Aspekten besser zu reflektieren und zu steuern. Die Wirk-Komponente der Ressourcen-Aktivierung ist den anderen beiden Komponenten logisch vorgeordnet, denn Ressourcen-Aktivierung schafft erst die Grundlage für andere Interventions-Möglichkeiten. Kommt dieser Prozess nicht in Gang, wird es in der Entwicklungs-Begleitung nicht zu positiven Veränderungen kommen. Wichtiger als die problembezogenen Interventionen selbst ist der motivationale Kontext, in dem sie erfolgen. Man wird mit seinen Interventionen keinen Erfolg haben, wenn nicht von Seiten der Rat-Suchenden die motivationalen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Wirk-Komponenten im Zusammenhang 2 1. InkonsistenzReduktion durch RessourcenAktivierung 3. Destabilisierung von StörungsAttraktoren durch problemspezifische Interventionen 2. InkonsistenzReduktion durch Veränderung motivationaler Schemata WP Ressourcen-Aktivierung und Destabilisierung von StörungsAttraktoren arbeiten einander zu. Die Destabilisierung eines Störungs-Attraktors schafft Raum für Ressourcen. Die Aktivierung und Bahnung der Ressourcen nimmt den Störungen den Raum für ihre Entfaltung. Wenn man gleichzeitig Ressourcen aktiviert und Störungen bearbeitet, bewirkt man synergetische Effekte im Hinblick auf das Ziel, dass das Seelen-Leben der Rat suchenden Personen (wieder) hauptsächlich von positiven motivationalen Schemata bestimmt wird. Fruchtbare Problem-Aktualisierungen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Rat-Suchenden auch in Entwicklungs-Begleit-Situationen mit emotional schmerzhaften Problem-Aktualisierungen positive Klärungs- und BewältigungsErfahrungen machen. Ressourcen-Aktivierung scheint also auch während der Bearbeitung eines Problems wichtig zu sein, nicht nur als Vorbereitung dazu. 1. Inkonsistenz-Reduktion durch Ressourcen-Aktivierung InkonsistenzReduktion durch: RessourcenAktivierung Veränderung motivationaler Schemata Destabilisierung von StörungsAttraktoren durch problemspezifische Interventionen WP Hintergrund allen Handelns in der Entwicklungs-Begleitung ist die Beachtung der vier Grundbedürfnisse: Bindung, Kontrolle, SelbstWert-Erhöhung und Lust-Gewinn. Zur Bindung: Von Entwicklungs-Begleitenden können vor allem zwei förderliche Einflüsse in Richtung auf eine ressourcenaktivierende Beziehungs-Gestaltung ausgehen: Sie können sich so verhalten, dass Rat-Suchende positive Beziehungs-Erfahrungen im Sinne einer guten Bindungs-Beziehung machen. Sie können die von den Rat-Suchenden mitgebrachten Ressourcen gezielt aktivieren und in den Entwicklungs-Prozess einbeziehen. Zur Kontrolle: Die Aktivierung der Ressourcen führt zu positiven Kontroll-Erfahrungen. Zur Selbst-Wert-Erhöhung: Aktivierung der Ressourcen führt auch zu selbstwerterhöhenden Wahrnehmungen bei den Rat-Suchenden. Jede positive Beziehungs-Erfahrung, Kontroll-Erfahrung und selbstwerterhöhende Wahrnehmung bedeutet eine Abnahme der bestehenden Inkongruenz zwischen realen Erfahrungen und den motivationalen Schemata der Rat-Suchenden. Inkongruenz-Reduktion wird direkt von einer Verbesserung des Wohlbefindens begleitet. Diese Besserung ist gleichbedeutend mit einer besseren Lust/Unlust-Bilanz. 2. Inkonsistenz-Reduktion durch Veränderung motivationaler Schemata 1 InkonsistenzReduktion durch: RessourcenAktivierung Veränderung motivationaler Schemata Destabilisierung von StörungsAttraktoren durch problemspezifische Interventionen WP Diejenigen Teile der psychischen Aktivität, die nicht direkt von einem Störungs-Attraktor bestimmt werden, werden im Wesentlichen von den motivationalen Schemata des Individuums bestimmt. Es sind daher hauptsächlich Konstellationen der motivationalen Schemata, die als individuelle Kontroll-Parameter, einer psychischen Störung in Frage kommen. Das erklärt ihre Individualität. Motivationale Schemata bestimmen, was ein Mensch tut und erlebt. Sie bestimmen auch den Inhalt seines Bewusstseins. Das Bewusstsein stellt den mächtigsten Kontroll-Parameter, die bedeutendste bei einer Personen individuell wirkende besondere Einfluss-Größe dar. Die Aktivität der motivationalen Schemata kann sich im impliziten Funktions-Modus abspielen. Sie haben so Einfluss auf Erleben und Verhalten einer Person und auf ihre Störung, ohne dass etwas davon in ihrem Bewusstsein repräsentiert ist. Voraussetzungen jedoch, dass diese Prozesse bewusst steuerbar werden, ist, dass dafür Bewusstseins-Inhalte gebildet werden. Dazu müssen die Prozesse im impliziten Funktions-Modus aktiviert sein und die Aufmerksamkeit der Rat-Suchenden muss sich auf diese Prozesse richten. 2. Inkonsistenz-Reduktion durch Veränderung motivationaler Schemata 2 InkonsistenzReduktion durch: RessourcenAktivierung Veränderung motivationaler Schemata Destabilisierung von StörungsAttraktoren durch problemspezifische Interventionen WP Auch die Lenkung der Aufmerksamkeit wird von motivationalen Schemata bestimmt. Ins Bewusstsein werden nur Inhalte aufgenommen, die vereinbar sind mit denen, die sich bereits darin befinden (Inkonsistenz-Filter). Die Aufmerksamkeit kann unter dem Einfluss von VermeidungsSchemata systematisch von den Prozessen weggelenkt werden, die gerade bottom-up aktiviert sind. Dieser Widerstand gegen das Ins-Auge-Fassen dessen, was ins Auge zu fassen bisher unbewusst vermieden wurde, kann auf zweierlei Weise überwunden werden: 1. Durch einen festen bewussten Vorsatz hinzuschauen, auch wenn es weh tut, also verstehen zu wollen, was sich dem Verständnis bisher entzogen hat. Dafür müssen entsprechende intentionale Schemata aktiviert sein. 2. Durch die Hilfe einer Begleit-Person, die einem hilft, die Aufmerksamkeit bewusster immer wieder dahin zu lenken, wo sie von selbst bzw. von impliziten Prozessen gesteuert nicht hin will. Dafür muss eine Vertrauens-Beziehung zu der Begleit-Person bestehen. 2. Inkonsistenz-Reduktion durch Veränderung motivationaler Schemata 3 InkonsistenzReduktion durch: RessourcenAktivierung Veränderung motivationaler Schemata Destabilisierung von StörungsAttraktoren durch problemspezifische Interventionen WP Die Herausbildung neuer Bewusstsein-Inhalte für bisher implizit verlaufene, aktiv aus dem Bewusstsein ausgeklammerte Prozesse hat zweierlei Folgen: 1. Die zuvor im impliziten Funktions-Modus abgelaufenen Prozesse werden bewusst steuerbar. Wenn diese Prozesse die Funktion von individuellen KontrollParametern für einen Störungs-Attraktor haben, gewinnt die Rat suchende Person bewusste Kontrolle über diesen Kontroll-Parameter mit positiven Folgen für die Destabilisierung des Störungs-Attraktors. 2. Zugleich werden die motivationalen Schemata beeinflusst, die zuvor einen vermeidenden Einfluss auf die Psyche ausübten. Der nachlassende Einfluss der Vermeidungs-Schemata eröffnet einen größeren Spiel-Raum für die Realisierung intentionaler Schemata und damit für eine bessere Bedürfnis-Befriedigung. VermeidungsSchemata intentionale Schemata Erweiterung des psychischen Spiel-Raums 2. Inkonsistenz-Reduktion durch Veränderung motivationaler Schemata 4 InkonsistenzReduktion durch: RessourcenAktivierung Veränderung motivationaler Schemata Destabilisierung von StörungsAttraktoren durch problemspezifische Interventionen WP Der Wirk-Prozess Inkonsistenz-Reduktion durch Veränderung motivationaler Schemata kann auf verschiedene Weise gefördert werden: 1. Es werden korrektive Erfahrungen im impliziten Funktions-Modus geschaffen, die unbewusste Befürchtungen entkräften und bedürfnisbefriedigendes Verhalten fördern. Beispiel „Beziehungs-Test“: Aufgrund erster positiver Beziehungs-Erfahrungen mit den Begleit-Personen im Hinblick auf ihr Bindungs-Bedürfnis wagt die Rat suchende Person einen Test in Richtung auf (geheime) Nähe-Wünsche, der von der Ambivalenz von Wünschen (Intentionen) und Befürchtungen (Vermeidungen) geprägt ist. Reagiert die Begleit-Person in Richtung der Wünsche, kommt es zu einer korrektiven Erfahrung verbunden mit der Verstärkung intentionaler ErregungsMuster. 2. Es werden bewusst Bewältigungs-Erfahrungen ermöglicht, die Vermeidungs-Schemata schwächen und intentionale Schemata stärken. Die therapeutische Fruchtbarkeit korrektiver Erfahrungen ist größer, wenn sich die betreffende Person ihre korrektiven Erfahrungen bewusst machen kann. 3. Im Zuge entwicklungsbegleitender Klärungs-Arbeit werden KlärungsErfahrungen herbeigeführt. Ein Klärungs-Vorgehen hat gegenüber impliziter Erfahrungs-Vermittlung den Vorteil, dass der Transfer der Erfahrung auf andere Situationen erleichtert wird. Zur Veränderung motivationaler Attraktoren ist die Klarheit über ihre KontrollParameter eine günstige Voraussetzung. 3. Destabilisierung von Störungs-Attraktoren durch problemspezifische Interventionen 1 InkonsistenzReduktion durch: RessourcenAktivierung Veränderung motivationaler Schemata Destabilisierung von StörungsAttraktoren durch problemspezifische Interventionen WP Wenn ein Mensch psychisch krank ist, dann ist er zweifellos in seinen Glücks-Möglichkeiten, d. h. in der Befriedigung seiner GrundBedürfnisse (Kontrolle, Lust-Gewinn, Bindung, Selbst-Wert-Erhöhung) schwer beeinträchtigt. Inkongruenz der realen Erfahrungen mit den Grund-Bedürfnissen ist der Nährboden, auf dem sich psychische Störungen als neue Attraktoren aufgrund der Emergenz des psychischen Geschehens entwickeln. Diese Inkongruenz ist darin begründet, dass die psychischen Prozesse sich gegenseitig behindern, so dass sich keine stabilen, auf Bedürfnis-Befriedigung ausgerichteten Ordnungs-Muster entwickeln können, oder dass die reale Außenwelt in traumatischem Ausmaß verletzend ist oder war wie im Falle akuter oder posttraumatischer BelastungsStörungen. Psychische Störungen entwickeln sich zu einem Zeitpunkt, an dem eine aktuell erhöhte Inkonsistenz im psychischen Geschehen vorhanden ist. Welche Art von Störung sich entwickelt, ist von den genetisch und epigenetisch erworbenen Bereitschaften und aktuellen situativen Kontroll-Parametern bestimmt. 3. Destabilisierung von Störungs-Attraktoren durch problemspezifische Interventionen 2 WP Interne Inkonsistenzen kommen dadurch zustande, dass motivationale Schemata miteinander in Konflikt stehen. Das ist vor allem in dem Ausmaß der Fall, in dem VermeidungsSchemata der Aktivität intentionaler Schemata entgegenstehen. Wenn durch bestimmte Wahrnehmungen, Erinnerungen und RessourcenGedanken gleichzeitig intentionale und Vermeidungs-Schemata Aktivierung aktiviert werden, stehen erregende und hemmende Einflüsse einander entgegen. Veränderung Aufgrund der wechselseitigen Blockierung kommt es zu einer motivationaler Spannung, die als Diskordanz bezeichnet wurde. Schemata In diesem gespannten, zwischen konkurrierenden OrdnungsMuster fluktuierenden Zustand können sich besonders leicht neue Ordnungs-Muster als Störungs-Attraktoren herausbilden. Diese Störungs-Attraktoren erhöhen aktuell den Ordnungs-Grad des in dem Moment motivational ungeordneten psychischen Destabilisierung Geschehens. von Störungs Das höchste Ziel der Entwicklungs-Begleitung muss daher darin liegen, Attraktoren die Konsistenz im psychischen Geschehen zu erhöhen. durch problem Konsistent ist das psychische Geschehen in dem Ausmaß, in dem spezifische die realen Erfahrungen mit den intentionalen Schemata kongruent Interventionen (mit den Bedingungen der äußeren Realität) und die motivationalen Schemata konkordant (mit dem inneren Erleben) sind. InkonsistenzReduktion durch: Das war‘s Vielen Dank. Viel Erfolg. Viel Glück. Viel Liebe.
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