Die wirtschaftliche Lage der M+E-Industrie im Herbst 2016 Die M+E-Industrie ist mit einem deutlichen Anstieg der Produktion in das Jahr 2016 gestartet, konnte das hohe Niveau in den folgenden Monaten aber nicht halten. Hier wiederholt sich offensichtlich das Muster einer „Wellblechkonjunktur“, das die M+EIndustrie auch in den vergangenen Jahren erfahren musste. Der Auftragseingang entwickelt sich ebenfalls unbefriedigend: Im Juli/August sind vor allem die Inlandsorders deutlich schwächer ausgefallen. Und das Umfeld bleibt schwierig: Die inländische Konsumkonjunktur geht zum großen Teil an M+E vorbei und aus dem Export sind keine starken Impulse zu erwarten. Zusätzlich hat die Entscheidung der Briten für den BREXIT die Unternehmen zunächst verunsichert. Allerdings ist die Beurteilung der Geschäftslage und vor allem der Geschäftserwartungen im September wieder spürbar gestiegen. Die M+E-Unternehmen haben die Zahl der Mitarbeiter im Juli saisonbereinigt weiter leicht erhöht. Die Beschäftigungspläne signalisieren Zurückhaltung bei Neueinstellungen. Die M+E-Unternehmen haben 2016 ihre Gewinne im Vergleich zum Vorjahr stabil gehalten (ifo-Gewinnumfrage vom September 2016). Für die weitere Geschäftsentwicklung sind die inländischen Investitionen von zentraler Bedeutung. Die Verunsicherung der Investoren durch die Krisen in der Welt sowie durch die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in Deutschland – und nicht zuletzt durch die BREXIT-Entscheidung – ist nach wie vor spürbar. Auftragseingang. Im Juli/August 2016 ist der Auftragseingang gegenüber dem zweiten Quartal saisonbereinigt um 0,4 Prozent gestiegen. Dabei gingen die Inlandsaufträge um 1,0 Prozent zurück, die Auslandsaufträge nahmen um 1,3 Prozent zu. Während die Auftragseingänge in der Metallverarbeitung um 1,6 Prozent und im Bereich Elektro, DV-Geräte, Feinmechanik/Optik um 0,2 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal fielen, lagen der Maschinenbau mit +0,3 Prozent und der Fahrzeugbau mit +0,8 Prozent über dem Niveau des zweiten Quartals. (Grafik) Produktion. Die M+E-Produktion lag im Juli/August saisonbereinigt um 0,2 Prozent unter dem Niveau des zweiten Quartals 2016. Die Entwicklung verlief größtenteils negativ: während die Produktion gegenüber dem zweiten Quartal in der Metallverarbeitung (-1,8 Prozent) und im Maschinenbau (-0,2 Prozent) zurückging, stagnierte die Produktion im Bereich Elektro, DV-Geräte, Feinmechanik/Optik. Lediglich im Fahrzeugbau lag der Index mit +2,2 Prozent über dem Wert des zweiten Quartals 2016. Die Kapazitätsauslastung lag im Juli 2016 bei 86,1 Prozent und damit leicht unter dem langjährigen Durchschnitt. (Grafik) Beschäftigung. Die M+E-Beschäftigung lag im Juli 2016 mit 3.834.200 Mitarbeitern saisonbereinigt um 0,8 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Gegenüber Juni 2016 nahm die Zahl um etwa 4.500 zu. Die Beschäftigungspläne der M+E-Unternehmen signalisieren Zurückhaltung bei weiteren Neueinstellungen. Seit der Beschäftigungswende im März 2010 zählt die M+E-Industrie per Saldo rund 397.000 zusätzliche Arbeitsplätze. Durch die Krise 2008/09 hatte die Branche 231.000 Arbeitsplätze verloren, relativ wenig im Vergleich zum Produktionseinbruch. In Ostdeutschland lag die Beschäftigung zuletzt bei rund 471.500. Die Zahl der Zeitarbeitnehmer ist 2015 wieder leicht gestiegen, von 180.000 im Juni 2014 auf 190.000 im Juni 2015. (Grafik) 2 Arbeitsmarkt. Auf dem Arbeitsmarkt ist die Schere zwischen Arbeitslosigkeit und gemeldeten offenen Stellen am aktuellen Rand wieder etwas größer geworden. Ohnehin bleibt der Trend weiter positiv: Die Bundesagentur für Arbeit zählte im September 2016 in den M+E-Berufen saisonbereinigt 157.200 Arbeitslose, 7.400 weniger als im Vorjahresmonat. Andererseits waren 123.600 ungeförderte offene Stellen gemeldet, eine Zunahme von 11.100 gegenüber dem Vorjahresmonat. Faktisch signalisiert diese Situation eine spürbare Anspannung auf dem Arbeitsmarkt. Im März 2016 gab es in der M+E-Industrie nach ersten BA-Prognosen rund 34.300 Kurzarbeiter. Der Höhepunkt der vergangenen Krise lag im Mai 2009 bei 975.000 Kurzarbeitern. Die Anzeigen der M+E-Betriebe zur Kurzarbeit betrugen im Juli 2016 rund 6.100. Verdienste. Im ersten Quartal 2016 stiegen die Bruttomonatsverdienste in der M+EIndustrie (Vollzeit inkl. Mehrarbeit, Kurzarbeit, ohne Sonderzahlungen) um 2,8 Prozent und die Bruttostundenverdienste um 2,9 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum. Im Durchschnitt des Jahres 2015 waren die Monatsverdienste um 3 Prozent und die Stundenverdienste um 2,7 Prozent gestiegen. Kosten, Produktivität. Die Lohnstückkosten sind von Januar bis Juli 2016 um 1,3 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum gestiegen. Einem deutlichen Anstieg der Arbeitskosten (+1,8 Prozent) stand ein Produktivitätsplus von 0,5 Prozent gegenüber. Bereits 2015 waren die Lohnstückkosten um 2,5 Prozent gestiegen (Grafik). Die Energiepreise sinken weiter: während Öl- und Gaspreise im zweiten Quartal 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum deutlich nachgaben (Öl: -25,0 Prozent; Gas: -16,8 Prozent), sind die Strompreise mit +0,7 Prozent leicht gestiegen. Bei den Stahlerzeugnissen lagen die Preise der meisten Sorten im zweiten Quartal 2016 weiterhin deutlich unter dem Vorjahresniveau. Preise. Die M+E-Unternehmen haben 2016 mit sinkenden Erzeugerpreisen zu kämpfen, es herrscht deutlicher Preisdruck auf den Märkten. Die Preise für M+E-Erzeugnisse lagen im zweiten Quartal 2016 um 0,5 Prozent unter dem Vorjahr (nach 0,3 Prozent in Q1), die Exportpreise um 0,7 (nach ±0 Prozent in Q1) und die Importpreise um 2,3 Prozent unter Vorjahr (Q1: 1,6 Prozent). Die Verbraucherpreise sind 2015 mit einer Jahresrate von 0,3 Prozent spürbar langsamer gestiegen als 2013 (+1,5 Prozent) und 2014 (+0,9 Prozent). Im September 2016 sind die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 0,7 Prozent gestiegen. (Grafik) Erträge. Laut ifo-Umfrage von September 2016 wird die M+E-Industrie 2016 im Durchschnitt Gewinne nach Steuern in Höhe von 3,7 Prozent des Umsatzes erwirtschaften. Die Erträge bleiben damit auch weiterhin unter dem Vorkrisenniveau von 2007 (4,7 Prozent). Die Zahl der Insolvenzen im M+E-Gewerbe (Industrie + Handwerk) lag 2015 mit 988 Insolvenzen deutlich unter dem Niveau des Vorjahres (1.044 Insolvenzen). Geschäftsklima. Der ifo-Geschäftsklimaindex für die M+E-Industrie ist im September 2016 deutlich gestiegen und liegt nun bei 103,2 Punkten (August: 99,0 Punkte). Der saisonbereinigte Saldo aus positiven und negativen Beurteilungen der Geschäftslage stieg von +11 Punkte auf +19 Punkte, der Saldo der Erwartungen der M+E-Unternehmen nahm deutlich von -2 Punkte auf +7 Punkte zu. (Grafik) Aussichten 2016. Im Jahr 2015 (Jahresdurchschnitt) ist die M+E-Produktion um 0,6 Prozent gewachsen. Für 2016 ist nach bisherigen Prognosen ein Wert zwischen 0,5 und 1 Prozent zu erwarten. Die Beschäftigung liegt inzwischen deutlich über dem Vorkrisenniveau, nach den Plänen der Unternehmen ist für die kommenden Monate allenfalls mit einem leichten Beschäftigungszuwachs zu rechnen. 3 Zahlen auf einen Blick I/14 II/14 III/14 IV/14 I/15 II/15 III/15 IV/15 I/16 +25 +27 +19 +14 +16 +21 +19 +20 +15 Geschäftslage (Saldo) +18 +14 +4 -1 +6 0 +2 +9 -7 Erwartungen (Saldo) Auftragseingang, saisonbereinigt, in Prozent gegenüber dem Vorquartal Gesamt +0,8 -1,4 +1,4 +1,9 -0,7 +2,2 -2,9 +0,8 +1,1 Inland +1,9 -1,1 -0,9 +2,9 +1,7 -1,5 +0,6 +0,9 -1,2 Ausland +0,0 -1,7 +3,2 +1,3 -2,3 +4,9 -5,4 +0,7 +2,8 Auftragseingang, arbeitstäglich bereinigt, in Prozent gegenüber dem Vorjahr Gesamt +4,9 +2,3 +2,9 +2,6 +1,6 +5,5 +0,3 -0,9 +1,0 Inland +4,0 +3,7 -0,9 +2,6 +2,7 +2,1 +3,6 +2,4 -1,4 Ausland +5,6 +1,3 +5,7 +2,7 +0,8 +8,0 -2,0 -3,1 +2,9 Produktion, arbeitstäglich- und saisonbereinigt, ohne WZ32/33, in Prozent gegenüber dem Vorquartal +1,5 -0,8 +0,0 +1,5 -0,4 +0,1 -0,1 -0,5 +2,9 Produktion, arbeitstäglich bereinigt, in Prozent gegenüber Vorjahr +4,6 +1,9 +2,1 +2,0 +0,2 +1,3 +0,8 -0,9 +2,1 Auslastungsgrad, saisonbereinigt, in Prozent der betriebsüblichen Vollauslastung Apr14 Jul14 Okt14 Jan15 Apr15 Jul15 Okt15 85,4 85,6 86,0 86,0 85,7 85,4 85,9 Beschäftigte, saisonbereinigt, absolut in Tsd. gegenüber Vormonat Aug15 Sep15 Okt15 Nov15 Dez15 +4,3 +0,5 +3,8 +3,2 -1,3 Beschäftigte, Original, in Prozent gegenüber Vorjahr +1,1 +1,1 +1,1 +1,2 +1,2 Jan16 86,5 Apr16 86,1 Jan16 +0,7 Feb17 +4,4 Mrz16 +7,4 Apr16 -0,5 +1,1 +1,0 +1,0 +0,9 Dez15 162,8 Jan16 155,0 Feb16 149,2 Mrz16 145,6 Apr16 144,4 125,0 132,3 129,6 131,2 133,8 Arbeitskräftemangel, saisonbereinigt, %-Anteil der Betriebe mit Produktionsbehinderungen Apr14 Jul14 Okt14 Jan15 Apr15 Jul15 Okt15 Jan16 8 9 9 8 8 10 9 7 Apr16 12 Arbeitslose, saisonbereinigt (ohne Helferberufe, Tsd.) Aug15 Sep15 Okt15 Nov15 163,2 164,6 165,3 165,3 Offene Stellen, saisonbereinigt (Berufe, Tsd.) 112,4 112,5 115,5 119,0 in % ggü. Vorjahr Lohnkosten (h) Produktivität (h) Lohnstückkosten Bruttoentgelte (Mo.,Vollz. o. SZ) Erzeugerpreise Verbraucherpreise Erträge (Nettoumsatzrendite in %) Stand: 14.10.2016 II/14 +5,5 +1,5 +3,9 III/14 +2,9 +1,7 +1,1 IV/14 +1,5 -0,3 +1,8 I/15 +3,8 +0,8 +3,0 II/15 +3,0 +0,1 +2,9 III/15 +2,5 -0,7 +3,2 IV/15 +0,5 -1,5 +2,0 I/16 +2,9 +0,8 +2,1 II/16 +4,0 +3,0 +2,8 +2,7 +3,4 +2,9 +3,0 -0,1 +1,1 +0,4 +0,8 +0,6 +0,5 +0,8 0,0 +1,1 +0,8 +0,5 +0,1 +0,1 +0,3 -0,3 +0,3 +0,1 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 4,7 2,4 0,2 3,2 3,4 3,5 4,1 4,2 3,6 4 Produktion Auftragseingang Stabilisierung auf niedrigerem Niveau Auslandsgeschäft zieht an Auftragseingang, saison- u. preisbereinigte Quartalswerte, 2010 = 100, WZ 2008 saison- und kalenderbereinigte Quartalswerte, WZ 2008, Indexwerte: 2010 = 100 120 130,0 Juli/August 2016 gegenüber 2. Quartal 2016 115 Juli/August Gesamt: Inland: Ausland: 110 110,0 105 Juli/August saisonbereinigter Niveauvergleich 120,0 +0,4% -1,0% +1,3% Juli/August 2016 gegenüber 2. Quartal 2016 saisonbereinigter Niveauvergleich 100 100,0 -0,2% 95 Ausland Gesamt Inland 90,0 90 80,0 85 70,0 80 75 60,0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: Statistisches Bundesamt Quelle: Statistisches Bundesamt ifo Konjunkturtest Beschäftigung Zuletzt deutliche Erholung des Klimas Leichter Beschäftigungsaufbau setzt sich fort M+E-Industrie Deutschland, saisonbereinigte Entwicklung. Saldo der Firmenmeldungen über gute (+) und schlechte (-) Geschäftslage bzw. günstigere (+) und ungünstigere (-) Geschäftserwartungen 60 saisonbereinigte Entwicklung, in Tausend, Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten* 3.950 50 3.850 40 Aufbau von Feb. 2006 bis Okt. 2008: +242.000 Abbau von Okt. 2008 bis März 2010: -231.000 Aufbau seit März 2010: +397.000 Juli 3.834,2 September 30 3.750 20 10 0 Juli 2016 gegenüber Juli 2015: +0,8% 3.650 -10 -20 3.550 -30 -40 Lage Erwartungen -50 -60 3.450 3.350 -70 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Quelle: ifo Konjunkturtest Quelle: Statistisches Bundesamt, Gesamtmetall-Berechnungen; *2016 vorläufige Zahlen Arbeitskosten & Produktivität (M+E) Märkte & Preise Anstieg der Lohnstückkosten setzt sich fort 23 Veränderung gegen Vorjahr in Prozent 17,9 18 13 Erheblicher Preisdruck auf den Märkten 4% Arbeitskosten/Stunde Produktivität/Stunde Lohnstückkosten 10,4 Veränderung gegen Vorjahr in Prozent, Vierteljahreswerte 5% 2. Quartal 3% 2% 1% 8 5,9 2,9 3 2,1 2,3 -2 5,9 6 4,1 0 -0,2 -3 -1,9 3,5 4,2 2,9 2,5 2,5 1,8 1,3 1,31,6 0,5 -0,7 -0,1 -7 -0,5 -0,7 -2% -2,3 -3% Ausfuhrpreise Erzeugerpreise Einfuhrpreise -4% -5% -12 -17 *2016: bis Juli 0% -1% 2008 -12 2009 Quelle: Statistisches Bundesamt -6% -10,4 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016* -7% 2007 2008 2009 Quelle: Statistisches Bundesamt. 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
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