Sind Währungen ein sicherer Hafen?

Brexit-Kollaps
Sind Währungen ein sicherer Hafen?
Das Brexit-Votum hat Anlegern, die in das britische Pfund investiert sind, hohe Verluste beschert. Wie auf
die Währungsturbulenzen zu reagieren ist und welche Chancen daraus erwachsen, erklärt Jannis
Raftopoulos von JRC Capital.
Die Briten steigen aus der Europäischen Union (EU) aus und überraschen damit den Rest der Welt. Die
globalen Aktienmärkte kollabierten und Investments in das Britische Pfund erfuhren hohe Verluste –
sofern sie nicht abgesichert waren.
Anleger haben jetzt viele Fragen: Wohin werden sich das britische Pfund, der Euro, der US-Dollar und
der japanische Yen bewegen? Wie soll man auf diese Turbulenzen reagieren? Und wie kann das
Währungsrisiko im Portfolio abgesichert werden?
Britisches Pfund weiter unter Druck
Die Briten nehmen mit ihrer Entscheidung zum Ausstieg zugleich alle negativen Konsequenzen in Kauf.
Eine der größten Auswirkungen betrifft die Währung Großbritanniens: In der Nacht vom 23. auf den 24.
Juni 2016 verlor das Britische Pfund im Verhältnis zum US-Dollar enorm und pendelte sich zwischen
1,31 und 1,35 US-Dollar ein. Das ist der niedrigste Kurs seit 1985.
Auch die darauf folgende Handelswoche sorgte für keine nennenswerte Erholung für das Pfund
Sterling. Diese erscheint auch in den kommenden Wochen relativ unwahrscheinlich. Zu groß sind die
mit der Brexit-Entscheidung einhergehenden politischen Unruhen. Außerdem signalisierte die Bank of
England eine Lockerung der Geldpolitik im Laufe des Sommers. Dies sollte das Pfund weiter belasten.
Alles in allem sind wir bei JRC Capital jedoch davon überzeugt, dass die britische Währung auch
weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird. Sie fungiert bereits seit Jahrzehnten als Reservewährung und
London wird seine Attraktivität als Finanzstandort behalten – sofern in den kommenden Verhandlungen
zum Brexit keine gravierenden Entscheidungen getroffen werden.
Eine tatsächliche Entspannung im Pfund dürfte es jedoch erst geben, wenn sich die politische Situation
geklärt hat. Dies könnte mehrere Jahre dauern. Eine Stabilisierung könnte schrittweise erfolgen, wäre
aber auf einem fragilen Fundament gebaut.
Euro zwischen Erholung und Verlusterwartung
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Auch der Euro wurde vom Abwärtssog erfasst: In den frühen Morgenstunden des 24. Juni 2016 verlor
die europäische Gemeinschaftswährung an Boden und fiel bis auf 1,091 US-Dollar. Im Laufe des Tages
konnte sich der Kurs stabilisieren und beendete die Handelswoche bei 1,11. In den Folgetagen konnte
sich der Wechselkurs zwischen Euro und US-Dollar nach einer Kurslücke im Bereich zwischen 1,10 und
1,12 halten.
Nach dem großen Schock sank die Volatilität erwartungsgemäß und der Euro/Dollar dürfte sich in den
kommenden Wochen in einer engen Bandbreite zwischen 1,08 und 1,13 bewegen. Langfristig
betrachtet erwarten wir ein äußerst schwieriges Umfeld für den Euro. Das absolute Tief wurde noch
nicht erreicht. Die Zins- und Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte noch eine lange Zeit
locker bleiben.
Dies und die politischen Unsicherheiten lasten schwer auf der Gemeinschaftswährung und könnten
beim Euro/Dollar im Laufe dieses oder des nächsten Jahres zur Parität führen – sobald die
Auswirkungen des Brexits klarer werden.
US-Dollar und japanischer Yen bleiben stabil
Anders sieht es dagegen in den Vereinigten Staaten (USA) und Japan aus. Seit dem Brexit-Votum
profitiert der US-Dollar im Vergleich zu den europäischen Währungen (Euro,britisches Pfund, Schweizer
Franken et cetera). Allerdings wird die Fed aufgrund der weltweit gestiegenen wirtschaftlichen
Unsicherheit mit möglichen Zinsanstiegen noch warten.
Die Risikoaversion des Marktes zeigt sich auch in den steigenden Kursen der zehnjährigen und
dreißigjährigen US-Staatsanleihen. Dennoch sollte der US-Dollar im Vergleich zu den europäischen
Währungen peu à peu weiter aufwerten. Auch die Parität zum Pfund Sterling liegt durchaus im Bereich
des Möglichen.
Dies ist jedoch stark von den kommenden Verhandlungen zum Austritt des Vereinigten Königreichs aus
der EU, den wirtschaftlichen Auswirkungen und der Politik der Zentralbanken abhängig.
Der japanische Yen (JPY) wird, dank seinem Ruf als Safe Haven und den rückläufigen Kapitalflüssen,
von der Unsicherheit in Europa profitieren und stark bleiben. Eine Intervention der Bank of Japan bei
einem Dollar/Yen Kurs unter 100 erscheint sehr wahrscheinlich, da ein zu starker Yen die Exporte
Japans bremsen würde. Falls dies passiert, könnte die Bank of Japan den Yen temporär schwächen,
jedoch nicht langfristig abwerten.
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Währungsrisiko absichern und Chancen nutzen
Bei solchen politischen Großereignissen – wie aktuell dem Brexit – ist es für die Anleger von
elementarer Bedeutung, sich rechtzeitig abzusichern. Dazu ein kleines Beispiel: Ein Investment eines
deutschen Anlegers in den britischen Leitindex FTSE 100 hätte innerhalb einer Nacht einen Verlust von
circa 9 Prozent mit sich gebracht.
Dazu kämen noch die Verluste, die sich aus dem mit einem Auslandsinvestment verbundenem
Währungsrisiko ergeben. Das britische Pfund hat gegenüber dem Euro zeitweise über 9 Prozent
verloren. Daraus ergäbe sich ein kumulierter Verlust von über 18 Prozent in kürzester Zeit.
Je nach Absicherungsstrategie – zum Beispiel mit einer ausgeglichenen Verteilung der Assets - hätte
der Anleger sein Kapital nicht nur schützen, sondern auch in den Risiken Chancenpotenziale erkennen
können. Zum Beispiel bei einer Anlage in Höhe von 100.000 Euro in den britischen Leitindex FTSE100
und einer einhundertprozentigen Absicherung ergäbe sich daraus sogar ein Gewinn von einem Prozent.
Positionen in anderen Währungen wie Yen, US-Dollar oder Schweizer Franken boten in diesem Fall
sogar größere Gewinnchancen.
Über den Autor:
Jannis Raftopoulos ist Gründer und Geschäftsführer der JRC Capital Management mit Sitz in Berlin.
Neben dem Gesamtbereich Asset Management bei JRC Capital verantwortet Raftopoulos die
Entwicklung computerunterstützter Entscheidungssysteme für Bankensysteme und forscht zu
verschiedenen Finanzthemen.
Dieser Artikel erschien am 07.07.2016 unter folgendem Link:
https://www.private-banking-magazin.de/brexit-kollaps--sind-waehrungen-ein-sicherer-hafen-1467879461/
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