Schmerztherapie - Berufung Altenpflege

Schmerztherapie im Alter: Wo hakt es
Prim. ao Univ.-Prof. Dr. Christian Lampl
Neurogeriatrie und Remobilisation
Barmherzige Schwestern Linz
Medizinische Universität Graz
Bereits bei Eintritt in das Berufsleben werden Pflegepersonen mit
schmerzleidenden Patienten konfrontiert und erleben sich in
diesen Situationen häufig als hilflos, was sich auf mangelnde
theoretische Kenntnisse sowie nicht vorhandene Fertigkeiten
zurückführen lässt. Dies resultiert zwangsläufig in einem Rückzug
– der Schmerzleidende bleibt somit allein gelassen und
mangelhaft therapeutisch versorgt.
Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS), 1999
„Die
erlebte
Diskrepanz
zwischen
dem
erforderlichen
schmerzmedizinischen Pflegeanspruch und der tatsächlich
ausgeführten, pflegerisch oft als unzureichend empfundenen
schmerzmedizinischen Versorgung der Patienten stellt sich somit
als die Wesentlichste des Pflegepersonals dar.“
Schlüter Gabriele, im pers. Gespräch 2012
WAS FEHLT HIER ???
Verständnis der ÄRZTLICHEN Tätigkeiten:
nicht nur den Regeln der Medizinwissenschaft sondern
vielmehr der Einsicht zu folgen, was die konkrete Situation
eines Patienten erfordert !
Verständnis der ÄRZTLICHEN TätIgkeiten:
nicht nur den Regeln der Medizinwissenschaft sondern
vielmehr der Einsicht zu folgen, was die konkrete Situation
eines Patienten erfordert !
Das bedeutet: sich wieder mehr auf seine ärztliche Kunst
besinnen, die die Fähigkeit voraussetzt, mit der Komplexität
einer Erkrankung und der individuellen Situation seines
Patienten gleichzeitig kreativ und professionell umzugehen !
Verständnis der PFLEGERISCHEN Tätigkeiten:
nicht nur den Regeln der Pflegewissenschaft sondern
vielmehr der Einsicht zu folgen, was die konkrete Situation
eines Patienten erfordert !
Das bedeutet: ein Selbstverständnis der professionellen
Rolle der Pflege im Rahmen des Schmerzmanagements zu
entwickeln!
Die Betreuung und Behandlung von Schmerzpatienten
erfordert neben der pflegerischen und medizinischen
Kompetenz auch die Fähigkeit, eine therapeutische
Beziehung zu den betroffenen Menschen, aber auch zu
Angehörigen und dem Behandlungsteam herzustellen!
Pflege – Pain Nurse
Mangelndes Wissen und falsche Überzeugungen seitens der
Patienten, Pflegenden und Ärzte sind wesentliche Ursachen für
eine inadäquate Schmerzbehandlung......
......Identifikation von Schmerzpatienten durch das
interprofessionelle Team ein Problemfeld in der Praxis darstellt.
Eigenverantwortlicher Bereich DGKP
GuKG §14
•
•
•
•
Dokumentation ist gesetzlich vorgeschrieben
Anamnese bzgl. Schmerzen
Schmerzmessung, Dokumentation des Wertes
Nichtmedikamentöse Therapie
Mitverantwortlicher Bereich DGKP
GuKG 15
• Verabreichen der Schmerzmedikation nach
ärztlicher Anordnung
• Kontrolle der Wirksamkeit
Vorgehen
Notwendiges Wissen
• zur Schmerzerkennung
• zur Schmerzeinschätzung
• über medikamentöse Schmerztherapie
• über nichtmedikamentöse Schmerztherapie
• über Nebenwirkungen, deren Prophylaxe und
Behandlungsmöglichkeiten
Beratung- und Schulungskompetenz in Bezug auf Schmerz
DER WEG ZUR RICHTIGEN THERAPIE – DIE PROBLEME
INDIVIDUALISIERTE BEHANDLUNG ??
BIO-PSYCHO-SOZIALE PROBLEMATIK
THERAPIEALGORITHMEN IM ALTER ??
SCHMERZ BEIM GERIATRISCHEN - DEMENTEN PATIENTEN
Die PROBLEME DER SCHMERZTHERAPIE IM ALTER
BEGLEITERSCHEINUNGEN VON
VON GERIATRISCHEN
SCHMERZPATIENT/INNEN
- SCHLAFSTÖRUNGEN
- ANGST/DEPRESSION
- SCHMERZWAHRNEHMUNG
- SCHMERZEMPFINDLICHKEIT
- APPETITLOSIGKEIT
- GEWICHTSVERLUST
- AKTIVITÄTSMINDERUNG
-
Ein Großteil der Pat.
bedarf einer komplexen
Behandlung
Pathophysiologischer Hintergrund
Pathophysiologischer Hintergrund
Pathophysiologischer Hintergrund
Klinisch relevante Fragen
Bei Patienten mit einem chronischen Schmerzsyndrom:
wie hoch ist der Effekt einer pharmakologischen /
nichtpharmakologischen Therapie in den Parametern:
- Schmerzreduktion
- Verbesserung der Funktionalität
- Verbesserung der QoL
GENERELLE PROGNOSEVARIABLEN
1.
PRÄMORBIDER STATUS
2.
SOZIALES UMFELD
3.
DIAGNOSTIK (abgeschlossen, offen)
4.
Vorbestehende PFLEGEBEDÜRFTIGKEIT
5.
6.
Ambulante Maßnahmne erfasst
THERAPIEMOTIVATION
SCHMERZTHERAPEUTISCHE
OPTIONEN
Aktivierende
Physiotherapiee
Medikamente
Neuraltherapie
Intervent. The
Psychologische
Betreuung
Ärztliches/pfl
egerisches
Gespräch
Kurativ
z.B. Strahlenth.
Chirurgie
Komlimentäre
Medizin
Individualisierte Schmerztherapie
1.
2.
3.
4.
5.
Multimodale Therapie – es gibt keine Patentlösung
Verständigung auf ein gemeinsames Therapiekonzept
Verständigung auf ein gemeinsames Therapieziel
Miteinbeziehung von Patient und Care giver
Berücksichtigung von Co-Morbiditäten
Medikamentöse Schmerztherapie
R E G E L N II
1.
Regelmäßige Gabe von Schmerzmedikation
oral – retard Form
Zeitplan (antizipative Gabe)
individuelle Dosis
individueller Dosisplan
2.
Exakte Einnahmeanleitung
3.
Kontrollierte Dosisanpassung
4.
Rechtzeitige Prophylaxe von NW
Medikamentöse Schmerztherapie
R E G E L N III
Stufe IV
Stufe III
Stufe II
SCHWACHE
OPIOIDE
Stufe I
NICHTOPIOIDE
NICHTOPIOIDE
KOANALGETIKA
ADJUVANTE THERAPIE
STARKE
OPIOIDE
INVASIVE
THERAPIE
NICHTOPIOIDE
RA-Blockaden
chir. palliative
Maßnahmen
BIO-PSYCHO-SOZIALE
SCHMERZMODELL
Biologische
Ebene
Schmerz
PsychoSoziale
Ebene
BIO-PSYCHO-SOZIALE
SCHMERZMODELL
Prädisponierende Faktoren
Aufrechterhaltende Faktoren
Auslösende
Faktoren
B i o l o g i s c h e
Vulnerabilität/
Diathese
E b e n e
Akuter
Schmerz
P s y c h o s o z i a l e
Prädisponierende Faktoren
Auslösende
Faktoren
Chronischer
Schmerz
E b e n e
Aufrechterhaltende Faktoren
Strukturiertes Schmerzinterview
für die Geriatrie
1. Schmerzdauer (akut/chronisch)
2. Schmerzlokalisation
3. Schmerzintensität und -häufigkeit
4. Beeinträchtigung durch den Schmerz (Ko-Morbiditäten)
5. Schmerzverändernde Bedingungen
6. Erlebte Kontrolle über den Schmerz
7. Stimmung
8. Kognitives Screening
bisherige wissenschaftliche Erkenntnisse
die subjektive Schmerzwelle (die Intensität, ab der ein Reiz als
Schmerz wahrgenommen wird) ist bei Patienten mit einem
progressiven kognitiven Defizitsyndrom und Gesunden gleich
die Schmerztoleranz (die Reizintensität, ab der ein Schmerz als
unerträglich wahrgenommen wird) ist bei Patienten mit einem
progressiven kognitiven Defizitsyndrom höher
die vegetative Schmerzschwelle (die Reizintensität, ab der
Bluttdruck und Pulsschlag ansteigen) ist bei Patienten mit einem
progressiven kognitiven Defizitsyndrom höher
Folgen sind ….
zunehmende Schwierigkeiten Schmerzempfindungen verbal zu
äußern und zu beschreiben (sprachliche Einschränkungen)
ein verändertes oder gestörtes Körpergefühl
ein Verlust des begrifflichen Konzepts „SCHMERZ“
eine Veränderung gefühlsmäßiger Reaktionen (Schmerzaffekt)
durch Veränderung Veränderungen im limbischen System
Weitere Problemfelder sind…….
Wissen über Maximaldosierungen / Umrechnung
Wissen über Wechselwirkungen/Arzneimittelinteraktionen
Wissen über Besonderheiten der Pharmakotherapie im Alter
Wissen über andere Applikationswege
Arzneimittel-Interaktionen von Opioid-Analgetika
Arzneimittel
Interaktion
Symptome
Zentral dämpfende Substanzen:
Alkohol, Benzodiazepine,
Antikonvulsiva, Antidepressiva
und Neuroleptika mit
sedierendem Effekt
Antisympathotonika
Wirkungsverstärkung durch synergistische
Wirkung
Verminderte Aufmerksamkeit,
Sfdierung, Benommenheit,
Atemdepression, Herzstillstand
Gemischte Opioid
Agonisten/Antagonisten:
Buprenorphin
Entzugssyndrom
- durch kompetetive
Hemmung an den
Rezeptoren
Pupillendilatation, Gänsehaut, Tremor,
Unruhe, Angst;
Erbrechen, Diarrhö;
Schmerzen; Tachykardie
CYP-Hemmer:
Makrolide
(Erythromycin,Clarytromycin);
Azolantymykotika;
Cimetidin, Grapefruitsaft;
Fluoxetin, Paroxetin;
Wirkunsgverstärkung
- durch Hemmung der
abbauenden Enzyme
(CYP3A4)
- durch Hemmung
von CYP2D6
Übelkeit, Obstipation, Bradykardie,
Blutdruckabfall, Miosis, Sedatiion,
Atemdepression
CYP Induktoren:
Carbamazepin, Phenytoin,
Phenobarbital, Primidon,
Rifampicin, Rifabutin,
Johanneskraut
Wirkungsabschwächung
- durch Induktion von
CYP3A4
Verringerte Analgesie;
Entzugssyndrom
Serotonin-Reuptake-Hemmer:
Citalopram, Escitalopram,
Fluoxetin, Fluvoxamin,
Milnacipram, Paroxetin,
Sertralin, Trazodon, Venlafaxin
„Serotonin-Syndrom“
- durch Hemmung des
Serotonintransporters
Angst, Erregtheit, Verwirrtheit,
instabiler Blutdruck, Diarrhö,
Übelkeit, Fieber, Schwitzen, Ataxie,
Hyperreflexie, Myoklonien,
Nystagmus, Tremor
MAO-Hemmer:
Moclobemid, Selegelin,
Rasagelin
„Serotonin-Syndrom“
Kopfschmerzen, Erregungszustände,
s.o.
Opioid
Alle
Alle vollen
Agonisten
Buprenorphin,
Fentanyl
Methadon
Codein,
Dihydocodein
Buprenorphin,
Fentanyl
Methadon
Fentanyl, Oxycodon
Pethidin
Tramadol
Phetidin
Propoxyphen
Tramadol
Äquivalenzdosen und -dosierungen
WHO II
WHO III
WHO II
200 mg/d
Tramadol
2x10 mg
Oxycodon
2x150 mg/d
Tramadol
WHO III
2x2 mg
Hydromorphon ret
OPIOIDE – CEILING EFFEKT
Substanzen ohne
Ceiling-Effekt
Substanzen mit
Ceiling-Effekt









Morphin
Hydromorphon
Oxycodon
Fentanyl
Buprenorphin
Pentazocin
Tramadol
Tilidin / Naloxon
Dihydrocodein
FAZIT:
Falls eine Zunahme der Schmerzen im Erkrankungsverlauf zu erwarten ist, sollte eine Substanz
ohne Ceiling-Effekt gewählt werden bzw. ein Präparat mit ausschließlich agonistischen
Eigenschaften, um eine spätere Umstellung zu erleichtern.
Besonderheiten der Pharmakotherapie
im Alter
Veränderungen
Pharmakokinetik
Beispiele für die Praxis
Rasches Anfluten hydrophiler
Substanzen
Morphium, Lorazepam,
Amitriptylin
Gesamtkörperfett
Erhöhte Konzentration
lipophiler Substanzen
Buprenorphin, Oxazepam
GFR 30-50%
Nephronenzahl
Renaler Blutfluss
Akkumulation
Gabapentin, Pregabalin
Cave: Aktive Metabolite
Morphin-3 und 6-glucuronid
Leberdurchblutung
Akkumulation
Amitriptylin, Imipramin,
Benzodiazepine, Fentanyl,
Paracetamol
Transportproteine
Erhöhung der freien
Wirkspiegel
Fentanyl, Buprenorphin, TA,
NSAIDs+Marcoumar+Gliben
clamid
Gesamtkörperwasser
(intrazellulär)
Andere Applikationswege
Sonde (PEG)
entspricht
oral
Subkutane Gabe
entspricht
1/3 d. oralen
Dosis
i.v. Gabe über
Venenkatheder oder
Port
entspricht
1/3 d. oralen
Dosis
Sonde (PEG)
entspricht
i.v. - 1/3 p.o.
s.c. – 1/3 p.o.
peridural – 1/30 p.o.
Intrathekal – 1/300 p.o.
Schmerztherapie ist Teamarbeit
DECLARATION OF MONTREAL 2010
Jeder Patient hat Anspruch auf eine qualitativ hochwertige medizinische
Versorgung. Dazu gehören eine dem aktuellen Stand der Wissenschaft
entsprechende Prävention und Behandlung von akuten und chronischen
Schmerzen.
DECLARATION OF MONTREAL 2010