0ptimale Geschwindigkeiten in siedlungsgebieten I Stadtstraßen I FACHBEITRÄGE Weder schnell noch langsam - sondern angepasst: D¡e opt¡malen Geschwindigkeiten in Siedlungsgebieten Ulrike Huwer, Rupert Wimmer, Ruedi Ott, Samuel Hinden, Christian Camandona und Aline Renard Die verkehrlichen Herausforderungen ändern sich mit der Gesellschaft. ln einem dicht besiedelten Raum wird die Antwort auf die Frage der richtigen, der optimalen Geschwindigkeit ein wesentlicher Schlüssel sein, um die künftigen Herausforderungen zu meistern. Die SVI hat in einer schweizweiten Veranstaltungsreihe einen Fachdiskurs zum Thema Geschwindigkeit in Siedlungsgebieten geführt.* Als Ergebnis fordert die SVl, dass innerorts die Höchstge- Verfasseranschriften : Dr.-lng. TU SVI U. Huwer, u lrike.huwer@ baslerhofma n n.ch, Klosbachstraße 10, CH-8032 Zürich, Dipl.-lng. R. Wimmeç [email protected], Metron Verkehrsplanung AG, schwindigkeit generell auf 30 km/h festgelegt werden soll, Hauptstrassen sind separat und differenziert zu behandeln. Damit entfallen die in der Schweiz heute notwendigen, aber unverhältnismässigen Aufwendungen für die Einführung von Tempo 30: Eine höhere Geschwindigkeit soll zukünftig die Ausnahme sein, die begründet werden muss. The challenges for transportation evolve with time as our society does. Choosing the correct, the optimal speed limit in densely populated areas could be the key to being able to deal with these challenges in the future. With the or- Stahlrain 2, CH-5200 Brugg Der Artikel basiert auf den Synthesen des erwähnten Tagungsbandes. Ausser den Autoren haben daran mitgearbeitet: Ruedi Ott, Samuel Hinden, Christian Camandona und Aline Renard ganization of a series of events throughout Switzerland, the Swiss Association of Transportation Engineers (SVl) has started an expert debate about speed limits in urban areas.*fu a result, the SVI postulates that the speed limit in urban areas should be generally set to 30 km/h, whereas main roads should be analyzed separately. ln Switzerland, this could mean eliminating the necessary but disproportionately costly process for the introduction of a 30 km/h zone: a higher speed limit will then be the exception that needs to be substantiated, instead ofthe rule. 1 Wechselwirkungen Siedlung, Wirtschaft und Verkehr 1.1 Siedlungsstrukturelle und wirtschaftl iche Wechselwirku ngen Zwischen Siedlung, Wirtschaft und Geschwindigkeiten bestehen vielÍÌiltige Wechselwirkungen. Im intemationalen und nati- onalen Kontext bringen höhere Reisegeschwindigkeiten eine bessere Erreichbarkeit. Dies ist die Voraussetzung ftir eine arbeitsteilige Wirtschaft sowie Spezialisierung und somit Fortschritt und Wirtschaftswachstum. Bessere Eneichbarkeiten eröffnen auch neue Möglichkeiten und zusätzliche Gelegenhei- ten ftir die Bevölkerung - im Beruf, beim Einkauf oder in der Freizeit. Die ZahlungsbereitschaÍt ftir Reisezeitgewinne ist demêntsprechend hoch und steigt mit zuneh* Schweizerische Vereinigung der Verkehrsingenieure und Verkehrsexperten SVI (Hrsg.) (ZOIS): 0ptimale Geschwindigkeiten in Siedlungsgebieten. Zürich. Alle Referate der Veranstaltunqsreihe sind auf der SVl-Webseite www.svi.ch/geschwindigkeit aufgescha ltet. Re¡seze¡t 1".-- -:1stunde Entfernung \ .\ Bild 1: Zeitkarten derstrassen - 1Gitterzelle=l0x10km schweiz 1950 und 2000 {ouelle: KayAxhausen in SVI 2015, s.72) Straßenverkehrstechnik6.2016 337 I FACHBEITRAGE I Stadtstraßen | 0ptimale Geschwindigkeiten in Siedlungsgebieten Optimale Geschwindigkeiten in Siedlungsgebieten Das angepasste Verkehrsverhalten bei redu- Bild 2:Schwarzenburgstrasse, Köniz (metron) zierten Geschwindigkeiten erhöht nicht nur die objektive, sondern auch die subjektive Sicherheit für den Fuss- und Radverkehr und damit die Wahlfreiheit zwischen den Verkehrsmitteln. Dies trägt massgebend zu einer flächendeckenden Förderung des Radverkehrs bei. 2 Auswirkungen auf die Verkehrsnetze higkeit und Reisegeschwindigkeiten. Die Leistungsftihigkeit einer Strasse wird primär durch die Knotenkapazität bestimmt. Diese ist unabhängig von den Fahrgeschwindigkeiten. Bei Einmündungen nimmt die Leistungsfähigkeit mit abnehmenden Geschwindigkeiten der übergeordneten Shöme flir die untergeordneten Ströme sogar zu. Auf der Strecke ist die LeistungsÍ?ihigkeit abhängig von den Anlageverhältnissen der Strassen, innerorts liegt die maximale Leistungsfühig- E 250 E o -o Netzhierarchien sind wichtige städtebauliche und verkehrliche Entwurfsprinzipien. Sie differenzieren den Stadtraum und seine Nôvmbâr20ü Z€ntlm Nutzungsstrukturen und tragen massgeblich zur 0rientierung bei. Die unterschiedlichen Tsmpo 50 ¡m mit Fusôqån0.ßlßlf6n Strassentypen übernehmen auch unterschiedliche verkehrliche Funktionen, die sichergestellt werden müssen. Februar200ô fempo 30 im Zenùln In den letzten 20 Jahren sind Wohnquartiere grossflächig verkehrsberuhigt worden. Dies hat einen wesentlichen Beitrag zu deren Aufiruertung geleistet. Andererseits muss festgestellt werden, dass trotz Verkehrsberu- Ì3 sâ Schwarzenburg Bern higung nach wie vor Ausweichverkehr Auch die Reisegeschwindigkeiten werden in städtischen Netzen primär durch die l(noten und deren Abstände bestimmt. Je nach Lage, Tageszeit und Ausbaugrad schwanken die Reisegeschwindigkeiten stark und liegen zwischen 20 und 50 km/h. Theoretisch sind die maximalen Verlustzeiten bei Tempo 30 gegenüber Tempo 50 mit 48 Sekunden pro Kilometer gering. Hier spielen eher psychologische Aspekte eine Rolle, da Fahrge- o 150 E ú o 100 mendem Einkommen. Gleichzeitig beeinflussen Verkehrsinffastrukturen die Standortentscheidungen der Wirtschaftsakteure und Privathaushalte. Höhere Systemgeschwindigkeiten führen dazu, dass wir immer weitere Distanzen zurücklegen (Bild 1). Die tunktionalen Räume, d. h. die Agglomerationen, dehnen sich immer mehr aus. Mit höheren Geschwindigkeiten sind aber auch Konzentrationstendenzen in der 338 1.2 Nutzen einer Entschleunigung Die Wirkung einer Geschwindigkeitsreduktion auf die Verkehrssicherheit und die Lärmreduktion sind zentral und offensichtlich. Weitere Effekte betreffen die Raumgestaltung und -empfindung sowie den Verkehrsfluss. Durch Geschwindigkeitsreduktionen erhöht sich ftir alle Verkehnteilnehmenden die Ver- kehrssicherheit. Die Anwohnerinnen und Wirtschaft verbunden. In Folge werden die Inflastrukturen und Verkehrsangebote immer stärker nachgefîagt. Mit zunehmen- Anwohner, die Zufussgehenden und die Radfahrenden schätzen die Lärm- und Schadstoff- der Nachfrage sinken jedoch insbesondere auf dem Strassennetz die Geschwindigkeiten. Ein grosser Teil der Reisezeit- reduktionen und geniessen ein angenehmes Raumumfeld. Der Dominanzausgleich unter allen Verkehnteilnehmenden erhöht sich und gewinne, die Dank höheren Geschwindigkeiten erreicht werden könnten, wird also gar nicht realisiert. Die Reisezeitgewinne gleichzeitig wird der Verkehnfluss verstetigt. Die damit verbundene höhere Fehler- und werden durch weitere Pendeldistanzen, einer altengerechten und menschenÍ?eundlichen Verkehrswelt. Die Kommunikation und Zeittoleranz ist eine wichtige Schlüsselgrösse Überlastung der Infrastrukturen und Konzentrationsprozesse in der Wirtschaft wieder Interaktion der Verkehrsteilnehmenden Ko- kompensiert. existenz) verbessert sich (Bild 2). Straßenverkehrstechn¡k6.2016 f ¡ r sol t o o 10 20 30 40 k: weighted dens¡ty 50 60 (veh/kml schwindigkeiten von 30 km/h insbesondere in den Nebenverkehrszeiten als langsam empfunden werden. tion zu beeinträchtigen. Wichtig ist, Insgesamt kann festgehalten werden, dass die tatsächlichen Auswirkungen von reduzierten zulässigen Höchstgeschwindigkeiten auf dem übergeordneten Strassennetz auf werden. die Reisezeiten gering sind. Eine abschnittsweise Herabsetzung der Geschwindigkeit auf 30 km/h, um aufbesondere Anspniche der räumlichen Umgebung zu reagieren, wird daher kaum in der Lage sein, die Netzfunkdass eine solche Herabsetzung im Rahmen einer Gesamtkonzeption erfolgt und die Auswir- kungen ob.jektiv ermittelt und diskutiert 2.2 Ausweichverkehr durch Ouartiere Theoretische Modellberechnungen zeigen, dass sich der motorisierte Individualverkehr stärker verteilt, wenn die zulässigen Höchst- durch Wohnquaftiere zu beobachten ist und Tempo 30 allein nicht ausreicht, um den Durchgangsverkehr auf dem übergeordneten Netz zu bündeln. Bild 3:Zeitersparnis im Weg-Zeit-Diagramm von Köniz {Ouelle: Fritz Kobi ìn SVI 2015, S. 198) - ! km/h. Bisher realisierte Beispiele (Bilder 3 und 4) zeigen deshalb, dass reduzierte Höchstgeschwindigkeiten die Kapazität nicht reduzieren, sondem tendenziell sogar erhöhen. 200 FACHBEITRÄGE Bild 4: Fundamentaldiagramm Stadt Zürich: Zusammenhang zwischen Dichte, Kapazität und Verkehrsfluss (Monica Menendez in SVI 201 5, S. 1 79) 300 keit bei einer Geschwindigkeit von 30 bis 40 2.1 Netzhierarchien und Kapazität I Stadtstraßen I Sie wird gerne gedrückt übemimmt innerorts neben seiner verkehrlichen Verbindungsfunktion immer auch eine städte- Das übergeordnete Strassennetz bzw. ortsbauliche Funktion. Je nach Umfeld sind die städtebaulichen Anforderungen wie Aufenthalt, Querungsbedürfnis, Gestaltung oder Repräsentation mehr oder weniger bedeutend. Darüber hinaus wird die verkehr- liche Verbindungsfunktion von anderen verkehrlichen Funktionen und Ansprüchen wie Erschliessung, Fuss- und Radverkehr, öffentlicher Verkehr, Anlieferung oder Parkierung überlagert. Das übergeordnete Strassennetz muss innerhalb des Siedlungsgebietes diese unterschiedlichen, vielfach divergierenden Anforderungen erftillen. Der Begriff der verkehrsorientierten Strasse im Gegensatz zur siedlungsorientierten Strasse gemäss den Schweizer Normen ist hierbei kontraproduktiv. Er führt dazu, dass Anforderu n gstaster fü r Lichtzeichenan lagen bei Hauptverkehrsstrassen die städtebauli- www.rtb-bl.de chen Funktionen nicht adäquat berücksich- tigt werden bzw. sich der verkehrlichen Verbindungsfu nktion unterordnen ¡¡i¡55sn. Für die Verbindun$sfunktion sind vor aÌlem zwei Aspekte von Bedeutung: Leistungsfti- -.8f,8-- RTB CmbH & Co. KC Tel. oo49 (o)5252 9706-0 Straßenverkehrstechnik6.2016 339 FACHBEITRÃGE I Stadtstraßen | Bild 5: Die Strassenecke ist nicht nur ein lokaler Orientierungspunkt. Sie verbessert auch die Ubersichtlichkeit, die Wegführung für Fussgänger und die Platzverhältnisse im Kreuzungsbereich. Dank der Sichtlage und höheren Fussgängerfrequenzen gibt es ausserdem gute Voraussetzungen für Publikumsnutzungen im Erdgeschoss.(Ouelle: Han van de Wetering in SVI 2015, S. 147) 0ptimale Geschwindigkeiten in Siedlungsgebieten 0ptimale Geschwindigkeiten in Siedlungsgebieten auf Fussgängerstreifen sollte in Tempo- 30-Abschnitten so weit wie möglich verzichtet werden. í¡ f f Ì- Taktsynchronisation und Anschlusssicherheit sind bei der Konzeption reduzierter Höchstgeschwindigkeiten wesentliche Prämissen, die gewährleistet bleiben müssen. Ein einzelner Tempo-30-Abschnitt über 500 m verändert die Umlaufzeit einer Linie noch nicht, mehren sich solche Abschnitte oder wird Tempo 30 über eine längere Strecke vorgesehen, kann dies aber sehr wohl Auswirkungen auf die Umlaufzeit einer Linie haben. Folgekosten sind in die Entscheide für oder wider niedrigere Fahrgeschwindigkeiten auf einem bestimmten Strecken- abschnitt miteinzubeziehen. geschwindigkeiten im gesamten Strassennetz reduziert und somit angeglichen werden. Im Gegenzug steigen die Netzkapazitäten. Um die Gesamtkapazität des Strassennetzes zu erhöhen, müsste demnach eine Reduktion der Höchstgeschwindigkeiten auf dem gesamten Strassennetz angestrebt wer- den (Bild a). In der Realität ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich. Die Routenwahl der Autofahrenden erfolgt nicht nur aufgrund der tatsächlichen Reisezeiten. Weitere Faktoren, insbesondere das subjektive Empfinden der Reisezeit, beeinflussen die Entschei- dung zugunsten einer Strecke. Stau und stockender Verkehr werden von Autofahren- den vermieden und Routen gewählt, auf denen - wenn auch langsamer - stetiger kann. Eine abschnittsweise Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeiten als Reaktion auf die städtebauliche Funktion des Strassenabschnittes beeinträchtigt in der Regel die Verbindungsfunktion des Hauptstrassen- netzes nicht. Um Ausweichverkehr durch Quartiere zu vermeiden, sind jedoch Netzbetrachtungen erforderlich. Allenfalls sind flankierende Massnahmen in den Quartieren notwendig. Bei ungünstigen Netztopologien kann es zu Ausweichverkehr über das untergeordnete Strassennetz kommen. Durch flankierende Massnahmen wie Netzunterbrüche, Einbahnen oderÄhnliches kann dies unterbunden und die gewünschten Netzhierarchien umgesetzt werden. 2.3 Fokus auf Quartiere vor allem in den Hauptverkehrs- zeiten bestehl, wenn eben Überlastungserscheinungen auflreten. Ein Phänomen, das heute trotz differenzierten Geschwindigkeitsniveaus auf verkehrsberuhig¡ten Alter- lich ohne Geschwindigkeitsüberschreitungen auskommen muss (Tram- und Bus- schnitten führt. chauffeure müssen die zulässige Höchstge- Aufgrund dieser Überlegungen hängt die Gefahr von unerwünschtem Ausweichverkehr weniger stark von der zulässigen schwindigkeit exakt einhalten), ist das Ausgleichen kleinerer Verluste oder das Ûberholen von Fahrrädem kaum mehr mög- Höchstgeschwindigkeit ab als vielmehr vom lich. Verkehrsfluss auf dem übergeordneten Strassennetz. Ist aufgrund der städtebauli- Der öffentliche Verkehr ist daher betrieblich, aber auch gestalterisch ein bestimmendes chen Situation sowie der Nutzungsanspniche eine Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit zweckmässig, muss dementsprechend durch betriebliche Massnahmen und Element bei der Festsetzung der Höchstge- zeigen, kann dies sogar dazu führen, dass der Ausweichverkehr verringert werden 340 Aus Sicht derVerkehrssicherheit ist es vorteilhaft, wenn sich die Geschwindigkeiten des öffentlichen, des motorisierten IndMdualverkehrs und des Radverkehrs angleichen. Da der öffentliche Verkehr aber gänz- nativrouten zu überlasteten Strassenab- Verkehrsmanagement ein stetiger Verkehrsfluss sichergestellt werden. Wie Beispiele Straßenverkehrstechnìk6.2016 allenfalls kompensierende Massnahmen zu entwickeln. Unter Umständen werden weitreichende Fahrplananpassungen notwendig, um mit vereinzelten GeschwindigkeitsMassnahmen auf dem Hauptliniennetz die Reisezeiten im Gesamtnetz nicht zu beeinträchtigen. Um die Zuverlässigkeit nicht zu beeinträchtigen, steigen bei niedrigeren Geschwindigkeiten die Anforderungen an die OV-prlorisierung und das MlV-Management. schwindigkeit, insbesondere reduzierten Höchstgeschwindigkeiten und der Ausgestaltung des Strassenraumes. Auch bei Tempo 30 sollte die Fahrdynamik der durch den Bus gefahrenen Geschwindigkeit entsprechen, der Rechtsvortritt ist an den Netzcharakter der Strasse zu koppeln und gen: Die differenzierten Anforderungen von schwächeren (und stärkeren) Teilgruppen erhöhen die Anspniche noch. Dies flihrt zu einer Konkurrenz um Platz und Streit um Lärm und Sicherheit. 3 Strassenraum ist ¡mmer Stadtraum 3.1 lnteraktion Städtebau, Strassenraum und Architektur Mit der zunehmenden Verdichtung ist der Verkehr vielerorts nicht mehr nur Träger, sondem vielmehr limitierender Faktor der Stadtentwicklung. Die lange Zeit missachteten Anforderungen und Bedürfhisse an die Strassenräume gewinnen an Bedeutung und sind eine Herausforderung beim Entwurf des Strassenraumes, insbesondere von Hauptverkehrsstrassen. Mehr Personen, die in einem Raum leben und arbeiten, führen zu mehrAuto- und ÖV-Fahrten, für die ausreichende Kapazitäten zur Verfïigung stehen müssen, mehr Radfahrende und Zufussge- hende fordem mehr Bewegungsraum und gleichzeitig steigt die Anzahl Personen, die sich an einem Ort aufhalten. Fussgänger, Radfahrende, ÖV-Fahrgäste, Automobilisten, Alwohner etc. stehen als Nutzer alle in einem dynamischen oder statischen Bezug zum Strassenraum und haben verschiedene Ansprüche bezüglich Platzbedarf, Aufenthaltsqualität, optimale Reisezeit etc. Zudem sind die Nutzergruppen in sich sehr hetero- FACHBEITRÄGE Bild 6: Ortsdurch- fahrt Brunnen (R. Wimmer) Zur Lösung dieser Konflikte braucht es sowohl ein ,,Bewegungsdenken", um den Stuömen und Netztypologien gerecht zu werden, als auch ein ,,0rtsdenken", um die Umfeldnutzùngen, die bauliche Gestalt und die des jeweiligen Shassenabschnittes aufzunehmen. Werden beide Grundanforde- Identität rungen miteinander vereint, können höchst interessante Synergien zwischen den Orten und den Strömen genutzt werden. Die grundsätzlichen Widenpniche können nicht gänzlich beseitigt, jedoch zu einem stimmigen Strassenraum zusammengefrihrt werden, der sowohl die verkehrlichen als auch städtebau- ändem sich Gebäude in wesenflich längeren lichen Funktionen auÍhimmt. rungsbedarf beispielsweise erfordern ein Intervallen. Reagieren der Geschwindigkeit. Umgestaltungen von Ortsdurchfahrten haben ge- 3.2 Strassenraumgestaltung beginnt beim zeigt, dass reduzierte zulässige Höchstgeschwindigkeiten, z. B. Tempo 30, kombiniert mit städtebaulichen und gestalterischen Massnahmen, zu gut funktionierenden Verkehrssystemen beitragen können (Berner Modell). Unter anderem wird der Verkehr im Strassenraum verstetigt, die Sicherheit verbessert sowie die städtebauliche Qualität erhöht. Das Verkehrsnetz stellt die verkehrlichen Funktionen Íïir die verschiedenen Verkehrsmittel im Netz sicher. Diese Funktionen werden auch wesenflich durch die Nutzungen und die Strukturen der Strassenräume bestimmt. Nicht zuÍ?illig fallen Quartierzentrum und Hauptverkehrsstrasse meist an einem Ort zusammen. Dieser gut erreichbare Punkt im Verkehrs- und Raumnetz ist nicht nur Durchgangsort, um möglichst direkt von A nach B zu kommen, sondern öV-Reisezeiten legen gefahren werden kann. Das heisst aber auch, dass die Gefahr von Ausweichverkehr durch Die Auswirkungen sind zu untersuchen und I Stadtstraßen I Städtebau und der Architektur... Es ist nicht allein Aufgabe der Verkehrspla- nung, den Stadtraum zu berücksichtigen. Vielmehr stellt sich auch die Forderung an Stadþlaner und Architekten, sich auf die Verkehrsströme einzulassen und auf sie zu reagieren. Eine Trennung von Verkehr und IndMdual- und den öffentlichen Verkehr. Stadtraum, sei es durch Verlegung des Verkehrs in den Untergrund oder eine Lärmschutzwand, umgeht diese Aufgabe und ist selten zielÍtihrend. in einem dynami- Die Geschwindigkeit bestimmt den Charak- schen Bewegungsdenken nach den Anforderungen der Verkehrsflüsse (rasch, sicher und bestimmt. Der Strassenraum stellt die Einbettung des Verkehrsnetzes in das sta- ter dieses Verkehrsstromes massgeblich. Es gilt zu entscheiden, wann sich der umgebende Raum an den Verkehrsstrom anzupassen hat und wann die Geschwindigkeit auf den Raum reagieren muss, das heisst, tische Siedlungsgebiet dar. verringert werden muss. Beides ist möglich. Die Struktur des Siedlungsgebietes und die verschiedenen Nutzungen wie auch deren bauliche Ausgestaltung werden durch ein statisches Ortsdenken beeinflusst, welches seinen Charakter bestimmt. Der Strassenraum quert diese Orte und stellt den Bezug zwischen ihnen und dem Verkehrsnetz sicher (Bild 5). Bei Quartierstrassen wird diese Reaktion auch Zielpunkt. Das gilt frir den Fuss- und Radverkehr ebenso wie für den motorisieften Das Verkehrsnetz wird und zuverlässig von A nach B) ausgelegt Auch die Architektur der einzelnen Gebäu- bereits nahezu flächendeckend gedacht und vielfach auch bereits umgesetzt. Auch bei onen im Gange. Es gilt zu entscheiden, wann die umgebenden Nutzungen und Nutzergruppen ein angepasstes Verhalten des fahrenden Verkehrs erfordem. Dies kann auch durch mangelnde Platzverhältnisse ausgelöst sein. Bei geringeren Geschwindig- ein Gebäude von der Strasse ab, verschliesst es sich der Interaktion mit dem Strassenraum und seinen Shömen. Der Strassenraum keiten als Tempo 50 sind schmalere Fahr- wird zu einem Fremdkörper im Siedlungsgebiet, der langfrisitig nicht mehr in den Stadtraum integriert werden kann. Anders als Strassenräume und Verkehrsströme ver- von den umliegenden Nutzungen vom Strassenraum abwenden und keinen Bezug mehr darauf nehmen (2. B. Lärmschutzwände zur Einhaltung der Grenzwerte), wirken sich eher negativ aus; es wird tendenziell schneller gefahren und der Strassenraum wird zu einem reinen Verkehrsraum. Der Strassenraum ist demnach von der Interaktion mit seinem direkten Umfeld abhängig. 3.3 ... und wird in der Verkehrsplanung umgesetzt Hauptstrassen sind entsprechende Diskussi- Interaktion. Wendet sich de beeinflusst diese Umgestaltungen, die auf einer Trennung der verschiedenen Verkehrsflüsse basieren, sich bahnbreiten ausreichend und Koexistenzlösungen, d. h. die Überlagerung von unterschiedlichen Nutzungsansprüchen, werden möglich. Quartierzentren und Ortsdurchfahrten mit vielen Zufussgehenden und hohem Que- Auch die bauliche Ausgestaltung einer Strasse muss den verschiedenen verkehrlichen und städtebaulichen Alforderungen gerecht werden. Durch eine rein auf den motorisierten IndMdualverkehr orientierte Anwendung von Normen und Richtlinien wird eine ganzheitliche Gestaltung des Strassenraumes erschwert. Unter Berücksichtigung und Beachtung aller einschlägigen Normen ist eine ausgewogene Berück- sichtigung aller Anspniche möglich. Es bedarf immer eines Interessensausgleiches. Das Stoassenbild wird geformt durch die BeStraßenverkehrstechnik6.2ol6 341 I FACHBEITRÄGE I Stadtstraßen | 0ptimale Geschwindigkeiten in Siedlungsgebieten 0ptimale Geschwindigkeiten in Siedlungsgebieten kann, als signalisiert ist, ist somit Die Thesen der SVI zu optimalen Geschwindigkeiten in Siedlungsgebieten ' Geschw¡ndigkeit macht spass! ì Der Mensch regul¡ert sich n¡cht selbst, D¡ê Beschleunigung ¡n v¡elen Lebensbereichen fùhrt aber gleichzeitig zu einem Bedürfnis nach Entschleun¡gung: Flanieren, Aufenthalt, Musse. Es @ nicht möglich. Um das Fahrverhalten vollends zu beeinflussen, kommt es muss zwischen zulässigen Höchstgeschw¡n- auch auf den gesellschaftlichen Konsens zu diesem Thema und die gesetzlichen Rahmenbedingungen als dessen Ausformung an. Es ist also ein Zusammenspiel von gesellschaftlichen/gesetzlichen Rahmenbedingungen (= Geschwindigkeitsregime) und der Erscheinung des Strassenraumes nohvendig, um das angestrebte bzw. ein angepasstes Geschwindigkeitsniveau zu erreichen. dlgke¡ten, tatsächlichen Fâhrgeschwindigkeiten und Re¡segeschwindigkeiten unterschieden werden. Massgeblich fürdie Erreichbarkeitsind d¡e Reisegeschwindigkeiten, Höhe¡e zuläss¡ge Geschwlndigkeiten ft¡hren nicht automatisch zu einer besseren Erreichbarke¡t. Durch niedr¡gereGeschwindigkeitenwerden D¡e die opt¡malen Geschwindigkeiten können wlssenschaftlich nicht deñn¡ert werden. Sicherheit erhöht und die Umweltbelastungen gesenkt. Die Geschwindlgkeitsdifferenzen und Geschwindigkeitsbegrenzungen basieren auf einem gesellschaftlichen Konsens. Auf diesen t deÌ Flächenverbrauch werden reduz¡ef dadurch entsteht Handlungsspielraum für die Konsens kommt es an, er ist verhandelbar. Die Siedlungsstruktur und die gewünschten künftigen städtebaulichen Qualitäten eingegangen werden. Dabei müssen vermehrt eine ortsorientierte Verkehrsplanung und ein netzorientierter Städtebau zum Tragen kommen. Dabei gibt es nicht eine optimale Geschwindigkeit. Insbesondere Hauptstrassen sind differenziert zlJ betrachten. Die optimale Geschwindigkeit hängt von der verkehrlichen Funktion und dem städtebaulichen Umfeld ab. So sind Geschwindigkeiten Gestaltung der Strassen müssen neben ihren verkehrlichen Funktionen die städtebauliche S¡tuation ãufnehmen und sich aus dem Umfeld able¡ten. Mlt zunehmender Verdichtung ste¡gen dle städtebâulichen Anforderungen an den Strassenraum. Der Raum lebtvon der lnterakt¡on Strasse - D¡e angestrebte Fahrgeschwind¡gkelt bzw. d¡e Geb¿iude. Arch¡tektur und Stådtebau müssen zulãssige Hóchstg€schwindigkeit muss aus dem aufdie Strasse reagieren. Wenn die Architektur sich von der Strasse abwendel ¡st der Strassen- Umfeld nachvollziehbar seln. Eine Strassenraumgestaltung, durch die die zulässs¡ge Höchstge- raum ein Fremdkörper im Siedlungsgebiet. Eine spätere Aufwertung der Strasse als öffentlicher schwindigkeit nicht übe¡schritten werden kann, ist n¡cht möglich. Die E¡nhâltung l¡egt bei ¡hren Raum ist nicht mehr möglich. Benützern, bei den Autofahrenden, auch bei den Velofahrenden. Hauptstrassen sind differenziert zu betrachten. Die optimale Geschwindigkeit hängtvon der verkehrlichen Funktion und dem städtebaulÈ chen Umfeld ab. Es sind Geschwindigke¡ten von 30 km/h in ZentÌumsbereichen, von 40 bis 50 Bei der Festsetzung @, von 30 km/h in Zentrumsbereichen, von Höchstgeschwindigkei- ten auf Hauptstrassen sind Netzbetrachtungen erforderlich, um unerwünschten Ausweichverkehr durch Quart¡ere zu vermeiden. Allenfalls sind fl ankie¡ende Massnahmen erforderlich. km/h ãuf übergeordneten Vetb¡ndungen und von 60 bis 80 km/h auf Stadtautobahnen móglich. ü DerÖV-Betr¡eb wird nicht nurdurch lnnerorts soll die Höchstgeschwindigkeit 30 OV-Priorisierung und Verkehrsmanagement sondern auch durch d¡e zulãssige Höchstge- km/h betragen. Hauptstrassen sind separat zu schw¡ndigkeit beeinflusst. Be¡ einer Änderung der Geschwindigkeit slnd die Auswirkungen auf 6re geschwindigkeit bzw. die zulässige wird auf der Suche nach Kontrolle zunehmend linearisiert; Effizienz Höchstgeschwindigkeit aus dem städtebaulichen Umfeld und der Strassen- Welt. Der Verkehr ist aber ein komplexes raumgestaltung nachvollziehbar ist. Ein Strassenenhvurf, durch den die behandeln und zu signalis¡eren. Der Nachweis ist umzukehren: Höhere Geschwindigke¡ten sind zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht zu begründen. Re¡sezeiten und Wirtschaftlichke¡t zu untersu- überschritten werden kann, ist nicht chen. Taktsynchron¡stlon und Anschl usss¡cher- möglich. Die Verantworhrng Ílir ein angepasstes Verkehrsverhalten liegt he¡t sind s¡cherzustellen. Folgekosten sind zu berückichtigen. bei den Verkehrsteilnehmenden, primär bei den Autofahrenden, allenfalls auch bei den Radfahrenden. Bild 7: Die 12 Thesen der SVI zu optimalen Geschwindigkeiten im Siedlungsgebiet 4 Mensch und Gesellschaft sind gefordert bauungsstruktur, die Nutzungen und alle Nutzergruppen des Shassenraumes. Wenn dieses Stoassenbild für die Autofalrenden er- Mehrheit des Strassenverkehrs aus Perso- kennbar ist ist ein auf das Umfeld angepasstes Verhalten möglich - und dann wird auch das werden. Personenwagen sind daher immer in der Lage, schneller als vorgesehen zu Geschwindigkeitsverhalten beeinflusst (Bild 6). fahren. Dies ist auch heute so, sei es in In seinem Verhalten ist der Mensch primär von seinem Gefühl gesteuert, seinem Durch bauliche Entwurfselemente alleine Tempo-30-Zonen oder auch aufStrassen mit ,,Bauch", seinen Weften, die ihn von Geburt kann eine angepasste Geschwindigkeit aber Tempo 50. Eine Strassenraumgestaltung' sodass nicht schneller gefahren werden an begleiten, das sogenannte limbische System. Dieses emotionale System ist ge- nicht sichergestellt werden. Obwohl 342 Unsere Gesellschaft situationsgerecht auf die aktuelle die Netzfunktion in der Regel nicht. p Wichtig ist, dass die angestrebte Fahr- deln. Ë Straßenverkehrstechnik6.2016 die nenwagen besteht, muss die Shassengeome- trie auf grössere Fahrzeuge ausgerichtet 4.1 Geschwindigkeiten und deren Begrenzung basieren auf einem gesellschaftlichen Konsens. Die Gesellschaft bestimmt, wie viel ihr von 40 bis 50 km/h aufübergeordneten Verbindungen und von 60 bis B0 km/h auf Stadtautobahnen optimal. Eine Patentlösung zur Gestaltung von Strassenräumen gibt es nicht. Es muss d¡gke¡t als Reaktion aufdas städtebauliche Umfeld des Strassenabschnittes beeintrãchtigt überÍlillter Züge führt die Summe der individuellen Entscheide jedoch in Summe nicht grund höherer Geschwindigkeiten sie tolerieren will, wie viel Geld sie ftir breiter angelegte InÍÌastruktur ausgeben will, wie viele ex- den lnteressen derVerkehrssicherheit, der Wirtschaft und der Siedlungsqual¡tät auszuhan- und verkehrliche Planungs- und Entwurfspr¡nz¡plen. E¡ne Herabsetzung der Hóchstgeschw¡n- ihre individuellen Werte verhalten sich die Verkehrsteilnehmenden zwar vernünftig. Angesichts der Staus auf den Strassen und Was lässt sich tun? Kognition kommt ins Spiel, Information und Kommunikation. Die Verkehrsteilnehmenden sollen Erfahrungen sammeln können, und diese sollen möglichst mit Emotionen verbunden werden. Die Erfahrungen können sowohl positiver Natur sein durch Probieren und Geniessen oder auch negaliv durch Zwang und Ärger. Vorurteile können so korrigiert, objektive Gegebenheiten und neue Werte kennengelernt und die individuelle Werteskala angepasst werden. Eine wichtige Unterstützung ist dabei das Setzen von ,,Defaults", die Standardeinstellung: eine voreingestellte, aber nichtbindende Regel. So ist z. B. der Besitz eines Autos aufs Autofahren voreingeslellt, der Besitz eines 0V-Abonnements auf die ÖV-Benützung. opìimalen Geschwindigkeiten gilt es zw¡schen Struktur und städtebaulicher Kontext bestimmen den Charakter der Strasse. Betr¡eb und Lässt sich deshalb das Verhalten der Menschen im Verkehr überhaupt beeinflussen? Bezogen auf ihren individuellen Nutzen und Geschwindigkeit macht Spass. Der Mensch reguliert sich nicht selbst. Allerdings führt der heutzutage immer schnellere Fortschritt und die Beschleunigung in vielen Lebensbereichen gleichzeitig zu einem Bedürfnis nach Entschleunigung - auch im öffentlichen Raum: Flanieren, sich aufhalten, Musse sind neue alte Bedürfnisse. die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden Wert ist, sie bestimmt, wieviel Rücksichtnahme, wie viel Koexistenz sie im Shassenraum Koexistenzlösungen. Velofahren und Zufussge- Netzhierarch¡en sind wichtige städtebauliche bestimmen die Rationalitäten. von Gefuhlen und Irrationalitäten ist stark. unbedingt zu vernünftigen Resultaten - und widerspricht der kollektiven Wertvorstellung, wie sie beispielsweise bei Volksabstimmungen zum Ausdruck kommt, regelmässig. Gesbltung des öffentlichen Raumes und hen werden attrâktiver. schlossen und ändert sich nur schwerfällig und ist somit stärker als das rationale, vernunftgesteuerte System: Die Emotionen Das menschliche Verhalten ist die Einheit der motorischen, Iinearen System und somit nur bedingt berechenbar. Eine Metapher mit einer Schiffsfahrt: Bei ruhigem Wasser steuert der Autopilot das Schiff, ein einfaches, lineares System. Bei unruhiger See wird es zu komplex und der Kapitän steuert selbst, schaut, konigiert und justiert neu. Der theoretische Vorgang dazu ist "experience and adapt". Gleiches gilt im Verkehrssystem und im menschlichen Ver- will, wie viel [ärm- und Luftbelastung auf- teme Kosten der Allgemeinheit angelastet werden können. Die Gesellschaft ist verantwortlich frir die Wohlfahrt der Bevölkerung, aber auch f,ir die Prosperität der Wirtschaft. Bessere Eneichbarkeiten dienen der Wirtschaft, wobei allerdings die Reisezeit und vor allem auch deren Verlässlichkeit klar relevanter sind ajs die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten. Auf diesen Konsens kommt es an, er ist verhandeÌbar. Die Umsetzung und Einhaltung liegt bei den Shassenbenützem, primär bei den Autofahrenden, durchaus auch bei den Radfalrenden. I Stadtstraßen I FACHBEITRÃGE Entwurfund der Gestaltung der Verkehrsinffastrukturen sind die Geschwindigkeiten eine massgebliche Grösse. Die Thesen der SM sollen bei deren künftiger Festlegung Leitlinie sein. die Verkehrsplanung. Beim Auf zwei wèsenfliche Aspekte der Thesen soll hier hingewiesen werden. Einerseits fordert die SM, dass die generelle Höchstgeschwindigkeit auf dem untergeordneten Strassennetz mit 30 km/h beschränkt werden soll. Ausnahmen sind zu begründen B. - z. weil eine Sammelstrasse eine bedeutende Busachse ist. Für das Hauptstrassennetz ist die Geschwindigkeit separat festzulegen. Aber auch hier gilt, dass die Geschwindigkeit auf das Umfeld zu reagieren hat. Je nach Situation kann die optimale Geschwindigkeit daher tiefer oder auch höher als 50 km/h liegen. Der zweite Aspekt betrifft den Entwurf und die Gestaltung der Haupt- und Nebenstrassen. Eine Strassenraumgestaltung, sodass die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht über- schritten werden kann, ist nicht möglich. Auf dem übergeordneten Netz kann auch heute schneller als 50 km/h gefahren werden und auch in vorbildlich umgesetzten Tem- po-3O-Zonen mit horizontalen und vertikalen Versätzen kann die Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit nicht per se sichergestellt werden. Die Geschichte und Er. fahrung lehrt, dass mit einem gesellschaft- lichen Konsens zu niedrigeren Höchst- 5 geschwindigkeiten dies auch nicht notwendig ist. Die festgesetzten Höchstgeschwindigkeiten werden von den meisten Verkehrs- Fazit: Die Thesen der SVI Aufgrund der Vorträge und der anschliessenden Diskussion hat die SVI 12 Thesen für teilnehmenden eingehalten. Die selbsterklärende Strasse, in der sich die gefahrene die optimalen Geschwindigkeiten innerorts formuliert (Bild 7). Mit dem gesellschaftlichen Wandel und zunehmender Siedlungs- Höchstgeschwindigkeit aus dem städtebaulichen Umfeld und dem Strassenentwurf ergibt, kann es nur mit diesem Konsens verdichtung steigen die Anforderungen an geben. Ñnorízont kehrsverhalten. Die Tätigkeit der Verkehrsplaner ist vergleichbar mit derjenigen eines praktischen Hausarztes: Es gibt keine Sicherheiten bei Prognose und Behandlung, aber eine gewisse Wirkung ist bei den meisten Patienten zu erwarten. 4.2 Gesel lschaftl icher Konsens ist nötig Eine allein auf Vernunft basierende Verkehrsplanung hat es schwer. Der Einfluss horizont group gmbh I Traffic Safety I Homberger Weg 4-6 | 34497 Korbach [email protected] I www.horizont.com Straßenverkehrstechnik6.2016 343
© Copyright 2024 ExpyDoc