- ExportManager

ExportManager
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
www.exportmanager-online.de
Ausgewählte Informationen für Exportverantwortliche
Schwerpunktthema dieser Ausgabe: Südliches Afrika
Afrika bietet Chancen | Perspektiven für Sambia |
Stillstand in Südafrika | Äthiopien auf Wachstumskurs | Finanzierung mit afrikanischen Banken |
Digitales Währungsmanagement | Technologietransfer in den USA | IT-Abkommen der WTO
2 | ExportManager
D
ie Wachstumsaussichten Afrikas
sind weiterhin gut, auch wenn die
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Themen
gesunkenen Rohstoffpreise einigen
Ländern Hausaufgaben aufgegeben
haben. Wachsende Bevölkerungen lassen den Konsum steigen, nun müssen
andere Einkommensquellen gefunden
werden: Einfallsreichtum und auslän­
disches Kapital könnten helfen.
Die vorliegende Ausgabe des Export­
Managers stellt die aufstrebenden
Märkte Sambia und Äthiopien vor, blickt
auf Nigeria und Südafrika und widmet
sich der Frage nach der Finanzierung
vor Ort. Weitere Themen sind das optimale Management exotischer Währun-
Verkaufen
➤➤ Trotz anhaltender Krisen: Afrika bietet Chancen
Dr. Mario Jung, Senior Regional Economist bei Coface
3
➤➤ Gedämpfter Wirtschaftsausblick für Afrika
Andreas Tesch, Chief Market Officer,
Atradius Kreditversicherung
6
➤➤ Sambia – Chancen für Unternehmen mit Weitblick
Johannes Kurt, Leiter der Zweigstelle Sambia
der AHK für das südliche Afrika
7
➤➤ Südafrikas quälender Stillstand
Christoph Witte, Direktor Deutschland,
Credimundi, Member of the Credendo Group
Ausland in den USA sowie das neue
IT-Abkommen der WTO.
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wenn Sie möchten. Gerne stehen wir
Ihnen für weitere Informationen zur
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trierungsmöglichkeit und weitere
­Informationen auf unserer Website
www.exportmanager-online.de.
➤➤ Exporte nach Westafrika unbürokratisch
finanzieren19
Dirk Oliver Haller, Vorstandsvorsitzender,
DFT Deutsche Finetrading AG
➤➤ Digitales Management von exotischen
Währungen Markus Renkes, Head FX4Cash Germany,
Deutsche Bank
21
Liefern
Finanzieren
➤➤ Äthiopien – ein Land auf Wachstumskurs
12
Sia H. Mehr, Financial Institutions – ­Emerging Markets,
Senior Regional Manager, BHF-BANK
➤➤ Finanzierungen mit afrikanischen Banken
Christian Toben, Regional Head Financial ­Institutions
Africa, Commerzbank AG
17
10
gen, die Besonderheiten des Techno­
logietransfers an Mitarbeiter aus dem
➤➤ Der afrikanische Bankenmarkt im Überblick
Sylvia Sedlacek, Vice President Financial ­Institutions,
KfW IPEX-Bank
➤➤ Neues zum US-Technologietransfer
PD Dr. Harald Hohmann, Rechtsanwalt,
Hohmann Rechtsanwälte
23
➤➤ WTO-IT-Abkommen tritt in Kraft
Adrian Loets, LL.M., Rechtsanwalt,
Graf von Westphalen
25
Strategische Partner und Impressum
27
14
3 | ExportManager | Verkaufen
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Trotz anhaltender Krisen: Afrika bietet Chancen
Schwer getroffen von der gebremsten Dynamik in China und den gefallenen Rohstoffpreisen, zeigen die afrikanischen Länder südlich
der Sahara ihr schwächstes Wachstum seit 2008. Dennoch haben 15 – auch von Krisen geplagte – Länder gutes Potential hinsichtlich
ihrer künftigen Entwicklung. Besonders zwei Sektoren bieten dort neben den Rohstoffbranchen mittelfristig Chancen: der Einzel­
handel und die Informations- und Kommunikationstechnik. Deren Potential hat Coface in einem neuen Panorama untersucht.
© LindasPhotography/iStock/Thinkstock/Getty Images
Kontinent leidet derzeit
unter schweren wirtschaftlichen
­Problemen
Ghanas Märkte bieten der wachsenden Bevölkerung farbenfrohe Differenzierungsmöglichkeiten.
Die Weltwirtschaft ist in Turbulenzen. Die
Abschwächung in China und die gefallenen Rohstoffpreise schlagen auch auf die
wirtschaftlichen Fundamente der Länder
südlich der Sahara durch. Das Wachstum
zeigt mit voraussichtlich 2,6% in diesem
Jahr nach 3,4% im Jahr 2015 den
schwächsten Wert für die Region seit
2008. Rohstoffexportierende Länder
waren zu schnellen Maßnahmen gezwungen, um die wachsenden externen Risiken zu begrenzen. Viele dieser Länder
haben versucht, den Wechselkurs ihrer
Währungen gegenüber dem US-Dollar
stabil zu halten, allerdings mit wenig
Erfolg. Einige Länder reduzierten ihre Ausgaben, um die Staatshaushalte zu schonen. Doch die Stärke der Krise hat die
anhaltenden, auch strukturellen, Probleme verschärft und die Anfälligkeit
erhöht.
Zwischen 2013 und heute verlangsamte
sich vor allem in stark rohstoffabhängigen
Dr. Mario Jung
Senior Regional Economist,
Coface
[email protected]
Ländern die Wirtschaftsaktivität: zum
einen in den ölexportierenden Ländern
Angola, Nigeria, Äquatorial-Guinea,
Demokratische Republik Kongo, Tschad
und Gabun, zum anderen in Südafrika,
Liberia, Ghana und Sambia, die ebenfalls
Rohstoffe exportieren. Angola und Kongo
sind zudem stark auf Handelsgeschäfte
mit China konzentriert. Fast die Hälfte
aller Exporte geht dorthin. Zu den externen Faktoren kommen inländische Probleme hinzu. So erweist sich die Elektrizitätsversorgung in Südafrika als Flaschenhals nicht nur für die industrielle
Produktion. Sicherheitsprobleme machen
der Wirtschaft in Angola zu schaffen. So
sind beileibe nicht allein die fallenden
Rohstoffpreise und die gebremste Dynamik in China Ursachen für anhaltende Probleme in vielen Ländern südlich der
Sahara.
Kurzfristig ist nicht mit einem deutlich
höheren Wachstumstempo zu rechnen.
Zur steigenden Inflation, die auch die privaten Ausgaben bremsen dürfte, kommen eher stockende staatliche Investitionen als Bremse hinzu. Auch Investitionen
➤
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aus dem Ausland werden kurzfristig kaum
anziehen. Im Gegenteil: In den ersten vier
Monaten gingen die ausländischen
Direktinvestitionen in Nigeria im Vergleich
zum Vorjahreszeitraum um die Hälfte
zurück. Auch die Finanzierungs- und Kreditprobleme – hohe Kosten und mangelnder Zugang zu Krediten – werden anhalten. Trotz der Problembündel und großen
Ungleichgewichte auf dem Kontinent
und in den einzelnen Ländern zeigen
unter anderem die Potentiale für Konsumausgaben, dass einige Länder mittelfristig
einen Aufschwung schaffen und sich zu
profitableren Märkten entwickeln könnten.
Weisen Verbraucher den Weg?
Die Ausgaben der privaten Haushalte gingen 2015 in den rohstoffexportierenden
Ländern teilweise stark zurück – in Nigeria
und Sambia zum Beispiel um über 20%.
Dazu trug die hohe Inflation bei, die in
Nigeria an die 10%, in Sambia über 20%
betrug. Schon jetzt spielt der Endverbraucher aber eine große Rolle in den Volkswirtschaften südlich der Sahara, wenn
auch in einer anderen Ausprägung als
etwa in Europa oder Amerika. Im Durchschnitt aller Subsahara-Länder machen
Ausgaben der private Haushalte etwa
zwei Drittel des BIP aus. In manchen Ländern ist der Anteil noch größer: in Nigeria
71%, in der Demokratischen Republik
Kongo 71,5%, in Kamerun 77%. Mehr als
60% sind es auch in Südafrika, Ghana und
der Elfenbeinküste.
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Wie sehen aber die mittelfristigen Perspektiven in einem Zeitraum von etwa
zehn Jahren aus? Und welche Branchen
haben Aussicht auf Wachstum? Coface
hat 55 afrikanische Länder auf ihr Potential für steigenden Konsum hin untersucht
und anhand von zwei Hauptkriterien,
Demographie und Haushaltseinkommen,
ein Ranking der Länder erstellt. 15 davon
zeigen Potential für eine ordentliche Steigerung der Verbraucherausgaben: Gabun,
Botswana, Namibia, Südafrika, Nigeria,
Äthiopien, Elfenbeinküste, Mosambik,
Tansania, Senegal, Demokratische Republik Kongo, Ghana, Kenia, Ruanda, Angola.
In dieser Ländergruppe sind die wichtigsten Ölexporteure (Gabun, Nigeria, Angola)
und einige Exportländer von anderen
Rohstoffen, vor allem von Mineralien
(Botswana, Namibia, Ghana, Südafrika),
vertreten.
„Kurzfristig ist nicht mit einem
­deutlich höheren Wachstumstempo
zu rechnen. Auch Investitionen
aus dem Ausland werden kurzfristig kaum anziehen.“
Die Demographie liefert einen Maßstab
für die potentielle Größe eines Marktes
auf lange Sicht. Und da bietet gerade der
afrikanische Kontinent aussichtsreiche
Perspektiven, auch wenn man die damit
verbundenen Probleme wie Armut, unzureichende Bildung und schiefe Einkommensverteilung nicht außer Acht lassen
darf. Die UN schätzt, dass die Bevölkerung
in Subsahara-Afrika bis 2025 auf 1,2 Milliarden Menschen wachsen wird. Im Vergleich zu den Industrieländern wird auch
in der Zukunft der Anteil junger, erwerbsfähiger Personen hoch sein. Ein weiterer
Aspekt, der die Potentiale afrikanischer
Länder untermauert, ist der ungebremste
Urbanisierungstrend: In den Städten der
Subsahara-Länder werden um das Jahr
2025 mehr als 50% der Gesamtbevölkerung leben. Die Pro-Kopf-Einkommen der
Länder werden daher steigen, weil in den
Städten mehr verdient werden kann als
auf dem Land. Infolgedessen werden
auch die Ausgaben für die Infrastruktur
ausgeweitet.
Wie setzt sich der Konsum
­zusammen?
Klar ist, dass sich der „Warenkorb“ für den
typischen Konsumenten in ärmeren Ländern anders zusammensetzt als etwa in
Europa. In den 15 ermittelten Ländern stehen Ausgaben für Lebensmittel ganz
oben auf der Liste. Dafür werden 46% des
Geldes verwendet, für Wohnen 14% und
für Transport 9%. Dabei zeigt sich, dass
gerade der Anteil für Essen und Trinken in
ärmeren Ländern weitaus höher ist als in
reichen Ländern wie beispielsweise
Deutschland. Auch wenn das BIP pro Kopf
in den afrikanischen Ländern allmählich
steigen dürfte, bleibt es relativ niedrig,
und die Aufwendungen für Lebensmittel
werden weiter einen großen Anteil am
privaten Haushaltsbudget ausmachen.
Von daher ist der finanzielle Spielraum
der Verbraucher – neben der reinen
potentiellen Marktgröße nach Anzahl der
Einwohner – ein entscheidendes Kriterium für die Chancen von Anbietern im
Einzelhandel.
In allen Subsahara-Ländern lebt derzeit
ein großer Teil der Menschen von Einkommen unter der von der Weltbank definierten Armutsgrenze von 1,90 USD am Tag.
Nur in Südafrika erreicht die Bevölkerung
im Schnitt über 10 USD am Tag. In den
meisten Ländern teilt sich die Bevölkerung nach Einkommen in nur zwei Klassen: Sie leben entweder unter der Armutsschwelle oder haben zwischen 2 und 10
USD täglich zur Verfügung. Entscheidend
für eine Branche wie den Einzelhandel
wird es sein, wie und vor allem auch wie
schnell sich diese Situation verbessert. In
einigen Ländern gibt es immerhin eine
leichte Besserungstendenz. Der Anteil der
Menschen mit weniger als 2 USD pro Tag
durchschnittlichem Einkommen ist unter
die 50%-Marke gefallen. Das gilt für Nigeria und Angola, besonders aber für Südafrika und Ghana. So könnte sich in einigen
Ländern der Einzelhandel weiter entwickeln – langsam zwar, konzentriert auf die
Stadtzentren und längst nicht für alle
Bevölkerungsschichten relevant. Die positive Tendenz indes ist erkennbar.
Um das künftige Ausgabenpotential der
Haushalte zu berechnen, hat Coface die
tatsächlichen Verbraucherausgaben
2014, eine Hochrechnung des jährlichen
➤
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Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
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Einzelhandel und ITK haben
Chancen in Nigeria, Angola, Ghana
und Südafrika
Der Einzelhandel, der trotz der aktuellen
wirtschaftlichen Probleme weiter zulegt,
hat insgesamt großes Wachstumspotential. Der zunehmende „Wohlstand“ könnte
Nachfrage und Angebot in Richtung
höherwertiger Produkte entwickeln. Auch
die Entwicklung der Infrastruktur spielt
für den Handel eine wichtige Rolle. Das
zeigt sich in Südafrika, das weltweit unter
den Ländern mit den meisten Shoppingcentern auf Platz 6 liegt. Auch in Nigeria,
Angola und Ghana ist das Verbraucherpotential erkennbar. So bieten sich Chancen
für Unternehmen, vor allem im Einzelhandel. Mit einer Konsumexplosion ist freilich
nicht zu rechnen, denn die Hauptausgaben werden vorerst auch weiterhin für
Lebensmittel getätigt. Die Diversifizierung der Verbrauchsausgaben und damit
auch der Absätze von Unternehmen wird
langsam vonstatten gehen.
Die Informations- und Kommunikationstechnologie hat großes Potential zur Ausweitung. Die Ausstattung der Haushalte
ist noch relativ gering, und die über
Mobilgeräte verfügbaren Services steigen
rasant. Neue Technologie ist zudem eine
wichtige Voraussetzung und Möglichkeit
zur Diversifizierung der Wirtschaft. Auch
für die ländliche Bevölkerung bietet die
mobile Kommunikationstechnologie
Zugang zu Services, die sie sonst nicht
hätten – immer unter dem Vorbehalt der
Verfügbarkeit und Finanzierbarkeit.
Fazit
Die Wachstumskurve der Länder südlich
der Sahara kann von wirtschaftlichen Krisen und politischen Themen gedrosselt
werden. Auch die weiter existierenden
Schwächen, vor allem die mangelhafte
Infrastruktur, Governance-Mängel, politische Instabilität und soziale Ungleichgewichte, dürfen nicht ignoriert werden. Der
1. Deutscher Exporttag 2016:
Themenplattform für die Exportpraxis
www.deutscher-exporttag.de
„Mittelfristig bieten die afrikanischen
Länder gutes Chancenpotential
für Unternehmen – vor allem für
­solche, die bestimmte Risiken
­einzugehen bereit sind.“
Gegenwind von der globalen Wirtschaft –
aber auch von hausgemachten Problemen – wird kurzfristig sicherlich anhalten,
auch wenn sich die Rohstoffpreise seit
Jahresbeginn einigermaßen stabilisiert
haben. Mittelfristig bieten die afrikanischen Länder allerdings gutes Chancenpotential für Unternehmen – vor allem für
solche, die bestimmte Risiken einzugehen
bereit sind.
➤
durchschnittlichen Wirtschaftswachstums für die Jahre von 2015 bis 2025
sowie die für 2015 prognostizierte Wirtschaftsleistung pro Kopf herangezogen.
Eine Veranstaltung von
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Initiator
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Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Gedämpfter Wirtschaftsausblick für Afrika
2016 sinkt das durchschnittliche Wirtschaftswachstum Afrikas voraussichtlich
von 3,4% im Vorjahr auf 3,0%. Die Konjunkturschwäche geht insbesondere auf
die niedrigen Rohstoffpreise und die
strengeren Finanzierungskonditionen
zurück. Vor allem bei den afrikanischen
Rohstoffexporteuren belasten die gesunkenen Weltmarktpreise die Staatseinnahmen und die Exporterlöse. In der Folge
haben sich die Staatshaushalte, die Leistungsbilanzen und die Devisenreserven
vieler Länder verschlechtert.
Finanzielle Belastungen gestiegen
Weg vom Öl: Mehr Industrie könnte helfen.
© AlexLMX/iStock/Thinkstock/Getty Images
Im Zuge der höheren Risikobewertung
haben die Landeswährungen einiger Länder stark an Wert verloren. Dadurch steigen die Kosten für den Schuldendienst für
die in den Jahren hoher Investitionsbereitschaft gewachsenen Verbindlichkeiten. Im vergangenen Jahr nahmen die
afrikanischen Länder (ohne Südafrika)
noch über 6,75 Mrd USD auf, nach einem
Rekordwert von 7,0 Mrd USD im Jahr
2014. Auch wenn die Ausleihungen 2015
noch recht hoch waren, sind die Risikoauf-
schläge gestiegen. Im Oktober 2015 legte
Ghana eine Anleihe, die zum Teil von der
Weltbank garantiert wird, mit einer Rendite von 10,75% auf. Auch Angola, Kamerun und Sambia bezahlen mehr als 9%. Im
Vergleich dazu lag die Anleihenrendite
Sambias in der Vergangenheit beispielsweise im Jahr 2012 bei 5,375%.
Ölexportierende Länder wie Nigeria und
Angola haben Kapitalverkehrsbeschrän-
kungen eingeführt, um die Abwertung
ihrer Landeswährungen zu verhindern.
Auch wenn diese Beschränkungen den
Rückgang der Devisenreserven verlangsamen, führen sie doch auch zu einer
Behinderung der Wirtschaftstätigkeit. Die
Aussicht auf eine längere Periode niedriger Ölpreise erhöht in diesen Ländern den
Druck, die Haushalte zu konsolidieren
und die Diversifikation der Wirtschaft voranzutreiben. Dies ist allerdings ein langfristiger Prozess, und die geringeren
Öleinnahmen verzögern dringende Investitionen in Infrastruktur und Energieversorgung. Doch es gibt nicht nur schlechte
Nachrichten aus dem südlichen Afrika:
Investitionen in die Infrastruktur und
zunehmender Konsum stimulieren das
Wirtschaftswachstum in Ländern wie der
Elfenbeinküste und Kenia.
Nigeria durchläuft harte Anpassung
Die nigerianische Wirtschaft wurde vom
Rückgang der Ölpreise hart getroffen, er
erhöhte die Anfälligkeit und die Risiken.
Sowohl der Staatshaushalt als auch die
Leistungsbilanz sind stark abhängig von
Andreas Tesch
Chief Market Officer,
Atradius Kreditversicherung
[email protected]
den Einnahmen aus dem Ölexport, daher
weisen beide derzeit hohe Fehlbeträge
aus. Das Haushaltsdefizit dürfte 2016 auf
4,7% des BIP steigen, das Leistungsbilanzdefizit wird auf 2,8% des BIP geschätzt.
Die Unsicherheit über die weiteren wirtschaftspolitischen Maßnahmen und die
abnehmende Zuversicht in die Wirtschaftsentwicklung haben zu einem
Abfluss ausländischen Kapitals geführt.
Zusammen mit dem Leistungsbilanzdefizit führte dies zu einem Rückgang der
Devisenreserven. Die Zentralbank führte
daraufhin sogenannte unorthodoxe
Beschränkungen des Kapitalverkehrs ein,
um die Devisenreserven zu schützen und
die Anbindung der Landeswährung Naira
an den US-Dollar aufrechtzuerhalten. Dieser Anbindung fehlt jedoch die Nachhaltigkeit, was die Wechselkursrisiken stark
erhöht. Das nigerianische Wirtschaftswachstum wird 2016 auf 2,3% sinken,
nach 2,7% im Vorjahr. Es fehlt an ausländischen Devisen, und das geringere Wirtschaftswachstums schwächt die Bilanzen
der Unternehmen und verschlechtert die
Lage des Bankensektors.
➤
Die Weltwirtschaft durchläuft eine Phase schwachen Wachstums, und die Rohstoffexporteure Afrikas leiden weiterhin unter
­niedrigen Preisen. Nun drohen nach Einschätzung der Volkswirte von Atradius zusätzliche Risiken aus China und der Euro-Zone
sowie von einer Verschärfung der US-Geldpolitik und der internationalen Kreditvergabe. Doch es gibt nicht nur schlechte
­Nachrichten aus dem südlichen Afrika.
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Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Sambia – Chancen für Unternehmen mit Weitblick
Johannes Kurt
Leiter der Zweigstelle Sambia
der AHK für das südliche
Afrika
Mit seinen großen Kupfervorkommen und guten klimatischen Bedingungen ist Sambia eine der größten und am stärksten
­wachsenden Wirtschaften im südlichen Afrika. Auch wenn einiges davon abhängt, wie die Regierung die Herausforderungen nach
der Wahl im August 2016 angeht, lohnt es sich, das Land jetzt schon in den Blick zu nehmen. Wir sprachen mit Johannes Kurt
von der neu gegründeten Zweigstelle Sambia der AHK für das südliche Afrika.
Der Fokus auf diese Länder liegt nahe:
Es sind große Märkte mit einer diversifizierten Wirtschaft sowie einer ausgebauten Infrastruktur und guten Zugangsmöglichkeiten. Sie eignen sich sehr gut
als regionale Hubs. Wer beispielsweise in
Südafrika ein Unternehmen aufbaut,
kann mit dieser Unternehmensform
im ganzen südlichen Afrika
aktiv werden oder eine Niederlassung in einem weiteren
Land eröffnen.
22 Die AHK für das südliche
Afrika hat in Kooperation
mit dem ExperTS-Programm
eine Zweigstelle in Lusaka,
Sambia, eröffnet. Was macht
Sambia so attraktiv?
Kupferhaltiges Gestein bildet den
Grundstock für Sambias Wirtschaft.
Die Entscheidung für Sambia fiel aufgrund der guten Wirtschaftsentwicklung
und der insgesamt positiven Entwicklung
des Landes. Die Wirtschaft Sambias profitiert vor allem von den großen Kupfervorkommen und ist vom Bergbau getrieben.
Das prognostizierte Wachstum liegt bei
5%. Dadurch und durch eine zunehmende Diversifizierung zeichnen sich
zahlreiche Chancen in anderen Branchen
ab. Es gibt eine größer werdende und
Unternehmen, die Land pachten oder sich
mit einer lokalen Firma zusammentun
wollen. Gleichzeitig werden damit auch
landwirtschaftliche Maschinen, Verpackungstechnologien und Geschäftsmodelle der Nahrungsmittelverarbeitung
interessant. Wir sprechen hier von der Produktion von einfachsten Produkten, die
bisher noch importiert werden müssen,
wie beispielsweise Tomatensoße oder
Saft.
konsumfreudige Mittelschicht, und auch
wirtschaftlich gesehen passiert gerade
viel. Wir möchten das große Interesse, das
deutsche und internationale Unternehmen diesem Land entgegenbringen,
gerne bündeln und heben.
22 In welchen Branchen können deutsche
Unternehmen besonders gut punkten?
Die Landwirtschaft ist aufgrund der
guten geographischen Bedingungen und
des Klimas ein spannender Sektor.
Die Regierung hat im ganzen
Land kommerzielle Farmblocks geschaffen –
hier gibt es auch
Chancen für
deutsche
© Edward Westmacott/iStock/Thinkstock/Getty Images
22 Unternehmen, die sich für den afrikanischen Markt interessieren, denken oftmals zuerst an Südafrika oder Kenia.
Warum?
lusaka@
germanchamber.co.za
Ein zweiter großer Bereich sind Leistungen und Technologien zur Verbesserung
der Infrastruktur. Dies gilt für den Energiesektor und hier vor allem für die erneuerbaren Energien ebenso wie für den
Bereich der Wasserver- und -entsorgung
oder auch den Bausektor. Im Bereich Energie hängt derzeit noch viel an der Wasserkraft, langfristig soll mehr Solarenergie
gewonnen werden, und Modelle für netzferne Regionen oder auch die Selbstversorgung in Städten sind gefragt.
22 Welche deutschen Unternehmen sind
schon vor Ort? Gibt es bereits ein Netzwerk?
➤
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Es sind rund 35 deutsche Unternehmen in Sambia aktiv. Dazu gehören Amatheon Agri, BASF oder das Frankfurter
Ingenieurbüro Gauff Consultants. Viele
davon tauschen sich seit einigen Jahren
im German Business Circle aus – die AHK
für das südliche Afrika ist hier Gründungsmitglied und seit der Büroeröffnung in
Sambia natürlich aktiv dabei. In Zukunft
werden wir zudem eine Vielzahl von Veranstaltungen zu einzelnen Branchen
sowie Delegationsreisen für deutsche und
sambische Unternehmen anbieten.
Mit Englisch als Amtssprache fällt das
wahrscheinlich leichter als in anderen
Ländern. Aber man muss sich darauf einstellen, dass ein Vertragsabschluss eine
lange Vorbereitungszeit braucht. Das persönliche Netzwerk ist dabei am Ende
wichtiger als ein technologisches Alleinstellungsmerkmal. Von daher ist es hilfreich, wenn man entweder schon Erfahrungen in anderen afrikanischen Ländern
gemacht hat oder sich mit anderen Unternehmern dazu austauscht.
Auch in der staatlichen bilateralen Zusammenarbeit klappt es sehr gut. Ein Investitionsschutz- und ein Doppelbesteuerungsabkommen vereinfachen und sichern die
Geschäfte zwischen Sambia und Deutschland. Zur Eröffnung unserer Zweigstelle
betonte der Vizeminister des sambischen
Industrie- und Handelsministeriums, dass
„deutsche Unternehmen eine bedeutende Rolle für Sambias wirtschaftliche
Entwicklung spielen könnten“.
„Man sollte vor Ort sein und die
lokalen Bedürfnisse verstehen –
also nicht einfach ein Angebot aus
Kenia kopieren, sondern hier aktiv
werden und Kontakte knüpfen.“
22 Worauf sollten sich Unternehmer einstellen, die in Sambia geschäftlich aktiv
werden möchten?
Wie in vielen anderen afrikanischen
Ländern auch braucht man Geduld.
Zunächst gilt es, präsent zu sein, ein Netzwerk und das nötige Vertrauen aufzubauen. Wer hier Geschäfte machen
möchte, muss vor Ort ein persönliches
Kontaktnetzwerk zu Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft aufbauen.
22 Wie schätzen Sie die wirtschaftspolitische Lage in Sambia ein? Gibt es besondere Risiken, die Unternehmen kennen
sollten?
Derzeit befinden wir uns in einer spannenden Phase. Die chinesische Nachfrage
nach Kupfer ist gesunken, und das wirkt
sich auf die gesamte Wirtschaft aus. Die
großen Bergbaukonzerne haben jedoch
ein langfristiges Engagement in Sambia
bestätigt und damit viel Vertrauen in die
positive Entwicklung Sambias signalisiert.
Dazu kommt die im August stattfindende
Wahl, die wahrscheinlich knapp ausgehen
wird. Wir hoffen sehr, dass die politische
Lage stabil bleibt und die neue Regierung
den bestehenden wirtschaftlichen Herausforderungen mit den angekündigten
Programmen begegnet.
Abgesehen von den Risiken bzgl. der politischen Entwicklung, die wir abwarten
müssen, überwiegen eindeutig die Chancen. Es gibt ein großes internationales
Engagement in und Interesse an Sambia.
Neben der KfW sind auch die Weltbank
und die African Development Bank
ebenso wie die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit unterschiedlichen Projekten und Programmen aktiv. Ein wichtiger Teil unserer Arbeit besteht darin, Synergien zwischen solchen Programmen
und dem unternehmerischen Engagement deutscher Firmen zu schaffen.
22 Was würden Sie einem Unternehmen
empfehlen, das Geschäfte in Sambia aufbauen möchte?
Wie bereits gesagt, sollte man vor Ort
sein und die lokalen Bedürfnisse verstehen – also nicht einfach ein Angebot aus
Kenia kopieren, sondern hier aktiv werden und Kontakte knüpfen. Wenn Sie eine
Idee für ein Projekt haben und eine Förderung anstreben, empfehle ich, die berufliche Bildung gleich mitzubedenken. Sie ist
ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem
deutsche Unternehmen verlässlich punkten können. Und sie sorgt für die nötige
Nachhaltigkeit. Weitere wichtige Punkte
sind das Mitberücksichtigen möglicher
Finanzierungsmodelle für die Kunden hier
vor Ort und das Einbringen eigener
Johannes Kurt ist über das Programm
ExperTS in Sambia im Einsatz. Das vom
Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
finanzierte Programm fördert nachhaltiges
Wirtschaften weltweit: In rund 30 Ländern
beraten sogenannte integrierte Fachkräfte
lokale und deutsche Unternehmen zu entwicklungspolitischen Themen. Das Programm wird von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit
(GIZ) GmbH sowie den Auslandshandelskammern, den Delegationen der Deutschen Wirtschaft und bilateralen Wirtschaftsvereinigungen gemeinsam umgesetzt.
Finanzmittel. Und wer bereits eine AfrikaStrategie oder Instrumente in ähnlichen
Ländern entwickelt hat, verringert das
eigene Risiko.
Wenn Unternehmen Marktinformationen
oder erste Kontakte vor Ort benötigen,
können sie uns gerne kontaktieren. Wir
unterstützen sie bei ihren ersten Schritten
in Sambia und beraten sie zu Markteinstiegsstrategien, Förderprogrammen und
aktuellen Ausschreibungen. Auch und vor
allem wenn Unternehmen eine Idee, aber
noch Zweifel haben, stehen wir ihnen zur
Seite und stellen gegebenenfalls Kontakte
zu den lokalen Branchen, Verbänden oder
den politischen Institutionen her. Für den
ersten Überblick sollten Interessierte
einen Blick in den kürzlich erschienenen
Marktführer Sambia werfen.
➤
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9 | ExportManager
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
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9. IHK-Außenwirtschaftstag NRW
ORIENTIEREN
•
INFORMIEREN
•
HANDELN
UNTERNEHMEN
IN BEWEGTEN ZEITEN
29. SEPTEMBER 2016
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Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Südafrikas quälender Stillstand
Das am weitesten entwickelte und industrialisierte Land Afrikas verharrt in einer wirtschaftlichen Sackgasse. Seit der Weltwirt­
schaftskrise 2009 ist es der Regenbogennation nicht gelungen, das wirtschaftliche Wachstum neu zu gestalten. Schwerwiegende
strukturelle innere Spannungen und ein trübes globales Umfeld bremsen. Die Regierungspartei African National Congress (ANC)
und ihr skandalträchtiger Präsident Zuma verschärften die wirtschaftliche Misere durch inkohärente Politik und Misswirtschaft.
Außerdem werden die Beziehungen zum Westen durch eine
verschärfte antiwestliche Rhetorik
und entsprechende politische Initiativen, wie beispielsweise die einseitige
Widerrufung bilateraler Investitionsabkommen mit europäischen Ländern, verkompliziert. Folglich wird erwartet, dass
der ANC weiterhin den Beziehungen zu
den BRICS-Staaten Priorität einräumen
wird – trotz ihrer geschwächten Ökonomien und großen Handelsungleichgewichte (vor allem Chinas).
seit der Rezession von 2009 und
lässt das Pro-Kopf-Einkommen
sinken.
etty Im
ages
Eine Reihe politischer Kämpfe und Skandale hat Investoren verschreckt, das
Geschäftsklima belastet und
Fragen bezüglich der Verpflichtungen zur fiska­
lischen Besonnenheit
­aufgeworfen. Die Spannungen eskalierten im
Dezember 2015, als Präsident Zuma innerhalb von
vier Tagen zwei Finanzminister entließ, was Schockwellen auf den Kapitalmärkten auslöste.
© Vit
ach
alii Tk
hinks
tock/T
uk/iS
tock/G
Aufgrund sich verschlechternder Terms of Trade und
der Besorgnis ausländischer Anleger, die den
Ausverkauf weiter anheizten, hat der Südafrikanische Rand gegenüber dem US-Dollar
2015 ein Drittel seines
Wertes eingebüßt. Dennoch wird die starke Abwertung
des Rand keinen sonderlich großen Vorteil mit sich bringen, da auch die Wäh­
rungen der meisten anderen Schwellen­
länder nachgaben.
Niedrige Sparquoten und geringere
Konsumausgaben der privaten Haushalte
begrenzen die Wachstumsaussichten.
Konjunkturausblick bleibt getrübt
Nach dem Auslaufen der Wachstumserfolge in den Jahren 2014 und 2015, als
das BIP um 1,5% bzw. um 1,3% zulegte,
wird für 2016 nur noch eine Wachstumsrate von 0,6% vorhergesagt. Die Konjunktur erreicht damit den niedrigsten Stand
Die Inflationsrate dürfte zum Jahresende
6,9% erreichen, womit die Zielspanne der
südafrikanischen Zentralbank (SARB) von
3%–6% übertroffen würde. Die trockenheitsbedingten Erhöhungen der Lebensmittelpreise und Energieengpässe verschärfen die Teuerung. Trotz der wachstumshemmenden Wirkung erhöhte die
Christoph Witte
Direktor Deutschland,
Credimundi, Member of the
Credendo Group
[email protected]
SARB im März 2016 die Zinssätze (der
Reposatz stieg um 25 Basispunkte auf 7%)
zum vierten Mal seit Ende 2014, um so die
Inflationserwartungen zu stabilisieren.
Niedrige Sparquoten und eine Verringerung der Konsumausgaben der privaten
Haushalte (früher der Hauptwachstumsfaktor) tragen zu dem anhaltend schlechten Abschneiden bei. Als Ergebnis der
schleppenden Wirtschaftstätigkeit und
fehlender sozioökonomischer Reformen
stieg die Arbeitslosenquote auf historische Höchstwerte von 26,7%.
Energieengpässe und von Gewerkschaftsabspaltungen inszenierte wiederkehrende Streiks mit gewaltsamen Ausschreitungen schwächten das Vertrauen der
Anleger zusätzlich und schadeten der verarbeitenden Industrie und dem Bergbau
in Südafrika. Im Außenhandel schädigten
die rückläufige Nachfrage nach mineralischen Rohstoffen aus China ebenso wie
der Absturz der internationalen Rohstoffpreise Mitte 2014 ebenfalls den südafrikanischen Bergbausektor. Tatsächlich ging
die Auftragsproduktion im Bergbau um
beträchtliche 18% (März 2016 gegenüber
➤
11 | ExportManager | Verkaufen
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
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Leistungsbilanz bleibt negativ
Trotz der gut diversifizierten Exportbasis
weist Südafrika ein strukturelles Leistungsbilanzdefizit auf, das über die kommenden Jahre auf 4%–5% des BIP
geschätzt wird. Dieses Defizit ließ sich in
der Vergangenheit leicht finanzieren, da
der liquideste Markt Afrikas große Wertpapieranlageströme (Johannesburger
Börse und inländischer Rentenmarkt) und
beträchtliche Direktinvestitionen anzog.
Allerdings wurden die Kapitalströme im
Anschluss an die Reduzierung der quantitativen Lockerung der US-amerikanischen
Notenbank und einer schwindenden Risikobereitschaft der Anleger volatiler, was
eine Finanzierungslücke in der externen
Zahlungsbilanz 2015 verursachte. Glücklicherweise verfügt Südafrika über angemessene Devisenreserven (4,5 Monate
Einfuhrdeckung), und die Tiefe und die
Differenzierung der inländischen Finanzmärkte sind groß genug, um auch einen
hohen Finanzbedarf zu absorbieren.
Ausgabenspielraum bleibt begrenzt
Wegen des Haushaltsdefizits von etwa 4%
des BIP in den vergangenen vier Jahren ist
der finanzpolitische Spielraum, der für
wachstumsfördernde öffentliche Investitionen zur Verfügung steht, begrenzt. Die
hohe Arbeitslosigkeit belastet die Regierung mit wachsenden Sozialhilfekosten,
die mehr als 35% der öffentlichen Ausgaben ausmachen. Darüber hinaus weisen
mehrere staatseigene Betriebe, wie der
Autobahnbetreiber SANRAL und das
staatliche Stromversorgungsunternehmen Eskom, schwache Bilanzen und sehr
schwierige Finanzbedingungen auf, die
ein erhebliches Risiko für die Haushaltskonsolidierung bergen.
Infolge dieser Entwicklung stieg die
Staatsverschuldung von 40,9% des BIP
2012 auf 50,1% 2015. Ein umfangreiches
Paket an Strukturreformen könnte bewirken, dass der primäre Finanzierungssaldo
(ohne Zinszahlungen) ab 2017 wieder
„Nach Jahren der Stagnation haben
sich die Finanzkennzahlen Südafrikas strukturell verschlechtert.
Dennoch bleibt die Liquidität des
Landes relativ hoch.“
einen Überschuss aufweist und die Staatsverschuldung auf einen tragfähigeren
Pfad einschwenkt. Auf jeden Fall sind rund
70% der Staatsverschuldung im Inland
entstanden, und knapp 90% der Gesamtschulden lauten auf den Südafrikanischen
Rand, was die Wechselkursrisiken erheblich entschärft.
Es gibt keine unmittelbaren Aussichten
darauf, dass die große Wachstumsdynamik in nächster Zukunft zurückkehrt, da
die anhaltende Schwäche des Rand wahrscheinlich weiterhin Druck auf die hohen
Zinssätze ausüben wird. Mittelfristig werden solide politische Maßnahmen und
Reformen unverzichtbar sein, um das
Wachstum wieder anzukurbeln und
Arbeitsplätze zu schaffen.
Tatsächlich wird 2016 eine verbesserte
Glaubwürdigkeit der Haushaltspolitik
durch die Umsetzung einer sinnvollen
Steuerkonsolidierung (in erster Linie eine
Kombination aus Kostenreduzierung und
Neufestsetzung der Prioritäten bei den
Ausgaben) notwendig sein, um die bevorstehende Herabstufung auf Junk-Status
durch die drei wichtigsten Ratingagenturen zu umgehen. Daher gilt es, populistische Wahlgeschenke vor den heftig
umstrittenen Kommunalwahlen im
August 2016 trotz der steigenden Wut im
Volk über die Eliten zu vermeiden.
Nach Jahren der Stagnation haben sich
die Finanzkennzahlen Südafrikas strukturell verschlechtert. Dennoch bleibt die
Liquidität des Landes relativ hoch. Aus
diesem Grund erfolgt die Einstufung des
kurzfristigen politischen Risikos Südafrikas durch die Credendo Group in Kategorie 3/7.
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März 2015) zurück, wobei Eisenerz und
Platin den größten Schlag erhielten. Darüber hinaus traf es auch die Agrarproduktion hart, denn die durch El Niño bedingten Dürren zogen sich im vergangenen
Jahr durch ganz Südafrika.
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12 | ExportManager | Finanzieren
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Äthiopien – ein Land auf Wachstumskurs
Sia H. Mehr
Financial Institutions –
­Emerging Markets,
Senior Regional Manager,
BHF-BANK
Modernisierungs- und Liberalisierungsprogramme haben in Äthiopien bereits zu relativ stabilem Wachstum geführt. Nun könnten
der geplante WTO-Beitritt und die enge Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds der Wirtschaft weitere positive
Impulse geben und das Land am Horn von Afrika für ausländische Investoren noch interessanter machen. Insbesondere in den
­Bereichen Energie, Bildung und Infrastruktur stehen große Investitionen an.
Trotz der relativen politischen Stabilität
des Landes kommt es gelegentlich zu
sozialen Spannungen unter den verschiedenen ethnischen Bevölkerungsgruppen,
die jedoch bislang durch Gespräche
gelöst worden sind. Mit dem Nachbarland
Eritrea gibt es sporadisch Grenzstreitigkeiten, und in Somalia unterstützen äthiopische Soldaten die „African Union Mission“, die dem dortigen Bürgerkrieg Einhalt gebieten soll.
© raimond/iStock/Thinkstock/Getty Images
Seit dem Ende des kommunistischen
Regimes 1991 hat sich Äthiopiens Wirtschaft von einer Planwirtschaft zu einer
relativ offenen Wirtschaft gewandelt. In
den vergangenen Jahren hat das Land in
wirtschaftlicher Hinsicht einen enormen
Sprung gemacht und kann konstante
Wachstumsraten von rund 7% p.a. vorweisen. Die Regierung investiert zunehmend in die Infrastruktur, und ausländische Unternehmen fassen Fuß in Äthiopien. Privatunternehmen sind in fast allen
Bereichen zugelassen, jedoch verschaffen
sich staatliche Unternehmen weiterhin
großen Einfluss auf die Wirtschaft des
Landes.
[email protected]
Der Ausbau der Stromversorgung steht im Mittelpunkt der staatlichen Investitionen.
Wachstums- und Transformations­
plan bringt neue Impulse
Derzeit hat Äthiopien rund 92 Millionen
Einwohner. 2050 könnte das Land zu den
zehn bevölkerungsreichsten Staaten der
Welt gehören. Noch immer leben rund
30% der äthiopischen Bevölkerung unter
der Armutsgrenze. Vor allem Menschen
auf dem Land verfügen über nur geringe
Einkommen. Eine Privatwirtschaft existiert in Äthiopien nur begrenzt.
Um die Armut im Land zu bekämpfen und
das Wirtschaftswachstum weiter zu fördern, hatte die äthiopische Regierung
2010 einen zunächst auf fünf Jahre angelegten Wachstums- und Transformationsplan entwickelt. In einer zweiten Phase,
die bis 2020 andauern wird, sollen nun
weiterhin mittels Regierungsinvestitionen der Wirtschaft neue Impulse gegeben
werden. Insbesondere in den Bereichen
Energie, Bildung und Infrastruktur stehen
große Investitionen an. So sollen der Bau
von Wasserkraftwerken und die damit
verbundene Erweiterung der Kapazitäten
zur Stromerzeugung und des Stromexports in die Nachbarländer für nachhaltiges Wirtschaftswachstum sorgen.
Auch in der Landwirtschaft, in der verarbeitenden Industrie, im Handel und im
Tourismus setzt Äthiopien auf Wachstum
und hat Investoren aus China, Indien und
Saudi-Arabien gewonnen. Die Landwirtschaft befindet sich in einer Phase der
Kommerzialisierung und Industrialisierung. Die Hauptstadt Addis Abeba entwickelt sich zunehmend zu einem modernen Zentrum für Handel, Tourismus und
zu einem wichtigen Tagungsort. Der Flughafen ist Knotenpunkt für regionale und
internationale Flüge.
➤
13 | ExportManager | Finanzieren
Äthiopien beginnt mit
­internationaler Ausrichtung
Der Internationale Währungsfonds arbeitet eng mit der äthiopischen Regierung
zusammen, um das Land bis 2017/2018
für einen Beitritt zur World Trade Orga­
nization vorzubereiten. So soll die äthiopische Regierung die freie Marktwirtschaft einführen, staatliche Betriebe
­privatisieren und den Handel weiter liberalisieren. Internationale Investoren
erhalten Lizenzen zum Einstieg in den
äthiopischen Markt. Insbesondere chinesische Firmen errichten zunehmend Produktionsstandorte in Äthiopien – aufgrund von Steuererleichterungen vor
allem in eigens dafür vorgesehenen
„Industrial Zones“. Darüber hinaus soll
sich der äthiopische Bankensektor für
internationale Banken öffnen.
Äthiopiens Bemühungen fanden bereits
Anerkennung. So haben alle drei großen
Ratingagenturen das Land im Mai 2014
erstmals mit B– bzw. B1, Ausblick stabil,
bewertet. Positiv hervorgehoben wurden
das starke Wirtschaftswachstum, die
moderate Finanzstärke und die relativ
geringe Schuldenlast. Negativ gesehen
wird das nach wie vor geringe BIP pro
Kopf. Mit der Ausgabe von eigenen
Staatsanleihen in Höhe von 1 Mrd USD
bei zehn Jahren Laufzeit war Äthiopien
2014 zum ersten Mal an den internationalen Finanzmärkten präsent. Die Ratings
verschaffen der äthiopischen Regierung
nun auch die Voraussetzung, einen Eurobond zu emittieren. Auch die Einordnung
Äthiopiens im „Doing Business Index“ der
Weltbank auf Platz 148, im Vergleich zu
Platz 189 im Vorjahr, honoriert die Maßnahmen des Landes zur wirtschaftlichen
Entwicklung.
Geschäftschancen für deutsche
Unternehmen
In der von den klimatischen Verhältnissen
und den volatilen Weltmarktpreisen
für Lebensmittel abhängigen Landwirtschaft sind 85% der äthiopischen Bevölkerung beschäftigt. Die wichtigsten Produkte sind Kaffee, Schnittblumen und
Zuckerrohr. Neben dem Agrarsektor werden in Äthiopien Bergbau, Tourismus und
der Energiesektor gefördert und ausgebaut.
Dabei hat der Bau von Wasserkraftwerken
Priorität, um zum einen den zunehmenden Energiebedarf des Landes zu decken
und zum anderen Strom in die Nachbarländer exportieren zu können. Äthiopien
führt bereits Strom nach Dschibuti, in den
Jemen und in den Sudan aus und plant,
zeitnah zum wichtigsten Stromexporteur
in der Region aufzusteigen.
Weitere Exportgüter Äthiopiens sind Textilien, Ölsamen, Hülsenfrüchte, Lederprodukte und Gold. Die wichtigsten Exportdestinationen sind China, Saudi-Arabien
und die USA. Deutschland liegt bei den
Abnehmern äthiopischer Produkte auf
Platz 5.
Im Gegenzug ist Äthiopien stark auf
Importe technologischer Produkte wie
Maschinen, Chemikalien und Kraftfahrzeuge angewiesen. Hier zählen China,
Saudi-Arabien und Indien zu den größten
Lieferanten. Aber auch zu Deutschland
bestehen traditionell gute Beziehungen,
nicht zuletzt aufgrund der Zusammenarbeit der Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen im humanitären
Bereich.
„Äthiopien entwickelt sich mehr
und mehr zu einem lohnenswerten
Ziel für ausländische Investoren. “
Insbesondere für den deutschen Mittelstand bestehen somit gute Chancen, von
der Wirtschaftsentwicklung Äthiopiens zu
profitieren, vor allem in den Bereichen
Landwirtschaft, Transport, verarbeitendes
Gewerbe und Infrastruktur. Zudem birgt
das Land mit 92 Millionen Einwohnern
und einer stärker werdenden Mittel-
schicht vielfältige Geschäftsmöglichkeiten im Konsumsektor. Interessierte deutsche Unternehmer sollten das Land im
Auge behalten und Chancen gezielt nutzen. Wichtig ist es, einen kompetenten
Bankpartner zu haben, der wertvolle Kontakte zu lokalen Unternehmen oder auch
den staatlichen Banken knüpfen kann.
Die BHF-BANK verfügt in diesem Bereich
über langjährige positive Geschäftserfahrung.
Fazit
Mit relativer politischer Stabilität ist Äthiopien seit einigen Jahren auf Wachstumskurs. Die stabilen Wachstumsraten von
7% sind auf den Exportsektor und auf die
Verbesserung der Infrastruktur und der
Bildung zurückzuführen. Steigende Auslandsinvestitionen und geplante staatliche Investitionen im Landwirtschafts- und
Energiesektor werden die wirtschaftliche
Entwicklung des Landes weiterhin positiv
beeinflussen und zum makroökonomischen Gleichgewicht beitragen.
Äthiopien entwickelt sich mehr und mehr
zu einem lohnenswerten Ziel für ausländische Investoren. Nicht zuletzt machen der
geplante WTO-Beitritt und die enge
Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds das afrikanische Land
zu einem interessanten Ziel für deutsche
Unternehmer.
➤
Übergeordnetes Ziel des Wachstums- und
Transformationsplans ist es, Äthiopien bis
2025 zu einem „middle-income country“
zu machen. Unterstützung erhält Äthiopien von mehreren Geberländern und
internationalen Organisationen wie dem
Internationalen Währungsfonds und der
Weltbank, die dem Land seit mehreren
Jahren Finanzhilfe, vor allem zum Aufbau
der Infrastruktur, gewähren.
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
14 | ExportManager | Finanzieren
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Finanzierungen mit afrikanischen Banken
Die deutsch-afrikanischen Handelsbeziehungen sind – zurückhaltend formuliert – ausbaufähig. Die deutschen Lieferungen nah­
men in den ersten vier Monaten 2016 zwar um 3,2% zu. Doch mit einem Anteil von 2,1% an den deutschen Exporten ist Afrika noch
kein bedeutender Absatzmarkt für deutsche Produkte. Dabei fehlt es nicht am Bedarf, sondern an Liquidität bei den Unternehmen
und an Eigenkapital bei den lokalen Banken. Gemeinsame Finanzierungen mit internationalen Instituten schaffen Abhilfe.
© mtcurado/iStock/Thinkstock/Getty Images
Afrika ist der zweitgrößte Erdteil, hier
leben 16% der Weltbevölkerung – doch
am deutschen Außenhandel hat der Kontinent nur einen Anteil von 2%. Dabei ist
die Attraktivität insbesondere SubsaharaAfrikas seit der Jahrtausendwende deutlich gestiegen: Das durchschnittliche
Wirtschaftswachstum lag bei 6% pro Jahr,
mehrere Länder gehörten sogar zu den
weltweit am schnellsten wachsenden
Volkswirtschaften.
Vorsicht, Falle! Nairobis New Central Bank Tower beherbergt keine Bank, sondern die Steuerbehörde Kenias.
Fallende Rohstoffpreise und die Schwäche Chinas haben diese Wachstumsperiode in den vergangenen Jahren unterbrochen und führten vor allem in stark von
Erdölexporten abhängigen Ländern wie
Angola und Nigeria zu großen Problemen.
Andere Länder wie Côte d’Ivoire, Kenia
und Kamerun sind davon weniger betroffen bzw. befinden sich auf dem Weg der
erneuten Stabilisierung und sind nach
wie vor interessante Märkte für die deutsche Wirtschaft. Aber auch in Ländern wie
Nigeria und Angola besteht generell ein
Nachholbedarf insbesondere im Infrastrukturbereich. Viele Länder, deren Wirtschaft auf den Erdölsektor fokussiert war,
Christian Toben
Regional Head Financial
­Institutions Africa,
Commerzbank AG
christian.toben@
commerzbank.com
erkennen mit den aktuell schwachen Erdölpreisen die Notwendigkeit, Importe
mittels lokaler Produktion zu substituieren.
Die Gründe für die zögerliche Entwicklung der bilateralen Handelsbeziehungen
mit Subsahara-Afrika sind vielfältig. Eine
große Rolle spielt natürlich die geringe
Kaufkraft weiter Bevölkerungsschichten,
die den Absatz von Qualitätsprodukten
„Produkte für den afrikanischen
Markt müssen nicht unbedingt mit
dem neuesten Hightech-Feature
ausgestattet sein.“
und Markenartikeln „made in Germany“
erschwert – sie werden zwar hoch
geschätzt, doch nur wenige können sie
sich leisten. Hier wäre ein Umdenken
deutscher Exporteure in Richtung „just
enough“ hilfreich: Produkte für den afrikanischen Markt müssen nicht unbedingt
mit dem neuesten Hightech-Feature ausgestattet sein. Die Reduktion auf Grund-
➤
15 | ExportManager | Finanzieren
funktionen und der Verzicht auf Modellvarianten senken die Kosten und machen
die Produkte für einen größeren Kreis von
Käufern erschwinglich – wie es Chinesen
und Inder bereits mit großem Erfolg in
Afrika praktizieren.
Wenig entwickeltes Finanzsystem
Gebremst werden die deutsch-afrikanischen Wirtschaftsbeziehungen aber auch
durch die Unsicherheit mancher Unternehmen im Blick auf die Verlässlichkeit
und technische Leistungsfähigkeit des
Finanzsystems in Afrika – gerade angesichts aktuell steigender Verschuldungen
und der Abwertung vieler Währungen.
Was ist das Akkreditiv einer afrikanischen
Bank wert, deren Namen der Exporteur
noch nie gehört hat? Wird sie ihre Zahlungsversprechen im Fall des Falles ein­
lösen?
In der Tat ist das afrikanische Finanzsystem im weltweiten Vergleich am wenigsten entwickelt. Nur 23 Prozent aller Afrikaner besitzen ein Bankkonto, und viele
afrikanische Unternehmen klagen, dass
sie von ihren Banken nicht die Unter­
stützung bekämen, die sie benötigten.
Gerade die Anforderungen bei der
Abwicklung und Finanzierung des weltweiten Handels überfordern derzeit viele
afrikanische Institute. Sie verfügen über
zu wenig Eigenkapital, so dass sie bei der
Übernahme von lokalen Kunden- und
Projektrisiken schnell an Grenzen stoßen.
Große Volumina lassen sich selbst bei
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
beherrschbarem Risiko allein lokal nicht
finanzieren.
Kooperation mit internationalen
Geschäftsbanken
Gleichwohl ist das kein Grund, die
Geschäftschancen in Afrika ungenutzt zu
lassen. In Kooperation mit lokalen afrikanischen Banken können internationale
Geschäftsbanken die Ressourcen bereitstellen, die zur Finanzierung des Außenhandels benötigt werden, sowie den
wachsenden Bedarf an Absicherungsinstrumenten und strukturierten Handelsfinanzierungen abdecken.
Das mögliche Nichtzahlungsrisiko der
eröffnenden lokalen Bank bei einem
Akkreditiv kann beispielsweise durch die
Akkreditivbestätigung einer namhaften
internationalen Geschäftsbank ausgeschaltet werden. Die Bank wird diese
Bestätigung, also ein eigenes Zahlungsversprechen, aber nur abgeben, wenn sie
das Risiko bewerten und akzeptieren
kann. Grundlage dafür ist eine Due Diligence der beteiligten Parteien – also der
Bank und ihres Kunden. Hinzu kommt
eine Überprüfung im Blick auf Compliancevorgaben, um Sanktionsverstöße,
Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung etc.
auszuschließen.
Institute wie die Commerzbank besitzen
deshalb Repräsentanzen in vielen Ländern Afrikas, zu deren Hauptaufgaben die
Pflege der Beziehungen zu Politik und
Finanzwirtschaft vor Ort gehört. Die Aufmerksamkeit gilt insbesondere den Korrespondenzbanken – ausgewählten lokalen Banken, mit denen ein internationales
Institut langjährige Geschäftsbeziehungen und Kontoverbindungen unterhält. In
der bewährten Zusammenarbeit mit einer
solchen Korrespondenzbank lassen sich
viele Handelsgeschäfte reibungslos und
professionell abwickeln. In einigen Ländern haben lokale afrikanische Banken in
den vergangenen Jahren sogar einen
„German Desk“ eingerichtet, dieses speziell, um den Anforderungen deutscher
Unternehmen besser nachkommen zu
können.
„In Kooperation mit lokalen
afrikanischen Banken können
internationale Geschäftsbanken
die Ressourcen bereitstellen,
die zur Finanzierung des Außen­
handels benötigt werden.“
Auf den Aufbau eines eigenen Filialnetzes
verzichten internationale Geschäftsbanken in der Regel, weil die lokalen Banken
viel besser in der Lage sind, vor Ort Risikoprüfungen und Unternehmensbewertungen vorzunehmen. Auch unterliegen die
Bonitätsanforderungen lokaler afrikanischer Banken häufig anderen Regeln als
die internationaler Geschäftsbanken. Aufgrund ihrer lokalen Präsenz können sie
zudem mit Kunden spezielle Besicherungsstrukturen vereinbaren, die im Scha-
densfall einen unkomplizierten Zugriff
und bessere Verwertungsmöglichkeiten
für die Sicherheiten erlauben.
Akkreditive sind Standard
Das häufigste Instrument für die Zahlung
und Absicherung von Liefergeschäften
mit Abnehmern in Afrika ist das unwiderrufliche Akkreditiv. In diesem Fall übernimmt die eröffnende Bank das Zahlungsrisiko des Abnehmers. Eine zusätzliche
Sicherheit bietet die schon erwähnte
Bestätigung des Akkreditivs durch eine
zweite Bank.
Die Abwicklung eines Außenhandelsgeschäfts über ein Akkreditiv setzt die notwendige Liquidität beim Importeur voraus. Oft wird sie aber erst durch die Vermarktung der importierten Waren oder
den produktiven Einsatz der importierten
Investitionsgüter generiert. Dann stellt
sich die Frage nach einer mittel- oder
langfristigen Handelsfinanzierung. Sofern
lokale Banken dies nicht darstellen können, stellt eine internationale Geschäftsbank diese Mittel der lokalen afrikanischen Bank zur Verfügung, die sie an ihren
Kunden weiterleitet und auch das Risiko
übernimmt.
In der Regel liegt dem die Absicherung
der Tilgungs- und Zinsforderungen durch
eine Exportkreditgarantie eines anerkannten staatlichen Exportkreditversicherers zugrunde. Die Hermesdeckung
➤
16 | ExportManager | Finanzieren
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
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Absicherungsmöglichkeiten
wurden erweitert
Lange Jahre sicherte der Bund in vielen
Ländern Subsahara-Afrikas ausschließlich
Geschäfte mit privaten Bestellern und zu
kurzfristigen Zahlungsbedingungen ab.
Absicherungen für Geschäfte mit dem
öffentlichen Sektor waren dagegen nur in
Ausnahmefällen möglich. Nun ist aber die
Wirtschaftsstruktur in Subsahara-Afrika
sehr stark staatlich geprägt: Viele Projekte
werden entweder direkt von Staatsunternehmen oder von staatlich kontrollierten
Unternehmen durchgeführt.
Während Exporte und deren langfristige
Finanzierung an gute private Importeure/
Kreditnehmer in Afrika grundsätzlich
durch staatliche Exportkreditgarantien
abgesichert werden können, besteht nun
auch seit Ende 2014 die Möglichkeit, Lieferungen und Leistungen an öffentliche
Besteller in Äthiopien, Ghana, Mosambik,
Nigeria und Tansania zu mittel- und langfristigen Zahlungsbedingungen durch
staatliche Exportkreditgarantien abzusichern. Im ersten Halbjahr 2015 folgte die
Öffnung der Deckungspolitik für den
Senegal und Uganda.
Die Absicherungsmöglichkeiten erstrecken sich über die gesamte Wertschöpfungskette und reichen von der Produktionsphase bis zur Bezahlung der letzten
Tilgungsrate des finanzierten Geschäfts.
Dazu müssen entsprechende Sicherheiten des jeweiligen nationalen Finanzministeriums oder der nationalen Zentralbank vorliegen. Für Äthiopien, Ghana,
Mosambik und Tansania sind darüber hinaus zusätzliche, projektbezogene Risikominderungsmaßnahmen erforderlich.
Dazu zählen etwa Schuldendienstreservekonten des Kreditnehmers in z.B. Deutschland und/oder die Einbindung von Dritten in die Zahlungsverpflichtung. In manchen Fällen mag der Bund die Bestellung
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verlangen.
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Die enge Zusammenarbeit internationaler Banken mit lokalen afrikanischen Instituten beseitigt die Hemmnisse für eine
Intensivierung der Handelsbeziehungen
mit Deutschland. Sie kann entscheidend
zur wirtschaftlichen Entwicklung des Kontinents beitragen. Für den Deutschen
Exporteur ist jedoch abschließend festzuhalten, sich vor Geschäftsabschluss von
einer erfahrenen Bank beraten zu lassen,
insbesondere bei Ländern mit Devisenrestriktionen.
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17 | ExportManager | Finanzieren
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Der afrikanische Bankenmarkt im Überblick
Sylvia Sedlacek
Vice President Financial
­Institutions, KfW IPEX-Bank
Möchte der Exporteur seinem Abnehmer eine passende Finanzierung „mitliefern“, so ist eine direkte Kreditvergabe durch inter­
nationale Banken an Unternehmen in Afrika aufgrund der lokalen Risiken selten möglich. Internationale Banken arbeiten daher
vielfach mit lokalen Banken zusammen. Der Bankenmarkt in Afrika ist regional sehr unterschiedlich entwickelt und wird von der
wirtschaftlichen und politischen Lage der jeweiligen Länder beeinflusst.
[email protected]
Insbesondere in rohstoffexportierenden
Ländern wie Nigeria und Angola sowie in
einigen Maghreb-Staaten und wirtschaftlich diversifizierten Ökonomien wie Südafrika haben sich hinreichend gut entwickelte Finanzzentren gebildet.
Finanzplatz Südafrika dominiert
Südafrikanische Banken spielen eine
wichtige Rolle bei der Finanzierung des
europäisch-südafrikanischen Handels
bzw. der Finanzierung von Tochterunternehmen und Filialen europäischer Unternehmen in Südafrika und SubsaharaAfrika. Aufgrund der guten Bonität verzichten Begünstigte unter Akkreditiven
i.d.R. auf die Bestätigung der Zahlungsverpflichtungen der südafrikanischen
© fivepointsix/iStock/Thinkstock/Getty Images
Der südafrikanische Bankenmarkt verfügt
über hohe Standards. Die meisten Banken
sind gut oder sehr gut kapitalisiert und
weisen robuste Bilanzen auf. Der Finanzsektor ist sehr gut reguliert und wird von
einer unabhängigen Zentralbank überwacht. Die fünf größten Banken halten ca.
90% der gesamten Vermögenswerte.
Das südafrikanische Finanzzentrum im Johannesburger Stadtteil Sandton hat internationales Niveau.
Banken durch westliche Banken, wodurch
sich die Kosten der Akkreditivabwicklung
für den Begünstigten reduzieren.
Nigerias Banken unter Druck
In Nigeria wiederum wirkt sich die schwierige makroökonomische Lage nun auch
auf den Bankensektor aus. Obwohl der
Sektor nach einer Bankenkrise in den Jahren 2009 und 2010 eine komplette
Umstrukturierung erfuhr, sind durch das
nunmehr schwierige Wirtschaftsumfeld
im Zusammenhang mit dem Ölpreisverfall deutliche Gewinneinbrüche der Großbanken zu verzeichnen. Dafür ursächlich
ist u.a. das hohe Kreditengagement der
Institute im Ölsektor. Dementsprechend
hat sich die Kreditqualität bereits sichtbar
verschlechtert. Besonders kritisch ist die
beeinträchtigte Liquiditätslage zu sehen:
Aufgrund der zunehmend restriktiven
Devisenbewirtschaftung haben nigerianische Banken derzeit Probleme, ihren
Bedarf an Fremdwährung zu decken. Als
negative Folge bedienen sie Akkreditive
oftmals verspätet. Für den Exporteur sind
diese Auswirkungen weniger wahrnehmbar, da er i.d.R. durch Bestätigungen westeuropäischer Banken abgesichert ist.
Vor diesem Hintergrund sind ausländische Banken jedoch zunehmend zurückhaltender bei Bestätigungen von neu zu
eröffnenden Akkreditiven geworden, insbesondere solcher, die nicht von sogenannten „Tier One“-Banken eröffnet werden. Obwohl die Zentralbank dem Bankensektor unlängst eine höhere Summe
an US-Dollar zur Verfügung gestellt hat,
damit dieser außenstehende Verbindlichkeiten erfüllen kann, bleibt abzuwarten,
ob diese Form der Unterstützungsbereitschaft als einmalige Aktion zu sehen ist
➤
oder ob und in welcher Form auch in
Zukunft darauf vertraut werden kann.
Die aktuellen Belastungen des Bankensektors durch die Ölpreiskrise beschränken sich nicht auf die enge Vernetzung
mit dem Ölsektor. Eine Reihe nigerianischer Banken hat zudem in den vergangenen Jahren vermehrt Kredite in US-Dollar
aufgenommen, was sie anfälliger für
wechselkursbezogene Risiken macht. Die
Zentralbank hat inzwischen die Verschuldung in dieser Form begrenzt. Damit
reduziert sich das bisher ohnehin nur
opportunistisch zu findende ECAGeschäft weiter.
Angola birgt Währungsrisiken
In Angola sind die unmittelbaren Risiken
des Ölpreisschocks angesichts des geringen Volumens der Kreditvergabe an den
Ölsektor (ca. 2% der gesamten Kredite)
gering. Da allerdings schätzungsweise ein
Drittel der Einlagen und Kredite in Fremdwährung notiert ist, birgt die Abwertung
des Kwanza erhebliche Risiken.
Indessen sorgt der starke Verfall der Erdölpreise für einen drastischen Rückgang der
Deviseneinahmen. Daher erschwert auch
in Angola die inzwischen eingeführte
Kapitalverkehrsbewirtschaftung internationale Bankgeschäfte: Die Zuteilung von
Fremdwährung durch die Zentralbank
erfolgt in wöchentlichen Auktionen. Die
zugeteilten Beträge reichen jedoch derzeit nicht aus, um die zu den jeweiligen
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Terminen fälligen Fremdwährungsverbindlichkeiten allumfänglich zu bedienen. Es kommt damit zu massiven Verzögerungen von durch angolanische Banken zu leistende Zahlungen in
Fremdwährung.
Obwohl der Bankensektor Angolas in den
vergangenen Jahren stark expandierte
und Luanda zu einem wichtigen Finanzzentrum in Subsahara-Afrika hat wachsen
lassen, ist die Branche allerdings nach wie
vor sehr unterentwickelt und gilt als eines
der größten Hindernisse für die wirtschaftliche Diversifizierung im Land.
Banken im Maghreb bieten
­gemischtes Bild
Gut aufgestellt in der Maghreb-Region
sind die Banken in Marokko. Mit einem
Verhältnis von Bankaktiva zum GDP von
140% hat Marokko einen großen Bankensektor. Die Marktdurchdringung der Banken ist jedoch schwach und das Produktangebot limitiert. Private Banken haben
einen Marktanteil von 84%. Die drei größten marokkanischen Banken Banque Centrale Populaire, BMCE Bank und Attijariwafa vereinen zwei Drittel der Gesamtaktiva auf sich. Diese haben ihr Geschäftsfeld
in den vergangenen Jahren insbesondere
auf Westafrika ausgedehnt. Für diese Institute machen Darlehen in Afrika mittlerweile zwischen 10% und 27% der ausstehenden Darlehenssumme aus. Die Bankenaufsicht ist effektiv und unabhängig
und obliegt der marokkanischen Zentral-
bank (Bank Al Maghrib – BAM) sowie zwei
der BAM untergeordneten Regulierungsbehörden. Die vorgeschriebenen Regelungen entsprechen internationalen Standards.
Der algerische Finanzsektor hingegen
bleibt trotz Wachstums in den vergangenen Jahren unterentwickelt. Mit insgesamt sechs staatlichen Banken, die 87%
der Bankeinlagen halten, ist der Bankensektor staatlich dominiert. Der Rest verteilt sich auf 14 private Banken, die sich
meist in ausländischem Besitz (Tochter­
gesellschaften europäischer und US-amerikanischer Banken) befinden. Über 50%
der Bankkredite fließen an den öffentlichen Sektor.
Der algerische Finanzsektor ist kaum
international integriert und deshalb von
Turbulenzen der internationalen Märkte
weitgehend abgeschottet. Die Banken
verfügen im Verhältnis zu ihren risikotragenden Aktiva auch über ausreichend
Eigenkapital. Durch den Ölpreisverfall
gingen zuletzt auch Einlagen und damit
Liquidität im Bankensektor verloren. Die
Unabhängigkeit der algerischen Zentralbank als Regulierer kann in Frage gestellt
werden, da der Staat gleichzeitig größter
Kreditgeber und über die staatlichen
Unternehmen größter Kreditnehmer ist.
Panafrikanische Banken interessant
Insbesondere im jetzigen schwierigen
Umfeld wächst die Rolle der multilatera-
len afrikanischen und panafrikanischen
Banken, wie der African Export-Import
Bank (Afreximbank), der The Eastern and
Southern Trade Development Bank (PTABANK), der Ecobank-Gruppe, der Africa
Finance Cooperation (AFC) und neuerdings auch der Banque Ouest Africaine de
Development (BOAD).
Diese Institute sind aufgrund ihrer internationalen und afrikanischen Shareholderstrukturen und basierend auf ihren
Geschäftsstrategien in der Lage, in den
Märkten ihrer Anteilseignerländer Projektrisiken zu übernehmen, die vom Bankenmarkt der jeweiligen Länder u.U. nicht
(mehr) dargestellt werden können.
Als multilaterale Entwicklungsinstitutionen genießen diese Banken (mit Ausnahme der Ecobank-Gruppe) einen
bevorzugten Gläubigerstatus („Preferred
Creditor Status“), der es den Empfängern
von Darlehen von diesen Instituten
ermöglicht, im Falle von Fremdwährungsbeschränkungen in den kreditnehmenden Ländern bevorzugten Zugang zu ausländischen Währungen zu erhalten.
Die Finanzierung von Exportgeschäften
mit damit einhergehender Absicherung
von Zahlungsrisiken wird mittelfristig in
den meisten Ländern Afrikas ausschlaggebend für das Zustandekommen von
Liefergeschäften bleiben. Die Bedeutung
der panafrikanischen Banken wird dabei
voraussichtlich weiter wachsen.
➤
18 | ExportManager | Finanzieren
19 | ExportManager | Finanzieren
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Exporte nach Westafrika unbürokratisch finanzieren
Dirk Oliver Haller
Vorstandsvorsitzender,
DFT Deutsche Finetrading AG
Die Wirtschaftsregion Westafrika bietet für deutsche Unternehmen attraktive Exportchancen. Ein Hemmnis ist jedoch oftmals die
Finanzierung der Exportlieferungen, wenn es sich beim Abnehmer um ein mittelständisches Unternehmen handelt. Als Alternative
zur mit bürokratischen Hürden verbundenen Bankfinanzierung in Afrika kann die handelsbasierte Finetrading-Finanzierung in
Frage kommen.
So hat beispielsweise im Senegal der Telekommunikationssektor seine wirtschaftliche Leistung in den vergangenen zehn
© Vepar5/iStock/Thinkstock/Getty Images
Während die chinesische Wirtschaft schon
früh das Potential afrikanischer Länder als
Handelspartner erkannt hat, zeigten sich
europäische Unternehmen lange Zeit
zurückhaltend bei Exportgeschäften mit
afrikanischen Abnehmern. Wenn Exportaktivitäten zu verzeichnen waren, konzentrierten sich diese häufig auf Südafrika
oder auf Mittelmeeranrainer wie Marokko,
Tunesien, Algerien oder Ägypten. Doch in
den vergangenen Jahren haben immer
mehr deutsche und europäische Unternehmen die Attraktivität der afrikanischen Märkte entdeckt – so etwa in den
Ländern Westafrikas. Die dortige Wirtschaft ist oftmals vielfältig strukturiert.
Zwar spielen die in Europa stark wahrgenommenen Branchen der Rohstoffförderung und Nahrungsmittelproduktion eine
bedeutende Rolle. Doch angesichts der
zunehmenden Modernisierung der westafrikanischen Volkswirtschaften kommt
anderen Wirtschaftszweigen eine immer
größere Bedeutung zu.
[email protected]
Nigeria und Ghana. Nigeria stellt nach
aktuellen Berechnungen die größte Volkswirtschaft Afrikas dar, steht jedoch derzeit
aufgrund des niedrigen Rohölpreises und
der anhaltenden Terrorakte islamistischer
Rebellen im Norden des Landes vor großen sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Weniger
angespannt ist die Lage in Ghana, das
unter anderem mit Abkommen zum
Investitionsschutz und zur Vermeidung
der Doppelbesteuerung große Anstrengungen unternimmt, um auch für deutsche Unternehmen ein export- und investitionsfreundliches Klima zu schaffen.
Mobiltelefone gehören nicht nur im Senegal zu den unverzichtbaren Begleitern der jungen Bevölkerung.
Jahren verdoppelt und trägt mittlerweile
10% zum Bruttoinlandsprodukt bei. Die
Côte d‘Ivoire (Elfenbeinküste) hat in den
vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern,
was sich in den Jahren 2014 und 2015 mit
einem Wirtschaftswachstum von jeweils
mehr als 8% ausgezahlt hat. Vor allem der
private Sektor soll gestärkt und die Abhängigkeit der inländischen Wirtschaft vom
Rohstoffexport reduziert werden. „Die
Côte d’Ivoire bietet ein großes Potential für
Handel und Investitionen“, schreibt das
Auswärtige Amt in seinem aktuellen Bericht zur wirtschaftlichen Lage des Landes.
Anstrengungen für die Schaffung
eines exportfreundlichen Klimas
Wichtigste Handelspartner der deutschen
Wirtschaft sind in Westafrika die Staaten
Für multinationale Konzerne ist die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen mit
Partnern in Westafrika aus unterschiedlichen Gründen einfacher als für ein mittelständisches Unternehmen. So stehen oftmals genügend finanzielle Ressourcen für
die Gründung einer eigenen Niederlassung in der Region zur Verfügung, und für
die Abwicklung der grenzüberschreitenden Geschäfte ist Länderexpertise entweder durch unternehmenseigene Fachabteilungen oder durch enge Kontakte zu
➤
Anwaltskanzleien und Beratungsunternehmen mit einschlägiger Erfahrung vorhanden. Auch bei der Finanzierung von
Exportgeschäften nach Westafrika können Großunternehmen Vorteile verbuchen, steht ihnen doch meist ein Netzwerk an international aufgestellten Hausbanken zur Verfügung, die auch in
westafrikanischen Staaten eigene Niederlassungen unterhalten.
Hemmnisse für Mittelstandsexporte
Deutlich schwerer haben es mittelständische Unternehmen, die Waren an Abnehmer in Westafrika exportieren wollen –
insbesondere dann, wenn es sich bei
jenen ebenfalls um mittelständische
Betriebe handelt. Häufig verfügen solche
Unternehmen nicht in ausreichendem
Umfang über selbsterwirtschaftete Liquidität, um größere Beschaffungen ausschließlich aus eigenen Mitteln finanzieren zu können. Nicht selten ist jedoch für
kleinere und mittelgroße Betriebe in
Westafrika der Zugang zu Bankkrediten
mit hohen Hürden verbunden. So haben
kleinere inländische Kreditinstitute, die
eigentlich für die Finanzierung dieser Zielgruppe prädestiniert sind, oft Probleme,
die regulatorischen Vorschriften in Bezug
auf das Eigenkapital und die Risiken auf
der Aktivseite der Bilanz zu erfüllen.
Dies kann dazu führen, dass bei der Finanzierungsvergabe die Anforderungen an
die Kreditsicherheiten so hoch sind, dass
sie vom Antragsteller nicht erfüllt werden
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
können. Bei den lokalen Niederlassungen
der internationalen Großbanken wiederum zählen kleine und mittelgroße Unternehmen längst nicht immer zur Kernzielgruppe. Selbst im Erfolgsfall können
Hemmnisse an der Tagesordnung sein –
nämlich dann, wenn aufgrund der bürokratischen Hürden bei der Bearbeitung
eines Finanzierungsantrags mehrere
Wochen oder gar Monate verstreichen,
bis eine Zusage erteilt und der Kredit zur
Auszahlung freigegeben wird. In solchen
Fällen kann es dann vorkommen, dass
eine Geschäftsanbahnung allein deshalb
scheitert, weil innerhalb eines vertretbaren Zeitraums keine Finanzierungszusage
erlangt werden kann.
Schwer einschätzbares
­Zahlungsrisiko
Wenig praktikabel ist für den deutschen
Exporteur die Alternative, dem westafrikanischen Abnehmer selbst eine Finanzierung in Form eines längeren Zahlungszieles oder des Erwerbs auf Raten anzubieten. Hierbei würde der Exporteur über
Monate hinweg das Ausfallrisiko tragen,
das schwer einzuschätzen ist, wenn weder
eine verlässliche Bonitätseinstufung des
Abnehmers noch eigene Expertise zur
Rechtslage bei Zahlungsverzug im Zielland vorhanden sind. Ist für die Exportfinanzierung ein Kredit erforderlich, dürfte
sich überdies kaum eine in Deutschland
ansässige Bank bereit erklären, Forderungen an einen Kunden in Westafrika als
Finanzierungssicherheit zu akzeptieren.
Vor diesem Hintergrund ist es bei Exportgeschäften mit Abnehmern in Westafrika
oftmals sinnvoll, einen Finanzierungspartner mit ins Boot zu nehmen, der auf möglichst unkomplizierte Weise eine adäquate
Finanzierung arrangieren kann. Als bankenunabhängiges Finanzierungsinstrument kann hier Finetrading in Frage kommen, das anstatt auf einem Kreditgeschäft
auf einer Handelstransaktion basiert. Der
Finetrader erwirbt die Ware vom Exporteur und veräußert sie direkt an den
Abnehmer weiter. Dabei gewährt er dem
Abnehmer im Zielland ein langfristiges
Zahlungsziel, das maximal sechs Monate
– bei der Finanzierung von Investitionsgütern sogar zwölf Monate – betragen kann.
Die Rechnung des Lieferanten wird hingegen vom Finetrader sofort beglichen.
Gerade bei Handelswaren passt dieses
Finanzierungsmodell oft sehr gut, weil
dadurch der Abnehmer genügend Zeit
bekommt, um mit den aus dem Verkauf
der Ware erzielten Umsätzen seine Verbindlichkeiten zurückzuführen.
Finetrading-Linie als flexible
­Finanzierungsmöglichkeit
Finetrading-Finanzierungen lassen sich
nicht nur für einzelne Geschäfte abschließen, sondern können auch ähnlich wie
ein Kontokorrentkredit als FinetradingLinie eingerichtet werden. Innerhalb des
vereinbarten Rahmens kann dann der
Abnehmer bei einer Bestellung den benötigten Betrag einfach abrufen. Die Bonitätsprüfung und bei einem positiven
Resultat die anschließende Einrichtung
einer Finetrading-Linie geht im Regelfall
innerhalb weniger Tage vonstatten. Auf
diese Weise herrscht schnell Klarheit darüber, ob das Geschäft abgewickelt werden
kann oder nicht.
„Bei Exportgeschäften mit Abnehmern in Westafrika ist es sinnvoll,
einen Finanzierungspartner mit ins
Boot zu nehmen, der eine adäquate
Finanzierung arrangieren kann.“
In jüngster Vergangenheit konnte die DFT
Deutsche Finetrading AG eine steigende
Anzahl an Exportfinanzierungen verzeichnen, bei denen die Ware in westafrikanische Länder geliefert wurde. So wurden
beispielsweise für einen Importeur von
Smartphones und Zubehör im Senegal
und für einen in Togo ansässigen Lebensmittelgroßhändler, der Konserven aus
Europa einführt, Finetrading-Linien von
jeweils umgerechnet rund 50.000 Euro
eingerichtet. Das Finanzierungsmodell
nützt nicht nur dem Importeur, sondern
auch dem exportierenden Unternehmen:
Wenn der Finetrader in Deutschland
ansässig ist, kann der deutsche Exporteur
den Auftrag wie ein Inlandsgeschäft abwickeln – gerade für Mittelständler, die über
keine entsprechende Länderexpertise
verfügen, ist dies vorteilhaft, weil sie das
Know-how des Finetraders beim Warenexport nach Afrika nutzen können.
➤
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21 | ExportManager | Finanzieren
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Digitales Management von exotischen Währungen
Die global ausgerichtete deutsche Wirtschaft mit ihren beeindruckenden Exportzahlen und die aktuelle Schwäche des Euro
haben die Entwicklung von Plattformen zur globalen Abwicklung von Fremdwährungszahlungen begünstigt. Im Gespräch mit
dem ExportManager berichtet Markus Renkes, Head FX4Cash Germany, über die Erfahrungen der Deutschen Bank mit ihrer
­Plattform in Deutschland. Welchen Nutzen können Kunden daraus ziehen? Gibt es Risiken, die zu beachten sind?
22 Wie beurteilen Sie nach fünf Jahren
den Erfolg der Plattform in Deutschland?
paaren mit klarem Wachstumstrend, insbesondere bei den stark regulierten
­Währungen, den sogenannten Exoten.
Das durchschnittliche Volumen steigt von
Jahr zu Jahr im Mittel um ca. 25%. Zum
Vergleich: 2013 wurden nur Zahlungen
bis maximal 20.000 EUR Gegenwert ver­
arbeitet. Heute sehen wir ein durchschnittliches Zahlungsvolumen von über
100.000 EUR pro Zahlung.
Den Erfolg messen wir im Grundsatz
über die Zufriedenheit unserer Kunden.
Heute bedienen wir deutlich über 1.000
Unternehmen aktiv auf der Plattform
allein aus Deutschland heraus und begleiten diese auch global entlang ihrer
­Wertschöpfungskette in deren wichtigsten Märkten. Mit ca. 100.000 verarbeiteten Zahlungen jeden Monat ist unsere
Kapazität noch lange nicht erschöpft.
Gerade in den vergangenen sechs Monaten sahen wir einen starken Wachstums­
trend.
Nicht nur für Kleinstbeträge geeignet –
Plattformen für Fremdwährungszahlungen
wickeln auch Großbeträge ab.
© lcswart/iStock/Thinkstock/Getty Images
Solch ein Volumen lässt sich nur vollautomatisiert verarbeiten. Das kommt unseren Kunden zugute, da auch die schwierigen Währungen digital verarbeitet werden können. Täglich konvertieren wir in
mehr als 80 verschiedenen Währungs­
22 Woher kommt der Erfolg?
Bis dato war die Wahrnehmung der
Kunden, dass Fremdwährungszahlungen
intransparent sind, sehr lange Laufzeiten
bei der Abwicklung haben und es immer
wieder zu Nachfragen bzw. auch zu Nachbelastungen bei solchen Zahlungen
kommt. Diese Faktoren wurden als negativ bzw. in Summe als teuer empfunden.
Hier haben wir mit unserer Plattform eine
Lösung entwickelt, die dazu führt, dass
nicht nur Kleinstbeträge gezahlt, sondern
auch zunehmend Großbeträge ange­
wiesen werden, die nicht im Fokus der
­FX-Absicherungsstrategie des Unternehmens stehen.
Markus Renkes
Head FX4Cash Germany,
Deutsche Bank
[email protected]
Die Möglichkeiten der Automatisierung
und Flexibilität, die diese Plattform auszeichnen, geben den Kunden die Option,
nicht nur den einfachen Zahlungsverkehr
der kommerziellen Zahlungen abzuwickeln, sondern auch kapitalbezogene
Zahlungen und kleinere M&A-bezogene
„FX-Zahlungen in Exotenwährungen galten früher als
­intransparent, zeitaufwendig
und komplex, also insgesamt
als teuer. “
Transaktionen durchzuführen. Hier fordern die Kunden vorab einen festen Kurs
an und eine terminliche Sicherheit, wann
das Geld beim Empfänger ist. Daneben
werden die lokalen Dokumentationserfordernisse vor Ort als Service angeboten.
Für Kunden wird damit eine vollumfäng­
liche digitale Lösung geschaffen.
Wir haben in den vergangenen fünf Jahren sehr viele kundenbezogene IT-Entwicklungen umgesetzt, die es unserer
➤
Kundschaft – sowohl der deutsche Mittelstand als auch die großen DAX-Konzerne
– leichter machen, Aufträge digital zu
­verarbeiten und die lokalen Anforderungen in den regulierten Märkten besser
und schneller zu bedienen. Dabei nutzen
wir sehr intensiv unser bestehendes
­Netzwerk und die Netzwerke unserer
Partner.
22 Welche Unterschiede zum Wettbewerb stellen Sie fest?
Wir haben es geschafft, Zahlungen in
einer echten „End-to-End“-Abwicklung zu
strukturieren, gerade in den exotischen
asiatischen Währungen oder bei Kapitalzahlungen nach Lateinamerika und in
den afrikanischen Kontinent. Dabei nutzen wir das globale Netzwerk der Deutschen Bank und unserer Partner, um
direkt in lokaler Währung zu zahlen –
ohne den Umweg über eine Hartwährung
wie den Euro oder US-Dollar. Kunden
erzielen so signifikante Prozesserleichterungen.
Volle Information über Kurse und vereinbarte Preise vor der Verarbeitung einer
Zahlung bzw. die entsprechende Klarheit über Kurs und Preis bei Eingängen
von z.B. im Ausland erwirtschafteten
­Einnahmen geben unseren Kunden die
gewünschte Transparenz. Die extrem
hohe „Straight Through Processing (STP)“Rate hilft nicht nur unserem Haus, Kostensynergien zu heben, die wir an die Kunden weitergeben können, sondern ver-
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
einfacht auch die Abwicklung solcher
Zahlungen. Für die meisten der exotischen Währungen haben wir Erfahrungen
in der Abwicklung gesammelt, die es uns
und unseren Kunden erlauben, Zahlungen in regulierte Märkte ähnlich wie eine
SEPA-Zahlung zu betrachten. Die Plattform ist als echte globale Plattform konzipiert und wird auch so genutzt, das heißt,
Tochterunternehmen im Ausland können
z.B. in Indien oder Korea denselben Ser-
„Importeure, die das Ausland
als verlängerte Werkbank nutzen,
können Rechnungen, Kredite und
Kapitaleinlagen in lokaler Währung
zahlen und damit auch ihre ‚Buying
Power‘ bei der FX-Preisgestaltung
durchsetzen. “
vice wie in Deutschland erhalten. Durch
die Integration und Nutzung „wirklicher“
Echtzeitkurse wird ein potentielles FXRisiko eliminiert. Wir haben kontinuierlich
auf der Basis von Kundenwünschen in
dieses Produkt investiert und es weiterentwickelt.
22 Was sind die Hauptvorteile für unsere
Leser, also sowohl die Exporteure als auch
die Importeure?
Für reine eingehende Zahlungen stellen wir außer in Deutschland in weiteren
25 Ländern den Service zur Verfügung. In
weiteren sieben Ländern gehen wir noch
in diesem Jahr „live“. Damit haben wir
dann zum Jahresende die wichtigsten
Märkte angebunden, und auch Tochtergesellschaften unserer Kunden können so
über eine einheitliche Plattform bedient
werden.
Importeure, die das Ausland als verlängerte Werkbank nutzen, können Rechnungen, Kredite und Kapitaleinlagen in
lokaler Währung zahlen und damit auch
ihre „Buying Power“ bei der FX-Preisgestaltung durchsetzen und sich so die Kostenvorteile bei der Rechnungsregulierung
sichern. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben wir kontinuierlich in die
Weiterentwicklung der IT investiert, um
den Abwicklungsaufwand für unsere Kunden zu reduzieren.
22 Gibt es schwierige Märkte, die durch
Regulierung Zahlungen in lokaler Währung verhindern?
Für Länder wie Korea, Indien, Indonesien, Malaysia, Vietnam oder die Philippinen, um nur ein paar wenige Länder zu
nennen, haben wir spezielle Kapazitäten
vor Ort entwickelt, die es den Kunden
erlauben, Zahlungen in einem vereinfachten Verfahren zu tätigen. Der Zahlungsverkehr mit dem noch immer hochregulierten Land China, in dem sowohl klassisch in Hartwährung wie auch direkt in
Renminbi gezahlt wird, hat sich für die
Kunden ebenfalls als Standardabwicklung
etabliert.
22 Wie sieht die Zukunft für die Plattform
aus?
Neben der schon erwähnten Erweiterung der Funktionalitäten in die verschiedenen Länder investieren wir kontinuierlich auch in unsere IT, um den Kundenanforderungen zu genügen. In Kürze werden
wir unseren Kunden externe Marktvergleichsraten anbieten können, um den
geforderten Compliance- und Wirtschaftsprüfungsrichtlinien der Unternehmen gerecht zu werden.
Im laufenden Quartal bieten wir unserer
Kundschaft auch die Option an, sich zu
lokalen Handelszeiten mit Fremdwährung im Zahlungsverkehr einzudecken.
Das war eine Erweiterung, die wir maßgeschneidert für unsere Kunden entwickelt
haben, die ihren eigenen Zahlprozess in
Europa oder Amerika erst starten können,
wenn wie z.B. in Korea die FX-Märkte
schon geschlossen sind. Dieses Angebot
ist gerade in der finalen Testphase, und
wir bieten damit unseren Kunden bessere
Abwicklungskurse im vollautomatischen
Prozess an.
Für das kommende Jahr bieten wir dann
auch einen Informationsservice via App
an, der es erlaubt, Zahlungseingänge
individuell zu managen.
Herr Renkes, wir danken Ihnen
für das Gespräch.
➤
22 | ExportManager | Finanzieren
23 | ExportManager | Liefern
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Neues zum US-Technologietransfer
PD Dr. Harald Hohmann
Rechtsanwalt,
Hohmann Rechtsanwälte
Bedarf ein ausländischer Mitarbeiter, der in den USA Einblick in gelistete Technologie erhält, dafür einer US-Genehmigung?
Und braucht ein Cloudserviceprovider, der seine Leistungen u.a. in den USA anbietet, einer US-Genehmigung? In beiden Fällen
enthalten die Export Administration Regulations (EAR) der USA relevante Hinweise. Zum 3. Juni 2016 wurden in den EAR neue
Definitionen veröffentlicht.
[email protected]
Fall 1
Fall 2
Firma D in Deutschland ist Cloudserviceprovider. D bietet ihre Leistungen u.a. in
den USA an. Ds Kunden laden ihre Daten,
die auch gelistete Software oder gelistete
Technologie enthalten, auf Ds Server, um
sie dort zu lagern und bei Bedarf wieder
abrufen zu können. Damit das Geschäft
rentabel bleibt, muss D die Daten und die
Software ihrer Kunden häufig zwischen
mehreren Servern, die überall auf der Welt
belegen sein können, hin- und herschieben. Benötigt D für diese Datentransfers
© SuradechK/iStock/Thinkstock/Getty Images
Firma D in Deutschland stellt gelistete
und nichtgelistete Güter her, welche sie
international vertreibt. In den USA hat D
eine Schwester, A, welche für Forschungsund Entwicklungsarbeiten zuständig ist.
Bei A ist auch I, ein Mitarbeiter mit iranischer Staatsangehörigkeit, beschäftigt;
im Rahmen seiner Arbeit erhält er auch
Einblick in gelistete Technologie. Besteht
eine US-Genehmigungspflicht für diese
Technologieweitergabe an I?
der Ausländer kein Daueraufenthaltsrecht
in den USA besitzt.
Einblicke in gelistete Technologie für Mitarbeiter ohne Daueraufenthaltsrecht können in den USA heikel sein.
eine Genehmigung der US-Exportbehörde?
Lösung von Fall 1
Die EAR (Export Administration Regulations) der USA kennen auch einen Deemed
Re-Export: Jede Bekanntgabe von gelisteter Technologie an einen Ausländer in den
USA wird so behandelt, als sei es ein
Export der gelisteten Technologie in den
Heimatstaat des Ausländers. Sollte der
Export in den Heimatstaat genehmigungspflichtig sein, ist es auch der Trans-
fer dieser Technologie an den Ausländer
innerhalb der USA. Da es hier allerdings
um einen Transfer an einen Iraner geht,
sind die strikteren OFAC Regulations – hier
die ITSR (Iranian Transactions and Sanc­
tions Regulations) – anzuwenden. Hiernach ist – ohne eine US-Genehmigung –
US-Personen eine Weitergabe von Technologie an Ausländer verboten, wenn (1)
Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese
Technologie in den Iran gelangen kann,
(2) diese Technologie für den Iran genehmigungspflichtig ist und (3) keine Ausnahmetatbestände eingreifen, z.B. weil
A ist als US-Gesellschaft eine US-Person.
Dieser wäre die Weitergabe unter den
genannten Voraussetzungen (ohne USGenehmigung) verboten. Bei der Weitergabe von Technologie an den Iraner I
kann nicht ausgeschlossen werden, dass
die Technologie später in den Iran gelangt.
Dann stünde die Frage der Genehmigungspflicht der Technologie im Zentrum
der Fragestellung: Da hier die Technologie
gelistet ist und der Iran für alle Kontrollgründe hinter der Listung sensitiv ist,
würde für den Iran eine Genehmigungspflicht bestehen. Anders wäre dies dann,
wenn einer der Ausnahmetatbestände
vorläge: Eine erste Ausnahme würde dann
bestehen, wenn die Technologie nicht
unmittelbar erforderlich wäre für die Entwicklung, die Herstellung oder den
Gebrauch gelisteter Güter oder wenn sie
allgemein zugänglich wäre. Es wird angenommen, dass diese erste Ausnahme hier
nicht vorliegt. Eine zweite Ausnahme
würde dann bestehen, wenn I ein Daueraufenthaltsrecht hätte, weil er dann nicht
➤
24 | ExportManager | Liefern
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
mehr als „Ausländer“ im Sinne der
Deemed-Re-Export-Regelungen angesehen würde. In einem konkret beratenen
Fall hatte der Iraner keine Green Card,
sondern lediglich ein H-1B-Visum. Damit
bestand kein Daueraufenthaltsrecht, und
A musste sich daher darum kümmern,
dass sie für den Transfer von gelisteter
Technologie an I eine Genehmigung
erhielt, bevor dieser Transfer begann.
Lösung Fall 2
Nach den neuen EAR-Definitionen vom
3. Juni 2016, die zum 1. September 2016
in Kraft treten, wird die Exportdefinition
wie folgt eingeschränkt: Danach stellt das
Senden und Speichern von Software/
Technologie keinen Export dar, wenn die
Software/Technologie vier Voraussetzungen erfüllt: sie darf nicht „classified“ (also
keine geheime Verschlusssache) sein, sie
muss durch bestimmte Verschlüsselungstechnik (end-to-end encryption) gesichert
sein, es müssen bestimmte kryptographische Module verwendet werden, und die
Technologie/Software darf nicht in einem
US-Waffenembargoland (D:5-Land) oder
in Russland gespeichert werden. Sofern D
diese vier Voraussetzungen erfüllt, würde
er ab September 2016 mangels „Ausfuhr“
keine US-Genehmigung für seine Dienstleistungen als Cloudserviceprovider
benötigen. Falls er sie nicht erfüllt, wird er
im Zweifel eine US-Genehmigung hierfür
benötigen.
Resümee
Das US-Exportrecht hat bei den Deemed
Re-Exports den Anwendungsbereich
genehmigungspflichtiger Vorgänge
immer weiter ausgedehnt, so dass in
­vielen Fällen der Technologietransfer in
den USA an Ausländer einer Genehmigung bedarf. Dies müssen deutsche
­Firmen zwingend beachten. Eine Ausnahme würde sich v.a. dann ergeben,
wenn der Ausländer (z.B. als Green-CardInhaber) ein Daueraufenthaltsrecht in den
USA besäße – ohne dieses muss im Zweifel eine US-Genehmigung beantragt
­werden. Daher ist es überraschend –
wenngleich absolut notwendig –, dass
das US-Exportrecht im Kontext mit Cloudservicedienstleistungen versucht, den
Anwendungsbereich erforderlicher USGenehmigungen immer stärker zurück­
zudrängen. Angefangen hat dies mit drei
Advisory Opinions des BIS (Bureau of
Industry and Security) des Commerce
Departments zum Thema „Cloudservices“
der Jahre 2009, 2011 und 2014, die Möglichkeiten aufzeigten, die Notwendigkeit
für US-Ausfuhrgenehmigungen zurückzufahren. Nun gibt es eine rechtlich verbindliche Regelung zumindest ab September 2016: Wer die o.g. vier Voraussetzungen erfüllt, darf sicher sein, dass seine
Cloudservicedienstleistungen mangels
„Ausfuhr“ nicht genehmigungspflichtig
sind. Es war auch dringend erforderlich,
dass hier Rechtssicherheit geschaffen
wurde, zumal es vor allem in den USA
Rufe danach gab, für Cloudservices eine
Ausnahmeklausel bzw. eine Allgemeingenehmigung zu schaffen.
Wegen aktueller Hinweise zum Exportrecht
vgl. auch hier.
➤
Eine Genehmigungspflicht würde nur
dann bestehen, wenn überhaupt ein
„Export“ vorläge. Nach der jetzigen
„Export“-Definition in den EAR liegt eine
Ausfuhr in folgenden Fällen vor: „actual
shipment or transmission of items out of the
United States“ (also: bei jedem Transfer
von Gütern aus den USA heraus). Demnach liegt bei der Übertragung von Software oder Technologie – beides sind
„items“ (Güter) – von einem in den USA
belegenen Server auf einen Server außerhalb der USA in jedem Fall ein Export im
Sinne dieser EAR-Definition vor. Möglicherweise kann hierfür nach US-Recht
schon der bloße Upload ausreichen.
25 | ExportManager | Liefern
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
WTO-IT-Abkommen tritt in Kraft
Adrian Loets, LL.M.,
Rechtsanwalt,
Graf von Westphalen
In Rekordzeit, nur elf Tage nach der förmlichen Annahme des ausgeweiteten Informationstechnologie-Abkommens (ITA) durch
den Rat der Europäischen Union (EU), hat die EU die ersten darin vorgesehenen Zollabsenkungen für zahlreiche IT-Produkte in den
EU-Zolltarif übernommen. Schon zum 1. Juli 2016, pünktlich zum Inkrafttreten des Abkommens, werden damit auf EU-Ebene die
Zölle für einen großen Teil von Hochtechnologieprodukten abgebaut.
➤➤ Videospiele und Konsolen, Router
und Umschalter, Mikroskope und
Teleskope, Waagen und Geldwechsel­
maschinen, Lautsprecher, Mikrofone,
Kopfhörer, Telekommunikationssatelliten;
➤➤ medizinische Geräte, etwa Scanner,
Maschinen für Tomographie, Zahnme­
dizin, Augenheilkunde;
➤➤ Teile und Komponenten wie z.B. Halbleiter oder Komponenten von Fernsehern, Smartphones, Medizingeräten
etc. (z.B. Laser, LED-Module, Touch-
© scanrail/iStock/Thinkstock/Getty Images
Das im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbarte Übereinkommen
über den Handel mit Waren der Informationstechnologie (ITA) wurde 1996
geschlossen und sieht einen Abbau von
Einfuhrzöllen für die in den Anhängen
genannten IT-Waren vor. Da der Warenkreis jedoch vergleichsweise begrenzt
war, wurde das Abkommen zuletzt der
gestiegenen Bedeutung von Informationstechnologie für den Welthandel nicht
mehr gerecht – inzwischen machen diese
Produkte ca. 7% des Welthandels aus.
Nach rund sechsjährigen Verhandlungen
einigten sich die Vertragsstaaten deshalb
bei der 10. Ministerkonferenz im Dezember 2015 in der kenianischen Hauptstadt
Nairobi auf eine deutliche Ausweitung
des Warenkreises um insgesamt 200
Waren. Zum erweiterten Anwendungsbereich des ITA gehören etwa:
➤➤ Multimediaprodukte wie DVD-Player,
Smartcards, CDs, DVDs;
➤➤ Drucker, Fotokopierer, Tintenpatronen;
➤➤ Elektronik: Fernsehkameras, Video­
rekorder, digitale Autoradios,
Digitalempfänger;
[email protected]
screens, Mess- und Wiegeinstrumente,
Umschalter, Elektromagneten, Ver­
stärker), bestimmte Chips, Luft- und
Raumfahrtinstrumente;
➤➤ Maschinenwerkzeuge zur Produktion
von Leiterplatten, Halbleitern und
anderen IT-Produkten.
die Schweiz, Südkorea und die USA. Bislang wurden beispielsweise in China auf
Videokameras bis zu 35% Einfuhrzoll
­fällig, auf Telefonfreisprechanlagen in den
USA immerhin 8,5%. Weltweit werden
die möglichen Zollersparnisse auf 14 bis
17 Mrd USD jährlich geschätzt.
Für deutsche Unternehmen, die gerade
bei Hochtechnologieerzeugnissen besonders wettbewerbsfähig sind, bietet
das Abkommen beachtliche Export­
chancen. Zu den Vertragsstaaten zählen
wichtige Zielländer
­d eutscher Exporte wie
China, Kanada, Japan,
Auf Importseite wirkt sich das erweiterte
Abkommen besonders vorteilhaft bei
Gütern aus, die in der EU bisher mit relativ
hohen Zöllen von teils bis zu 14% belegt
sind, z.B. Digitalempfänger, Videokameras
und andere Waren der Unterhaltungselektronik. Allerdings sind auch einige
Waren vom Zollabbau ausgeschlossen,
beispielsweise bestimmte Monitore, Projektoren und Fernseher.
Auf EU-Ebene wird die erste – größte –
Warengruppe mit der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1047 der Kommission
Aufwind für Elektronikprodukte:
Die EU hat den Weg für einen Zollabbau
freigemacht.
➤
26 | ExportManager | Liefern
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
Anzeige
vom 28. Juni 2016 bereits zum Tag des
Inkrafttretens des ITA von Einfuhrzöllen
befreit. An der schnellen Umsetzung,
obwohl das Abkommen den Staaten
hierzu drei Jahre Zeit gewährt, wird das
besondere wirtschaftliche Interesse der
EU an dem Abkommen deutlich.
nicht unterzeichnet haben. Im weiteren
Verlauf soll das Übereinkommen in drei
weiteren Stufen umgesetzt werden. Jährlich, jeweils zum Juli, werden Einfuhrzölle
für weitere Waren abgesenkt, so dass das
Abkommen spätestens im Juli 2019 vollständig umgesetzt sein wird.
Durch die Durchführungsverordnung
wird der Zolltarif der EU, die Kombinierte
Nomenklatur (KN), geändert. Zum einen
wird in Teil I Titel I eine neue außertarifliche Abgabenbefreiung eingeführt für
integrierte Schaltungen mit mehreren
Fazit
Komponenten (MCO). Zum anderen werden an zahlreichen Stellen des Zolltarifs in
Teil II Zölle für einzelne, mit Warentarifnummer bezeichnete Waren auf null
gesetzt. Für Einführer von Technologieerzeugnissen lohnt sich also der Blick in
die umfangreichen im Anhang der Durchführungsverordnung genannten Änderungen.
Die Zollbegünstigungen kommen dabei
wegen des im Rahmen der WTO geltenden Meistbegünstigungsprinzips auch
Waren aus Ländern zugute, die das ITA
Importeure profitieren von breiten Einfuhrzollsenkungen. Darüber hinaus ist
das Abkommen auch ein wichtiger Erfolg
für die WTO und den multilateralen Abbau
von Zöllen und Handelsbeschränkungen.
Das Abkommen macht nicht zuletzt Hoffnung auf eine Wiederbelebung der festgefahrenen „Doha-Runde“.
Möglicherweise bietet das ITA ebenfalls
einen Impuls für ein baldiges Inkrafttreten
des Abkommens für Handelserleichterungen (Trade Facilitation Agreement, TFA),
das bereits im Dezember 2013 auf dem
Bali-Gipfel vereinbart worden war und
das erhebliche Vereinfachungen des
internationalen Handels verspricht. Bislang haben jedoch noch nicht genügend
Staaten das TFA ratifiziert.
➤
„Gerade die starken deutschen
­Unternehmen im Hochtechnologiebereich können sich auf deutlich
­verbesserte Absatzchancen in
den wichtigsten Exportzielländern
einstellen.“
Das Inkrafttreten des ITA ist eine gute
Nachricht für Importeure wie Exporteure
gleichermaßen. Gerade die starken deutschen Unternehmen im Hochtechnologiebereich können sich auf deutlich verbesserte Absatzchancen in den wichtigsten Exportzielländern einstellen.
ROUNDTABLE
ROUNDTABLE-TERMIN IM HERBST 2016:
19. September 2016
Russland: Erfolgreiche Geschäfte
auf sicherem Boden
Redaktionsgebäude der F.A.Z., Frankfurt am Main,
16:00 bis 19:00 Uhr
Kooperationspartner:
Geschlossene Veranstaltung für Geschäftsführer, Finanz- und
Exportverantwortliche in Unternehmen. Die Teilnahme ist kostenfrei,
jedoch nur nach vorheriger Anmeldebestätigung möglich.
Nähere Informationen zum Programm und das Anmeldeformular finden Sie unter
www.exportmanager-online.de/roundtable
27 | ExportManager
Ausgabe 6 | 13. Juli 2016
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