Immobilienrecht Juli 2016

IMMOBILIENRECHT
JULI 2016
Wohnraumüberlassung für den Fremdenverkehr
Der Markt für Wohnraumüberlassung für den
Fremdenverkehr erlebt zurzeit großen Aufschwung. Probleme und Unmut gibt es indes dann,
wenn nicht alle an der Wohnraumüberlassung Beteiligten hiermit einverstanden sind.
Es sind hier zwei Anwendungskreise betroffen.
Zum Einen ist der Anwendungsbereich der gewerblichen Vermietung von Ferienwohnungen zu
erwähnen, der maßgeblich von online-Angeboten
profitiert. Hiermit beschäftigt sich der erste Teil des
Newsletters und behandelt eine Entscheidung des
Verwaltungsgerichts (VG) Berlin zur Recht- und
Verfassungsmäßigkeit der Berliner Zweckentfremdungsverbotsverordnung. Zu fragen ist hier auch
nach den Auswirkungen auf den hiesigen Wohnungsmarkt.
Zum Anderen werden Vermieter mit einer solchen
Nutzung und Untervermietung durch die eigenen
Mieter nicht zwangsläufig einverstanden sein. Im
zweiten Teil des Newsletters wird deswegen eine
Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu touristischen Untervermietungen besprochen.
1. Verwaltungsgericht Berlin,
08.06.2016, Az. VG 6 K 103.16
Urteil
vom
In Berlin wurde bereits 2014 die sog. Zweckentfremdungsverbotsverordnung (ZwVbVO) zur Sicherung und Verbesserung der Versorgung der
Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum in
ganz Berlin beschlossen.
Nach Verstreichen der in der Verordnung angesetzten Übergangsfrist ist zum 01.05.2016 diese
Verordnung auch für gewerbliche Anbieter bereits
bestehender Ferienwohnungen in Kraft getreten.
Seitdem ist es in Berlin fast unmöglich, Wohnungen an Feriengäste über Internetportale, wie
www.airbnb.de oder www.wimdu.de auf dem
Markt gewerbsmäßig anzubieten.
Die nunmehr ergangene Entscheidung des VG
Berlin bestimmt das Zweckentfremdungsverbot als
verfassungsgemäß und insbesondere als im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung ergangen.
Diese leitet sich aus dem Berliner Zweckentfremdungsverbotsgesetz (ZwVbG), einem durch den
Senat förmlich erlassenen Landesgesetz, ab.
Auch die Eigentums- oder Berufsfreiheit seien von
dieser Verordnung nicht verletzt, so das VG Berlin.
Die Eingriffe in die Grundrechte seien jedenfalls
zur Sicherung der zureichenden Versorgung der
Bevölkerung mit Wohnraum gerechtfertigt.
Die Anbieter für Ferienwohnungen wurden zudem
darauf verwiesen, dass auch im Rahmen der Verordnung in Ausnahmefällen eine Genehmigung erteilt werden kann.
Gerade vor dem Hintergrund der nunmehr ausstehenden dritten Mietrechtsnovellierung, die für Anfang 2017 vom Bundestag angesetzt wurde, ist
eine solche Rechtsprechung nicht verwunderlich.
2. Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.01.2014, Az.
XIII ZR 210/13
In diesem Zusammenhang steht auch das vorbezeichnete Urteil. Dabei ging es um Untervermietungen gemieteten Wohnraumes für touristische
Zwecke. Viele der auf den Internetportalen angebotenen Ferienwohnungen sind Mietwohnungen.
Mieter sehen dabei die Möglichkeit, aus einem eigentlich nicht benötigten Zimmer einen Nebenverdienst zu erzielen. Insbesondere in Großstädten ist
die touristische Anfrage groß.
Bereits im Jahre 2012 haben wiederum in Berlin
das Amtsgericht und sodann 2013 das Landgericht
in zwei voneinander unabhängigen Fällen fristlose
Kündigungen gegenüber Mietern bestätigt, die
über Vermietungsportale die vermieteten Wohnungen weitervermietet haben.
Der BGH hat die Kündigungen bestätigt und ausgeführt, dass eine solche Nutzung von Wohnraum
nur bei expliziter Genehmigung des Vermieters
möglich ist. An dieser Stelle mache es laut BGH
einen deutlichen Unterschied, ob eine dauerhafte
Untervermietung stattfindet oder eine kurzfristige
an wechselnde Touristen.
Die Überlassung von Wohnraum an Touristen ist
eine Untervermietung, die nach § 540 BGB grundsätzlich verboten ist. Der Mieter braucht also in jedem Fall die Erlaubnis des Vermieters zur Untervermietung. Für eine erlaubte Untervermietung an
Touristen muss diese auch genau darauf auch abgestimmt sein, so der BGH.
Im vorliegenden Fall erlaubte der Vermieter die
Untervermietung "ohne vorherige Überprüfung",
verlangte aber, dass dem jeweiligen Untermieter
eine Postempfangsvollmacht erteilt werde. Der
Mieter bot daraufhin die Wohnung anschließend
im Internet als Ferienwohnung an. Nach Verkauf
der Wohnung waren die neuen Vermieter hiermit
nicht einverstanden und kündigten dem Mieter
nach erfolgter Abmahnung fristlos.
Der VIII. Zivilsenat des BGH war nun der Auffassung, dass die Vermietung an Touristen nicht von
der seinerzeit erteilten generellen Erlaubnis zur
Untervermietung umfasst und nicht mit einer "normalen" und auf gewisse Dauer angelegten Untervermietung vergleichbar sei. Auch das Verlangen
nach einer Postvollmacht weise darauf hin, dass
die kurzfristige Vermietung an Touristen aus Sicht
der Vermieterin nicht von der Erlaubnis umfasst
gewesen sei.
Praxishinweis
Die Berliner Entscheidung tangiert mittelbar auch
die sonstigen Bundesländer. In Sachsen existiert
ebenfalls eine Zweckverbotsverordnung aus dem
Jahr 1996, die die Zweckentfremdung auch ohne
gewerblichen Einschlag für die Landeshauptstadt
Dresden und in den Städten Leipzig und Chemnitz
verbietet und unter Erlaubnisvorbehalt stellt. Wer
also in diesen sächsischen Städten Ferienwohnungen anbietet, muss sich zunächst eine Genehmigung bei der zuständigen Gemeinde einholen.
Auch wenn ein Vergleich der sächsischen Städte
mit Berlin, Hamburg oder ähnlichen Großstädten
sich nicht unbedingt gebietet, so sind die hiesigen
Wohnungsmärkte weit weg von einer entspannten
Lage.
Gewerbliche und sonstige Anbieter von Ferienwohnungen sollten die erteilten Genehmigungen
somit auf Aktualität und Wirksamkeit prüfen. Liegt
eine solche nicht vor, so ist dies umgehend nachzuholen. Die Aufhebung des Zweckentfremdungsverbotes ist wohl nicht in Sicht.
Die touristische Untervermietung wird vielen Vermietern ein Dorn im Auge sein. Deswegen ist es
unabdingbar, als Vermieter bzw. Hausverwaltung
die eigenen Wohnraummietverträge im Hinblick
auf Klauseln zur Untervermietung zu prüfen und
ggf. zu ergänzen.
Die generelle Erlaubnis der Untervermietung
würde letztendlich auch eine tageweise Untervermietung erlauben, wenn keine weiteren Einschränkungen vereinbart wurden.
Eine Klausel, die diese ausdrücklich verbietet oder
unter den Vorbehalt stellt, dass jede Untervermietung einer einzelfallspezifischen Erlaubnis bedarf,
sollte in jedem Mietvertrag zu finden sein. Ideal
wäre es, eine explizite Klausel zum Verbot der
tage- und wochenweisen Untervermietung in den
Mietvertrag aufzunehmen. Auch Sanktionsvorbehalte sollten an dieser Stelle explizit formuliert werden. So sollte der Mieter auch auf die Möglichkeit
der außerordentlichen Kündigung bei Zuwiderhandlungen hingewiesen werden.