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Finanziert vom Programm
„Strafjustiz“ der
Europäischen Union
Hürden und Lösungen
bei der Umsetzung des
Rahmenbeschlusses
2008/909/JHA
STEPS2-Wiedereingliederung: Förderung der Möglichkeit,
Gefängnisstrafen im Hinblick auf die Wiedereingliederung
in einem anderen Land zu vollziehen
Abschlusstermin: 18.12.2015
Von: Carmen Garcia, Esther Montero Perez de Tudela, Ioana Morar, Roberta Palmisano, Vincenzo Picciotti,
Simona Popa, Luisa Ravagnani, Miguel Angel Ruiz Albert, Ruiz Yamuza Florentino Gregorio, Ioan Durnescu
Diese Publikation wurde mit der finanziellen Unterstützung des Programms „Strafjustiz“ der Europäischen Union
produziert. Die alleinige Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation liegt bei Ioan Durnescu (Universität Bukarest).
Die Publikation muss nicht die Meinung der Europäischen Kommission wiedergeben.
Der vorliegende Bericht zeigt die Hürden und Lösungen bei der Umsetzung des RB 909 unter besonderer
Berücksichtigung rumänischer Verurteilter in Spanien, Italien und England im Rahmen des
Wiedereingliederungsprojekts STEPS2 auf, das vom Programm „Strafjustiz“ der Europäischen Union
finanziert wird.
Der vorliegende Bericht wurde in enger Zusammenarbeit mit der Universität Bukarest, Universität Huelva und
Universität Brescia erstellt. Alle Phasen wurden unter der Aufsicht des National Offender Management Service
als leitendem Partner des Projekts durchgeführt.
Forschungs-/Redaktionsleitung:
Carmen Garcia
Esther Montero Perez de Tudela
Ioana Morar
Roberta Palmisano
Vincenzo Picciotti
Simona Popa
Luisa Ravagnani
Miguel Angel Ruiz Albert
Ruiz Yamuza Florentino Gregorio
Ioan Durnescu
Das Wiedereingliederungsprojekt STEPS2 stand unter der Leitung des National Offender Management
Service (NOMS)
Projektleitung:
David Atkinson
Projektmanagement:
Craig Georgiou, Vivette Wadey
Projektbegleitung:
Vivette Wadey, Kim Lau
Wir möchten den spanischen, italienischen, rumänischen und englischen Behörden für die Bereitstellung der
in diesem Bericht verwendeten Daten danken.
Die Durchsicht des vorliegenden Berichts erfolgte durch Ioan Durnescu. Die Redaktion hatte die
Redaktionsleitung und Vivette Wadey.
Autor
Ioan Durnescu
Veröffentlichung: Februar 2016
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG .................................................................. ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
A. HÜRDEN .................................................................................... ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
I. THEORETISCHE PROBLEME ............................................................. ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
I.1 Resozialisierung ...................................................................... Error! Bookmark not defined.
II. HÜRDEN SEITENS DES GESETZGEBERS .............................................. ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
II.1 Fehlende Fristen für die Maßnahmen in den AusstellungsstaatenError! Bookmark not defined.
II.2 Das Fehlen einer gezielten Verpflichtung des Ausstellungsstaats, den Vollstreckungsstaat
über Führung und Fortschritt der verurteilten Person zu informierenError! Bookmark not defined.
I.3. Das Fehlen einer Verpflichtung des Ausstellungsstaats, verurteilte Personen über die
Haftbedingungen im Vollstreckungsstaat zu informieren ........... Error! Bookmark not defined.
III. HÜRDEN MIT BEZUG AUF DAS UMSETZUNGSRECHT ........................... ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
III.1. Die Definition von „Resozialisierung“ .................................. Error! Bookmark not defined.
III.2. Die Bestimmung des Begriffs „Aufenthalt“ und ihre Folgen Error! Bookmark not defined.
III.3 Als zwingend geregelte Versagungsgründe ............ Error! Bookmark not defined.
IV. HÜRDEN MIT BEZUG AUF DIE RECHTSPRAXIS ................. ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
IV.1 Die zuständige Behörde ....................................................... Error! Bookmark not defined.
IV.2 Fristen ................................................................................... Error! Bookmark not defined.
IV.3 Anhängige Verfahren ........................................................... Error! Bookmark not defined.
IV.4 Bedingte und andere Formen der vorzeitigen Entlassung.... Error! Bookmark not defined.
IV.5 Schwierigkeiten beim Ausfüllen der Bescheinigung ............. Error! Bookmark not defined.
V. HÜRDEN MIT BEZUG AUF DIE PRAKTISCHE UMSETZUNG DER ÜBERSTELLUNGERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
V.1. Sprache und Kosten .............................................................. Error! Bookmark not defined.
V.2 Feststellung der Identität der verurteilten person................. Error! Bookmark not defined.
V.3 Gravierende Unterschiede bei den Haftbedingungen ........... Error! Bookmark not defined.
V.4 Der Mangel an Informationen für verurteilte Personen .... Error! Bookmark not defined.
V.5 Mangelnde Zusammenarbeit zwischen den Strafvollzugsverwaltungen in Europa .......... 16
V.6 Die Arbeit mit psychisch kranken Personen.......................................................................16
B. LÖSUNGEN .............................................................................................................................. 17
LITERATURVERZEICHNIS: ................................................................................................................ 22
ANHANG 1 .................................... ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
FALLSTUDIEN ZUR ÜBERSTELLUNG ZWISCHEN ENGLAND UND RUMÄNIENERROR! BOOKMARK NOT
DEFINED.
ANHANG 2 .................................................................... ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
BERICHT ÜBER DIE FRAGEBOGEN DER VERURTEILTEN PERSONENERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
ANHANG 3 .................................................................... ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
DIE ABSICHTSERKLÄRUNG ............................................. ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
ANHANG 4 ..................................................................................................................... 37
DIE RUMÄNISCHE BROSCHÜRE ...................................................................................... 37
ANHANG 5 ..................................................................................................................... 38
LITERATUR-KURZAUSWERTUNG ..................................................................................... 38
Einleitung
Der vorliegende Aufsatz beschreibt die Hürden und möglichen Lösungen bei der Umsetzung des
Rahmenbeschlusses 2008/909/JI (im Folgenden „RB“ genannt) bei der Anwendung des
Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Urteilen in Strafsachen, durch die eine
freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, und ist das Ergebnis der
Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Fachleuten aus Spanien, Italien, England und
Rumänien im Rahmen des STEPS2-Projekts.
Der vorliegende Bericht stützt sich auf:
1. Literatur-Kurzauswertung
2. Fragebögen und Interviews mit rumänischen Verurteilten in Spanien, Italien und England
3. Vier Fallstudien
4. Workshops in Sevilla, Brescia und Bukarest1
Es sollte jedoch gleich zu Beginn zur Vorsicht gemahnt werden: Der vorliegende Bericht bezieht
sich auf die Situation in den beteiligten vier Gerichtsbarkeiten, sodass aufgezeigte Lösungen
kontextspezifischen Charakter haben können. Es ist durchaus möglich, dass diese Hürden und
Lösungen auch auf andere Rechtsordnungen zutreffen; jedoch ist jeweils der Kontext genau zu
prüfen.
Die Lösungen wurden von den Partnern vornehmlich durch direkte Befragungen sowie durch die
drei oben angeführten Workshops entwickelt (insbesondere den letzten in Bukarest).
A. Hürden
Anhand der oben angeführten Dokumente und Aktivitäten konnten eine Reihe von Hürden bei der
RB-Umsetzung aufgezeigt werden. Im Interesse einer klaren Übersicht lassen sich diese wie folgt
unterteilen:
1
Neben den auf dem Titelblatt des vorliegenden Berichts aufgeführten Autoren haben weitere Workshop-Teilnehmer
zu den Diskussionen beigetragen. In diesem Zusammenhang gilt unser Dank: Gabriel Paun, Daniel Motoi, Santiago
Hernandez Castilo, Silvia Frassine, Jonas Grimheden, Javier Nistal, Julián García García, Maria Martinez Encisco, Florin
Ardeleanu, Nick Flynn, Saskia de Reuver und Isabelle Tocan.
I. Theoretische Probleme
II. Hürden seitens des Gesetzgebers
III. Hürden mit Bezug auf das Umsetzungsrecht
IV. Hürden mit Bezug auf die Rechtspraxis
V. Hürden mit Bezug auf die praktische Umsetzung der Überstellung
I. Theoretische Probleme
Obschon die Literatur-Kurzauswertung eine Reihe potenzieller Hürden aufzeigen konnte, z. B. die
Vernachlässigung der Verfahrensrechte der verurteilten Person oder die Anwendung des
Grundsatzes der beiderseitigen Strafbarkeit, entpuppten sich diese als überwiegend theoretische
Belange. Jedoch zeigte sich bei unseren Diskussionen, dass das Prinzip der Resozialisierung einige
Schwierigkeiten mit rechtlichen und praktischen Auswirkungen aufwarf.
I.1 Resozialisierung
Wie häufig betont wird (siehe Wree et al., 2009; Canton, im Erscheinen), lässt sich der RB trotz
seines Gesetzeszwecks, nämlich der Förderung einer Resozialisierung (Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs.
2 und 6), anhand von Beispielen nur begrenzt verdeutlichen – auf der Grundlage von Wohnort und
familiären, sprachlichen, kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen an den
Vollstreckungsstaat (Absatz 8 und 9). Aus der Literatur wissen wir, dass diese Bindungen nicht
ausreichen, um erneute Straffälligkeit zu reduzieren bzw. Unterlassung zu fördern (siehe Maguire
und Raynor, 2006 zur Bedeutung von Begleitung sowie Beziehungs- und Behandlungskontinuität
von Straffälligen; Robinson und Crow, 2009 – zum Umdenken mit Bezug auf Einstellungen und
Verhalten) und sich mitunter in eine antisoziale Richtung bewegen können (siehe Martinez und
Abrams, 2013 – zur möglichen Rolle der Familie bei der Rückkehr zu altem Rollenverhalten und
negativer Dynamik).
II. Hürden seitens des Gesetzgebers
II.1 Fehlende Fristen für die Maßnahmen in den Ausstellungsstaaten
Der RB sieht zwei Fristen vor: 90 Tage für die endgültige Entscheidung und Anerkennung des
Urteils (Art. 12 Abs. 2) und 30 Tage für die konkrete Überstellung (Art. 15 Abs. 1). Bei Eintreten
unvorhergesehener
Umstände
kann
zwischen
den
betroffenen
Staaten
ein
neuer
Überstellungstermin vereinbart werden. In diesem Fall soll die Überstellung binnen zehn Tagen
nach dem vereinbarten neuen Termin stattfinden.
Obwohl der RB klare Fristen für die Zeit nach der Übermittlung der Bescheinigung an den
Vollstreckungsstaat setzt, macht er leider keine Aussagen über die Fristen des Verfahrens im
Ausstellungsstaat. Dieses Verfahren kann mitunter bis zu einem Jahr dauern.
Präsentationen der Vertreter Spaniens und Italiens beim Workshop in Brescia zeigten darüber
hinaus die übermäßig lange Zeitspanne vor der Übermittlung der Bescheinigung auf:
Italien, aktives Verfahren mit Misserfolg:
• Gefangener ist rumänischer Staatsbürger, 45 Jahre alt, wohnhaft in Rumänien,
verurteilt wegen fünf Delikten, u. a. sexuelle Gewalt und Flucht aus dem
Hausarrest, verurteilt zu sechs Monaten Freiheitsstrafe
• Verfahren beginnt 2013
• Der Gefangene stimmte der Überstellung zu
• Mai 2014: Übermittlung der Unterlagen nach Rumänien ohne Übersetzung des
rumänischsprachigen Urteils
November 2014: Ablehnung, da eins der fünf dem Gefangenen zugeschriebenen Delikte
nur in Italien als Verbrechen eingestuft wird (Flucht aus dem Hausarrest)
Quelle: Präsentation von Roberta Palmisano, Brescia, März 2015
Dieselbe übermäßige Verzögerung im Vorverfahren des Ausstellungsstaats wurde in den drei
Fallstudien zur Überstellung von England nach Rumänien aufgezeigt (siehe Anhang 1 zu den
Fallstudien). In praktisch allen drei Fällen mangelte es beim Verfahren des Ausstellungsstaats an
Transparenz (aus Sicht der verurteilten Person) und beanspruchte mindestens drei bis vier
Monate.
Wie unsere Interviews in Spanien ergaben, ist die Inanspruchnahme des langen Zeitraums der
Hauptgrund für die Ablehnung der Überstellung. Lediglich 41 % der Befragten in Spanien (von
insgesamt 81 Teilnehmern) würden die Möglichkeit einer Überstellung für sich in Betracht ziehen.
Der Hauptgrund für die Ablehnung einer Überstellung nach Rumänien war die lange
Bearbeitungszeit (Einzelheiten siehe Anhang 3).
Da die Dauer des Vorverfahrens im Ausstellungsstaat von allen Teilnehmern an unserem Projekt
als eine der hauptsächlichen Schwierigkeiten hervorgehoben und die übermäßige Länge des
Verfahrens von der überwältigenden Mehrheit der rumänischen Befragten als der Hauptgrund
dafür angeführt wurde, eine Überstellung nicht in Betracht zu ziehen, können wir mit
Bestimmtheit davon ausgehen, dass die mangelnde Festsetzung von Fristen für das Verfahren im
Ausstellungsstaat zu systematischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung des RB führt und
empfehlen dringend die Ergreifung konkreter Maßnahmen zur Behebung dieses Zustands.
II.2 Das Fehlen einer gezielten Verpflichtung des Ausstellungsstaats, den Vollstreckungsstaat
über Führung und Fortschritt der verurteilten Person zu informieren
Der Grundsatz des Informationsaustauschs und der Konsultation zwischen Mitgliedstaaten findet
in dem RB mehrfach Erwähnung, jedoch überwiegend mit Bezug auf die Entscheidung einer
Anerkennung bzw. Nichtanerkennung des Urteils. Thematisiert wird auch die Verpflichtung des
Ausstellungsstaats, den Vollstreckungsstaat über die Begutachtung der verurteilten Person zu
informieren, jedoch trifft er keinerlei Vorkehrungen für die von ihr bereits absolvierten
Programme, ggf. ihre disziplinäre Situation, die Beschäftigungssituation und dergleichen mehr.
Die meisten der befragten verurteilten Personen betonten in unserer Umfrage, dass das
Überstellungsverfahren zwar zu Beginn ihrer Haftstrafe von Interesse sei, sie nach Antritt ihrer
Strafe jedoch auch in den Genuss anderer Rechte und Privilegien kämen. Da das
Überstellungsverfahren Zeit beansprucht, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass die verurteilten
Personen bis zum Zeitpunkt der Überstellung Privilegien gesammelt hat.
Wie aus den Fallstudien (siehe Anhang 2) deutlich wurde, zwingt das Fehlen dieser Informationen
Aufsichtsrichter bzw. Justizbehörden dazu, die verurteilte Person als am Anfang ihrer Haftstrafe
stehend einzustufen. Das bedeutet, dass sie mit einiger Wahrscheinlichkeit für den geschlossenen
Vollzug und mit geringeren Privilegien usw. eingestuft werden und kann dazu führen, dass
verurteilte Personen weniger geneigt sind, später einer Überstellung zuzustimmen.
I.3. Das Fehlen einer Verpflichtung des Ausstellungsstaats, verurteilte Personen über die
Haftbedingungen im Vollstreckungsstaat zu informieren
In dem RB findet das Wort „Konsultation“, d. h. die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zum
Austausch von Informationen über eine Reihe von Themen, mehrfach Erwähnung. Diese
Verpflichtungen beziehen sich jedoch nur auf die gerichtliche Entscheidung der Anerkennung und
Vollstreckung. Darüber hinaus wird die Zustimmung oder zumindest die Stellungnahme der
verurteilten Person einige Male erwähnt, ohne jedoch zu regeln, dass diese Stellungnahme bzw.
Zustimmung erst dann gegeben werden soll, wenn die verurteilte Person im Einzelnen über den
Strafvollzug informiert wurde, in den sie überstellt werden soll.
Wie aus Umfrage, Interviews und Fallstudien deutlich wurde, benötigen verurteilte Personen
nähere Einzelheiten über den Strafvollzug, in den sie überstellt werden sollen, und zwar mit Bezug
auf bedingte Entlassung, Nutzung von Begünstigungen/Rechten (Besuche, Urlaub, Korrespondenz,
Intimbesuche usw.), Möglichkeit einer Beschäftigung usw. Darüber hinaus benötigen Sie nähere
Informationen über das Überstellungsverfahren, insbesondere dessen Dauer.
III. Hürden mit Bezug auf das Umsetzungsrecht
Aufgrund der breiten Vielfalt der Rechtssysteme und -traditionen in der EU erlaubt der RB jedem
Mitgliedstaat dessen eigene Umsetzung. In diesem Sinne gibt es in einigen Mitgliedstaaten
zusätzliche Verweigerungsgründe, vom RB abweichende Definitionen des Resozialisierungsprinzips
oder die Verpflichtung bestimmter Versagungsgründe (siehe auch den Bericht der Europäischen
Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, COM [2014] 57 final). Weitere Hürden
können im Zusammenhang mit der Art und Weise gesehen werden, in der Zustimmung und
Stellungnahme der verurteilten Person im Umsetzungsrecht geregelt sind.
Es überrascht daher wenig, dass eine teilweise und unvollständige Umsetzung des RB zu großen
Schwierigkeiten beim Anerkennungsverfahren führen kann und dadurch ein gegenseitiges
Vertrauen auf dem Gebiet der Strafjustiz erschwert.
III.1. Die Definition von „Resozialisierung“
Laut Absatz 9 des RB sollte die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats „dabei Aspekten wie
beispielsweise der Bindung der verurteilten Person an den Vollstreckungsstaat Rechnung tragen
und berücksichtigen, ob sie diesen als den Ort familiärer, sprachlicher, kultureller, sozialer,
wirtschaftlicher oder sonstiger Verbindungen zum Vollstreckungsstaat ansieht“. Der RB sieht für
die Mitgliedstaaten eine gegenseitige Konsultation über die Aussicht auf Resozialisierung vor einer
Entscheidung für bzw. gegen die Überstellung einer verurteilten Person vor. Der Begriff
„Resozialisierung“ wird von den Mitgliedstaaten jedoch ggf. unterschiedlich ausgelegt.
III.2. Die Bestimmung des Begriffs „Aufenthalt“ und ihre Folgen
Laut RB ist die Zustimmung der verurteilten Person in drei Situationen nicht erforderlich. Eine der
schwierigsten Situationen mit Bezug auf Umsetzungsrecht und Praxis ist: „Die Zustimmung der
verurteilten Person ist nicht erforderlich, wenn das Urteil zusammen mit der Bescheinigung an
einen der folgenden Staaten übermittelt wird: (a) an den Mitgliedstaat der Staatsangehörigkeit, in
dem die verurteilte Person lebt“ (Art. 6 Abs. 2 Buchst. a). In diesen Fällen ist eine Zustimmung des
Vollstreckungsstaats nicht erforderlich (Art. 4 Abs.1 Buchst. a). In Abs. 17 des RB wird die
Bedeutung dieses Ausdrucks bis zu einem gewissen Grade erläutert: „In dem die verurteilte Person
lebt“. Damit ist der Ort gemeint, an den die verurteilte Person auf der Grundlage ihres
gewöhnlichen Aufenthalts sowie Aspekten wie familiäre, soziale oder berufliche Bindungen
verbunden ist.
Im Umsetzungsrecht unterscheidet der spanische Gesetzgeber (Gesetz Nr. 23/2014) zwischen der
Eigenschaft seines Landes als Ausstellungs- und als Vollstreckungsstaat. Wenn Spanien der
Vollstreckungsstaat ist, kann er laut Gesetz des Landes ohne die Zustimmung der verurteilten
Person oder eines spanischen Gerichts vorgehen, wenn die verurteilte Person die spanische
Staatsbürgerschaft und ihren „Aufenthalt“ in Spanien hat (Art. 77.1.a und Art. 81.2.a). Ist Spanien
der Ausstellungsstaat, wird die Definition weiter gefasst: Die verurteilte Person kann ohne ihre
Zustimmung in den Staat überstellt werden, mit dem sie aufgrund des „gewöhnlichen Aufenthalts“
und aufgrund von Aspekten wie familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen verbunden ist (Art.
67.2.a). Für die Überstellung in den Staat der Staatsangehörigkeit, in dem die Person ihren
gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 71.2.a), ist die Zustimmung des Vollstreckungsstaats nicht
erforderlich.
Rumänisches Recht (Gesetz Nr. 300/2013) definiert den Staat „in dem die Person lebt“ als den
Staat, zu dem die verurteilte Person „enge Bindungen aufgrund ihres gewöhnlichen Aufenthalts
und sonstigen Aspekten wie familiären, sozialen, beruflichen und kulturellen Beziehungen hat“. In
der Praxis führte die Formulierung „gewöhnlicher Aufenthaltsort“ zu zahlreichen Interpretationen:
Ist die auf dem Personalausweis angegebene Adresse der Wohnort oder ist es der, an dem sich die
Person in den letzten fünf Jahren aufgehalten hat? usw.
Obschon der RB vorschreibt, dass sich die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats (sowie des
Vollstreckungsstaats, sofern dessen Zustimmung erforderlich ist [Art. 4 Abs. 6]) davon
„vergewissert hat, dass die Vollstreckung der verhängten Sanktion durch den Vollstreckungsstaat
der Erleichterung der Resozialisierung der verurteilten Person dient“ (Art. 4 Abs. 2), besteht die
Gefahr, dass der Aufenthalt der verurteilten Person (mitunter als gewöhnlicher oder normaler
Aufenthalt bezeichnet oder interpretiert, anderenorts als offizieller Wohnsitz oder mehrjähriger
Aufenthalt), als Interpretation des Begriffs „an dem die Person lebt“, als Grundlage für eine
Annahme und damit als die einzige Grundlage dienen kann, auf der die zuständige Behörde des
Ausstellungsstaats das Urteil übermittelt oder auf der der Vollstreckungsstaat ggf. seine
Zustimmung versagt.
III.3 Als zwingend geregelte Versagungsgründe
In Art. 9 des RB heißt es: „Die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats kann die Anerkennung
des Urteils und die Vollstreckung der Sanktion versagen“. Das entscheidende Wort „kann“ erweckt
hier in gewisser Weise die Vorstellung, dass es sich um eine wahlweise Entscheidung handeln
könnte. Einige an dem Projekt beteiligte Mitgliedstaaten haben diese Bedingungen als zwingende
Versagungsgründe festgelegt.
In Spanien sind die Versagungsgründe unter Verwendung eines Verbs festgelegt, das die
Vorstellung einer zwingenden Versagung vermittelt (Art. 85 des Gesetzes Nr. 23/2014), obschon in
einigen Fällen der zwingende Charakter der Versagung nur dem Anschein nach besteht: Mitunter
muss das Gericht die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats konsultieren oder eine Frist zur
Erläuterung und Ergänzung oder Berichtigung von Informationen einräumen. In anderen Fällen
kann das Gericht die Versagung durch eine Anpassung des Urteils vermeiden oder sogar eine aktive
Rolle bei der Beseitigung von Hürden spielen (z. B. on Fällen von Immunität).
Italien legt in Art. 13 der Rechtsanordnung die Versagungsgründe der Anerkennung durch das
Berufungsgericht laut den Vorkehrungen von Art. 9 des RB fest. Somit hat der italienische
Gesetzgeber das Ermessen der zuständigen Behörde mit Bezug auf die Bewertung der
Versagungsgründe eliminiert, indem er sie als zwingenden Hinderungsgrund für eine Anerkennung
vorschreibt.
Unter rumänischem Umsetzungsrecht (Gesetz 302/2004, Art. 151 und Art. 155) sind die
Versagungsgründe als zwingend festgelegt.
Diese Form der Regelung der Versagungsgründe kann zu systematischen Verzerrungen zwischen
Mitgliedstaaten beim Verfahren der Überstellung verurteilter Personen und das wiederum zu
einem Verletzungsverfahren seitens der Kommission führen.
IV. Hürden mit Bezug auf die Rechtspraxis
In der Praxis können vielfältige Schwierigkeiten aufgrund zahlreicher zuständiger Behörden,
Zugang zu Informationen über anhängige Verfahren (laufende Prozesse), Gerichtsanhörungen,
Überlastung der Gerichte usw. auftreten.
IV.1 Die zuständige Behörde
Die zuständige Behörde wird von jedem an dem Projekt beteiligten Mitgliedstaat je nach den
Umständen der verurteilten Person festgelegt:
1. Wenn Spanien der Ausstellungsstaat ist, ist bei bereits angetretener Strafe die zuständige Behörde
das
Strafvollstreckungsgericht
bzw.
für
bestimmte
Straftaten
das
Zentrale
Strafvollstreckungsgericht. Wenn die Person die Strafe noch nicht angetreten hat, ist die zuständige
Behörde das Strafgericht, das das Urteil gefällt hat. Wenn Spanien der Vollstreckungsstaat ist, ist
die zuständige Behörde das Zentrale Strafgericht (sofern die Strafe noch nicht angetreten wurde)
bzw. das Zentrale Strafvollstreckungsgericht (wenn die Strafe bereits angetreten wurde).
2. Wenn Italien der Ausstellungsstaat ist, ist die zuständige Behörde der Ankläger des
Aufsichtsgerichts. Bei einem passiven Verfahren ist in Italien die zuständige Behörde das für den
Wohnort der Person zuständige Berufungsgericht.
3. In Rumänien ist das Verfahren sowohl Rechts- als auch Verwaltungsangelegenheit. Das
Justizministerium spielt als zentrale Behörde, die alle administrativen Aspekte des Verfahrens
koordiniert, eine entscheidende Rolle. Wenn Rumänien der Ausstellungsstaat ist, ist das
Aufsichtsgericht die zuständige Behörde. Wenn Rumänien der Vollstreckungsstaat ist, ist die
zuständige Behörde das für den Wohnort der verurteilten Person zuständige Berufungsgericht.
Obwohl bisher nur vier Gerichtsbarkeiten behandelt wurden, zeichnet sich bereits eine breite
Vielfalt an Szenarien mit Bezug auf zuständige Behörden ab. Es ist daher voraussehbar, dass diese
Vielfalt zumindest vorübergehend auch zu einer vielfältigen Praxis und einer geringen
Vorhersehbarkeit und damit Rechtssicherheit führt. Diese Vielfalt ist insbesondere dort
ausgeprägt, wo das Gesetz eine gewisse Deutungsbreite zulässt (siehe die Definition von
„gewöhnlichem Aufenthalt“ in Rumänien).
IV.2 Fristen
Wie oben erwähnt, sind an Anerkennung und Überstellung zahlreiche juristische und
nichtjuristische Behörden beteiligt. Dieses langwierige und komplexe Verfahren steht oftmals in
einem Kontext bereits überlasteter Gerichte. Dieses Zusammentreffen verschiedener Faktoren
zieht Verzögerungen nach sich, sodass die im RB vorgesehenen Fristen sicherlich nur den
Charakter von Richtwerten haben. Unseren Umfragen zufolge werden Verzögerungen wenig zu
einer positiven Beteiligung der verurteilten Personen an diesem Verfahren beitragen. Wie
rumänische Verurteilte immer wieder betonten, hätten sie an einer Überstellung kein Interesse,
wenn sie nicht zu Beginn ihres Strafantritts stattfindet. Hauptgrund hierfür sei die Tatsache, dass
sie mit Strafantritt bereits in den Genuss der damit verbundenen Vergünstigungen kämen (z. B.
mehr Freiheiten, Rechte, Gelegenheit für bezahlte Arbeit). Diese Fristen werden vom Gesetzgeber
mitunter als zwingend und mitunter als Richtwerte bezeichnet.
In Spanien entsprechen die Fristen denen des RB und sind als zwingend festgelegt. Der spanische
Gesetzgeber verhängt abweichende Fristen für das Zentrale Gericht: 1) Zur Zusammenarbeit mit
der zuständigen Behörde des Ausstellungsstaats mit Bezug auf die Anforderung von Informationen
(20 Tage); 2) Zur Vertagung einer Anerkennungsentscheidung bei unvollständiger oder
fehlerhafter Bescheinigung (maximal 60 Tage); 3) Zur Verkündung der endgültigen Entscheidung
über die Anerkennung der Verurteilung (90 Tage, wobei umstritten ist, ob dieser Zeitrahmen bei
einer Verzögerung aufgrund einer unvollständigen oder fehlerhaften Bescheinigung ausgesetzt
wird; 4) Zur Überstellung der verurteilten Person (30 Tage ab endgültigem Gerichtsbeschluss über
die Anerkennung der Verurteilung). Für das System zur Berechnung der Fristen gilt das
Organgesetz der Gerichtsbarkeit.
Italien hat sich für zwingende Fristen entschieden. Das italienische Recht sieht zwei verschiedene
Fristen vor: eine für das aktive Verfahren (30 Tage für die Überstellung der verurteilten Person
vom Tag der Mitteilung der endgültigen Entscheidung des Vollstreckungsstaats an das
Justizministerium) und eine weitere für das passive Verfahren (60 Tage). Weiterhin ist die
Möglichkeit einer Verlängerung der Frist um 30 Tage vorgesehen.
Nach rumänischem Recht sind diese Fristen verbindlich. In der Praxis wird jedoch von einigen
Befugten die Verwendung der Fristen als Richtwerte vorgeschlagen.
Die an unserer Umfrage beteiligten verurteilten Personen beschwerten sich jedoch ausnahmslos
über die Länge des Verfahrens
und führten diese Problematik als Haupthindernis für eine
effektive Umsetzung des RB an.
IV.3 Anhängige Verfahren
Bei den in Sevilla geführten Diskussionen wurde deutlich, dass das Anerkennungs- und
Überstellungsverfahren von der Justizverwaltung selten eingeleitet wird, wenn gegen die
verurteilte Person Strafverfahren anhängig sind. Darüber hinaus verhindert der Informationsfluss
zwischen den verschiedenen Zweigen des Justizwesens (z. B. in Spanien), dass der für die
Überstellung zuständige Richter schnellen Zugriff auf die Datenbanken der Strafgerichte hat, ob
gegen eine bestimmte Person Strafverfahren anhängig sind. In diesem Fall bleibt dem
Aufsichtsrichter in Spanien nur das Abwarten einer angemessenen Frist (ohne genaue Angabe), bis
Sicherheit besteht, dass gegen die zu überstellende Person keine weiteren Strafverfahren mehr
anhängig werden. Diese Praxis kann zu Verzögerungen und Frustrationen seitens der verurteilten
Personen führen.
In Spanien können neue Verurteilungen gegen dieselbe verurteilte Person unter bestimmten
Bedingungen frühere Verurteilungen beeinflussen und das Maß der insgesamt zu verbüßenden
Strafe begrenzen. Diese Strafmaßbegrenzungen sind im spanischen Strafgesetzbuch geregelt und
durch Gerichtsbeschluss des Richters bestimmt, der das letzte Urteil gefällt hat. Es handelt sich
daher nicht so sehr um die Vollstreckung von Urteilen, sondern vielmehr um deren Modifizierung.
Der Ausstellungsstaat erwartet dann, dass die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats den
Gerichtsbeschluss über das aus den diversen Urteilen resultierende Gesamtstrafmaß respektiert
(ungeachtet einer gleichzeitigen oder anderweitigen Übermittlung). Das ist jedoch nicht immer der
Fall.
Zur Klärung und Beilegung derartiger Situationen durch Konsultation und Vereinbarungen ist Art.
17 Abs. 3 Buchst. 4 vorgesehen.
IV.4 Bedingte und andere Formen der vorzeitigen Entlassung
Die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung sind in allen vier Staaten recht ähnlich
(verurteilte Personen haben nach Verbüßung von zwei Dritteln ihrer Strafe Anspruch auf bedingte
Entlassung). In der Praxis gibt es in den vier Ländern jedoch mit Bezug auf ausländische Verurteilte
deutliche Unterschiede.
Da sie häufig keinen festen Wohnsitz nachweisen können oder auch andere Voraussetzungen für
Ausgang und sonstige Formen der Vorbereitung auf die Entlassung nicht erfüllen, muss in Spanien
die überwiegende Zahl der rumänischen Verurteilten ihre Gesamtstrafe vollständig oder nahezu
vollständig verbüßen.
Infolge der Prozesse Sulejmanovic gegen Italien und Torreggiani gegen Italien, bei denen der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Pilotgerichtsverfahren verfügte, wurde in
Italien die Gesetzesverordnung Nr. 146/2013 eingeführt, laut der Haftzeiten jedes Halbjahr
reduziert werden, und der Einsatz von elektronischen Fußfesseln erweitert usw. Damit ähneln die
Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung denen in Rumänien. Darüber hinaus gibt es in
Italien weitere Formen der Haftzeitverkürzung.
Dies führt dazu, dass in Italien verurteilte
Rumänen geringeres Interesse an einer Überstellung nach Rumänien haben.
In Rumänien werden ca. 80 % der verurteilten Personen bedingt entlassen. Daher sind in Spanien
verurteilte Rumänen zumindest in einem gewissen Maße an einer Überstellung interessiert, um
den Rest ihrer Strafe in Rumänien zu verbüßen.
IV.5 Schwierigkeiten beim Ausfüllen der Bescheinigung
Im Laufe der Diskussionen in den Workshops und Projektsitzungen wurde deutlich, dass einige
Richter Schwierigkeiten beim Ausfüllen der Bescheinigung hatten. Unvollständig oder fehlerhaft
ausgefüllte Bescheinigungen können dazu führen, dass deren Anerkennung versagt wird oder sich
das Verfahren verzögert.
V. Hürden mit Bezug auf die praktische Umsetzung der Überstellung
V.1. Sprache und Kosten
Eigenen Angaben zufolge verwenden meisten Mitgliedstaaten beim Ausstellen der Bescheinigung
nur ihre eigene(n) Sprache(n). Die dadurch notwendigen Übersetzungen verursachen hohe Kosten,
aber auch Verzögerungen. So werden z. B. in Italien alle Bescheinigungen zum Übersetzen an das
Justizministerium geschickt. Dies ist allem Anschein nach mit einem hohen Kosten- und
Zeitaufwand für die italienischen Behörden verbunden, die für die Bearbeitung der Überstellungen
zuständig sind. In einigen Fällen sind die Übersetzungen von unzureichender Qualität, was zu
Rückfragen des Vollstreckungsstaats zwecks der Beseitigung von Unklarheiten und damit zu
weiteren Verzögerungen führt.
V.2 Feststellung der Identität der verurteilten Person
Die Workshop-Diskussionen in Sevilla und Brescia ergaben, dass einige ausländische Verurteilte
über keine Personaldokumente verfügen und ihre Identität daher vom Ausstellungsstaat auf
andere Weise festgestellt werden muss. Dem Anschein nach verlaufen die damit verbundenen
Verfahren jedoch nicht immer problemlos, sodass der Ausstellungsstaat mitunter gehalten ist, das
Urteil für eine Person anzuerkennen, die im Melderegister nicht verzeichnet ist. Ein weiteres damit
verbundenes Problem ist die korrekte Übertragung des Namens der verurteilten Person. Das
spanische und das rumänische Alphabet enthalten diakritische Zeichen, die es nur in diesen
Sprachen gibt.
V.3 Gravierende Unterschiede bei den Haftbedingungen
Verurteilte Personen wiesen immer wieder darauf hin, dass zwischen den Haftbedingungen in
Spanien und Italien einerseits und Rumänien andererseits gravierende Unterschiede bestehen.
Aspekte wie Aufschlusszeiten, Zellengröße, Betten usw. lassen einige rumänische Verurteilte
zweifeln, ob sie wirklich überstellt werden möchten. Diese Unterschiede finden auch in Berichten
des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter (CPT) und im Rechtsdenken des EGMR
Bestätigung.
V.4 Der Mangel an Informationen für verurteilte Personen
Während der Interviews mit in Italien und Spanien verurteilten Rumänen betonten die Befragten,
dass verurteilte Personen keinen Zugang zu Informationen über die Möglichkeit einer
Überstellung, den rumänischen Strafvollzug, die Vollstreckung von Haftstrafen in Rumänien, die
Voraussetzungen für bedingte Entlassung oder den Ablauf des Überstellungsverfahrens usw.
haben. Vor diesem Hintergrund sei die Entscheidungsfindung über eine Überstellung in voller
Kenntnis der Sachlage schwierig.
V.5 Mangelnde Zusammenarbeit zwischen den Strafvollzugsverwaltungen in Europa
Die untersuchten Fallstudien zeigen deutlich, dass es zwischen den Strafvollzugsverwaltungen in
Europa keine Zusammenarbeit gibt. Das einzige Dokument in der Gefängnisakte der überstellten
Personen war die rumänische Gerichtsentscheidung zur Anerkennung der von einem Richter eines
anderen EU-Staats verhängten Haftstrafe. Die rumänische Strafvollzugsbehörde erhielt keinerlei
Informationen über die Begutachtung der verurteilten Personen, die von ihnen im
Ausstellungsstaat absolvierten Programme, ihre Führung während der Haft usw. Das hatte die
Folge, dass die verurteilten Personen von den rumänischen Behörden behandelt wurden, als
träten sie gerade ihre Haftstrafe an, obwohl sie bereits einen Großteil ihrer Strafe im
Ausstellungsstaat verbüßt hatten. Sie wurden alle für den geschlossen Vollzug eingestuft, was für
sie mit weniger Freiheiten, die Teilnahme an weniger Programmen und generell weniger
Möglichkeiten usw. verbunden war.
V.6 Die Arbeit mit psychisch kranken Personen
Wie aus zahlreichen wissenschaftlichen Schriften und Richtlinienpapieren hervorgeht, leiden viele
verurteilte Personen an psychischen Erkrankungen. Das Arbeiten mit diesem Personenkreis
gestaltet sich im Kontext des Strafvollzugs generell sehr schwierig. Die Überstellung ist für diese
Betroffenen sehr häufig eine große Belastung, insbesondere wenn sie ohne ihre Zustimmung und
Mithilfe durchgeführt wird. Daher sollte der Arbeit mit diesem Kreis verurteilter Personen ein
besonderes Maß an Aufmerksamkeit zukommen. Die medizinischen Mitarbeiter im Strafvollzug
der verschiedenen Mitgliedstaaten sollten zusammenarbeiten und Informationen austauschen,
um ein ethisch akzeptables und effektives Überstellungsverfahren zu ermöglichen.
B. Lösungen
Im Laufe der Diskussionen könnte das Projetteam bestätigen, dass sämtliche dieser Hürden auf die
relative Neuheit des Rechtsinstruments auf dem Gebiet der gegenseitigen Anerkennung von
Haftstrafen zurückzuführen sind. Obwohl auf diesem Gebiet aufgrund des Übereinkommens des
Europarates über die Überstellung verurteilter Personen von 1983 (mit dem Zusatzprotokoll von
1997) bereits einige Erfahrungen vorliegen, enthält der RB einige Neuerungen, durch die eine
Umsetzung durch die Mitgliedstaaten eine gewisse Herausforderung darstellt (Mangel an
Zustimmung der verurteilten Person in bestimmten Fällen, die Wahl der zuständigen Behörden in
den einzelnen Mitgliedstaaten usw.).
Die meisten der vom Projektteam entwickelten Lösungen könnte in ein Dokument über
Umsetzungsrichtlinien aufgenommen werden, um von der Kommission an die Mitgliedsstaaten
verteilt zu werden. Ziel dieser Richtlinien wäre die Interpretation und Klärung einiger
Vorkehrungen des RB.
Die Richtlinien könnten folgende Punkte enthalten, die zur Erleichterung der Umsetzung des RB
909 beitragen könnten:
1. Der Begriff „Resozialisierung“ sollte als offenes Konzept ausgefasst werden. Die im Wortlaut des RB
vorgeschlagenen Kriterien haben keinen ausschließlichen, sondern lediglich beispielhaften
Charakter. Bei der Einschätzung der Aussichten auf Resozialisierung sollten die zuständigen
Behörden fallweise vorgehen und auch Beschäftigungsmöglichkeiten, das Vorliegen von
Krankenversorgung inner- und außerhalb des Strafvollzugs usw. in Betracht ziehen. Die
Verfügbarkeit von Behandlungsprogrammen und geeigneten Haftbedingungen könnte bei der
Einschätzung der Resozialisierung ebenfalls in Betracht gezogen werden.
2. Die Übersetzung des Verweises auf den Staat, in dem die verurteilte Person „wohnt“ als dem Staat
ihres „Aufenthalts“ (mitunter als gewöhnlicher oder normaler Aufenthalt beschrieben oder
interpretiert, anderenorts als offizieller Wohnsitz oder mehrjähriger Aufenthalt) sollte nicht zu
einer Annahme bezüglich der Aussicht auf Resozialisierung führen (weder zwingend noch
widerlegbar) und damit auch nicht zur automatischen Übermittlung des Urteils oder zu einer
automatischen Versagung der Anerkennung auf Grundlage eines solchen Aufenthalts.
Es sollte deutlich sein, dass trotz der Tatsache, dass durch das Nichtvorhandensein eines
Aufenthaltsorts im Ausstellungsstaat ein Aspekt bei der Beurteilung der Schwierigkeit einer
Resozialisierung ist (und damit ein Grund für die Übermittlung des Urteils an einen anderen
Mitgliedstaat, insbesondere den Staat, dessen Staatsangehörigkeit die verurteilte Person hat und in
dem sie „lebt“), dies die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats nicht von ihrer Pflicht
entbindet, auch andere Aspekten der Resozialisierung zu berücksichtigen (ggf. im Anschluss an
Konsultationen mit dem Vollstreckungsstaat über diese Aspekte).
Es sollte ebenfalls deutlich sein, dass trotz der Tatsache, dass durch das Nichtvorhandensein eines
Aufenthaltsorts im Vollstreckungsstaat vor der Übermittlung des Urteils die Zustimmung der
zuständigen Behörde dieses Staats benötigt wird (Art. 4 Abs. 1), und obwohl dieses
Nichtvorhandenseins eines Aufenthaltsorts ein Aspekt bei der Beurteilung der Schwierigkeit einer
Resozialisierung im Vollstreckungsstaat ist, die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats nicht
von ihrer Pflicht entbindet, auch andere Aspekten der Resozialisierung zu berücksichtigen (Art. 4
Abs. 6).
3. Mit Bezug auf den zwingenden Charakter von Versagungsgründen sollte die Kommission für die
zukünftige Bewertung des Umsetzungsverfahrens erwägen, die Verwendung von „kann“ in Art. 9
Abs. 1 nicht in jedem Fall wörtlich interpretieren zu lassen, sondern stattdessen im Einzelfall den
Grundgedanken zu prüfen. So stellen sich dem System schon im Ansatz Hürden in den Weg (die in
Art. 4 Abs. 1 aufgeführten Kriterien), wenn der Richter das Urteil selbst ohne Erfüllung dieser
Kriterien anerkennen kann (siehe Art. 9 Abs. 1 Buchst. b). In anderen Fällen spielen konstitutionelle
Grundsätze und europäische Grundrechte (z. B. der Grundsatz ne bis in idem) bei der Versagung
eine Rolle und verhindern, dass ein Richter nach Ermessen handeln kann. In einigen Fällen scheint
das Verb „kann“ nur eine Pflicht zur Berücksichtigung einiger Versagungsgründe durch Verweis auf
geeignete Konsultationen zwischen den Behörden zu sein oder die Gelegenheit zur
Vervollständigung bzw. Berichtigung (siehe Art. 9 Abs. 3).
4. Die Mitgliedstaaten sollten dazu angehalten werden, ihrer jeweiligen zuständigen Behörde und
Strafvollzugsverwaltung die Einhaltung der kürzesten Fristen vor der Übermittlung der
Bescheinigung nahezulegen. Als Richtwert sollte das Verfahren im Ausstellungsstaat auf maximal 30
Tage begrenzt und diese Frist in Ausnahmefällen um 60 Tage verlängert werden. Die Frist sollte mit
dem Eingang des Antrags der verurteilten Person bzw. der Strafvollzugsverwaltung bei der
zuständigen Behörde beginnen oder wenn die zuständige Behörde eine amtliche Entscheidung
erteilt, von Amts wegen tätig zu werden. Die Verfahrensrechte des Ausstellungsstaats sollten
gestärkt werden: Recht auf Information, Recht auf einen Anwalt usw.
5. Die Mitgliedstaaten, die eine enge Zusammenarbeit bei der Umsetzung von RB 909 betreiben,
könnten ein Dokument erarbeiten, das diese Zusammenarbeit detailliert darlegt. Dazu könnte u. a.
gehören: Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse der Beteiligten, spezielle Interpretationen
verschiedener Vorkehrungen (z. B. „Aufenthalt“), Konsultationsverfahren usw. Ein gutes Beispiel
hierfür ist die Absichtserklärung2 zwischen Rumänien und Italien (siehe Anhang 3). Medizinische
Aspekte mit Bezug auf die psychische Gesundheit sollten ebenfalls in diese Protokolle
aufgenommen werden. Konsularische Vertretungen könnten mit Bezug auf Personal- und andere
amtliche Dokumente ebenfalls beteiligt werden.
6. Die Mitgliedstaaten sollten dazu angehalten werden, sich gegenseitig über die Fortschritte von
verurteilten Personen im Ausstellungsstaat zu informieren. Dazu sollte u. a. gehören:
Begutachtungen,
Behandlungsprogramme,
Beschäftigung,
Gesundheit,
disziplinarische
Angelegenheiten, Belohnungen, Vollzugsbedingungen usw. Diese Informationen sollten in
synthetischer Form und zeitgleich mit der Übermittlung der Bescheinigung oder spätestens bei
Überstellung der Person vorgelegt werden.
7. Die Mitgliedstaaten sollten dazu angehalten werden, in Art. 17 Abs. 3 und Abs. 4 RB vorgesehene
Vereinbarungen über vorzeitige oder bedingte Entlassung zu treffen. Derartige Vereinbarungen
könnten verurteilten Personen Sicherheit mit Bezug auf den Zeitrahmen und die notwendigen
Voraussetzungen für eine vorzeitige oder bedingte Entlassung in den Vollstreckungsstaat bieten
und darüber hinaus dafür sorgen, dass Führung und Fortschritte der verurteilten Personen im
Strafvollzug des Ausstellungsstaats berücksichtigt werden. Gute fachliche Praxis könnte hier
Ersuchen oder Zustimmungen von Personen zur Überstellung begünstigen.
8. Es sollten konkrete Strukturen entwickelt werden, um verurteilte Personen über Haftbedingungen
und Aussichten auf Resozialisierung im Vollstreckungsstaat zu informieren. Verurteilte Personen
sollten in der Lage sein, die Abgabe von Stellungnahmen oder Zustimmung aufgrund verlässlicher
Informationen vorzunehmen. Ein Beispiel wäre die von den an diesem Projekt Beteiligten
ausgearbeitete Broschüre für rumänische Verurteilte (siehe Anhang 4). Ein weiteres Beispiel wäre
die Einrichtung einer Hotline für in England verurteilte Jamaikaner und eine für diese
Personengruppe produzierte DVD, die das Abschiebeverfahren und die Rechte der verurteilten
Personen erläutert. Diese Ressourcen könnten durch bekannte europäische Netzwerke
bereitgestellt werden (EuroPris, JPEN usw.). Durch eine gute Informationsversorgung der
verurteilten
2
Personen
über
Haftbedingungen,
bedingte
Entlassung
und
Die Mitgliedstaaten sollten jedoch darauf achten, die Umsetzung des RB durch die Einführung neuer Konzepte oder
durch Konzepte, die nicht der Philosophie des RB entsprechen, zusätzlich zu verkomplizieren.
Resozialisierungsprogramme würde auch die Zahl der Beschwerden nach Überstellung
zurückgehen.
9. Der verurteilten Person wäre bei der Formulierung einer sachkundigen Stellungnahme oder
Zustimmung durch die Verwendung einheitlicher Formblätter geholfen. Diese Formblätter könnten
für die verurteilten Personen folgendes aufführen:
- die verschiedenen Aspekte, die von der zuständigen Behörde bei der Entscheidungsfindung über
die Urteilsübermittlung berücksichtigt werden und die ihrer Meinung oder den von ihnen
anzugebenden Informationen Relevanz verleihen (z. B. das Aufführen verschiedener relevanter
Bindungen zur Feststellung der Aussichten auf Resozialisierung, das Anfordern ihrer persönlichen
Perspektive oder Angeben relevanter Informationen),
- die Folgen der Zustimmung (insbesondere die Ausnahme vom Spezialitätsprinzip (Art. 18 Abs. 2
Buchst. e),
- die Folgen der Überstellung (insbesondere die Anwendung des Vollstreckungsrechts im
Vollstreckungsstaat mit Bezug auf vorzeitige oder bedingte Entlassung und, soweit möglich, die laut
Art. 17 Abs. 3 und 4 getroffenen Vereinbarungen).
10. Die zuständigen Behörden sollten im Ausfüllen der Bescheinigung geschult werden. Diese Schulung
sollte gemeinsam mit zuständigen Behörden stattfinden, die häufiger zusammenarbeiten (z. B.
Rumänien mit Italien bzw. Spanien). Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die Abschnitte zu
richten, die sich mit der Stellungnahme der verurteilten Person befassen. In der Bescheinigung
sollte ausdrücklich darauf hingewiesen werden, ob die Zustimmung der verurteilten Person vorliegt
und auf was sie sich bezieht. Besondere Beachtung sollte auch der richtigen Schreibweise von
Namen und der Verwendung der für die verschiedenen Laute korrekten Zeichen geschenkt werden.
11. In den Mitgliedstaaten, in denen es für ein- oder abgehende Fälle mehr als eine zuständige
Behörde gibt, sollte eine zentrale Behörde mit der Rolle einer Dokumentationsstelle geschaffen
werden. Diese Behörde sollte die Verwaltungsangelegenheiten der gegenseitigen Anerkennung
koordinieren und würde für eine einheitlichere Praxis sorgen (siehe z. B. die Rolle des
Justizministeriums in Rumänien). Sobald der Kontakt zwischen den Behörden von Ausstellungs- und
Vollstreckungsstaat hergestellt ist, könnte die koordinierende Behörde in den Hintergrund treten,
um Konsultationen und Vereinbarungen zu ermöglichen und zu beschleunigen.
12. Die Mitgliedstaaten sollten dazu angehalten werden, Fälle mit gegenseitiger Anerkennung zu
überwachen, um festzustellen, wie viel Zeit die einzelnen Stufen des Verfahrens benötigen, und die
ggf. notwendigen Maßnahmen ergreifen, um das Verfahren zu verkürzen und effektiver zu
gestalten. In diesem Zusammenhang wären Vorab-Konsultationen ein geeigneter Weg, um
Zeitaufwand für Berichtigungen und Nachfragen nach zusätzlichen Informationen zu vermeiden.
13. Es ist eine Tatsache, dass nicht alle Fälle dasselbe Maß an Komplexität aufweisen, und dass größere
Komplexität mit Verzögerungen bei den Abläufen verbunden ist. Nationale Behörden sollten sich
dieser Tatsache bewusst sein und der Bearbeitung der einfachsten Fälle Vorrang geben. Fälle mit
Zustimmung der verurteilten Person ließen sich dadurch schneller bearbeiten und sollten daher
Vorrang vor von Amts wegen eingeleiteten Fällen haben. Bei dieser Regelung wäre die
Zusammenarbeit der Strafvollzugsverwaltung von Nutzen, wenn sie die für eine Überstellung
geeigneter Fälle im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs feststellt und diese Informationen an die
zuständigen Behörden weiterleitet.
14. Selbst mit der Zustimmung der verurteilten Person ist das Verfahren jedoch komplexer, wenn
Identität und Wohnort dieser Person fraglich sind. In diesen Fällen wäre es eine Hilfe, wenn der
Verwaltungsstatus der verurteilten Person im Vorfeld des Ersuchens um Überstellung geregelt bzw.
geklärt werden könnte. Die Strafvollzugsverwaltung kann - ggf. in Zusammenarbeit mit der
verurteilten Person - eine solche Regelung bzw. Klärung ermöglichen, sofern sich diese Person für
eine Überstellung entscheidet.
15. Es können Normen oder Protokolle für die Strafvollzugsverwaltung geschaffen werden, um Fällen,
in denen die verurteilte Person ihre Bereitschaft zur Überstellung zum Ausdruck bringt, Vorrang zu
geben, diesen beim Ausfüllen des Überstellungsersuchens zu helfen und ggf. ihre Situation mit
Bezug auf Identität und Wohnort im Vollstreckungsstaat zu regeln.
16. Die Mitgliedstaaten sollten dazu angehalten werden, interne/nationale zwischenbehördliche
Mechanismen zu schaffen, um eine Fragmentierung und Verzögerungen des Verfahrens zu
vermeiden. Alle Beteiligten sollten in klare Kommunikationsverfahren eingebunden werden.
Konsularische Vertretungen sollten ebenfalls in diese nationalen Netze mit einbezogen werden, um
ggf. Probleme im Zusammenhang mit der Identitätsfeststellung verurteilter Personen lösen zu
können.
17. Die Mitgliedstaaten sollten dazu angehalten werden, neben der Landessprache weitere Sprachen
zu verwenden, insbesondere bei der Erstellung begleitender Dokumente. Bescheinigungen und
Urteile können in den Sprachen verfasst sein, die in den an das Sekretariat gesendeten
Benachrichtigungen aufgeführt sind. Andere Dokumente sollten jedoch auch in einer für alle
Beteiligten verständlichen Sprache vorliegen.
Mit Blick auf die Zukunft waren einige Mitglieder des Netzwerks der Meinung, dass sich die
Kommission um die Formulierung EU-weiter Mindestanforderungen für Haftbedingungen und
bedingte
Entlassungen
bemühen
sollte.
Vergleichbare
Haftbedingungen
und
ähnliche
Bedingungen für das Ersuchen um bedingte oder sonstige Formen der vorzeitigen Entlassung
könnte verurteilte Personen davon abhalten, „Forum-Shopping“ zu betreiben und stattdessen
stärker auf die Resozialisierung zu setzen.
Nach Empfehlung einiger Mitglieder des Netzwerks wäre ein möglicher Weg zu diesem Ziel die
Beteiligung der Kommission an der Entwicklung der Infrastruktur im Strafvollzug, insbesondere in
den Staaten, in denen laut CPT-Bericht unmenschliche und menschenunwürdige Zustände
herrschen. Diese Entwicklung sollte die Verbesserung von Haftbedingungen zum Ziel haben und
nicht zu einem Zuwachs der Gefängnispopulation führen. Es sollten besondere Vorkehrungen
getroffen werden, um einen Anstieg der Gefängnispopulation zu verhindern (z. B. könnte man den
Anspruch auf Teilnahme an diesem Infrastrukturprogramm auf Staaten beschränken, die
unterhalb der durchschnittlichen Belegungsrate in Europa liegen).
Zur Vermeidung von Auswirkungen auf die Menschenreche sollte sich die Kommission aktiver an
der Konsolidierung der Verfahrens- und grundlegenden Rechte für verurteilte Personen beteiligen.
Literaturverzeichnis:
Canton, R. (im Erscheinen) Social rehabilitation (persönliche Korrespondenz)
Maguire, M. und Raynor, P. (2006) How the resettlement of prisoners promotes desistance from
crime Or does it? Criminology and Criminal Justice, 6 (1), 19-38
Robinson, G. und Crow, I. (2009) Offender Rehabilitation: Theory, Research and Practice, London:
Sage
Wree, E., Beken, T, V. und Vermulen, G. (2009) The transfer of sentenced persons in Europe,
Punishment and Society 11(1): 111-128
Anhang 1
Fallstudien zur Überstellung zwischen England und Rumänien
Fallstudie 1 – VM
Diese Fallstudie befasst sich mit einem rumänischen Verurteilten, der im Dezember 2014 von
England nach Rumänien überstellt wurde. Zur Hintergrundinformation: Bei der verurteilten Person
handelte es sich um einen 45-Jährigen, der verheiratet war und vier Kinder hatte. Zum Zeitpunkt
seiner Überstellung lebte seine Familie in Spanien und war in der Landwirtschaft beschäftigt. Er
war wegen Vergewaltigung angeklagt und zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Er befürwortete
eine Überstellung.
Er floh 2007 nach England, um sich einem 2006 in Spanien ausgestellten Haftbefehl mit einem
zugrunde liegenden Urteil von vier Jahren und neun Monaten zu entziehen. In England wurde er
2009 verhaftet und wegen Besitzes gefälschter Dokumente zu acht Monaten Gefängnis verurteilt.
Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung stellten die Behörden seinen richtigen Namen fest und damit
auch den spanischen Haftbefehl wegen Zuhälterei. Nach Verbüßung seiner achtmonatigen
Haftstrafe in England wurde sein Fall 2012 von Interpol übernommen. Der Verurteilte wurde nach
Spanien ausgeliefert, um dort seine Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten anzutreten.
Als er 2002 der Kommission wegen einer Urlaubsbewilligung vorgestellt werden sollte, wurde
diese abgelehnt, da während seiner Inhaftierung in Spanien ein Europäischer Haftbefehl aus
England eintraf. Vor einem Madrider Gericht wurden ihm die Handlungen vorgeworfen, derer er in
England beschuldigt wurde, und er erklärte sich zu einer Überstellung für eine richterliche
Entscheidung bereit. Im Jahr 2009 wurde er von den britischen Behörden aufgrund des Vorwurfs
der Vergewaltigung seitens einer seiner Mieterinnen verhaftet. Er bestritt die Vorwürfe und blieb
während der laufenden Untersuchungen auf freiem Fuß. Nach einem Monat wurde ihm mitgeteilt,
dass der Vorwurf zurückgezogen und die Anklage fallengelassen worden sei. Im folgenden Jahr
wurde der Fall aufgrund derselben Anschuldigungen wieder aufgerollt. Am 28. Dezember 2012
wurde er nach Manchester überstellt, wo nach einer sechsmonatigen Wartezeit auf seine
Verhandlung am 8. Juli 2013 die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren wegen
Vergewaltigung erfolgte.
Er wurde wieder nach Spanien überstellt, um dort den Rest seiner Haftstrafe von vier Jahren und
neun Monaten zu verbüßen, und kehrte anschließend nach England zurück, wo er seine Strafe von
15 Jahren antrat. Einen Monat nach seiner Rückkehr nach England, im Februar 2014, beantragte er
seine Überstellung nach Rumänien. Er begründete seinen Schritt mit der Tatsache, dass seine
Freunde und Familie noch in Spanien lebten, sowie der Belastung aufgrund mangelnder
Englischkenntnisse. Er besprach seine Entscheidung zur Überstellung nach Rumänien mit seiner
Familie, da eine Überstellung nach Spanien die Aufgabe seiner rumänischen Staatsbürgerschaft
bedeutet hätte.
Die für die Überstellung notwendigen Informationen erhielt er von der für Auslieferungen
zuständigen Justizverwaltung in Manchester. Zur Verständigung beauftragte die Justizverwaltung
einen Dolmetscher.
Der erste Schritt zur Überstellung war sein Antrag auf Auslieferung an das Innenministerium, den
er im Gefängnis stellte. Hilfe erhielt er von einem Justizangestellten, der sich mit Auslieferungen
befasste. Dieser sprach auch Spanisch, was die Verständigung mit der verurteilten Person
erleichterte.
Nachdem er seinen Antrag gestellt und dann einen Monat gewartet hatte, ohne eine Antwort zu
bekommen, behauptete die verurteilte Person, einen dreimonatigen Hungerstreik begonnen zu
haben3. Während dieser Zeit wurde der Gefangene in der Haftanstalt mehrmals von Vertretern
der Botschaft besucht, die sich nach seinem Befinden erkundigten. Im August 2014 erhielt er von
den rumänischen Behörden den endgültigen Bescheid, dass seinem Wunsch auf Überstellung
stattgegeben wurde, und im Dezember wurde er nach Rumänien, in die Haftanstalt Rahova
überstellt. Das Strafmaß wurde nicht angepasst. Im Februar 2015 wurde er in die Haftanstalt in
Giurgiu überführt, wo er den Rest seiner 15-jährigen Strafe verbüßen wird.
Die verurteilte Person ist mit ihrer Entscheidung zufrieden, obwohl sie mit Vor- und Nachteilen
verbunden ist. Die Haftbedingungen und das Aktivitätsangebot sind schlechter. Das langsame
Verstreichen der Zeit aufgrund des Mangels an Betätigung ist ein Nachteil, wohingegen die
Besuche von Freunden und einem Neffen ein Vorteil sind.
3
In den Gefängnisunterlagen gibt es keine Hinweise auf diesen Hungerstreik.
Fallstudie 2 – NA
Diese Fallstudie befasst sich mit einem rumänischen Verurteilten, der im November 2013 von
England nach Rumänien überstellt wurde. Bei dem Gefangenen handelt es sich um einen 27Jährigen, der verheiratet und kinderlos ist. Aufgrund der Tatsache, dass er während seiner Haftzeit
geheiratet hat, verlor er den Kontakt zu seiner Frau und weiß derzeit nicht, wo sie sich aufhält.
Er wurde am 7. August 2009 in Rumänien aufgrund eines Europäischen Haftbefehls verhaftet und
einige Tage später nach England ausgeliefert, wo Anklage wegen Vergewaltigung und
Menschenhandels gegen ihn erhoben wurde. Er wurde durch einen Rechtsanwalt von Amts wegen
vertreten und zu einer Haftstrafe von 21 Jahren verurteilt, die nach Berufung des Staatsanwalts in
lebenslänglich umgewandelt wurde. Die verurteilte Person beteuert ihre Unschuld und gibt an, nur
der Fahrer der Mädchen gewesen zu sein, und dass es keine DANN- oder sonstige Sachbeweise
gäbe, die diese Anklage rechtfertigten. Die Mädchen wurden von den britischen Behörden wegen
Prostitution verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten verurteilt. Sechs Monate
nach ihrer Verhaftung sagten sie aus, von der fraglichen verurteilten Person vergewaltigt und zur
Prostitution gezwungen worden zu sein.
Unmittelbar nach seiner Verurteilung im August 2011 leitete der Gefangene ein Verfahren zur
Überstellung nach Rumänien ein. Er sandte die Unterlagen selbst an das Justizministerium in
Rumänien, beantragte aber die Überstellung ebenfalls vom Gefängnis aus auf dem Amtsweg, d. h.
er sandte dieselben Dokumente an die Strafvollzugsverwaltung. Die per Post versandten Papiere
kamen in Rumänien an, die über die Gefängnisverwaltung geleiteten jedoch nicht. Dasselbe war
bei allen von der verurteilten Person zu unterzeichnenden Dokumenten der Fall; sie gingen
verloren bzw. ihre Zustellung dauerte Monate.
Der erste Überstellungsantrag wurde abgelehnt, da die britischen Behörden von ihren
rumänischen Amtskollegen die Beibehaltung der lebenslänglichen Haftstrafe verlangten. Nach
rumänischem Recht kann eine lebenslange Haftstrafe jedoch nur bei Mordanklage verhängt
werden. Die Höchststrafe für Menschenhandel und Vergewaltigung beträgt hingegen 18 Jahre. Die
Überstellung wurde von den britischen Behörden abgelehnt.
Beim zweiten Antrag auf Überstellung kann es zu langen Verzögerungen aufgrund von Fehlern
beim Ausfüllen der Formulare durch die Strafvollzugsverwaltung. Nachdem der Gefangene lange
vergeblich auf eine Antwort geartet hatte, trat er in den Hungerstreik4. Während des
Hungerstreiks erhielt der Vater des Gefangenen einen Termin beim Außenminister in Bukarest.
Dieser setzte sich mit der rumänischen Botschaft in London in Verbindung, die wiederum Vertreter
in die Haftanstalt sandte, um sich ein Bild vom Befinden des Gefangenen zu machen.
Nach diesem Besuch im Sommer 2013 wurden die Überstellungspapiere von England nach
Rumänien geschickt. Das Berufungsgericht in Bukarest wandelte das lebenslängliche Urteil in eine
18-jährige Haftstrafe um, und die verurteilte Person stimmte der Überstellung zu.
Zwei Jahre nach Beginn des Überstellungsverfahrens wurde der Gefangene im Herbst 2013 nach
Rumänien überstellt, wo er von seinen Eltern und Brüdern besucht werden kann.
Nach sechs Jahren Haftverbüßung bemüht er sich derzeit mit allen verfügbaren Rechtsmitteln um
den Beweis seiner Unschuld.
Fallstudie 3 – GA
Der Gefangene ist ein rumänischer Staatsbürger im Alter von 40 Jahren und wurde am 31. Januar
2014 von Großbritannien nach Rumänien überstellt. Er ist ledig, jedoch lebt der größte Teil seiner
Familie in Rumänien.
Er kam 1998 nach England und arbeitete dort bis 2005 legal als Bauleiter. Nachdem es zwischen
zwei Banden zu Gewalttätigkeiten und in diesem Zusammenhang zu einem Todesfall gekommen
war, wurde die verurteilte Person am 26. September 2006 wegen Mordes verhaftet und im
darauffolgenden Jahr zu lebenslänglicher Haft mit einer Mindesthaftzeit von 21 Jahren verurteilt.
Gegen dieses Urteil legte er Berufung ein, und nach fünf Jahren wurde ein neues
Gerichtsverfahren eingeleitet, das 2012 zu demselben Ergebnis wie das ursprüngliche Verfahren
kam. Er verbüßte neun Jahre seiner Strafe in England, davon 23 Monate in der Haftanstalt
Belmarsh und fast sieben Jahre in der Haftanstalt Swaleside.
4
Laut eigener Aussage des Gefangenen. In den Gefängnisunterlagen gibt es keine Hinweise auf diesen Hungerstreik.
Im Anschluss an eine erfolglose Berufung beantragte er im Mai 2012 seine Überstellung nach
Rumänien, nachdem er durch die Strafvollzugsverwaltung von dieser Möglichkeit erfahren hatte.
Als ersten Schritt sollte er im Gefängnis einen Antrag beim NOMS stellen. Zur Beschleunigung des
Verfahrens sollte er auf Empfehlung seines Rechtsanwalts auch einen rumänischen Anwalt
bestellen, der ihn über die Vorgänge in Rumänien auf dem Laufenden halten sollte.
Nach einem Monat erhielt er die Bestätigung, dass sein Antrag beim NOMS eingetroffen war und
nun an das Justizministerium in Rumänien weitergeleitet werden sollte. Mit der Hilfe rumänischer
Rechtsanwälte erfuhr er, dass sein Antrag von England nach Rumänien geleitet wurde, wo ihm das
Justizministerium ein neues Strafmaß zuteilte.
Zunächst wurde die Überstellung aufgrund von Übersetzungsfehlern der rumänischen Behörden
abgelehnt. Der Antrag wurde von den rumänischen Anwälten an den NOMS zurück verwiesen, und
am 25. Oktober 2013 wurde die Überstellung genehmigt. Nach Anpassung seines Urteils erhielt er
eine 25-jährige Haftstrafe. Er ist nach wie vor der Meinung, dass das Strafmaß nicht korrekt sei, da
der rumänische Richter die Umwandlung auf Grundlage des lebenslängliches Urteils und nicht der
Mindesthaftstrafe vorgenommen hatte. Darüber hinaus wurden die Bemühungen der verurteilten
Person um Resozialisierung während der neunmonatigen Inhaftierung nicht mit in Betracht
gezogen.
Am 31. Januar 2014 wurde er in die rumänische Haftanstalt Rahova überstellt. Dort blieb er zwei
Monate, um anschließend in die Haftanstalt Giurgiu zu wechseln. Er wurde vom halboffenen
Strafvollzug in England in ein Hochsicherheitsgefängnis in Rumänien überstellt.
Trotz Beschwerden über seine Haftbedingungen konnte er sich rasch anpassen. Er hat eine
Beschäftigung, nimmt an erzieherischen Tätigkeiten teil und freut sich auf einen Neuanfang nach
seiner Entlassung.
Anhang 2
Bericht über die Fragebogen der verurteilten Personen
Rumänische Verurteilte in Italien und Spanien
Spanien
Einleitung
Der vorliegende Bericht beruht auf 83 Fragebögen, die von in Spanien inhaftierten Rumänen von
August bis September 2014 in der Haftanstalt Huevla, von September bis Oktober 2014 in der
Haftanstalt Topas, im Oktober 2014 in der Haftanstalt Lugo und im September 2014 in der
Haftanstalt Algeciras ausgefüllt wurden.
Der Fragebogen war von den verurteilten Personen selbst auszufüllen, was ausnahmslos auf
freiwilliger Basis stattfand. Alle verfügbaren rumänischen Verurteilten erklärten sich zur Teilnahme
an der Umfrage bereit.
Zur Hilfe beim Ausfüllen stand den verurteilten Personen ein Wissenschaftler zur Verfügung.
Demografisches Profil
82 der Beteiligten waren Männer, und eine weibliche Beteiligte befand sich in Schutzhaft im
Gefängnis Topas. Alle Teilnehmer waren älter als 20 Jahre. Die Altersgruppen waren:
-
25,3 % waren im Alter von 36-40 Jahren,
-
18,1 % waren im Alter von 26-30 Jahren,
-
18,1 % waren im Alter von 20-25 Jahren.
Der Bildungsstand der Befragten war recht niedrig:
-
42,2 % hatten die Schule mit der 5. bis 8. Klasse abgeschlossen,
-
41% hatten die Schule mit der 9. bis 12. Klasse abgeschlossen,
-
4,8 % hatten die Schule mit weniger als der 4. Klasse abgeschlossen,
-
2,4 % hatten einen Hochschulabschluss,
-
9,6 % machten keine Angaben.
Die meisten der verurteilten Personen, die an der Umfrage teilnahmen, waren unverheiratet
(56,6 %).
Bei mehr als der Hälfte der Verheirateten lebte die Ehefrau der verurteilten Person in Spanien.
Gut die Hälfte der verurteilten Personen hatte Kinder (50,6 %). In den meisten Fällen waren das
ein oder zwei Kinder. Mehr als 27,7 % der Kinder leben in Rumänien.
Die Statistik legt nahe, dass die rumänischen Verurteilten in Spanien zwar mit ihren Ehefrauen,
jedoch nicht unbedingt mit ihren Kindern lebten. In den meisten Fällen lebten die Kinder bei ihren
Großeltern oder anderen Verwandten in Rumänien.
Soziale Variablen
Mehr als 44 % der rumänischen Verurteilten kamen zwischen 2006 und 2010 nach Spanien, 31,3 %
sogar bereits zwischen 2000 und 2005.
75,9 % emigrierten aus wirtschaftlichen Gründen nach Spanien („um Arbeit zu finden“, „um sich zu
verbessern“ usw.). Lediglich 4,8 % von ihnen kamen als Urlauber nach Spanien.
Mehr als 66,3 % der Befragten gingen bei ihrer Verhaftung einer Tätigkeit nach. Die meisten waren
in der Landwirtschaft oder im Baugewerbe beschäftigt.
Vorstrafenentwicklung
Mehr als 36 % hatten Vorstrafen wegen Eigentumsdelikten. 14,6 % hatten Vorstrafen wegen
Drogenkriminalität. 7,2 % hatten Strafen wegen Sexualdelikten zu verbüßen, und 10,2 % waren
wegen Gewaltverbrechen (einschließlich Tötungsdelikte) verurteilt worden. Ein signifikanter Anteil
der Befragten machte hierzu jedoch keine Angaben (21,7 %). Von diesen befindet sich ein
wiederum ein signifikanter Anteil in Schutzhaft (6 %).
Mehr als 71,1 % der Befragten gaben an, in Rumänien keine Vorstrafen zu haben. „Nur“ 21,7 %
hatten Vorstrafen in Rumänien. 78,3 % der Befragten hatten keine Vorstrafen in Spanien.
Fast die Hälfte (43,4 %) hatten Reststrafen zwischen einem und fünf Jahren bis zur vollständigen
Entlassung. Lediglich 4,8 % mussten einen bis sechs Monate bis zu ihrer Entlassung warten. 36,1 %
machten diesbezüglich keine Angaben. Der Anteil der Befragten ohne Angabe ist bei der Frage
nach der bis zur bedingten Entlassung zu verbüßenden Resthaft sogar noch höher (51,8 %). 25,3 %
schätzten ihre Restzeit bis zur bedingten Entlassung auf ein bis fünf Jahre, und 19,2 % schätzten
diese auf weniger als ein Jahr.
Mehr als 77 % gaben an, dass für sie kein Ausweisungsbefehl vorlag. Somit werden sie nach ihrer
Entlassung auch nicht aus Spanien ausgewiesen.
Justizsystem
Die Antworten auf die Frage nach der Zufriedenheit mit dem Justizsystem fielen unterschiedlich
aus: 44,3 % der Befragten gaben an, völlig unzufrieden zu sein, während 20,5 % sehr zufrieden
waren. 10,8% machten diesbezüglich keine Angaben.
Die Angaben mit Bezug auf die Haftbedingungen waren differenzierter: 21,7 % gaben an, völlig
unzufrieden mit den Haftbedingungen zu sein, 33,7 % waren weder zufrieden noch unzufrieden,
und 20,5 % waren sehr zufrieden.
Die meisten der verurteilten Personen (84,3 %) hatten keine Disziplinareinträge. Mehr als 60 %
hatten lobende Einträge.
Die häufigsten Beschwerden über Haftbedingungen waren: Mangel an Kommunikation mit der
Familie (26,5 %), Übergriffe in der Haftanstalt (9,6 %), Sprachschwierigkeiten (8,4 %) und das
Arbeitsverbot in der Schutzhaft (4,8 %). Viele der Befragten machten zu dieser Frage keine
Angaben (39- 47 %).
Resozialisierung
51,8 % waren an Programmen und Aktivitäten zur Verminderung der Rückfälligkeit beteiligt. Dabei
handelte es sich vorwiegend um Arbeitstätigkeiten (22,9 %) oder Bildungsmaßnahmen (14,5 %).
62,7 % der verurteilten Personen gaben an, während ihrer Haftzeit gearbeitet zu haben. Dabei
handelte es sich um körperliche Arbeit.
„Lediglich“ 19,3 % der verurteilten Personen nahmen vor ihrer Inhaftierung Drogen und „nur“
14,5 % setzten diese Praxis im Gefängnis fort. Zu den beliebtesten Drogen zählen Kokain, Cannabis
und Marihuana. Keiner der Befragten befindet sich in Drogenbehandlung.
Dies muss im
Zusammenhang mit einer verbreiteten Furcht vor einer Aufdeckung gesehen werden.
Lediglich sechs der verurteilten Personen waren wegen einer psychischen Erkrankung in
Behandlung und nur drei litten an einer hochansteckenden Krankheit, nämlich Hepatitis B (siehe
hierzu obigen Kommentar zur Untererfassung).
Die Überstellung
38,6 % der Befragten war die Möglichkeit einer Überstellung nach Rumänien zur Verbüßung ihrer
Reststrafe nicht bekannt. Diejenigen, die davon wussten, hatten diese Kenntnis von anderen
verurteilten Personen bzw. Mitarbeitern des Strafvollzugs (zu etwa gleichen Anteilen).
Die Mehrheit der verurteilten Personen hat keinerlei Kenntnisse über das Thema Überstellung
(61,4 %). Andere glauben, die Überstellung sei zum Vorteil der verurteilten Person (20,5 %), zur
Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten (1,2 %) oder sie diene der
Ausübung des Rechts auf bedingte Entlassung (2,4 %). Über 14% machten diesbezüglich keine
Angaben.
Obwohl ihnen die Möglichkeit der Überstellung zuvor nicht bekannt war, würden 41 % der
verurteilten Personen diese für sich ernsthaft in Betracht ziehen. Der Hauptgrund für einen
Überstellungswunsch war „näher bei der Familie zu sein“ und „mehr Aufmerksamkeit im
Gefängnis“ zu bekommen. Nicht Überstellungswillige gaben den für das Verfahren notwendigen
Zeitaufwand als Hauptgrund an. Vielleicht ist das der Grund, weshalb die meisten verurteilten
Personen angaben, dass sie sich vor einer Überstellungsentscheidung eine bessere Vorstellung
über den mit dem Überstellungsverfahren verbundenen Zeitaufwand, die dafür notwendigen
Dokumente und die Haftbedingungen in rumänischen Gefängnissen machen möchten. Über 61 %
machten diesbezüglich keine Angaben. Die vordringlichste Sorge, die die verurteilten Personen mit
Bezug auf die Überstellung zum Ausdruck brachten, waren die „schlechteren Haftbedingungen in
Rumänien“ (27,7 %) und die Länge des Antragsverfahrens (7,2 %).
Die hauptsächlichen Vorzüge einer Überstellung nach Rumänien sind anscheinend die bedingte
Entlassung (15,7 %), die Familie (13,3 %) und die Sozialhilfe nach der Entlassung (2,4 %). Lediglich
33,7 % der verurteilten Personen gaben an, dass sie diese Möglichkeit anderen verurteilten
Personen empfehlen würden. Sie würden diese Möglichkeit zu Beginn der Haftstrafe empfehlen
und um näher bei ihrer Familie zu sein.
Zur Verbesserung der praktischen Umsetzung dieser Möglichkeit machten die verurteilten
Personen folgende Vorschläge:
-
Verkürzung der Bearbeitungszeiten (14,5 %)
-
Rumänien sollte sich mehr um seine im Ausland inhaftierten Bürger kümmern (10,2 %)
-
Verbesserung der Haftbedingungen in Rumänien (4,8 %)
-
Das Angebot von Arbeit in rumänischen Gefängnissen (2,4 %)
Italien
Einleitung
Der vorliegende Bericht beruht auf fünf Fragebögen, die von rumänischen Verurteilten im Oktober
2014 ausgefüllt wurden.
Demografisches Profil
Alle fünf Teilnehmer waren männlich. Alle Teilnehmer waren älter als 25 Jahre. Drei der Männer
waren 40-45 Jahre alt, einer war 39 Jahre alt und ein weiterer 28 Jahre alt.
Drei hatten die Schule mit der 9. bis 12. Klasse abgeschlossen, einer hat einen Hochschulabschluss,
und einer hatte die Schule mit der 8. Klasse abgeschlossen.
Drei der verurteilten Personen, die an der Umfrage teilnahmen, waren mit in Rumänien lebenden
Frauen verheiratet. In diesem Fall hatten alle drei Personen Kinder, die in Rumänien leben.
Soziale Variablen
Alle Teilnehmer kamen zwischen 2006 und 2010 nach Italien, und alle emigrierten aus
wirtschaftlichen Gründen („um Arbeit zu finden“).
Nur zwei Befragte hatten bei ihrer Verhaftung eine Beschäftigung. Sie arbeiteten im Baugewerbe.
Vorstrafenentwicklung
Ein Teilnehmer war wegen einer sexuellen Straftat verurteilt, drei wegen Eigentumsdelikten und
einer wegen Gewaltverbrechen. Zwei der Befragten gaben an, Vorstrafen in Rumänien zu haben,
und einer von ihnen hatte eine Vorstrafe in Italien.
Drei von ihnen hatten Reststrafen zwischen einem und fünf Jahren bis zur vollständigen
Entlassung. Lediglich einer von ihnen musste einen bis sechs Monate bis zu seiner Entlassung
warten. Ein weiterer musste zehn Jahre bis zu seiner vollständigen Entlassung warten. Mit Bezug
auf Reststrafen bis zu einer bedingten Entlassung mussten zwei der verurteilten Personen noch
zwischen einem und fünf Jahren und zwei von ihnen weniger als ein Jahr warten.
Lediglich für einen Befragten lag kein Ausweisungsbefehl vor.
Justizsystem
Alle verurteilten Personen, die den Fragebogen ausfüllten, gaben an, mit dem Justizsystem
entweder unzufrieden oder völlig zufrieden zu sein. Die Angaben mit Bezug auf die
Haftbedingungen waren identisch: alle waren unzufrieden oder völlig unzufrieden.
Vier der verurteilten Personen hatten keine Disziplinareinträge, und vier hatten lobende Einträge.
Die Beschwerden über Haftbedingungen waren: Mangel an Kommunikation mit der Familie (2),
Übergriffe in der Haftanstalt (1). Zwei Befragte machten diesbezüglich keine Angaben.
Resozialisierung
Alle Befragten waren an Programmen und Aktivitäten zur Verminderung der Rückfälligkeit
beteiligt. Dabei handelte es sich vorwiegend um Arbeitstätigkeiten (3) oder Bildungsmaßnahmen
(2). Vier der verurteilten Personen gaben an, während ihrer Haftzeit gearbeitet zu haben. Dabei
handelte es sich um körperliche Arbeit.
Keiner der Befragten nahm vor seiner Inhaftierung Drogen und keiner befindet sich in
Drogenbehandlung. Keine der verurteilten Personen war wegen einer psychischen Erkrankung in
Behandlung und keine litt an einer hochansteckenden Krankheit.
Die Überstellung
Allen Befragten war die Möglichkeit einer Überstellung nach Rumänien zur Verbüßung ihrer
Reststrafe bekannt. Sie wurden durch Mitarbeiter des Strafvollzugs über diese Möglichkeit
informiert.
Drei der verurteilten Personen glauben, die Überstellung sei zu ihrem Vorteil. Zwei Befragte
machten diesbezüglich keine Angaben.
Nur zwei der verurteilten Personen würden diese Möglichkeit ernsthaft für sich in Betracht ziehen.
Der Hauptgrund für einen Überstellungswunsch war „näher bei der Familie zu sein“. Nicht
Überstellungswillige gaben die Haftbedingungen in Rumänien als Hauptgrund an.
Vielleicht ist das der Grund, weshalb die meisten verurteilten Personen angaben, dass sie sich vor
einer Überstellungsentscheidung eine Vorstellung über den mit dem Überstellungsverfahren
verbundenen Zeitaufwand, die dafür notwendigen Dokumente und die Haftbedingungen in
rumänischen Gefängnissen machen möchten.
Zwei Befragte machten diesbezüglich keine
Angaben. Die vordringlichste Sorge, die die verurteilten Personen mit Bezug auf die Überstellung
zum Ausdruck brachten, waren die „schlechteren Haftbedingungen in Rumänien“ (3) und die
Länge des Antragsverfahrens (1).
Die hauptsächlichen Vorzüge einer Überstellung nach Rumänien sind anscheinend die bedingte
Entlassung (1) und die Familie (2).
Nur eine der verurteilten Personen gab an, sie würde diese Möglichkeit empfehlen, und zwar um
näher bei ihrer Familie zu sein.
Zur Verbesserung der praktischen Umsetzung dieser Möglichkeit machten die verurteilten
Personen folgende Vorschläge:
-
Rumänien sollte sich mehr um seine im Ausland inhaftierten Bürger kümmern (1)
-
Verbesserung der Haftbedingungen in Rumänien (1)
Schlussfolgerungen
Bei diesen Ergebnissen ist jedoch einiger Vorbehalt geboten. Zunächst handelt es sich hier nicht
um eine repräsentative Stichprobe. Dennoch sind die Zahlen von einiger Bedeutung und enthalten
nachdrückliche Botschaften. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Fragen, die von den verurteilten
Personen nicht beantwortet wurden. Je nach Frage mag es hiervor unterschiedliche Gründe
geben: Angst, mangelnde Kenntnisse, „zu viel zu schreiben“ usw.
Einige der Themen sollten in den Diskussionen und Fallstudien aufgegriffen werden: Weshalb ist
Zeit ein so entscheidender Faktor, wenn die Befragten doch genug Zeit zum Warten haben (hier ist
die „Tiefkühltheorie“ zu prüfen)? Wie können sie mehr über die Haftbedingungen in Rumänien
erfahren? usw.
Anhang 3
Die Absichtserklärung
zwischen Italien und Rumänien zur Verbesserung der
Zusammenarbeit bei der Überstellung verurteilter Personen
gemäß Rahmenbeschluss 2008/909/JI
Das Ministerium der Republik Rumänien und das Ministerium für Justiz der Italienischen Republik haben
nach Erörterung der Angelegenheiten, die auf dem Gebiet der juristischen Zusammenarbeit Probleme
und Verzögerungen hervorrufen, zur Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Überstellung von
verurteilten Personen gemäß Rahmenbeschluss 2008/909/JI folgende Übereinkunft getroffen:
1.
Förderung direkter Kontaktaufnahme zwischen den jeweils für die Überstellung von verurteilten
Personen zuständigen Justizbehörden, insbesondere mit Bezug auf Anfragen betreffend zusätzliche
Informationen, die die Hauptursache für Verzögerungen in diesem Verfahren sind. Die
Notwendigkeit der Benachrichtigung - betreffend Informationen - der zentralen Behörden bleibt
davon unberührt.
2.
Förderung der Übersetzung von Anfragen betreffs zusätzlicher Informationen, zumindest in das
Englische, um ihr sofortiges Verstehen seitens der empfangenden Behörden zu gewährleisten,
insbesondere in Anbetracht der häufig knappen Antwortfristen.
3.
Empfehlung der Einrichtung von Antwortfristen für die Justizbehörden, die der Komplexität der
angefragten Maßnahmen bzw. zusätzlichen Informationen Rechnung tragen.
4.
Ausarbeitung von erläuternden Vermerken für die Justizbehörden des jeweils anderen
Mitgliedstaats, in denen die eigene Gesetzeslage mit Bezug auf Vorzüge, die verurteilte Personen
erhalten, und die Zusammenlegung von Haftstrafen in der Vollstreckungsphase dargelegt sind.
5.
Empfehlung an die Justizbehörden in Italien, mit Bezug auf die Zusammenlegung von Haftstrafen für
jedes
antragsrelevante Urteil eine
Einzelbescheinigung auszustellen
oder, sofern eine
Sammelbescheinigung bevorzugt wird, diese der Bescheinigung des Vollstreckungsstaats (stato di
esecuzione della pena) hinzuzufügen. In letzterem Fall ist folgendes deutlich anzugeben: die in
Rumänien zu verbüßende Reststrafe, ggf. die Gründe für Abweichungen beim Strafmaß, und
welches Strafmaß ausschlaggebend ist.
6.
Empfehlung an die entsprechenden Justizbehörden, in ausreichender Form und auf der dafür
vorgesehenen Stelle der Bescheinigung die Fakten anzuführen, die auf die fehlenden Wurzeln der
verurteilten Person im Ausstellungsstaat hinweisen.
7.
Empfehlung an die entsprechenden Justizbehörden, in Fällen der Identifizierung einer
verurteilten Person mit abweichenden Personalien bescheinigen, dass die Identität der Person
festgestellt wurde.
8.
Prüfung der Möglichkeit, der Bescheinigung zusammen mit dem vollständigen Wortlaut der Urteile
in ihrer Originalsprache eine Übersetzung lediglich der Anklagepunkte und des Tenors der
relevanten Urteile beizufügen.
9. Prüfung der Möglichkeit, den amtlichen Schriftverkehr mit Bezug auf die von den Justizbehörden
anerkannten Urteile direkt an die verurteilte Person in der Haftanstalt, in der sie sich befindet zu
senden.
10. Prüfung der Möglichkeit, jegliche Stellungnahmen der verurteilten Person mit Bezug auf eine
Berufung gegen die Anerkennungsentscheidung direkt an die zuständigen Behörden zu senden.
11. Intensivierung der bilateralen juristischen Zusammenarbeit durch die Förderung und Teilnahme an
Workshops über die praktischen Aspekte der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Überstellung von
verurteilten Personen. In diesem Sinne fordert die Leiterin des Amts für Internationales Recht und
Juristische Zusammenarbeit, Frau Viviana Onaca ihre italienischen Amtskollegen in der zweiten
Hälfte dieses Jahres an einem Treffen der rumänischen Vertreter der Staatsanwaltschaft und der
Berufungsgerichte mit Zuständigkeit für diese Angelegenheiten teilzunehmen.
Für das italienische Justizministerium, der Leiter des
Für das rumänische Ministerium für Justiz, die Leiterin
Kriminalamts
des Amts für Internationales Recht und Juristische
Raffaele Piccirillo
Zusammenarbeit
Viviana Onaca
Anhang 4
Die rumänische Broschüre - Kurzfassung
Siehe Dokument im Anhang.
Anhang 5
Literatur-Kurzauswertung
zum Rahmenbeschluss 2008/909/JI des Rates vom 27. November 2008
über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung
auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe
oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in
der Europäischen Union
Carmen Garcia und Ioan Durnescu
Inhaltsverzeichnis
INTRODUCTION
ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
METHODOLOGY
ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
BACKGROUND
ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
THE FRAMEWORK DECISION 2008/909/JHA
ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
STATE OF PLAY - IMPLEMENTATION ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
DIFFICULTIES AND OBSTACLES
1. THEORETICAL ISSUES:
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ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
2. IMPLEMENTATION OBSTACLES: ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
Concluding remarks Error! Bookmark not defined.
ANNEX 1
ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
OBSTACLES AND DIFFICULTIES
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REFERENCES ERROR! BOOKMARK NOT DEFINED.
Einleitung
Bei der Vollstreckung von Haftstrafen wird auf die Resozialisierung der verurteilten Person großen
Wert gelegt. Am Ende der erfolgreichen Resozialisierung soll die Wiedereingliederung der
verurteilten Person in die Gesellschaft stehen. Mit anderen Worten, das Ziel der Resozialisierung
ist dann vielleicht noch bedeutender als zum Zeitpunkt der Strafverhängung. Zum Zeitpunkt der
Strafverhängung das primäre Ziel u. U. die Gewährleistung einer retributiven Bestrafung für das
von der verurteilten Person begangene Verbrechen. Gleichzeitig soll die Bestrafung jedoch auch
die Notwendigkeit einer Resozialisierung der verurteilten Person beachten, um aus ihr ein
produktives Mitglied der Gesellschaft zu machen. Eine Strafe kann ggf. auf verschiedene Weise
vollstreckt werden. Sie kann damit stets die Anforderungen des ursprünglichen Urteils erfüllen,
sich jedoch in ihrer Wirksamkeit mit Bezug auf eine Resozialisierung der verurteilten Person
unterscheiden.
Jedes Jahr werden Zehntausende EU-Bürger in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen
Union verschiedener Verbrechen angeklagt oder verurteilt. In vielen Fällen ordnen Strafgerichte
bei Gebietsfremden Untersuchungshaft an, weil bei ihnen Fluchtgefahr besteht. Ein Verdächtiger
mit Wohnsitz in dem Mitgliedstaat sähe sich in einer ähnlichen Situation oft weniger strengen
Zwangsmaßnahmen ausgesetzt und würde eher die Auflage, sich bei der Polizei zu melden oder
ein Reiseverbot erhalten. Dies mag ein Grund dafür sein, dass in Staaten wie Luxemburg,
Österreich, der Schweiz usw. der Anteil an verurteilten Ausländern sehr hoch ist, d. h. mitunter
über 70 % (weitere Informationen unter http://www.prisonstudies.org/world-prison-brief).
Die Überstellung einer verurteilten Person in ihr Heimatland ist eine alternative Art der
Vollstreckung eines Urteils. Unter sonst gleichen Umständen können verurteilte Personen, die ihre
Strafe in ihrem Heimatland verbüßen, dort wohl besser resozialisiert und wiedereingegliedert
werden können als im Ausland. Das ist ein guter Grund für die Überstellung von verurteilten
Personen, um ihre Haftstrafe in einem Staat zu verbüßen, mit dem sie sozial verbunden sind. Eine
Inhaftierung im Ausland ohne Zugang zu Familie und Freunden könnte auch kontraproduktiv sein,
da die Familie der verurteilten Person soziales Kapital und Unterstützung bieten kann, womit sich
die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Umsiedlung und Wiedereingliederung erhöht 5.
Methodik
Die generelle Absicht dieser Literatur-Kurzauswertung ist das Sammeln und Analysieren der
verfügbaren Literatur über die Annahme und Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI des
Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen
Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder
Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union (im
Folgenden „RB 909“ genannt).
Das letztendliche Ziel dieser Analyse ist die Anregung der im Rahmen des Projekts „Förderung der
Möglichkeit, Gefängnisstrafen im Hinblick auf die Wiedereingliederung in einem anderen Land zu
vollziehen“ (im Folgenden „STEPS2“ genannt) durchgeführten Forschung.
5
“Handbook on the International Transfer of Sentenced Persons”. UNODC. 2012.
Die Aufnahmekriterien für die in dieser Auswertung behandelten Referate waren:
1. sie mussten in Europa erschienen sein,
2. sie mussten nach 2005 erschienen sein, also zu Beginn der Diskussionen um den RB 909 auf
EU-Ebene,
3. sie mussten in einer der Sprachen der EU verfasst sein,
4. und sie mussten den RB 909 behandeln - seine Konzipierung, Annahme und Umsetzung.
Kollegen von den Partner-Universitäten6 des Projekts STEPS 2, Teilnehmer der Fokusgruppe
Workstream, leisteten umfassende Hilfe bei Fachliteraturrecherchen und Ausarbeitung des
vorliegenden Berichts.
Die wesentlichen Literaturquellen waren:
1. Konsultation von Gesetzen und vorbereitender Literatur.
2. Konsultation von Bewertungsberichten.
3. Konsultation anderer Projekt-Webseiten, z. B.: http://www.europris.org/ ,
http://www.euprobationproject.eu.
Hintergrund
Die erste grenzüberschreitende Vereinbarung über die Vollstreckung von Freiheitsstrafen
zwischen Mitgliedstaaten war das 1983 vom Europarat unterzeichnete Übereinkommen über die
Überstellung verurteilter Personen.
Laut dem Übereinkommen können verurteilte Personen nur überstellt werden, um die gegen sie
verhängte Sanktion in ihrer Heimat zu verbüßen, und zwar ausschließlich mit ihrer Zustimmung
und der der beteiligten Staaten. Das Übereinkommen wurde von allen Mitgliedstaaten des
Europarats ratifiziert (64). Aufgrund seiner begrenzten Anwendbarkeit verabschiedete der
Europarat 1997 das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen, das eine Überstellung unter
bestimmten Bedingungen auch ohne die Zustimmung der betroffenen verurteilten Person
gestattet. Da dieses Protokoll nur von wenigen Staaten ratifiziert wurde (36), ist seine Anwendung
noch immer sehr begrenzt. Darüber hinaus mangelte es beiden Dokumenten an einer
ausdrücklichen Verpflichtung der Staaten mit Bezug auf die Vollstreckung bzw. der Setzung von
Fristen für die Vollstreckungsentscheidungen oder die Überstellung.
Aus diesem Grund wurde das Übereinkommen als unzureichend erachtet.
Laut dem Bericht der Kommission7 hat die EU in einem gemeinsamen auf Vertrauen fußenden
europäischen Rechtsraum Maßnahmen zur Gewährleisung ergriffen, dass Gebietsfremde, gegen
die ein Strafverfahren läuft, nicht anders als Bürger des jeweiligen Staats behandelt werden. Das
ist insbesondere angesichts der großen Anzahl in anderen Mitgliedstaaten inhaftierter EU-Bürger
6
7
Universität Huelva und Universität Brescia
BERICHT DER KOMMISSSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT - Umsetzung der Rahmenbeschlüsse
2008/909/JI, 2008/947/JI und 2009/829/JI über die gegenseitige Anerkennung von Urteilen, durch die eine
freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, von Bewährungsentscheidungen und alternativen
Sanktionen und von Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft durch die Mitgliedstaaten.
Brüssel, 5.2.2014. COM (2014) 57 final
von Bedeutung. In diesem Sinne wurden in der EU 2008 und 2009 drei ergänzende
Rahmenbeschlüsse ratifiziert: der Rahmenbeschluss 2008/909/JI des Rates über die Anwendung
des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine
freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird (Überstellung von verurteilten
Personen), der Rahmenbeschluss 2008/947/JI des Rates über die Anwendung des Grundsatzes der
gegenseitigen Anerkennung auf Urteile und Bewährungsentscheidungen im Hinblick auf die
Überwachung von Bewährungsmaßnahmen und alternativen Sanktionen (Bewährung und
alternative Sanktionen) und der Rahmenbeschluss 2009/829/JI des Rates des Grundsatzes der
gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen über Überwachungsmaßnahmen als Alternative
zur Untersuchungshaft (Europäische Überwachungsanordnung).
Die Rahmenbeschlüsse sind als ein Bündel zusammenhängender und ergänzender
Rechtsvorschriften zu sehen, die sich mit der Problematik der Inhaftierung von EU-Bürgern in
anderen Mitgliedstaaten befassen und potenziell zu einer Verkürzung der Untersuchungshaft oder
zur Erleichterung der Resozialisierung von verurteilten Personen im grenzübergreifenden
Zusammenhang führen. Es bestehen sogar funktionelle Verbindungen zwischen den drei
Rahmenbeschlüssen und darüber hinaus zwischen diesen Rahmenbeschlüssen und dem
Europäischen Haftbefehl.
Der Rahmenbeschluss 2008/909/JI (im Folgenden „RB 909“ genannt), auf den sich das
Hauptaugenmerk dieses Referat richtet, geht auf eine Initiative Österreichs, Finnlands und
Schwedens zurück und wurde vom Rat auf der Grundlage folgender Dokumente angenommen:
1. Der Europäische Rat von Tampere (1999) unterstrich, dass die gegenseitige Anerkennung
von Gerichtsurteilen Eckpfeiler der juristischen Zusammenarbeit werden muss.
2. Die 2000 vom Europäischen Rat angenommenen Maßnahmen mit Bezug auf die
Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen
in Strafsachen, einschließlich von rechtskräftigen Verurteilungen mit der Folge eines
Freiheitsentzugs sowie für die Ausdehnung der Geltung des Grundsatzes der Überstellung
verurteilter Personen auf die in einem Mitgliedstaat wohnhaften Personen.
3. Das Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen
Union.
4. Das Grünbuch der Europäischen Kommission über die Angleichung, die gegenseitige
Anerkennung und die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen in der Europäischen Union,
worin die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen in einem anderen Mitgliedstaat als
unvollständig und verbesserungsfähig eingestuft wurde.
5. Der Vertrag über die Europäische Union (EUV) sieht in Art. 31 Abs. 1 Buchst. a vor, „die
Zusammenarbeit zwischen den Ministerien und Justizbehörden oder entsprechenden
Behörden der Mitgliedstaaten bei der Vollstreckung von Entscheidungen zu erleichtern
und zu beschleunigen“ und in Art. 34 Abs. 2 Buchst. b: „Der Rat […] kann […]
Rahmenbeschlüsse zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der
Mitgliedstaaten annehmen.“
Wie in dem erläuternden Vermerk bereits erwähnt, waren die wesentlichen Elemente des
Vorschlags:
– Verpflichtung des Vollstreckungsstaats zur Übernahme seiner Staatsangehörigen, der auf
seinem Hoheitsgebiet ständig aufhältigen Personen und von Personen mit sonstigen engen
–
–
–
–
–
–
–
–
Verbindungen zum Vollstreckungsstaat zum Vollzug der freiheitsentziehenden Strafe oder
Maßnahme der Sicherung, sofern nicht bestimmte Ablehnungsgründe vorliegen;
Verzicht auf das Erfordernis der beiderseitigen Strafbarkeit im Fall der Verurteilung wegen
eines Delikts, das in einer Liste enthalten ist, die jener im Rahmenbeschluss des Rates vom
13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den
Mitgliedstaaten, ABl. L 190 vom 18. Juli 2002, entspricht;
wenn sich der Verurteilte im Ausstellungsstaat befindet, ist ihm vor Ausstellung einer
Europäischen Vollstreckungsanordnung Gelegenheit zur (mündlichen oder schriftlichen)
Stellungnahme zu geben;
Verzicht auf das Erfordernis der Zustimmung des Verurteilten, wenn dieser ein
Staatsangehöriger des Vollstreckungsstaats ist oder in diesem seinen rechtmäßigen
ständigen Aufenthalt hat;
Anerkennung der ausländischen rechtskräftigen freiheitsentziehenden Strafe oder
Maßnahme der Sicherung und Vollstreckung derselben auf der Grundlage eines Formblatts
(so genannte Europäische Vollstreckungsanordnung);
Festlegung von Fristen für die Entscheidung über die Europäische Vollstreckungsanordnung
und für die Überstellung des Verurteilten an den Vollstreckungsstaat;
Vollzug der im Urteilsstaat verhängten rechtskräftigen freiheitsentziehenden Strafe oder
Maßnahme der Sicherung ohne Durchführung eines Anpassungsverfahrens;
die Dauer der Strafe darf nur für den Fall an das nach dem nationalen Recht des
Vollstreckungsstaats für eine strafbare Handlung vorgesehene Höchstmaß angepasst
werden, dass die Sanktion mit den Rechtsgrundsätzen des Vollstreckungsstaats
unvereinbar ist;
die Art der Strafe darf an die nach dem nationalen Recht des Vollstreckungsstaats für eine
Straftat derselben Art vorgesehene Strafe oder Maßnahme angepasst werden, wenn sie
mit dem Recht dieses Staats nicht vereinbar ist.
Auf Grundlage dieses Vorschlags berief die Kommission mehrere Tagungen mit Vertretern der
Mitgliedstaaten ein, auf denen eine Reihe von Themen mit Bezug auf die Überstellung verurteilter
Personen diskutiert wurden: die nationalen Regeln für bedingte/vorzeitige Entlassung und/oder
Maßnahmen mit vollständigem und/oder teilweisem Freiheitsentzug, die Thematik der
beiderseitigen Strafbarkeit, Zustimmung des Vollstreckungsstaats, Zustimmung der verurteilten
Person usw.
Darüber hinaus fanden gesonderte Diskussionen über Themen wie die Resozialisierung und ob ein
Fehlen derselben Anlass zur Ablehnung einer Überstellung sein soll statt. Am Ende einigte man
sich auf den Kompromiss, die verurteilte Person anzuhören.
Bei der Annahme des RB 909 wurde eine Frist für die Umsetzung bis zum 5. Dezember 2011
gesetzt. Rahmenbeschlüsse sind ihrem Wesen nach für die Mitgliedstaaten mit Bezug auf ihr
Ergebnis verbindlich; Form und Methode der Umsetzung sind jedoch Sache der jeweiligen
nationalen Behörden. Rahmenbeschlüssen sind nicht unmittelbar wirksam, sondern müssen
zunächst in nationales Recht umgesetzt werden. Der Grundsatz der konformen Auslegung ist
jedoch mit Bezug auf Rahmenbeschlüsse verbindlich.
Zur Erleichterung der Umsetzung des RB berief die Europäische Kommission mehrere
Expertentagungen ein, auf denen unterschiedliche Hemmnisse erörtert wurden.
Sie brachten z. B. auf der Brüsseler Tagung am 14. November 2012 Teilnehmer ihre Bedenken mit
Bezug auf den „Übergangszeitraum“ zum Ausdruck, wenn Mitgliedstaaten Anträge vor der
Umsetzung des RB erhalten. In diesen Fällen waren einige Teilnehmer der Meinung, dass
bestehende Instrumente (wie die Konvention des Europarats) für Mitgliedstaaten beibehalten
werden sollten, in denen eine Umsetzung noch nicht stattgefunden hat.
Einer der Teilnehmer (der Vertreter Großbritanniens) fragte an, ob man sich nicht auf eine
Konkretisierung dessen einigen könnte, was unter einem „angemessenen Zeitraum“ für den
Anspruch auf einen Aufenthaltstitel zu verstehen ist. Obschon man sich auf nichts Bindendes
einigte, schlugen die Teilnehmer vor, dass Richtlinien der einen oder anderen Art sinnvoll wären.
Die Gespräche betonten auch die Bedeutung des Informationsflusses. Es wäre einer verurteilte
Person unmöglich, einer Überstellung zuzustimmen, ohne zu wissen, was sie erwartet
(Haftbedingungen, bedingte Entlassung usw.).
In weiteren Themengruppen der Diskussionen ging es um Resozialisierung („soziale
Wiedereingliederung“) und Mehrfachdelikte. In beiden Fällen müssen die Mitgliedstaaten
miteinander kommunizieren und sich auf die jeweils beste Lösung zur Erleichterung der sozialen
Wiedereingliederung einigen.
Das Europarlament wurde ebenfalls konsultiert und nahm 2006 eine Resolution an, in der dem Rat
empfohlen wird, die Verfahrensrechte der verurteilten Person in Strafverfahren zu stärken.
Der Rahmenbeschluss 2008/909/JI
Der Rahmenbeschluss wurde am 5. Dezember 2008 angenommen. Er regelt die Anwendung des
Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine
freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in
anderen Mitgliedstaaten. Sein Ziel ist die Erleichterung von Resozialisierung und
Wiedereingliederung verurteilter Personen.
Die Mitgliedstaaten müssen die für die Ausstellung und Vollstreckung zuständigen Behörden
benennen. Die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats ist für die Übermittlung des Urteils
nebst der im Anhang des Rahmenbeschlusses aufgeführten Bescheinigung der zuständigen
Behörde des Vollstreckungsstaats in einer Form zu übermitteln, die einen schriftlichen Nachweis
ermöglicht.
Wenn sich die verurteilte Person im Ausstellungs- oder Vollstreckungsstaat aufhält und - unter
bestimmten Bedingungen - ihre Zustimmung zur Übermittlung des Urteils gegeben hat, kann es
übermittelt werden an:



den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit die verurteilte Person hat und in dem sie
lebt;
den Mitgliedsstaat, dessen Staatsangehörigkeit die verurteilte Person hat und an den sie
im Anschluss an das Urteil überstellt werden soll, selbst wenn dieser nicht ihr
Aufenthaltsort ist;
jeden anderen Mitgliedstaat, sofern dessen zuständige Behörden der Übermittlung
zustimmen.
Ein Urteil darf nur dann übermittelt werden, wenn der Ausstellungsstaat dafür gesorgt hat, dass
die Vollstreckung des Urteils im Vollstreckungsstaat der leichteren Resozialisierung und
Wiedereingliederung der verurteilten Person dient. Letzteres könnte dem Ausstellungsstaat die
Möglichkeit einer Begründung dafür geben, dass eine Vollstreckung durch ihn diesbezüglich nicht
zweckdienlich wäre. Der Vollstreckungsstaat und die verurteilte Person können ebenfalls die
Einleitung des Übermittlungsverfahrens für Urteile beantragen.
Bei Empfang des übermittelten Urteils und der Bescheinigung muss der Vollstreckungsstaat
binnen 90 Tagen entscheiden, ob er das Urteil anerkennen und die Sanktion vollstrecken wird.
Die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats hat das Urteil anzuerkennen und alle
notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um es zu vollstrecken, sofern es nicht einen der im
Rahmenbeschluss vorgesehenen Gründe für eine Nichtanerkennung und Nichtvollstreckung
geltend macht. Die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats kann die Anerkennung des Urteils
und die Vollstreckung der Sanktion versagen, wenn:












die Bescheinigung unvollständig ist oder dem Urteil nicht entspricht;
die Kriterien für die Übermittlung des Urteils und die Bescheinigung nicht erfüllt sind;
die Vollstreckung dem Grundsatz ne bis in idem zuwiderlaufen würde;
die Handlung nach dem Recht des Vollstreckungsstaats (mit bestimmten Ausnahmen)
keine Straftat darstellen würde;
die Vollstreckung nach den Rechtsvorschriften des Vollstreckungsstaats verjährt ist;
nach dem Recht des Vollstreckungsstaats Immunität besteht;
die Person nach dem Recht des Vollstreckungsstaats aufgrund ihres Alters nicht zur
Verantwortung gezogen werden könnte;
zum Zeitpunkt des Eingangs des Urteils bei der zuständigen Behörde des
Vollstreckungsstaats weniger als sechs Monate der Sanktion noch zu verbüßen sind;
die betroffene Person zu der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht persönlich
erschienen ist (mit bestimmten Ausnahmen);
der Ausstellungsstaat seine Zustimmung dazu versagt, dass die betreffende Person im
Vollstreckungsstaat wegen einer vor der Überstellung begangenen anderen Handlung als
derjenigen, die der Überstellung zugrunde liegt, verfolgt, verurteilt oder einer
freiheitsentziehenden Maßnahme unterworfen wird;
die verhängte Sanktion eine Maßnahme der psychiatrischen Betreuung oder der
Gesundheitsfürsorge oder eine andere freiheitsentziehende Maßnahme einschließt, die
vom Vollstreckungsstaat nicht vollstreckt werden kann;
die Straftat im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats begangen wurde.
In Fällen, in denen die Bescheinigung unvollständig ist oder dem Urteil nicht entspricht, kann der
Vollstreckungsstaat seine Anerkennung verzögern.
Der Rahmenbeschluss enthält eine Liste mit Straftaten, die auch ohne Überprüfung des Vorliegens
der beiderseitigen Strafbarkeit anerkannt und vollstreckt werden müssen, wenn sie im
Ausstellungsstaat mit einer freiheitsentziehenden Strafe oder Maßnahme im Höchstmaß von
mindestens drei Jahren bedroht sind. Bei allen anderen Straftaten kann der Vollstreckungsstaat
die Anerkennung des Urteils und die Vollstreckung der Sanktion davon abhängig machen, dass die
ihm zugrunde liegenden Handlungen auch nach dem Recht des Vollstreckungsstaats eine Straftat
darstellen. Ist die Sanktion nach ihrer Art mit dem Recht des Vollstreckungsstaats nicht vereinbar,
so kann er die Maßnahme anpassen. Die angepasste Sanktion darf jedoch nach Art oder Dauer die
im Ausstellungsstaat verhängte Sanktion nicht verschärfen.
Die Zustimmung der verurteilten Person ist laut dem geltenden Recht im Ausstellungsstaat für die
Übermittlung von Urteil und Bescheinigung an den Vollstreckungsstaat erforderlich, um von
diesem anerkannt zu werden und die Sanktion vollstrecken zu können. Die Zustimmung ist jedoch
nicht erforderlich, wenn der Vollstreckungsstaat der Mitgliedstaat ist,


dessen Staatsangehörigkeit die verurteilte Person hat und in dem sie lebt;
in den die verurteilte Person nach ihrer Entlassung laut einer im Urteil enthaltenen
Anordnung abgeschoben wird;
 in den die verurteilte Person angesichts des Strafverfahrens gegen sie im Ausstellungsstaat
oder nach der Verurteilung in diesem Ausstellungsstaat geflohen oder auf andere Weise
zurückgekehrt ist.
In allen Fällen, in denen sich die verurteilte Person noch im Ausstellungsstaat befindet, ist ihr
Gelegenheit zur mündlichen oder schriftlichen Stellungnahme zu geben.
Befindet sich die verurteilte Person im Ausstellungsstaat, so wird sie dem Vollstreckungsstaat
spätestens 30 Tage nach der endgültigen Entscheidung des Vollstreckungsstaats über die
Anerkennung des Urteils überstellt.
Der Ausstellungsstaat wie auch der Vollstreckungsstaat können eine Amnestie oder Begnadigung
gewähren. Jedoch kann nur der Ausstellungsstaat über Anträge auf Wiederaufnahme des
Verfahrens entscheiden, in dem die Sanktion verhängt wurde8.
Umsetzung - der aktuelle Stand
Der „Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Umsetzung der
Rahmenbeschlüsse 2008/909/JI, 2008/947/JI und 2009/829/JI über die gegenseitige Anerkennung
von Urteilen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, von
Bewährungsentscheidungen und alternativen Sanktionen und von Überwachungsmaßnahmen als
Alternative zur Untersuchungshaft durch die Mitgliedstaaten“ wurde im Februar 2014 von der
Europäischen Kommission angenommen.
Wie aus diesem Bericht hervorgeht, ist die Nichtumsetzung der Rahmenbeschlüsse durch einige
Mitgliedstaaten sehr problematisch, da diejenigen Mitgliedstaaten, von denen die
Rahmenbeschlüsse ordnungsgemäß umgesetzt wurden, nicht die in den Beschlüssen
vorgesehenen Vorteile einer Zusammenarbeit in ihrer Beziehung zu jenen Mitgliedstaaten nutzen
können, von denen sie nicht rechtzeitig umgesetzt wurden. Bis heute haben 19 Mitgliedstaaten
den Rahmenbeschluss umgesetzt9
8
Diese Zusammenfassung finden Sie unter
http://europa.eu/legislation_summaries/justice_freedom_security/judicial_cooperation_in_criminal_matters/jl0016_
en.htmn
9
Informationsstand vom 31. Oktober 2014. Rumänien, Italien und Spanien haben den Rahmenbeschluss umgesetzt.
http://www.europris.org/state-of-play-eu-framework-decisions-909-947-829/
Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit,
erfordert die wechselseitige Umsetzung. Er kann nicht greifen, wenn seine Instrumente in den
beiden jeweils betroffenen Mitgliedstaaten nicht korrekt umgesetzt werden. Die Folge ist, dass bei
der Zusammenarbeit mit einem Mitgliedstaat, der den Rahmenbeschluss nicht rechtzeitig
umgesetzt hat, selbst Mitgliedstaaten mit fristgerechter Umsetzung bei der Überstellung
verurteilter EU-Bürger oder der Übermittlung von Urteilen in andere Mitgliedstaaten weiterhin auf
die entsprechenden Übereinkommen des Europarats zurückgreifen müssen.
Das Ziel der Entwicklung eines Raums von Freiheit, Sicherheit und Recht für alle EU-Bürger zu
schaffen, wie es Artikel 3 des Vertrags der Europäischen Union vorsieht, kann nicht erreicht
werden, wenn Mitgliedstaaten nicht die Instrumente umsetzen, auf die sich alle Seiten geeinigt
haben.
Es ist daher notwendig, die Kommission daran zu ermahnen, am 1. Dezember 2014 ein
Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten10.
Schwierigkeiten und Hürden
In der Literatur finden wir eine Reihe unterschiedlicher Hürden und Schwierigkeiten. Einige davon
sind eher theoretischer Natur, d. h. sie finden auf alle Rahmenbeschlüsse und nicht nur auf FD 909
Anwendung.
1. Theoretische Probleme:
Zwei theoretische Probleme sind dem Anschein nach von großer Bedeutung:
10

Das erste bezieht sich auf den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, der vorwiegend
die Beziehungen zwischen den Staaten regelt, jedoch weitgehend die Verfahrensrechte der
verurteilten Personen vernachlässigt. Am häufigsten ist in Rahmenbedingungen von
Grundrechten und dem Recht einer Person die Rede, angehört zu werden oder ihre
Zustimmung zu geben. Von diesen Rechten abgesehen werden keine anderen Rechtsmittel
oder Verfahrensrechte definiert.
Dem könnte man entgegenhalten, dass es in der Europäischen Union nationale
Mechanismen gibt, die sich mit Menschenrechten und Verfahrensgarantien für verurteilte
Personen befassen. Dennoch bekräftigte die Kommission ihr Interesse an positiver
Gerechtigkeit, z. B. durch die Annahme der Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen
Parlaments und des Rates, die Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den
Schutz von Opfern von Straftaten schafft.

Die zweite theoretische Schwierigkeit hängt mit dem Grundsatz der beiderseitigen
Strafbarkeit zusammen. Der Rahmenbeschluss enthält eine Liste mit Straftaten (32), die
BERICHT DER KOMMISSSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT - Umsetzung der Rahmenbeschlüsse
2008/909/JI, 2008/947/JI und 2009/829/JI über die gegenseitige Anerkennung von Urteilen, durch die eine
freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, von Bewährungsentscheidungen und alternativen
Sanktionen und von Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft durch die Mitgliedstaaten.
Brüssel, 5.2.2014. COM (2014) 57 final
auch ohne Überprüfung des Vorliegens der beiderseitigen Strafbarkeit anerkannt und
vollstreckt werden müssen, wenn sie im Ausstellungsstaat mit einer freiheitsentziehenden
Strafe oder Maßnahme im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht sind. Bei allen
anderen Straftaten kann der Vollstreckungsstaat die Anerkennung des Urteils und die
Vollstreckung der Sanktion davon abhängig machen, dass die ihm zugrunde liegenden
Handlungen auch nach dem Recht des Vollstreckungsstaats eine Straftat darstellen.
2. Hürden bei der Umsetzung:
Der oben erwähnte Bericht fasst die hauptsächlichen Schwierigkeiten zusammen, die sich
vorwiegend mit der Art und Weise befassen, in der Mitgliedstaaten den RB in nationales Recht
umsetzen.
Überlegungen zur Überstellung
Eine Pflicht zur Anerkennung der Übermittlung, sofern keine Gründe für die Versagung der
Anerkennung vorliegen. Zwar besteht für den Vollstreckungsstaat keine Pflicht zur
Anerkennung der Übermittlung, jedoch besteht auch beim Ausstellungsstaat keine
Verpflichtung zur Übermittlung. Wie die Kommission feststellte, haben einige
Mitgliedstaaten die Gründe für ein Versagen als zwingend eingestuft und andere sogar
noch weitere Gründe hinzugefügt. Beide Szenarien verstoßen gegen Geist und Buchstaben
des RB. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg nimmt denselben Standpunkt ein und
hat bereits entschieden, dass der RB extrem restriktiv umzusetzen sei11.
a. Der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens - keine Anpassung der Sanktion. Eine
Anpassung der Sanktion ist nur in wenigen Fällen gestattet, in denen Art und Dauer der
Strafe nicht mit dem Recht des Vollstreckungsstaats vereinbar sind. Einige Mitgliedstaaten
(Polen und Lettland) haben die Möglichkeiten einer Anpassung erweitert, was nicht im
Sinne des gegenseitigen Vertrauens ist.
b. Bezüglich des Grundsatzes der beiderseitigen Strafbarkeit: Liste mit Straftaten, die auch
ohne Überprüfung des Vorliegens der beiderseitigen Strafbarkeit anerkannt und vollstreckt
werden müssen.
c. Die Verbindung zwischen dem RB und dem Europäischen Haftbefehl. Beide
Rahmenbeschlüsse gestatten es einem Mitgliedstaat, die Herausgabe einer Person
aufgrund eines Europäischen Haftbefehls zu versagen (oder die Herausgabe einer Person
unter der Bedingung ihrer Rückkehr), wenn es sich bei der Person um einen Staatsbürger
oder eine auf seinem Hoheitsgebiet ständig aufhältige Person handelt, wenn der
11
In diesem Sinne hat der die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-396/11 betreffend
ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 TFEU von der Curte de Apel Constanţa (Rumänien), mit Entscheidung
vom 18. Mai 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Juli 2011, in dem Verfahren betreffend die Vollstreckung
Europäischer Haftbefehle gegen Ciprian Vasile Radu. Erlässt der Gerichtshof […] folgendes Urteil erlassen: „Der
Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die
Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom
26. Februar 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die vollstreckenden Justizbehörden die
Vollstreckung eines zur Strafverfolgung ausgestellten Europäischen Haftbefehls nicht mit der Begründung ablehnen
können, dass die gesuchte Person vor der Ausstellung dieses Haftbefehls im Ausstellungsmitgliedstaat nicht
angehört wurde.“
Mitgliedstaat sich verpflichtet, die Haftstrafe zu vollstrecken. Einige Mitgliedstaaten haben
dieses Szenario nur für eigene Staatsbürger geregelt.
d. Erklärungen zu Übergangsvorkehrungen. Laut RB können Mitgliedstaaten Erklärungen
abgeben, denen zufolge sie bis zum Ablauf der Frist am 5. Dezember 2011 bei der
Überstellung die bestehenden Rechtsinstrumente anwenden, anschließend jedoch nicht
mehr. Dem Anschein nach haben einige Mitgliedstaaten Erklärungen mit der Absicht
abgegeben, bestehende Rechtsinstrumente auch noch nach diesem Datum anzuwenden.
e. Die Webseite des EJN hat die Aufgabe, Fachleuten auf dem Gebiet der internationalen
justiziellen Zusammenarbeit in Strafangelegenheiten wichtige, umfassende und genaue
Informationen über alle relevanten EU-Rechtsinstrumente zur Verfügung zu stellen. Da der
Rahmenbeschluss 2008/909 die direkte Verständigung zwischen den zuständigen
Behörden der Mitgliedstaaten vorsieht, würden nicht nur umfassende und aktualisierte
Informationen über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses und die von Mitgliedstaaten
abgegebenen Erklärungen die praktische Zusammenarbeit erleichtern, sondern die
Webseite sollte darüber hinaus eine entsprechende Karte enthalten, auf der sich die
zuständigen Behörden des jeweiligen Vollstreckungsstaats unmittelbar feststellen lassen.
Voraussetzungen für eine Überstellung
a. Folgeentscheidungen. Die Folgeentscheidungen müssen prinzipiell vom Vollstreckungsstaat
angenommen werden. Es gibt jedoch bei der bedingten Entlassung große Unterschiede
zwischen den Mitgliedstaaten. Um das gegenseitige Vertrauen zu konsolidieren, müssen
Vollstreckungsstaaten die Ausstellungsstaaten über die vorzeitige bzw. bedingte Entlassung
informieren, damit die Ausstellungsstaaten eine fachgerechte Entscheidung über die
Überstellung vornehmen können.
b. Zustimmung: Die Rolle der betroffenen Person im Überstellungsverfahren. Nicht alle
Mitgliedstaaten geben der verurteilten Person ausreichende Möglichkeiten, ihren
Standpunkt bezüglich der Überstellung zum Ausdruck zu bringen.
c. Definition von „Resozialisierung“
Im Falle Spaniens wurde dieses Konzept breit interpretiert: „Eine Zustimmung der
verurteilten Person ist dann nicht erforderlich, wenn das Urteil zusammen mit der
Bescheinigung übermittelt wird: (a) an den Mitgliedstaat der Staatsangehörigkeit, mit dem
der Verurteilte „aufgrund des gewöhnlichen Aufenthalts und aufgrund von Aspekten wie
familiären oder beruflichen Bindungen verbunden ist“.
Obschon der Rahmenbeschluss keinen derartigen Grund für Nichtanerkennung und
Nichtumsetzung enthält, wird ein Antrag nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b des
Rahmenbeschlusses an den Mitgliedsstaat der Staatsangehörigkeit, an den die verurteilte
Person nach der Haftentlassung ausgewiesen oder abgeschoben wird, obwohl es nicht der
Staat ihres Aufenthaltsorts ist, sehr häufig abgelehnt, weil eine solche Überstellung der
Resozialisierung der verurteilten Person nicht zweckdienlich wäre. Der Rahmenbeschluss
sieht jedoch vor, dass die abschließende Einschätzung, ob die Vollstreckung der Sanktion
durch den Vollstreckungsstaat der Erleichterung der Resozialisierung der verurteilten
Person zweckdienlich ist, unter die Verantwortung des Ausstellungsstaats fällt. Ein höheres
Haftniveau (mit Bezug auf Arbeit und Ausbildung, Erziehung, medizinische Versorgung,
Unterbringung usw.) kann nicht als Grund für Nichtanerkennung aufgrund verringerter
Chancen auf Resozialisierung im Vollstreckungsstaat dienen. Ein einheitlicher europäischer
Rechtsraum auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung setzt
eine Annäherung der Haftbedingungen in allen Mitgliedstaaten voraus.
d. Der Rahmenbeschluss zielt auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Vollstreckung
von Sanktionen durch die Verringerung der Anzahl an Dokumenten ab, die der
Ausstellungsstaat dem Vollstreckungsstaat im Vergleich zu früheren Rechtsinstrumenten
vorzulegen hat (siehe insbesondere das Übereinkommen vom 21. März 1983 über die
Überstellung verurteilter Personen CETS 112 und das dazugehörige Zusatzprotokoll CETS
167). Obschon aus dem Rahmenbeschluss nicht die Verpflichtung hervorgeht, eine
bestehende Ausweisungs- oder Abschiebungsanordnung beizubringen, fordern die
zuständigen Behörden des Vollstreckungsstaats nicht nur häufig die Übermittlung von
Bescheinigung, Urteil und Stellungnahme der verurteilten Person an, sondern auch eine
Ausweisungs- oder Abschiebungsanordnung an. Gemäß dem Wortlaut der Bescheinigung
müssen lediglich der Name der die Anordnung ausstellenden Behörde, das
Ausstellungsdatum und ggf. die Bearbeitungsnummer angegeben werden. Darüber hinaus
wird mitunter neben der Bescheinigung in der Sprache des Vollstreckungsstaats auch die
Originalausführung (in der Sprache des Ausstellungsstaats) angefordert. Aufgrund dieser
Praxis wird das Ziel des Rahmenbeschlusses, nämlich die Erleichterung der
grenzüberschreitenden Vollstreckung von Sanktionen, nicht erreicht. Im Gegenteil: Das
Verfahren ist durch den neuen Rechtsrahmen sogar noch schwerfälliger geworden.
e. Obschon die Bescheinigung im Regelfall bereits alle für eine Entscheidung über die
Vollstreckung benötigten relevanten Informationen enthält, wird in den meisten Fällen
darüber hinaus noch eine zumindest teilweise Übersetzung des Urteils angefordert. Eine
weitere Erleichterung des Verfahrens wird aufgrund gelockerter Übersetzungsvorschriften
nach Art. 23 des Rahmenbeschlusses erwartet. Prinzipiell ist nur die Bescheinigung in eine
der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats zu übersetzen. Das Urteil oder wesentliche
Teile desselben müssen nur von einer Übersetzung in eine Amtssprache des
Vollstreckungsstaats begleitet sein, wenn der entsprechende Mitgliedstaat eine Erklärung
gemäß Art. 23 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses gemacht hat und wenn er den Inhalt der
Bescheinigung als Entscheidungsgrundlage für die Vollstreckung der Sanktion als
unzureichend betrachtet.
Überstellungsverfahren
Die in Art. 12 Abs. 2 und Art. 15 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses festgelegten Fristen werden in den
meisten Fällen nicht eingehalten. Um die in Art. 15 Abs. 1 festgelegten Fristen einhalten zu
können, wird eine unmittelbare Bestätigung des geplanten Termins und der Umstände der
Übermittlung angefordert12.
12
Österreichische Delegation der Arbeitsgruppe „Zusammenarbeit in Strafsachen“ (Sachverständige für
gegenseitige Anerkennung) COPEN 151 EUROJUST 98
Eine weitere erhebliche Schwierigkeit stellen die hohen Kosten der Überstellung von verurteilten
Personen von einem Mitgliedstaat in den anderen dar13.
Überlegungen im Anschluss an die Überstellung
a. Materielle Haftbedingungen
Es gibt noch immer deutliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten mit Bezug auf
die Haftbedingungen, die der Umsetzung des Überstellungsverfahrens im Wege stehen.
b. Opfer
Es gibt noch immer offene Fragen über Rolle und Stellung der Opfer bezüglich
Entscheidung und Verfahren der Überstellung. Welche Rolle ihnen im
Überstellungsverfahren zukommt und wann sie informiert werden sollten sind nur zwei
Beispiele dafür.
Abschließende Bemerkungen
Anregung für Bestimmungen wie den RB 2008/909 war die Notwendigkeit einer Resozialisierung.
Wir sind der Meinung, dass eine Verbesserung seiner Umsetzung mit der genauen Betrachtung
des Umsetzungsverfahrens beginnen muss.
In diesem Sinne stellte der Bericht der Kommission fest, dass der Grad der Umsetzung deutlich
hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. In zu vielen Mitgliedstaaten wurde der
Rahmenbeschluss nicht angepasst. Gleichzeitig gibt es bei denjenigen Mitgliedstaaten, die ihn
angepasst haben, deutliche Lücken und Diskrepanzen, die nicht im Sinne des Beschlusses sind.
Hier besteht Nachbesserungsbedarf.
Im Laufe des vorliegenden Referats haben wir die schwierigsten Herausforderungen als
theoretische Probleme und Hürden bei der Umsetzung aufgezeigt, die dem RB anhaften. Wir
haben in jeder Kategorie die konkreten Probleme aufgezeigt, die einer wirksamen und nahtlosen
Umsetzung im Wege stehen.
Diesbezüglich war der 2013 auf der ISTEP-Abschlusskonferenz abgehaltene Workshop
„Operational links between the Framework Decisions“ eine wichtige Hilfe bei der Feststellung der
Probleme. Neben der Identifizierung von Problemen und Hürden müssen jedoch auch mögliche
Lösungen gefunden werden. Diverse Dokumente wie das Protokoll der Expertensitzung über die
Umsetzung der Rahmenbeschlüsse 2008/909/JI (Überstellung verurteilter Personen),
2008/947/JI (Bewährung und alternative Sanktionen) und 2009/829/JI (Europäische
Überwachungsanordnung) Brüssel, 14. November 2012 sowie Bewertungsberichte der
Kommission oder von COPEN haben zu einem größeren Bewusstsein für die Probleme und zur
Findung geeigneter Lösungen beigetragen.
13
EU Framework Decisions related to Detention Issues, Straßburg, 20.-21. Juni 2013
Anhang 1
Hürden und Schwierigkeiten
Hindernisgrund
Zustimmung
Definition
„Resozialisierung“
Festgestellt in
Mögliche Lösungen
Bericht der Kommission Überprüfung
des
vom Februar 2014
Umsetzungsrechts, um zu
gewährleisten, dass die
verurteilte Person die
Möglichkeit
zu
einer
Stellungnahme hat.
EU Framework Decisions
„Resozialisierung“: Für die
von related to Detention (…),
Einschätzung
der
Straßburg, 20.-21. Juni
Resozialisierung ist der
2013
rechtmäßige
und
gewöhnliche Aufenthalt
oft entscheidend.
Das Verfahren ist durch
den neuen Rechtsrahmen
sogar noch schwerfälliger
geworden.
Obschon
die
Bescheinigung im Regelfall
bereits alle für eine
Entscheidung über die
Vollstreckung benötigten
relevanten Informationen
enthält, wird in den
meisten Fällen darüber
hinaus
noch
eine
Übersetzung des Urteils
angefordert.
Anmerkung der
Österreichischen
Delegation
der Arbeitsgruppe
„Zusammenarbeit in
Strafsachen“
(Sachverständige für
gegenseitige
Anerkennung) COPEN 151
EUROJUST 98
EJN 56
Anmerkung der
Österreichischen
Delegation
der Arbeitsgruppe
„Zusammenarbeit in
Strafsachen“
(Sachverständige für
gegenseitige
Anerkennung) COPEN 151
EUROJUST 98
EJN 56
Fristen: In den Beschlüsse Anmerkung der
festgelegte Fristen werden Österreichischen
in den meisten Fällen Delegation
nicht respektiert.
der Arbeitsgruppe
„Zusammenarbeit in
Strafsachen“
Beendigung dieser Praxis
und Respektierung des
Wortlauts
des
Rahmenbeschlusses.
Eine weitere Erleichterung
des Verfahrens wird
aufgrund gelockerter
Übersetzungsvorschriften
nach Art. 23 des
Rahmenbeschlusses
erwartet.
Um die in Art. 15 Abs. 1
festgelegten
Fristen
einhalten zu können, wird
eine
unmittelbare
Bestätigung des geplanten
Termins
und
den
(Sachverständige für
gegenseitige
Anerkennung) COPEN 151
EUROJUST 98
EJN 56
Anpassung der Sanktion
Folgeentscheidungen mit
Bezug auf die bedingte
Entlassung
Versagungsgründe - für
obligatorisch
erklären
oder weitere hinzufügen
Keine festen Fristen
Die Beziehung zum EuHB
Übergangsregelungen für
Zeitraum nach dem 5.
Dezember 2011
Materielle
Haftbedingungen
Große
Unterschiede
zwischen
den
Mitgliedstaaten
Opfer
Welche Rolle kommt
ihnen
im
Überstellungsverfahren zu
und wann sollten sie
informiert werden?
Definition
„rechtmäßigem“
Umständen
der
Übermittlung angefordert.
Bericht der Kommission Mitgliedstaat
um
vom Februar 2014
Änderung
im
Umsetzungsrecht bitten.
Bericht der Kommission Verbesserte
vom Februar 2014
Kommunikation zwischen
Ausstellungsund
Vollstreckungsstaat
bei
den Bedingungen. Die
Informationen
könnten
zur schnellen Überprüfung
auch auf der EuroPrisWebseite
veröffentlicht
werden.
Bericht der Kommission Änderung
im
vom Februar 2014
Umsetzungsrecht
Augenmerk auf „kann“.
Bericht der Kommission Mitgliedstaaten
um
vom Februar 2014
Änderung
des
Umsetzungsrechts bitten.
Bericht der Kommission Mitgliedstaaten
um
vom Februar 2014
Änderung
des
Umsetzungsrechts bitten.
Bericht der Kommission Mitgliedstaaten
um
vom Februar 2014
Aufnahme
dieser
Möglichkeit bitten.
EU Framework Decisions
Kenntnisse
über
related to Detention (…),
Rechtssysteme
anderer
Straßburg, 20.-21. Juni
Mitgliedstaaten
2013
verbessern.
Studie zum Strafvollzug in
der EU von 2011 (IRCP,
Universität Tilburg)
EU Framework Decisions
related to Detention (…),
Straßburg, 20.-21. Juni
2013
von EU Framework Decisions
und related to Detention (…),
Straßburg, 20.-21. Juni
„gewöhnlichem“
2013
Aufenthalt
Es gibt keine feste
Definition; sie kann von
den
Mitgliedstaaten
unterschiedlich ausgelegt
werde.
Einige
Mitgliedstaaten
haben
eine Definition, andere
hingegen zahlreiche. Sollte
die Definition gestrafft
werden?
Kann
jeder
Mitgliedstaat eine eigene
haben? Die Schwierigkeit
besteht darin zu wissen,
an wen man sich wenden
soll.
Alter der verurteilten
Personen
Es gibt Unterschiede in
den
einzelnen
Mitgliedstaaten (d. h.
unterschiedliche
Regelungen
der
Volljährigkeit).
Zuständige Behörden
Die
meisten
Mitgliedstaaten
haben
Vorkehrungen getroffen.
Wie können sich andere
Mitgliedstaaten darüber
informieren?
Durch
Merkblätter?
EU Framework Decisions
related to Detention (…),
Straßburg, 20.-21. Juni
2013
EU Framework Decisions
related to Detention
Issues (…), Straßburg, 20.21. Juni 2013
EJN-Website
Diese und ähnliche
Initiativen tragen zu
Lösungen bei:
Arbeitspapier der
Kommissionsdienststellen
Tabelle „Aktueller Stand“
und „Erklärungen“
Dem Dokument beigefügt
BERICHT DER
KOMMISSSION AN DAS
EUROPÄISCHE
PARLAMENT UND DEN
RAT
Umsetzung der
Rahmenbeschlüsse
2008/909/JI, 2008/947/JI
und 2009/829/JI über die
gegenseitige
Anerkennung von
Urteilen, durch die eine
freiheitsentziehende
Strafe oder Maßnahme
verhängt wird,
von
Bewährungsentscheidung
en und alternativen
Sanktionen und von
Überwachungsmaßnahm
en als Alternative zur
Untersuchungshaft durch
die Mitgliedstaaten
(COM [2014] 57 final)
Gerichtshilfeberichte
EU Framework Decisions
Enthält
Informationen related to Detention
über die Person oder ihre Issues (…), Straßburg, 20.21. Juni 2013
soziale Herkunft.
Kosten der Überstellung: EU Framework Decisions
Woher kommt das Geld related to Detention
und wer bezahlt?
Issues (…), Straßburg, 20.21. Juni 2013
Literaturverzeichnis
1. Gesetze
-- Rahmenbeschluss 2008/909/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des
Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine
freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in
der Europäischen Union, CONSLEG 2008F0909 - 2009-03-28
-- Rahmenbeschluss 2008/909/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des
Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine
freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in
der Europäischen Union, OJ 2008 L 327 of 2008-12-04, p. 27-46
2. Gesetzesentwürfe, vorbereitende Literatur
-- Initiative der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zu dem
Rahmenbeschluss des Rates über die Europäische Vollstreckungsanordnung und die Überstellung
verurteilter Personen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, OJ 2005 C 150 of
2021-06-20, p. 1-16
-- Rahmenbeschluss über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf
Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird,
für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union, Council document 15875_1/06 of
2006-11-29
-- Erläuternder Vermerk zum Rahmenbeschluss über die Europäische Vollstreckungsanordnung
und die Überstellung verurteilter Personen im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten der EU,
Council document 5597/05 of 2005-04-21
-- Rahmenbeschluss des Rates über die Europäische Vollstreckungsanordnung und die
Überstellung verurteilter Personen im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten der EU, Council
document 7307/05 of 2005-04-11
-- 8653/06 COPEN 47: Rahmenbeschluss über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen
Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder
Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union
(9.06.2006): __ nationale Regelungen für die bedingte/vorzeitige Entlassung und vollständig
und/oder teilweise freiheitsentziehende Maßnahmen
- Bericht über den Entwurf eines Rahmenbeschlusses des Rates über die Anwendung des
Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine
freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in
der Europäischen Union. (9688/2007 - C6-0209/2007 – 2005/0805(CNS)). 5.10.2007
3. Evaluation, Berichte
-- Rahmenbeschluss des Rates 2008/909/JI - Anmerkung der österreichischen Delegation,
Council document 9885/14 of 2014-05-15
-- Rahmenbeschluss des Rates 2009/299/JI vom 26. Februar 2009 zur Änderung der
Rahmenbeschlüsse 2002/584/JI, 2005/214/JI, 2006/783/JI, 2008/909/JI und 2008/947/JI, zur
Stärkung der Verfahrensrechte von Personen und zur Förderung der Anwendung des Grundsatzes
der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung
ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht erschienen ist. - Konsolidierte Fassung der
Bescheinigung über die Vollstreckung von Urteilen in Strafsachen, durch die eine
freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, Council document 13301/11 of 201107-27
-- BERICHT DER KOMMISSSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Umsetzung der Rahmenbeschlüsse 2008/909/JI, 2008/947/JI und 2009/829/JI über die
gegenseitige Anerkennung von Urteilen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder
Maßnahme verhängt wird, von Bewährungsentscheidungen und alternativen Sanktionen und von
Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft durch die Mitgliedstaaten.
(COM [2014] 57 final). 5.02.2014
4. Aktueller Stand:
http://www.europris.org/state-of-play-eu-framework-decisions-909-947-829/
5.- Literatur:
a.- „Protokoll der Expertensitzung über die Umsetzung der Rahmenbeschlüsse 2008/909/JI
(Überstellung verurteilter Personen), 2008/947/JI (Bewährung und alternative Sanktionen) und
2009/829/JI (Europäische Überwachungsanordnung)“. Brüssel, 14. November 2012. (Dok. 1).
b.- „EU Framework Decisions related to Detention Issues: Will they work effectively to enhance
cooperation within the EU? Improving Conditions related to Detention“, Straßburg, 20.-21. Juni
2013 (Dok. 2).
c.- „Workshop Operational links between the Framework Decisions“ ISTEP-Abschlusskonferenz
Wilna, 14.-16. Mai 2013
d.- „Handbook on the International Transfer of Sentenced Persons“. UNODC. 2012.
e.- „Cooperation between Romania, Ireland and Italy to support the implementation of the
Council Framework Decision 2008/947/JHA“. Amsterdam, 25. Januar 2013
6. Spanische Literatur:
A.- Artikel:
Nistal, Javier, „El traslado de personas condenadas. Exigencias legales“.
B.- Berichte:
Informe del Consejo General del Poder Judicial
7. Englische Literatur:
UK. Criminal casework. Repatriation for foreign national offenders
UK position.
8. Französische Literatur:
Lara Danguy des Déserts, „L’application du principe européen de reconnaissance mutuelle aux
jugements et aux décisions de probation aux fins de la surveillance des mesures de probation et
des peines de substitutions. DECISION-CADRE DU CONSEIL DU 27 NOVEMBRE 2008,
2008/947/JAI“, Le journal de l’Association des Magistrats de l’Union Européenne (AMUE), Juni
2009, Nr. 22, S. 3-5.
Juliette LELIEUR et Laurence SINOPOLI, „La reconnaissance mutuelle à l’épreuve de la
coopération judiciaire“, cejec-wp, n° 2009/6
Henri Labayle, „Judiciarisation, droits fondamentaux, et space pénal européen“, 2011.
9. Italienische Literatur:
- DECRETO LEGISLATIVO 7 settembre 2010, n. 161 Disposizioni per conformare il diritto interno
alla Decisione quadro 2008/909/GAI relativa all'applicazione del principio del reciproco
riconoscimento alle sentenze penali che irrogano pene detentive o misure privative della liberta'
personale, ai fini della loro esecuzione nell'Unione europea. (10G0185)
- Savy, Daniela, La tutela dei diritti fondamentali ed il rispetto dei principi generali del diritto
dell´unione nella disciplina del mandato d´arresto europeo, Diritto penale europeo.
- Analisi tecnico normativo Decreto Legislativo 7 settembre 2010, n. 161, recante “Disposizioni per
conformare il diritto interno alla Decisione quadro 2008/909/GAI relativa all’applicazione del
principio del reciproco riconoscimento alle sentenze penali che irrogano pene detentive o misure
privative della libertà personale, ai fini della loro esecuzione nell’Unione europea”
- Cooperazione giudiziaria e strumenti di diritto derivato, Cass. pen., sez. VI, 19.05.14, n. 20527,
Pres. Ippolito, Rel. De Amicis
- Parisi, Nicoletta, „Tecniche di costruzione di uno spazio penale europeo.in tema di
riconoscimento reciproco delle decisioni giudiziarie e di armonizzazione delle garanzie
processuali“, Februar 2012, n. 38
- Le fonti in materia di raccolta delle prove ed di assistenza giudiziaria in ambito penale europeo.
- Detenuti italiani all'estero
- IL CASO MELLONI: La corte di giustizia risponde con il primato dell'unione alle pretestuose
preoccupazioni dei giudici nazionali. riconoscimento delle decisioni giudiziarie rese a seguito di
procedimenti in absentia.
- La cooperazione giudiziaria e di polizia in materia penale
10. Vergleichendes Recht
- VERNIMMEN-VAN TIGGELEN Gisèle, WEYEMBERGH Anne,SURANO Laura, The future of
mutual recognition in criminal matters in the European Union/L’avenir de la reconnaissance
mutuelle en matière pénale dans l’Union européenne, Bruxelles, Editions de l’Université de
Bruxelles, 2009, http://www.editions-universite-bruxelles.be/
11. Websites
http://www.derechopenitenciario.com/organismos/consejo-textos.asp
http://www.asser.nl/default.aspx?site_id=8&level1=10785&level2=10862&level3=&textid=30929
http://www.cep-probation.org/default.asp?page_id=157&map_id=102
12. Artikel und Bücher
Lorenzo M. Bujosa Vadell „El reconocimiento y la ejecución de sentencias privativas de libertad en
la Unión Europea: comentario a la decisión marco 2008/909/JAI, del Consejo, de 27 de noviembre
de 2008“, Revista General de Derecho Europeo, ISSN-e 1696-9634, Nº. 18, 2009 .
(http://dialnet.unirioja.es/servlet/articulo?codigo=2942379)
Baras González, Marcos, El Espacio Penitenciario Europeo, editado por el Ministerio del Interior.
Spiezia Filippo, Aprile Ercole, Cooperazione giudiziaria penale nell'Unione europea prima e dopo il
Trattato di Lisbona, Ipsoa, 2009