Neuste Entwicklung in der Fintech-Regulierung

Datum: 08.08.2016
SIMON SCHÄREN
GÜNTHER DOBRAUZSALDAPEN NA
NEUSTE ENTWICKLUNGEN
IN DER FINTECH-REGULIERUNG
Regulierungsagenda zur Digitalisierung
der Schweizer Finanzbranche*
Da die neuartigen FinTech-Phänomene eine Vielzahl aufsichtsrechtlicher Risiken
und Herausforderungen mit sich bringen, wurden in der EU und in der Schweiz diverse regulatorische Initiativen angestossen. Diese Entwicklung hat sich in jüngster
Vergangenheit noch akzentuiert. Die Ausführungen geben einen Überblick über den
aktuellen Stand und die Perspektiven.
teres vorgenommen werden kann. Entsprechend stossen
Das Thema «FinTech» ist derzeit omnipräsent und domi- traditionelle regulatorische Modelle zunehmend an ihre
niert den wirtschaftlichen, technologischen und rechtspoli- Grenzen. Dies kann sowohl international als auch in der
tischen Diskurs. Unter FinTech wird im allgemeinen Sprach- Schweiz beobachtet werden [7]. Als Antwort auf die neue
gebrauch eine Kombination aus den Begriffen «Financial rechtspolitische und aufsichtsrechtliche Herausforderung
Services» und jfechnology» verstanden - im Ergebnis also werden derzeit weltweit neue FinTech-Regulierungen aneine digitalisierteFinanzdienstleistungg Populäre Beispiele für gedacht. Da traditionelle Regulierungsmodelle nicht auf
FinTech-Geschäftsmodelle und -Phänomene sind Crowd- FinTech-Phänomene zugeschnitten sind, sollen FinTechfunding und Crowdlending, virtuelle Währungen (Bit- Regulierungen «massgeschneiderte» und daher verhältniscoins), Blockchain-Technologien oder mobile Zahlungssys- mässige Rahmenbedingungen für die neuartigen Geschäftsteme [z]. Das weltweite Interesse an FinTech-Unternehmen modelle bieten. Dieser Beitrag verschafft einen Überblick
und -Geschäftsmodellen hat auch vor der Schweiz nicht über die neusten regulatorischen und rechtspolitischen Enthaltgemacht. Entsprechend ist in der Schweiz eine aufstre- wicklungen aus Schweizer Sicht.
1. EINLEITUNG
bende lokale FinTech-Branche entstanden [3]. Im internationalen Vergleich konnte sich die Schweiz gemäss einer aktuellen Studie der EPFL als FinTech-Standort noch nicht durchsetzen, hat allerdings wirtschaftlich und technologisch das
Potenzial dazu [4].
2. BEISPIEL FÜR FINTECH-PHÄNOMENE
2.1 Allgemeines. Die in der Praxis auftretenden FinTech-
Modelle sind in ihrer Vielfalt kaum überschaubar. Auch existiert keine global einheitliche Terminologie. Dennoch seien
Charakteristisch für die FinTech-Branche ist die disrup- nachfolgend einige der populärsten Geschäftsmodelle bzw.
tive Wirkung auf die traditionelle Finanzbranche. Entspre- Phänomene beispielhaft dargestellt [8].
chend werden etablierte Geschäftsmodelle und Wertschöp-
fungsketten in der klassischen, durch Banken und andere 2.2 Crowdinvesting. Mit «Crowdinvesting» wird allgeregulierte Finanzintermediäre dominierten Finanzbranche mein eine internetbasierte Finanzierungsform verstanden,
neu definiert oder umgestaltet [5]. Dies kann vorwiegend bei der Projekte oder unternehmerische Aktivitäten durch
im BaC- Banking und im Rahmen des Zahlungsverkehrs be- die breite Öffentlichkeit (Crowd) finanziert werden. Dabei
obachtet werden [6]. Aus regulatorischer Sicht ist dabei bemerkenswert, dass FinTech-Dienstleister als sogenannte
«non-financials» i.d.R. ausserhalb des aufsichtsrechtlichen
Rahmens operieren (wollen) und eine aufsichtsrechtliche Kategorisierung mit traditionellen Kriterien nicht ohne Wei-
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«Die Blockchain ist das Archiv aller
Transaktionen und besteht aus
einer Kette von Transaktionsblöcken.»
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fungiert i. d. R. eine Internetplattform als Intermediär zwischen Geldgebern und Kapitalsuchenden.
Unter dem mitunter uneinheitlich verwendeten Oberbegriff Crowdinvesting werden die Subkategorien Crowdfun-
sierte oder mobile Zahlungssysteme. Zu nennen sind hier
nebst dem bereits etablierten Online Banking beispielhaft
die Dienstleistungen von PayPal,ApplePay, SamsungPay bzw. in
der Schweiz «Tapit» (Swisscom) und «Twint» (Postfinance) [20].
ding, Crowdlending (auch Peer-to-Peer-Lending) und Crowd- Auch in diesen Branchen ist eine disruptive Dynamik zu be-
donating/Crowdsupporting verstanden [9]. Crowdfunding
beschlägt die Beteiligung mittels Eigenkapitalinstrumenten oder eigenkapitalähnlichen Formen, während Crowdlending die Zurverfügungstellung von Fremdkapital auf einer
Darlehensbasis betrifft [io]. Beim Crowddonating verzichtet
der Geldgeber schenkungshalber auf eine Gegenleistung,
während beim Crowdsupporting ein Reward in Form einer
ideellen Gegenleistung versprochen wird [n].
obachten, da viele der neu im Zahlungsverkehr agierenden
Dienstleister branchenfremd sind und daher mit etablierten
Finanzintermediären im Zahlungsdienstleistungsumfeld
konkurrieren [21].
3. FINTECH-REGULIERUNG IN DER SCHWEIZ
3.1 Allgemeines und Überblick. Da FinTech-Akteure oft
«non-financials» und daher branchenfremd sind, agieren sie
mitunter ausserhalb oder an der Grenze traditioneller regu-
2.3 Virtuelle Währungen/Kryptowährungen. Virtuelle latorischer Aufsichtsbereiche. Hier stellt sich deshalb die
Währungen bzw. Kryptowährungen wie insbesondere Bit- rechtspolitische Frage, ob bestehende Aufsichtserlasse i. S. v.
coins haben die Funktion von «virtuellem Bargeld» [4. Art.1 Abs. i des Finanzmarktaufsichtgesetzes (FINMAG) [22]
Kryptowährungen beruhen auf mathematischen Algorith- und deren Geltungsbereiche auf die neuartigen Sachverhalte
men, welche nach den Prinzipen der Kryptographie ver- ausgeweitet werden sollen. Soweit die bestehenden regulatoschlüsselt sind, sodass sie eindeutig identifiziert und nicht rischen Rahmenbedingungen in Einzelfällen anwendbar
dupliziert werden können [13]. Die Ausgabe der Währungs- sind, fragt sich zudem in materieller Hinsicht, ob die Auf-
einheiten (insbesondere Bitcoins) beruht auf einem dezentral organisierten Peer-to-Peer-Netzwerk, dem sich jede Person via Internet anschliessen kann.
Im Netzwerk treten zwei Arten von Akteuren auf: Nutzer
und sogenannte Miners. Die Nutzer verwenden virtuelle
Währungen als Zahlungsmittel oder Anlageobjekt und tätigen Transaktionen [14]. Die Miners wickeln Transaktionen
in Bitcoins ab, die in Auftrag gegeben wurden. Aufgrund
der Lösung eines mathematischen Problems wird bestätigt,
dass der betreffende Nutzer die fraglichen Bitcoins tatsächlich besitzt und diese nicht zuvor bereits einmal ausgegeben
wurden [15]. Mit jeder Bestätigung erhält der Miner als Entschädigung eine Anzahl neu durch das System geschaffener
Bitcoins, was im Ergebnis einem Geldschöpfungsprozess
gleichkommt [16].
Jede Transaktion wird nach entsprechender Bestätigung
durch den Miner in die Blockchain - ein zentrales Kontrollprotokoll oder Kontobuch - aufgenommen [17]. Die Blockchain ist das Archiv aller Transaktionen und besteht aus
einer Kette von Transaktionsblöcken [18]. Dieses Transaktions-
sichtsbestimmungen auf die neuartigen Sachverhalte zugeschnitten und verhältnismässig sind. Es besteht inzwischen
Einigkeit, dass traditionelle regulatorische Modelle zunehmend an ihre Grenze stossen [23]. In der Aufsichtspraxis hat
sich zunehmend gezeigt, dass viele Geschäftsmodelle mit
den Geltungsbereichen des Bankengesetzes (BankG) [24] und
des Geldwäschereigesetzes (GwG) [25] kollidieren, da mitunter
gewerbsmässig Publikumseinlagen entgegengenommen
werden und/oder eine gewerbsmässige finanzintermediäre
Tätigkeit ausgeübt wird [26]. Hier bestehen die Probleme einerseits in den nur schwer zu erfüllenden Bewilligungsvoraussetzungen und andererseits in der mitunter fehlenden
Technologieneutralität der Geldwäschereiregulierung [27].
Erste Reforminitiativen wurden von der Eidg. Finanzmarktaufsicht (Finma) angestossen. In einem Referat regte FinmaDirektor Mark Branson an, das bestehende System zu überdenken [28]. Dabei soll den neuen Geschäftsmodellen sowohl
auf gesetzgeberischer Ebene als auch im Rahmen der Rechtsanwendung innovationsfreundlich und «technologieneutral»
begegnet werden [29]. Innovationsprozesse sollen durch das
Aufsichtsrecht weder gefördert noch behindert werden. Als
archiv wird von jedem Nutzer, der eine entsprechende Software auf seinem Computer installiert hat, mitgeführt [19].
konkrete Massnahme zur Anpassung des regulatorischen
Rahmens wurde u. a. vorgeschlagen, besondere Bewilli2.4 Zahlungssysteme und Zahlungsverkehr. Von grosser
gungskategorien zu schaffen, die eine befreite oder mit
praktischer und wirtschaftlicher Bedeutung sind webba-
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Blick auf Kapital- und Eigenmittelvorschriften erleichterte
Tätigkeit im Geltungsbereich des BankG ermöglichen (Bankbewilligung «light») [30].
Die Finma richtete ihren Aufsichtsfokus in der Folge vermehrt auf FinTech-Geschäftsmodelle aus. Dies geschah entsprechend nicht primär aus der Warte des konfrontativen
Enforcements, sondern in der Form eines informativen Online-Auftritts (Fintech-Desk), der sich mit FinTech-Fragestellungen auseinandersetzt und auch als «Anlaufstelle» für
FinTech-Akteure dient [31]. FinTech wird aus der Sicht der
Finma somit nicht als «illegales Phänomen», sondern selbst
in aufsichtsrechtlichen Grenzfällen als förderungswürdige
Innovation wahrgenommen. Die FinTech-freundliche Haltung der Finma manifestierte sich sodann besonders bei der
Schaffung technologieneutraler Rahmenbedingungen bei
der Video- und Online-Authentifizierung in der Geldwäschereiregulierung [32].
Schliesslich hat auch der Bundesrat den Handlungsbedarf
bei der FinTech-Regulierung erkannt. Entsprechend wurde
das Eidg. Finanzdepartement (EFD) am zo. April zoi6 damit beauftragt, den «regulatorischen Handlungsbedarf» im
Bereich FinTech zu prüfen und bis im Herbst 2016 Anpas-
(ii) sich öffentlich für die Entgegennahme von PublikumseinPublikumseinlagen empfiehlt, selbst wenn weniger als
lagen entgegengenommen werden [39]. Die Finma hat in
diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass insbesondere bei Crowdfunding-Plattformen eine Tätigkeit im
Geltungsbereich des BankG vorliegen kann, wenn Gelder
von Projektfinanzierern über Konten eines Plattformbetreibers fliessen, sofern die Gelder nicht bloss zur kurzfristigen
Weiterleitung entgegengenommen werden [40]. Immerhin
sei auf die in Art. 5 Abs. 3 lit. c der Bankenverordnung (BankV)
enthaltene Ausnahme hingewiesen (sogenannte Abwicklungskonti). Danach liegt keine Einlage vor bei
«Habensaldi auf Kundenkonti von Effekten- oder Edelmetallhändlern, Vermögensverwaltern oder ähnlichen Unternehmen,
die einzig der Abwicklung von Kundengeschäften dienen, wenn
dafür kein Zins bezahlt wird». [41]
Der Bundesrat bekräftigte, dass diese Ausnahme insbesondere für FinTech-Unternehmen und Crowdfunding-Plattformen anwendbar ist,
«wenn sie fremde Gelder allein zum Zweck der Weiterleitung entgegennehmen (...) und die Abwicklung (Weiterleitung an einem
im Voraus bestimmten Begünstigten oder Rücküberweisung an
sungsvorschläge zuhanden des Bundesrats zu unterbreidie Geldgeber) vorgängig bestimmt ist». [42]
ten [33]. Im Vordergrund steht hier nach der Einschätzung
des Bundesrats die Schaffung einer neuen Bewilligungska- 3.2.2 Vorgeschlagenes Modell. Das Bewilligungsregime des
BankG ist für FinTech-Unternehmen und -Geschäftsmotegorie im BankG [34
delle aufgrund der anwendbaren Kapital-, Eigenmittel- und
Zu erwähnen ist aus Sicht des Bundesrats ferner der um- Liquiditätsvorschriften sowie anderer Bewilligungsvorausfassende Bericht zu virtuellen Währungen, worin sich der setzungen ungeeignet bzw. unverhältnismässig. Das BankG
Bundesrat u. a. hinsichtlich der rechtlichen Behandlung von ist nach der Auffassung des Bundesrats auf GeschäftsmoBitcoin positioniert [35].
delle zugeschnitten, welche aus Sicht des Kunden- und Stabilitätsschutzes ein hohes Risikopotenzial bergen können.
3.2 Neue Bewilligungskategorien im BankG
3.2.1 Ausgangslage. In der Aufsichtspraxis bewegen sich viele Entsprechend werden hohe Anforderungen an die BewilliGeschäftsmodelle innerhalb des Geltungsbereichs des gungserteilung sowie an Vorschriften betreffend Kapital, EiBankG. Dies hängt damit zusammen, dass die Geschäftstä- genmittel und Liquidität usw. gestellt [43]. Diese Anfordetigkeit von FinTech-Akteuren oft mit der Entgegennahme rungen sind für FinTech-Unternehmen nicht sachgerecht
von Kundengeldern verbunden ist. Betroffen sind z. B. und unverhältnismässig, da sie ihre Dienstleistungen oft
Crowdfunding- Plattformen oder auch gewisse Handelstä- ausserhalb des «banktypischen Kerngeschäfts» anbieten
tigkeiten mit Bitcoins [36]. Damit geraten FinTech-Akteure und insbesondere keine Kredite an Dritte vergeben. Dennoch
mitunter in Konflikt mit dem BankG, da die gewerbsmässige sind solche Unternehmen u. U. darauf angewiesen, in einem
Entgegennahme von Publikumseinlagen und die öffentliche gewissen Umfang Kundengelder entgegenzunehmen. SoWerbung dafür bewilligten Banken vorbehalten ist [37]. Als wohl die Finma als auch der Bundesrat haben daher bekräfPublikumseinlagen gelten grundsätzlich sämtliche Kunden- tigt, das BankG und die BankV im Hinblick auf FinTechverbindlichkeiten [38]. Gewerbsmässighandelt, wer (i) dauernd Geschäftsmodelle flexibilisieren zu wollen [44].
mehr als 20 Publikumseinlagen entgegennimmt oder wer
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Eine mögliche Ausgestaltung des neuen Rahmens wurde
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von der Finma wie folgt skizziert [45]:
Besondere Bewilligungskategorie für Finanzinnovatoren:
Schaffung einer eingeschränkten Bankbewilligung
«light» für FinTech-Unternehmen, die Publikumseinlagen im Umfang von höchstens CHF 5o Mio. entgegennehmen. Als Sicherheit müssten fünf Prozent der
Einlagen, aber mindestens CHF 300 000 Eigenkapital
gehalten werden.
Bewilligungsfreies Entwicklungsfeld («Sandbox»):
Ermöglichung einer bewilligungsfreien Geschäftstätigkeit für Start-up-Unternehmen, die Publikumseinlagen im Umfang von weniger als CHF zoo 000 entgegennehmen, und zwar unabhängig von der Anzahl
der Einlagen.
stätigten Kopie seines Ausweisdokuments. Diese kann nun
auch im Rahmen einer Online-Identifizierung erstellt werden und braucht nicht mehr physisch ausgestellt und eingereicht zu werden. Die Erklärung des wirtschaftlich Berechtigten
muss neu nicht mehr zwingend handschriftlich signiert und
dem Finanzintermediär physisch übermittelt werden [50].
Stattdessen kann die Erklärung auch aufgrund eines mit
qualifizierter Signatur versehenen elektronischen Formulars abgegeben werden. Alternativ kann die Bestätigung der
Vertragspartei im Rahmen der Video- und Online-Identifizierung auch mittels TAN oder einem ähnlichen Verfahren
erfolgen, sofern dadurch eine verlässliche Zuordnung der
Vertragspartei ermöglicht wird.
3.4 Aufsichtsrechtliche Einordnung virtueller
Währungen
3.4.1 Allgemeines. Mitte Juni 2014 sah sich der Bundesrat an-
3.3 «Digital Onboarding» - Finma-Rundschreiben lässlich zweier parlamentarischer Postulate veranlasst, zur
Video- und Online-Identifizierung. Im FinTech-Zeitalter
sprechen Finanzdienstleister ihre Kunden vermehrt über
das Internet und via mobile Geräte an. In Nachachtung der
regulatorischen Maxime der Technologieneutralität war es
daher nötig, die Sorgfaltspflichten des GwG an die neue di-
rechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen, insbesondere Bitcoins, Stellung zu beziehen [51]. In diesem Zusam-
menhang wurde eine Reihe aufsichtsrechtlicher Kategorien
geprüft. Aufgrund der Tatsache, dass virtuelle Währungen
ein Randphänomen darstellen und sich nicht im rechtsfreien
gitale Realität anzupassen und insbesondere ein «digital cli- Raum bewegen, kam der Bundesrat zum Schluss, dass derent onboarding» zu ermöglichen. Zu diesem Zweck wurde im zeit kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe.
Anwendungsbereich der durch die Finma direkt beaufsich3.4.2 Anwendungsbereich des BankG. Tätigkeiten in Zusammentigten Finanzintermediäre (DUFI) das neue Finma-RS 2016/7
hang mit Bitcoins können zunächst unter das BankG fallen,
betreffend Video- und Online-Identifizierung erlassen [46].
wenn damit eine gewerbsmässige Entgegennahme von PublikumsAusgangslage für das neue Rundschreiben stellt Art. 3 Abs. z
einlagen verbunden ist (Art.1 Abs. z Satz 1 BankG i. V. m. 5
der Geldwäschereiverordnung-Finma (GwV-Finma) [47] dar. Da-
nach kann die Finma bei der Anwendung der GwV-Finma
«die Entwicklung von neuen Technologien, die eine gleichwertige
Sicherheit für die Umsetzung der Sorgfaltspflichten bietet, berücksichtigen».
Abs.1 BankV) [52]. Die Nutzung von Bitcoins als Zahlungsmit-
tel für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen ist dem
BankG nicht unterstellt [53]. Ebenso wenig ist der Wechsel von
Bitcoins Zug-um-Zug gegen offizielle Währung erfasst [54].
Eine gewerbsmässige Entgegennahme von Publikumseinla-
Entsprechend ermöglicht das Finma-RS 2016/7 einem Fi- gen kann hingegen vorliegen, wenn das Wechselgeschäft
nanzintermediär unter Einhaltung gewisser Voraussetzun- nicht Zug-um-Zug erfolgt und der Bitcoin-Händler vom Kungen die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung mittels audio- den Guthaben in offizieller Währung im Hinblick auf künf-
visueller Kommunikation in Echtzeit (Video-Identifizie- tige Tauschgeschäfte auf eigenen Konten aufbewahrt [55]. Dasrung) [48]. Die Video-Identifizierung ist im Rahmen der selbe gilt grundsätzlich, wenn der Händler von einem Kunden
Pflicht zur Identifizierung der Vertragspartei der persönli- Bitcoins im Hinblick aufkünftige Tauschgeschäfte annimmt,
chen Vorsprache gleichgestellt. Ferner wird die Aufnahme über die der Kunde nicht jederzeit frei verfügen kann. Dies
der Geschäftsbeziehung über das Internet erleichtert, indem kommt bankenrechtlich einer Entgegennahme von Geld in
diverse Formen der Online-Identifizierung zugelassen wer- offiziellen Währungen gleich [56]. Immerhin kommt u. U.
den [49]. Im Vordergrund stehen dabei Alternativverfahren die Ausnahmeregelung für Abwicklungskonti (Art. 3a Abs. 3
hinsichtlich der vom Kunden beizubringenden echtheitsbe- lit. c BankV) infrage, welche keine Entgegennahme von Pub-
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likumseinlagen darstellen [57]. Hierfür muss allerdings si- gen Bedingungen für florierende digitale Netze und Dienste;
chergestellt werden, dass keine dauernden Guthaben in Geld
bestmögliche Ausschöpfung des Wachstumspotenzials
oder Bitcoins für den Kunden geführt werden [58].
der europäischen digitalen Wirtschaft.
3.4.3 Anwendungsbereich des GwG. Der berufsmässige Kauf 4.2 Regulierungsansätze für Crowdfunding und Bitcoin
und Verkauf von Bitcoins wird grundsätzlich als berufsmäs- 4.2.1Allgemeines. Regulierungsansätze finden sich im Bereich
sige Finanzintermediation gemäss GwG (Art. z Abs. 3 GwG der klassischen FinTech-Phänomene Crowdfunding und viri. V. m. Art. 7 f£ GwV [59]) erfasst, da materiell eine Geldwech- tuelle Währungen. Hier haben sich die Europäische Wertpapierseltätigkeit vorliegt [6o]. Gleiches gilt für den Betrieb von Bit- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), die Europäische Bankenaufcoin-Handelsplattformen, sofern darüber Gelder oder Bit- sicht (EBA) und auch die EU-Kommission mit Stellungnah-
coins von Nutzern der Plattform an andere Nutzer weitergeleitet werden [61].
4. FINTECH IN DER EU-REGULIERUNG
men und Regulierungsvorschlägen positioniert. Konkrete
und FinTech-spezifische Regulierungsprojekte sind daraus
indessen nicht hervorgegangen.
4.1 Vision digitaler Binnenmarkt. Im Bereich digitale Finanzdienstleistungen existiert in der EU derzeit noch kein
kohärentes Regulierungskonzept. Spezifische FinTech-Regulierungsansätze gibt es nur in Einzelbereichen [62]. Zu
nennen sind hier insbesondere die E-Geld-Richtlinie [63]
4.2.2 Virtuelle Währungen. In einer Stellungnahme (Opinion)
vom 4. Juli 2014 äusserte sich die EBA zum Thema virtuelle
«In einem digitalen Binnenmarkt ist der freie Verkehr von Waren,
Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet und können Privatpersonen und Unternehmen unter fairen Wettbewerbsbedingungen und auf der Grundlage hoher Verbraucher- und Da-
eines einheitlichen regulatorischen Rahmens in der EU
Die Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen für einen europäischen Markt digitaler Finanzdienstleistungen wird im Strategiepapier nicht explizit thematisiert [67]. Stattdessen beruht die rechtspolitische Strategie
zur Schaffung des digitalen Binnenmarkts auf folgenden
drei allgemeinen Pfeilern, welche selbstverständlich auch
4.2.3 Crowdfunding. Die ESMA veröffentlichte im Dezember
2014 eine viel beachtete Stellungnahme zu Crowdfunding in
der EU [74]. Darin analysiert die ESMA den bestehenden har-
Währungen [69]. Die EBA analysierte und identifizierte
7o Risiken, die in Zusammenhang mit virtuellen Währun-
gen (insbesondere Bitcoin) stehen. Diese Risiken wurden gewichtet und kategorisiert (Risiken für Nutzer von virtuellen
sowie Zahlungsdiensterichtlinie (PSD) II [64]. Auch auf der
Währungen und andere Marktteilnehmer, Risiken für die
rechtspolitischen und konzeptionellen Ebene hat das Thema
bislang wenig Beachtung gefunden. Basis der insgesamt finanzielle Integrität, Risiken für die Zahlungssysteme und
noch wenig entwickelten FinTech-Policy in der EU ist das Risiken für den Regulator) [70]. Die Ursachen für die identiStrategiepapier der Kommission für einen digitalen Binnen- fizierten Risiken werden darauf zurückgeführt, dass das
markt für Europa [65]. Im Strategiepapier wird aufgrund virtuelle Währungssystem von jedermann geschaffen bzw.
der zunehmenden Digitalisierung der europäischen Wirt- hinsichtlich seiner Funktion geändert werden kann. Ferner
schaft und Gesellschaft die Schaffung eines «digitalen Bin- wird als problematisch angesehen, dass die beteiligten Parnenmarkts» angeregt. Die Kommission verspricht sich da- teien (einschliesslich der Miners) anonym bleiben können [71].
Aufgrund dieser Erkenntnisse schlägt die EBA die Schaffung
von folgende Vorteile:
vor [72]. Die EBA geht indessen davon aus, dass dies einige
Zeit in Anspruch nehmen dürfte und daher ein langfristi-
ges Ziel ist. Im Sinne einer Sofortmassnahme werden natiotenschutzstandards ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit bzw. nale Aufsichtsbehörden angewiesen, Kredit-, Zahlungs-,
ihres Wohn- oder Geschäftssitzes nahtlos Online-Aktivitäten sowie E-Geld-Instituten vom Erwerb, Halten oder Verkauf
nachgehen und Internetanwendungen nutzen.» [66]
von virtuellen Währungen abzuraten [73].
monisierten Regulierungsrahmen im Lichte der neuen Geschäftsmodelle. Dabei stellt die ESMA fest, dass die gegen-
wärtigen Rahmenbedingungen sich für Crowdfunding
im FinTech-Kontext eine Rolle spielen [68]:
nicht eignen und auch nicht im Hinblick auf dieses PhänoBesserer Online-Zugang für Verbraucher und Unterneh- men geschaffen wurden [75]. Entsprechend kommt die
men zu Waren und für ganz Europa; Schaffung der richti- ESMA gestützt auf eine empirische Analyse zum Schluss,
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dass viele Crowdfunding-Geschäftsmodelle in der Praxis
so strukturiert sind, dass sie sich ausserhalb der bestehenden harmonisierten Finanzmarktregulierung der EU befinden [76]. Daher sind einschlägige Richtlinien im Finanzdienstleistungsbereich (insbesondere die MiFID-RL [77],
die AIFM-RL [78] und die Prospektrichtlinie [79]) nach der
Einschätzung der ESMA i. d. R. nicht anwendbar oder werden «umgangen». Ob und in welchem Umfang sich daraus
ein regulatorischer Handlungsbedarf auf der Ebene des regulierten EU-Finanzmarktrechts ergibt, lässt die ESMA in
ihrer Stellungnahme letztlich offen.
Aus der Sicht der Kommission ist der Bericht über Crowdfunding in der Kapitalmarktunion vom 3. Mai 2016 zu erwähnen [80]. Nach den Feststellungen der Kommission ist
der Crowdfunding-Markt in der EU noch ein relativ kleiner,
aber rasch wachsender Markt [81]. Dennoch finden grenzüberschreitende Aktivitäten und Investitionen kaum statt,
sodass Crowdfunding letztlich als regionales und lokales
Phänomen betrachtet werden muss [8z]. Entsprechend haben
diverse Mitgliedstaaten nationale Rechtsvorschriften erlas-
sen, die geeignet sind, Crowdfunding sowohl zu fördern
als auch damit verbundene Risiken zu begrenzen. Obschon
die lokalen Regulierungsansätze materiell und von der Ziel-
setzung her übereinstimmen, sind sie weitgehend auf die
lokalen Märkte und nationalen Rechtsordnungen zugeschnitten. Bemerkenswert ist schliesslich die Konsequenz,
die die Kommission aus den dargestellten Befunden zieht:
Aufgrund des fehlenden grenzüberschreitenden Bezugs der
vorwiegend lokalen Crowdfunding-Aktivitäten sei es derzeit
nicht gerechtfertigt, einen einschlägigen Rechtsrahmen auf
EU-Ebene zu erlassen [83]. Diese Schlussfolgerung erstaunt,
weil gerade eine spezifische regulatorische Harmonisierung grenzüberschreitende Aktivitäten begünstigen dürfte.
5. FAZIT
Das Aufkommen der FinTech-Branche stellt die Angemessenheit des gegenwärtigen regulatorischen Regimes grundsätzlich infrage, sodass sich grundlegende Reformen aufdrängen. Die obigen Ausführungen haben allerdings gezeigt, dass eine spezifische FinTech-Regulierung sowohl in
der Schweiz als auch im EU-Umfeld noch am Anfang steht.
Immerhin sind mitunter auch konkrete Initiativen erkennbar, die auf eine punktuelle Anpassung des traditionellen
Rechtsrahmens abzielen, um diesen auf FinTech-Geschäftsmodelle zuzuschneiden. Dennoch ist es zumindest bis jetzt
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bei rechtspolitischen «Absichtserklärungen» geblieben. Besonders die EU hält sich derzeit mit regulatorischem Aktivismus noch zurück und nimmt FinTech als überwiegend
lokales und nicht grenzüberschreitendes Phänomen wahr.
Ein kohärentes regulatorisches Konzept ist nicht in Sicht.
Demgegenüber hat man in der Schweiz mit der in die Wege
geleiteten Anpassung des BankG immerhin eine konkrete
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DR. IU R., RECHTSANWALT,
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COMPLIANCE SERVICES,
PWC, ZÜRICH
Initiative auf Gesetzesebene angestossen. Zudem dürfte
das Finma-RS 2016/7 betreffend Video- und Online-Identifizierung einen wesentlichen Beitrag zur Digitalisierung der
Geldwäschereiadministration leisten. Unabhängig von diesen Errungenschaften bleibt allerdings abzuwarten, wie sich
die regulatorische Landschaft im Zuge der Einführung des
GÜNTHER DOBRAUZSALDAPENNA,
Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG) [84] und des Finanzinstitutsgesetzes (FINIG) [85] für die FinTech-Branche verändern
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MBA, PARTNER, LEITER
wird. Die FinTech-Tauglichkeit dieser künftigen Gesetze
kann derzeit noch kaum abgeschätzt werden. Ins Gewicht
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COMPLIANCE SERVICES,
fallen dürfte die Tatsache, dass neu analog zur MiFID-RL ein
einheitlicher regulatorischer Rahmen für das Erbringen von
PWC, ZÜRICH
Finanzdienstleistungen durch Finanzdienstleister (Art. 3
lit. d und e E-FIDLEG) geschaffen werden soll. Dies soll eine
ganze Reihe neuartiger aufsichtsrechtlicher Pflichten mit
sich bringen (z. B. Kundensegmentierung [Art. 4 E-FIDLEG],
Verhaltensregeln i. S. v. Art. 8 ff. E-FIDLEG einschliesslich
Informationspflichten [Art. 9 E-FIDLEG] oder die Prüfung
der «Suitability» und «Appropriateness» [Art.11 ff. FIDLEG]). Jedenfalls wird die gegenwärtige FinTech-Diskussion
im Lichte von FIDLEG und FINIG neu geführt werden müssen.
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