fg aktuell 2/2016 - Finanzgericht Baden

FG aktuell
Neues aus dem Finanzgericht Baden-Württemberg
Nr. 2/2016
Sehr geehrte Damen und Herren,
anbei erhalten Sie im Mai 2016 unseren zweiten Newsletter des laufenden Jahres. Darin finden Sie
die in den letzten Monaten zur Veröffentlichung gelangten Entscheidungen des Finanzgerichts BadenWürttemberg sowie die jüngsten personellen Veränderungen.
Besonders hinweisen möchten wir Sie darauf, dass im Rahmen unserer Vortragsreihe aus Anlass
des Jubiläums „50 Jahre Finanzgericht“ am 6. Juli 2016 in Freiburg und am 13. Juli 2016 in
Stuttgart eine Veranstaltung zum Thema „Achtung Zoll – Internetkauf und Reiseverkehr“
stattfinden wird, zu der Sie herzlich eingeladen sind. Nähere Informationen dazu finden Sie am Ende
dieses Newsletters.
Mit freundlichen Grüßen, Ihre Newsletter-Redaktion.
Entscheidungsreporte
Trotz befürchtetem Datenausspähen keine Abgabe der
Einkommensteuererklärung in Papierform
Der 7. Senat hat mit Urteil vom 23. März 2016 – 7 K 3192/15 entschieden, dass Steuerpflichtige ihre
Einkommensteuererklärung auch dann in elektronischer Form abgeben müssen, wenn sie Bedenken
gegen die Sicherheit der Datenübertragung über das Internet hegen.
Der Kläger war als Ingenieur selbständig tätig und daher wegen des Umstands, dass sein
Jahresgewinn mehr als 410 € betragen hatte, gesetzlich zur Abgabe der Einkommensteuererklärung
in elektronischer Form durch Datenfernübertragung verpflichtet. Unter Berufung auf die Enthüllungen
des Whistleblowers Edward Snowden machte er geltend, dass jede Datenübermittlung an das
Finanzamt abgehört und verändert werden könne. Auch sei nicht auszuschließen, dass die von der
Finanzverwaltung bereitgestellte Software, wenn sie auf dem Rechner des Steuerpflichtigen installiert
wird, möglicherweise ein Eigenleben führen werde. Deshalb komme für ihn eine Übermittlung der
Steuerdaten über das Internet nicht in Frage. Das Finanzamt lehnte den Antrag des Klägers, ihm als
Alternative die Abgabe der Steuererklärung in Papierform bzw. auf einer CD zu gestatten, ab.
Auch die Klage zum Finanzgericht ist ohne Erfolg geblieben. Nach Auffassung des 7. Senats war es
dem Kläger zumutbar, ein befürchtetes Ausspähen seiner Daten durch handelsübliche
Sicherheitssoftware zu unterbinden. Die von der Finanzverwaltung kostenlos bereitgestellte
Übermittlungssoftware sei vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert
worden und gewährleistete ein hinreichendes Maß an Datensicherheit. Konkrete Sicherheitslücken
seien nicht erkennbar.
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Gegen das Urteil ist Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt worden (Az.: VIII B 43/16).
Kunstlehrerin kann Ausstellungsbesuche nicht von der Steuer absetzen
Mit Urteil vom 19. Februar 2016 – 13 K 2981/13 hat der 13. Senat entschieden, dass Aufwendungen
für den Besuch von Kunstausstellungen und Vernissagen bei einer Kunstlehrerin weder voll noch zur
Hälfte als Werbungskosten steuerlich abzugsfähig sind.
Die Klägerin unterrichtete als Oberstudienrätin das Fach Bildende Kunst an einem Gymnasium.
Daneben betätigte sie sich als freischaffende Kunstmalerin, wobei diese Tätigkeit vom Finanzamt als
„Liebhaberei“ angesehen und die mit ihr verbundenen langjährigen Verluste daher
einkommensteuerrechtlich nicht anerkannt wurden. Die künstlerische Betätigung wurde jedoch in den
dienstlichen Beurteilungen der Klägerin anerkennend hervorgehoben. Die Klägerin machte die ihr
entstandenen Kosten für den Besuch verschiedener Kunstausstellungen zur Hälfte als
Werbungskosten bei ihren Einkünften als Lehrerin steuerlich geltend. Das Finanzamt lehnte die
Berücksichtigung insgesamt ab.
Die dagegen gerichtete Klage hat das Finanzgericht abgewiesen. Der 13. Senat war der Auffassung,
dass Aufwendungen für den Besuch kultureller Veranstaltungen nur dann steuerlich abzugsfähig
seien, wenn sie nahezu ausschließlich beruflich veranlasst seien. Das sei jedoch hier nicht der Fall,
weil es fernliegend sei, dass die Klägerin als kulturell interessierte Bürgerin derartige Veranstaltungen
losgelöst von ihrer beruflichen Tätigkeit nicht besucht haben würde. Auch eine Aufteilung der Kosten
in einen beruflichen und einen privaten Teil komme nicht in Betracht, weil es sich um einheitliche
Veranstaltungen handele und jeder prozentuale Aufteilungsmaßstab willkürlich wäre.
Gegen das Urteil ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden.
Weitere Entscheidungen im Überblick
Einkommensteuer / Gewinnfeststellung
Besteuerung einer gesetzlichen Rente eines Selbständigen – Höchstbeitrag zur gesetzlichen
Rentenversicherung – Verfassungsmäßigkeit der Rentenbesteuerung (Urteil des 5. Senats vom
29. September 2015 – 5 K 1075/13; Revision beim BFH anhängig unter X R 33/15)
Deutsch-Schweizerische Konsultationsvereinbarungsverordnung – Unwirksamkeit von
Bestimmungen zur Berechnung der Nichtrückkehrtage bei Arbeitgeberwechsel und zum
Eintragungserfordernis der Funktionsbezeichnung als Direktor in das Schweizerische
Handelsregister (Urteil des 3. Senats vom 15. Oktober 2015 – 3 K 2913/13; Revision beim BFH
anhängig unter I R 22/16)
Steuerbarkeit von ohne Rechtsgrund erfolgten Rentenzahlungen (Urteil des 13. Senats vom
15. Januar 2016 –13 K 1813/14; siehe auch Pressemitteilung Nr. 5/2016)
Keine gewerbliche Betätigung allein durch Vermietung von Wohnungen im Rahmen des sog.
„Betreuten Wohnens“ und Vermittlung von Grundleistungen
(Urteil des 4. Senats vom
17. Februar 2016 – 4 K 1349/15)
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Zollrecht
Anwendung von § 68 FGO auf Nacherhebungsbescheide
– Wirksamkeit der
Antidumpingverordnung Nr. 393/98 - Definition der durch Antidumpingmaßnahmen betroffenen
Ware – Kein Vertrauensschutz nach Art. 220 Abs. 2 ZK bei unrichtiger Erklärung zum Ursprung
der Ware – Ermittlung der Frist, innerhalb derer die Mitteilung an den Zollschuldner erfolgen
darf (Urteil des 11. Senats vom 22. Dezember 2015 – 11 K 1567/10; Revision beim BFH anhängig
unter VII R 2/16)
Verfahrensrecht / Kostenrecht
Zur Zulässigkeit eines Vorlageersuchens und einer Anfertigung von Kontrollmitteilungen durch
den Außenprüfer des Finanzamts gemäß § 194 Abs. 3 AO vor dem Hintergrund einer an das
BZSt gerichteten internationalen Gruppenanfrage der Guardia di Finanza (Urteil des 3. Senats
vom 25. Juni 2015 – 3 K 2419/14; Revision beim BFH anhängig unter I R 97/15; siehe auch
Pressemitteilung Nr. 3/2016)
Eingeschränkte Erstattungsfähigkeit von Flugkosten eines Prozessbevollmächtigten im
Rahmen der Kostenfestsetzung – Mandatierung eines auswärtigen Rechtsanwalts –
Übernachtungskosten (Beschluss des 11. Senats vom 18. Januar 2016 – 11 KO 840/15)
Anhebung des Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen
Auswirkungen nach Inkrafttreten des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (Beschluss des
1. Senats vom 25. Januar 2016 – 1 KO 2611/15)
Unzulässigkeit der „Ruhendstellung“ einer Kontenpfändung gegen den Willen des
Drittschuldners – Als Bitte formulierte hoheitliche Anordnung als Verwaltungsakt i. S. des
§ 118 Satz 1 AO (Urteil des 11. Senats vom 26. Januar 2016 – 11 K 2973/14; Revision beim BFH
anhängig unter VII R 5/16; siehe auch Pressemitteilung Nr. 4/2016)
Personalien
Mit Ablauf des Monats Februar 2016 ist Vorsitzender Richter am Finanzgericht Günter Sauter mit
Erreichen der Altersgrenze in den gesetzlichen Ruhestand getreten. Herr Sauter war nach dem
Studium der Rechtswissenschaften in Würzburg und dem anschließenden Referendariat zunächst als
Sachgebietsleiter des höheren Dienstes in der baden-württembergischen Finanzverwaltung bei den
Finanzämtern Heilbronn, Ludwigsburg und Schwäbisch Hall tätig. Zum 1. März 1982 wechselte er an
das Finanzgericht Baden-Württemberg, wo er dem 9. Senat in Stuttgart angehörte. Mit seiner
Ernennung zum Vorsitzenden Richter übernahm Herr Sauter im Juni 2008 zunächst den Vorsitz im
14. Senat im Gerichtsteil Freiburg. Seit seiner Rückkehr nach Stuttgart im Oktober 2009 war Herr
Sauter Vorsitzender des 8. Senats.
Unser früherer Kollege, Richter am Finanzgericht Klaus Fingerhut, bislang tätig im 8. Senat in
Stuttgart, ist nach Beendigung seiner Abordnung zum 1. März 2016 als Leitender Regierungsdirektor
an das baden-württembergische Ministerium für Finanzen und Wirtschaft zurückgekehrt.
Seit dem 1. April 2016 verstärkt Susanne Armbruster den richterlichen Dienst am Finanzgericht
Baden-Württemberg. Frau Armbruster hat zunächst die Ausbildung im gehobenen Dienst der
Steuerverwaltung absolviert. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg und dem
anschließenden Referendariat in Offenburg kehrte sie im April 2009 in den höheren Dienst der baden-
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württembergischen Finanzverwaltung zurück, wo sie als Sachgebietsleiterin in den Finanzämtern
Emmendingen und Balingen sowie – nach Durchlaufen des Führungslehrgangs – im Ministerium für
Finanzen und Wirtschaft in der Zentralstelle und zuletzt im Referat Steuerpolitik tätig war. Das
Präsidium des Finanzgerichts hat Frau Armbruster dem 3. Senat in Freiburg zugewiesen, der unter
anderem auch für Fälle des Körperschaftsteuerrechts zuständig ist.
Zum 30. April 2016 ist Vorsitzender Richter am Finanzgericht Paul-Guido Gramich in den Ruhestand
getreten. Herr Gramich hatte nach dem Abitur zunächst eine Banklehre absolviert. Nach dem Studium
der Rechtswissenschaften in Mainz und Freiburg und dem sich anschließenden Referendariat in
Konstanz war er im Oktober 1979 in die baden-württembergische Steuerverwaltung eingetreten, die
ihn als Sachgebietsleiter beim Finanzamt Rottweil einsetzte. Im Juli 1983 wechselte Herr Gramich in
die Justiz, wo er bis 1990 als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart in der Abteilung für
Wirtschaftskriminalität tätig war. Seit dem 1. Januar 1991 gehörte Herr Gramich dem Finanzgericht
Baden-Württemberg an, wo er zunächst in Stuttgart dem 6. Senat und seit 2005 dem 8. Senat
zugewiesen war. Ab Januar 2007 war Herr Gramich als Richter im 11. Senat am Gerichtsstandort in
Freiburg tätig. Mit seiner Ernennung zum Vorsitzenden Richter am Finanzgericht im Juni 2008
übernahm Herr Gramich den Vorsitz im damals noch zu den Außensenaten Karlsruhe gehörenden
und insbesondere für die Besteuerung von Körperschaften zuständigen 10. Senat, mit dem er im
Oktober 2008 an den Gerichtsstandort Stuttgart umzog.
Unsere im 10. Senat am Standort Stuttgart tätige Kollegin Karoline Gaa ist mit Wirkung zum 1. Mai
2016 zur Richterin am Finanzgericht auf Lebenszeit ernannt worden.
Mit Wirkung zum 2. Mai 2016 ist Lisa Friedsam zur Richterin auf Probe ernannt und dem 8. Senat in
Stuttgart zugewiesen worden. Frau Friedsam war nach dem Studium der Rechtswissenschaften an
der Universität Bayreuth, einem Auslandsaufenthalt an der University of New South Wales in Sydney,
den sie mit dem Erwerb des Master of Law (LL.M.) abschloss, und dem anschließenden Referendariat
seit 2012 als Rechtsanwältin in einer international ausgerichteten Wirtschaftskanzlei in Frankfurt a. M.
tätig. Nach Bestehen der Steuerberaterprüfung war sie seit 2015 zudem als Steuerberaterin
zugelassen.
Veranstaltungen
„Achtung Zoll – Internetkauf und Reiseverkehr“ Zu diesem Thema findet am 6. Juli 2016 ein
Vortrag unserer Kollegin Elisabeth von Marschall im Großen Sitzungssaal (3. Obergeschoss) des
Gerichtsgebäudes in der Gresserstraße 21 in Freiburg und am 13. Juli 2016 im Großen Sitzungssaal
(8. Obergeschoss) des Gerichtsgebäudes in der Börsenstraße 6 in Stuttgart statt. Beginn ist jeweils
um 17 Uhr.
Impressum
Herausgeber:
Der Präsident des Finanzgerichts Baden-Württemberg
Redaktion:
RiFG Hans-Ulrich Fissenewert, Börsenstraße 6, 70174 Stuttgart, Tel. 0711/6685-706, Telefax 0711/6685799, E-Mail: [email protected]
Web:
www.fg-baden-wuerttemberg.de
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Den Volltext der veröffentlichten Entscheidungen des Finanzgerichts Baden-Württemberg und der anderen Gerichte des Landes Baden-Württemberg finden Sie in der Landesrechtsprechungsdatenbank Baden-Württemberg. Volltexte der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs, auf die verwiesen wird, sind in der Rechtsprechungsdatenbank des Bundesfinanzhofs abrufbar. Die
Entscheidungen werden nur zur nicht-gewerblichen Nutzung kostenfrei zur Verfügung gestellt (§ 4 Abs. 7 JVKostO). Informationen für Interessenten einer gewerblichen Nutzung werden hier (im pdf-Format) bereitgestellt.