Aktueller Konjunkturbericht

Die wirtschaftliche Lage der M+E-Industrie
im Sommer 2016
Die M+E-Industrie ist mit einem deutlichen Anstieg der Produktion in das Jahr 2016
gestartet. Die Zweimonatswerte für April/Mai signalisieren aber einen Rückschlag für
das zweite Quartal. Hier wiederholt sich offensichtlich ein Muster, das die M+E-Industrie auch in den vergangenen Jahren erfahren musste („Wellblechkonjunktur“). Der
Auftragseingang entwickelt sich ebenfalls unbefriedigend: Im April/Mai sind vor allem
die Auslandsorders wieder schwächer ausgefallen. Und das Umfeld bleibt schwierig:
Die inländische Konsumkonjunktur geht zum großen Teil an M+E vorbei und aus dem
Export sind keine starken Impulse zu erwarten. Dennoch haben der gute Jahresanfang und der Tarifabschluss in der M+E-Industrie die Stimmung zunächst verbessert:
Die Beurteilung der Geschäftslage lag im Juni im Plus, bei den Geschäftserwartungen hält die Aufwärtsbewegung an. Die M+E-Unternehmen haben im April saisonbereinigt die Zahl der Mitarbeiter in etwa stabil gehalten. Die Beschäftigungspläne signalisieren Zurückhaltung bei weiteren Neueinstellungen. Die M+E-Unternehmen haben 2015 niedrigere Gewinne als im Vorjahr erwirtschaftet (ifo-Gewinnumfrage vom
Mai 2016). Für die weitere Geschäftsentwicklung sind die inländischen Investitionen
von zentraler Bedeutung. Hier gibt es ein erstes Hoffnungszeichen durch die anziehenden Investitionen im 1. Quartal. Die Verunsicherung der Investoren durch die Krisen in der Welt sowie durch die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in Deutschland – und
nicht zuletzt durch die BREXIT-Entscheidung in UK – ist aber nach wie vor spürbar.
Auftragseingang. Im April/Mai 2016 ist der Auftragseingang gegenüber dem ersten Quartal
saisonbereinigt um 1,2 Prozent gesunken. Dabei gingen die Inlandsaufträge um 0,2 Prozent
und die Auslandsaufträge um 1,9 Prozent zurück. Während die Auftragseingänge im Maschinenbau um 3,1 Prozent und im Fahrzeugbau um 1,3 Prozent gegenüber dem ersten
Quartal deutlich fielen, lagen der Bereich Elektro, DV-Geräte, Feinmechanik/Optik mit +0,2
Prozent und die Metallverarbeitung mit +0,7 Prozent leicht über dem Niveau des ersten
Quartals. (Grafik)
Produktion. Die M+E-Produktion lag im April/Mai saisonbereinigt um 1,4 Prozent unter
dem Niveau des ersten Quartals 2016. Die Entwicklung in den vier großen Branchen verlief
durchweg negativ: im Maschinenbau ging die Produktion gegenüber dem ersten Quartal um
2,2 Prozent zurück und im Fahrzeugbau um 1,3 Prozent. In der Metallverarbeitung (-1,1
Prozent) und im Bereich Elektro, DV-Geräte, Feinmechanik/Optik (-0,2 Prozent) lag der Index ebenfalls unter dem Wert des ersten Quartals. Die Kapazitätsauslastung lag im April
2016 bei 86,1 Prozent und damit leicht unter dem langjährigen Durchschnitt. (Grafik)
Beschäftigung. Die M+E-Beschäftigung lag im April 2016 mit 3.826.500 Mitarbeitern saisonbereinigt um 0,9 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Gegenüber März 2016 nahm die
Zahl geringfügig um etwa 500 ab. Die Beschäftigungspläne der M+E-Unternehmen signalisieren Zurückhaltung bei weiteren Neueinstellungen. Seit der Beschäftigungswende im
März 2010 zählt die M+E-Industrie per Saldo rund 389.300 zusätzliche Arbeitsplätze. Durch
die Krise 2008/09 hatte die Branche 231.000 Arbeitsplätze verloren, relativ wenig im Vergleich zum Produktionseinbruch. In Ostdeutschland lag die Beschäftigung zuletzt bei rund
471.900. Die Zahl der Zeitarbeitnehmer ist 2015 wieder leicht gestiegen, von 180.000 im
Juni 2014 auf 190.000 im Juni 2015. (Grafik)
2
Arbeitsmarkt. Auf dem Arbeitsmarkt ist die Schere zwischen Arbeitslosigkeit und gemeldeten offenen Stellen am aktuellen Rand geringfügig größer geworden. Ohnehin bleibt der
Trend weiter positiv: Die Bundesagentur für Arbeit zählte im Juni 2016 in den M+EBerufen saisonbereinigt 148.700 Arbeitslose, 7.600 weniger als im Vorjahresmonat. Andererseits waren 131.000 ungeförderte offene Stellen gemeldet, eine Zunahme von 13.300
gegenüber dem Vorjahresmonat. Faktisch signalisiert diese Situation eine spürbare Anspannung auf dem Arbeitsmarkt. Im Dezember 2015 gab es in der M+E-Industrie nach
ersten BA-Prognosen rund 25.600 Kurzarbeiter. Der Höhepunkt der vergangenen Krise
lag im Mai 2009 bei 975.000 Kurzarbeitern. Die Anzeigen der M+E-Betriebe zur Kurzarbeit betrugen im Juni 2016 rund 5.600.
Verdienste. Im Gesamtjahr 2015 stiegen die Bruttomonatsverdienste in der M+E-Industrie
(Vollzeit inkl. Mehrarbeit, Kurzarbeit, ohne Sonderzahlungen) um 3 Prozent und die Bruttostundenverdienste um 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Durchschnitt des Jahres
2014 waren die Monatsverdienste um 3,3 Prozent und die Stundenverdienste um 3,5 Prozent gestiegen.
Kosten, Produktivität. Die Lohnstückkosten sind in den ersten vier Monaten 2016 um 0,7
Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum gestiegen. Einem deutlichen Anstieg
der Arbeitskosten (+1,8 Prozent) stand ein Produktivitätsplus von 1,1 Prozent gegenüber.
Bereits 2015 waren die Lohnstückkosten um 2,5 Prozent gestiegen (Grafik). Die Energiepreise sinken weiter: während aber Öl- und Gaspreise im vierten Quartal 2015 gegenüber
dem Vorjahreszeitraum deutlich nachgaben (Öl: -27,4 Prozent; Gas: -11,5 Prozent), sind
die Strompreise mit -1,1 Prozent nur leicht gesunken. Bei den Stahlerzeugnissen lagen die
Preise der meisten Sorten im vierten Quartal 2015 deutlich unter dem Vorjahresniveau.
Preise. Nach einer Phase sinkender Erzeugerpreise, hatten sich die Märkte zwischenzeitlich stabilisiert. Allerdings schwächt sich der Preisanstieg zuletzt wieder ab. Die Preise für
M+E-Erzeugnisse lagen im ersten Quartal 2016 um 0,3 Prozent unter dem Vorjahr (nach
0,1 Prozent in Q4). Während die Exportpreise im ersten Quartal stagnierten (nach 1,6
Prozent in Q4), lagen die Importpreise um 1,6 Prozent unter dem Vorjahr (Q4: 1,3 Prozent). Die Verbraucherpreise sind 2015 mit einer Jahresrate von 0,3 Prozent spürbar
langsamer gestiegen als 2013 (+1,5 Prozent) und 2014 (+0,9 Prozent). Im Mai 2016 sind
die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 0,1 Prozent gestiegen. (Grafik)
Erträge. Laut ifo-Umfrage von Mai 2016 erwirtschaftete die M+E-Industrie 2015 im Durchschnitt Gewinne nach Steuern in Höhe von 4 Prozent des Umsatzes. Die Renditen liegen
damit unter dem Niveau des Jahres 2014. Und die Erträge bleiben auch weiterhin unter
dem Vorkrisenniveau von 2007 (4,7 Prozent). Die Zahl der Insolvenzen im M+E-Gewerbe
(Industrie + Handwerk) lag 2015 mit 988 Insolvenzen deutlich unter dem Niveau des Vorjahres (1.044 Insolvenzen).
Geschäftsklima. Der ifo-Geschäftsklimaindex für die M+E-Industrie ist im Juni 2016 geringfügig gestiegen und liegt nun bei 100,8 Punkten (Mai: 100,4 Punkte). Während der saisonbereinigte Saldo aus positiven und negativen Beurteilungen der Geschäftslage von +16
Punkte auf +15 Punkte abnahm, ist der Saldo der Erwartungen der M+E-Unternehmen von
-2 Punkte auf +1 Punkt gestiegen. (Grafik)
Aussichten 2016. Im Jahr 2015 (Jahresdurchschnitt) ist die M+E-Produktion um 0,6 Prozent
gewachsen. Für 2016 ist nach bisherigen Prognosen ein Wert zwischen 0,5 und 1 Prozent zu
erwarten. Die Beschäftigung liegt inzwischen deutlich über dem Vorkrisenniveau, nach den
Plänen der Unternehmen ist für die kommenden Monate allenfalls mit einem leichten Beschäftigungszuwachs zu rechnen.
3
Zahlen auf einen Blick
I/14
II/14
III/14
IV/14
I/15
II/15
III/15
IV/15
I/16
Geschäftslage (Saldo)
+25
+27
+19
+14
+16
+21
+19
+20
+15
Erwartungen (Saldo)
+18
+14
+4
-1
+6
0
+2
+9
-7
Auftragseingang, saisonbereinigt, in Prozent gegenüber dem Vorquartal
Gesamt
+0,8
-1,4
+1,4
+1,9
-0,7
+2,2
-2,9
+0,8
+1,1
Inland
+1,9
-1,1
-0,9
+2,9
+1,7
-1,5
+0,6
+0,9
-1,2
Ausland
+0,0
-1,7
+3,2
+1,3
-2,3
+4,9
-5,4
+0,7
+2,8
Auftragseingang, arbeitstäglich bereinigt, in Prozent gegenüber dem Vorjahr
Gesamt
+4,9
+2,3
+2,9
+2,6
+1,6
+5,5
+0,3
-0,9
+1,0
Inland
+4,0
+3,7
-0,9
+2,6
+2,7
+2,1
+3,6
+2,4
-1,4
Ausland
+5,6
+1,3
+5,7
+2,7
+0,8
+8,0
-2,0
-3,1
+2,9
Produktion, arbeitstäglich- und saisonbereinigt, ohne WZ32/33, in Prozent gegenüber dem Vorquartal
+1,5
-0,8
+0,0
+1,5
-0,4
+0,1
-0,1
-0,5
+2,9
Produktion, arbeitstäglich bereinigt, in Prozent gegenüber Vorjahr
+4,6
+1,9
+2,1
+2,0
+0,2
+1,3
+0,8
-0,9
+2,1
Auslastungsgrad, saisonbereinigt, in Prozent der betriebsüblichen Vollauslastung
Apr14
Jul14
Okt14 Jan15 Apr15
Jul15
Okt15
85,4
85,6
86,0
86,0
85,7
85,4
85,9
Beschäftigte, saisonbereinigt, absolut in Tsd. gegenüber Vormonat
Aug15 Sep15 Okt15 Nov15 Dez15
+4,3
+0,5
+3,8
+3,2
-1,3
Beschäftigte, Original, in Prozent gegenüber Vorjahr
+1,1
+1,1
+1,1
+1,2
+1,2
Jan16
86,5
Apr16
86,1
Jan16
+0,7
Feb17
+4,4
Mrz16
+7,4
Apr16
-0,5
+1,1
+1,0
+1,0
+0,9
Dez15
162,8
Jan16
155,0
Feb16
149,2
Mrz16
145,6
Apr16
144,4
125,0
132,3
129,6
131,2
133,8
Arbeitskräftemangel, saisonbereinigt, %-Anteil der Betriebe mit Produktionsbehinderungen
Apr14
Jul14
Okt14 Jan15 Apr15
Jul15
Okt15 Jan16
8
9
9
8
8
10
9
7
Apr16
12
Arbeitslose, saisonbereinigt (ohne Helferberufe, Tsd.)
Aug15 Sep15 Okt15 Nov15
163,2
164,6
165,3
165,3
Offene Stellen, saisonbereinigt (Berufe, Tsd.)
112,4
112,5
115,5
119,0
in % ggü. Vorjahr
Lohnkosten (h)
Produktivität (h)
Lohnstückkosten
Bruttoentgelte
(Mo.,Vollz. o. SZ)
Erzeugerpreise
Verbraucherpreise
Erträge (Nettoumsatzrendite in %)
Stand: 11.07.2016
I/14
+1,8
+2,7
-0,9
II/14
+5,5
+1,5
+3,9
III/14
+2,9
+1,7
+1,1
IV/14
+1,5
-0,3
+1,8
I/15
+3,8
+0,8
+3,0
II/15
+3,0
+0,1
+2,9
III/15
+2,5
-0,7
+3,2
IV/15
+0,5
-1,5
+2,0
I/16
+2,9
+0,8
+2,1
+3,5
+4,0
+3,0
+2,8
+2,7
+3,4
+2,9
+3,0
-0,4
+1,2
-0,1
+1,1
+0,4
+0,8
+0,6
+0,5
+0,8
0,0
+1,1
+0,8
+0,5
+0,1
+0,1
+0,3
-0,3
+0,3
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
4,7
2,4
0,2
3,2
3,4
3,5
4,1
4,2
3,6
4
Produktion
Auftragseingang
Enttäuschung im zweiten Quartal
Das zweite Quartal entwickelt sich deutlich schwächer
saison- und kalenderbereinigte Quartalswerte, WZ 2008, Indexwerte: 2010 = 100
120
Auf tragseingang, saison- u. preisbereinigte Quartalswerte, 2010 = 100, WZ 2008
April/Mai
115
130,0
April/Mai 2016 gegenüber 1. Quartal 2016
Gesamt:
Inland:
Ausland:
110
110,0
105
April/Mai
saisonbereinigter Niveauvergleich
120,0
-1,2%
-0,2%
-1,9%
April/Mai 2016 gegenüber 1. Quartal 2016
saisonbereinigter Niveauvergleich
100
100,0
-1,4%
95
Ausland
Gesamt
Inland
90,0
90
80,0
85
70,0
80
75
60,0
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Quelle: Statistisches Bundesamt
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Quelle: Statistisches Bundesamt
ifo Konjunkturtest
Beschäftigung
Optimismus kehrt langsam zurück
Beschäftigungsaufbau stagniert
M+E-Industrie Deutschland, saisonbereinigte Entwicklung. Saldo der Firmenmeldungen über gute (+)
und schlechte (-) Geschäftslage bzw. günstigere (+) und ungünstigere (-) Geschäftserwartungen
60
saisonbereinigte Entwicklung, in Tausend, Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten*
3.950
50
3.850
40
Aufbau von Feb. 2006 bis Okt. 2008: +242.000
Abbau von Okt. 2008 bis März 2010: -231.000
Aufbau seit März 2010: +389.300
April
3.826,5
30
Juni
20
3.750
10
0
April 2016
gegenüber
April 2015:
+0,9%
3.650
-10
-20
3.550
-30
-40
Lage
Erwartungen
-50
-60
3.450
3.350
-70
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
Quelle: ifo Konjunkturtest
Quelle: Statistisches Bundesamt, Gesamtmetall-Berechnungen; *2016 vorläufige Zahlen
Arbeitskosten & Produktivität (M+E)
Märkte & Preise
Anstieg der Lohnstückkosten setzt sich weiter fort
23
Veränderung gegen Vorjahr in Prozent
17,9
18
13
1. Quartal
4%
Arbeitskosten/Stunde
Produktivität/Stunde
Lohnstückkosten
10,4
Erzeugerpreise stehen unter Druck
Veränderung gegen Vorjahr in Prozent, Vierteljahreswerte
5%
3%
2%
1%
8
5,9
2,9
3 2,1 2,3
-2
5,9
6
4,1
3,5 4,2 2,9
0
-0,2
-3
-1,9
-0,7
-0,1
-7
*2016:
bis Apr.
-0,3
-1%
-1,3
-2%
-3%
Ausfuhrpreise
Erzeugerpreise
Einfuhrpreise
-4%
-5%
-12
-17
0,0
0%
2,5 2,5 1,8
1,31,6
1,1 0,7
2008
-12
2009
Quelle: Statistisches Bundesamt
-6%
-10,4
2010
2011
2012
2013
2014 2015
2016*
-7%
2007
2008
2009
Quelle: Statistisches Bundesamt.
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016